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Auge auszuschießen, hatte ihm seine Dienste angeboten, und der König, ärgerlich über seine Ruhmredigkeit, hatte geantwortet: „Wenn ich einmal mit den Vögeln Krieg führe, werde ich dich in Dienst nehmen." Der Abgewiesene ging in die feindliche Stadt und sandte auf Philipp einen wohlgezielten Pfeil ab, auf welchem geschrieben stand: „in Philipps Auge." Danach setzte sich Philipp auf Euböa und in Thessalien fest und eroberte einen großen Theil Thrakiens, wo reiche Goldbergwerke in seinen Besitz kamen. Sie lieferten ihm jährlich eine Ausbeute von mehr als 1000 Talenten und gaben ihm die Mittel in die Hand zu vielfachen Bestechungen. „Keine Mauer", so pflegte er zu sagen, „ist so hoch und steil, daß nicht ein mit Gold beladener Esel hinübersteigen könnte."
Von 355—346 wüthete ein verderblicher Krieg in dem Inneren Griechenlands, der s. g. erste heilige Krieg. Die Amphiktyonen nämlich, eine Abgeordnetenversammlung hellenischer Staaten zum Schutze des delphischen Orakels, hatten auf Antrag der Thebaner den Phokiern eine unerschwingliche Geldstrafe auferlegt, weil sie sich einen dem delphischen Orakel gehörigen Landstrich angeeignet hatten, und da die Phokier nicht bezahlen konnten, so wurde der Krieg gegen sie beschlossen. Die Phokier bereiteten sich zum Kampfe auf Leben und Tod und verwendeten die reichen Tempelschätze Delphis zur Werbung von Miethstruppeu. Die meisten Staaten des mittlern und nördlichen Griechenlands wurden in diesen Krieg hineingezogen, und auch Philipp versäumte die Gelegenheit nicht, sich einzumischen und die Phokier zunächst in Thessalien zu bekriegen. Nach zehnjährigem Glückswechsel gelang es ihm, in Phokis selbst einzudringen und die Phokier gänzlich niederzuwerfen. Der Rath der Amphiktyonen beschloß aus Philipps Betrieb, daß die Städte der Phokier theils zerstört, theils in offene Flecken verwandelt, ihre Gemeinden aufgelöst wurden; man nahm ihnen die Waffen und belegte sie mit einer jährlichen Abgabe, bis die geraubten Tempelschätze völlig ersetzt seien. Ihre beiden Stimmen im Amphiktyonenrathe wurden dem makedonischen König übergeben. So war Phokis aus der Reihe der selbständigen Staaten ausgelöscht, und Philipp, in
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waren seit einiger Zeit schon mehr in das Verhältniß von Unterthanen herabgekommen und lieferten mit geringenaus-nahmen nur noch Geld und leere Schiffe, während die Athener über die Verwendung der Gelder verfügten und fast allein über die Kriegsführung und alle wichtigen Angelegenheiten des Bundes entschieden. Sie allein trugen die Mühen und Gefahren des Kriegs und schützten die Bundesgenossen, die ruhig ihren friedlichen Beschäftigungen nachgehen konnten; darum glaubten die Athener auch die Gelder des Bundes, nach ihrem Gutdünken verwenden, sie wie ihr Eigenthum betrachten zu dürfen. Sie brachten den Schatz, 1800 Talente, auf ihre Burg, in die Mauern der Hauptstadt des Bundes, und die Bundesgenossen mußten jährlich 600 Talente dazusteuern. Diese Verlegung der Bundeskasse war nicht blos für die Befestigung und Vergrößerung der äußeren Macht von großer Wichtigkeit, sondern verschaffte auch die Mittel, im Innern das demokratische Leben zu heben und zu fördern. Die Geldvertheilungen an das ärmere Volk erhielten eine immer größere Ausdehnung; man zahlte den Richtern, deren jährlich 6000 gewählt wurden, für ihre Sitzungen einen Sold, ebenso wurde der Kriegsdienst jetzt bezahlt, sowie die Sitzungen des Rathes und der Besuch der Volksversammlung. Bei diesen Einrichtungen konnte die gestimmte Bürgerschaft ohne Unterschied sich an den öffentlichen Angelegenheiten betheiligen, ohne daß der Arme dabei darben mußte, und jeder hatte Gelegenheit, sich Kenntniß,Erfahrung und Bildung zu verschaffen.
