296 V. Im Weltverkehr und im Vaterlande.
See war das Eidertal zu erreichen, das zur Nordsee führt. In dieser
Richtung wurde wirklich von 1777—1784 von der dänischen Regierung
ein Kanal ausgesührt. Dieser Eiderkanal, wie man ihn nannte, war
für jene Zeit ein großartiges Unternehmen. Leider gestatteten seine
Größenverhältnisse nur kleineren Schiffen den Durchgang.
2. Im Jahre 1848 wurde der Plan eines unmittelbaren Durch-
stichs zwischen Nord- und Ostsee wieder angeregt: doch blieb es bei der
Ausarbeitung verschiedener Pläne und Kostenberechnungen. Mit der
Lostrennung der Herzogtümer Schleswig und Holstein von Dänemark
1864, ihrer Vereinigung mit Preußen, der Wiederaufrichtung des
Deutschen Reiches trat die Kanalsrage wieder auf, um eine feste Gestalt
zu gewinnen. Nachdem vom preußischen Landtag und dem deutschen
Reichstage die Mittel — 156 Millionen Mark — bewilligt worden
waren, konnte Kaiser Wilhelm I. am 3. Juni 1887 durch Legung
des Grundsteins zu der Schleuse bei Holtenau das nationale Werk
beginnen. Acht volle Jahre hat der Bau in Anspruch genommen. Nun
steht er vollendet da, eines der größten Werke, die im 19. Jahrhundert ge-
schaffen worden sind. Der große Kanal ist fast 100 km lang, oben 65,
unten noch 22 m breit und durchschnittlich 9 in tief. Er bietet Raum
genug für die größten Schlachtschiffe und Handelsdampfer. Sechs
erweiterte „Ausweichen" gestatten den größten Schiffen, aneinander
vorbeizufahren. Der Kanal beginnt bei Brunsbüttel an der Elbmündung,
geht in einigen Krümmungen erst nördlich bis über Grünental hinaus,
dann in sanften Biegungen östlich bis zur vierten Ausweichestelle, von
dort, wieder eine nordöstliche Richtung einschlagend, bis nach Rendsburg,
erreicht hierauf in einer nach Süden offenen Krümmung den nördlichsten
Punkt und wendet sich dann in östlicher Richtung seinem Endpunkte
Holtenau zu.
3. Der ueue Kaiser-Wilhelm-Kanal kürzt den Seeweg zwischen
Nord- und Ostsee um 238 Meilen und läßt die Gefahren vermeiden,
denen früher die Schiffe bei der Fahrt um Skagen ausgesetzt waren.
Wenn man bedenkt, daß in den Jahren 1858—1885 längs der dänischen
und schwedischen Küste nicht weniger als 6316 Strandungen von
Dampfern und Segelschiffen vorgekommen, und daß zwischen >875 und
1880 allein an deutschen Schiffen 92 verloren gegangen sind, wird
nian den gewonnenen Vorteil zu würdigen wissen. Schon die Zeit-
ersparnis bei einer Fahrt durch den Kanal ist von hoher wirtschaftlicher
Bedeutung.
Eine besondere Wichtigkeit für das Deutsche Reich gewinnt der
Kanal durch seinen hohen strategischen Wert. Früher war die
deutsche Kriegsflotte durch die jütische Halbinsel in zwei Hälften geteilt.
Dieser Übelstand ist heute beseitigt. Der Kaiser-Wilhelm-Kanal bietet
der deutschen Flotte die Möglichkeit, außerhalb des Machtbereichs des
Feindes in kurzer Zeit ihre ganzen Kräfte zu vereinigen, ohne daß sie
dabei die dänischen Gewässer zu passieren braucht. Der Gegner muß
also jetzt, um mit Überlegenheit aufzutreten, der ganzen deutschen
Flotte gewachsen sein.
