C. Das Römerrcich.
85
des Jahrtausend geschafft und gehandelt hatten, weideten fortan römische Scla-
ven die Heerden ihrer fernen Herren." Nach Beendigung des Zerstörungswer-
kes wurde das unterworfene Gebiet zur Provinz Afrika gemacht.
6) Römische Cultur und Sitten.
§. 125. Die Bekanntschaft der Römer mit Griechenland war für Bildung,
Sitten und Lebensweise höchst folgenreich. Die aus den eroberten Städten weg-
gesührten Werke griechischer Kunst und Literatur erzeugten in dem edlern und
empfänglichern Theil der Nation Geschmack für Bildung und weckten neue Gefühle.
Eine mächtige Partei, die Scipionen , Marcellus, F l a m i n i n u s u. A. an
der Spitze, begünstigte hellenische Weisheit, Poesie und Kunst, hegte und unter-
stützte griechische Gelehrte, Dichter und Philosophen und suchte mit den Kunst-
schätzen auch Geist und Sprache des besiegten Volks nach Rom zu verpflanzen.
Unter dem Schutze der Scipionen dichteten römische Dichter nach griechischen Vor-
bildern. So die Komödiendichter Plautus und Derentius, welcher letztere bei
seinen Arbeiten von dem jüngern Scipio und dessen Freund Lalius unterstützt
worden sein soll. Von Plautus besitzen wir noch zwanzig, von Terentius noch
sechs Stücke, die von neuern Dramendichtern häufig nachgebildet wurden. Da jedoch
der Sinn der Römer ganz auf das Praktische, aus Kriegswescn, Staats-
verwaltung und Rechtspflege gerichtet war, so konnte die geistige Bildung
nie zu solcher Höhe gelangen als bei den Griechen; auch fand das Volk mehr Ge-
schmack an sinnlicher Schaulust, an rohen Fechterfpielen und Thierkämpfcn als an
geistigen Erzeugnissen. —Doch nicht bloß Kunst und Literatur entlehnte man;
auch die Eleganz und Verfeinerungen in den häuslichen Einrichtungen, den Lurus
und die Verschwendung in Kleivung und Mahlzeiten, die Glätte und Abgcschlissen-
heit im geselligen Verkehr, die Sinnengenüffe und üppigen Lebensfreuden nahm
man von den griechischen und morgenländischen Völkern an. Mit den Reichthümern
und der Cultur erbten die Sieger auch die Lüste und Laster der unterjochten Völker.
Da hiedurch die altväterlichen Sitten, Zucht, Einfachheit, Mäßigkeit und Abhär-
tung bedroht wurden, so nur eine Gegenpartei, an ihrer Spitze Porrius Cato,
den Neuerungen ernstlich entgegen. Die Strenge, womit dieser merkwürdige Mann
als Censor die neue Richtung bekämpfte, hat seinen Namen zum Sprichwort ge-
macht. Auf sein Zuthun wurden die griechischen Philosophen aus Rom ver-
bannt, die Redner sch ulen geschlossen, die unsittlichen Bacchusseste und andere
der Fremde entlehnte Religionsgebräuche untersagt, die Scipionen als Sittenver-
derber bestraft und Gesetze gegen Schwelgerei und Prunksucht erlassen. Und um der
neuen Literatur entgegen zu wirken, verfaßte er selbst Schriften über den Land-
b a u, aus dem Roms alte Größe beruhte, und über die a lt i t a l i s ch e n Völker-
ichasten, deren Einfachheit und Sittenreinheit er der beginnenden Entartung sei-
ner Zeit entgegenftellcn wollte. Aber das Beispiel Cato's, der in seinem hohen
Alter noch Griechisch lernte, beweist, daß strenge Anhänglichkeit an das Alte und
Herkömmliche den neuen vorwärts eilenden Bestrebungen immer erliegt.
Iii. Roms Entartung.
I . Itumantia. Tibcrius und Casus Gracchus.
§. 126. Je mehr das römische Reich an Umfang zunabm, desto mehr
schwand der Heldensinn, die Bürgertugend und das Vaterlands-
gefühl, welche Roms Größe begründet hatten. Aus den Reichen und Vor-
Plautus
+ 184.
Terentius
+ 154.
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131
Die Karolinger.
Waffenübung; Ackerbau und Viehzucht überließen sie den Sclaven. Treue war
ihre hervorragendste Tugend und die Liebe zur Dichtkunst die einzige zarte Re-
gung der rauhen Männer. In schwermüthigen Heldenliedern und Sagen
priesen ihre Sänger (Skalden) die Großthaten der Altvordern. Die berühm-
teste Sammlung solcher Götter- und Helvengesänge führt den Namen Edda,
d. i. Weisheit, und zwar in einer jüngern und ältern Abfassung. Obschon
Ansgar, Bischof von Hamburg, bereits im 9. Jahrhundert in den skandina-
vischen Reichen mit großem Eifer das Evangelium verbreitete, so dauerte es
doch noch zwei Jahrhunderte, bis das Christenthum den Odinscultus vollstän-
dig verdrängte.