Nachdem Kimon, das Haupt der Aristokratie, im Jahre 449 gestorben war, versuchte ein vornehmer Mann, Namens Thnkydides,des Melesias Sohn, nicht zu verwechseln mit dem großen Geschichtschreiber Thukydides,des Oloros Sohn, noch einmal, die aristokratische Partei zu sammeln und dem Wirken des gewaltigen Perikles entgegenzutreten, damit der maßlosen Entwickelung der Demokratie gesteuert werde. Nach längerem Ringen erlag Thukydides völlig; er wurde durch das Scherbengericht verbannt (444). Von da an stand Perikles noch 15 Jahre, bis an seinen Tod, an der Spitze der
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Verwaltung ohne einen bedeutenden Nebenbuhler. „Dem Namen nach",sagt der Geschichtschreiberthukydides, „bestand Demokratie, in Wahrheit aber war es die Herrschaft des hervorragendsten Mannes. Weil Perikles nicht durch unrechtmäßige Mittel zu seiner Gewalt gekommen war und bei dem Uebergewicht, das ihm sein Ansehen und seine Staatsklugheit gab, aller Bestechung unzugänglich blieb, konnte er das Volk mit der größten Freimüthigkeit in Schranken halten, so daß er das Volk leitete und sichnicht von ihm leitenließ; er konnte heftig gegen das Volk sprechen, wenn es zur Unzeit übermüthig war, es züchtigen und schrecken mit harten Worten, wie er andrerseits bei ungegründeter Furcht es wieder er-muthigte und stärkte." Mit den Spartanern hatte er während dieser Zeit Friede; denn im I. 445 hatte er, nichtohne heimliche Verwendung von ansehnlichen Summen zur Bestechung vornehmer Spartaner, einen Waffenstillstand auf 30 Jahre erlangt, nach welchem beide Bnndesgenossenschasten, die spartanisch-peloponnefische und die attische, sich gegenseitig in ihrem Bestände anerkannten und einander das Recht zugestanden, die Angelegenheiten des eigenen Bundes selbständig und ungestört durch den andern zu ordnen und zu leiten.
Trotzdem aber erkannte Perikles, daß der Friede mit Sparta nicht dauernd sein konnte, da beide Staaten beständig nach dem Vorrang in Griechenland strebten, und deshalb suchte er die Kräfte seines Staates für den kommenden Krieg möglichst zu sammeln und zu stärken. Er vervollständigte die Befestigungswerke von Athen, indem er eilte dritte lange Mauer nach dem Peiraieus hin baute, er vermehrte die Zahl der Kriegsschiffe und hielt die Flotte in beständiger Uebung; namentlich aber sorgte er auch für einen vollen Kriegsschatz, zu welchem die Bundesgenossen ihre Beiträge zu zahlen hatten. Die Bundesgenossen waren eine Hauptstütze der athenischen Macht, und darum suchte er sie durch Milde und Gerechtigkeit in zufriedener Stimmung zu erhalten; aber sie wurden denn doch als Unterthanen behandelt, und wenn einmal eine Stadt es versuchte sich loszureißen, so wurde sie mit harten Mitteln rasch zum Gehorsam zurückgebracht. Um die
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der Straße; er nahm sie auf den Arm und trug sie wieder in sein Haus, wo sie denn auch bis an ihren Tod blieb. — Alki-biades suchte oft durch Tollheiten und thörichte Streiche das Auge feiner Mitbürger auf sich zu ziehen. So hatte er einst einen ausgezeichnet schönen Hund für eine sehr hohe Summe gekauft, und ganz Athen sprach von dem Thier. Als allmählich das Gerede verstummte, schnitt er dem Hunde den Schwanz ab, und wiederum sprach die ganze Stadt von diesem unsinnigen Streiche, wodurch das theure Thier fürimmer verunstaltet war. — Eines Tages kam Alkibiades an der Volksversammlung vorüber, wo es sehr laut und lärmend herging. Mau sagte ihm, heute besteuerten sich die Bürger selbst. Die einzelnen Männer nannten die Summe, die sie dem Staate, der in Geldnoth war, schenken wollten, und wenn einer eine recht hohe Summe nannte, ries ihm die Versammlung unter Händeklatschen ihr Bravo! zu. Alkibiades trat in die Versammlung und rief sür sich einen sehr hohen Geldbeitrag aus. Da schrie und klatschte die Menge ihm ungeheuren Beifall zu. Dabei vergaß er eine Wachtel, die er grabe unter dem Mantel trug; das Thier, durch den Lärm erschreckt, flog bavon, urtb nun erhob sich biemenge schreienb zu einem allgemeinen Treibjagen, das nicht eher enbete, als bis ein Mannnamensantiochos biewachtel wiebergefangen hatte. Er war feitbem des Alkibiabes Frennb.
