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gar der Abend hereinbricht und der Mond sein blasses Licht durch
das leise flüsternde Laub der Bäume wirft, dann ist der Anblick
überaus köstlich.
Ein ganz anderes Bild gewährt der Winter. Kaum hält das Eis,
so schnallt sich jeder Schlittschuhe an. Das arme, alte Mütterchen,
das sich Leseholz sammelt, der Holzhauer, der Förster, Männer,
Weiber und Kinder, alle gleiten dann pfeilschnell über die spiegel-
blanken Kanäle.
Noch vor wenigen Jahren war der Spreewald belebt von mancherlei
Thiergeschlechtern, die hier ihr Wesen trieben. Hirsche und Behe
gab es in Menge. Besonders fanden Wasservögel, als Kraniche,
Schwäne, Störche, weisse und schwarze Auerhähne, Birkhühner u. a.
reichliche Nahrung. Heut' ist das anders geworden; die Kugel des
Jägers hat arg aufgeräumt.
Die Bewohner des Spreewaldes treiben Fischfang, doch leben sie
auch vom Gartenbau. Der Boden zeigt einen üppigen Pflanzenwuchs,
und das Gras kann öfter im Jahre geschnitten werden. Man fährt
das Heu nicht ein, sondern stellt es in Haufen in Form eines Zucker-
hutes auf, nachdem man eine passende Unterlage gebaut hat, um es
vor Ueberschwemmungen zu schützen. Kutzner.
18. Die Leipziger Messe.
Das Königreich Sachsen besitzt an Leipzig einen Handelsplatz, der
niä)t allein ein vaterländischer, nein, ein deutscher, ein europäischer genannt
zu werden verdient. Da ist Gewölbe an Gewölbe, Niederlage an Nieder-
lage. Welch ungeheurer Verkehr, welche Handelsthätigkeit muß hier statt-
finden! Das sollte Otto der Reiche, der Stifter der Leipziger Oster- und
Michaelismesse vor fast 700 Jahren, sehen! Wie klein und gering war
damals die Stadt und jetzt wie groß und prüä)tig!
Kaum ist Ostern vorüber, welch reges Leben beginnt da auf den
Straßen, welches Drängen, welches Treiben, welä)e Geschäftigkeit! Man
muß sie sehen die fast endlosen Wagenzüge, welche aus den fünf Eisen-
bahnen fast stündlich heranwallen, muß Zeuge der Regsamkeit auf den
Bahnhöfen beim Ab- und Aufladen jener Kisten und Kasten, Ballen,
Lasten und Fässer sein. Welche Wagenmassen rollen dann durä) die
Straßen! Vor allen Gewölben, allen Niederlagen stehen große Kisten und
Ballen, und was der Gewerbfleiß vieler Städte, großer Fabrikbezirke,
ganzer Länder in gedachter Zeit geschaffen, hier findet es im Zusammen-
flüsse seinen Handelsplatz. Die Fabrikanten und Gewcrbsmänncr Sachsens,
Schlesiens, Brandenburgs, der Rheinlande, Baierns, Württembergs und
Badens und der sächsischen Herzogtümer stellen sick) ein. Selbst die
Schweiz hat zahlreiche Vertreter, desgleiä)en Frankreich für seine Mode-
artikel, seine Seiden- und Kurzwaaren, England mit seinen gewaltigen
Niederlagen für seine wollenen, baumwollenen und Stahlwaarcn. Zahllose
Firmen, mit Ortsnamen aus Nähe und Ferne, aus Inland und Ausland
versehen, bedecken die Häuser nicht selten bis zur dritten Etage. Welches
Drängen und Treiben in den ersten Wochen einer Messe unter den Ein-
und Verkäufern! Allein oder in Begleitung eines Dolmetschers wandern
die Ausländer von Niederlage zu Niederlage; man verkehrt hier in deutscher,
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch]]
Extrahierte Personennamen: Leseholz Kutzner Otto
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Leipzig Sachsens Schlesiens Brandenburgs Rheinlande Baierns Württembergs Badens Frankreich England
316
wird es benutzt. Die Stoppeln helfen den Boden düngen. Aus dem
Stroh werden auch Matten und Hüte geflochten. In Deutschland, Frank-
reich und Italien beschäftigen sich viele Hände mit dieser Arbeit.
