1. In der Werkstätte und auf dem Arbeitsplatz. 109
wolle, besonders wenn sie mit Kalk von der Haut des Schafes
entfernt wird (Gerberwolle).
2. Die Schafwolle wurde im Abendlande schon in früher Zeit
verwendet, während sie in den asiatischen Ländern, die zur Schaf-
zucht wenig geeignet sind, immer eine untergeordnete Rolle ge-
spielt hat. Die Heimat der europäischen Schafzucht ist Spanien,
wo schon im Altertum das dort lebende Merinoschaf gezüchtet
wurde. Besonders bedeutsam war die 1765 erfolgte Einführung
des Merinoschafes nach Sachsen, dessen heutige Rasse die dünnsten
und fein welligsten Wollen liefert. Von größtem Erfolge war die
Einführung der Schafzucht in Australien und Neuseeland am Ende
des achtzehnten Jahrhunderts. Die ursprünglich straffen, unbrauch-
baren Haare dieser Schafe verwandelten sich alsbald unter dem
Einflüsse des australischen Klimas in gute Wolle. Gegenwärtig
liefert das australische Schaf, veredelt durch Kreuzungen mit eng-
lischen Schafen und Merinos, eine Wolle, die den besten Merino-
wollen an die Seite gestellt werden kann. Auch in Südamerika
wird seit langer Zeit die Schafkultur in großem Maßstabe be-
trieben. In Nordamerika ist sie in neuerer Zeit rasch empor-
geblüht. Trotz der Zunahme der Wollindustrie in den industriellen
Ländern Europas ist ihre Wollproduktion in Abnahme begriffen,
da sie mit der von der Natur so begünstigten Produktion der
außereuropäischen Länder nicht konkurrieren kann. Die Woll-
einfuhr nach Europa nimmt daher beständig zu. Fast die Hälfte
der in Europa erzeugten Wolle liefert Rußland. Der Handel mit
der außereuropäischen Wolle liegt fast ganz in den Händen der
Engländer.
3. Untersucht man eine Wollfaser unter dem Mikroskop, so
sieht man, daß sie aus drei Teilen zusammengesetzt ist, welche
man Schuppen-, Rinden- und Markschicht nennt. Die äußerste
Schicht, die Schuppenschicht, ist von dünnen, hornartigen
Schuppen gebildet, die dachziegelartig übereinander liegen. Bei
den feinen Wollsorten ist meist eine einzige Schuppe genügend
groß, um das ganze Haar ringförmig zu umfassen, so daß das
Wollhaar aussieht, als bestände es aus lauter ineinander gesteckten
Bechern. Die Schuppen sind das eigentümliche Merkmal der Schaf-
wolle und machen ihre mikroskopische Erkennung zu einer leichten
Aufgabe. Auf dem Vorhandensein der Schuppenschicht beruht
wahrscheinlich die Filzfähigkeit oder Krimpkraft, die Vorbedingung
für das Walken der Tuche. Auf der Art der Anordnung der
Schuppen beruhen ferner der Glanz und die mehr oder weniger
große Leichtigkeit, mit der die Wolle beim Netzen und Färben
Wasser und Farbstoff aufzunehmen vermag. Die Rindenschicht
besteht aus schmalen spindelförmigen Zellen, die dem Wollhaar
seine Festigkeit verleihen. Die Mark Schicht ist weniger wichtig,
da sie gerade bei den vollkommensten Wollhaaren gänzlich fehlt.
Ja, es ist der mehr oder weniger große Markgehalt eines Woll-
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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TM Hauptwörter (200): [T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Altertum Sachsen Australien Neuseeland Südamerika Nordamerika Europas Europa Europa
1. Der Weltverkehr.
267
auch die Länder jenseits des Ozeans kennen und ließ sich hinüber-
tragen durch Wind und Meeresströmungen.
2. Jahrtausende blieb man auf diese Hilfsmittel beschränkt;
eine Entdeckung neuer Mittel schien unmöglich. Da kam plötzlich
eine neue Zeit. Man lernte statt der Naturkörper die Natur-
kräfte sich dienstbar machen. Der Dampf, der gewaltige Sohn
des Feuers und des Wassers, mußte die Muskelkraft der Pferde
ersetzen, und auf stählernen Schienen jagte das Dampfroß durchs
Land. Auf deutschem Boden fuhr der erste von einer Lokomotive
bewegte Zug im Jahre 1835 von Nürnberg nach Fürth. In
Preußen wurde 1838 die erste Bahn von Berlin nach Potsdam
eröffnet. Heute besitzt Deutschland fast 60000 Irrn Eisenbahnen. Auch
in den dunkeln Erdteilen dringen jetzt nach und nach von allen Seiten
Eisenbahnlinien ein, und selbst das abgeschlossene China kann sich ihrer
nicht länger erwehren.. Wir haben jetzt Eisenbahnen über schmale Meeres-
arme (in Schottlands und durch sandige Wüsten (Alexandrien und Suez).
