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loren, kaum die Hälfte hatte das Gestade der Ostsee glücklich erreicht. Nun verlangten sie Land, um sich eine neue Heimat zu
gründen. Unsere Vorfahren aber lehnten die Forderung ab. Darüber waren die Fremdlinge voll Unmuts; doch ließen sie es nicht merken.
Bald darauf erschien einer der fremden Jünglinge, geschmückt mit goldener Halskette und goldenen Armspangen, am Strande. Ihn redete ein Landsasse an und fragte spöttisch: „Was nützt dir der reiche Schmuck an deinem hungrigen Halse?" Der Kesseling antwortete: „Ich möchte ihn verkaufen; was gibst du mir?" —
»Eine Hand voll Erde!" lautete die schnelle Antwort. Und wirk-
lich, der Kesseling war mit dem Angebot zufrieden! Er ließ sich den Helm mit Erde füllen, reichte das goldene Halsband hin und kehrte still auf sein Schiff zurück.
Hier wurde er freudig empfangen; aber auch unser Vorfahr wurde von seinen Stammgenossen wegen seiner Klugheit gepriesen. Auf beiden Seiten freute man sich des vorteilhaften Handels, hielt doch jeder den andern für betrogen. Bald zeigte sich aber, wer der Betrogene war! — Schon nach kurzer Zeit kehrte der Jüngling ans Ufer zurück und bestreute ein weites Stück Land mit der zu Staub zerriebenen Erde, die er gekauft hatte. Dann stellte er sich mitten darauf und rief laut: „Das Land gehört
mir! Die Erde, auf der ich stehe, habe ich mit meinem Gold bezahlt." Als redliche Leute ließen unsere Vorfahren den Handel gelten, doch verwünschten sie das sremde Gold und nannten den Verkäufer, den sie erst hochgepriesen hatten, einen Verräter. Die Kesselinge aber gaben ihnen den Spottnamen „Thöringe", weil sie sich so leicht hatten betören lassen. Auf diese Weise soll der Name Thüringer entstanden fein.
Bald aber brach zwischen den Thüringern und Kesselingen ein Krieg aus; denn diese nahmen immer mehr Land in Besitz und bedrängten ihre Nachbarn hart. Die Thüringer wurden besiegt; sie konnten den Kesselingen nicht standhalten und nannten sie wegen ihrer Härte Sachsen (lat. saxum — Stein)
Die ersten Könige: Die Kämpfe zwischen den Thüringern
und Sachsen dauerten fort, bis unsere Ururgroßväter mit Weib und Kind die Heimat verließen. Sie wanderten südwärts und kamen in das Gebiet, in dem sie heute noch wohnen, nach Thüringen. Ackerbau, Viehzucht und Handel waren hier ihre Hauptbeschäftigungen. Um aber in Ruhe leben zu können, wählten sie sich einen Kriegskönig. Er wurde aus den Tapfersten gekürt, und alle mußten ihm unbedingt gehorsam sein.
Als ersten Kriegskönig Thüringens nennt die Sage Erpes oder Erphes. Er ließ nicht weit von dem Dorfe Schilderode (Schild-
!) Falsche Deutung; Sachsen = Träger eines kurzen Schwertes, Sachs genannt. Die Sachsen nannten ihren Kriegsgott Saxnot = Schwertgenoß.
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chensmühle an der Gera) eine Furt durch die Gera herstellen (?), damit man mit dem Vieh von dem einen User an das andere
kommen konnte. An dieser Stelle wurde dann ein Dors erbaut,
welches nach dem König und der Furt Erpessmt, auch Erphesfnrt,
genannt wurde. Es geschah dies etwa um das Jahr 325 n. Chr.
Später wurde das Dors nebst dem dabei gelegenen Schilderode durch Zwischenbauten verbunden, daß sie einen einzigen Crt, Erfurt, ausmachten.