Das Getreide hat viele Vettern. Es gehört nämlich zu der Familie
der Gräser. Das niedrige Gras der Alpen, wie das breitblättrige Schilf
der heißen Zone, das an Höhe manchen unsrer Bäume nichts nachgibt,
sind Verwandte des Getreides. Aber während das Gras, wie unser Ge-
treide, einfach und schmucklos dasteht, strahlt in jenen Gegenden der große
Blütenbüschel mancher Graspflanze mit brennenden Farben; der Stengel
schwillt von Saft, und das breite Blatt färbt sich mit dunkelem, sammt-
schillerndem Grün. Der dünne Halm unsrer Wiesengräser erhebt sich nur
wenig über den Boden und wiegt die feine Blütenrispe beim leisesten
Windhauche hin und her; das knotenreiche Bambusrohr hat einen so hohen
und festen Schaft, daß derselbe nicht nur zu Spazierstöcken, sondern selbst
znm Hansban benutzt wird. Dennoch schafft das Gras unsrer Wiesen
dadurch, daß es die Herden nährt, mehr Nutzen, als jene schönen, stolzen
Gräser. Gude.
45. Hanf und Flachs.
Diese beiden Gewächse verdanken ihre Verbreitung weder ihrer Blüte,
noch ihren Früchten, sondern ihrem Stengel. Dieser enthält nämlich zähe
Fasern (Bast), welche, nachdem sie von den spröden, holzigen Theilen be-
freit sind, biegsame Fäden geben, die sich spinnen lassen. Darum nennt
man diese und ähnliche Pflanzen Faser — oder Gespinstpflanzen. Welchen
unendlichen Nutzen dieselben gewähren, kann sich jeder selbst aufzählen, wenn
er an die Waaren des Seilers, an die Fäden, von dem Pechdrahte des
Schusters bis zu dem Zwirn der Nähterin, an die Leinwand von dem
groben Packtuche bis zu dem feinsten Battist denkt. Zwar hat man in
neuerer Zeit die ausländische Baumwolle vielfach an die Stelle des Flach-
ses gesetzt, aber das feinste und dauerhafteste Gewebe bleibt immer die Lein-
wand. Der Hanf hat den Vorzug größerer Festigkeit und Dauerhaftigkeit,
aber Feinheit und Schönheit bleibt aus der Seite der flüchsenen oder leine-
nen Gespinste. Und wie viele Personen finden Arbeit und Verdienst bei
der Behandlung dieser beiden Gewächse! Der Bauer, welcher pflügt und
säet, die Weiber, welche die Winterabende durch Spinnen und Haspeln
kürzen, im Herbste brechen, schwingen und hecheln, im Sommer die ge-
fertigte Leinwand bleichen, die Weber, welche spulen, zetteln und weben, die
Färber, welche dem Garn oder der Leinwand eine andere Farbe geben:
alle haben ihren Vortheil von dem Anbau dieser Pflanzen, den Seiler gar
nicht gerechnet. Dazu kommt, daß Hanf und Flachs öligen Samen bringen,
welcher sich mannigfach benutzen läßt, bei;, Hanf mehr als Futter für im
Käfig gehaltene Vögel, der Lein aber zu Öl. Zwar hat das Leinöl nicht
den guten Geschmack des Mohn- oder des Nußöls; allein zu Firnis und
Ölfarbe ist es unter allen das brauchbarste. Und der Flachs trägt reich-
lich. Aus seinen blauen und weißen Blüten bilden sich erbsengroße Knoten,
in deren Fächern die platten Leinkörnchen in Menge sitzen. Wenn die
Sonne die Knoten gesprengt hat, fallen die Körnchen meistens von selbst
heraus, doch hilft man durch Dreschen noch nach. Obgleich die Arbeit bei
dem Ban und der Zubereitung des Flachses nicht leicht ist, so herrscht doch
333
Es entsteht, wenn zur Winterszeit Thauwetter eintritt und die Luft viel
wärmer ist, als der Erdboden. Die Regentropfen kommen dann ans einer
wärmeren Luftschicht in eine kältere und gefrieren zu Eis, sobald sie den
Erdboden berühren. O. Schulz.
61. Die Dampfmaschine.
Eine der großartigsten und nützlichsten Erfindungen, die der rastlos
forschende und unaufhaltsam weiter strebende inenschliche Geilt in der neueren
Zeit gemacht hat, ist ohne Zweifel die Erfindung der Dampfmaschinen.