Sie durchschneiden die Lagunen von Venedig, erklimmen hohe Berge
(Nigi, Vesuv u. a.) und übersteigen die Alpenpässe; sie rollen durch die
weite Prairie und durch den tropischen Urwald. In Berlin gehen die
Stadt- und Ringbahn und die elektrische Hochbahn hoch über dem
Menschenverkehr hin, und die Untergrundbahn führt unter belebten
Straßen und selbst unter der Spree hindurch. Man hat sogar den
kühnen Plan gefaßt, einen Tunnel unter dem Meere zwischen England
und Frankreich anzulegen. In Europa können wir bereits ununter-
brochen von Madrid bis nach Konstantinopel gelangen und von Brindisi
in Snditalien bis nach Petersburg. Rußland dehnte sein Schienennetz
von der Wolga bis nach Sibirien aus. Die Pyrenäen, der Brenner
und der Semmering sind schon überschient; der Mont Cenis-Tunnel
(12 km), der St. Gotthard-Tunnel (15 km) und der Simplon-Tunnel
(fast 20 km lang) durchbohren die Alpen. Auch zwischen näher ge-
legenen Orten nimmt der Verkehr immer größeren Umfang an. Jährlich
mehrt sich die Zahl der Kleinbahnen, und immer näher rückt der
Zeitpunkt, den der Dichter schildert:
„Bald ist, soweit die Menschheit haust, der Schienenweg gespannt;
es keucht und schnaubt und stampft und saust das Dampfroß rings durchs
Land."
3. Sogar auf die See hat der Dampf seine Tätigkeit erstreckt.
Die seit der Mitte des 18. Jahrhunderts angestellten Versuche,
Schiffe mit Dampfkraft zu treiben, führten 1807 zum ersten Erfolg,
als Fulton sein Dampfschiff vom Stapel ließ. Jetzt ist die Zahl
der Dampfschiffe so groß, daß jeder bedeutende Fluß seine Dampsboote
hat und die Meere von Dampfschiffen durchschnitten werden. Die erste
Form der Dampfschiffe war die der Rüderschiffe mit Schaufelrädern
zu beiden Seiten. Später baute man die Schraubendampfer. In
8 Tagen machen jetzt die deutschen Postdampfer regelmäßig ihre Fahrt
über den Atlantischen Ozean, und mit Benutzung der Pacificbahn können
wir in 14—18 Tagen an der Küste des Stillen Ozeans sein. Nehmen
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
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Extrahierte Personennamen: Fulton
Extrahierte Ortsnamen: Nürnberg Berlin Potsdam Deutschland China Schottlands Suez Venedig Berlin England Frankreich Europa Madrid Konstantinopel Brindisi Snditalien Petersburg Sibirien
1. Der Weltverkehr.
277
viele Störungen, daß erst seine neue Lokomotive für Schienenwege als
erste wirkliche Lokomotive im heutigen Sinne gelten kann. Als sie in
London ausgestellt war, staunte man „den schnaubenden Teufel" allge-
mein an, freute sich auch, als bei öffentlich gemachten Versuchen die
Maschine erst sechs bis acht, dann sogar 15 englische Meilen in der
Stunde lies; aber das Los des Erfinders war das so vieler anderer:
er verarmte und starb 1833 verlassen und vergessen. Ein Armengrab
nahm ihn auf.
Einem andern Erfinder war es vorbehalten, der Lokomotive eine
brauchbare Form zu geben und sie so zu vervollkommnen, daß sie ihren
Siegeslauf über den Erdball antreten konnte: Georg Stephenson.
Seine erste Lokomotive, die 1814 entstand, war zwar noch recht un-
vollkommen; als er aber elf Jahre später für die Stockton-Darlington-
Bahn Lokomotiven zur Personenbeförderung erbaute, da war die Idee
in seinem klugen Kopse, gefördert durch gründliches Studium und
mannigfache Versuche und Erfahrungen, so vollkommen znr Reife ge-
langt, daß die moderne Lokomotive heute nach mehr als achtzig Jahren
trotz aller Verbesserungen in dem Grundgedanken noch immer der von
Stephenson erbauten „Rocket" gleicht.
3. Nun nahm das Eisenbahnwesen einen schnellen Aufschwung.
Am 27. September 1825 waren auf der von Stephenson erbauten
Bahn zum erstenmal Personen befördert; 1830 wurde die Bahn zwischen
Liverpool und Manchester ausschließlich mit Dampfwagen befahren, und
am Ende desselben Jahres gab es in England schon 245 km Eisenbahnen.
Bald wurden auch auf dem Festlande Bahnen gebaut, so 1835 die
erste deutsche Personenbahn von Nürnberg nach Fürth, der bald die
Strecken Leipzig-Dresden, Braunschweig-Wolfenbüttel, Hannover-Celle,
Berlin-Potsdam u. a. folgten. 1840 gab es schon 9000, 1845 bereits
17oo0 km Eisenbahnen, wovon auf Deutschland über 2000 entfielen.
