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fänglich recht langsame Fortschritte machte. England und die Vereinigten
Staaten wandten dem neuen Verkehrsmittel ungleich größeres Interesse zu,
und so kam es, daß die Gesamtlänge der deutschen Eisenbahnen zu Anfang
der vierziger Jahre kaum den fünften Teil von der der nordamerikanischen
Union betrug. Nach und nach kam jedoch der deutsche Eisenbahnbau
etwas mehr in Fluß, wozu die fortschreitende wirtschaftliche Entwicklung
Deutschlands, besonders aber der im Jahre 1847 gegründete Verein deut-
scher Eisenbah 11 verwal tun gen beitrug; sichtbare Fortschritte machte der
Bahnbau im 5. und nach einer längeren Ruhepause im 7. Jahrzehnt,
Leider aber traten dabei häufig kommerzielle oder strategische Gesichts-
punkte in den Hintergrund, weshalb dem deutschen Eisenbahnnetz Ein-
heitlichkeit fehlt,
Mit der Gründung des Norddeutschen Bundes und der Aufrichtung des
Deutschen Reiches waren viele dem Eisenbahnbau lästige Schranken hinweg-
geräumt, und das 1873 gegründete Reichseisenbahnamt konnte nun an die
Aufgabe herantreten, das Eisenbahnwesen mehr und mehr den nationalen
Bedürfnissen des Deutschen Reiches entsprechend zu gestalten. Vieles ist
in dieser Hinsicht seit jener Zeit geschehen, vieles bleibt noch zu tun
übrig, namentlich in bezug auf Verbilhgung der Personentarife. Solange
der Plan, das gesamte deutsche Eisenbahnwesen in den Besitz des Reiches
überzuführen, nicht zur Ausführung gekommen ist, werden sich stets ein-
heitlichen und durchgreifenden Verbesserungen im Bahnwesen lästige
Schranken in den Weg stellen.
Die Gesamtlänge des deutschen Eisenbahnnetzes betrug
am Ende des Jahres 1901 52 710 km und wies damit seit dem
Jahre 1890 eine Steigerung von fast 10 000 km auf. Gegenwärtig
steht das Deutsehe Reich (s. Tabelle auf S. 143) durch die Länge
seines Eisenbahnnetzes an der Spitze aller europäischen Staaten
und übertrifft also auch das europäische Rußland, das zehnmal so
groß ist wie Deutschland und dabei eine Eisenbahnstrecke von
nur 51 409 km hat. In bezug auf Dichtigkeit des Netzes wird es
von Belgien weit, von England nur unwesentlich übertroffen.
Unter den deutschen Staaten stehen Sachsen, Baden und
Württemberg obenan; die geringste Dichtigkeit weist das
bayerische Eisenbahnnetz auf.
Zum Zwecke besserer Übersicht möge das verworrene
deutsche Netz in folgende Gruppen*) zerlegt werden:
1. Die norddeutsche Gruppe,
2. die schlesische Gruppe,
3. die sächsische Gruppe,
4. die mitteldeutschen Gruppen,
5. die süddeutsche Gruppe,
6. die oberrheinische und
7. die niederrheinische Gruppe.
*) Paiüitsche, Geographische Verkehrslehre.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß]]
Extrahierte Ortsnamen: England Deutschlands Deutschland Belgien England Sachsen Baden
— Xi —
Tromnau, Kulturgeographie des Deutschen Reiches.
Suppán, C. V., Wasserstraßen und Binnenschiffahrt.
Schwabe, Binnenschiffahrt.
Sympher, Der Verkehr auf deutschen Wasserstraßen.
Paulitschke, Philipp, Geographische Verkehrslehre.
Rasche, Emil, Produktion und Handel.
Lötz, Verkehrsentwicklung in Deutschland. 1800—1900.
Dix, Arthur, Weltwirtschaftsverkehr.
Gebauer, H., Handbuch der Länder- und Völkerkunde.
Andree-Deckert, Handels- unci Verkehrsgeographie.
Jung, E., Weltpostverein.
Jentsch, O., Unter dem Zeichen des Verkehrs.
Statistisches Jahrbuch des Deutschen Reiches, herausgegeben vom Kaiser-
lichen Statistischen Amt.
Thieß, K., Geschichtsabriß der deutschen Schiffahrt im 19. Jahrhundert.
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Sympher, Die Zunahme der Binnenschiffahrt in Deutschland von 1875 bis
1895.
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Die Woche, Heft 1. 1904.
