Autor: Meyer-Wimmer, J., Dreyer, Friedrich, Meyer, Johannes
Auflagennummer (WdK): 2
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verloren aber ihr Ansehen in der Volksgemeinde, da sie nun zu den Liten oder Hörigen gezählt wurden. Auch das Wergeld für solche Leute sank auf die Hälfte des Betrages für einen Freien herab (100 Solidi).
Neben oder doch nicht viel unter den Hörigen standen die Knechte.
Sie dienten als Handwerker und landwirtschaftliche Arbeiter auf dem Hofe eines reichen Freien, genossen oft wegen treuer Dienste eine freundliche Behandlung, konnten indes auch wie das Vieh verkauft werden.
Alle Freien, sowohl die reichen als auch die ärmeren, waren zum Kriegs-Heerdienste verpflichtet (Heerbann). Viele entzogen sich indes dieser Pflicht, indem sie in das Gefolge eines großen Vasallen eintraten.
Dieser pflegte besser für seine Leute zu sorgen, als sie selbst es konnten, wenn's zum Kriege kam (Waffen, Nahrungsmittel, Schutz). Daher tritt der Heerbann mehr und mehr gegen das Heer zurück, das der König aus den Gefolgsmannfchaften seiner großen Lehnsleute bildet. Häufig führte ein vornehmer Beamter im Aufträge des Herrschers
den Oberbefehl, unter ihm standen Herzöge und Grafen. Die Haupt-stärke des Heeres bildete immer das Fußvolk, letzteres roar nach uralter Weise so geordnet, daß die Dorfgemeinfchaften wie früher die Sippschaften (Verwandten) zusammenstanden und so die Abteilungen bildeten. Als Angriffswaffen dienten das Beil (Streitaxt), der kurze an der Spitze mit Widerhaken versehene Speer, ein messerartiges kurzes Schwert und die Wurfkeule. Schutzwaffen waren der Helm, die aus Eisenringen geflochtene Brünne, Beinschienen und Schilde. Einen Panzer hatten die wenigsten, viele nicht einmal Helm und Bein-
schienen. An der Spitze der Krieger schritt der Bannerträger. Das Heer lagerte unter Zelten, um das ganze Lager zog sich ein Ring, der durch die Gepäckwagen gebildet wurde. Die Schlachtaufstellung bildete die Form eines großen Dreiecks.
Die große Mehrheit des Frankenvolkes führte das Leben der
Bauern. Das Gehöft wurde von einem Holzgatter umschlossen. Das^^ns-Hauptgebäude, der hölzerne Saalbau, stand abgesondert von den Wirt- roei?e-schastsgebäuden. In vornehmen Häusern verdeckte man Fenster und Wände mit Teppichen; um den Tisch (Beute genannt) standen mit Decken belegte Bänke, über den Tisch ward ein Laken gebreitet. Vor dem Essen, das in Schüsseln ans Edelmetall und Holz aufgetragen wurde, mußten die Hände gewaschen werden, da man mit denselben die Speise zum Munde führte, flüssige Speisen schöpfte man mit ausgehöhlten Brotstücken aus der Schüssel. Gabeln kannte man damals
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Autor: Meyer-Wimmer, J., Dreyer, Friedrich, Meyer, Johannes
Auflagennummer (WdK): 2
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Die Lehnsleute mit ihren Knappen dienten nur zu Pferde, doch verschwanden die Fußgänger aus den Reihen der Heere nicht, namentlich die Bürger kämpften als solche.
Den Oberbefehl im Kriege führte der König, unter ihm befehligten die Herzöge ihre Stammesangehörigen. Neben Grafen und Herren zogen oft auch Bischöfe in kriegerischer Rüstung zu Felde und erwiesen sich nicht selten als umsichtige Führer und tapfere Streiter. Um das sehr oft wiederholte Verbot der Kirche kümmerten sie sich nicht. „Das Heer gliederte sich zunächst nach landsmannschaftlicher Zusammengehörigkeit. Scharen von je hundert oder je tausend Rittern bildeten die Unterabteilungen. Auf dem Marsche zog ein Ritterhaufe mit Leuten voraus, welche die Wege gangbar machten. Die Spielleute -scharten sich um die Feldzeichen. Dem Ritterheere folgten das Fußvolk und die Knappen mit dem Gepäcke ihrer ritterlichen Herren. Daran schloß sich die Mannschaft, welche das Belagerungsgeschütz bediente. Den Beschluß machten die Krämer, die Lebensrnittel und sonstige Bedürfnisgegenstände feilhielten.