Und nun beginnt eine Zunahme, die von Jahr zu Jahr ihren Umfang
steigert. 1860 umfaßte das Eisenbahnnetz schon 100o00, 1880 fast
400000 km. Im Jahre 1907 waren 957 000 km im Betriebe, eine
Strecke, die das Dreiundzwanzigfache des Erdumfanges übertrifft oder
reichlich bis zum Monde und wieder zurück reicht, und doch ist nur die
Bahn-, nicht die Geleislänge gerechnet, auch sind alle nicht dem öffent-
lichen Verkehre dienenden Bahnen unberücksichtigt geblieben. Es ent-
fallen auf Amerika 488 Ooo km, auf Europa 320000 km, auf Asien
90000km, auf Australien 28600 km und auf Afrika 30000 km. Von
den Einzel st aaten steht das Deutsche Reich mit 58000 km Eisen-
bahnlänge an dritter Stelle; die Vereinigten Staaten von Amerika
besitzen das größte Eisenbahnnetz. Am dichtesten ist es in Belgien (26,6km
auf je 100 qkm Fläche) und im Königreich Sachsen (20,5 km auf je
100 qkm Fläche). Die Anlagekosten der 1907 im Betriebe befindlichen
Eisenbahnen betrugen 208 Milliarden Mark. Eine Rolle von Zwanzig-
markstücken, die diesen Betrag enthielte, würde reichlich von der Süd-
westspitze Spaniens zur Nordostspitze Rußlands und wieder zurückreichen
und zur Verladung mehr als 75oo Eisenbahnwagen mit je Io Ooo kg
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Georg_Stephenson
Extrahierte Ortsnamen: London Liverpool England Nürnberg Braunschweig-Wolfenbüttel Hannover-Celle Berlin-Potsdam Deutschland Amerika Europa Asien Australien Afrika Amerika Belgien Königreich_Sachsen Spaniens Nordostspitze_Rußlands
348
Vii. Aus der Geschichte des Vaterlandes.
„Och erneuere das «Qecüsiö0, daß Och für des Uossies und Canbes
Ehre allzeit einstechen mich sowohl nach innen als nach außen. — Lin
Reich, Ein Volk. Ein Zoll!"
„Das; dein so fei. das matte $ott!“
3. Alle Erwerbsstände und Untertanen sind in gleicher
Weise des kaiserlichen Schutzes sicher und der sozialen Für-
sorge gewiß. (Aus der Rede des Kaisers am 31. August 1907 in
Münster in Westfalen.)
„Die Provinz Westfalen bietet ein schönes Bild dafür, daß es
wohl möglich ist, historische, konfessionelle und wirtschaftliche Gegen-
sätze in versöhnlicher Weise zu einen in der Liebe und Treue zum
gemeinsamen vaterlande. Die Provinz setzt sich zusammen aus
verschiedenen Landesteilen, von denen viele schon lange der Krone
Preußens zugehören und manche erst später dazu gekommen sind.
Sie wetteifern aber alle miteinander in der treuen Zugehörigkeit
zu Unserem Hause. Wie Ich keinen Unterschied mache zwischen
alten und neuen Landesteilen, so mache Ich auch keinen Unterschied
zwischen Untertanen katholischer und protestantischer Uonfession, sie
stehen doch beide auf dem Boden des Christentums und beide sind
bestrebt, treue und gehorsame Untertanen zu sein. Meinem landes-
väterlichen Herzen stehen alle Meine Landeskinder gleich
nahe. In wirtschaftlicher Beziehung bietet uns die Provinz gleich-
falls ein höchst erfreuliches Bild. Es zeigt, daß die großen Erwerbs-
zweige einander nicht zu schädigen brauchen, und daß die Wohlfahrt
des einen auch dem andern zugute kommt. Der Bauer bebaut
seine rote westfälische Erde mit Fleiß, fest am überlieferten Alther-
gebrachten haltend, eine kernige Natur mit eisernem Fleiße und
ehrenhafter Gesinnung, von treuem Wesen, eine feste Grundlage für
unser Staatswesen. Darum wird Mir der Schutz der Landwirt-
schaft stets besonders am Herzen liegen. Der Bürger baut seine
Städte in immer vollkommenerer Weise aus; es entstehen große
Werke gemeinnütziger Art, Museen und Sammlungen, Urankenhäuser
und Uirchen. Im Schoße Ihrer Berge ruhen die Schätze, die, von
fleißigen Händen der braven Bergleute gefördert, der Industrie
Gelegenheit geben, sich zu betätigen, dieser Industrie — dem Stolz
unserer Nation — wunderbar in ihrem Aufschwünge, beneidet
von aller Welt. Möge es ihr vergönnt sein, rastlos auch fernerhin
Schätze zu sammeln für unser Nationalvermögen und nach außen
den guten Nuf von der Tüchtigkeit und Güte deutscher Arbeit
zu mehren. Ich gedenke hierbei auch der Arbeiter, die in den
gewaltigen industriellen Unternehmungen vor den Hochöfen und unter
Tage im Stollen mit nerviger Faust ihr Werk verrichten. Die Sorge
für sie, ihren Wohlstand und ihre Wohlfahrt habe Ich als teures
Erbe von Meinem in Gott ruhenden Großvater übernommen, und es
ist Mein Wunsch und Wille, daß wir auf dem Gebiete der sozialen
Fürsorge festhalten an den Grundsätzen, die in der unvergeßlichen
Botschaft Kaiser Wilhelms des Großen niedergelegt sind."
