22
Mathematische Geographie.
mechenzonen. Der Äquator ist die Linie, auf welche die Sonnenstrahlen am
' '21. März und am 23. September senkrecht fallen. Die beiden
Wendekreise sind die Linien, die den Erdraum, der überhaupt
senkrechte Bestrahlung empfängt, in N und S des Äquators
abgrenzen, über welchen sich aber die Sonne wendet1) (daher
Wendekreise genannt). Sie selbst werden infolgedessen nur an
einem Tage senkrecht bestrahlt und zwar der Wendekreis des
Krebses am 21. Juni, dem Sommer-Sonnenwendetage (Sommer-
Solstitium; Solstitium = Sonnenstillstand), der Wendekreis des
Steinbocks am 21. Dezember, dem Winter-Sonnenwendetage
(Winter-Solstitium). Die beiden Wendekreise schließen die heiße
Zone, die Zone der Tropen, ein, die also einen je 231 /20 breiten
Erdraum nördlich und südlich vom Äquator umfaßt, zusammen also
47° breit ist. Nördlich und südlich von den beiden Wendekreisen
liegen die beiden gemäßigten Zonen der Erde, die bis zu den
Polarkreisen reichen, also je 43° breit sind und zusammen 86°
oder fast die Hälfte der ganzen geographischen Breite einnehmen.
Sie erhalten nur schräge Bestrahlung, und zwar wird diese mit
der Entfernung von den Wendekreisen und der Annäherung an die
Polarkreise immer schräger. Die beiden Polarkreise sind die
Linien, bis wohin die Sonnenbestrahlung an zwei bestimmten Tagen
nach N und S reicht, nämlich am 21. Dezember, an welchem Tage
der ganze vom Nördlichen Polarkreise umschlossene Erdraum im
Dunkel bleibt, und am 21. Juni, wo das nämliche mit dem südlichen
Polargebiete geschieht. Der Nördliche Polarkreis umgrenzt also
die um den Nordpol gelegene nördliche kalte Zone, die während
unseres Winters lange Winternacht hat, und innerhalb der man
am 21. Dezember die Sonne nirgendwo aufgehen sieht. Die vom
Südlichen Polarkreise umgrenzte südliche kalte Zone hat zu
dieser Zeit den langen Sommertag. Aber diesem folgt die lange
Winternacht, und am 21. Juni geht auch in ihr nirgendwo die
Sonne auf, während dann die nördliche kalte Zone den langen
Sommertag mit der seltsamen Erscheinung der Mitternacht-
sonne hat.
7. Der Mond.
a) Entfernung,"Größe und Gestaltendes Mondes.
§ 16. Wie die Sonne von der Erde, so wird diese von dem Monde
Maße. umkreist. Nur 384 000 km ist die Erde von ihrem Begleiter ent-
fernt. Der Durchmesser des Mondes beträgt etwa lu, die Oberfläche
V14, der Körperinhalt Vs0, das Gewicht 1iso von den Maßen der Erde.
0emondesdes Gleich der Erde ist der Mond ein dunkler Körper; beide
empfangen ihr Licht von der Sonne. Indem uns der Mond,
je nach seiner Stellung zur Sonne, abwechselnd die dunkle Seite,
die ganz beleuchtete Seite oder nur einen Teil derselben zukehrt,
]) So dürfen wir uns ausdrücken, wenn wir die scheinbare Bewegung
der Sonne als tatsächlich vorhanden annehmen.
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter]]
TM Hauptwörter (200): [T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone], T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe]]
48
Kartographie.
Pläne (Stadtpläne), die in sehr großem Maßstabe (1:500 bis
1:10000) gezeichnet sind, die Meßtischkarten (1:25000), die
die Grundlage der preußischen und deutschen Landesvermessung
bilden, die topographischen Karten (v. griech. topos = Gegend,
Stelle) und Generalstabskarten (Karte des Deutschen Reiches,
1 : 100000, Topographische Spezialkarte von Mittel-Europa,
1:200000), geographische Karten und zwar Spezial-
karten (1:50000 bis 1:500000, wie die Vogelsche Karte des
Deutschen Reiches, 1:500000) und Generalkarten (eine Karte
der Erde im Maßstabe 1 : 1000000 ist in den meisten Kulturstaaten
in Bearbeitung genommen).
stehungswefse Nach der kartographischen Darstellungsweise unter-
scheidet man, wie schon in früheren Abschnitten gezeigt wurde,
Vogelschaukarten, Isohypsenkarten, Höhenschichten-
karten, beleuchtete Karten und zwar Karten mit senkrechter
und schräger oder schiefer Beleuchtung, Reliefkarten usw.