Ein ans eisernen oder ehernen Ringen oder Ketten geflochtenes Waffen. Gewand, die Brünne, deckte den Oberkörper. Eng schmiegte sie sich an und konnte bequem unter dem Rocke getragen werden. Um sie möglichst widerstandsfähig zu machen, wirkte sie der Waffenschmied wohl aus dreifachem Ringgeflecht. Da sie Hals und Nacken ungeschützt ließ, so mußte man daraus denken, auch diese zu sichern. Zu Anfang des elften Jahrhunderts schnürte man den Helm an die Brünne wohl mit Ketten, welche einen Hieb abhalten konnten. Vollkommenere Sicherheit bot der Halsberg, gleichfalls ein Ketten- oder Ringgeflecht, das wie «ine Kapuze Kopf und Hals umschloß und rock- oder hemdartig auf die Hüften herabfiel. Der Halsberg verdrängte seit dem elften Jahrhundert die Brünnen. — Waren die Unterschenkel zuweilen mit Beinschienen aus Metall oder Leder bedeckt, so pflegte man späterhin das ganze Bein mit einer enganliegenden Hose aus eisernen Ringen zu umkleiden. Das Knie schützten besondere Eisenschalen. Goldene oder doch vergoldete Sporen wurden mit Borten an den Füßen festgeschnürt. Helme von vielfach wechselnder Gestalt deckten das Haupt. Der Schild, aus Holz gearbeitet, war mit Leder überzogen, häufig bemalt, spater mit Wappenbildern geziert. — Die ganze Rüstung war zu schwer, als daß sie die Ritter fortwährend hätten tragen können. Auf dem Marsche führte sie deshalb ein Knappe oder Schildträger feinem Herrn nach." —
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angeworben werden sollten. (Aus Landsknecht wurde schon früh Lanz-knecht.)
Von einem Haufen Menschen, der sich aus allen Ständen zusammensetzte und das Kriegsleben zu seinem Berufe machte, war nicht zu erwarten, daß er die Schranken, welche Gottes Gebote der menschlichen Willkür und Leidenschaft gezogen haben, sonderlich achten würde. Tie Klagen über das zügellose Leben der Landsknechte, namentlich derjenigen, die als „Gartbrüder", d. h. Bettler, im Lande umherzogen und mit Gewalt nahmen, was ihnen gut bäuchte, hörten nicht auf. Im Reichstage beschwerten sich die Stände nachdrücklich und forderten Maßregeln gegen das „in alroeg und alzeit böß unnütz Volk", aber alle Beschlüsse der hohen Versammlung waren umsonst gesaßt, sie konnten nicht durchgeführt werden. Ta nahm Kaiser Maximilian I. sich der Sache an. Er ernannte einen erprobten Kriegsmann zum kaiserlichen Feldobersten und beauftragte ihn mit der Anwerbung von Söldnern für den Kriegsdienst des Reiches. Zugleich stellte der Kaiser eine Kriegsordnung auf, deren Befolgung die Angeworbenen eidlich versprechen mußten. Bis dahin hatte nämlich jeder „Haufen" Landsknechte sich selbst seine Ordnung gegeben. So erscheint Maximilian als der Schöpfer der Landsknechte, die durch ihn aus verachteten Rotten räuberischen Gesindels zu ordentlichen, ehrlichen Soldaten wurden und sich durch ihre Tapserkeit in ganz Europa gefürchtet machten.
Ter vom Kaiser oder einem Fürsten mit der „Aufrichtung" einesri|“j3ng Regiments Landsknechte durch „Werbepatent" (Urkunde) beauftragte Feld- ^es oberst sammelte zunächst seine alten bewährten Freunde um sich, er- mcnt§-nannte den tüchtigsten unter ihnen zu seinem Oberstlieutenant oder Stellvertreter, die übrigen zu Hauptleuten und ließ dann im Lande „umschlagen". Unter Trommelwirbeln wurde das Werbepatent in Städten und Dörfern bekannt gemacht und ehrliche, rüstige Gesellen eingeladen, demselben zu folgen. Nachdem dann noch verkündet war, welchen Sold die Krieger empfangen würden und an welchem Orte sie sich zur Musterung zu stellen hätten, wurden die sich Meldenden vorläufig in eine Musterrolle eingeschrieben und empfingen als Reisepfennig bis zum Musterungsorte ein Handgeld, „Geld auf den Laus".
