9
lichen gemäßigten Zone werfen desgleichen ihren Schatten stets nach Süden.
Man nennt daber beide Einschattige (Heteroskier). Die Bewohner der nörd-
lichen kalten und der südlichen kalten Zone werfen manchen Tag im Jahre
keinen Schatten, weil ihnen die Sonne nicht ausgeht; und da manchen Tag
ihnen die Sonne wieder gar nicht untergeht, so geschieht es, daß innerhalb
24 Stunden ihr Schatten nach allen Richtungen gefallen ist. Aus diesem
Grunde pflegt man die Bewohner der Polarzonen llmschattigc (Periökier)
zu nennen. Die Bewohner der heißen Zone werfen Mittags 12 Uhr ent-
weder keinen Schatten, oder je nach der Stellung der Erde gegenüber der
Sonne, d. h. je nach den Jahreszeiten, bald nach Norden, bald nach Süden.
Deshalb nennt man sie Ohnschattige (Askier) oder Zweischattige (Amphiskier).
An m. Die Bewohner der beiden Wendekreise haben einmal im Jahre Mit-
tags 12 Uhr die Sonne im Zenith, und werfen dann keinen Schatten.
Dies ist bei den Bewohnern des nördlichen Wendekreises am 21. Juni
der Fall, bei denen des südlichen am 21. December. Die Bewohner
des nördlichen Wendekreises werfen daher den größten Theil des Jahres
Mittags 12 Uhr ihren Schatten nach Norden, die des südlichen nach
Süden.
8 18.
Man theilt auch die Menschen ein nach der Beschaffenheit der geo-
graphischen Länge und Breite, unter welcher sie wohnen. Leute, welche auf
dem gleichen Breitengrade wohnen, aber um 180 Längengrade von einander
entfernt leben, nennt man Nebenbewohner (Periöken). Diese haben immer
gleiche Jahreszeiten, aber entgegengesetzte Tageszeiten. Leute, welche unter
entgegengesetzten Breitengraden, aber unter gleicher Länge wohnen, haben
gleiche Tageszeiten (im Allgemeinen), aber entgegengesetzte Jahreszeiten.
Diese nennt man Gegenbewohner (Antiöken). Endlich trifft es sich noch,
daß Leute unter entgegengesetzten Längen- und entgegengesetzten Breitengraden
wohnen; dies sind die Gegenfüßler oder Antipoden. Sie haben entgegenge-
setzte Tages- und entgegengesetzte Jahreszeiten.
Drittes Kapitel.
Von der Vertheilung des Landes und Meeres auf der
Erdoberfläche.
8 19.
Die Erdoberfläche, welche von einem Dunstkreis (Atmosphäre) umgeben
ist, besteht aus Wasser und Land. Die große zusammenhängende, salzige
Wasserstäche, welche von einem Pol zum andern reicht und die Landmassen
einschließt, heißt Ocean oder Weltmeer, auch das Meer oder die See. Die
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306
sein größter Reichthum besteht in seiner Vegetation: in den Wäldern und
den Colonialprodukten. Dagegen hat es oft Mangel an den nöthigsten
Lebensmitteln, weil neben Mais, Kaffee, Zucker rc. kein Getreide gepflanzt,
sondern eingeführt wird.
Die Bevölkerung Brasiliens wird noch als unwissender und träger
geschildert, als die des spanischen Amerikas. Was von Rührigkeit, Unter-
nehmungsgeist und Gewerbthätigkeit zeugt, rührt gewiß von Ausländern her.
Der Brasilianer lebt ein genußreiches Leben; alle Arbeit überläßt er seinen
Sklaven, ohne welche Niemand bestehen zu können glaubt. Die Sorge für
Kleidung, Nahrung und Erziehung der Kinder bleibt den Sklavinnen über-
lassen. Von Industrie ist keine Rede; nicht einmal die gewöhnlichen Hand-
werke werden allgemein betrieben. Darum treiben auch speculative euro-
päische Kaufleute einen einträglichen Handel mit Brasilien, und führen alle
erdenklichen Geräthschasten, Kleidungsstücke, Bequemlichkeiten ein. Von deut-
schen Kaufleuten treiben insbesondere Hamburger dies einträgliche Geschäft.