Friedrichson, J., Geschichte der Schiffahrt.
Schünemann, C., Norddeutscher Lloyd.
Berichtigungen.
Seite 13, Zeile 20 lies acht statt neun.
„ 53, „ 4 v. u. sind Werra und Fulda zu umstellen.
„ 54, „ 15 lies Eggegebirge statt Erzgebirge.
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser]]
Extrahierte Personennamen: C._V. Philipp Philipp Emil Lötz Arthur Jentsch Schünemann Lloyd
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Fulda
— 157
3. Die Weltpost.
a. Wie hat sich die Weltpost entwickelt?
Das 19. Jahrhundert, das Zeitalter des Dampfes und der Elektrizität,
hat auf dem Gebiete des nationalen und internationalen Völker- imd Güter-
verkehrs gewaltige Umwälzungen geschaffen. Mit der Gründung des
Weltpostvereins im Jahre 1874 tat die Post jenen kühnen Schritt, der eine
vollständige Neugestaltung dieses Verkehrsmittels im Gefolge hatte. Wie
notwendig gerade auf diesem Gebiete das Eingreifen einer schöpferischen
Hand war, davon überzeugt uns ein Blick in die postalischen Verhältnisse
Deutschlands um die Mitte des 19. Jahrhunderts, noch mehr aber die Be-
trachtung des internationalen Postverkehrs aus jener Zeit.
Deutschland war damals geradezu der Schauplatz postalischer Ver-
wirrung. Kein Wimder, da jeder deutsche Kleinstaat seine eigene Post
hatte. Mehrere Staaten bemühten sich sogar, in den Zentren des inter-
nationalen Verkehrs, wie in Hamburg, Lübeck und Bremen, den Post-
verkehr an sich zu ziehen, ohne Rücksicht auf die Bequemlichkeit für das
Publikum. Hamburg bot in dieser Hinsicht ein geradezu kurioses Bild.
Wer dort seine Postsachen schnell und sicher befördert haben wollte, mußte
»Briefe für Sachsen und einige mitteldeutsche Herzogtümer zur preußischen
Post, Briefe für Braunschweig zur hannoverschen Post, solche ñü Olden-
burg, Bremen und Lübeck zur Hamburger Stadtpost, Briefe nach dem
nahen Lauenburg zur dänischen, Briefe nach der einen Hälfte Österreichs
zur preußischen, nach der andern Hälfte zur Turn- und Taxischen Post
%eben.« *)
Dieses Beispiel mag genügen, um ein Bild von der Verworrenheit
der deutsch-inländischen Postverhältnisse zu geben. Nicht minder schwierig
waren die postahschen Beziehungen zum Auslande. Von Einheitlichkeit
in den Porto- und Gewichtssätzen, von Schnelligkeit und Sicherheit in der
Beförderung der Briefe konnte kaum die Bede sein. Besonders hemmend
für den Auslandsverkehr erwiesen sich die hohen Portosätze, zahlte man
doch für einen Brief aus Deutschland nach Eom 48 oder 68 oder 85 oder
sogar 90 Pfennig, je nachdem er seinen Weg durch Österreich, durch die
Schweiz, über Frankreich oder zu Wasser über Genua nahm. Im Jahre 1860
zahlte man für einen Brief von Berlin nach Edinburg 1 Mark, während er
heute nach der Weltposttaxe nur 20 Pfennig kostet.
Als der eigentliche Begründer der Weltpost verdient der
Generalpostmeister des Deutschen Reiches v. Stephan genannt
zu werden, der die Bedürfnisse des internationalen Verkehrs-
lebens klar erkannte und eifrig bestrebt war, die Kulturstaaten
der Erde zu einer großen Postverkehrsgemeinschaft zusammen-
zufügen. Dieses Verkehrsideal des hochverdienten Staatssekre-
tärs wurde auf dem ersten internationalen Postkongreß zu
Bern im Jahre 1874 durch Abschluß des Weltpostvertrages
und Gründung des Weltpostvereins in die Wirklichkeit um-
gesetzt.
*) Jung, Weltpostverein.
i
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land]]
TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß]]
Extrahierte Personennamen: Stephan
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Hamburg Bremen Hamburg Sachsen Bremen Lauenburg Deutschland Frankreich Genua Berlin Edinburg
— 104 —
„Fritz, ungebetet ißt man nicht!" worauf mein Fritz vom Stuhl aufsteht, die fjänbe faltet zum Gebet, und weil sein Kopf noch stark zerstreut, spricht er, wie just der Geist gebeut:
„Lieber Gott, magst ruhig sein,
fest steht und treu die wacht am Rhein.