Bei der Musterung vor dem Obersten, einem vornehmen und erfahrenen Offizier, hatte jeder vollständig ausgerüstet zu erscheinen. Da der Lanbsknecht für seine Ausstattung selbst sorgen mußte, traten in dieser Hinsicht große Verschiedenheiten hervor. Wer mit eiserner Sturm-
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Autor: Meyer-Wimmer, J., Dreyer, Friedrich, Meyer, Johannes
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Daß aber Preußen diesen Weg einschlage und einhalte, dazu trieb eben seine neue Würde am kräftigsten; denn um mit Ehren ein Königreich zu sein, durste es nicht stehen bleiben; es war noch klein und hatte doch schon einen großen Namen. Es mußte unablässig trachten, größer und mächtiger zu werde», hinein zu wachsen in den weiten Äönigzmantel. erhielt es mit der Krone den Sporn zu immer weiterem Vorwärtsstreben. Um mit Friedrich des Großen Worten zu reden: „Friedrich I. schien zu seinen Nachfolgern zu sagen: Ich habe euch einen Titel erworben, macht euch dessen würdig! Ich habe den Grund zu eurer Größe gelegt, vollendet das Werk!" atiftige Den großen Fragen der europäischen Politik gegenüber zurückhaltend, am%ofjeine Befriedigung in einer glänzenden Hofhaltung suchend, genießt mfi. ^iedrich doch den Ruhm, zu der äußeren Pracht des neuen Königtums auch den Schmuck der Wissenschaften und Künste gefügt und feinen Hof zu einem Hort derjenigen geistigen Bestrebungen gemacht zu haben, welche zu dieser Zeit Deutschland bewegten. Wir haben gesehen, wie das geistige Leben in Deutschland seit dem dreißigjährigen Kriege zurückgeblieben, wie der Zwang der Kirchenlehren an die Stelle des innigen Glaubenslebens des Gemüts getreten, wie der nationale Gesichtskreis durch das Pfahlbürgertum der Kleinstaaterei, das wissenschaftliche Leben durch den Zunftzwang der Gelehrsamkeit beengt, der Sinn für das Schöne im Leben abgestumpft und fast erloschen war, und wie in der Sitte, Sprache und Litteratur die gedankenlose Nachahmung des Französischen vorherrschte. Da war es von Bedeutung, daß in der Hauptstadt des nördlichen Deutschlands und an dem Hofe des prachtliebendften unter den deutschen Fürsten das geistige Leben einen neuen Aufschwung nahm nach dem Ziele, das Leben zu vertiefen und den Geschmack zu veredeln. Mochte es immerhin der Eitelkeit des Fürsten schmeicheln, Gelehrte und Künstler von europäischem Ruf an seinem Hofe zu sehen, Wissenschaft und Kunst sind Mächte, die da, wo sie sich einmal niederlassen, ihre eigene Herrschaft und ihr göttliches Recht behaupten. Und was Friedrich nur als Mittel betrachtete, um den Glanz seines Hofes zu erhöhen, das gehörte bei feiner Gemahlin, der geistreichen Sophie Charlotte von Hannover, zu ihrer eigentlichen Lebenssphäre.
Die junge Fürstin Sophie Charlotte (geb. 10. November 1668) gehörte zu den edlen weiblichen Naturen, welche in der steten Fortbildung des Geistes Genuß und Befriedigung finden. Sie bedurfte — wie
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Kirche eintreten, mochten Lenfant und Beansobre ihm gegenüber mit freimütiger Offenheit ihre evangelische Anffassnng von den Schriften der Kirchenväter barlegen, immer nahmen die Gespräche einen eblen, Würbigen Verlanf.
Hier in Siedenburg empfing sie auch die Besuche des Philosophen Leibniz, den sie schon am Hofe ihrer Eltern in Hannover schätzen ge-lernt und mit dem sie bereits (seit 1690) in lebhaftem Briefwechsel gestanben. Die Unterhaltungen mit ihm, welche sich über die ernstesten Rätsel des Lebens, über die Gegensätze von Vernunft und Glauben ausbreiteten und die Regionen des Zweifels berührten, gewährten ihr einen außerorbentlichen Genuß. „Glauben Sie nicht," schrieb sie ihm gleich nach der Beenbigung der Krönungsfeierlichkeiten, „daß ich diese Größe, von der man so viel Aufhebens macht, unfern philosophischen Unterhaltungen vorziehe." Und wieber Leibniz schreibt einmal an seine fraglustige Freunbin: „Es ist nicht möglich, Sie zutrieben zu stellen. e>ie wollen das Warum vom Warum wiffen." Zuweilen setzten ihm auch die Hofleute zu. Seine Behauptung, zwei versthtebene Dinge feien nie ibentisch, suchten sie baburch zu widerlegen, daß sie zwei ganz übereinstimmenbe Laubblätter suchten, und er war so gefällig, ihnen suchen zu helfen.