Ehe Alkibiabes in dem öffentlichen Leben seinen Ehrgeiz beliebigen konnte, suchte er unter den Griechen bnrch seinen Reichthum und verschwenberischen Answanb zu glänzen. Diezahlseinerrosse und Rennwagen war weltberühmt. Mit siebenwagen trat er einst in Olympia in die Schranken, was noch kein Privatmann, ja noch kein König gethan. Unmittelbar nach dem Tode besperikles trat er als ein junger Mann von 22—23 Jahren in das öffentliche Leben, und balb nach dem Tode des Kleon warb er der mächtigste Mann in Athen, inbem er an bessert Stelle das Haupt der bemokra-tischen Partei würde. Seine Anlagen befähigten ihn, als Staatsmann wie als Krieger das Höchste zu leisten. Er war ein tapferer Solbat und genialer Felbherr, geistvoll und
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152 Karl in der Türkei 1709—14.
Aber Karl war znr Rückkehr nicht zu bewegen. Der Friede am Prnth hatte ihn mit Zorn und Grimm erfüllt, und fein Trotz und Starrsinn wuchs, als alle Versuche, einen neuen Krieg Zwischen der Türkei und Rnßlanb herbeiznfnhren, mißglückten. Nachbem der Sultan wieberholt in ihn ge-brungen war, seine Abreise zu Beschleunigen, erklärte er zuletzt, er öebürse einer halben Million Thaler, um seine Schul-ben zu bezahlen. Der Sultan gab ihm noch 100,000 Thlr. utehi'5 aber Karl blieb und machte eine neue Forberung. Da warb enblich in Constantinopel beschlossen, den beschwerlichen Gast mit Gewalt zu vertreiben. Es würden 2000 Janitscharen und 12,000 Tataren gegen sein Lager-geschickt, das er mit seinen 300 Schweden zu vertheibigen entschlossen war. Denn die Polen und Kosaken, die noch bei ihm gewesen, hatten ihn verlassen. Die türkischen Kanonen zersprengten die schwebische Mannschaft vor Karls verschanztem Hanse; Karl aber vertheibigte sich mit etwa 60 M. in seiner Wohnung mit solcher Tapferkeit, daß die Türken zuletzt Feuer anlegten, um ihn herauszutreiben. Karl kämpfte mit den eingebrungenen Feinben in bent brennenben Hause, bis die glühenben Balken über ihnen zusammenbrachen; dann stürzte er mit seiner Schaar heraus, um sich in ein anberes noch unversehrtes Haus zu werfen. Aber in der Thüre verwickelte er sich mit seinen langen Sporen und fiel zu Boben. Die Janitscharen stürzten sich über ihn und entwaffneten ihn (Febr. 1714).
Die bei biefem Kampfe bewiesene tollkühne Tapferkeit des „Sultan Eisenkopf", wie die Türken den König nannten, erwarb ihm bei den Türken eine solche Achtung, daß man vorläufig von einer gewaltsamen Fortschaffung besselben abstanb. Er warb nach Demotika bei Abrianopel gebracht, und bort blieb er noch bis zum Herbst 1714. Damals erschien bei ihm ein Abgesanbter des schwebischeu Reichsraths mit der Melbung, wenn er noch länger von seinen Staaten fern bleibe, so sei in Schweden ein Ausstanb und die Erwählung eines Reichsvorstehers zu befürchten. Das bewog ihn zur Rückkehr. Am 1. Octbr. machte er sich auf und zog,
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Grimm Karl Karl Karls Karl Karl Karl Karl Octbr