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T117: [Schleswig Däne Insel Holstein Eider Preußen Schanz Jütland Dänemark Karl], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
1. Der Weltverkehr.
267
auch die Länder jenseits des Ozeans kennen und ließ sich hinüber-
tragen durch Wind und Meeresströmungen.
2. Jahrtausende blieb man auf diese Hilfsmittel beschränkt;
eine Entdeckung neuer Mittel schien unmöglich. Da kam plötzlich
eine neue Zeit. Man lernte statt der Naturkörper die Natur-
kräfte sich dienstbar machen. Der Dampf, der gewaltige Sohn
des Feuers und des Wassers, mußte die Muskelkraft der Pferde
ersetzen, und auf stählernen Schienen jagte das Dampfroß durchs
Land. Auf deutschem Boden fuhr der erste von einer Lokomotive
bewegte Zug im Jahre 1835 von Nürnberg nach Fürth. In
Preußen wurde 1838 die erste Bahn von Berlin nach Potsdam
eröffnet. Heute besitzt Deutschland fast 60000 Irrn Eisenbahnen. Auch
in den dunkeln Erdteilen dringen jetzt nach und nach von allen Seiten
Eisenbahnlinien ein, und selbst das abgeschlossene China kann sich ihrer
nicht länger erwehren.. Wir haben jetzt Eisenbahnen über schmale Meeres-
arme (in Schottlands und durch sandige Wüsten (Alexandrien und Suez).
Sie durchschneiden die Lagunen von Venedig, erklimmen hohe Berge
(Nigi, Vesuv u. a.) und übersteigen die Alpenpässe; sie rollen durch die
weite Prairie und durch den tropischen Urwald. In Berlin gehen die
Stadt- und Ringbahn und die elektrische Hochbahn hoch über dem
Menschenverkehr hin, und die Untergrundbahn führt unter belebten
Straßen und selbst unter der Spree hindurch. Man hat sogar den
kühnen Plan gefaßt, einen Tunnel unter dem Meere zwischen England
und Frankreich anzulegen. In Europa können wir bereits ununter-
brochen von Madrid bis nach Konstantinopel gelangen und von Brindisi
in Snditalien bis nach Petersburg. Rußland dehnte sein Schienennetz
von der Wolga bis nach Sibirien aus. Die Pyrenäen, der Brenner
und der Semmering sind schon überschient; der Mont Cenis-Tunnel
(12 km), der St. Gotthard-Tunnel (15 km) und der Simplon-Tunnel
(fast 20 km lang) durchbohren die Alpen. Auch zwischen näher ge-
legenen Orten nimmt der Verkehr immer größeren Umfang an. Jährlich
mehrt sich die Zahl der Kleinbahnen, und immer näher rückt der
Zeitpunkt, den der Dichter schildert:
„Bald ist, soweit die Menschheit haust, der Schienenweg gespannt;
es keucht und schnaubt und stampft und saust das Dampfroß rings durchs
Land."
3. Sogar auf die See hat der Dampf seine Tätigkeit erstreckt.
Die seit der Mitte des 18. Jahrhunderts angestellten Versuche,
Schiffe mit Dampfkraft zu treiben, führten 1807 zum ersten Erfolg,
als Fulton sein Dampfschiff vom Stapel ließ. Jetzt ist die Zahl
der Dampfschiffe so groß, daß jeder bedeutende Fluß seine Dampsboote
hat und die Meere von Dampfschiffen durchschnitten werden. Die erste
Form der Dampfschiffe war die der Rüderschiffe mit Schaufelrädern
zu beiden Seiten. Später baute man die Schraubendampfer. In
8 Tagen machen jetzt die deutschen Postdampfer regelmäßig ihre Fahrt
über den Atlantischen Ozean, und mit Benutzung der Pacificbahn können
wir in 14—18 Tagen an der Küste des Stillen Ozeans sein. Nehmen
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Personennamen: Fulton
Extrahierte Ortsnamen: Nürnberg Berlin Potsdam Deutschland China Schottlands Suez Venedig Berlin England Frankreich Europa Madrid Konstantinopel Brindisi Snditalien Petersburg Sibirien