Inhalte"1 Nach dem Karteninhalte und dem Zwecke der Be-
lehrung kann man physikalische Karten, die wieder in
Gebirgskarten oder orographische, Flußkarten oder
hydrographische, geologische Karten, Klimakarten usw.
eingeteilt werden können, politische, ethnographische, kultur-
und wirtschaftsgeographische, statistische, historische
Karten usw. unterscheiden.
^ che i du nge n r~ Ferner spricht man von Weltkarten, Karten der Erd-
hälften oder Planigloben, Länderkarten, Heimatkarten,
Schulkarten, Eisenbahnkarten und andere Verkehrskarten,
Land- und Seekarten, Himmelskarten, Sternkarten usw.
Eine Sammlung von Karten wird Atlas1) genannt.
2. Das Kroki, die kartographische Zeichnung und
das Profil.
Die genannten Darstellungsarten, das Kroki, die karto-
graphische Zeichnung und das Profil, ergänzen die Karte
oder treten an ihre Stelle. Sie haben hauptsächlich den Zweck,
die geographische Anschauung zu vertiefen und zu befestigen.
a) Das Kroki.
§ 38. Das Zeichnen von Krokis wird namentlich in militärischen
Ausführung. Kreisen zur Aufklärung im Gelände benutzt. Der Zeichner sucht
Wert- dabei den zurückgelegten Weg und die Erscheinungen, die ihm zur
Orientierung wichtig erscheinen, in einer sehr einfachen Karten-
skizze darzustellen. Wer zu geographischen Zwecken Krokis
zeichnen will, darf sich durch die Beobachtung und Fixierung des
Weges nicht zu sehr von der Betrachtuug der Landschaft ablenken
Die Bezeichnung Atlas führte der Sohn Merkators ein. Der erste
Schulatlas erschien 1707 bei Hohmann in Nürnberg.
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Die Aufgabe der geographischen Raumdarstellung. 31
Hauptbegriffsmerkmale so genau darzustellen und auszuprägen,
daß der Beschauer eines Kartenbildes zum Wiedervorstellen
derselben angeregt wird.
Die drei Raummerkmale der Länge, Breite und Höhe oder
Tiefe knüpfen sich an die drei Raumgebilde, die wir in der
Mathematik noch außer dem Punkte unterscheiden, nämlich an die
Linie, die Fläche und den Körper.
Um die Linie in der mathematisch reinen Form handeltersiä^gen.
es sich in der Geographie bei Entfernungsangaben, Höhenlinien,
Tiefenlinien, Kammlinien, Grenzlinien, Ufer- und Küstenlinien
u. s. w. Bei Flußläufen, Kanälen, Straßen und Eisenbahnen ist
zwar in Wirklichkeit auch eine Breitenausdehnung vorhanden, doch
denken wir an diese nicht. Die Kartographie muß zwar bei allen
linearen Ausdehnungen die Breite mit darstellen, da die mathe-
matische Linie nicht dargestellt-werden kann; sie läßt aber in
den Maßen die Breitenausdehnung entweder unberücksichtigt oder
gestattet sich Übertreibungen, um die Linie selbst um so wirksamer
herauszuheben, z. B. bei Höhenlinien, Straßen, Eisenbahnlinien,
Flußlinien u. s. w.
Sobald neben der Längenausdehnung auch die Breiten- [T'eà^";
ausdehnung in Betracht gezogen wird, gewöhnlich, um ein Ver-
gleichen dieser beiden Raummerkmale zu ermöglichen, wächst
die Linie, obschon die Breite selbst ebenfalls nur eine lineare
Ausdehnung ist, in unserem Vorstellen zur Fläche. An den
Flächengebilden unterscheiden wir die Flächen form und die
Flächengröße. Beide spielen in der Geographie eine große
Rolle. Die Kartographie sucht mit Hülfe der die Fläche um-
rahmenden Linie den ganzen Reichtum der wagerechten oder
horizontalen Gliederung der Erdoberfläche auszuprägen und
mit der Vorstellung der Flächenformen möglichst zugleich auch
die richtige Vorstellung der Flächengrößen zu vermitteln.