Amen!"
(Gerok.)
Der edelmütige Bayer bei Sedan.
Es war in der Schlacht bei Sedan. Die Franzosen hatten sich überall in den umliegenden Dörfern verschanzt, und die Deutschen mußten die Häuser in Brand schießen, um die Franzosen daraus zu vertreiben. Während des heftigsten Kampfes hörte ein bayrischer Soldat aus dem oberen Stock eines brennenden Hauses ein herzzerreißendes Geschrei. Er stürzte die schon ganz in Qualm gehüllte treppe hinauf und fand eine alte, lahme Frau, die fast vom Rauch erstickt war. Ohne sich lange zu besinnen, nahm er die Jammernde auf den Arm, trug sie durch Rauch und Flammen die Treppe hinunter und legte sie im Garten
unter einem Baume nieder. Dann eilte er wieder an seinen Platz. Viele
^cthre nach Beendigung des Krieges wurde nach dem edeln Retter jener Frau geforscht. Er war auch bald gesunden. Der Hauptmann teilte ihm nun mit, daß ihm die Gerettete zum Danke in ihrem Testamente 2000 Franken vermacht habe.
Der patriotische Schuhmacherlehrling.
Die Siegeskunde von Sedan brachte ganz Berlin auf die Beine. Eine freudig erregte Menschenmenge wogte „Unter den Linden" auf und ab, und vor dem Palais der Königin Augusta standen Tausende und sangen die „Wacht am Rhein". Plötzlich in dem allgemeinen Jubel schwang sich ein Schuhmacherlehrling aus das Denkmal des „alten Fritz", drückte dem Helden einen Lorbeerkranz aufs Haupt und band ihm eine Fahne am Arme fest. Ein endloser Beifallssturm erhob sich. Die Königin hörte das und trat ans Fenster. Da erblickte sie den Burscheu oben auf dem Denkmale. Sie ließ ihn zu sich rufen. Nach einer Weile kehrte der Bursche mit einer vergoldeten Tasse und drei blanken Goldstücken zurück.
6. Wiederaufrichtung des Deutschen Kaiserreichs. Ariede.
1. Wicderanfrichtimg des Deutschen Kaiserreichs. Von Sedan aus eilte die deutsche Armee nach Paris, und nach einigen Wochen war auch diese Riesenstadt in weitem Umkreise umzingelt. Während nun hier noch die Kanonen donnerten, wurde das Deutsche Kaiserreich wieder erneuert. Die gemeinsamen Siege aller deutschen Völker hatten das Gefühl der Zusammengehörigkeit lebhaft geweckt; überall brach dos Verlangen nach Einigkeit mächtig hervor. Die Fürsten sowie das Volk richteten daher an den König Wilhelm die Bitte, den Titel eines Deutschen Kaisers anzunehmen. Der König erfüllte den Wunsch, und am 18. Januar 1871 wurde das 1806 zusammengesunkene Deutsche Reich neu errichtet. Die Feier, in der König Wilhelm zum Deutschen Kaiser ausgerufen ward, fand im Schlosse zu Versailles (zwei Meilen von Paris) statt.
2. Friede. Endlich, am 28. Januar, ergab sich Paris, und am 10. Mai erfolgte der Friede zu Frankfurt a. M. Frankreich mußte das Elsaß und den
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen]]
TM Hauptwörter (200): [T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T141: [Armee Metz General Paris Schlacht August Mac Franzose Mahon Festung], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß]]
Extrahierte Personennamen: Gerok Wilhelm Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Sedan Sedan Sedan Berlin Rhein" Sedan Paris Versailles Paris Paris Frankfurt Frankreich