1. Der Weltverkehr.
277
viele Störungen, daß erst seine neue Lokomotive für Schienenwege als
erste wirkliche Lokomotive im heutigen Sinne gelten kann. Als sie in
London ausgestellt war, staunte man „den schnaubenden Teufel" allge-
mein an, freute sich auch, als bei öffentlich gemachten Versuchen die
Maschine erst sechs bis acht, dann sogar 15 englische Meilen in der
Stunde lies; aber das Los des Erfinders war das so vieler anderer:
er verarmte und starb 1833 verlassen und vergessen. Ein Armengrab
nahm ihn auf.
Einem andern Erfinder war es vorbehalten, der Lokomotive eine
brauchbare Form zu geben und sie so zu vervollkommnen, daß sie ihren
Siegeslauf über den Erdball antreten konnte: Georg Stephenson.
Seine erste Lokomotive, die 1814 entstand, war zwar noch recht un-
vollkommen; als er aber elf Jahre später für die Stockton-Darlington-
Bahn Lokomotiven zur Personenbeförderung erbaute, da war die Idee
in seinem klugen Kopse, gefördert durch gründliches Studium und
mannigfache Versuche und Erfahrungen, so vollkommen znr Reife ge-
langt, daß die moderne Lokomotive heute nach mehr als achtzig Jahren
trotz aller Verbesserungen in dem Grundgedanken noch immer der von
Stephenson erbauten „Rocket" gleicht.
3. Nun nahm das Eisenbahnwesen einen schnellen Aufschwung.
Am 27. September 1825 waren auf der von Stephenson erbauten
Bahn zum erstenmal Personen befördert; 1830 wurde die Bahn zwischen
Liverpool und Manchester ausschließlich mit Dampfwagen befahren, und
am Ende desselben Jahres gab es in England schon 245 km Eisenbahnen.
Bald wurden auch auf dem Festlande Bahnen gebaut, so 1835 die
erste deutsche Personenbahn von Nürnberg nach Fürth, der bald die
Strecken Leipzig-Dresden, Braunschweig-Wolfenbüttel, Hannover-Celle,
Berlin-Potsdam u. a. folgten. 1840 gab es schon 9000, 1845 bereits
17oo0 km Eisenbahnen, wovon auf Deutschland über 2000 entfielen.
Und nun beginnt eine Zunahme, die von Jahr zu Jahr ihren Umfang
steigert. 1860 umfaßte das Eisenbahnnetz schon 100o00, 1880 fast
400000 km. Im Jahre 1907 waren 957 000 km im Betriebe, eine
Strecke, die das Dreiundzwanzigfache des Erdumfanges übertrifft oder
reichlich bis zum Monde und wieder zurück reicht, und doch ist nur die
Bahn-, nicht die Geleislänge gerechnet, auch sind alle nicht dem öffent-
lichen Verkehre dienenden Bahnen unberücksichtigt geblieben. Es ent-
fallen auf Amerika 488 Ooo km, auf Europa 320000 km, auf Asien
90000km, auf Australien 28600 km und auf Afrika 30000 km. Von
den Einzel st aaten steht das Deutsche Reich mit 58000 km Eisen-
bahnlänge an dritter Stelle; die Vereinigten Staaten von Amerika
besitzen das größte Eisenbahnnetz. Am dichtesten ist es in Belgien (26,6km
auf je 100 qkm Fläche) und im Königreich Sachsen (20,5 km auf je
100 qkm Fläche). Die Anlagekosten der 1907 im Betriebe befindlichen
Eisenbahnen betrugen 208 Milliarden Mark. Eine Rolle von Zwanzig-
markstücken, die diesen Betrag enthielte, würde reichlich von der Süd-
westspitze Spaniens zur Nordostspitze Rußlands und wieder zurückreichen
und zur Verladung mehr als 75oo Eisenbahnwagen mit je Io Ooo kg
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T30: [Periode Abschnitt erster zweiter Zeitraum dritter Jahr Kapitel Sonne Planet]]
TM Hauptwörter (200): [T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Personennamen: Georg_Stephenson
Extrahierte Ortsnamen: London Liverpool England Nürnberg Braunschweig-Wolfenbüttel Hannover-Celle Berlin-Potsdam Deutschland Amerika Europa Asien Australien Afrika Amerika Belgien Königreich_Sachsen Spaniens Nordostspitze_Rußlands