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
92
Iii. Am eignen Herd.
des Jahres hindurch reichen wir mit der natürlichen Wärme der
Außenwelt nicht aus, sondern wir müssen unsere Wohnungen durch
Heizen angemessen erwärmen.
Schlechte Wohnungen bilden die natürlichen Krankheitsherde und
wirken um so verderblicher, je mehr schlechte Ernährung und Pflege
des Körpers hinzutreten. Die Epidemien sind daher in engen
Häuservierteln der Städte am verderbenbringendsten da aufgetreten,
wo menschliche Not und bitteres Elend ihre Heimstätte aufgeschlagen
haben. In solcher grausigen Umgebung geht auch der Sinn für
Sittlichkeit zugrunde. Denn wo die verschiedensten Altersklassen
der beiden Geschlechter zusammengedrängt sind, verliert sich das Scham-
gefühl. Es entstehen Sittenlosigkeit und Verwahrlosung. Will man
die Gesittung eines Volkes heben, so muß man auch die
Verbesserung seines leiblichen Wohles zu fördern suchen.
Von hohem, besonders von sittlichem Einfluß ist auch die ge-
schmackvolle innere Ausstattung und Einrichtung unserer Woh-
nungen. In einem freundlichen Heime finden wir Ruhe, Behaglichkeit
und das stille Genügen, welches eine so wichtige Bedingung eines
glücklichen Familienlebens ist. In der einfachsten Wohnung sind diese
Freunde des Hauses am meisten zu finden.
Nach Huizinga-Jüttinq, Panlick u. a.
59. Die Huöerkutose und ihre Bekämpfung.
1. Seit dem Jahre 1875 besteht das „Reichsgesundheits-
amt". Es hat u. a. die Aufgabe, die Bevölkerung über das Wesen
der Volkskrankheiten aufzuklären und bewährte Mittel zur Verhütung
und Bekämpfung der verheerenden Volksseuchen vorzuschlagen. Diesem
Zweck dient das „Gesundheitsbüchlein des Kaiserlichen Gesundheits-
amtes^. Auch hat das Reichsgesundheitsamt ein „Merkblatt" heraus-
gegeben, welches über die verbreitetste und verderblichste aller Volks-
krankheiten, über die Tuberkulose, belehrt.
2. Was ist die Tuberkulose? Die Tuberkulose ist die ver-
derblichste aller übertragbaren Krankheiten. Sie befällt die verschiedensten
Teile des Körpers, meist aber die Lungen; sie verschont kein Land,
kein Lebensalter, keinen Beruf, keine Volksklasse. In Deutschland
sterben daran jährlich über 100 000 Menschen; die Zahl der Kranken
wird auf das zehnfache geschützt. Jeder dritte im Alter von 50 bis
60 Jahren sterbende Mensch erliegt der Tuberkulose. Sie wird ver-
ursacht durch den von Robert Koch entdeckten Tuberkelbazillus,
welcher am besten bei Blutwärme (etwa 37 Grad Celsius) gedeiht und
sich im Innern des Körpers vermehrt. In die Außenwelt gelangt er
hauptsächlich mit dem Auswürfe kranker Menschen und mit der Milch
kranker Tiere. Jeder Mensch ist der Gefahr ausgesetzt, den Keim der
Tuberkulose in sich aufzunehmen, und mancher beherbergt ihn seit langer
Zeit, ohne es zu wissen. Jedermann muß sich daher auf den
Kampf mit diesem Feind einrichten. — Der Tuberkelbazillus
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
278
V. Im Weltverkehr und im Vaterlande.
Tragfähigkeit erfordern. In Deutschland, wo etwa auf jeden Einwohner
1 na Eisenbahn kommt, dienen 24000 Lokomotiven, 50000 Personen-
und 51ooo0 Güterwagen dem Verkehre. — Wie viele Industriezweige
erhalten durch die umfangreichen Bedürfnisse der Eisenbahn Aufträge
und Einkünfte! Allein im unmittelbaren Eisenbahndienste beschäftigt das
Deutsche Reich weit über eine halbe Million Beamte und Arbeiter, so daß
in Deutschland auf etwa 100 Einwohner ein Eisenbahnbediensteter kommt.
Diese Angestellten bezogen im Jahre 1907 weit über 1000 Millionen,
durchschnittlich fast 1500 Mark Gehalt. Die Zahl der Arbeiter, welche der
Eisenbahn indirekt ihr Brot verdanken, ist aber noch viel größer.