Sobald neben den linearen Ausdehnungen der Länge und
Breite auch die der Höhe oder Tiefe berücksichtigt werden soll
und die Flächengebilde körperliche Formen annehmen, erwächst
sowohl der Kartographie als auch dem Kartenlesen eine sehr
schwierige Aufgabe ; denn vor den Augen und dem Geiste erscheint
nun die reiche Welt der Plastik: Diese körperlichen Gebilde
sind unendlich mannigfaltiger als die Flächengebilde, auf denen
sie sich aufbauen, nach der Höhe und nach der Tiefe hin, als
Erhebungs- und Senkungs- oder Hohlformen. Doch betrachtet
die Geographie sie ebenfalls vorwiegend nach zwei Rücksichten,
nämlich hinsichtlich der Form und der Größe, wie auch jeder
Weltkörper als Ganzes so betrachtet wird.
Außer den Raummerkmalen der Länge, Breite und Höhe . ?lum"
/nv T7 i. i. bezienungen.
(liete) hat die Kartographie die beiden wichtigen Raumbe-
Ziehungen der Lage und Richtung zum Ausdruck zu bringen
bezw. über sie Aufklärung zu geben. Unter Lage verstehen wir
die bestehenden Ortsunterschiede zwischen Raumgebilden,
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
2 I. Deutschlands Größe und Machtstellung.
auf den Gesamtverkehr des Atlantischen Ozeans den
größten Einfluß, der einmal in seiner vermittelnden und
ausgleichenden Stellung und sodann in seiner Vodengestalt be-
gründet liegt; denn es ist im allgemeinen die nördliche Abdachung
des hohen europäischen Rumpfgebirges, der Alpen. Diese reichen
im Süden an das Meer und gewähren von da nur schwer den
Zutritt nach Mittel-, Nord- und Osteuropa; hingegen haben im
Norden Menschen und Güter völlige Bewegungsfreiheit und
können ohne größere orographische Hindernisse von Westen nach
Osten und umgekehrt fluten. Deutschland verknüpft den
Atlantischen Ozean mit Mittel- und Osteuropa. Seine
Flüsse, seine Kanäle, seine Landstraßen und Eisenbahnen führen
direkt in die europäische Mitte hinein. Darum ist das Deutsche
Reich in stetig wachsendem Maße ein Durchgangsland für
Roh st offe und Nahrungsmittel geworden, mit denen die
inner n und nordeuropäischen Länder von der See aus versorgt
werden. Da es aber fernerhin den Kern der wirtschaftlich tätigsten
und tüchtigsten Staaten Europas bildet und diese Staaten in
Bezug auf die Einwohnerzahl überflügelt, so hat es die Nach-
barstaaten wirtschaftlich an sich gefesselt.
Auch die Lage zu seinen zwei Meeren ist für Deutschland
recht günstig. Da wo sich der deutsche Boden allmählich verflacht,
umspülen die Meereswogen einen langgestreckten Küstensaum.
Außerhalb einer Küstenferne von 350 km liegen nur das Elsaß,
Baden, Württemberg, Bayern und Oberschlesien. Die meer-
fernste Gegend Deutschlands, 725 km, ist das Berchtesgadener
Land im Südosten Bayerns.
Nachdem innerhalb der großen Grenzsäume Alpen und Meer,
Weichsel und Rhein die Größe der deutschen Lande mannigfach
im Laufe der Geschichte gewechselt, hat das Deutsche Reich nach
dem Kriege 1870/71 eine Größe von 540743 qkm mit einer Ein-
wohnerzahl von 41 Millionen Köpfen (1910 dagegen 65 Millionen)
eingenommen. (Vgl. statistischen Anhang 1 und Li.) Damit ist
es die drittgrößte staatliche Ländermasse Europas geworden. Nur
Rußland und Österreich-Ungarn sind größer, Frankreich ist nahezu
gleichgroß, wesentlich kleiner sind die übrigen europäischen Staaten
(vgl. stat. Anh. Iii). Deutschland bildet ein Zoll- und Handels-
gebiet. Die Zollgrenze fällt im allgemeinen mit der Reichs-
grenze zusammen. Ausgeschlossen von ihr sind 71 qkm mit
17600 Einwohnern, nämlich die Freihafengebiete von Hamburg,
Bremerhaven und Geestemünde, ein Teil der Gemeinde Cuxhaven,
die Insel Helgoland und ein sehr kleines Gebiet im südlichen
Baden an der Grenze des Kantons Schaffhausen. Eingeschlossen
sind in die Zollgrenze außer dem Reichsgebiet das Großherzog-
tum Luxemburg (2600 qkm mit 260000 E.) und die kleinen
österreichischen Gemeinden Jungholz (im Süden von Kempten)
und Mittelberg (Vorarlberg) mit 6 qkm und reichlich 1400 Be-
wohnern. Somit hat das deutsche Zollgebiet oder Wirt-
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Atlantischen_Ozeans Osteuropa Deutschland Osteuropa Deutsche
Reich Europas Deutschland Baden Württemberg Bayern Oberschlesien Deutschlands Bayerns Rhein Europas Frankreich Deutschland Hamburg Bremerhaven Helgoland Baden Schaffhausen Luxemburg Jungholz Vorarlberg
4 1. Deutschlands Größe und Machtstellung.