— 93 —
43. Titus. 79-81 n. Chr.
1. Zerstörung Jerusalems. Ehe Titus Kaiser wurde, war ihm von seinem Vater, dem Kaiser Vespasiau, der Oberbefehl über Palästina übertragen worden, das damals zum römischen Reiche gehörte. Die Juden wurden von den Römern hart bedrückt und empörten sich deshalb. Um sie zum Gehorsam zu zwingen, zog Titus nach Palästina und belagerte ihre Hauptstadt Jerusalem. (70 n. Chr.) Es war gerade am Passahfeste. Tausende von Fremden waren in Jerusalem zusammengeströmt. Titus ließ eine Wagenburg um die Stadt schlagen und Sturmböcke und Türme gegen die Mauern auffahren. Bald entstand die furchtbarste Hungersnot in der Stadt. Mit Heu, Leder und Unrat suchte man den quälenden Hunger zu stillen. Ja, eine vornehme Frau schlachtete in der Verzweiflung sogar ihr eignes Kind und aß es. An ein Begraben der Toten war nicht mehr zu denken. Man warf sie über die Mauer. Die Überläufer wurden von den Römern gekreuzigt oder niedergestochen und dann ihre Leiber nach verschlucktem Golde durchsucht. Titus bot den Belagerten Verzeihung an, wenn sie ihm die Thore öffnen wollten. Aber vergebens. Da begann der Sturm. Der Tempel war in eine Festung verwandelt. Ein Soldat schleuderte eine Brandfackel in eine Gerätkammer des Tempels. Diese fing Feuer, und der kostbare Tempel wurde ein Raub der Flammen. Gern hätte Titus ihn erhalten. Er bat und drohte, man solle ihn retten, aber umsonst. Weiter stürmten die Soldaten. Das Blut floß in Strömen. Leichen häuften sich auf Leichen. Das Wimmern und Stöhnen der Verwundeten, das Siegesgeschrei der Feinde und das Prasseln der Feuerflammen erfüllte rings die Luft. — Dann folgte Totenstille auf dem Trümmerhaufen. Jerusalem war zerstört und eine Stätte des Schauders geworden. Seit jener Zeit haben sich die Juden in alle Welt zerstreut.
2. Als Kaiser. Nach Vespasiaus Tode übernahm Titus die Regierung. Er war einer der besten Kaiser, die je auf Roms Thron gesessen haben. Wenn er an einem Tage niemandem eine Wohlthat erwiesen hatte, so hörte man ihn klagen: „Diesen Tag habe ich verloren." Bei seinem Regierungsantritte hatte er gelobt, keinen zum Tode zu verurteilen, und er hat es treulich gehalten. Einst hatten sich zwei junge Römer verschworen, seinen Palast anzuzünden und ihn selbst zu töten. Sie wurden ergriffen; aber Titus verzieh ihnen, speiste mit ihnen an einer Tafel und that ihnen Gutes, wo er nur konnte.
44. Konstantin (333 n. Chr.) und der Steg des Christentums
in Rom.
1. Herkunft. Das römische Reich war so gewaltig groß, daß es dem Kaiser Dioeletian zu viel wurde, es allein zu regieren. Er wählte sich daher Mitregenten, denen er einzelne Teile des Reiches überwies. Eines solchen Mitregenten Sohn war Konstantin.
2. Ende der Christenverfolgung. Jahrhunderte hindurch waren die Christen von den römischen Kaisern aufs grausamste verfolgt worden. Das hörte mit Konstantin auf. Schou der Vater Konstantins behandelte die Christen freundlich, und ferne Mutter Helena, eine Christin, flößte ihm Achtung vor dem Christentum ein. (Der Sage nach war Helena in Trier geboren, wo ihr Vater ein Gasthaus besaß.) So kam es, daß Konstantin sich allmählich dem Gotte der Christen zuwandte und die Christenverfolgung verbot. Daher dienten denn auch in feinem Heere viele Christen, ja, manche Regimenter waren nur aus Christen zusammengesetzt.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn]]
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TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T181: [Rom Kaiser Sohn Stadt König Nero Romulus Jahr Tarquinius Tod], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer]]
Extrahierte Personennamen: Titus Titus_Kaiser Palästina Titus Titus Titus Titus Titus Konstantin_( Dioeletian Konstantin Konstantin Helena Helena Konstantin
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalems Palästina Jerusalem Jerusalem Roms Rom
— 95 —
hatten eine Provinz nach der andern von ihm losgerissen. Die römischen
Kaiser waren so schwach geworden, daß sie nur noch mit Hilfe deutscher Kriegsscharen ihr Reich in Ruhe und Ordnung halten konnten. Der letzte
Kaiser war Romulus Augustulus. Zu seiner Zeit befand sich in der kaiser-
lichen Leibwache ein deutscher Fürstensohn, Odoaker. Als nun der neue Kaiser den Truppen ihre Forderung, ihnen den dritten Teil aller Ländereien als Eigentum zu verleihen, nicht bewilligte, sammelte Odoaker alle deutschen Bundestruppen in Italien um sich, entsetzte den Kaiser seiner Würde und nannte sich selbst „König von Italien". (476 n. Chr.) Damit hatte das weströmische Reich sein Ende erreicht.