Aus Erpes folgte König Hoher. Sein Sohn soll das Schloß Moleberg, die Mühlburg, erbaut haben (319 oder 349). — Die nächsten 100 Jahre herrschte in Thüringen tiefer Friede. Das wurde aber anders, nachdem Günther, damals Gunthahar genannt, zum Kriegskönig gewählt worden war. Er verband sich mit dem Frankenkönige Chlodius (428—448) zu einem gemeinschaftlichen Kriegszuge gegen den römischen Feldherrn Aetins. Da ihm aber die Thüringer Großen die Heeressolge verweigerten, trat er von dem Bündnis zurück. Nun wurde Ehlodius am Nie-derrhein (430) von Aetins besiegt. Ueber den Wortbruch Günthers erbittert, siel der Frankenkönig später in Thüringen ein und machte das Land seinem Reiche zinsbar. Um aber den Thüringern das Joch leicht zu machen, ließ er die Kriegskönigswürde bestehen; nur brachte er es dahin, daß man seinen Stiessohn Merwig wählte. König Günther war darüber sehr erzürnt und saun ans Rache. Bald fand sich auch eine günstige Gelegenheit. Der Hunnenkönig Attila drang mit einem gewaltigen Heere von 700 000 streitbaren Männern über den Rhein, um Gallien und Franken zu erobern, und König Günther sandte ihm einen treugebliebenen Heerhausen zu. Ucberall, wohin die wilde Horde kam, wurde geraubt und das Land verwüstet, so die Städte Straßburg. Speier, Worms, Mainz und Trier. Endlich wurde das Hunnenheer ausgehalten. Auf den katalannischen Feldern kam es zu einer furchtbaren Schlacht, in welcher die vereinigten Römer, Goten, Franken und Burgun-den Sieger blieben. Attila mußte den Rückzug antreten. Kaum die Hälfte feiner Mannschaft rettete er bei Köln über den Rhein. König Günther ließ ihn zu sich nach Jsanach einladen. Attila kam in das Thüringer Land und wohnte am Hofe Günthers, der wieder zu Macht und Ansehen gekommen war. Günther hatte eine schöne Tochter, Kriemhilde, welche Attila zur Gemahlin nahm. Nun herrschte er zu Eisenach selbst wie ein König, berief die vornehmsten Thüringer zu sich, ernannte sie zu Heerführern und schenkte ihnen verschiedene Dörfer. Der Festjubel dauerte einige Monate. Da erhielt Attila die Botschaft, daß steh germanische Volksstämme im Süden und Osten des Reiches gegen ihn erhoben hätten. Er verließ darum Eisenach und zog nach Italien.
Der von den Thüringern erwählte König Merwig soll ein kluger, umsichtiger und tapferer Herrscher gewesen fein. Er erbaute der Sage nach viele Ortschaften, gründete Arnstadt, umgab Merse-
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Extrahierte Personennamen: Günther Günthers Günther Attila König_Günther Günther Speier Attila Günther Attila Günthers Günther Günther Attila Attila
Extrahierte Ortsnamen: Gera Gera Erfurt Mühlburg Nie-derrhein Thüringen Rhein Gallien Worms Mainz Rhein Jsanach Eisenach Eisenach Italien Arnstadt
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Zum Andenken wurden die Köpfe der Unglücklichen oben am Gesims der Kirche in Stein ausgehauen und ein Zeichen daneben angebracht. Es sind auch wirklich oben am östlichen Teile des Kirchenschiffes vier Köpfe zu sehen. Neben dem einen ist eine Schere, neben dem zweiten ein Messer und neben dem dritten ein Schäferstab (?) angebracht, der vierte hat kein Zeichen.
Auch an dieser Stätte können wir wie auf unserm Petersberge ein Heiligtum des Donar vermuten, denn in dem Manne im roten Kleide auf dem mit Böcken bespannten Wagen ist Donar unverkennbar gezeichnet. (Nach Dr. Zschiesche.)
5. 'Was die Geschichte von den alten Uhüringern weih. (Geschichte Chüringens bis zum Ucihre 1000.)
Besiedlung Thüringens und Deutung des Namens:
Mehrere Jahrhunderte v. Chr. war Thüringen von Germanen, vielleicht von Hermunduren bewohnt, deren Reich sich von der Donau bis zum Harz erstreckte. Ihr Narrte wird aber erst zu Beginn unserer Zeitrechnung erwähnt. Sie waren ein kriegerisches Volk und standen mit den ihnen befreundeten Römern in lebhaftem Handelsverkehr. Das Wort Hermunduren bedeutet, wie allgemein angenommen wird, Groß- oder Gefamt-Thnren. Zum letztenmale werden sie gegen Ende des 2. Jahrhunderts u. Chr. erwähnt. Dann schweigt die Geschichte von ihnen zwei Jahrhunderte hindurch. Die Römer, die damaligen Geschichtsschreiber, hatten mit sich selbst zu schassen, und unser Volk machte noch keine Aufzeichnungen. Erst um 400 tritt wieder ein Name auf, der mit dem der Hermunduren wohl verwandt ist, der Narrte „Thüringer". Sie werden als treffliche Pferdezüchter gerühmt. 50 Jahre später zählt man die Thüringer mit bei den Heerhaufen aus, die dem Hunueuköuige Attila Heeresfolge leisteten. Von da ab begegnet man dem Namen häufiger.