Cuxhaven im Hintergrund und dem Bremerhaven und Bremer-
verkehrsgebiet in der Nachbarschaft. An der Ostseeküste wird die
Kieler und Lübecker Bucht von dem Küstenwinkel umschlossen.
Die Lübecker Bucht dringt bis auf eine Entfernung von 52 km
nach der Elbe vor und erreicht diese selbst durch den Elbe-Trave-
kanal. Im Hintergrund des Küstenwinkels, der mit seiner Schenkel-
Verlängerung bis Greifswald, der „wendischen Küste," das Zentrum
des Machtbereichs der Hanse war, liegen Warnemünde, Wismar,
Lübeck, die Ostmündung des Kaiser Wilhelm-Kanals und Kiel,
der größte deutsche Kriegshafen; alle sind sie berufen, zur Neu-
belebung des neuen deutschen Seeverkehrs beizutragen.
Messen wir die Länge der deutschen Küste ohne die tiefen
Einschnitte und Inseln, so erhalten wir eine Länge von 1270 km,
d. i. ein Fünftel der Küstenlänge Italiens oder zwei Fünftel der
Küstenlänge Frankreichs. Auf 1 km Küstenlänge entfallen in
Deutschland 425 qkm, in Italien 45 qkm. Das könnte augenschein-
lich gegen eine günstige Küstenentwicklung Deutschlands sprechen.
Man kann aber wohl kaum behaupten, daß für einen kontinen-
talen Staat wie Italien trotz seiner ausgesprochenen Halbinsel-
natur ist, die große Ausdehnung der Küste ein besonderer Vorteil
sei; denn im Vergleich zu seinem Flächeninhalt hat Italien eine
viel zu große Küstenentwicklung, wodurch Italien gezwungen ist,
sofern es in dem modernen Verkehr und Handel tätig eingreifen
will, mehr Seemacht als Landmacht zu sein. Letztere leidet ent-
schieden darunter. Die deutschen Küsten — die Nordseeküste mehr
wie die Ostseeküste — beweisen, daß nicht jedesmal die lange und
gegliederte Küste den Handel an sich ziehen muß, sondern dies
auch durch eine weniger gute und kürzere Küste geschehen kann,
wenn nur ein oder wenige geeignete Pforten vorhanden sind,
durch die es der Ausdehnungsfreudigkeit und Ausdehnungskrast
eines Volkes ermöglicht wird, nach den nächsten und Verkehrs-
reichsten Weltmeeren und Überseeländern über- und einzugreifen.
Diese bemerkenswerte Eigenschaft der deutschen Küste wird durch
die große Bedeutung erhöht, die sie für unfern Wohlstand und
unsere Macht dadurch hat, daß fast das ganze Gebiet des Deutschen
Reichs zu ihrem wirtschaftlichen Hinterland gehört.
Die Nordseeküste ist die ozeanischste der deutschen Küsten;
denn an ihr machen sich die Gezeiten und Sturmfluten eines der
stürmereichsten Meeres bemerkbar. Infolgedessen ist die Nordsee-
küste auch vielmehr der Zerstörung als die Ostseeküste ausgesetzt,
hier arbeitet mehr Frost und Eis an der Zerstörung des Küsten-
saumes. Beständig ist an beiden Küsten der Mensch im Kampf
mit den Unbilden des Meeres, und durch Deiche und Dämme
schützt der Nordseeküstenbewohner sein kostbares Marschland, das
in den Dithmarschen bis 16 km breit ist, und durch Verhaue
(Buhnen) und Bepflanzung sucht der Ostseeküstenbewohner die ver-
Verblichen Flugsanddünen zu befestigen. Wenn der Mensch nicht
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T160: [Insel Hafen Meer Küste Stadt Halbinsel Neapel Straße Einw. Hauptstadt], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Cuxhaven Bremerhaven Greifswald Wismar Kiel Italiens Frankreichs Deutschland Italien Deutschlands Italien Italien Italien Dithmarschen