Die Eigenschaft des Wassers, durch Wärme in Dampf sich aufzulösen, hat
Anlaß zu dieser Erfindung gegeben. Man bemerkte nämlich durch fort-
gesetzte Beobachtungen, daß das Wasser, wenn man es über dem Feuer in
Dunst oder Dampf verwandelt, einen sechshundertmal größeren Raum ver-
langt, als es im tropfbar flüssigen Zustande einnimmt. Man gewahrte
ferner, daß die Wassertheilchen, wenn sie in Dampf übergehen, sich mit
großer Kraft auszudehnen streben. Auf diese Wahrnehmung fußend, ist
man endlich auf den Gedanken gekommen, die ungeheure Kraft des Dampfes
den Menschen dienstbar zu machen, und ein Engländer, Namens James
Watt (1736—1819), war der erste, der die Dampfkraft zum Treiben einer
Maschine genau regelte. Natürlich war dieser Versuch, wie bei jeder Er-
findung, noch mangelhaft. Doch der inenschliche Geist rastet nicht. Hun-
derte von scharfsinnigen Köpfen sannen über die einmal angeregte Sache
weiter nach, Verbesserungen folgten auf Verbesserungen, und so sehen wir
denn jetzt, daß die Dampfmaschine ein mächtiger Ruderer, ein pfeilschnelles,
gewaltiges Pferd, ein unermüdlicher Wasserpumper, ein tausendarmiger
Bnumwollcnspinner, ein rastloser Weber, ein ausgezeichneter Müller und,
wer weiß, was alles noch ist und sein wird.
Eine Dampfmaschine ist ein höchst kunstvoll zusammengesetztes Werk,
und selbst in der ausführlichsten und sorgfältigsten Beschreibung würde
dem Leser noch gar vieles dunkel und rätselhaft bleiben. Deshalb möge
cs hier an folgenden allgemeinen Umrissen genug sein. In jeder Dampf-
maschine muß natürlich zuerst eine Vorrichtung angebracht sein, wodurch
beständig Wasser in Dampf verwandelt werden kann. Deshalb befindet
sich an jeder solchen Maschine ein großer, langrunder, sestvcrschlossener
Kessel, der ungefähr zu zwei Drittel mit Wasser angefüllt ist. Unter
diesem Kessel wird gewöhnlich mit Steinkohlen gefeuert, und so das Wasser
darin zum heftigsten Sieden gebracht und in Dampf verwandelt. Dieser
Dampf steigt aus dem Kessel durch eine Röhre in einen starken, aus Guß-
eisen verfertigten Cylinder, d. h. in ein langes drehrundes Gefäß. In diesem
Cylinder bewegt der Dampf, indem er, vermöge einer besonderen Vorrich-
tung, abwcchseld bald unten, bald oben einströmt, einen an die Wände des
Cylinders ganz eng anschließenden Kolben abwechsend auf und nieder. An
diesem, fortwährend auf- und niedersteigenden Kolben ist eine Eisenstange
befestigt, die mit dem Kolben auf- und niedergeht. Diese Stange steht mit
ihrem oberen Ende wieder in Verbindung mit dein einen Ende einer an-
deren, welche, gleich einem Wagebalken, auf einem Unterstützungspunkte ruht
und wagebalkenähnlich durch die Kolbenstange bewegt wird. Das andere
Ende dieses Schwebebalkens, oder Hebels steht wieder mit einer Stange
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art]]
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198
bort in englischer, in französischer, neugriechischer ober italienischer Sprache.
Dieser Jube mit dem langen, seibenen Kaftan und der braunen Pelzmütze
ist ans Polen; für mehr als 300 000 Mark Waare hat er schon gekauft,
und noch immer wartet er auf neu ankonnnenbe Waare. Vergnügt reibt
der Fabrikant die Häube, seine Niederlage ist fast geleert, und reiche Be-
stellungen sinb für die nächste Messe bei ihm gemacht.
Viele berartige Aufräumungen und Bestellungen, wie sie nicht zu den
Seltenheiten gehören, welches Leben bringen sie in arme Fabrikgegenben;
welcher Jubel, daß die Leipziger Messe „gut" ausgefallen! Daher das be-
stünbige Nachfragen nach dem Gange der Geschäfte währenb der Messe.
Ein Blick in jene großen Banquierhäuser, und wir staunen über die un-
geheuren Gelbmassen, welche hier täglich durch die Hände des Kassierers
gehen. Welche kostbaren Schätze in jenen großen Seibenwaarenlagern, welche
Massen von Tuch, von Leinwand, von Rauchwaaren, von Leber, von
wollenen und baumwollenen Stoffen in den Niederlagen und Gewölben zu
ebener Erde, im ersten und zweiten Stocke! — Und nun der Kleinhandel!
Sechshundert Buden bedecken den schönen, großen Markt in langen Reihen.
Glas- und Steingut, Stroh- und Korbwaarcn, Dosen und Blechwaaren,
Farbckästen, Bleistifte, Federn, musikalische Instrumente, erzgebirgische
Spitzen und Nähwaaren, Nürnberger Spielwaaren, Bürsten, Handschuhe,
Zöblitzcr Serpentinstein-Drechseleien und tausend andere Artikel liegen und
hängen wohl geordnet zum Verkaufe. Zahlreiche Menschenmassen wogen
vom Markte nach dem Augustusplatze zwischen der Post und dem ehemaligen
grimmaischen Thore. Eine ganze Bretterstabt hat sich hier in wenigen
Tagen auf beiden Seiten der Straßen erhoben. Hier ist der Hauptsitz des
Kleinhandels! Längs des Augusteums oder Universitätsgebäudes sind die
Buden der Schnitthündler, dahinter Glas- und Steingutbuben und die
Kurzwaarcngeschäfte. Ihre verführerischen Schilber mit „Stück für 'Ltück
zwei Groschen!" entlocken vielen das Gelb. Und nun ein Haupthandels-
zweig dieses Platzes — „die Schuhwaaren." Lange Budenrcihen und nichts
als Schuhe und Stiefeln, alle blank und schön, dauerhaft und weich, groß
und klein.