§. 207. Am meisten hatte England unter den schwachen Nachfolgern
Egberts (§. 185.) von den Dänen zu leiden. Sie plünderten die Küsten und
Flußgestade und zerstörten die christlichen Kirchen. Selbst Alfred der Große der Große
wurde von ihnen auf einige Zeit vom Thron gestoßen, bis es ihm nach lan-
gem Umherirren durch List, Tapferkeit und Wachsamkeit gelang, ihren Einfäl-
len ein Ende zu machen. Mehrere zum Christenthum bekehrte Schaaren der-
selben durften sich in N orthum berland niederlassen. Hierauf widmete Al-
fred seine Kraft der innern Ausbildung des Volks. Gleich Karl dem Großen
theilte er das Land in Gemeinden und Gaue und setzte, als Leiter des G e-
richtswesens, Grafen und Aldermen darüber; er gründete Kirchen
und Schulen, ließ die angelsächsischen Heldenlieder sammeln und übersetzte die
Schriften des Boethius u. A. (§. 182). Bei wichtigen Angelegenheiten zog
er den aus Edelleuten bestehenden Reichstag, W it ena g em o t, zu Rathe.
Selbst Muster sittlicher Ordnung in seiner Lebensweise, gewöhnte Alfred auch
sein Volk an Häuslichkeit und regelmäßige Thätigkeit. Als aber unter seinen
Nachfolgern die angelsächsische Bevölkerung durch eine schreckliche Blutthat in
der St. Brieeius nacht viele Tausende der Dänen in Northumberland er-
mordete, fing Tuender Glückliche, König von Dänemark und Norwegen,
die Raubzüge von Neuem mit solchem Erfolg an, daß sein Sohn Kanut berbcfäe
Große die englische Krone mit der dänischen und norwegischen vereinigte. Er
regierte weise und gerecht. Nach seinem und seinersöhnetod gelangte Eduard Eduard
der Bekenner, ein Sprößling der alten Königsfamilie, wieder auf den Thron. Bonner
Dieser hatte sich während der Fremdherrschaft längere Zeit in dern orm and i eiom—
ausgehalten und Liebe für die französtsch-normännischen Sitten eingesogen. Er 1066‘
begünstigte daher während seiner Regierung das Fremde auf Kosten des Ein-
heimischen und setzte, wie es heißt, bei seinem kinderlosen Absterben Herzog
Wilhelm von der Normandie zum Thronerben ein. Die Nation sträubte
sich und wählte den ritterlichen Harald zum König. Aber durch die Schlacht io«6.
von Hastings, in welcher Harald und die Blüthe des angelsächsischen Adels
die Wahlstatt („Battle") deckten, wurde Wilhelm der Eroberer Herr von
England, wo er mit großer Härte einen neuen Zustand begründete. Er berei-
cherte seine normännischen Ritter und Waffenbrüder, die der Abenteuergeist und
Thatendrang der Zeit unter seine Fahne gelockt, mit den Gütern der angelsäch-
sischen Grundherren, führte französische Sprache und normännisches Recht ein
und ertheilte die einträglichsten Kirchenämter seinen Freunden. So änderte eine
einzige Schlacht alle Verhältnisse. Aber aus der Mischung der verschiedenen
Volkselemente mit ihren Rechten und Gesetzen, ihren Sitten und Gewohnhei-
ten, ihrer Sprache und Poesie entwickelte sich mit der Zeit ein lebenskräftiges
Nationalganzes.
§• 208. Kurz zuvor hatte sich Robert Guiscard („Schlaukopf"), ein nor- 1060-
männischer Edelmann, durch Tapferkeit und List des größten Theils von
9*
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Extrahierte Personennamen: Ansgar Karl_dem_Großen Karl Alfred Eduard_Eduard Eduard Eduard Wilhelm Harald Harald Wilhelm Robert_Guiscard
Extrahierte Ortsnamen: Hamburg Odinscultus England Northumberland Norwegen England
177
Spanien und Portugal.
Krieg überzog, wurde am Hügel vonflodden das schottische Heer aufs lgl3
Haupt geschlagen. 10,000 Streiter, darunter die Häupter der edelsten Fami-
lien, deckten das Schlachtfeld; den Leichnam des Königs fand man des andern
Tages unter einem Haufen erschlagener Edelleute, die den Fall ihres geliebten ^
Führers nicht überleben wollten. Unter seinem minderjährigen Sohne Ja - ^3_
eobv. wurde das Land von politischer und religiöser Parteiwuth zerrissen, 1342.
wobei alle Leidenschaften ungebändigt walteten und ein Zustand der Verwil-
derung und Gesetzlosigkeit eintrat.
tz. 279 0. Irland. Heinrich Ii. war der erste König, welcher die von
dem Papst der Krone England verliehene Insel Irland zu erobern unternahm.
Aber diese Eroberung hatte so geringen Fortgang, daß während des ganzen
Mittelalters blos die Hauptstadt Dublin mit der Umgegend Englands Ober-
hoheit anerkannte. Blutige Kriege, die von dieser Zeit an das Land zerrissen,
zerstörten in „grün Eiland" die poetische Cultur der gaelischen Vorzeit wie die
christliche Begeisterung des 7. und 8. Jahrhunderts. Einheimische Häuptlinge,
Könige genannt, lagen in unaufhörlichen Kämpfen mit einander und mit den
englischen („sächsischen") Eroberern und hemmten die Entwickelung des Bür-
gerstandes zur Industrie und Betriebsamkeit. Ritterliche Großthaten und
Abenteuer, ein romantisches Kriegs- und Jagdleben der Edelleute füllen die
Annalen der irischen Geschichte des Mittelalters; das Volk blieb unfrei und
ohne Bildung der Bedrückung des Adels und der Leitung der Geistlichkeit hin-
gegeben. Bürgerliche Ordnung und Herrschaft des Gesetzes waren unbekannte
Dinge. Selbst die von den folgenden Königen bewerkstelligte Ansiedelung eng-
lischer Edlen in Irland führte zu keiner Vereinigung. Denn diese mit der Zeit
zu Irländern gewordenen „Engländer von Geblüt" nahmen zuletzt Sprache,
Sitten, Lebensweise, ja Tracht und Namen von den Besiegten an und wider-
setzten sich so hartnäckig der Germanisirung und Civilisirung der Insel, daß
dadurch das Mutterland, „die Engländer von Geburt", ihre Waffen auch ge-
gen diese richteten. Der Haß der Engländer gegen ihre entarteten Landsleute
machte die Kriege immer blutiger, steigerte die Verwilderung des Jnselvolks
und vergrößerte die Spaltung und den Nationalhaß zwischen Eroberern und
Eroberten.