Von geistiger Bildung ist wenig zu verspüren; die bestehenden Elementar-
schulen und höheren Bildungsanstalten, welche der Verfassung gemäß errichtet
worden sind und in Wirklichkeit bestehen, haben sich eines äußerst bescheide-
nen Erfolges zu rühmen. Nur darin zeichnet sich Brasilien vor den Staa-
ten spanischer Nationalität Vortheilhaft aus, daß es bei allen Gelegenheiten,
wo bedeutende politische Staatsveränderungen notbwendig waren eine bewun-
dernswerthe Ruhe, Nachgiebigkeit und Leidenschaftslosigkeit an den Tag legte.
Brasilien ist eine konstitutionelle Monarchie, welche im Hause Braganya
erblich ist und dem Zweikammersystem huldigt. Der Kaiser hat die voll-
ziehende Gewalt, welche er durch verantwortliche Minister ausübt. Der
Richterstand ist nach der Verfassung unabhängig; alle Prozesse müssen vor
die Geschwornen gelangen. Doch herrscht in der Verwaltung und Justiz-
pflege nicht immer Treue und Unpartheilichkeit; man erzählt häufig von
Bestechlichkeit oder Unterschleif der Beamten. Die Staatsreligion ist die
katholische; doch wird allen andern Religionen Gewissensfreiheit und Aus-
übung ihres besondern Kultus gewährt. Bei den intelligenteren Brasilianern
macht sich bereits die Ansicht geltend, daß die Negersklaverei ihrem Ende
entgegen gehe und sobald als möglich abgeschafft werden müsse. Die Haupt-
stadt Nio Janeiro, 400,000 E., liegt überaus prächtig auf einer Landzunge
an einer Meeresbucht, hat einen schönen Hafen, eine Universität und den
größten Kaffeehandel auf der Welt. Bahia, 190,000 Einw. Pernambuko
(der Name für Ollinda und Villa Rccise), 80,000 E. San Paolo (50,000
Einw.) ist Mittelpunkt der brasilianischen Bergwerke; der Seehafen Santos,
Villa imperiale und Tejnco in der Provinz Minas.
$ 117.
Die Besitzungen der Europäer in Amerika.
1. Rußland hat, wie schon angedeutet wurde, auch in der neuen Well
Besitzungen; sie sind aber noch größtentheils unbekannt und beschränken sich
auf einige schwach bevölkerte Handelsniederlassungen, unter welchen nur
Neu-Archangel auf der Insel Sitka bemerkenswerth ist. Obwohl sich die
Russen als Herren eines großen Flächenraums betrachten, so leben daselbst
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274
Savannen von einander geschieden sind. Dies Hochland ist noch wenig
bekannt.
3) Das Kiistengebirge von Venezuela, aus 2 Parallelzügen bestehend,
ist eine Fortsetzung des östlichen Zugs der Cordilleren von Neu-Granada,
und erreicht im Silla de Carracas eine Höhe von 8100'.
4) Die Sierra Nevada de Santa Marta ist ein aus der Ebene pyra-
midalförmig sich erhebendes Massengebirge. Es ist steil und mit wildzer-
rissenen Felswänden versehen, hat Schneegipfel von 18,000' Höhe, und streicht
von O. nach W.
5) Die Alleghanies oder das apallachische Gebirge ähnelt mit seinen
vielen Parallelketten dem Schweizer Iura. Diese schließen große, terassen-
artig über einander liegende Längenthäler ein, deren Gewässer die Ketten in
Querthälern durchbrechen. Der Hudson theilt das Gebirge in 2 ungleiche
Hälften. Die Ketten am atlantischen Ocean heißen blaue und grüne Berge
und Alleghanies; die Fortsetzung derselben ist das Felsengebirge von Labrador.
Die Alleghanies haben Ueberfluß an Steinkohlen- und Salzlagern.
§ 109.
Die amerikanischen Tiefländer.
1) Die Tiefebene von Patagonien ist mit einer dürftigen Vegetation
versehen; einzelne zerstreute Büsche brauner Gräser und Dornhecken treten
hier und da hervor. Der Norden ist sandig, von großen seichten Salzseen
und Morästen durchzogen.