1. Der Weltverkehr.
281
Dienst nach Neu-Iork eingerichtet, der 1867 in einen achttägigen um-
gewandelt wurde. Neue Schiffe wurden erbaut; Hafenbauten, Personen-
und Gepäckhallen, Werlstattanlagen und Lagerhäuser entstanden; in
Hoboken kaufte die Gesellschaft einen eigenen Landungsplatz. Linien nach
Baltimore, Neuorleans und Westindien kamen hinzu, und das Aktien-
kapital wurde beständig erhöht. Schon 1881 wurde der erste Schnell-
dampfer eingestellt, und bei ihrer 25 jährigen Jubelfeier 1882 besaß
die Gesellschaft schon 97 Schiffe, darunter 29 transatlantische Dampfer
und 7 Dampfer für die europäische Fahrt. 1886, als das Deutsche
Reich mit dem Norddeutschen Lloyd einen Vertrag abschloß, gegen einen
jährlichen Zuschuß von 4400000 Mark auf 15 Jahre den Postdienst
nach Ostasien und Australien zu übernehmen, gehörte der Lloyd schon
zu den größten Dampfschiffahrtsgesellschasten der Welt. Zu den vor-
handenen Linien kam eine Schnelldampferlinie Genua - Gibraltar-
Neu-Aork. Besondere Tropenschisie wurden erbaut, und das Doppel-
schraubensystem gelangte zur Einführung. Im Jahre 1900 kaufte der
Lloyd die Schiffe zweier englischen Gesellschaften, die den Verkehr in
Südchina und Hinterindien in Händen hatten. Dadurch vermehrte sich
seine Flotte um 35000 Tonnen. Es kamen noch neuerbaute Dampfer
und einige anderweit gekaufte Schiffe hinzu, so daß Deutschlands
Flagge nunmehr in Siam und Bangkok die herrschende ist. Auch die
chinesische Schiffahrt des Lloyd nahm an Umfang zu. Gegenwärtig
betreibt er zahlreiche Schiffahrtslinien und besitzt einschließlich der in
Bau begriffenen Schiffe 136 Seedampfer, 61 Flußdampfer, 2 Schul-
schiffe und etwa 217 kleinere Fahrzeuge, insgesamt mit 764000
Tonnen. Die Gesellschaft arbeitet mit einem Aktienkapital von 125
Millionen Mark.