Doch wir verlassen diesen Platz und gehen nach dem Roßplatze „unter
die Buden." Es ist Meßsonntag. Welch unaufhörlicher Lärm umtobt
uns! In langen Budenreihen sind hier die Sehenswürdig- und Unwürdig-
keiten der Messe aufgestellt. Menagerien mit wilden Bestien lassen uns
die Töne der Wüste und Urwälder hören; Dioramen, Panoramen und
Kosmoramen versetzen uns, wie mit einem Zauberschlage, in die Haupt-
städte der Erde, in die schönsten Gebirgsgegenden, an die Wasserfälle und
vor Prachtgebäude, ohne daß wir Leipzigs Thore verlassen haben; Wachs-
figuren, beweglich und unbeweglich, führen uns Darstellungen aus der
heiligen und Weltgeschichte vor. Daneben sind Buden, in denen Taschen-
spieler ihre Kunststücke, Athleten ihre Stärke und die sonderbarsten Körper-
stellungen und Verrenkungen für Geld zeigen, und außerdem noch Caroussels,
Schenk- und andere Buden. Überall wird von Harfenmädchen gespielt,
gesungen, von Musikbanden musiciert, von Ausrufern an allen Schaubuden
mit Löwenstimme, selbst durchs Sprachrohr, eingeladen, in den Thierbuden
geläutet, und dazwischen von Löwen, Hyänen, Tigern, Bären gebrüllt, von
der wogenden Menge gelärmt, gelacht, geschrien, gezankt.
Drei Wochen dauert die Messe, ungerechnet der vielen Geschäfte, die
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Braunschweig
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde, Braunschweig
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
Die Stadt Braunschweig.
51
(mit der Gasanstalt) endet, die Außenstadt durchzieht. Die Entstehung immer
neuer Straßen über diesen Ring hinaus läßt erkennen, wie Braunschweig
noch in stetigem Wachstum begriffen ist. Hand in Hand mit der äußeren
Entwickelung aber zeigt auch das Leben, das sich in unseren Mauern abspielt,
einen erfreulichen Fortschritt.
8. Städtische Einrichtungen; Handel und Wandel. In
dem, was zur Verbesserung und Verschönerung des menschlichen Daseins
sowie zur Erleichterung und Hebung des Verkehrs dient, sehen wir Braun-
schweig mit anderen größeren Städten Deutschlands redlich wetteifern. Die
Innen- wie die Außenstadt lassen in der Pflasterung der Straßen ein stetes
Streben nach dem Bessern erkennen. Durch die Anlage des Wasserwerkes
am Dowesee (n. von Braunschweig) und des Wasserturmes auf dem Giers-
berge (seit 1902) hat die Stadt vorzügliches Triukwasser erhalten; die Ab-
wässer werden vermittelst einer Pumpstation nach dem städtischen Rieselgute
Steinhof (nw. der Stadt hinter Watenbüttel an der Oker) geleitet. Feuer-
wehren, von denen eine ständige im Feuerlöschgebäude an der Münzstraße
untergebracht ist und in deren Dienste zahlreiche Feuermeldestellen stehen,
sorgen dafür, daß nicht leicht ein größerer Brand entstehen kann. Die Rei-
nigung und Sprengung der Straßen sowie die Fürsorge für die öffentliche
Gesundheit und bei Unglücksfällen ist anfs beste geregelt. Sind die Straßen
der Innenstadt vielfach eng und winkelig, so hat man durch weitläufige
Bauart der Häuser, breite Straßen, Vorgärten, Baumanpflanzungen, Park-
anlagen in den Außenstadtteilen, ebenso durch die entfernte Anlage des Zentral-
friedhofes doch bewirkt, daß Braunschweig zu den gesundesten Städten gehört.
Allerhand wohltätige Stiftungen aus älterer und neuerer Zeit bemühen sich,
Alleinstehenden, Kranken, hilfsbedürftigen Kindern, Dienstboten, Blinden,
Taubstummen Hilfe zu bringen; 25 Bezirksvorsteher verwalten in geregelter
Weise die Armenpflege. Wer sucht, der findet nicht bloß Gelegenheit zum
Vergnügen, sondern durch Vereine, Sammlungen, Büchereien u. a. auch edle
Geselligkeit und Anregung znr Beschäftigung mit Kunst und Wissenschaft.