2) Die Pampas des Rio de la Plata sind unübersehbare, mannshohe
Grasfluren ohne Baumwuchs, wahre Steppen, welche in der heißen Jahres-
zeit vollkommen ausgebrannt sind. Diese Dürre ist alsdann um so größer,
weil im Westen die Cordilleren von Patagonien und Chili die Regenwolken
aushalten. Bei Buenos Ayres erreicht die Dürre oft einen solchen Grad,
daß alle kleineren Gewässer versiegen, und ganze Landstriche in Staubmassen
sich verwandeln, welche fortgeweht werden. Auch hier findet man Salzseen
mit einer 2 bis 3 Fuß mächtigen Salzkruste auf dem Boden.
3) Die Selvas des Amazonenstroms (146,000 Q.-M.) sind jene un-
durchdringlichen Urwälder, welche den Riesenstrom umgeben. Die überreiche
Bewässerung in der Aequatorial-Regenzeit haben hier den großartigsten Pflan-
zenwuchs geschaffen. Baum an Baum drängt sich empor, riesenhafte Schling-
pflanzen, welche sich von einem Stamm zum andern sortranken, bilden in
der Wildniß ein undurchdurchdringliches Dickicht, Schlupfwinkel unzähliger
wilder Thiere. Nur aus dem Wasserwege gelangt man ins Innere.
4) Die Llanos des ^Orinoko sind in der trocknen Jahreszeit dürre,
baumlose, ausgebrannte Steppen, nach der Regenzeit aber ein wahres
Kräutermeer (mare de yerbas); dann bedeckt sich der Boden mit manns-
hohen Gräsern, deren Oberfläche, vom Winde bewegt, dem Wellen schlagenden
Meere gleicht.
5) Die Ebene des Magdalenenstroms (7,300 Q.-M.) ist eine heiße,
wellenförmige Kulturfläche.
6) Die atlantische Küstencbene von Mexiko und der Alleghanis ist gut
bewässert und besteht aus angeschwemmtem Lande, namentlich östlich der
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Extrahierte Ortsnamen: Venezuela Neu-Granada Silla_de_Carracas W. Patagonien Patagonien Wildniß Mexiko
47
b. Steppen. In Südamerika durchströmt der Paraguay
eine völlig ebene, unabsehbare Grasflur, die sich auch noch weiter
südwärts, über den Rio Colorado, fortsetzt. Stellenweise ist der
Boden dieser Tiefebene salzhaltig, und da wird der Graswuchs
dürftig. Man nennt diese Tiefebene die Pampas. Die nörd-
lichen Fortsetzungen dieser Pampas, die weitgedehnten Ebenen
des Amazonenstromes, sind gleichfalls, im S. des Flusses, solche
Grasmeere, Llanos genannt. Im N. des Stromes, wo sie mit
Urwäldern bedeckt sind, heißen sie Bosques oder Selvas.
Auch weiter nordwärts ziehen sich die Llanos um das Hochland
von Guyana herum. — In N.-Amerika finden sich auf der rech-
ten Seite des Missisippi, im N. des Arkansaw ähnliche Gras-
meere, welche dort Savannen oder Prairies heißen. — Am
Südrande Hochafrikas ist die K a r r o o - E b e n e, je nach den
Jahreszeiten, eine dürre von der Hitze zerrissene Thon- und Sand-
wüste , oder eine üppige Gras - und Kränterflur. — In Asien
breitet sich durch den nördlichen Theil des Tieflandes. von Sibi-
rien ein breiter Gürtel eisiger Sumpssteppen, Tundra genannt,
die sich auch in Europa hinein (zwischen Petschora und Dwina)
fortsetzen. Zwischen Obi und Jrtisch heißen sie Barbinzen-
Steppen, zwischen Jrtisch und Tobol ischimsche Steppen.