174 Der große Kurfürst 1640—88.
größeren (1. Preußen, 2. der Mark und Pommern nebst Magdeburg und Halberstadt) und zwei kleineren (1. Minden und Ravensberg, 2. Mark und Cleve). Diese wurden von ihm zu einem geordneten Ganzen umgeschaffen, zu einem Staatswesen verschmolzen, das von einem Mittelpunkte aus geleitet ward. Dadurch wurde er der eigentliche Gründer des preußischen Staates, einer starken norddeutschen Macht, an welcher alle Protestanten gegen den Katholicismus, alle Deutschen gegen das Ausland Schutz und Stütze fanden. Das Heer wurde bedeutend vermehrt; im I. 1655 betrug es 26,000 Mann. Aber dabei wurde auch eine bedeutende Erhöhung der Steuern nöthig, die jedoch durch eine angemessene Vertheilnng und die Hebung des Wohlstandes im Lande erträglich gemacht wurden. Ackerbau, Gewerbe und Handel wurden auf alle Weise gefördert, Straßen und Kanäle angelegt (Friedrich-Wilhelmskanal) und überall neue Erwerbsquellen eröffnet. Fremde Ansiedler, namentlich viele aus Frankreich vertriebene Hugenotten (s. S. 130), wurden aufgenommen und unterstützt. Nicht geringere Pflege genossen die Schulen, die Wissenschaften und Künste. Friedrich Wilhelm stiftete die reformirte Universität zu Duisburg und die Bibliothek zu Berlin; erzog viele niederländische Künstler ins Land. Auch eine Seemacht sollte der preußische Staat werden. Der Kurfürst schuf eine kleine Kriegsflotte, mit der er im I. 1681 die Spanier bekriegte, weil sie ihm die versprochenen Hülfsgelder nicht gezahlt hatten. Auf der Küste von Guinea gründete er eine Colonie (1683), die sich aber nicht lebensfähig erwies, deshalb verkaufte sie 1720 der sparsame König Friedrich Wilhelm I. an die Holländer. Die Regierung des großen Kurfürsten war, wie damals in den meisten Ländern Europas, despotisch. Er vernichtete, um für das Ganze sein Ziel zu erreichen, die Vorrechte des Adels und der Städte und brach mit Gewalt und Härte jeden Widerstand. Die Intoleranz der herrschenden, widerspänstigen lutherischen Geistlichkeit wurde gewaltsam unterdrückt. Er ließ sich einen Revers unterschreiben, daß sie allen Edieten des Kurfürsten ohne irgend einen geistlichen Vorbehalt ge-
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Extrahierte Personennamen: Cleve Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I.
Extrahierte Ortsnamen: Magdeburg Halberstadt Frankreich Duisburg Berlin Guinea Europas
Erste Theilung Polens 1772. 211
von seinem Gelde die eingeäscherten Häuser wieder aufbauen. Der Neumark und Pommern, welche am meisten durch den Krieg gelitten hatten, erließ er die Steuern auf zwei Jahre, den Schlesiern auf lj2 Jahr. Aus seiner eigenen Kasse schenkte er seinen Unterthanen in den 23 Jahren nach dem Kriege 24 Mill. Thlr. So geschah es, daß die Wunden des Krieges bald verschwanden, daß unter der schöpferischen Hand des Königs wieder ein reiches, reges Leben in allen Bereichen menschlicher Thätigkeit aufblühte und Preußen, von Friedrichs Geiste belebt, die meisten Staaten Europas an Wohlstand und Ordnung übertraf. Die Welt bewunderte in dem Helden Friedrich auch den großen Staatsmann.
Auch für die Erhaltung der kriegerischen Macht Preußens sorgte der König in den Friedensjahren aufs beste. Das Heer wurde vollzählig gemacht und sorgfältig eingeübt, die Magazine und Zeughäuser gefüllt, die Festungen verstärkt. Durch Sparsamkeit und einen streng geregelten Staatshaushalt wurde der Staatsschatz vermehrt; denn das Geld ist, wie Friedrich wohl wußte, für die Kriegsführung das nothwendigste Erforderniß. Er hinterließ einen Schatz von 70 Mill. Thlr. Neben Rußland, Oestreich, England und Frankreich stand seit Friedrich der preußische Staat trotz seines geringeren Umfangs (3524 Quadratmeilen mit 52/3 Mill. Einwohnern) als fünfte Großmacht da.
Die Regierung Friedrichs Ii. hatte seit 1763 einen vorzugsweise friedlichen Charakter. Da schien der Friede noch einmal gestört zu werden durch die Verhältnisse in dem Königreiche Polen. Dieses unglückliche Land war durch feine Verfassung als Wahlreich, in welchem jeder Edelmann durch seinen Einspruch (das liberum Veto) die Beschlüsse bcs Reichstags zu nichte machen konnte, in eine heillose Verwirrung und Zerrüttung gerathen. Die Polen selbst zerfleischten sich voll Leibenschast in politischen und religiösen Parteikämpfen. Diese Znstänbe benutzte die russische Kaiserin Katharina Ii., sich einzumischen und Polen ganz in ihre Gewalt zu bekommen. Als der polnische König August Iii. von Sachsen im I. 1763 gestorben war, verschaffte sie den
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Extrahierte Personennamen: Neumark Friedrichs Friedrichs Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Oestreich Friedrich Friedrichs Katharina_Ii August
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218 Der nordamerikanische Freiheitskrieg 1773—1783.