Das Wachstum Braunschweigs in neuerer Zeit beruht sehr wesentlich
auf dem Fortschritt seines Fabrik-, Handels- und Gewerbewesens. Es gibt
in Braunschweig Fabriken zur Herstellung von Maschinen (25; die älteste
unter ihnen ist die von G. Luther, gegründet 1846), Dampfkesseln, Mühlen
(des. Amme, Giesecke & Konegen), Motoromnibussen (H. Büssing, gegr. 1901),
Eisenbahnsignalen (Max Jüdel & Co., gegr. 1871), Nähmaschinen, Wagen, Fahr-
rädern , Pianoforten, Eisenwaren, Tabak und Zigarren (30), Brot, Schoko-
lade, Honigkuchen, Pfeffernüssen, Wurstwaren, Konserven (39, die während
der „Kampagne" etwa 8000 Personen mit der Herstellung von Dauer-
gemüse: Spargel, Erbsen, Bohnen, Kompottfrüchten, sowie von Fleischwaren
beschäftigen), eine große, über 2000 Personen beschäftigende Jutespinnerei,
die aus den Bastfasern der ostindischen Jutepflanze Säcke, Tischdecken, Gar-
dinen u. a. verfertigt; 13 Bierbrauereien sind in Betrieb. Dazu kommen
4*
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Braunschweig
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde, Braunschweig
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
36
Die Stadt Braunschweig und ihre Umgebung.
Dom sind davon vorhanden eine elfenbeinerne Schalmei des Heil. Blasius,
der in seiner Jugend Hirt gewesen sein soll, ein Mammutsknochen, den man
früher für eine Rippe des Riesen Goliath ausgab, ein Antilopenhorn (an-
geblich Greifenklaue), eine 3 m hohe Passionssäule, ein hölzernes Christus-
bild usm. Sehenswürdigkeiten des Domes aus neuerer Zeit sind der sich über
dem Chor erhebende Triumphbalken mit dem Christuskreuz, die von Herzog
Wilhelm zu seiner 50jährigen Regierungsjubelfeier geschenkte große Lichter-
krone mit 72 Flammen, außerdem die 1901 erbaute Orgel mit ihren 85
klingenden Stimmen, eine der größten und schönsten Orgeln Deutschlands.
Die Gruft (Krypta) unter dem Hohen Chor enthält die Särge von 49 An-
gehörigen des Welfenhauses; unter ihnen ruht hier der letzte Sproß der
Bevernschen Linie desselben, Herzog Wilhelm (f 18. Okt. 1884 zu Sibyllen-
ort in Schlesien).
Ö. von dem Dom und der Burg erhebt sich das Reue Rathaus, ein
1884—1960 aufgeführter stolzer Sandsteinbau frühgotischen Stils mit
einem 61 m hohen Turme an der Südwestecke und reichverziertem Haupt-
eingang an der Südseite (Langer Hof). In diesem aus drei Geschossen
bestehenden Gebäude arbeiten die städtischen Behörden mit ihren Beamten
für das Wohl der Stadt; unter den zahlreichen Räumen sind die Sitzungs-
säle des Stadtmagistrates und der Stadtverordneten besonders gediegen und
schön ausgestattet. — Dem Rathanse gleicht in Stofs und Stil das n. von
ihm an der Dankwardstraße erbaute Finanzgebäude; es liegt neben dem
jetzt vollendeten, seiner hohen Bestimmung würdigen Behörden ha use (dem
Herzoglichen Ministerium) an der Stelle der ehemaligen Paulinerkirche, die
Herzog Anton Ulrich in ein Zeughaus umgewandelt hatte. Der w. von
dieser Gebäudegruppe befindliche Ruhsäutchenplatz soll seinen Namen haben
nach den ehemals hier wohnenden Hofdienern, die vom Volke wegen ihrer
unschönen Gamaschen, womit sie bei gewöhnlichen Ausgängen ihre feinen
Strümpfe schützten, als „Ruhfäutchen" (Rauhfüßchen) benannt wurden.
Nahe dem Hotel „Deutsches Haus" liegt am Bnrgplatze das Gildehaus;
1536 von Friedrich Huneborstel erbaut, stand es früher im Sack; wegen
seiner reichen, kunstvollen Holzschnitzereien wurde es von der Stadt angekauft
und hier wieder aufgebaut, um als Versammlungsort der Handwerkskammer
und des Jnnungsausschusses, sowie als Heim und Werkstätte für Handwerks-
lehrlinge zu dienen.