An diese schließt sich gegen S.w. ein anderer Gürtel mehr tro-
ckener Steppen, der sich rings um den Aralsee, nördlich um den
kaspischen See, auf das schwarze Meer zu, und, längs dessen
Ufern hin, bis zum Pruth erstreckt. Stellenweise sind diese Step-
pen salzhaltig. Um den Aralsee und im N.o. des kaspischen
liegt die K i r g h i s e n - S t e p p e, im S. derselben werden die
Steppen unter dem Namen der großen Bukharei zusammen-
gefaßt. Dann folgen weiter östlich die donische, kubanische,
asowsche, taurische, ukrainische, podolische und
beßarabische Steppe. — Die übrigen minder fruchtbaren
Stellen des europäischen Tieflandes, wie die Haiden der germani-
schen Tiefebene (worunter die Lüneburger, auf der Wasserscheide
der untern Elbe und Weser die bedeutendste) können nicht mehr zu
den Steppen gerechnet werden, da ihr Raum durch Urbarmachung
schon sehr zusammengeschwunden ist und noch täglich mehr zusam-
menschwindet.
Aufgaben.
1.) Berechnet den Flächeninhalt der wüsten Sind-Ebene? —
2.) Berechnet den ungefähren Flächeninhalt des wüsten Erdgür-
tels, der von der Westküste N.-Afrikas bis an den Ostrand des
hintern Hoch-Asiens sich erstreckt! — 3.) Welche große Flußthä-
ler unterbrechen diesen Wüstengürtel? — 4.) Welche Theile dieser
Wüstenzone bestehen aus Hochland? welche aus Tiefland? — 5.)
Welche Flüsse durchziehen den großen sibirischen Steppengürtel?
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Extrahierte Personennamen: Rio_Colorado
Extrahierte Ortsnamen: Südamerika Paraguay Guyana N.-Amerika Südrande_Hochafrikas Asien Europa Petschora Dwina Hoch-Asiens Hochland
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Die Republiken,
95
Unfern der Küste, etwa in der Mitte des Landes: Wlima" mit der
lebhaften Hafenstadt Ocalläo ^kaljäo^.
In der Mitte: Hcuzko (st o.).
e. Solivia hat seinen Namen von Bolivär, dem Befreier Südamerikas,
erhalten. Die Verhältniffe liegen ähnlich wie in Peru; das Land birgt reiche
Metallschätze und selbst in dem dürren Küstenstriche wurden große Salpeter-
lager entdeckt, aber häufige politische Unruhen hindern den Aufschwung der
Bevölkerung,
Im So. vom Titicäca-See: Ola Paz* [paß], durch eine Kunststraße
mit jenem See verbunden; Dampfschiffe befördern die Handelswaren bis nach
Puno, von wo die höchste Gebirgsbahn der Erde zum Ozean sührt.
In der Mitte: Opotosi ■ potoftt], im Mittelpunkte der Silberminen.
f. Chile [tfchtle], die blühendste Republik, welche aus den früheren fpa-
nifchen Kolonieen hervorgegangen ist, wird meist von Weißen bevölkert.
Abgesehen von der A t a c ä m a - W ü st e erfreut sich das Land einer üppigen
Vegetation. Ackerbau (die Kartoffel ist hier heimisch) und Bergbau (Kupfer)
machen die Bewohner wohlhabend.
Westlich vom Aeoncagna [akonkägwa]: Msantiago* [ßantiägo], 160 T.
Einw., mit einer Universität und großem Handel; sehr bedeutend ist auch die
Hasenstadt Wvalparaiso [ioalparatßo] d. h. Thal des Paradieses.
Von Patagonien und dem Feuerlande, welche durch die Magal-
haes smagaljängsch^ -Straße von einander getrennt sind, gehört jetzt der
waldige Westen zu Chile.
g. Die argentinische Republik, ein Staatenbund wie Colombia, dehnt
sich über den größten Teil des südlichen Kontinents aus; denn auch Ost-
Patagonien und Feuerland wird von ihr beansprucht. Der Hauptstrom,
der Parauä, kommt aus dem brasilianischen Berglande, nimmt von r. den
Paraguay [paragwm], von l. den Uruguay [nrngtuat] auf und ergießt sich
unter dem Namen La Plata-Strom in den atlantischen Ozean.