sie machten geltend, daß sie in dem Kriege an Menschen und Geld mehr geleistet hätten als England, daß auch sie Schulden gemacht, die sie allein bezahlen müßten, und daß England den Krieg vorzugsweise in seinem Interesse geführt habe. Doch das Parlament gab nicht nach; es gab im I. 1765 die Stempelacte, wonach jede Urkunde in den Colonien für ungültig erklärt ward, die nicht auf englischem Stempelpapier ausgestellt wäre. Dagegen erhob sich der Freiheitssinn der Kolonisten. Um den Stempel zu umgehen, verpflichtete man sich, alle Streitigkeiten durch Schiedsgerichte auszugleichen. Im folgenden Jahre nahm daher England die Stempelaete wieder zurück, hielt aber das Recht, die Colonien zu besteuern, fest. Im I. 1767 legte das Parlament einen kleinen Einfuhrzoll auf Papier, Glas, Thee und einige andere Handelsartikel; aber die Kolonisten beschlossen, sich des Kaufs dieser Waaren gänzlich zu enthalten, und in Boston kam es sogar zu blutigem Widerstand gegen die Zollbeamten. Da die genannten Waaren von den Amerikanern nicht gekauft wurden, fo hob das Parlament den Zoll wieder auf, mit Ausnahme deffen, der auf dem Thee lag, und man suchte zum Kaufe des Thees anzulocken, indem man den Preis desselben ermäßigte. Allein diese Anordnungen blieben ohne Erfolg, ja die Amerikaner, durch mancherlei strenge Maßregeln der Regierung gereizt, widersetzten sich sogar der Ausschiffung des Thees. In Boston begaben sich 17 Bürger, als Indianer verkleidet, auf drei englische Schiffe und warfen die Theeladung ins Meer (1773).
Da England seilte Gewaltmaßregeln fortsetzte, so traten ant 5. Septbr. 1774 die Amerikaner zu Philadelphia zu einem General-Congreß zusammen, der den Widerruf aller die Colonien beeinträchtigenden Parlamentsbeschlüsse verlangte und in einer Bittschrift an den König fein Verfahren rechtfertigte. Unter den 51 Mitgliedern dieses Kongresses befand sich auch Georg Washington, ein reicher Gutsbesitzer aus Virginien, ein Mann von gründlicher Bildung, der schon in dem Krieg mit den Franzosen sich als Führer
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Luther und Tezel 1517. 21
im Geiste der heiligen Schrift, und was er sprach, kam tief aus dem Herzen.
So kam das wichtige Jahr 1517. Damals war Leo X. Papst, ein genußsüchtiger und prachtliebender Mann, der viel Geld brauchte; namentlich erforderte der Ausbau der prachtvollen Peterskirche zu Rom große Summen. Deswegen schrieb er einen allgemeinen Ablaß aus, den für Deutschland der Erzbischof Albrecht von Mainz pachtete. Dieser übertrug den Handel mit dem Ablaß dem Dominicanerorden. Der Dominicaner Johann Tezel, ein nichtswürdiger Mensch, welchen früher einmal der Kaiser Maximilian wegen Ehebruchshatte ersäufen lassen wollen, reiste mit seinem Ablaßkram im Sächsischen und in der Nähe von Wittenberg herum und verfuhr mit seinem Handel auf die schamloseste Weise. Wenn er in eine Stadt kam, hielt er unter dem Geläute der Glocken seinen feierlichen Einzug; die päpstliche Bulle, worin der Ablaß verkündigt war, wurde auf einem Sammetkiffen vorausgetragen, die Priester und Mönche, der Magistrat und die Schuljugend gingen ihm mit Kerzen und Fahnen entgegen und geleiteten ihn in die Kirche, wo er die Fahne des Papstes auspflanzte. Und nun begann der Handel, nicht bloß in der Kirche, sondern auch auf den Straßen und selbst in den Wirthshäusern. Er hatte zwei Kasten bei sich; in dem einen waren die Ablaßzettel, in den andern kam das Geld, und er pflegte wohl zu sagen: „Wie das Geld in dem Kasten klingt, so die Seele aus dem Fegfeuer springt." Man konnte Ablaß erhalten für jedes Vergehen, für Diebstahl, Meineid, Raub und Mord, und das Volk, ohne zu bedenken, daß der Ablaß auch Reue und Besserung forderte, strömte herzu und kaufte, in dem Wahne, als mache das Geld schon frei von aller Schuld. Ja man konnte fogar sich einen Ablaß erkaufen für ein Verbrechen, das man erst in der Zukunft zu begehen vorhatte.*)
*) Man erzählt, in Jüterbogk im Brandenburgifchen habe ein Ritter einen Ablaßzettel von Tezel gekauft für einen Ranb, den er beabsichtige; dann habe er den Tezel in einem Walde überfallen und ihm seinen Geldkasten abgenommen. Der Kasten soll noch aus dem Rathhause zu Jüterbogk zu sehen sein.
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