3. Untergang des oströmischen Reiches. 1453 n. Chr. Das oströmische Reich hatte langem Bestand, siechte aber allmählich hin und wurde 1453 durch die Türken vernichtet. Diese kamen von Asien und suchten ihre Macht auch in Europa auszudehnen. Nachdem sie schon früher die Griechen tributpflichtig gemacht hatten, belagerten sie 1453 die Hauptstadt des oströmischen Reiches, Konstantinopel, selbst. 50 Tage lang wurde die Stadt bestürmt, und schrecklich vermischte sich das Schlachtgeheul der Türken mit dem Donner der Kanonen und dem Gesänge der Belagerten: „Kyrie eleison." Als Kaiser Konstantin Xii. die Gefahr
immer näher rücken sah, nahm er mit den Seinen das Abendmahl und stürzte
sich mit den ihm treugebliebenen Streitern in den Kampf. Aber all sein Mut war umsonst. Die Türken drangen in die Stadt ein, und der Kaiser selbst fiel unter ihren Streichen. Der grausame Sieger, Muhamed Ii., ließ sein Haupt zur Schau stellen. Konstantinopel wurde nun die Hauptstadt des Sultans. Die prächtige Sophienkirche verwandelte er in eine Moschee, und an Stelle des Kreuzes pflanzte er den Halbmond auf — das Wahrzeichen des alten Byzanz. (S. 94.)
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
— 94 —
3. Konstantins Sieg. Konstantins Plan war, die übrigen Mitregenten zu vertreiben und sich zum Alleinherrscher von Rom zu machen. Einer seiner gefährlichsten Gegner war sein Mitregent Maxentins. Dieser stellte sich ihm mit einem mächtigen Heere entgegen. Um nun seine Soldaten zum Kampfe zu begeistern, versprach Konstantin ihnen, im Falle eines Sieges sich taufen zu lassen. Die Sage aber erzählt den Vorgang folgendermaßen: Eines Tages, als bereits die Sonne im Westen sich neigte, sah Konstantin über ihr ein Kreuz aus glänzenden Lichtstrahlen. Darüber stand in Flammenschrift: „In diesem Zeichen wirst du siegen!" Erstaunen ergriff Konstantin und sein Heer. In der folgenden Nacht aber erschien ihm Christus im Traume und befahl ihm, eine Fahne in Kreuzform zu machen, ähnlich jener Erscheinung, und sie in allen Schlachten als Siegeszeichen dem Heere vorantragen zu lassen. Konstantin gehorchte. Er ließ eine goldene Stange mit einem Querbalken versehen, befestigte daran ein seidenes Fahnentuch und schmückte die Spitze mit einer Krone von Gold und Edelsteinen. Das war die Kreuzesfahne. Bei ihrem Anblick wurde das Heer von neuem Mute beseelt, stürzte sich mit Todesverachtung auf den Feind und besiegte Maxentins in der Schlacht „am roten Stein" bei Rom. In kurzer Zeit war Konstantin Herr des ganzen Römerreiches. Er machte nun die christliche Religion zur Staatsreligion und ließ herrliche Kirchen erbauen. Die früher so grausam verfolgten Christen durften nicht nur in voller Freiheit ihren Erlöser anbeten, sondern genossen obendrein noch hohe Ehre.
4. Gründung Konstantinopels. Bis dahin hatten die römischen Kaiser in Rom gewohnt. Konstantin beschloß jedoch, seine Residenz nach Byzanz zu verlegen. Deshalb baute er diese Stadt zu einer neuen Hauptstadt aus, schmückte sie mit prachtvollen Palästen und verwandelte die heidnischen Tempel in Kirchen und Klöster. Um aber auch den Ruhm seines Namens auf die Nachwelt zu bringen, nannte er die Stadt nach feinem Namen Konstantinopel.
5. Reise nach Palästina. Aus Dankbarkeit beschloß Konstantin, an den heiligen Orten des gelobten Landes Kirchen bauen zu lasseu. Aber es war nicht leicht, diese Orte aufzufinden; denn der Kaiser Hadrian hatte sie aus Haß gegen die Christen zerstört und entweiht. Deshalb unternahm Konstantin mit seiner Mutter Helena eine Fahrt nach dem heiligen Lande. Als Helena endlich unter vieler Mühe das Grab des Heilands gefunden zu haben glaubte, ließ sie eilte herrliche Kirche darüber erbauen, die noch heute steht. Es ist die Grabeskirche.