Nur in den Flnßthälern finden sich fruchtbare Ackerflächen; im übrigen
bedecken ungeheure Grassteppen, die sogen. Pampas, den Erdboden; auch
flache Salzseeeu und Sandstrecken sind nicht selten. Strauße, wilde Hunde,
große Herden von halbwilden Rindern und Pserdeu, von den Gauchos
[gantschos^-Hirten gehütet, beleben die baumlose, au die Prärieeu erinnernde
Einöde. — Nach S. zu werden die Pflanzen immer spärlicher und machen
endlich in Patagonien dem nackten Felsboden Platz. Hier wohnen deshalb
nur wenige Tausend Indianer. Erst an der Magalhaes -Straß e tritt
wieder eine reichere Vegetation auf.
An der Südküste des La Plata: Mbueuos Aires* (b. h. gute Lüfte),
200 T. Einw., mit fehr bedeutendem Handel (Produkte der Viehzucht).*)
h. Uruguay [urugwai] liegt zwischen dem Flusse gl. N. und dem Ozean
und treibt vorzugsweise Viehzucht.
An der Nordküste des La Plata: Wmontevidio*.
i. Paraguay [paragtüdi] zwischen dem Flusse gl. N. und dem Parana,
ist der einzige Binnen st aat Südamerikas und hat wenig Bedeutung.
Am Paraguay: Oasuueiou* [astraziön].
1) Merke Buenos Aires unter dem ^5° s. Br., etwa wie die Kapstadt.
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Extrahierte Personennamen: Solivia Südamerikas
Extrahierte Ortsnamen: Ocalläo Peru Titicäca-See Puno Opotosi Chile Patagonien Chile Patagonien Feuerland Paraguay Uruguay Ozean Patagonien Uruguay Paraguay Paraguay Kapstadt
182
B. Zur Länderkunde.
vermuten läßt, einst vereist. Jetzt mag die Schneegrenze in diesen Regionen bei 600 m
liegen. Gletscher reichen mit ihren Zungen bis in Seen hinein, die wenig über dem
Meeresspiegel liegen, und tauchen im Süden in die Fjorde. Bis zum Maipo hin macht
sich in großen Gebirgsseen und Moränenablagerungen die Eiszeit bemerkbar. Tie
Wasserscheide und die Kette der höchsten Erhebungen weichen oft voneinander ab.
Es ist vorläufig in den Tälern mit Bambusstreisen an den Bächen und mit Buchen-
grnppen, zwischen denen hie und da eine Hirschart in Rudeln weidet, nicht viel zu
holeu. Doch streiten die Kommissionen mit Erbitterung. Ein britischer Schieds-
sprnch wird hoffentlich der Spannung bald ein Ende machen.
Das chilenische Land ist keineswegs die einfache Abdachung der hohen Kordillere
gegen die Seeküste. Längs der Meeresküste zieht, von den Gebirgsbächen und weiter
im Süden von den Fjordtälern vielfach durchschnitten, eine Küsteukordillere aus
kristallinischen Massengesteinen. Schon in Nordamerika und in Peru begegueteu
wir dieser Erscheinung. Wir nennen die Küstenkette niedrig, und das ist sie im Ver-
gleich mit den Anden. Wir müssen uns aber vor Augen halten, daß sie vielfach unserem
deutschen Mittelgebirge an Höhe gleichkommt, ja vereinzelt sogar das Riesengebirge
überragt. Zwischen der hohen Kordillere und der Küstenkette erstreckt sich das chile-
nische Längstal. Im Norden kommt es zum Ausdruck hinter der Küsteukette von Jqui-
que in der Pampa de Tamarngal, in welcher inmitten der Salzsümpfe noch hier und
da Buschwälder stehen. Zum Teil sind sie verschüttet und werden in dem holzarmen
Gebiet als Brennmaterial ausgesucht, wenn sie nicht versteinert sind. Der Rio Loja
markiert durch den nach Norden gerichteten Teil seines Laufes das Tal sehr gut, dann
wird für eine längere Strecke die Ausbildung des Längstales weniger deutlich, be-
sonders an der schmälsten Stelle Chiles. Santiago liegt in nahezu 600 in Höhe in
einem Teile dieses Tales, durch dessen Ackerbaugefilde in eiuem allmählichen Auf
und Ab die Eisenbahn nach Süden führt bis zum Puerto Moutt am Binnenmeer
hinter Chiloe. Die breiten Hochwasserbetten der Kordillerenbäche nötigen auch da,