Der Name Thüringer umfaßt nicht einen einzigen Volksstamm, sondern ein Volk, das aus der Verschmelzung mehrerer Stämme hervorgegangen ist. Der Titel eines alten Volksrechtes „Gesetz der Angeln und Weriner, das ist der Thüringer" beweist aufs bestimmteste, daß sie ein Mischvolk sind. Beide, Angeln und Warnen, sind aus Norden, aus Jütland und Schleswig-Holstein, nach Thüringen gezogen (vgl. Was die Sage usw., Nr. 3) und sind dort Nachbarn der Hermunduren geworden. Mit ihnen verschmolzen, bildeten sie das neue Volk der Thüringer.
Diesen Standpunkt vertritt ein Teil der Geschichtsforscher. Andere aber sagen, nicht die Hermunduren haben einst Thüringen bewohnt, sondern die Cherusker. Nach ihnen sollen die Hermunduren niemals über die Saale ostwärts oder über den Main nordwärts vorgedrungen sein. Aber auch sie nehmen ein Vor-
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dringen der Angeln aus Norden an. Diese besetzten die Landstriche an der unteren Saale, der Unstrut und ihren Nebenflüssen und die Umgegend von Gotha. Sie unterwarfen die eingesessenen Cherusker und gründeten zwischen der einheimischen Bevölkerung eine große Menge neuer Dörfer und Höfe, die jetzt noch an der Namensendung „leben" kenntlich sind. Sie wird am besten mit „Erbe" erklärt, und die Vorsilbe bezeichnet den Gründer. In den anglischeu Dorfherren kann man die Vorfahren des zahlreichen thüringischen Adels vermuten.
Anderweite Deutung: Woher aber stammt dann der Name Thüringer? Nun die Angeln brachten die Stammsilbe Thor, die bei ihnen auch gleichbedeutend mit Donar ist, aus ihrer alten Heimat mit und nannten sich in ihren neuen Wohnsitzen Thoringe = Thüringer. Da die Silbe „ing" ein Hervorgehen, eine Abstammung vom Vorhergehenden bezeichnet, so bedeutet Thüringer „Söhne Thors", welche Benennung durch eine mit den Cheruskern auf Thors Heiligtum beschworene Eidgenossenschaft erklärt werden könnte.
Grenzen Thüringens: Das Land, das unsere Altvorderen bewohnten, erstreckte sich weit von Norden nach Süden. Hier reichte es bis an die Donau, während es im Osten von der Saale und Elbe begrenzt wurde. Nach Norden schloß es noch die Altmark in sich, und im Nordwesten reichte es bis zur Oker. Im Südwesten aber bildete, wenn auch nicht haarscharf, die Werra dl" Grenze zwischen Altthüringen und Hessen.
Das Königreich Thüringen: Der Völkerbund der Thüringer, der diesen schmalen, aber sehr langen Gebietsstreisen bewohnte, hatte viele und schwere Kämpfe mit den Grenznachbarn zu bestehen, zumal mit den nördlich wohnenden Sachsen (vergl. Was die Sage usw., Nr. 3). Darum entwickelte sich bei den Thüringern gar bald eine staatliche Ordnung. Es bildete sich das Königreich Thüringen, an dessen Spitze ein Kriegskönig stand, erwählt aus der Schar der Tapfersten. Die Namen der ersten Könige und ihre Taten sind uns aber nicht geschichtlich beglaubigt. Nur die Sage kennt sie und erzählt der Wundermären viel. Bestimmt wissen wir, daß in der zweiten Hälste des 5. Jahrhunderts König Bisinus über Thüringen herrschte. Er hatte seinen Königssitz in der Burg Scidiugi an der unteren Unstrut, dem heutigen Burgscheidungen. Bisinus starb ums Jahr 500 und hinterließ drei Söhne: Jrminsrid, Berthar und Baderich. Baderich erhielt Südthüringen, etwa das jetzige Königreich Bayern bis zur Donau. Berthar bekam den mittleren Teil, den wir jetzt noch als Thüringen bezeichnen. Er soll zu Vargula und Hersridesleba (Herbsleben) residiert haben. Jrminsrid erbte Nordthüringen, das Stück von der Unstrut bis zum Harz und darüber hinaus, und nahm seine Wohnung auf der väterlichen Burg Scidiugi.