4. Neben diesen großen Seeschiffahrts-Gesellschaften bestehen in
Deutschland, besonders in Hamburg und Bremen, noch zahlreiche kleinere
Reedereien. Sie treiben neben der Dampferfahrt teilweise auch noch
Segelschiffahrt; denn für landwirtschaftliche Rohprodukte oder Massen-
güter, für Waren, bei denen es auf schnelle Beförderung nicht an-
kommt, sind die Frachtkosten bei Segelschiffen billiger. Viele solcher
Frachtdampfer fahren auch im Dienste fremder Nationen und kehren
nur alle paar Jahre heim, um ausgebessert zu werden. Die Segel-
schiffe sind meist ebenfalls aus Eisen und Stahl gebaut, und die ver-
besserte Schiffsbautechnik gestaltet sie immer zweckmäßiger und leistungs-
fähiger. Um die Betriebskosten nt verringern, baut man sie jetzt möglichst
groß. Die größten und schnellsten Segler der Welt, die Fünfmaster
„Potosi", „R. C. Rickmers" und „Preußen", in Geestemünde vom
Stapel gelassen, sind 114 bis 134 m lang und haben eine Tragfähigkeit
bis 80001. Der deutsche Handel besaß am 1. Januar 1909 im ganzen
4638 Seeschiffe. Ihr gesamter Tonnengehalt betrug mehr als 2,8 Mil-
lionen, ihre Besatzung mehr als 72000 Mann, so daß Deutschlands
Handelsmarine im Welthandel die dritte Stelle einnimmt: nur Eng-
land und die Vereinigten Staaten gehen der deutschen Handelsflotte
voran. Nach der Zahl der Dampfer mit mehr als 100 Registertonnen
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
2. Im Baterlande.
293
schauer umher. Was die Erde Schönes und Kostbares trägt, das steht
hier aufgestapelt in gewaltigen Fässern, eisenbeschlagenen Kisten, mächtigen
Ballen und Körben. Waren, die Millionen wert sind, scheinen wie
auf die Straße geworfen. — Am Elbnfer drängen sich Schisse und
Fahrzeuge aller Art durcheinander. Die einen wollen vom Ufer, lösen
die mächtigen Kelten und suchen sich Bahn zu machen nach dem vollen
Strome; andere drängen heran nach dem Ufer oder nach den Kanälen,
welche in die Stadt hineinführen; wieder andere suchen eine bequemere
Haltestelle oder steuern nach dem Zvllamte. Zwischen gewaltigen See-
schiffen schießen buntfarbige Gondeln oder leichte Schifferboote flüchtig
hin und wieder. — Tagelang könnte man am Ufer stehen und dem
geschäftigen Treiben zusehen. Dort kommt ein schwerfälliger Dreimaster
mit den Schätzen Brasiliens; hier segelt ein schlanker Dampfer nach
dem Kapland ab. Neben dem heimgekehrten Walfischfänger liegt der
stattliche Ostindiensahrer, und an dem amerikanischen Kauffahrteischiffe
rauscht das englische Postdampsschiff vorüber. Welch Knarren der
Halteseile, welch Klappern der Taue und Flattern der Segel, welch
Gemisch verschiedener Sprachen und Trachten! Und dazwischen der
Kommandornf der Kapitäne und das langgezogene Taktlied der an den
Winden beschäftigten Matrosen.
2. Hamburg wird von der Alster durchströmt und durch sie in
zwei Teile geteilt. Außerdem durchschneiden zahlreiche Kanüle oder
Fleete die Stadt. Auf ihnen fahren die Frachtschiffe bis an die großen
Speicher der Kaufleute, während über die 84 Brücken der Kanäle
Frachtwagen, Rollwagen und Karren hinüber und herüber rasseln.
Am 5. Mai 1842 wurde Hamburg von einem furchtbaren Brande
heimgesucht. Drei Tage und ebensoviel Nächte verwandelten den Kern
der gewaltigen Stadt in einen glühenden Aschenhaufen. Den Glanz-
punkt der aus der Asche wieder neu entstandenen Stadt bildet das
Alsterbassin, das ans drei Seiten von den langen Palastfronten des
Alsterdammes, des alten und neuen Jnngfernstieges umrahmt wird.
Wenn abends tausend Lichter der nahen Paläste und Gasthäuser in
der blauen Alsterflut sich spiegeln, wenn ringsum Gesang und
Saitenspiel und frohes Leben erschallt und ans dem Wasser die
Gondeln schaukeln, glaubt man, nicht in einer nordischen Stadt,
sondern in Venedig oder einer noch lebhafteren süditalienischen Stadt
zu sein.