wo sie, wie im Norden Chiles, oft nicht einmal das Meer erreichen, zu vielen kost-
spieligen Brückenbauten. Das verzweigte Binnenwasser längs der Küste des Fest-
landes gibt uns des weitern die Richtuug des Längstales, die durch größere und
kleinere unters Meer tauchende Quertäler gegliederten Inseln und Schären sind die
aus dem Meere ragenden Teile der Küstenkordillere. Ein Land, welches sich 4500 km
in die Länge dehnt und vom Meeresspiegel zu Höhen über 6000 in ansteigt, muß eine
Fülle der verschiedensten Landschaftsbilder innerhalb seiner Grenzen darbieten. Wir
beginnen, ohne Rücksicht auf die politischen Unterabteilungen zu nehmen, mit der
Darstellung des Mittellandes, der Umgebung der beiden wichtigsten Städte Val-
paraiso und Santiago. In ihnen leben fast 400 000 Menschen und davon zwei Drittel
in der Hauptstadt, welche mit dem Hafen Valparaiso durch eine 163 km lange Eisen-
bahn verknüpft ist. Valparaiso liegt an einer halbmondförmigen, gegen Südwesten
geschützten Bucht und steigt von dem schmalen Strande, auf welchem mit Ausnahme
einiger Villen vor wenigen Jahrzehnten die kleine Siedelung beschränkt blieb, amphi-
theatralisch an den Berglehnen empor. Wer die Bilder der kahlen Hafenplätze Perus
und Nordchiles noch in Erinnerung hat, freut sich über die Kokospalmen, welche der
im Sommer ziemlich öden Küstenlandschaft zur Zierde dienen. Einer grünenden
Oase gleicht Quillota, zwischen dessen Obstgärten, Weingärten und Feldern uns
zuerst die in der Umgebung Santiagos so reichlich vertretenen Pyramidenpappeln
entgegentreten. Ihre Reihen begleiten sogar die Eisenbahnstrecken. Über die Küsten-
kordillere gelangen wir ins Hochtal von Santiago. Inmitten der wegen der Erd-
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
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§ 23. 3. Südamerika. — b) Das ungefaltete Land des Ostens. 23
geschaffen, zwischen dem völlig ebene Tafeln, „Mesas"i, stehengeblieben sind.
Die Bergwasser sammelt der breite, sehr tiese und wasserreiche Orinoko.
Das baumarme Land hat im Nordsommer Regenzeit und im Nord-
Winter, wenn der Nordostpassat über die Ebene dahinbraust, Trockenzeit.
Es weist verschiedene Landschaftstypen auf. Nach W wird es allmählich
feuchter, in der Graslandschaft zeigen sich Baumgruppen (Bild 22, 23), dann
niedriger Trockenwald, am Fuße der Kordilleren dichter Regenwald.
Staatlich gehört der Sw zu Colömbia, der No zu Venezuela (f. o.).
2. Das Bergland von Guayana ^gwajäua^ ist ein uraltes Gebirge, das
stark verwittert, der hohen Gipfel beraubt und ein von parallelen Ketten
durchzogenes Tafelland geworden ist. Die dichte Vegetation des heißen
und sehr feuchten Berglandes henunt den Verkehr. Von Bodenschätzen wird
bisher nur Gold durch Auswaschen gewonnen.
Das Orinökogebiet gehört zu Venezuela. Der 0 ist der einzige europäische
Besitz in Südamerika. Die westliche Hälfte gehört den Briten, die östliche den
Niederländern und Franzosen. Das Land liefert den besten Kakao und
spanischen Pfeffer.
3. Amazonien ist das größte Tiefland der Erde, eine ganz flache Mulde,
dreizehnfach größer als das Deutsche Reich. Über der alten Felsunterlage
haben Meere verschiedener Erdzeitalter ihren Schlamm in Schichten ab-
gelagert und die Flüsse ein weit ausgedehntes Schwemmland (Delta) auf-
geschüttet. Da dieses üppigste und gewaltigsteurwaldgebiet^ („Selvas"
vom lateinischen silva. Buntbild „Urwald") nur durch den Amazonenstrom
und seine Nebenflüsse (s. den Atlas!), die bis zum Austritt aus den Gebirgen
für Dampfer fahrbar sind, erschlossen wird, so heißt es mit Recht Amazonien^.