4. Die Elsenbahnen haben jedoch mit den Jahren nicht nur an
Ausdehnung zugenommen; sie sind auch immer mehr vervollkommnet
und den Wünschen des modernen Verkehrs mehr und mehr angepaßt
worden. Mit dem Bau der Lokomotiven und der dadurch erhöhten
Geschwindigkeit sowie mit der Vermehrung der Lasten, welche das
rieseustarke Dampfroß zuließ, hatte sich auch die Notwendigkeit eines
verbesserten Unterbaues ergeben. Man lernte die Schienen besser
lagern und verbinden, die Aufschüttungen der Bahnkörper sicherer an-
legen und die Weichen immer bequemer und zuverlässiger konstruieren.
Material und Herstellungsweise der Schienen erfahren Verbesserungen.
Die Schwierigkeiten des Geländes wurden überwunden, Felsen wegge-
sprengt oder durchbohrt und Flüsse und Täler überbrückt; Bergbahnen,
die Abhänge emporklimmen, Schwebebahnen und unterirdische Bahn-
anlagen wurden erbaut. Auch für die Sicherheit der Reisenden wurde
immer besser gesorgt. Die Beaufsichtigung des Bahnkörpers und die
Überwachung des rollenden Materials wurde stets besser ausgestaltet,
das Signalwesen erfuhr einen bewunderungswürdigen Ausbau, und die
Sicherheitsvorrichtungen (Bremsen u. dergl.) sind auf eine Höhe der
Entwickelung gelangt, daß heute auf Eisenbahnen verhältnismäßig weit
weniger Menschen verunglücken als auf den mit Pferden bespannten
Fuhrwerken. Ein Griff an die in jedem Wagenabteil befindliche Not-
leine — und der Zug kommt augenblicklich zum Stehen. Auch die
Lokomotiven wurden fester und sicherer und so vervollkommnet, daß
sie nicht nur stets größere Lasten fortschaffen und immer schneller
laufen konnten, sondern daß dabei auch eine noch vorteilhaftere Aus-
nutzung des Brennmaterials und damit eine verhältnismäßige Ver-
billigung des Betriebes erreicht wurde. Immer mehr Stationen wurden
angelegt — Deutschland hat zurzeit allein über 12000 —, um mög-
lichst vielen Orten die Annehmlichkeit des Eisenbahnverkehrs zu bieten,
daneben aber auch Schnellzüge eingerichtet, welche nur an den Haupt-
stationen halten. Die Bahnhöfe wurden immer bequemer und zweck-
mäßiger und dem zunehmenden Verkehre stets besser angepaßt; sie
erhielten Wartesüle, Wirtschaften und überdachte Bahnsteige. Besondere
Sorgfalt erfuhr der Ausbau der Wagen. Man lernte nicht nur, sie
ihrem Zwecke, Reisende, Frachtgüter oder Vieh aufzunehmen, besser
nutzbar zu machen, sondern auch, sie stärker und widerstandsfähiger zu
bauen. Durch verbesserte Konstruktion der Federn und der Puffer
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutsche_Reich Deutschland Deutschland
292
v. Im Weltverkehr und im Vaterlande
danke seine Verwirklichung gefunden, und während dieser Zeit ist der
deutschen Industrie manche Barre Goldes zugunsten ausländischer Neben-
buhler verloren gegangen. Aber nun ist das gewaltige Werk vollendet,
das den kommenden Geschlechtern Zeugnis geben wird von dem, was
deutscher Fleiß und deutsche Schaffenskraft zu leisten vermochten.
2. Wie ein silbernes Band zieht sich der Dortmund-Ems-Kanal
von Westen nach Osten durch grüne Wiesentäler und grasreiche Auen,
zll deren Seiten dichte Eichen- und Bucheuwaldurigen freundlich her-
niedergrüßen. Hie und da lugen schmucke Bauernhäuser aus dem
Laubesdunkel hervor. Die gebirgige Bodengestaltung hat an manchen
Orten die schaffende Hand des Ingenieurs erfordert, und zahlreiche
Brücken und Viadukte überspannen den Kanal. So ist namentlich die
Lippebrücke bei Olfen ein wahres Meisterstück der Jngenieurkunst.
Manches Hindernis hat aus dem Wege geräumt, manches Bauwerk hat
erschaffen werden müssen, um die Verwirklichung des Kanals zu ermög-
lichen. Die bedeutendste Anlage dieser Art ist das große Schiffshebe-
werk bei Henrichenburg. Hier weiß der Beschauer nicht, ob er mehr
staunen soll über die Riesenarbeit, über die Gewalt und die Größe des
Werkes, oder ob er seine Bewunderung der Kunst der Ausführung, der
klugen Berechnung und der wirtschaftlichen Ausnutzung der Verhältnisse
zuwenden soll. Wenn man bedenkt, daß durch das Schiffshebewerk
ein Höhenunterschied von 14 Metern ausgeglichen werden mußte, so
will es einem kaum glaublich erscheinen, wie das große Hemmnis trotz
ungünstiger Bodenverhältnisse durch Menschenkraft beseitigt werden
konnte. So z. B. weist der zur Ausnahme der Fahrzeuge bestimmte
Wasserkasten, der sogenannte Trog, eine Längenausdehnung von 70 m
auf. Dieses Riesenwerk gewinnt um so mehr an Bedeutung, als es sowohl
an Größe und Umfang wie an technischer Vollendung alle ähnlichen
Bauwerke des In- und Auslandes übertrifft.