6. Konstantins letzte Jahre. Konstantin war zwar äußerlich ein Christ, im Herzen aber war er doch ein Heide geblieben. So ließ er z. B. eittst. in Trier Kriegsgefangene von wilden Tieren zerfleischen. Seinen Sohn Crispus, der aus erster Ehe stammte, tötete er auf Grund einer falschen Anklage seiner (Stiefmutter Fausta. Als er sich aber später von der Unschuld seines Sohnes überzeugte, ließ er die Anklägerin im Bade durch heißes Wasser ersticken.
45. Teilung und Ende des römischen Reiches.
1. Teilung des Reiches. Der römische Kaiser Theodosins d. Gr. teilte kurz vor seinem Tode sein gewaltiges Reich unter seine beiden Söhne, Arkadius und Honorius. (395 n. Chr.) Jener bekam das oströmische Reich mit der Hauptstadt Konstantinopel, dieser das weströmische Reich mit der Hauptstadt Rom.
2. Untergang des weströmischen Reiches. 476 n. Chr. Die Macht des weströmischen Reiches war allmählich immer tiefer gesunken, und' deutsche Völker
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
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Extrahierte Personennamen: Konstantins Maxentins Konstantin Konstantin Konstantin Christus Konstantin Konstantin Konstantin Hadrian Konstantin Helena Helena Konstantin Fausta Theodosins Honorius Honorius
Extrahierte Ortsnamen: Konstantins Rom Rom Konstantinopels Rom Byzanz Konstantinopel Palästina Konstantinopel Rom
— 9i
den Gebirgswall der Alpen getrennt; jedoch ist dieser Abschluß
infolge der vielen günstigen Paßstraßen bei weitem nicht so voll-
ständig wie der der Pyrenäenhalbinsel, so daß zu allen Zeiten rege
Handelsbeziehungen zwischen dem Rumpfe von Europa und Italien
bestanden. Der Schnellverkehr nach Ägypten und Asien, für den die
Umschiffung Spaniens einen zu großen Zeitverlust bedeuten würde,
nimmt meist bis Süditalien den Landweg. Durch den Suezkanal
ist die Bedeutung des Mittelmeeres sehr gewachsen, und Italien zieht
aus seiner dasselbe beherrschenden Lage große Vorteile. — Gib nach
der Karte die Grenzen an ! Der weitaus größte Teil (3400 km) ent-
fällt auf die Seeküste, ein Umstand, der es Italien ermöglicht, seinen
Seehandel und seine Seegeltung immer mehr auszudehnen. Nach
Süden ist die Insel Sicilien vorgelagert und durch eine nur 3 km
breite Straße (welche?) vom Festlande getrennt. Nenne die größeren,
westlich von Italien liegenden und zu diesem gehörenden Inseln!
2. Bodengestaltung. Von den Alpen entfällt auf Italien der
Innenrand, der steil zur Poebene abfällt. Der italienische Anteil an
den Alpen heißt bis zum Lago maggiore Piemontesische, von hier
bis zum Gardasee Lombardische und von da bis zur Adria Venetia-
nische Alpen. Als Fortsetzung des Westflügels erscheint der Apen-
nin, der Italien bis zur Südspitze durchzieht. Sein Mittelstück, das
die höchsten Erhebungen enthält, sind die Abruzzen. Wo der
Apennin an der Ostküste entlang streicht, sind ihm im Westen das
Toskanische Erzgebirge, das einzige Bergbaugebiet der Halb-
insel, sowie das Sabinergebirge, im Süden der Vesuv, der einzige
tätige Vulkan des europäischen Festlandes (Herculanum und Pom-
peji!) vorgelagert. — Das größte Tiefland ist die schon erwähnte
Poebene, früher Meeresboden, heute von unerschöpflicher Frucht-
barkeit (Schwemmland). An die Westküste schließen sich mehrere
kleinere Ebenen an, die teilweise fruchtbar, meist jedoch öde und
sumpfig sind, so das Sumpfgebiet von Toskana (Maremmen) und die
Campagna (Rom) mit den Pontinischen Sümpfen.