Die riesigen Regenmengen, die, nach W zunehmend, in der Regenzeit
(Nordwinter) hier fallen, machen allein schon Südamerika zum nieder-
schlagsreichsten aller Erdteile. In der Trockenzeit (Nordsommer) nährt
reichliches Grundwasser, eiue Folge der ausgedehnten Überschwemmungen,
den farbenprächtigsten und von buntester Vogel- und Jnsektenwelt belebten
Urwald.
Der Amazonas^ heißt in den oberen zwei Dritteln seines Laufes Maranon.
Seine fahrbare Strecke von den Kordilleren (130 m über dem Meeresspiegel)
bis zur Küste ist in der Luftlinie über 3000km lang. Sein Stromgebiet ist
das größte der Erde. Seine Wasserfülle übertrifft selbst die des St. Lorenz-
stromes um das Dreifache. Er heißt darum nicht mit Unrecht „das Mittelmeer Süd-
amerikas". Mit dem Orinoko steht er durch den Rio Negro und den Easiquiare
[kafjtfiare] in fahrbarer natürlicher Wasserverbindung durch Flußgabelung. Sein
rechter Nebenfluß Madeira ist größer als die Wolga. Seine breite, vom Äquator
1 D. i. Tisch, vom lateinischen mensa. — 2 Wb. Lehmann Nr. 17, Hölze! Nr. 15.
3 Den Lärm,^ den die an der Mündung 10 m hohe Flutwelle verursacht, nannten die
Indianer „Amaßünu", d. i. Wasserwolkenlärin. Die Spanier deuteten den Namen auf
Amazonen.
4 Die fahrbaren Strecken des Hauptstromes und seiner Nebenflüsse betragen an 400001cm
= dem Erdäquator.
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89
Mosquito Küste, eine nieorige, wellenförmige, äußerst humusreiche
Ebene, mit vielen guten Flüssen, mehren ausgezeichneten Häfen.
Ii. Südamerika.
6. Das kleine Tiefl. des Magdalenenflusses; sehr heiß, voll
Wald und wilver Thiere; noch wenig erforscht.
7. Die Llanos des Orinocco. — Eine fast wagerechte Ebene
v. 16,000 lum., mit Steppenboden; — ohne Quellen u. Bäume. In
der trockenen Jahreszeit fast asrikan. Hitze, nur verdorrte Pflanzen, zer-
rissener Boden, größte Stille. In der Regenzeit bedeckt stch die Steppe
schnell mit dem üppigsten Graswuchse (»Grasmeer«), die reiche Thier-
welt regt sich wieder, zahlreiche Hirten finden sich ein. — Sagopalme;
wilde Heerden v. Rindern, Pferden, Eseln; Jaguar; Crocodill; Schlan-
gen (Boa eoimtriewr);. elektrischer Aal; Vampyr; Jnsecten.
6. Die Küstenflächen v. Guyana; reich an Regen und lang-
samen Flüssen; sumpfig, heißfeucht, ungesund.
9. Das Tiefland des Maranon; — 150,000 Ulm. — Eine
schmale Ebene mit einem unmerkbaren Erdrücken, im N. des Rio Ne-
groß, verbindet es mit den kahlen Ll. des Orin. u. eine noch schmalere
Schwelle bei Santa Cruz mit den grasigen Pampas des La Plata.
— Eine mit dichtem, mächtigem Urwalde (Selvas) bedeckte Ebene
von sehr geringem Gefälle, durch welche viele wasserreiche, aber lang-
same Flüsse als Straßen führen. Sehr fruchtb. Boden n. sehr gesundes
Klima; doch dünn bevölkert und kaum colonifirt.