3. Spanien und Portugal.
t§. 280. Mehrere Jahrhunderte hindurch bestanden die Königreiche Ara-
gonien, Castilien und Portugal (§. 196.) in getrennter Selbständigkeit ne-
den einander. Das erste suchte sich nach Osten auszudehnen, indem es nicht
blos die Küstenländer Catalonien, Valencia und Murcia und die
spanischen Inseln Malorca und Minorca erwarb, sondern auch zeitweise .
Sardinien und Sicilien unterwarf und unter Alfons V. sogar das Kö-^6-
nigreich Neapel eroberte; Castilien dagegen vergrößerte sich nach Süden,
indem es durch glückliche Kriege gegen die Mauren Cordova, Sevilla
und Cadir an sich brachte. Diese Kämpfe waren von dem größten Einfluß
auf die Geschichte und den Charakter der spanischen Nation. 1. Sie erzeugten
Kriegslust und einen ritterlichen Sinn und bewirkten, daß das spanische Volk
an Kampf und Waffen, an Turnier und Ritterwesen, an romantischer Dich-
tung und Gesang Wohlgefallen fand. 2. Sie erhielten den Religionseifer und
begründeten die geistliche Uebermacht, die in Spanien stets heimisch blieb.
3. Sie weckten Freiheitsgefühl und Selbstvertrauen im Volke, daher die spani-
schen Stände, die auf regelmäßigen Reichstagen (Cortes) zusammen-
Weber, Weltgeschichte. 5. Aufl. 4 2
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272
Die neue Zeit.
1676—
1682.
Peter der
Große
1689—
1725.
Roma- stand ihnen im Osten, seitdem die Russen unter dem Herrscherhaus Rvma-
Negcmen-Uow sich geeinigt und gestärkt hatten und nun anfingen, ihre Grenzen nach allen
h"us von Richtungen auszudehnen. Dies geschah besonders unter A lerei Romanow und
173». seinen beiden Söhnen F e o d o r und Peter. Alerei erwarb Smolensk und S e -
1645-76 Ücr^cn/ brachte die streitbaren, wohlberittenen Kosaken zur Anerkennung der
Feodvr russischen Oberhoheit und beförderte die Cultur und Betriebsamkeit des Landes;
Feodor aber wurde der Schöpfer der u n u m sch r ä n k t e n Z a a r e n g e w a l t, in-
ven: er die Geschlechtsregister vernichtete, worauf die Adelsfamilien ihre An-
sprüche gründeten.
h. 419. Peter der Große. Was seine Vorgänger begonnen führte Pe-
ter der Große zur Vollendung. Auf großen Reisen durch die europäischen
Länder machte sich Peter mit den Einrichtungen gebildeter Völker und mit den Vor-
theilen eines geordneten Staatswesens bekannt; dadurch gewann er Liebe zur Cultur
und richtete sein ganzes Bestreben dahin, das russische Reich aus einem asiatischen,
wie es bisher gewesen, in einen europäischen Staat umzuwandeln. Zu dem Zweck
beförderte er die Einwanderung ausländischer Handwerker, See-
leute und Offiziere nach Rußland, unbekümmert um den Fremden haß
seiner Landsleute; und um selbst Mitwirken zu können, machte er sich in Holland
und England mit der Schiffsbaukunst vertraut und nahm Einsicht von den Werk-
stätten der Künstler und Handwerker, von Mühlen, Dämmen, Maschinen u. dgl.
Ein Aufstand der Strelitzen, hervorgerufen durch die Erbitterung über die
Neuerungen und die Fremdlinge, wurde unterdrückt und von dem Kaiser zur Um-
wandlung des Heerwesens nach europäischem Muster benutzt. Durch die
furchtbare Bestrafung der Schuldigen, wobei das Hängen, Rädern, Enthaupten
Wochen lang andauerte und der Zaar selbst Hand anlegte, bewies aber Peter, daß
die Bildung nicht in sein Herz gedrungen. Trotz seines Strebens, der europäischen
Cultur in seinen Staaten Eingang zu verschaffen und trotz seiner europäischen
Tracht, die er allen seinen Unterthanen gebot, blieb er in Sitten, Denkungsart
und Herrscherweise ein Barbar, dem Branntweintrinken ergeben, roh in seinen Be-
gierden und wüthend im Zorn.