3. Bewässerung. Das einzige ausgebüdete Flußsystem Italiens
hat die Poebene. (Grund!) Verfolge den Lauf des Po ! Die Schiffbar-
keit beginnt nach der Einmündung der Dora-Baltea. Po und Etsch
sind wegen der häufigen Überschwemmungen sehr gefürchtet. Von
den beiden größeren Flüssen Mittelitaliens kommt nur der Tiber
bis Rom für die Schiffahrt in Betracht. — Nenne die oberitalienischen
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn]]
TM Hauptwörter (100): [T33: [Stadt Meer Italien Neapel Hauptstadt Rom Insel Genua Spanien Land], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T149: [Stadt Rom Meer Tiber Italien Land Ort Arno Fluß See], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland]]
Extrahierte Ortsnamen: Europa Italien Asien Spaniens Italien Italien Sicilien Italien Italien Gardasee_Lombardische Adria Italien Toskana Rom Italiens Dora-Baltea Rom
371
gesetzt waren, hatten sie ihre Faktoreien in das unabhängige Togoland
verlegt, wo ihre Waren steuerfrei aus- und eingingen. Natürlich wurden
die Engländer durch die Umgehung ihres Zollgebietes erheblich geschädigt,
und sie hetzten daher die Häuptlinge im Togolande gegen die Deutschen
auf. Gerade zur rechten Zeit erschien Dr. Nachtigal an Bord der „Möwe"
und schloß am 5. Juli 1884 mit dem Könige von Togo ein Schutz- und
Trutzbündnis ab. Zum erstenmal wurde auf afrikanischem Boden, an der
Sklavenküste, die deutsche Kriegsflagge feierlich aufgezogen.
Das nächste Ziel Nachtigals war Kamerun, wo Hamburger Kauf-
leute Niederlassungen angelegt und ihren Handel zum bedeutendsten des
ganzen Gebietes gestaltet hatten. Auch hier war es höchste Zeit, daß
die „Möwe" anlangte und daß mit den Negern bindende Verträge abge-
schlossen wurden. Denn jeden Augenblick erwartete man die Ankunft eines
britischen Beamten, der die Schutzherrschaft seines Landes verkünden sollte.
Tatsächlich traf ein solcher zwei Tage später als Nachtigal ein, freilich
nur, um zu erfahren, daß er zu spät gekommen sei. Später, 1885,
wurde die Süd- und Nordgrenze des neuen Schutzgebietes nach langen
Verhandlungen mit Frankreich und England bestimmt und gleichzeitig ein
zusammenhängender Küstenstreifen für Deutschland gewonnen. Weil die
in Kamerun ansässigen Kaufleute ebensowenig wie die in Togo die Aus-
übung der Oberhoheit und Verwaltung und die damit verbundenen Kosten
übernehmen wollten, so erhielten beide Kolonien einen Kaiserlichen Gou-
verneur und wurden Reichskolonien.
An der Ostküste Afrikas, vornehmlich im Gebiet des Sultans von
Sansibar, war der deutsche Handel seit den 40er Jahren ebenfalls der
herrschende geworden und übertraf 1874, als der damalige Sultan sein
Land vergeblich unter deutschen Schutz zu stellen suchte, den englischen
Handel um das dreifache. Um ihn noch mehr zu sichern, trat Dr. Karl
Peters, der Sohn eines Pfarrers aus Neuhaus in Hannover, im
April 1884 mit mehreren gleichgesinnten Männern in Berlin zu einer
Gesellschaft zusammen, die sich entschloß, als erste deutsche Gesellschaft
praktische Kolonialpolitik zu treiben, noch ehe die Besitznahme Angra
Pequenas erfolgt war. Sie bereitete in der Stille die Erwerbung Ost-
afrikas vor, und Dr. Peters, Referendar Jühlke, Graf Pfeil und Kauf-
mann Otto reisten unter falschen Namen nach Sansibar ab und drangen
aus diese Weise unbehelligt ins Hinterland ein. Dort schlossen sie in
überraschend kurzer Zeit mit den Beherrschern des Hinterlandes von
Sansibar Verträge ab und gewannen so ein ausgedehntes Gebiet. Peters
kehrte eilends nach Hause zurück und erhielt für seine Gesellschaft am
27. Februar 1885 einen kaiserlichen Schutzbrief, den ersten, den die deutsche
Geschichte kennt. Doch auch in Ostafrika machte sich der feindliche Einfluß
der Engländer geltend. Nachdem aber der Sultan durch den unerwarteten
Anblick eines aus acht Kriegsschiffen bestehenden Geschwaders vor Sansibar
die Macht des Deutschen Reichs fürchten gelernt hatte, erkannte er den