Es war das Verbienst Sophie Charlottens, daß sie feinere Sitten in die Gesellschaft einführte, und es sah bamit bei allem Ceremouiell ant Hofe Friebrichs zu Anfang feiner Regierung noch übel ans. Zn den beliebten Vergnügungen des Hofes währenb der ersten Jahre des Kurfürsten Friedrich gehörten die sogenannten „Wirtschaften", das waren Maskeraden, bei welchen der Fürst und seine Gemahlin als Wirt und Wirtin auftraten und die Gäste in der Darstellung mythologischer oder phantastischer Figuren Gelegenheit fanden, eine große Pracht der Garderobe zu entfalten. Öfters übernahm eine der Masken die Aufgabe, die anderen der Reihe nach in Sinngedichten anzureden und ihnen eine Schmeichelei oder Anzüglichkeit zu sagen. So erhielt bei einer Wirtschaft 1690 Danckelmann, der erste Ratgeber des Königs, die Rolle eines Scherenschleifer», der, ba ihm nicht genug Scheren zum Schleifen gegeben worben, sich baran macht, Menschen zu schleifen. Die Verse dazu machte der Legationsrat nnb Hofdichter von Besser, und Danckelmann führte die Rolle mit vielem Eifer durch, erwarb sich aber dafür auch viele Feinde, so daß man mehrere Jahre nachher bei feinern Prozeß aus die Scherenschleifergeschichte zurückkam.
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Extrahierte Personennamen: Leibniz Sophie_Charlottens Friedrich Friedrich Danckelmann Danckelmann
Autor: Meyer-Wimmer, J., Dreyer, Friedrich, Meyer, Johannes
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Die Poesie war sonst nur durch die Gelegenheitsdichtungen zur Feier der Geburt eines Prinzen oder zur Vermählung einer Prinzessin vertreten. Man sagte, der Hosdichter sei an die Stelle des Hofnarren getreten, und es kam auch vor, daß einer mit dem andern verwechselt wurde. Wenn der Hofnarr, der übrigens Friedrich als kurzweiliger Rat ebenso unentbehrlich war als der Hosdichter, das Vorrecht hatte, in der Form des Scherzes die derbe Wahrheit zu sagen, so erging sich der Hofdichter größtenteils nur in überschwenglichen Schmeicheleien. Eins der artigsten Gedichte Bessers, das der Kurfürstin Sophie Charlotte gewidmet war, Mag als Probe dieser Hofpoesie hier einen Platz finden:
Noch hat die deutsche Poesie Vor dir, durchlauchtigste Sophie,
Sich uiemals dürfen sehen lassen,
Noch hat ein Lied sich nie gewagt,
Was man in allen Sprachen sagt,
Von dir in einen Reim zu fassen.
Dies unterfängt sie sich nun heut.
Du fragst: Hat sie mehr Lieblichkeit,
Als sie bisher gehabt, zu singen?
Nein, sie kennt ihren rauhen Ton Und weiß, daß unser Helikon Nicht kann vor deinen Ohren klingen.
Dies würd' auch heute nicht geschehn,
Allein, nachdem sie wohl gesehn,
Daß das, was ihr scheint zu gebrechen,
Auch andern Sprachen noch gebricht,
So denkt sie, warum soll ich nicht Auch einmal unvollkommen sprechen?
Allein, was sie verwogen macht,
Ist, daß sie aller Sprachen Pracht Für dich noch mangelhaft gefunden.
Sie sieht, daß keiner möglich ist,
Es auszusprechen, wie du bist,
Drum hat sie sich's auch unterwunden.
Sie spricht: Ei, steht es Fremden frei,
Was trag ich dann, ich Deutsche, Scheu,
Sophiens Lob herauszustreichen?
Weicht jede Sprache gleich nicht mir,
So muß, o deutsche Fürstin, dir,
Doch aller Völker Schönheit weichen.