§.420. Polen un ter Friedrich August dem Starken. Während
sich Rußland hob und befestigte, ging Polen, durch seine wilde und ungeordnete
Freiheit immer mehr seinem Verfall entgegen. Als der kriegskundige König I o -
Hann Sobieski sh. 406.) gestorben war, erhob sich ein heftiger Wahlkampf,
aus dem endlich der Kurfürst von Sachsen Friedrich August, ein durch seine
Körperstärke wie durch seine Galanterie und Prachtliebe bekannter Fürst, als Sieger
:697. ^ hervorging. Er wurde zum Kö n i g v on P o le n ausgerufen, nachdem er zuvor
zur katholischen Kirche übergetreten. Aber der polnische Adel, der allein
staatsbürgerliche Rechte besaß, indeß der Bauer in harter Leibeigenschaft schmachtete
und der Bürgerstand sich aus seiner untergeordneten Stellung nicht emporzuarbeiten
vermochte, hatte die Königsgewalt bereits so geschmälert, daß der Staat die Form
einer Adelsrepublik erhielt, in welcher das gewählte Oberhaupt nicht viel mehr
als der Vollstrecker der Reichstagsbeschlüsse war.
^897^!' §• 421. Als Karl Xii. in einem Alter von 16 Jahren den schwedischen
i7i8. Thron bestieg, glaubten die Beherrscher von Rußland, Polen und Däne-
mark den Zeitpunkt gekommen, Schweden seiner eroberten Länder zu berauben.
Der russische Zaar Peter der Große wünschte festen Fuß an der Ostsee zu
fassen; derpolnische Wahlkönig Friedri ch August Ii. (derstarke), Kur-
fürst von Sachsen, trachtete nach dem Besitz von Livland und der dänische König
Friedrich Iv. suchte Schleswig dem Herzog von Holstein-Gottorp,
einem Schwager Karls Xii., zu entreißen. Sie schlossen daher unter Vermittlung
1696.
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Extrahierte Ortsnamen: Rvma-
Negcmen-Uow Smolensk Holland England Polen Hann_Sobieski Sachsen Polen Schweden Ostsee Sachsen Livland Karls
274 Die neue Zeit.
*
Heeres sich begnügte; Sommer und Winter trug er dieselbe unzierliche Klei-
dung — einen langen mit Messingknöpfen versehenen Soldatenrock und große
Reiterstiefel; auf Märschen und im Kampf unterzog er sich den größten Be-
schwerden, Entbehrungen und Gefahren; weiblichen Umgang mied er; nur
das Kriegsleben mit seinen Gefahren hatte für ihn Reiz, das Getöse der
Schlacht, das Pfeifen der Kugeln, das Wiebern der Streitrosse ging ihm über
Opern, Hoffeste und Coneerte.
§. 423. Während Karl Xii. in Polen und Sachsen verweilte, traf Peter
der Große Anstalten, die schwedischen Besitzungen an der Ostsee zu unterwer-
fen und dem russischen Reiche beizufügen. Er erbaute die Festungen Schlüs-
selburg und Kronstadt, ließ die morastigen Niederungen an der Newa mit
unsäglicher Mühe durch Leibeigene austrocknen und legte den Grund zu der
1703. neuen Residenzstadt Petersburg. Aus Moskau und andern Städten mußten
Edelleute, Kaufleute und Handwerker mit ihren Familien dahin übersiedeln;
auch Ausländer wurden zur Einwanderung aufgemuntert. Hätte Karl Xii.,
als er endlich Sachsen verließ, um seine Waffen gegen seinen letzten und mäch-
tigsten Feind zu kehren, die Ostseeländer zum Kriegsschauplatz gewählt, so
konnten leicht Peters neue Schöpfungen und Pläne vernichtet werden, aber zu
seinem Glück beschloß Karl auf Moskau loszurücken und in das Herz von
Rußland zu dringen. Er nahm Grodno und Wilna weg, setzte im Juni
1708. über die B erezin a und schlug den Weg nach Smo l ensk ein. Kein russi-
sches Heer bestand vor dem tollkühnen König, der an der Spitze seiner tapfern
Truppen Flüsse durchwatete und weglose Morastgegenden überschritt. Jetzt aber
trat ein Wendepunkt in Karls Leben ein. Statt seinen Feldherrn Löwen -
Haupt, der mit frischen Truppen und mit Kleidung und Nahrungsmitteln für
das ermattete Heer auf dem Wege zu ihm war, abzuwarten, ließ er sich durch
den alten Kosakenhauptmann Mazeppa zu einem beschwerlichen Marsch in
die waldige und steppenreiche U kr a i n e bereden. Löwenhaupt, von der russischen
Uebermacht angegriffen, vermochte trotz seines ausgezeichneten Feldherrntalents
nur nach Aufopferung aller Artillerie, alles Gepäcks und aller Vorräthe mit
einem geringen Heer den rastlos forteilenden König zu erreichen. Auf die herbst-
1708-9. lichen Regengüsse folgte ein äußerst harter Winter, während dessen viele der
abgehärteten Krieger der Kälte erlagen, Tausenden Hände und Füße erstarrten.
Endlich schritt Karl zur Belagerung der festen Hauptstadt Pultawa; aber bei
dem Mangel an Geschütz zog sich dieselbe in die Länge, bis Peter selbst mit
s großer Heeresmacht an kam. Nun ereignete sich die Schlacht bei Pultawa,
1709. ' wo das schwedische Heer gänzlich geschlagen wurde, alles Gepäck und die reiche
Kriegskasse in die Hände der Feinde siel und die überlebenden Führer und
Soldaten in russische Gefangenschaft geriethen. Karl Xll. wurde aus dem stol-
zen Ueberwinder dreier Könige ein hülfloser Flüchtling, der sich nur durch die
angestrengteste Flucht in einer obdach- und nahrungslosen Steppe mit etwa
2000 Begleitern auf das türkische Gebiet rettete. Löwenhaupt sammelte den
Rest der Flüchtigen, da aber bei dem Mangel an Nahrung und Geschütz kein
Rückzug möglich war, so ergab er sich mit 16,000 Mann. Keiner der tapfern
Krieger sah die Heimath wieder; sie wurden in dem weiten Reiche zerstreut und
starben theils in den Bergwerken Sibiriens, theils als Bettler auf den Land-
straßen. So wurde das heldenmüthige Heer, gleich bewunderungswürdig im
Dulden wie im Handeln, vernichtet.