kaiserlichen Schutzbrief an, räumte obendrein der Deutsch-afrikanischen
Gesellschaft den sehr brauchbaren Hafen von Dar-es-Salaam ein und
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Extrahierte Personennamen: Karl
Peters Karl Angra
Pequenas Peters Jühlke Otto Peters
Extrahierte Ortsnamen: Togo Kamerun Frankreich England Deutschland Kamerun Togo Afrikas Sansibar Neuhaus Hannover Berlin Sansibar Sansibar Ostafrika Sansibar Dar-es-Salaam
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Der Samoa-Archipel war wegen seiner zentralen Lage inmitten der
Inseln des Stillen Ozeans und wegen der üppigen Fruchtbarkeit des Bodens
der Ausgangspunkt und der Hauptsitz der größten kaufmännischen Unter-
nehmung jenes Gebietes, der Deutschen Handels- und Plantagengesell-
schaft für die Südsee, geworden. Der deutsche Handel war der älteste und
bedeutendste und der deutsche Besitzstand an Ländereien der ausgedehnteste und
bestentwickelte des Gebietes. Leider hatte das Reich den rechten Zeit-
punkt für die Besitzergreifung versäumt. England und Amerika dagegen
betrieben die Erwerbung dieser Inselgruppen auf das eifrigste und nutzten
zu diesem Zwecke die Zwistigkeiten aus, die von jeher unter den Ein-
geborenen herrschten. Deutsche Kriegsschiffe wurden nach Samoa gesandt.
Ein furchtbarer Orkan zerschellte im März des Jahres 1889 die deutschen
Kriegsschiffe „Adler" und „Eber" nebst zwei amerikanischen Kriegsschiffen
an den Korallenriffen des Hafens von Apia, und 95 deutsche und 50 ameri-
kanische Seeleute fanden dabei ihren Tod in den Wellen. Wegen der
gegenseitigen Eifersucht Englands, Amerikas und Deutschlands waren alle
Versuche, geordnete Zustände auf den Inseln herbeizuführen, vergeblich,
bis endlich im Jahre 1900 die Inseln geteilt wurden. Deutschland er-
hielt die beiden größten Inseln mit dem Hafen Apia, sowie die anliegenden
kleineren Inseln.
Bereits vor der Teilung Samoas hatte das Deutsche Reich auch in
China festen Fuß gefaßt. Und das war auch sehr notwendig. Der
deutsch - chinesische Handel hat sich in den letzten Jahrzehnten verdreifacht
und folgt heute unmittelbar, wenn auch in weitem Abstande, hinter dem
englischen. Die zunehmende Ausdehnung des Handels machte ferner seit
Jahren die dauernde Anwesenheit eines schützenden Kriegsgeschwaders
in den ostchinesischen Gewässern zur Notwendigkeit. Die Kriegsschiffe
brauchen aber ebenso wie die Handelsschiffe einen Zufluchtsort, in dem
sie ausgerüstet und ausgebessert werden, Kohlen und Lebensmittel
einnehmen oder Unterschlupf finden und dadurch ihre Schlagfertigkeil ver-
doppeln können. Bereits im Jahre 1870 wies der berühmte Erforscher
Chinas, Freiherr von Richthofen, auf die Kiautschou - Bucht hin, deren
große Vorzüge er klar erkannte, und seit dem Sommer 1897 war die
deutsche Regierung fest entschlossen, die Erwerbung der Kiautschou-Bucht
mit aller Kraft zu erstreben. Im November 1897 wurden in der
chinesischen Provinz Schantnng bei einer’ von den Behörden Chinas ge-
duldeten Aufhetzung zwei deutsche Missionare von einer aufgereizten
Volksmenge ermordet, während ein dritter durch Zufall dem Tode entging.
Da erschienen noch in demselben Monate plötzlich und unerwartet drei
deutsche Kriegsschiffe vor der Kiautschou - Bucht und besetzten die Bucht,
ohne seitens der Besatzung den geringsten Widerstand zu finden. Noch
an demselben Tage wurde, nachdem die chinesischen Truppen abgerückt
waren, unter dreimaligem Hurra die deutsche Flagge gehißt. Zum Zeichen,
daß Deutschland gesonnen war, die eben errungene Stellung unter allen
Umständen festzuhalten, wurde fast die gesamte Marineinfanterie und ein
Panzergeschwader unter dem Oberbefehle des Prinzen Heinrich nach
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Extrahierte Personennamen: Apia Freiherr_von_Richthofen Heinrich Heinrich
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