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Autor: Meyer-Wimmer, J., Dreyer, Friedrich, Meyer, Johannes
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einen Astrologen mit dem Teleskop in der Hand auftreten; diesen sollte ich vorstellen, aber Graf Wittgenstein war so mitleidig gewesen, mich dessen zu entheben. Er weissagte dem Kurfürsten ein glückliches Schicksal. Die Gräfin von Hohenzollern als Zigeunersürstin unternahm es, der Kurfürstin in der angenehmsten Weise der Welt die Znknnft vorherzusagen in sehr artigen Versen, die von Herrn von Besser gefertigt waren. Endlich stieg der Kurfürst in der Tracht eines holländischen Matrosen aus einer Loge herab und machte hier und da Einkäufe in den Marktbuden."
Vor dem wachsenden Einflüsse der Reichsgräfin von Wartenberg auf Friedrich I. und vor den Anmaßungen dieser Frau, die zu den Zirkeln der Königin vergeblich Zutritt zu erlangen suchte, zog sich Sophie Charlotte mehr und mehr aus dem geräuschvollen Leben des Berliner Hoses in die heitere Einsamkeit ihrer Gärten in Lietzenburg zurück. Am 12. Januar 1705 machte sie eine Reise nach Hannover zu ihrer Mutter; unterwegs befiel sie ein Halsübel, krank kam sie an, und bald uahm die Krankheit eine hoffnungslose Wendung. Ihre Hofdame, das Fräulein von Pöllnitz, zerfloß in Thränen an ihrem Sterbelager. „Beklagen Sie mich nicht," sagte die Sterbende, „ich gehe jetzt, meine Neugierde zu befriedigen über die Urgründe der Dinge, die mir Leibniz nie hat erklären können, über den Raum, das Unendliche, das Sein und das Nichts, und dem Könige, meinem Gemahl, bereite ich das Schauspiel eines prächtigen Leichenbegängnisses." So starb die vielbewunderte Fürstin, welche sich durch ihre Leutseligkeit und Wohlthätigkeit auch die Liebe und Dankbarkeit des Volkes erworben hatte.
„Keilt Denkmal von Stein und Erz", sagt Friedrich Förster, „ist ihr errichtet worden; wohl aber grünt und blüht, ihr Andenken lebendig zu erhalten, mit jedem Frühjahr in schöner Fülle der von ihr hervorgerufene Park von Charlottenburg."
Fried- In Fragen der Religion und des Glaubens trat Friedrich schon ^iramg ^ls Kurfürst ganz in die Fußstapfen seines Vaters. Wiewohl persönlich Innern Ödn ganzem Herzen dem reformierten Bekenntnis zugethan, ließ er doch der lutherischen Kirche dieselbe Förderung und denselben kräftigen Schutz angedeihen wie der seines eigenen Bekenntnisses. Es war sein sehnlichster Wunsch, eine Vereinigung zwischen den Lutheranern und Reformierten seiner Lande herbeizuführen. Dieselbe lag ihm um so mehr am Herzen, jemehr den Evangelischen ein festes Zusammenhalten gegen die Übergriffe des Katholicismus not that. Die Übertritte vieler
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prosaischer, auf das handgreiflich Nützliche gerichteter Sinn ging andere Wege als die schwungvolle Heldengröße des Großvaters, doch mitten im Sorgen für das Kleinste und Nächste bewahrte er stets das Bewußtsein von der stolzen Bestimmung seines Staates; er wußte, daß er die Kräfte des Volkes sammle und bilde für die Entscheidungsstunden einer größeren Zukunft und sagte oft: „Ich weiß wohl, in Wien und Dresden nennen sie mich einen Psennigklauber und Pedanten, aber meinen Enkeln wird es zu gute kommen!"