6 I- Deutschlands Größe und Machtstellung.
Von mehr als 200 Strömen und Flüssen wird es mit einer
gewaltigen Süßwassermenge gespeist und findet nur durch schmale
Meeresstraßen, die Belte und den Sund, eine Verbindung mit
dem Kattegat, dem Vorhof zum Atlantischen Ozean. Im Salz-
gehalt des Ostseewassers spricht sich die mehr oder minder große
Abhängigkeit vom Ozean aus. Während der Salzgehalt im
Skagerak bei Skagen noch 30 Promille beträgt, im Großen Belt
bei Korsör 18 und im Kieler Hafen 15 Promille, sinkt er rasch
nach Osten und beträgt im Norden von Rügen nur noch 8—9,
in der Danziger Bucht 6—7 und bei Haparanda, also an der
Nordspitze des Bosnischen Meerbusens, 1,5 Promille.
Nicht bloß der Lage sondern auch dem Salzgehalt nach zeigt
sich die Nordsee oder das Deutsche Meer als ein echtes
ozeanisches Randmeer; denn der Salzgehalt betrügt in der
Nordsee 34 Promille, südlich von Helgoland, angesichts der Elbe-
und Wesermündung, nur 32 Promille. Der offene Atlantische Ozean
besitzt durchschnittlich 35,5 Promille Salzgehalt. Wie schon gesagt,
wird das Nordseewasser von Sturmfluten und Gezeiten aufgewühlt.
In unsern deutschen Häfen ist die Fluthöhe im Mittel in Emden
2,76 m, in Wilhelmshaven 3,46 m, in Bremerhaven 3,30 m, in
Cuxhaven 2,80 m, im Hafen von Hamburg 1,88 m. Die höchsten
Springfluten gehen dagegen fast auf das Doppelte der genannten
Werte, ganz abgesehen von den Sturmfluten, bei denen die nord-
westlichen Winde das Wasser staut. Für die Schiffsbewegung er-
weisen sich die Gezeiten als ein Segen; die Flut trägt die See-
schiffe weit in den Mündungsarmen der Flüsse hinauf, und der
Ebbestrom nimmt sie wieder mit zum offenen Meer zurück.
Die deutschen Meere sind verhältnismäßig seicht; während
die Nordsee nur eine mittlere Tiefe von 89 in erreicht, besitzt die
Ostsee die geringere mittlere Tiefe von 67 m. Beide Meere ver-
halten sich" ihren Arealen nach wie 4 : 5. Die Ostsee bedeckt
430000 qkm, die Nordsee 550000 qkm, sie hat demnach annähernd
die Flächengröße des Deutschen Reichs. Beide Meere sind indessen
recht klein gegenüber der Ausdehnung der Weltmeere; sie betragen
zusammen rund 1/90 des Atlantischen Ozeans (90 Mill. qkm) und
l!,ub des Großen Ozeans.
- //A Die deutschen Nachbarn.
Das Deutsche Reich, das nachbarreichste Land Europas,
wird begrenzt von drei Großmächteni Rußland, Osterreich-
Ungarn und Frankreich; von vier Mittelstaaten: den drei König-
reichen Belgien, den Niederlanden und Dänemark und dem
republikanischen Staatenbund der Schweiz, und endlich von einem
Kleinstaat, dem Großherzogtum Luxemburg. Die Vielbegrenztheit
des Deutschen Reichs ist eine Folge der mitteleuropäischen Kern-
läge. Geschichte, Natur und Verkehr drücken den nachbarlichen
Beziehungen zu jedem Einzelstaat besondere Merkmale auf.
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T160: [Insel Hafen Meer Küste Stadt Halbinsel Neapel Straße Einw. Hauptstadt], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa]]
8 I. Deutschlands Größe und Machtstellung.
ist der Hauptdruck dieser Macht nach Osten (Ostasien) und Süden
(Persien) gerichtet; und der russische Druck wird nie zu stark auf
der deutschen Ostgrenze lasten, wenn sich das Zarenreich stets
seiner Hauptaufgabe bewußt ist, den starken Posten zwischen
der westeuropäischen Kultur und den Ausdehnungsgebieten der
gelben Nasse sorgsam zu bewahren. Wirtschaftlich besteht ein
engerer Zusammenhang zwischen Deutschland und Rußland. Fast
die Hälfte des Wertes der Handelsartikel, die nach Nußland ein-
geführt werden, ist in Deutschland zahlbar, während wir an dem
Ausfuhrwert der russischen Waren mit einem Drittel beteiligt sind.