^ Damals bestand die Sitte, daß bei der Erbteilung der älteste Sohn bevorzugt wurde. Er erbte nicht nur ein größeres Stück
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Land, sondern es wurden ihm auch, als dem Vertreter des Königshauses, gewisse Rechte vor den übrigen Söhnen übertragen.
Durch diese Sitte entstanden ost blutige Streitigkeiten zwischen den
Erben. Auch zwischen den Söhnen des Bisinns kam es zum Erb-streit, durch den der Untergang des blühenden Reiches (531) herbeigeführt wurde (s. Der Sturz des thür. Königreiches, Nr. 9).
Thüringen, eine fränkische Provinz: Nach dem Siege
der Sachsen und Franken wurde Tbüriugen eine fränkische Provinz und nußte als jährlichen Tribut 500 Schweine iu die königliche Küche nach Metz liefern. Als dann im Jahre 561 das fränkische Reich geteilt wurde, kam Thüringen unter die Herrschaft
Sigberts I. von Äustrasien (561—575). Der Tribut blieb auch für die Zukunft bestehen. Erst Kaiser Heinrich Ii. erließ ihn den Thüringern (1002). Unter Sigberts Nachfolgern schwand die kö-
nigliche Macht dahin und die Sitten verwilderten vollständig.
Um diese Zeit begannen slawische Stämme die offenen Grenzen unseres Heimatlandes zu überschreiten und sich zwischen Elbe und Saale niederzulassen. In der Zeit der Völkerwanderung halten sie das von den Germanen verlassene Land im Osten der Elbe bis hinab zur Ostsee ohne Schwertstreich in Besitz genommen. Die von den Deutschen Winden, später aber Wenden genannten Slawen standen anfangs zu ihren westlichen Nachbarn in sreundschaft-lichem Verhältnis. Sie trieben mit ihren felbftgefertigten Webereien, mit Pelzen und Pferden, mit Honig, Wachs und Salz einen regen Tauschverkehr und lebhaften Handel. Erphesfnrt, unser heutiges Erfurt, war ihnen wohlbekannt.
Bald aber änderte sich das freundnachbarliche Verhältnis. 100 Jahre nach dem Untergange des Thüringer Königreiches standen die Slawen in offenem Kampfe mit dem Frankenreiche, über das König Dagobert <628—638), dem Pippin der Aeltere von Landen als Hausmeier (Majordomus) zur Seite stand, regierte. Der König ernannte Radulf, einen vornehmen Franken, zum Herzog von Thüringen und beauftragte ihn mit der wirksamen Verteidigung der Ostgrenze seines Reiches. Es gelang Radulf auch, das verhaßte Slawenvolk über die Saale zurückzudrängen und an ihren Ufern einige feste Burgen und Städte zu errichten. Rudolstadt ist wohl al6 feine Gründung anzusehen. Er faßte auch fönst die Zügel der Regierung mit kräftiger Hand und hinterließ seinem L>ohne Heden ein Erbe, das nur noch dem Namen nach die friiiv fische Oberherrschaft anerkannte, an sich stellte es ein neues Thüringer Königreich dar. Hedens gleichnamiger Enkel war Christ und schenkte (704) dem Bischof Willibrord einen Hof zu Anv itadt und mehrere andere Güter in Thüringen. Thüring, der letzte Herzog, fiel in der Heeresfolge Karl Martells (717 Schlacht bei Viney), und Thüringen wurde nun in Gaue eingeteilt, die von Gaugrafen verwaltet wurden. Anfangs kannten die Franken nur einen Gau Thoringia zwischen Werra und Saale, später aber
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Ii Heinrich Pippin Hedens Christ Willibrord Willibrord Karl_Martells Karl
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Werden 9 Untergaue genannt, die wohl ans den alten Hundert schäften gebildet wurden und an deren Spitze eigene Grafen standen. Erphesfnrt lag im Ostgan.