§. 424. Karl Xii. wurde von den Türken ehrenvoll ausgenommen und
großmüthig behandelt. In seinem Lager vor Bender lebte er als Gaftfrennd
1710. tzxz Sultans in königlicher Weise. Aber der Gedanke als Besiegter ohne Heer
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Extrahierte Personennamen: Karl_Xii Karl Peter
der_Große Karl_Xii Karl Peters Karl Karl Karls Karl Karl Peter Karl_Xll Karl Karl_Xii Karl Bender
1722,
Katharina
1.1725—
1727.
Peter Ii.
1727-30.
Anna
1730—
1740.
Elisabeth
1741—
1762.
276 Die neue Zeit.
kleinen Theil von Pommern, preisgab, war der Anfang der selbstsüchtigen,
um des Landes Ehre und Wohlfahrt unbekümmerten Adels Herrschaft.
§. 426. Während Schweden erschöpft und gebrochen aus dem Kampfe
hervorging, stieg Rußland zur europäischen Großmacht empor. Die
Erwerbung der schwedischen Provinzen Jngermanland, Est hl and und
Livland, wozu nach einigen Jahrzehnten noch Kurland kam, wurde für
Rußland der Anfang einer neuen Zeit. So lange Moskau die Hauptstadt
gewesen, war der Blick der Zaaren mehr nach Asien gerichtet, mit dessen Be-
wohnern und Sitten die Russen mehr Verwandtschaft hatten als mit den euro-
päischen; aber seitdem P e terö bu rg, das der abendländischen Cultur näher
lag, Sitz der Regierung geworden und durch großartige Anlagen und Bau-
werke in Aufschwung gekommen, wurde Rußland ein europäisches Reich. —
Die rastlose Thätigkeit des großen Kaisers führte eine gänzliche Umgestaltung
herbei. Handel und S ch ifffahrt wurden durch Anlegung von Landstraßen,
Kanälen und Seehäfen gefördert; die innere Betriebsamkeit, Gewerbe, Ma-
nufacturen, Bergbau erfreuten sich besonderer Begünstigung, ja selbst
für Gelehrsamkeit und höhere Bildung wurde durch Gründung einer Akade-
mie der Wissenschaften gesorgt. Auch die Verwaltung und Polizei er-
hielt eine neue Gestalt nach Art der übrigen unumschränkten Staaten, so daß
die Fürftenmacht gehoben, die Macht der Evelleute (Bojaren) gemindert
wurde. Eine der folgenreichsten Neuerungen Peters des Großen war die Auf-
hebung der Patriarchenwürde und die Errichtung der heiligen Sy-
node als oberster Kirchenbehörde, welcher der Kaiser Verhaltnngsbefehle er-
theilte.
§. 427. Als Peter auf solche Weise sein Reich umgestaltet, bemerkte er
mit Kummer, daß sein einziger Sohn Alerei den Neuerungen abhold sei, sich
blos mit Freunden deö alten Zustandes umgebe und den Vorsatz hege, seine
Residenz einst wieder nach Moskau zu verlegen. Umsonst suchte der Kaiser den
störrischen und trotzigen Geist des Sohnes zu beugen und ihn der europäischen
Cultur zu befreunden; Alerei blieb bei seinem Sinn und entwich endlich aus
dem Reich. Da ließ ihn Peter, besorgt um den Fortbestand seiner Einrichtun-
gen, verhaften, in die Heimath zurückbringen und zum Tode verurtheilen. Ob
Alerei hingerichtet ward, oder vor der Vollstreckung des Urtheils starb, ist strei-
tig. Eine Ukase gab alsdann die Bestimmung der Thronfolge dem Willen des
regierenden Kaisers anheim. Nach Peters Tod folgte ihm seine Gemahlin
Katharina I. in der Regierung. Unter ihr und ihrem Nachfolger Peter Ii.
übte Menzikoff, der vom niedrigsten Stande zum Günstling des Kaisers
und allmächtigen Minister emporgestiegen, den größten Einfluß auf die Regie-
rung. Aber in dem Augenblicke, wo er seine Tochter mit dem jungen Kaiser zu
vermählen gedachte, wurde er gestürzt und endete seine Tage in sibirischer Ver-
bannung. Peters Ii. Nachfolgerin Anna wendete ihr Vertrauen den beiden
thatkräftigen Deutschen Ostermann und Münnich zu, von denen jener dem
Kabinet Vorstand, dieser das Kriegswesen leitete und umgestaltete. Allein so-
wohl diese beid^als Anna's Günstling Wir on, dem nach ihrem Tode die Re-
gentschaft zufallen sollte, wurden nach Sibirien verwiesen, als Peters des
Großen jüngste Tochter Elisabeth durch eine Palastrevolution auf den
Thron gehoben ward. Der einjährige Iwan, den Anna zu ihrem Nachfolger
ernannt hatte, wurde in den Kerker geworfen, wo er in thierischer Art ohne
allen Unterricht heranwuchs. Elisabeth ergab sich einem wollüstigen, sittenlo-
sen Leben und überließ die Regierungthren Günstlingen.