An den Burgplatz schließt sich im W. derjenige Stadtteil, der ehemals
als Sack bezeichnet wurde, weil er von den Weichbildern Altstadt und Neu-
stadt eingeschlossen war und keine Tore hatte. Er besaß keine besondere
Kirche, wohl aber (an der Stelle des jetzigen Karstadtschen Geschäftshauses)
ein eigenes Rathaus, in dessen Turme die Armesünderglocke läutete, wenn
ein Verurteilter zum Richtplatz geführt wurde. Der nahe Papenstieg er-
innert mit seinem Namen daran, daß hier ehemals 18 Chorherren des
Blasiusstistes wohnten. In der Schuhstraße gab es im Mittelalter zahl-
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art]]
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Extrahierte Personennamen: Blasius Herzog
Wilhelm Wilhelm Wilhelm Anton_Ulrich Friedrich_Huneborstel Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Schlesien Burg Langer_Hof Karstadtschen_Geschäftshauses
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Braunschweig
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde, Braunschweig
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
Die Oder.
69
den benachbarten Städten so gründlich zerstört wurde, daß nur wenige Reste
von ihr geblieben sind.
6. Die Oder. Vom w. zum sw. Teile des Harzes übergehend, befinden
wir uns (abgesehen von einem ganz kleinen braunschweigischen Eckchen an
der Söse) völlig ans hannoverschem Boden und zwar im Flußgebiet der Oder.
Sie entspringt auf dem Brockenfelde, da wo dieses sw. in eine Hochfläche
übergeht, die durchschnittlich 130 m höher liegt als die von Klansthal und die
von der Achtermannshöhe (926 na), dem Rehberge (894 in) und dem Bruch-
berge umschlossen wird. Wegen ihrer hohen Lage hat diese Fläche nur drei
kleine Siedelungen: das Torfhaus, die Försterei Oderbrück und das Sonnen-
berger Weghaus; sie zeigt ein stimmungsvolles Durcheinander von Moor, Wald,
Klippen und Kuppen. Ihre tiefste Stelle ist der Oderteich (724n>). die größte
Wasserfläche des Gebirges. Er hat zwei Abflüsse: die Oder und den Reh-
berger Graben, den man nach St. Andreasberg geleitet hat, um die Maschinen-
werke in den Berg- und Hüttenwerken zu treiben, und der dann in die
Sperrlutter übergeht, welche bei Lanterberg r. in die Oder mündet. Das
oberste Odertal ist dem Okertal an Wildheit vergleichbar, besonders da, wo
die Hahnenkleeklippen (l.) und die Rehbergerklippen (r.) nahe herantreten, aber
es läßt uns mehr in stiller Waldeinsamkeit dahinwandern. Bei der Ober-
sörsterei Oderhaus wird die Talsohle breiter, mit Fichten bestandene Wiesen
geben ihr ein Parkartiges Aussehen, und der Weg ist belebter. St. Andreas-
berg (3700 Einw.) hat seinen Namen von der ältesten Grube St. Andreas;
es wurde im 16. Jahrhundert eine Stadt mit 116 Zechen. Zuerst im Besitz
der Grafen von Hohnstein, ging sie gegen Ende des 16. Jahrhunderts an
die welfischen Herzöge über. 1910 ist die 843 na tiefe Grube „Samson",
die letzte der ehemals zahlreichen Gruben, zum Erliegen gekommen; doch hat
man in der Grube „Andreasberger Hoffnung" neue Anschlußarbeiten begonnen.
Die Kanarienvogelzucht, die früher in Andreasberg eifrig betrieben wurde,
hat nachgelassen; man treibt verschiedene Industrien (Herstellung von Kisten,
Spielwaren, Möbeln, Vogelbauern, Zigarren u. a.); vor allem wird die
Stadt wegen ihrer 580—627 m hohen, aber sonnigen und geschützten Lage
viel von Nerven- und Lungenleidenden ausgesucht; in den letzten Jahren waren
dort 2600 ständige Gäste. Im Tale der Sperrlutter s. oder vom Oderhaus
in dem der Oder sw. wandernd, kommen wir an stattlichen Bergzügen (besonders
Breitenberg, Hillebille, Kümmel) vorbei nach Bad Lauterberg (5300 Einw.),
das nächst Harzburg der besuchteste Badeort des Gebirges ist (über 5000 Bade-
gäste). Es verdankt sein Aufblühen keinen mineralischen Heilquellen, sondern
der hier 1839 von dem Arzte I)r. Ritscher eingerichteten Kaltwasserheilanstalt.