Zu der Steuerpflicht, welche der Große Kurfürst seinen Unterthanen auferlegte, fügte Friedrich Wilhelm I. die Wehrpflicht und die Schulpflicht hinzu; er stellte also die Dreizahl jener allgemeinen Bürgerpflichten fest, welche Preußens Volk zur lebendigen Vaterlandsliebe erzogen haben. Ahnungslos brach sein in der Beschränktheit gewaltiger Geist die Bahn für eine strenge, dem Bürgersinn des Altertums verwandte Staatsgesinnung. Der altgermanische Gedanke des Waffendienstes aller wehrbaren Männer war in den kampfgewohnten deutschen Ostmarken selbst während der Zeiten der Söldnerheere niemals ganz ausgestorben. In Ostpreußen bestanden noch bis ins achtzehnte Jahrhundert die Trümmer der alten Landwehr der Wybranzen, und Friedrich I. unternahm, eine Landmiliz für den gesamten Staat zu bilden. Vor dem Soldatenauge seines Sohnes fanden solche Versuche ungeregelter Volksbewaffnung keine Gnade. König Friedrich Wilhelm kannte die Überlegenheit wohlgeschulter stehender Heere; er sah, daß sein Staat nur durch die Anspannung aller Kräfte bestehen und doch die Kosten der Werbung auf die Dauer nicht erschwingen konnte. Wie ihm überall hinter dem Gebote der politischen Pflicht jede andere Rücksicht zurücktrat, so gelaugte er zu dem kühnen Schlüsse, daß alle Preußen durch die Schule des stehenden Heeres gehen müßten. Von den politischen Denkern der jüngsten Jahrhunderte hatten allein Macchiavelli und Spinoza den einfach großen Gedanken der allgemeinen Wehrpflicht zu verteidigen gewagt; beide schöpften ihn aus der Geschichte des Altertums, beide blieben unverstanden von den Zeitgenossen. Die Not des Staatshaushaltes und eine instinktive Erkenntnis der Natur seines Staates führten dann den derben Praktiker auf Preußens Throne zu derselben Ansicht, obgleich er von der sittlichen Kraft eines nationalen Heeres nur wenig ahnte. Er zuerst unter den Staatsmännern des neuen Europas sprach den Grundsatz aus: „Jeder Unterthan wird für die Waffen geboren" und arbeitete sein Leben lang, sich diesem Ideal
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Sol-
daten-
kbeit.
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Dritter Abschnitt.
Soldatenleben und Soldatengreuel im dreißigjährigen Kriege.
Die Heere, die während des dreißigjährigen Krieges verwendet wurden, bestanden durchwegs aus geworbener Mannschaft. Mit der Anwerbung betrauten die verschiedenen Fürsten einige bewährte Kriegsleute, denen sie Obersten-, Hauptmanns- und Rittmeisterpatente erteilten; diese Offiziere setzten sich untereinander in Verbindung und warben in einem ihnen hierfür zugewiesenen Kreise diejenigen Personen für den Kriegsdienst, die sich ihnen zur Verfügung stellten. Jeder Rekrut erhielt ein Lauf- oder Werbegeld, das ihm anfangs von dem Sold abgerechnet, später aber ohne Einrechnung verabfolgt wurde. Wenn man zur Anwerbung oder Ergänzung eines Regiments an einem Orte einen Musterplatz aufschlug, so wurden zu gleicher Zeit Vorbereitungen für den Empfang der Rekruten getroffen, man sorgte für den nötigen Proviant, damit die Geworbenen die gehörige Verpflegung fänden, und schaffte namentlich Bier und Wein in großen Quantitäten herbei. Später hörte diese Fürsorge aus, und die Geworbenen waren zunächst auf das gewiesen, was ihnen die betreffenden Orte, zumeist die Reichs- und andere großen Städte bieten konnten. An dem Tage, an welchem die Mannschaft übernommen und an dem ihr die nötigen Waffenstücke, soweit sie sie nicht selbst mitbringen mußte, übergeben wurden, wurden ihr die Artikelbriefe vorgelesen und sie auf dieselben vereidet.
Die Artikelbriefe enthielten die Vorschriften und Verhaltungsmaßregeln für die Soldaten. Es wurde ihnen anbefohlen, einen ehrbaren Lebenswandel zu führen, dem Gottesdienst beizuwohnen, sich vor Völlerei zu bewahren und den gemeinen Mann nicht zu berauben oder zu vergewaltigen. Die Strafen, welche über die meuternden oder feigen oder sonst eines Verbrechens schuldigen Soldaten verhängt wurden, waren streng; sie wurden in Eisen gelegt, zum Gaffenlaufen, zum Verlust eines Gliedes, zum Tode durch den Strang oder durch Erschießen verurteilt; für Meuterei und Feigheit trat bei großen Truppenabteilungen die Strafe der Dezimierung ein. Zu Anfang des Krieges faßen die Gemeinen durch erwählte Schöffen über den Angeklagten selbst zu Gericht, bald traten aber eigene Kriegsgerichte unter dem Vorsitz eines Generalauditors an ihre Stelle. Das Urteil wurde von dem Profoßen und seinen Gehilfen vollzogen.
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