Im Südwesten der deutschen Neichsgrenze stoßen wir gleich-
falls auf eine fremde, eine romanische Nation. Die Beziehungen
zwischen Frankreich und Deutschland sind sehr wechselreich
gewesen. Namentlich flutete durch die burgundische Pforte seit
altersher ein bedeutender Völker- und Warenverkehr. Nordfrankreich
hat mancherlei Gemeinsames in Lage, Klima und Bodenkultur
mit Süddeutschland. Zu Norddeutschland finden wir kein Gegen-
stück in Frankreich, und dieses hat wiederum im Süden sein
eigenes Gebiet, mit dem es am mediterranen Klima und Kultur-
kreis teilnimmt. Erfreulicherweise wachsen von Jahr zu Jahr
die gegenseitigen Verkehrsbeziehungen, und beide Länder senden
sich gegenseitig Waren im Werte von je xj2 Milliarde Mark.
Größer nur als der Verkehr Frankreichs mit Deutschland ist der
mit England, während sich der Umsatz des belgischen Verkehre
mit Frankreich direkt an den deutschen anschließt.
Belgien, Luxemburg und die Niederlande sind
stücke des alten Lotharingens, das sich allmählich zu einem
Mischgebiet an dem Berührungssaum des westfränkischen und
ostfränkischen Reichs entwickelte. Auch heute noch sind Belgien
und Luxemburg (fast möchte man Lothringen hinzurechnen) das
Gebiet der deutsch-französischen Übergänge, Übergriffe, Kämpfe
und Verdrängungen. Hat in Luxemburg das germanische
Element gesiegt, so steht es in Belgien, obwohl der Kopfzahl
nach im Übergewicht, noch im stetem Kampfe mit dem Franzosentum.
Luxemburg, von der deuschen Zollgrenze umschlossen und
industriell und verkehrstechnisch von Deutschland abhängig, hat
den Charakter als Grenzland verloren, nur Belgien und die
Niederlande liegen als neutrale Staaten wie große Seen an
den deutschen Grenzen. Kein Grenzstück ist aber so schlecht und
unorganisch wie die deutsch-holländische Grenze zwischen Aachen
und dem Dollart. Während in dem belgischen Auslandverkehr
die erste Stelle Deutschland mit Frankreich teilen muß, herrscht
in dem holländischen der deutsche Anteil bei weitem vor, ja von
der Ausfuhr Hollands passiert genau die Hälfte die deutsche
Grenze.
Im Norden hat das Deutsche Reich nur ein kurzes Stück
Landgrenze gegenüber Dänemark, quer über die von Natur
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Ostasien Persien Deutschland Nußland Deutschland Frankreich Deutschland Nordfrankreich Norddeutschland Frankreich Deutschland England Frankreich Belgien Luxemburg Niederlande Luxemburg Lothringen Luxemburg Belgien Luxemburg Deutschland Niederlande Aachen Dollart Deutschland Frankreich Hollands Deutsche_Reich
22 1- Deutschlands Größe und Machtstellung.
7. Deutschlands Weltpolitik und das größere Deutschland.
Mehr als in frühern Jahrzehnten hören und lesen rvir heute
von dem „Kampf ums Dasein". Mehr als in frühern Zeiten drängt
sich die _ bittere Notwendigkeit des Kampfes ums Dasein in das
menschliche Leben hinein. Für den Kampf ums Dasein können
wir ebensogut sagen „Kampf um Raum". Der Kampf um Raum
ist das hervorragendste Merkmal jeglicher Lebensentroicklung auf
Erden, nicht bloß der Lebensentwicklung des Individuums, des
Einzelnen, sondern eines ganzen Volkes, überhaupt des Staates.
Jede vorwärtstreibende und vorwärtsstrebende Staatsentwicklung
schreitet von engen Räumen zu weiten Räumen fort. Nach diesem
Gesetz der zunehmenden Räume wächst jede Land- und Seemacht.
Der Raum des Landes ist vielfach begrenzt, er beschränkt
auch die politische Auffassung der Völker, wenn nicht gerade weite
Becken oder Tiefländer etwas von der Wirkung des weiten
Meeres auf die politische Ausdehnungskraft der Völker übertragen.