Noch Theodor Rogge in .Über Land und Meer".
158. Hamburg.
1. Auf der Landkarte sieht Hamburg mit seinem 7,4 Quadrat-
meilen großen Gebiete sehr winzig aus, und seine 850000 Einwohner
wollen auch nicht gar viel sagen; aber die günstige Lage hat die Stadt
zu einem der bedeutendsten Handelsplätze der Welt gemacht. Nähert
man sich der Stadt auf dem Dampfschiffe, so erblickt man am rechten
Elbufer einen ungeheuren Wald von Masten; die Luft ist voll wehender
Wimpel aller Farben und Nationen; zwischen ihnen blähen sich Segel,
und schwarze Rauchwolken steigen aus den Schornsteinen der Dampf-
schiffe. Dahinter erheben sich die gewaltigen Speicher für die Waren-
vorräte. An dem mit Mauern eingefaßten User wogen geschäftige
Menschen in allen Farben und Trachten auf und ab. Hier arbeiten
sich Rollwagen die Uferstraße hinauf; dazwischen jagen Droschken und
Reiter, schreien Kofferträger, singen Matrosen, rufen Käufer ihre Waren
aus, haschen Diebe nach fremden Taschen und treiben sich müßige Zu-
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
39
Handel zwischen Europa und Ostindien besorgten. Unermeßliche Reichthümer häuften sich
in Italien auf. Dieser Welthandel hatte jedoch noch andere wichtige Folgen. Man
lernte schöne Städte und kostbare Gebäude kennen, und bald darauf war Italien voll der
schönsten Städte und prachtvollsten Bauwerke. Holland und England rissen später den
Handel an sich; Italien verarmte, seine Paläste verfielen: aber die Lust am Schönen,
an Glanz und Schimmer ist dem Volke geblieben bis auf den heutigen Tag. Noch
immer gibt es die größten Bildhauer, Maler, Dichter und Tonkünstler in Italien; und
wer sich in einer dieser Künste besonders ausbilden will, reiset nach Italien, um sich an
den Meisterstücken zu üben und die Kunst zu studiren. Was aber die Unterrichtsanstalten
für das Volk und für die Lehrer des Volkes betrifft, so sind dieselben so mangelhaft und
schlecht, wie man sie nirgend anderswo antrifft. Die Jugend wird durchaus nicht an
eine geregelte Thätigkeit gewöhnt; daher der spätere Widerwillen zur Arbeit. Der Italiener
bringt am liebsten seine Zeit mit süßem Nichtsthun zu. Die Folgen dieses Müßiggangs
sind die unzähligen Bettler, Diebe, Räuber und Banditen. Glänzende Feste, Maskeraden,
Feuerwerke rc. sind die beliebtesten Volksbelustigungen. Fast alle Bewohner Italiens
gehören der römisch-katholischen Kirche an; kaum 40,000 Evangelische wohnen in Italien.
Italien besteht aus mehreren Staaten und auswärtigen Staatsgebieten, daher eine große
Verschiedenheit in der Regierungsform. Wir werden dieses bei den einzelnen Staaten
näher anführen.
8. 53.
Geschichte Italiens und seine Eintheilung.
Von der Geschichte Italiens vor der Entstehung Roms (753 v. Chr.) ist nur
wenig bekannt. Daß das römische Reich schnell an Umfang gewann und seine Macht
über einen großen Theil der alten Welt ausdehnte, müssen wir als bekannt voraussetzen.
476 n. Chr. ging das ursprüngliche römische Reich zu Ende, und es blieb nur das
oströmische, nachher griechische Kaiserthum übrig. Deutsche Völker drangen in Italien ein,
von denen sich nach hartnäckigen Kämpfen die Langobarden in Oberitalien festsetzten, und
um 752 sogar das Exarchat oder die griechische Statthalterschaft Ravenna eroberten.
Die Päpste riefen die Franken zu Hülfe und Pipin, der Vater Karl's des Großen,
eroberte das Exarchat und schenkte es dem Papste. Karl der Große vermehrte diese
Schenkung und der Kirchenstaat war gegründet. Oberitalien blieb theils im Besitz der
deutschen Kaiser, während Unteritalien sich noch einige Zeit als griechische Besitzung
behauptete. Die Geschichte der einzelnen Staaten mitzutheilen, erlaubt hier der Raum
nicht; kurze Andeutungen sollen bei der Beschreibung derselben gegeben werden. —
Die italienischen Staaten, welche unter fremder Herrschaft stehen, sind:
1) Das lombardisch -venetianische Königreich unter Oestreich.