10. Die Pampas des La Plata u. die Ebenen v. Patago-
nien; — 76,000 Ulm. Im N. mit Palmen, im S. fast schon mit
ewigem Schnee bedeckt. Durch eine Linie längs dem Paraguay Fl. bis
zur La Plata Mdg. geschieden in ein östl. waldreiches Hügelland u. in
eine westl. baumarme, grasige Ebene. — Die patag. Wküste sandig
u. unbewohnt; das innere Patagonien guter Weideboden mit Nomaden-
völkern. — Im nördl. Theile der Pampas Heerden von verwiloerten
Hunden, Rindern, Pferden; verschiedene Arten v. Ameisenfressern; Casuar.
Längs der ganzen Wküste kein Tiefland von Bedeutung.
§. 160. Die Gewässer. — Am. ist von allen Erdtheilen
am reichsten bewässert; es hat die längsten n. breitesten Ströme,
die größten Stromgebiete, die reichste Verzweigung der Flnßnetze,
die meisten, n. zwar sehr große Süßwasserseen anfzuweisen. Die
zahlr., tief ins Land einschneidenden Flüsse mit sehr mäßigem
Gefälle ersetzen die mangelnde Gliederung des Continents und
geben sogar der Oseite einen ocean. Character. Gespeist ans den
Schneelagern der Cordill. oder durch die, auf dicht bewachsenen
Boden fallenden, starken trop. Regengüsse, leiden sie nie Wasser-
mangel. — Die Wasserscheiden meistens von geringer Erhebung.
A. Gebiet des nördl. Eismeeres u. der Hudsons Bai.
Zahlreiche Flüsse u. Seen mit sehr reichen Netzen und größtentheils
unter einander in steter od. periodischer Verbindung. — Bifurkationen.
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Zuströme des Maranhon und des la Plata theilt dasselbe
in eine nördliche und eine südliche Abtheilung.
Ueber der nördlichen streicht in vorherrschender Nord-
ostrichtung ein zu mäßiger Erhebung ansteigender Höhen-
zug, die Serra dos Vertentes, die bei der Quelle des
Parnaiba in mehrere Verzweigungen gespalten, in einer
östlich auslaufenden Kette gegen das atlantische Meer ab-
fällt, in einer westlichen den Tokantin begleitend, die Ma-
ranhonmündung erreicht. Das Bergland im Osten der Serra
dos Vertentes mit der allgemeinen Benennung der Minas
geraes bezeichnet, ist eine flachhügeliche Hochebene von
dem auf der Serra Negra entspringenden S. Francisco
durchschnitten. Weite Flächen, Campos, mit Gras und
dichtem Gebüsch bewachsen, charakterisiren die Natur dieses
Berglandes. Im Osten des S. Francisco steigt im Pa-
rallelismus mit der Streichungslinie der Serra dos Ver-
tentes in ihrem südlichen Theile durch die Serra Mante-
queira mit den südbrastlianischen Bergzügen verbunden,
die Serra do Espinha^o zu einer ansehnlichen Kamm-
höhe an; die bedeutendsten Gipfel sind der Jtacolumi
5400' und der Jtambe 5700' hoch. Die Stufenabfälle der
Serra do Espinhaco zur brasilianischen Küste werden durch
die Flüsse Belmonte und Doce durchschnitten. Gegen
den innern Continent ist das brasilianische Hochland wenig
erforscht. Das der Serra dos Vertentes sich anlehnende Berg-
land besteht aus sandigen, wasserarmen Flächen; den äußersten
Westrand bildet ein wellenförmiges, zu nur geringer Höhe
ansteigendes Hügelland mit dem Charakter der Campos von
einzelnen Bergrücken durchzogen, deren westlichster die Cor-
dille re Geral, den Madeira erreicht. Gegen die Nord-
seite senkt sich das brasilianische Hochland in allmäliger
Neigung zum Niederungslande des Amazonenstroms, dessen
südliche Zuflüsse, Topajos, Zkingu, Tocantin mit dem Araguay,
die Randgebirge in Catarakten durchbrechen.
Die südliche Gruppe des brasilianischen Bcrglandes
wird durch den Parana durchschnitten. An der Westseite
des Parana erreichen die Abstufungen der Hochfläche den Pa-
raguay; den Ostrand bildet der Gebirgszug der Serra do
Mar, der bei dem Cap Frio beginnt, gegen die Bai von
Rio Janeiro abfällt und gegen S.w. den Mittlern Lauf des
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