Warum haben sich in der Zone der deutschen Mittelgebirge die
deutschen Kleinstaaten, in den Alpen die Schweizer Kantone und
Kantönchen, auf der Valkanhalbinsel ein Staatengemisch gebildet,
warum entwickelte sich auf der oberdeutschen Hochebene der größte
süddeutsche Staat Bayern, im norddeutschen Tiefland das größte
deutsche Staatswesen Preußen und auf dem weit ausgedehnten
ebenen Osten Europas der größte europäische Staat? Tieferes
Nachdenken über die Abhängigkeit des Bodens vom Staate wird
die Antwort darauf geben.
Der Meeresraum mit seinen endlosen Horizonten hat vor-
zugsweise zur Schärfung und Erweiterung des politischen und
wirtschaftlichen Blickes beigetragen und einen großen Zug von
Kühnheit in den politischen Charakter der Seevölker hineingetragen.
Alle See- und Vinnenlandvölker beweisen dies.
Das Meer hat die Seevölker zur Staatenbildung hin-
gedrängt. In der Europäisierung der Erde hat die größte See-
und Kolonialmacht, Großbritannien, das meiste geleistet. Selbst
wer dem Engländer nichts nachrühmen wollte, müßte doch an-
erkennen, daß die staatenbildende Kraft den Mittelpunkt der
geistigen Anlagen des Engländers ausmache. Überall, wo das
Jnselvolk hinkam, fand es gewisse Ähnlichkeiten mit den Küsten
seines Heimatlandes und benachbarter Länder wieder, und so wuchs
ein Gefühl der Weltbeheimatung in das englische Volk hinein.
Die Seevölker sind viel schneller politisch reif geworden
als die Vinnenlandvölker. Sie lernten beizeiten das Meer
zu meistern, andere Küstengestade sich untertänig zu machen und
ihre geistige und pekuniäre Machtfülle zu mehren. Länder, deren
Wirtschaftsleben ursprünglich im Kontinente wurzelte und all-
mählich, hauptsächlich durch die Bevölkerungszunahme getrieben,
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Europas
12 I- Deutschlands Größe und Machtstellung.
immer viele Reibungsflächen den Nachbarn darbieten, darum ist
es nicht Zufällig, daß nur wenige Jnteressenkreise der europäischen
Staaten unserer Teilnahme gänzlich entrückt sind, daß fast alle
europäischen Staaten Wirkungen auf den deutschen Staatskörper
ausüben, die immer wieder Gegenwirkungen auslösen; und
würden letztere ausbleiben, wir würden zerdrückt wie das König-
reich Polen oder zu einem schattenlosen Neutralstaat herabgedrückt
und zu einem kleinen, von der Gnade der Weltmächte lebenden
Europavölkchen verzwergen.
Die Lage im Herzen Europas erweckt aber auch das Be-
dürfnis nach erweiterter Machtstellung. Darum hat
Deutschland, um den Druck nach Osten und Westen besser aus-
zuhalten und ein sicherer Hort des europäischen Völkerfriedens
zu sein, durch Verbindung mit andern Ländern seine Ost- und
Westfront verlängert. „Indem sich Deutschland mit Osterreich
und Italien verbündete, hat es sich aus seiner karreeartigen
Stellung, die man ebensogut Zusammenfassung wie Zusammen-
drängung nennen kann, zur Stellung in der beherrschenden Mitte
eines breiten Aufmarsches zwischen der Nordsee und Sizilien
entwickelt" (Fr. Ratzel).
Doch jegliches Bündnis nützt nichts, wenn ein Land sich
nicht auf seine eigene Kraft und Stärke verlassen kann. Darum
mußten wir uns zunächst eine starke Landmacht und zuletzt
eine ebenso Achtung gebietende Seemacht schaffen. Die
gute Ausbildung und Schulung unsers Volkes hatte die gute
Ausbildung und Schulung unsers Heeres zur Folge. In der
bereits angeführten denkwürdigen Rede Bismarcks heißt es
weiterhin: „In der Ziffer (d. h. in der Anzahl der Soldaten)
sind sie (unsere Nachbarmächte) ebenso hoch wie wir, aber in der
Qualität können sie es uns nicht nachmachen. Die Tapferkeit
ist ja bei allen zivilisierten Nationen gleich, aber unsere Leute
sind kriegsgedient, ausgediente Soldaten, die noch nichts verlernt
haben. Und was uns kein Volk in der Welt nachmachen kann:
wir haben das Material an Offizieren und Unteroffizieren, um
diese ungeheure Armee zu kommandieren. Dazu gehört das
ganz eigentümliche Maß der Verbreitung der Volksbildung in
Deutschland, wie es in keinem andern Lande wieder vorkommt."