Auch in dieser Zeit dauerte der Kampf zwischen den Deutschen und Slawen fort. Auf deutscher Seite wurde er von dem Adel Thüringens, Sachsens und Frankens geführt, jedoch ohne großen Erfolg. Erst durch das Eingreifen der neuerstarkten Königsgewalt wurde dem erobernden Vordringen der Slawen ein Ziel gesetzt und altgermanischer Boden den Deutschen zurückgewonnen.
Von besonderer Bedeutung für Thüringen ist Karl der Große. „Wie in anderen Teilen seines Reiches hat Karl auch in Thüringen das alte Volksrecht aufzeichnen lassen. Vermutlich aus dem Reichstage zu Aachen (802) ist die lex Angliorum et Werinorum hoc est Thuringorum (f. S. 15) veröffentlicht worden. Sie enthält in 61 Paragraphen das Straf- und Erbrecht, und die Gel tung der darin niedergelegten Rechtsgrundsatze reicht jedenfalls in die heidnische Zeit zurück. Wir finden wie bei den Sachsen drei Stände, den Adaling, den Friling und den Knecht, aber etwas anders gegeneinander gestellt: der Edle hat das dreifache Wergeld (Manngeld) des Freien (in Sachsen das sechsfache), der Knecht aber nur 3/20 (in Sachsen l/2). Leibesstrasen scheinen unbekannt, zur Reinigung dienen Schwur mit Zeugen und für gewisse Fälle der Zweikampf." Unter Karls Regierung geschah in Thüringen die Markensetzung, d. H. die Einteilung des Landes in Husen (eine Hufe hatte 30 Acker) und die Inanspruchnahme eines Teiles der Ländereien für den König als sogenanntes Königsgut.
Nachdem dann Karl in dreißigjährigem Kampfe die Sachsen mit den Franken unter dem Zeichen des Kreuzes zu einem Volke vereinigt hatte, richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Schutz der Ostgrenze des Reiches. 805 kämpften seine Heere glücklich gegen die böhmischen Slawen, und ein Jahr später zog sein Sohn abermals zum Kampfe aus, aber diesmal gegen die Sorben. Bei dem thüringischen Waladala, vielleicht dem heutigen Wallbausen, sammelten sich die Heere. Der König der Sorben, Milito, wurde erschlagen, und andere sorbische Fürsten mußten Karl Gehorsam versprechen und Geiseln stellen. Um aber in Zukunst gegen etwaige neue Einfülle gesichert zu sein, wurden zwei seste Plätze errichtet, der eine an der mittleren Elbe, Magdeburg gegenüber, und der andere an der Saale in der Nähe von Halle. Die Saale galt fortan als Grenze zwischen den Thüringern und Sorben, und Karl setzte bestimmte Orte fest, bis zu welchen die Kaufleute von Deutschland aus in die den Slawen benachbarten Gebiete mit ihren Waren reisen dursten. Durch diese Bestimmung, eine „Polizeiverfügung", suchte er zu verhindern, daß seine Feinde von Deutschland aus mit Waffen versehen wurden. Die Maßnahme schien umsomehr geboten, als der Handel sich zumeist in den Händen der Slawen selbst befand. Die thüringische Stadt, die als Grenzpunkt der Handels-
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1. Zusammenstoß an der Unstrut: Nun drang Theodorich in Thüringen ein und erreichte bei Reinsdorf die Unstrut. Jrminfrid, der Kunde vom Kommen der Franken erhalten hatte, eilte ihnen entgegen. Bei Carsdorf stießen beide Heere aufein-
ander. Die Franken waren gerade im Begriff, hier die Unstrut zu überschreiten, um sich aus dem rechten Flußufer eine günstige Stelle für die Belagerung Bnrgscheidnngens zu suchen. Es entspann sich ein blutiger Kampf, aus dem die Franken wohl dank ihrer größeren Kriegsübung und besseren Bewaffnung als Sieger hervorgingen. Die Thüringer wurden südwärts in die Unstrut gedrängt. Ihre Leichen verstopften den Fluß, und die Franken konnten darüber hinweg wie auf einer Brücke die Unstrut überschreiten. Jrminfrid gelang es, mit einer kleinen Schar nach Burg-fcheidungen zu entkommen.