2) Die Insel Corsica unter Frankreich.
2) Die Inselgruppe Malta unter England.
Unter eigenen Fürsten stehen:
1) Das Königreich Sardinien; 2) das Großherzogthum Toscana; 3) das Herzog-
thum Parma; 4) das Herzogthum Modena; 5) die Republik San Marino; 6) der
Kirchenstaat und 7) das Königreich beider Sicilien.
Gewöhnlich theilt man Italien ein in Ober-, Mittel- und Unteritalien,
und da diese Eintheilung natürlich ist, so wollen wir dieselbe beibehalten.
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl
Extrahierte Ortsnamen: Europa Ostindien Italien Italien Holland England Italien Italien Italien Italiens Italien Italien Italiens Italiens Italien Oberitalien Ravenna Oberitalien Unteritalien Frankreich Malta England Sardinien Herzog-
thum_Parma Modena Republik_San_Marino Sicilien Italien Unteritalien
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in Asien Ss,550 Q.-M. 8) Da- seit 1849 eroberte Penbschab ist 4700 Q -M. groß. Demnach beträgt bi« Vesammt-
lesitzunz 295,L75 Q.-M. Die Zahl der Einwohner auf diesem Klächenraume wird auf 151 und «in« halb« Million
angenommen.
>r,-L jm»« 8. 70.
Das Königreich Belgien.
Das Königreich Belgien ist unter allen Staaten Europas der jüngste; denn erst
nach der Revolution von 1830 tritt dieses kleine Land als ein selbstständiges Königreich
auf. Seine Größe beträgt 536, 6l □ Meilen und die Zahl seiner Einwohner beläuft
sich auf 4 Va Million; woraus hervorgeht, daß Belgien eines der volksdichtigsten Staaten
ist, indem auf 1 □ Meile 8386 Einwohner kommen. Belgien wird begrenzt im N. von
Holland, im N.-W. von der Nordsee, im W. und S. von Frankreich und im O. von
der Preuß. Nheinprovinz.
Die Ardennen, aus Frankreich kommend, durchstreichen die südlichen Provinzen
und geben ihnen das Gepräge eines Hügellandes, während das Land im Norden und
Nordwesten eine Ebene, und nach der Nordsee und Scheldemündung sogar eine Tiefebene
bildet. Die Hauptflüsse dieses Landes kommen aus Frankreich. 1) Die Maas, welche
die Sambre und Ourthe aufnimmt, schiffbar ist, auf eine kurze Strecke die Grenze
zwischen Belgien und Holland bildet und dann in einem großen nordwestlichen Bogen
dieses Land durchfließt und in die Nordsee mündet. 2) Die Schelde, welche die Lys,
Den der und Dyle aufnimmt und ebenfalls durch die Niederlande in die Nordsee
fließt. Landseen sind nicht vorhanden; es fehlt jedoch nicht an Teichen, Sümpfen und
Mooren. Die Kanalverbindung ist von Wichtigkeit, namentlich im Schelde-Gebiet.
Das Klima ist ein sehr veränderliches. Während es im Gebiet der Ardennen reiner
und beständiger auftritt, ist es nach dem Meere hin feucht, neblig und naßkalt. Die
beständigste Jahreszeit ist der Herbst. Die Moore, Heiden und Dünen abgerechnet ist
der Boden ein sehr fruchtbarer zu nennen, der durch fleißige Kultur reichen Ertrag liefert.
Belgien liefert sehr dauerhafte, große, breitgebaute Pferde, vortreffliches Rindvieh, Schafe,
Schweine und Ziegen. An See- und Flußfischen und an Hummer ist großer Reichthum.
Die Heiden befördern eine ergiebige Bienenzucht. Ungeachtet der starken Bevölkerung
kann Getreide ausgeführt werden; der Flachs-, Hanf- und Tabaksbau ist blühend, Oel-
gewächse liefern einen reichlichen Ertrag und der Gartenbau und die Blumenkultur stehen
auf einer hohen Stufe.
An Mineralien liefert Belgien: viel Eisen, etwas Silber, Blei, Kupfer und Galmei,
Steinkohlen in großer Menge, Alaun, Vitriol, Marmor (sogenannter wilder), Mühlen-,
Wetz- und Schleifsteine, Schiefer, Kalk, Torf und Mineralwaffer. Die Industrie blüht
und der Handel wird durch die vielen Eisenbahnen, Kanäle rc. besonders gehoben. Die
Leinwandfabrikation, Damast- und Batistwebereien sind berühmt und die Brabanter-Spitzen
sind weltbekannt. Dennoch ist Belgien vorzugsweise ein Ackerbau treibender Staat. Es
gibt 7 Ackerbau-, 2 Gartenbau - und noch andere landwirthschaftliche Schulen, um Acker-
und Gartenbau immer mehr zu heben. Ueber 2% Millionen der Einwohner beschäftigen
sich mit dem Ackerbau.
5- U>
Bewohner, Religion, Geschichte und Verfassung.