Das Wachstum unsers Volkes, die Ausbreitung unserer
geistigen und industriellen Erzeugnisse, die Besitzergreifung von
außereuropäischen Kolonien hat unser Reich gezwungen, neben
einer Landmacht auch eine Seemacht zu werden. Diesen Ent-
wickelungsgang rechtzeitig erkannt und beschleunigt und den
Ausbau einer starken Flotte gefordert und gefördert zu haben,
ist eins der unvergänglichen Ruhmesblätter in der Geschichte der
reichen und regen Tätigkeit unsers Kaisers. Für uns ist der
einzige direkte Weg zum Ozean allein nur die Nordsee und der
Weg liegt im Machtbereich der größten Seemacht der Welt.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Europas Deutschland Deutschland Italien Nordsee Sizilien Bismarcks Deutschland Nordsee
44 H. Deutschlands Klima, Wirtschafts- und Kulturlandschaften.
als die Ausfuhr deutscher, bezw. westeuropäischer Industrie-
Erzeugnisse, da diese zu sehr von der Willkür der russischen Ve-
Hörden abhängt. Verlin mit seinen großen Nachbarorten
Charlottenburg (305000 (£.), Neukölln (das alte Nixdorf,
237000 E.) und Schöneberg (173 000 E.) liegt an der Grenze
der Landschaftsgruppe des Baltischen Höhenrückens und der
deutschen Zentrallandschaften. Er ist das Zentrum des größten
und bedeutendsten ostwestlichen Straßenzuges auf deutschem
Boden; sein wirtschaftlicher Schwerpunkt neigt wohl mehr nach
Norden durch die Anziehungskraft von Hamburg durch Spree-
Havel-Elbe und von Stettin, das sich durch den „Großschiffahrt-
weg Verlin-Stettin" immer mehr zu einem Hafen Berlins
entwickeln wird, indessen sorgen für das nötige Gleichgewicht die
südlichen Ausstrahlungen nach Halle, Leipzig, Dresden, Wien,
Görlitz und Breslau.
12. Die deutschen Zentrallandschaften oder die Landschaften
am Nordfuße der deutschen Mittelgebirgsschwelle.
Der Teutoburgerwald bildet die Grenze zwischen den
westlichen und östlichen Zentrallandschaften. Die erstern umfassen
die Cölner Tieflandsbucht und die Münstersche Bucht. Die letztern,
die sich im Regenschatten des Teutoburger Waldes, des Harzes,
des Thüringer Waldes und weiter östlich bis zur russischen Grenze
ausbreiten, werden auch kurzweg als die deutschen zentralen
Wirtschaftslandschaften angesprochen. Diese Landschaften
sind schon mehr dem ozeanischen Klima entrückt, wobei nach Osten
zu das Klima immer kontinentaler wird. Als allgemeine klima-
tische Kennzeichen kann man für die östlichen Zentrallandschaften
feststellen, daß eine mittlere Jahreswärme von 8° bis 9° und eine
mittlere Aprilwärme von 7° bis 8° die gesamte Region beherrscht,
daß die letzten Fröste Mitte April eintreten und die ersten Ende
Oktober. Das ergibt eine verhältnismäßig lange Vegetations-
dauer, die einer längern Feldarbeit, besonders den Halmfrüchten
zugute kommt.
Der Ackerbau wird durch die Verbreitung des Lößes am
Nordfuß der deutschen Mittelgebirge außerordentlich begünstigt.
Fruchtbare diluviale Sande (Löß) und Lehm bedecken Vorzugs-
weise den Boden der großen Tieflandbuchten, die sich nach Sachsen
und Oberschlesien hineinziehen. In Schlesien sind 60 °/o des für
Ackerbau geeigneten Bodens mit Feldfrüchten bestellt, im benach-
Karten Posen 51 °/0. Die linke Seite der Oder, soweit sie der
schleichen Bucht angehört, ist ein hervorragendes Weizen- und
Zuckerrübenland. In der Liegnitzer Umgebung nimmt ein
ansehnlicher Gartenbau (Gurken, Kraut) weite Strecken ein. Über
die Grünberger Höhen, nahezu 52° n. Br., läuft die Polar-
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau]]
TM Hauptwörter (200): [T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]