3. Ganz anders ist es in dem alten Stadtteile. Die Straßen
sind von Häusern mit hohen Giebeln eingefaßt, die von der Dach-
kammer bis in den Keller bewohnt sind. Fußgänger, Rollwagen und
öffentliche Fuhrwerke bewegen sich durcheinander. Das Wagenrasseln,
Peitschenknallen und Ausrufen der Verkäufer verursachen einen unauf-
hörlichen Lärm. Lange, bunt gefärbte Schilder bedecken die Vorder-
seite der Häuser. Die Erzeugnisse aller Länder sind hier zur Schau
gestellt. Wie jede große Handelsstadt hat auch Hamburg seine Börse,
d. i. ein ansehnliches Gebäude, wo die Kaufleute und Makler zu be-
stimmten Stunden zusammenkommen, um über alles, was ihre Geschäfte
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
278
V. Im Weltverkehr und im Vaterlande.
Tragfähigkeit erfordern. In Deutschland, wo etwa auf jeden Einwohner
1 na Eisenbahn kommt, dienen 24000 Lokomotiven, 50000 Personen-
und 51ooo0 Güterwagen dem Verkehre. — Wie viele Industriezweige
erhalten durch die umfangreichen Bedürfnisse der Eisenbahn Aufträge
und Einkünfte! Allein im unmittelbaren Eisenbahndienste beschäftigt das
Deutsche Reich weit über eine halbe Million Beamte und Arbeiter, so daß
in Deutschland auf etwa 100 Einwohner ein Eisenbahnbediensteter kommt.
Diese Angestellten bezogen im Jahre 1907 weit über 1000 Millionen,
durchschnittlich fast 1500 Mark Gehalt. Die Zahl der Arbeiter, welche der
Eisenbahn indirekt ihr Brot verdanken, ist aber noch viel größer.
4. Die Elsenbahnen haben jedoch mit den Jahren nicht nur an
Ausdehnung zugenommen; sie sind auch immer mehr vervollkommnet
und den Wünschen des modernen Verkehrs mehr und mehr angepaßt
worden. Mit dem Bau der Lokomotiven und der dadurch erhöhten
Geschwindigkeit sowie mit der Vermehrung der Lasten, welche das
rieseustarke Dampfroß zuließ, hatte sich auch die Notwendigkeit eines
verbesserten Unterbaues ergeben. Man lernte die Schienen besser
lagern und verbinden, die Aufschüttungen der Bahnkörper sicherer an-
legen und die Weichen immer bequemer und zuverlässiger konstruieren.
Material und Herstellungsweise der Schienen erfahren Verbesserungen.
Die Schwierigkeiten des Geländes wurden überwunden, Felsen wegge-
sprengt oder durchbohrt und Flüsse und Täler überbrückt; Bergbahnen,
die Abhänge emporklimmen, Schwebebahnen und unterirdische Bahn-
anlagen wurden erbaut. Auch für die Sicherheit der Reisenden wurde
immer besser gesorgt. Die Beaufsichtigung des Bahnkörpers und die
Überwachung des rollenden Materials wurde stets besser ausgestaltet,
das Signalwesen erfuhr einen bewunderungswürdigen Ausbau, und die
Sicherheitsvorrichtungen (Bremsen u. dergl.) sind auf eine Höhe der
Entwickelung gelangt, daß heute auf Eisenbahnen verhältnismäßig weit
weniger Menschen verunglücken als auf den mit Pferden bespannten
Fuhrwerken. Ein Griff an die in jedem Wagenabteil befindliche Not-
leine — und der Zug kommt augenblicklich zum Stehen. Auch die
Lokomotiven wurden fester und sicherer und so vervollkommnet, daß
sie nicht nur stets größere Lasten fortschaffen und immer schneller
laufen konnten, sondern daß dabei auch eine noch vorteilhaftere Aus-
nutzung des Brennmaterials und damit eine verhältnismäßige Ver-
billigung des Betriebes erreicht wurde. Immer mehr Stationen wurden
angelegt — Deutschland hat zurzeit allein über 12000 —, um mög-
lichst vielen Orten die Annehmlichkeit des Eisenbahnverkehrs zu bieten,
daneben aber auch Schnellzüge eingerichtet, welche nur an den Haupt-
stationen halten. Die Bahnhöfe wurden immer bequemer und zweck-
mäßiger und dem zunehmenden Verkehre stets besser angepaßt; sie
erhielten Wartesüle, Wirtschaften und überdachte Bahnsteige. Besondere
Sorgfalt erfuhr der Ausbau der Wagen. Man lernte nicht nur, sie
ihrem Zwecke, Reisende, Frachtgüter oder Vieh aufzunehmen, besser
nutzbar zu machen, sondern auch, sie stärker und widerstandsfähiger zu
bauen. Durch verbesserte Konstruktion der Federn und der Puffer
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutsche_Reich Deutschland Deutschland