2. Zusammenstoß: Die siegreichen Franken zogen nun den
Fluß weiter abwärts und schlugen nördlich von Tröbsdorf, Burgscheidungen gegenüber, ihr Lager auf. Bei den großen Verlusten, die sie gehabt hatten, konnten sie nicht gleich wagen, die Feste anzugreifen; sie begnügten sich daher bis zum Eintreffen der verbündeten Sachsen, die Thüringer zu beobachten und ihnen die Verbindung nach Südthüringen abzuschneiden. Endlich erschienen die Bundesgenossen, deren kriegerische Erscheinung einen gewaltigen Eindruck aus die Franken machte. Die Sachsen bezogen öst-
lich von Tröbsdorf ihr Lager und begannen schon am Morgen des nächsten Tages mit dem Angriff. Nachdem sie die Unstrut überschritten hatten, steckten sie die Vorburg der Feste, das heutige Dors Burgscheidungen, in Brand und stürmten gegen die Königsburg selbst vor, an deren östlichem Tore sie sich in Schlachtordnung aufstellten. Da die über den neuen Gegner äußerst erbitterten Thüringer einen Ausfall wagten, kam es vor den Toren der Burg zu einem sehr heftigen Kampfe. Keiner der Gegner wollte vom Platze weichen, und so dauerte die Schlacht bis zum Abend. Erst die gänzliche Ermattung auf beiden Seiten machte ihr ein Ende. Vollständig erschöpft kehrten die Thüringer in ihre Burg zurück, und die Sachsen, welche 6000 Mann, zwei Drittel ihres Bestandes, verloren hatten, bezogen ihr Lager.
Unterhandlung mit den Franken: Jrminfrid, der den
vollständigen Untergang seines Königreiches vor Augen sah, faßte jetzt den Entschluß, mit seinem fränkischen Gegner zu unterhandeln. Der Ueberredungsknnst seines Boten, der die Franken besonders auf die auch für sie gefährliche Macht der Sachsen hinwies, gelang es, Theodorich milde zu stimmen, ja sogar zum Treubruch gegen seine Verbündeten zu verleiten. Man einigte sich dahin, in der folgenden Nacht diese gemeinsam zu überfallen und zu vernichten.
Erstürmung der Königsburg durch die Sachsen: Doch
die Sachsen erhielten Kenntnis von dem unheilvollen Plan und
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kamen ihren Feinden zuvor. Sie gingen sofort zum Angriff auf die Königsburg über. In ihrer Sicherheit halten die Thüringer unterlassen, Wachen auszustellen. Ohne irgend einen Widerstand gelang es darum den Sachsen, die Burg in der Nacht zum 1. Oktober 531 zu nehmen. Die im tiefen Schlafe liegenden Thüringer wurden entweder niedergemetzelt oder gefangen genommen. König Jrminsrid mit seiner Familie und einem kleinen Gesolge entkam dem Blutbad. An den nächstfolgenden drei Tagen feierten die Sachsen ein großes Siegesfest.
Aufteilung Thüringens: Der Kampf war durch das Ein-
greifen Der Sachsen beendet, und Theodorich mußte nun gute Miene zum bösen Spiel machen und ihnen Nordthüringen zu freiem Eigentum als Siegesbeute abtreten. Er selbst behielt alles Land südlich der Unstrut, der Helme, des Sachsgrabens bei Wallhausen und des Harzes. Die unterjochten Thüringer mußten von nun an einen jährlichen Schweinezins, man sagt 500, an die königliche Kammer zu Metz entrichten.
Untergang des Thüringer Königshauses: Wohl war Jr-minsrid mit den Seinen entkommen, aber Theodebert, Theodorichs Sohn, lockte ihn ins Frankenland, und hier soll er durch einen Sturz von der Stadtmauer, an dem jener wohl nicht ganz unschuldig war, getötet worden sein. Amalaberga dagegen war mit ihren Kindern nach Italien zu ihrem Bruder geflohen. Ihr Sohn Amalafrid kam später nach Konstantinopel und wurde Feldhauptmann im Heere des oströmischen Kaisers Jnstinian, der ihn sehr hoch schätzte.