Im Kurpark ist dem Afrikaforscher Wißmann (gest. 1905) ein Standbild errichtet
worden. Auf dem nahen Wiesenbecker Teiche, einem reizenden, von Bergen
umgebenen Waldsee im kleinen, kann man Kahnfahrten machen. Von Lauter-
berg besteht Bahnverbindung mit Andreasberg. Etwas unterhalb Lauterbergs
liegt das alte Dorf Scharzfeld mit der Steinkirche, einer Felsenhöhle von
38 m Länge, 4 m Breite und 8 in Höhe, die deutliche Spuren trägt, daß sie
einst als Gotteshaus gedient hat. Die Volkssage erzählt, Bonifatius habe
hier im Felsen, an dem die Sachsen ihrem Wodan Opfer brachten, mit einer
hölzernen Axt die Aushöhlung hervorgebracht; hierbei schmolz das harte Ge-
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
Extrahierte Personennamen: Andreas Ritscher Andreasberg Bonifatius
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Braunschweig
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde, Braunschweig
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
108
Volkskundliches.
Eisenbahnen, Handwerke, Konservenfabriken, teils liefert sie an das Ausland.
Die Webeindustrie, ehemals durch den heimischen Flachsbau versorgt, bezieht
ihr Material meist von außerhalb. Sonstige Gegenstände des braunschwei-
gischen Gewerbfleißes sind Glas, Porzellan, Pianoforte, Tabak und Zigarren,
Zement, chemische Produkte.
5. Verkehrswesen. Bereits gegen das Ende des 13. Jahr-
hunderts wurde zwischen den großen Städten der Hansa ein stehendes Boten-
wesen eingerichtet; Herzog Julius veranstaltete 1569 zwischen Wolsenbüttel
und Leipzig eine reitende Post; 1641 entstand zwischen Braunschweig und
Hildesheim die erste fahrende Post. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich
Abb. 43. Das Eisenbahnnetz Braunschweigs.
bei uns zulande wie auch sonst in Deutschland das Postweseu immer mehr;
im neuen Reiche wurde die Stadt Braunschweig der Sitz einer Oberpost-
direktion. — Neben den alten Handelsstraßen legte man seit der Mitte des
18. Jahrhunderts immer mehr Kunststraßen (Chausseen) an; unser Herzogtum
tat in dieser Hinsicht so viel, daß es im Wegebau unter sämtlichen deutschen
Staaten an erster Stelle steht (4400 km Staats- und Gemeindechausseen). —
Um die Einführung der Eisenbahnen machte sich in unserm Lande der General-
direktor von Amsberg (f 1871) sehr verdient; auf seine Anregung wurden
bereits 1835 die Vorarbeiten zu der Bahn von Braunschweig nach Harzburg
begonnen; der braunschweigische Staat war der erste in Deutschland, der eine
Bahn auf Staatskosten ausführte, und schon 1838 konnte die Leilstrecke
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Extrahierte Personennamen: Julius
Extrahierte Ortsnamen: Leipzig Hildesheim Braunschweigs Deutschland Amsberg Harzburg Deutschland
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Braunschweig
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde, Braunschweig
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
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Die Gegenden an der Weser.
lverden daselbst Schüsseln, Teller, Kaffeekannen, Tassen, Zuckerdosen, Blumen-
töpse u. a. angefertigt. — Zn dem n. liegenden Dorfe Boffzen (2400 E.)
gehören zwei Glashütten.
Weiter n. fließen der Weser zwei Sollingbäche zu; nach dem ersten,
dessen Namen „Holzminde" I. Grimm als „Waldgeschmeide" gedeutet hat,
ist die Stadt Holzmillden (10 600 E.) benannt. Der schon im 9. Jahr-
hundert vorhandene Ort befand sich um 1100 im Besitze der Grafen von
Eberstein, die ihn nach Anlegung einer (nicht mehr vorhandenen) Burg 1245
zur Stadt erhoben, 1410 aber an die Welfen vererbten. Die Stadt blühte
durch Handel auf, hatte jedoch das Unglück, im 30jährigen Kriege (1640)
von den Kaiserlichen bis aus die Kirche und zwei Häuser zerstört zu werden;
1671 betrug die Zahl der Einwohner nur noch etwa 1000, und nur langsam
erholte sich die Stadt. Im 19. Jahrhundert trug zu ihrem Gedeihen be-
sonders die Gründung einer Baugewerkschule (1831) bei. Diese Anstalt,
eine der ältesten deutschen ihrer Art; zählt gegenwärtig etwa 800 Schüler,
die sich hier als Maurer- und Zimmermeister ausbilden. Die Schule liegt
ungefähr in der Mitte der Stadt; neben ihr ist ihrem Gründer, dem Bau-
meister F. L. Haarmann, ein Denkmal errichtet worden. An der von hier
aus n. ziehenden Neuen Straße liegen das Rathaus, die Post und die Kreis-
direktion. In ö. Richtung vom Baugewerkschulplatze verlaufen drei Teiche
mit Anlagen, zwischen denen sich auch ein mächtiger, von Efeu umsponnener
Sollingblock als Bismarckdenkmal erhebt. Im w. Teile der Stadt, nahe der
Weser, liegt der von Linden und Barockhäusern eingefaßte Marktplatz und
unmittelbar daneben die Kirche mit einem massigen Turme, der in eine
schlanke Spitze ausläust. Das in der Nähe befindliche Alte Gymnasium ist
1755—60 aus der nach hier verlegten Klosterschule von Amelungsborn her-
vorgegangen. Außer dem Ackerbau, den die Bewohner seit alters treiben,
hat sich in Holzminden neuerdings auch manche Gewerbtätigkeit entwickelt:
die Herstellung von Maschinen, Papier- und Pappwaren, chemischen Pro-
dukten, Zementwaren u. a. Insbesondere ist Holzminden der Weserhafen
für die Erzeugnisse des Sollings (Steine, Holz, Glas), die von hier aus auf
großen, von Schleppdampfern gezogenen Kähnen verschickt werden. Die
Häuser der Stadt zeigen vielfach die niedersächsische Bauart und sind, beson-
ders an der Wetterseite, mit Sollingsandsteinplatten behängen und gedeckt.