Die Bevölkerung Belgiens gehört zwei Hauptstämmen an, wie sich aus ihrer Sprache
und aus der Eigenthümlichkeit ihres Wesens deutlich erkennen läßt. Die Wallonen,
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Extrahierte Ortsnamen: Asien Belgien Belgien Europas Belgien Holland Nordsee Frankreich Frankreich Nordsee Frankreich Belgien Holland Nordsee Niederlande Nordsee Belgien Wetz- Belgien Belgiens
74
Die Niederlande bilden ein konstitutionelles Königreich, erblich in männlicher Linie.
Fehlt dieselbe, so geht die Regierung auf die älteste Tochter über. Die vollziehende
Gewalt hat der König allein; die gesetzgebende theilt er mit den Volksrcpräsentanten in
zwei Kammern (den Generalstaaten).
Anmerkung. Kit Vcfifecr feer ,u Deutschlimfe gehörtnfetn Lanfeektheil« «tuftmfeurg und Cimiurg« ist feer Jtinig fern H»ll«»fe
Mitglied fee« deutsch«» vuirfee».
Z. 76.
Einthcilung und Städte.
Da8 Königreich der Niederlande wird, mit Ausschluß von Luxemburg und Limburg,
in 10 Provinzen eingetheilt, deren jede ein Königl. Kommissar als oberste Verwaltungs-
behörde vorsteht. Limburg wird ebenfalls von einem Königl. Kommissar und Luxemburg
von einem Statthalter verwaltet.
1. Die Provinz Nordholland, eine von der Nordsee, der Zuydersee, dem
A und dem Harlemer Meer umgebene Halbinsel, reich an fetten Weiden, deshalb bedeu-
tende Viehzucht und Käsehandel. Dorf an Dorf und in denselben reiche Bauern. Mit
der Trockenlegung des Harlemer Meeres hat man 1840 begonnen; vier große Dampf-
maschinen sind fortwährend mit Ausschöpfen des Masters beschäftigt. Amsterdam, 250,
zweite Handelsstadt von Europa, von vier großen und vielen kleinen Kanälen durch-
schnitten, ganz auf Pfählen gebaut, von unzählig vielen Schiffen besucht; blühender
Handel, viele Fabriken, zahlreiche Unterrichtsanstalten. Das ehemalige Rathhaus, das
schönste Gebäude des Landes, ist jetzt ein Königl. Schloß. Es ruht auf 14,000 Pfählen.
Die Wände sind mit weißem Marmor bekleidet und die ausgezeichneten Gemälde, welche
es zieren, haben es weltberühmt gemacht. Das Wasser in den Kanälen fließt wenig oder
gar nicht; weshalb man daffelbe durch Räder in Bewegung setzt, damit es nicht in
Fäulniß übergehe. Brunnen sind keine vorhanden. Der Amsterdamer muß sich also mit
Regenwaster begnügen, oder er läßt Süßwasser durch Nachen heranholen. Der Buiten-
kan t, ein großartiger Hafen am U (Ei), wird von Seeschiffen aller Völker besucht. Viele
palastähnliche öffentliche Gebäude zieren die Stadt, so unter andern die portugiesische
Synagoge, welche im Styl des Salomonischen Tempels erbaut ist. Viele Wohlthätig-
keitsanstalten hat Hollands Hauptstadt aufzuweisen. Täglich werden bei 20,000 Arme
gespeis't; Bettler und Betrunkene sind deshalb eine Seltenheit. Harlem, 25, schöne
Stadt unweit des Harlemer Meeres, hat die größte holländische Kirche mit einer berühmten
Orgel, in welcher 5000 Metallpfeifen sind; der Blumenhandel noch immer sehr florirend.
Die Harlemer Blumenzwiebel werden, als die besten, noch immer theuer bezahlt. Im
17. Jahrhundert herrschte hier ein wahrer Blumenschwindel: ein einziger 8emxer ^uxustus
(eine Tulpe) wurde mit 13,000 Gulden bezahlt. Harlem hat viele Stiftungen, fehens-
werthe Sammlungen, Bibliotheken rc. und ein berühmtes Lehrerseminar (L^eelrsetiool).
Nördlich von Amsterdam, im Waterl and, liegt das Dorf Brock, welches durch seine
fast abenteuerliche Reinlichkeit eine Berühmheit erlangt hat. Zaardam, 11, besteht fast
nur aus Windmühlen mit dazu gehörenden kleinen Gebäuden. Die Gewerbthätigkeit ist
außerordentlich groß; es gibt 111 Oel-, 100 Säge-, 57 Graupen-, 29 Farbe-, 28 Papier-,
25 Schnupftabak- und noch viele andere Mühlen. Die großen Schiffswerfte sind ein-
gegangen. Peter der Große arbeitete hier als Schiffszimmermann. Noch zeigt man
seine Hütte. Um dieselbe zu erhalten, hat man sie 1820 mit einem steinernen Hause
überbaut. Alkmaar, 10, schöne und reinliche Stadt, bedeutender Getreide- und Käse-
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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