§. 428. Unter Friedrich August dem Starken drang die in Dresden
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Extrahierte Personennamen: Katharina
1.1725— Peter_Ii Elisabeth Peter Peter Peters Katharina_I. Peter_Ii Anna Ostermann Anna Elisabeth Friedrich Friedrich August
Extrahierte Ortsnamen: Pommern Schweden Livland Kurland Moskau Asien Moskau Sibirien
306
21. Juli
1774.
1783.
Zweiter
Türkcn-
krieg
1787-92.
17. Dec.
1788.
22. Dec.
1790.
3 Mai
1791.
Januar
1792.
Neueste Geschichte.
Dadurch kam das polnische Preußen sammt dem Netzdistrikt und den
fruchtbaren Gegenden an der Weichsel (Elbing, Marienburg, Culm u. a. O.)
an Preußen, Galizien mit den reichen Bergwerken von Wielicza anoest-
reich und die Länder an der Düna und am Dnepr an Rußland. Die Errich-
tung eines „immerwährenden Raths", der ganz unter russischem Einfluß
stand, entriß dem König den letzten Rest von Herrschermacht. Von dem an
war der russische Gesandte in Warschau der eigentliche Gebieter der polnischen
Republik. — Bald nachher erlangte Rußland durch den Frieden vonkud-
schuck Kain ardsche mit der Pforte die freie Durch fa hrt durch die Dar-
danellen und die Schutzherrschaft über die Moldau und Wallachei und
über die Halbinsel Krim.
§. 468. Rußlands Eroberungssucht war damit nicht gesättigt. Nach
einigen Jahren wurde der Khan der Tartaren zur Niederlegung seiner Würde
gebracht, woraufp otemkin die Krim nach schrecklicher Verwüstung eroberte
und mit den übrigen Ländern am schwarzen Meer zu einem Gebiet vereinigte,
das den alten Namen Taurien erhielt. In die menschenleeren Steppen rief
man Kolonisten aus Deutschland, die Handelsstädte Cherson und Odessa
erhoben sich und ein äußerer Schein von Cultur blendete die Welt. Aber das
Glück und der Wohlstand der Einwohner verschwand mit derfreiheit; die einst
glänzenden Zeltstädte sind zu Zigeunerlagern geworden und die steinernen
Häuser und Paläste in Trümmer zerfallen. Die drohende Nähe Rußlands
machte die Pforte besorgt. Es währte nicht lange, so entstand ein zweiter
furchtbarer Land- und Seekrieg zwischen den Russen und Türken. Kaiser Jo-
seph schloß sich den erstern an, um an den Eroberungen Theil zu nehmen. Auch
diesmal begleitete der Sieg die russischen Heere und ihre schrecklichen Führer.
Mitten im Winter erstürmte Potemkin das feste O czakow, nachdem er die
Laufgräben mit Blut und Leichen gefüllt, und der tapfere Suwar o sf eroberte
unter ähnlichen Gräueln die Festung Jsmael. Den Russen stand der Weg
nach Konstantinopel offen, und der Name von Katharina's zweitem Enkel
„Konstantin" wurde auf die geheime Absicht der Kaiserin gedeutet, einen
christlichen Fürsten in die byzantinische Hauptstadt einzuführen. Diese Ver-
größerungssucht Rußlands machte die übrigen Staaten besorgt. England
und Preußen nahmen eine drohende Haltung an; Gustav Iii. von Schwe-
den bekriegte die Russen zu Wasser und zu Land (§. 462.) und Polen glaubte
den günstigen Zeitpunkt gekommen, sich dem gebieterischen Einflüsse Rußlands
zu entziehen und wieder staatliche Selbständigkeit zu erringen. Im Bunde mit
Preußen lösten die Polen den „immerwährenden Rath" auf, verwandelten ihr
Wahlreich in ein Erbkönigr eich und gaben sich eine co nstitutione lle
V erfassung mit zwei Kammern und genauer Trennung der drei Gewal-
ten, der ausübenden, gesetzgebenden und richterlichen.
§. 469. Diese zeitgemäße Verfassung, das Werk vaterländisch gesinnter
Männer, wurde von ganz Europa mit Beifall begrüßt. Der König beschwor
sie; Friedrich Wilhelm ll. ließ seinen Glückwunsch darüber aussprechen, selbst
Katharina verbarg ihren Aerger. Ein neuer Geist schien über die Nation ge-
kommen. Aber Parteisucht und Eigennutz zerstörten das gute Werk. Viele
Großen waren mit der Aenderung unzufrieden; es bildete sich eine Partei zur
Erhaltung der polnischen „Freiheit", wie sie in ihrer Verblendung die alte Ver-
fassung nannten, und rief den Schutz der Kaiserin an. Diese hatte gerade um
dieselbe Zeit mit der Pforte den Frieden von Jassy geschlossen und ergriff
nun mit Freuden die Gelegenheit, ihre Heere an die Grenze rücken zu lassen.
Im Vertrauen auf diesen Beistand schloß die russisch-gesinnte Partei die Eon-
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Extrahierte Personennamen: Wielicza Gustav_Iii Gustav Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Katharina
Extrahierte Ortsnamen: Elbing Marienburg Galizien Warschau polnischen
Republik Deutschland Cherson Odessa Konstantinopel England Polen Polen Europa
Einleitung.