Am Weseruser ziehen schattige Wege entlang; gern besucht man außer der
sö. liegenden Gartenwirtschaft Felsenkeller den weiter s. am Sybecker Berge
ausgebreiteten Stadtpark mit dem Kaiser-Wilhelm-Turm, ebenso die ö. am
Eingang des Schießhäusertals liegende Ansiedlung Pipping (in der Nähe das
„Landschulheim"), endlich den am Westufer emporragenden Kiekenstein.
4. An dem zweiten der erwähnten Sollingbäche, der Bever, liegt eine
Stunde nö. von Holzminden der Flecken Bevern (2100 E.). Das hier
1603 erbaute Schloß ist ein stattlicher Renaissancebau mit zwei kleinen
Seitengiebeln und dazwischenliegenden Dacherkern, edlen Portalen und einem
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113
§. 64.
Fortschritte in der Cultur.
Feine Weberarbeiten. Die Grafen Fugger. Walkmüh-
len. Wasser- und Windmühlen. Wasser-, Sand-, Räder-,
Gewicht-, Thurm- und Taschen-Uhren. Peter Hele zu Nürn-
berg und die Nürnberger Eierlein. Jetzt: Repetir-, Spiel-, Cylin-
der-Uhren. — Musiknoten. Violine. Orgeln. Brillen. Fern-
gläser. Steinpflaster. Schornsteine. Der Automat Albert's
des Großen. Lurus in der Kleidertracht. Hofnarren. Geld-
münzen. Goldgulden. Joachimsthaler. Thaler. Jetzige
Geldsorten? Das Papiergeld, eine Erfindung der Chinesen,
wurde im vierzehnten Jahrhundert in Europa bekannt. Buch-
binder. Kupferstecherkunst. Oelmalerei. Von dem Holländer
Wilhelm Beukelzoon, welcher zuerst Heringe eingesalzen hat,
rührt die Erfindung des Einpökelns.
Die Wissenschaften blühten durch die Einrichtung von Hoch-
schulen oder Universitäten auf. Bologna. Nach dem Muster
der Universität zu Paris wurden in Deutschland die Universitä-
ten zu Prag, Wien, Leipzig, Heidelberg, Cöln, Er-
furt gestiftet. Collegia. Professoren. Studenten.
Durch die großen Länderentdeckungen kam eine Menge bis
dahin ungekannter Gegenstände nach Europa: Indigo, Co-
chenille, Färbestoffc. Chinarinde. Kakaobohnen—cho-
k 0 lade. Lange vorher, ehe die Spanier nach Amerika gekommen waren,
bereiteten die Mexikaner die „Chokolatte" aus geröstetem und zerstoße-
nem Kakao, welchen sie mit Wasser verdünnten und mit Maismehl und Ge-
würzen, besonders mit Zimmt und Vanille vermengten. Mais. Spä-
ter auch Kaffee, Thee, Taback und Zucker. Bergbau-,
Ackerbau-, Pflanzer- und Handlungs-Colonien der Europäer
in den von ihnen entdeckten Ländern. Folgen der aus Amerika
nach Europa gebrachten Reichthümcr an Gold, Silber und Edel-
steinen. Unter die Uebel, welche wir aus Amerika erhalten ha-
den, gehört die pestartige Krankheit des gelben Fiebers.
Kapp, Leitfaden.
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Extrahierte Personennamen: Peter_Hele Wilhelm_Beukelzoon Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Goldgulden Europa Bologna Paris Deutschland Wien Leipzig Heidelberg Europa Amerika Amerika Europa Amerika