Berthar, der dritte Sohn König Bisinos, hat zu seinem Bruder Jrminsrid sicher in einem freundschaftlichen Verhältnis gestanden. Zwar berichtet die Sage, daß dieser ihn aus dem Wege geräumt habe. Doch ist diese Angabe eben sagenhaft; denn Radegunde, die Tochter König Berthars, könnte doch nicht in einem Gedichte, das der römische Dichter Fortnnatns in ihrem Aufträge niederschrieb, den Untergang des Hauses ihres Oheims mit folgenden Worten beweinen:
„Nimmer vermag ich in fremdem Gebiet nach Gebühr zu beweinen Unser Geschick; der Schmerz löste zu Tränen mich auf.
Jeglichen hab' ich beweint, ich allein; denn es wurde des Ganzen Unaussprechliches Leid einzig mir Aermsten zuteil.
Günstiger fiel den Männern das Los, sie sanken im Kampfe;
Ich, die einzige, blieb, sie zu beklagen, zurück."
Berthar ist gefallen im Streit, möglicherweise sogar in der Schlacht an der Oker, fechtend an der Seite seines Bruders. In dieser Schlacht wurde Radegunde von den Franken gefangen genommen und samt ihrem Bruder dem König Chlotar als Beute zugesprochen. Dieser ließ sie in sein Reich führen und nahm sie später zur Gemahlin. Sie starb 587 zu Poitiers in Frankreich.
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stärker an Zahl; aber die Römer waren durch ihre Kriegskunst und ihre bessere Bewaffnung überlegen. Die Deutschen wurden besiegt und flohen über den Rhein. Ariovist suhr in einem Schifflein über den Strom, und niemand hat mehr etwas von ihm vernommen.
3. Hermann, der Befreier Deutschlands.
Nach der Besiegung des Ariovist eroberte Julius Cäsar innerhalb acht Jahren ganz Gallien. Der Kaiser Augustus
wollte auch Deutschland der römischen Herrschaft nnterwersen. Darum schickte er seine Stiefsöhne Tiberins und Drusus mit gewaltigen Heeren über den Rhein. Drusus rückte bis zur Weser vor: hier soll ihm eine Frau von übermenschlicher Größe erschienen sein, die ihm seinen Tod voraussagte und ihn zum Rückzug bewog. Ans dem Rückwege stürzte er mit seinem Pferde und starb, bevor er den Rhein erreichte.*) Im Ansang zeigten sich die Römer, insbesondere Tiberins, sehr sreundlich gegen die unterworfenen Deutschen und behandelten sie wie Bundesgenossen. Dadurch ließen sich viele Deutsche zum Eintritt in das römische Heer bewegen, nicht nur gemeine Leute, sondern auch Jünglinge aus den vornehmsten Familien.
Die freundliche Behandlung erreichte ihr Ende, als Qninti-lius Varus Statthalter in Deutschland wurde. Varus war ein hartherziger und habgieriger Mann. Er nahm seinen Sitz in einem festen Kastell an der Weser, nicht weit von Minden. Die Deutschen wurden von ihm schwer mißhandelt; Varus wollte sie sogar zwingen, die deutsche Muttersprache abzulegen und die römische Sprache anzunehmen. Darüber wurden die Deutschen sehr erbittert; aber sie vermochten nichts wider Varus; denn dieser gebot über ein mächtiges Heer.
In dieser Not brachte der Cheruskersürst Hermann Rettung. Er hatte bisher mit andern vornehmen Jünglingen seines Stammes im römischen Heere gedient und die römische Kriegskunst erlernt. Varus hielt ihn wert, weil er glaubte, er sei den Römern ergeben. Vor allen seinen Stammesgenossen zeichnete sich Hermann durch Krast und Schönheit des Leibes, durch Vaterlandsliebe, Klugheit und Tapferkeit aus. Er beschloß, sein Vaterland von der Herrschast der Römer zu befreien. Auf feinen Antrieb schwuren die Cherusker und andere deutsche Stämme zusammen, daß sie alles aufbieten wollten, um das Vaterland zu befreien.
Hermann getraute sich nicht, Varus in seinem feften Kastell anzugreifen; darum nahm er seine Zuflucht zu einer List. Auf feine Anordnung geschah es, daß ein Volksstamm, der an der
') Vergl. im Anhang das Gedicht: Drusus' Tod.
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Extrahierte Personennamen: Hermann Julius_Cäsar Cäsar Augustus Varus Varus Varus Varus Hermann Varus Hermann Hermann Varus
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Deutschlands Gallien Deutschland Rhein Rhein Deutschland Minden