1. Die ersten Menschen.
§. 1. Nachdem Gott im Anfang Himmel und Erde geschaffen, den Him-
mel mit Sonne, Mond und Sternen geschmückt, dieerde mitpflanzen bekleidet
und mit Thieren belebt hatte, schuf er nach seinem Bilde den Menschen,
die Krone der Schöpfung, und bestimmte ihn durch Verleihung der Vernunft
und Sprachfähigkeit zum Herrn des Erdbodens. Ohne Fehl, erzählt uns die
heilige Schrift, ging das erste Menschenpaar aus der Hand des Schöpfers
hervor und lebte in Unschuld und Kindlichkeit an seinem ursprünglichen Wohn-
orte, dem Paradiese, bis es; von der Schlange, dem Versucher, verführt,
von dem verbotenen Baum der Erkenntnis kostete und durch diese Uebertretung
des göttlichen Gebots der unbewußten Schuldlosigkeit und des paradiesischen
Zustandes verlustig ging. — Nunmehr mußten sie und ihre Nachkommen unter
Mühe und Arbeit ihr Leben zubringen und im Schweiße ihres Angesichts ihr
Brod essen. Es erwachten die Leidenschaften und bösen Begierden und störten
das friedliche Zusammenleben; die ungestümen Triebe einer wilden, ungebän-
digten Natur stürzten die jungen Geschlechter immer tiefer in die Verirrungen
der Sünde und des Lasters, bis zuletzt eine große Wasserfluth, Sün dfluth
genannt, alle Menschen außer Noah und seiner Familie von der Erde vertilgte.
— Noah's Nachkommenschaft mehrte sich indessen bald wieder so sehr, daß die
jüngern, von seinen drei Söhnen, Sem, Ham und Japhet abstammenden
Geschlechter sich über die benachbarten Länder verbreiten mußten, weil die Hei-
math sie nicht mehr zu fassen vermochte. Da kamen sie auf den Gedanken, den
Thurmvonbabelzu bauen, dessen Spitze in den Himmel ragen und ihnen
ein stetes Erkennungszeichen sein sollte. Dieses vermessene Beginnen vereitelte
der Herr, indem er ihre Reden verwirrte und durch die Scheidung der
Sprache eine Trennung herbeisührte. Sie zogen aus nach allen vier Himmels-
gegenden, bevölkerten die Länder der drei ältesten Erdtheile: Asien, Afrika
und Europa und bildeten nach Verschiedenheit der Sprachen verschiedene
Völker und Nationen. — Mit dieser räumlichen Trennung des Menschen-
geschlechts, wie sie die heil. Schrift darstellt, mögen dann auch die körperlichen
Unterschiede entstanden sein, die man im Laufe der Zeit wahrnahm. Besonders
ließ sich in der Hautfarbe und Kopfbildung eine merkliche Verschiedenheit
erkennen, daher man die Menschen in drei Hauptstämme oder Racen, eine
weiße (kaukasische), gelbe (mongolische) und sch Warze (äthio-
pische) und in zwei Nebenstämme, eine dunkelbraune (malayische)
und eine kupferfarbige (amerikanische) geschieden hat, die jedoch nur
als Varietäten einer und derselben Gattung zu betrachten sind, da die Ein-
1*
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4 Geschichte der alten Welt.
heit des Menschengeschlechts als Art (Species) aufs Gründlichste
nachgewiesen ist.
2. Lebensweisen der ältesten Völker.
tz. 2. Nach der Verschiedenheit der Wohnsitze wählten die Menschen auch
verschiedene Lebensweisen und Beschäftigungen. Die Bewohner der
Steppen und Wüsten, wo sich nur hie und da fruchtbare Weideplätze
finden, ergaben sich dem Hirten leben und zogen als wandernde Stämme
mit ihren Zelten und Heerden von Ort zu Ort, ihren Aufenthalt nach den
Jahreszeiten wechselnd. Sie werden Nomaden genannt und ihre Hauptbe-
schäftigung ist Viehzucht. Denn die Noch lehrte die Menschen frühzeitig,
durch Zähmung der Thiere sich bessere Nahrung und Kleidung zu verschaffen
und sich in den Hausthieren nützliche Gehülsen bei der Arbeit zu erziehen.
Die Ansiedler wohlgelegener Meeresküsten entdeckten bei zunehmender Entwicke-
lung und Bevölkerung bald die Vortheile ihrer Lage. Sie trieben Schiff-
fahrt und Handel und erzielten Wohlstand und Reichthum, wodurch sie sich
zum Bau schöner Wohnhäuser und zur Anlegung von Städten aufgefordert
fühlten, indeß die Bewohner unwirthlicher Gestade ihr freudenloses Leben mit
dem Fischfang fristeten. Die in der Ebene wohnten, widmeten sich dem
Ackerbau und den Künsten des Friedens, während die rauhen, abgehärteten
Bergvölker sich der Jagd ergaben und, von ungestümem Freiheitsdrang
getrieben, an Kampf und Krieg Ergötzen fanden. — Ein mächtiger Hebel
zur Bildung des Menschengeschlechts war der Handel und der dadurch herbei-
geführte Völkerverkehr. Die Bewohner fruchtbarer Ebenen und wohlgelegener
Flußufer trieben Land- oder Binnenhandel; die Bewohner der Meeres--
küsten dagegen Seehandel. Die ausgedehnteste Gattung des Binnenhandels
ist der in Asien und Afrika heimische Karavanenhandel (§.5). Anfangs
tauschte man Maare gegen Maare (Tauschhandel); erst später kam man
auf den Gedanken, den edeln Metallen einen bestimmten Werth beizulegen
und ausgeprägte Geldmünzen zu einem künstlichen, bequemern Tausch-
mittel umzuschaffen. Die Bewohner der Städte legten sich aus Gewerbe
und Erfindungen und pflegten Künste und Wissenschaften zur Berei-
cherung und Verschönerung des Lebens und zur Ausbildung des menschlichen
Geistes.
3. Staatsformen. Kastenwesen.
§. 3. Mit der Zeit unterschieden sich die Völker in civilisirte (Cul-
turvölker) und in uneivilisirte (Naturvölker), je nachdem Anlage
und Verkehr die Ausbildung der geistigen Kräfte förderten oder Stumpfsinn
und räumliche Abgeschiedenheit dieselbe hemmten. Die uncivilisirten Völker
sind entweder wilde Horden unter der Obhut eines Häuptlings, der unum-
schränkte Gewalt über Leben und Tod besitzt, oder wandernde Nomadenge-
schlechter unter der Leitung eines Oberhauptes, welches als Vater der
Familie, die Rechte eines Fürsteu, Richters und Oberpriesters übt. Weder
diese Nomadengeschlechter mit patriarchalischen Einrichtungen, noch die
wildenstämme, die in Afrika's unbekannten Sandwüsten (Neger), inasiens
Hochgebirgen und Steppen und in Amerika's Urwäldern hausen, finden einen
Platz in der Geschichte. Diese befaßt sich nur mit den Culturvölkern, die
durch Sitten und gegenseitige Uebereinkunft(Convenienz) zum fried-
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T185: [Jagd Viehzucht Bewohner Ackerbau Jäger Fischfang Wald Fischerei Krieg Land], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Einleitung.
5
lichen Verkehr und zur bürgerlichen Gesellschaft sich verbunden haben.
— Nach der Verschiedenheit der Regierungsformen oder Verfassungen zerfallen
die Staaten in monarchische und republikanische. Monarchie heißt
ein Staat, wenn ein Einziger an der Spitze steht und das Regiment führt;
dieser Einzige hat nach dem räumlichen Umfang seines Gebiets bald den Titel
Kaiser oder König, bald die Benennung Herzog oder Fürst u.dgl.
Republik oder Freistaat (Gemeinwesen) heißt man diejenige Verfas-
sung, wo die Regierungsgewalt in die Hände einer aus mehreren Gliedern
bestehenden und durch Wahl eingesetzten Obrigkeit gelegt ist. Die republika-
nische Regierungsform ist bald aristokratisch, wenn nur einige durch Ge-
burt oder Reichthum ausgezeichnete Geschlechter dem Gemeinwesen vor-
stehen, bald demokratisch, wenn das Gesammtvolk Gesetze macht und
die verantwortlichen Leiter der Regierung wählt. — In manchen Staaten des
Alterthums war die freie Selbstbestimmung des Einzelnen durch die Kastenein-
richtung beschränkt. Darunter versteht man eine strenge Scheidung der Menschen
nach Stand und Beruf, die in fester Ordnung vom Vater auf den Sohn ver-
erben, und wobei weder eine Vermischung noch ein Uebergang aus einer in die
andere gestattet ist. Die beiden ersten Kasten umfaßten die Priester, die allein
die Kenntniß der religiösen Satzungen und Gebräuche, sowie der bürgerlichen
Gesetze besaßen und auf ihre Nachkommen over Schüler vererbten, und die
Krieger (Adel), denen die Uebung der Waffen und die Beschützung des
Landes oblag. Diese beiden Stände theilten mit dem König den Besitz der
Herrschaft und genossen mancherlei Vorrechte. Die Bauern, Kaufleute
und Handwerker bildeten die dritte Kaste, die dann wieder in mehrere Un-
terabtheilungen auseinanderging. Oft war die Kastenordnung die Folge ge-
waltsamer Eroberung, daher sich in den meisten Kastenstaaten eine unterworfene
Menschenklasse vorfand, die als Hirten ein unstetes ungeordnetes Leben führ-
ten und von den herrschenden Ständen mit großer Verachtung behandelt wur-
den. Am längsten und reinsten erhielt sich das Kastenwesen in Indien und
Aegypten.
4. Heidnisches Religionswesen.
§. 4. Bei der Zerstreuung der Menschen über den Erdboden ging der ur-
sprüngliche Glaube an den Einen wahrhaften Gott (M o n o t h e i s m u s) verlo-
ren und die Völker versanken in Vielgötterei (P olytheismus), indem
sie statt des Schöpfers dessen sichtbare Werke, besonders die Sonne mit den
himmlischen Gestirnen, anbeteten oder die in der Natur wirkenden Kräfte
und Elemente als göttliche Wesen verehrten. Nur bei dem jüdischen Volke
erhielt sich der Glaube an Einen Gott in ihrem Stammgotte Jehov ah. Die
Religionen aller andern Völker, wie verschieden sie auch waren, faßt man mit
dem Namen Heidenthum zusammen. Statt das höchste Wesen, den Schö-
pfer und Erhalter des Weltalls, als Geist sich zu denken und ihn im Geist
und in der Wahrheit anzubeten, gaben ihm die alten Völker eine menschliche
Gestalt und faßten seine verschiedenen Kräfte und Eigenschaften als besondere
Gottheiten auf, die sie auf die mannichfaltigste Weise darstellten. Man bildete
Götter aus Erz und Stein, aus Holz und Thon; man errichtete ihnen Tem-
pel und Altäre; man brachte ihnen Opfer dar, theils um ihren Zorn zu
sühnen, theils um ihre Gnade zu erflehen. Diese Opfer waren mannichfacher
Art, je nach dem Grade der Bildung eines Volks. Die Griechen und Römer
veranstalteten ihren Göttern fröhliche Feste, an denen sie die dargebrachten
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom]]
TM Hauptwörter (200): [T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]