280
V. Im Weltverkehr und im Vaterlande.
mit in die vorderste Reihe getreten. Die gewaltige Entwickelung unserer
Güterproduktion und der lebhafte Aufschwung des Handels forderten
unabweisbar eine Steigerung in der Leistungsfähigkeit unserer Flotte.
Bremen und Hamburg gingen wagemutig und opferfreudig voran, und
nach und nach faßte der Gedanke, daß Deutschland berufen und ver-
pflichtet sei, auf dem Meere seine Flaggen wehen zu lassen, immer tiefer
Wurzel.
2. Während früher die Großkaufleute selber Schiffe zum Trans-
port ihrer Waren besaßen, bildeten sich nach und nach immer leistungs-
fähigere Reedereien, unter denen zwei, die Hamburg-Amerika-Linie
und der Norddeutsche Lloyd, sich zu den größten der Welt ent-
wickelt haben. Die erstgenannte Gesellschaft, früher „Hamburg-Ameri-
kanische Paketfahrt-Aktiengesellschaft" genannt, wurde 1847 mit einem
Kapital von 1i2 Million Mark durch die Hamburger Kaufleute Adolf
Godeffroy, Ernst Merck und I. Laeiß gegründet. Sie hatten im Gegen-
satze zu der Mehrzahl ihrer ängstlich zurückhaltenden Landsleute richtig
erkannt, daß Hamburg, welches bis dahin fast nur mit Südamerika
und Westindien Beziehungen hatte, auch einem lebhafteren Verkehre mit
Nordamerika größere Aufmerksamkeit schenken müsse. Die Gesellschaft
eröffnete mit drei Segelschiffen, welche hauptsächlich für eine vollkom-
menere Beförderung von Auswanderern eingerichtet waren, eine monat-
liche Verbindung mit Neu-Jork. 1856 wurde das erste Dampfschiff
in Dienst gestellt und zugleich das Betriebskapital auf 3 Millionen
Mark erhöht. Es steigert sich bis 1880 auf 15 Millionen. In
diesem Jahre besaß die Hamburg-Amerika-Linie schon 20 Seedampfer,
mit denen sie 3/4 Millionen cbm Güter und 58000 Personen be-
förderte. Die Linien wurden auch nach Westindien, Kanada und Neu-
orleans ausgedehnt und auf der Fahrt nach Neu-Jork auch englische
und französische Häfen mit einbezogen. Ende der 8oer Jahre ging die
Gesellschaft zum Schnelldampferverkehr über. Sie nahm nun einen
gewaltigen Aufschwung. Ihr Kapital steigerte sich auf 125 Millionen
Mark; neue Linien nach Philadelphia, Boston, Baltimore und Mexiko,
nach Südamerika und Ostasien, Linien von Stettin und von Genua
nach Amerika und andere kamen hinzu, Personen- und Güterverkehr
steigerten sich riesenhaft. Allein in den Jahren 1900 und 1901 hat
die Gesellschaft ihre Flotte um 216000 Registertonnen vermehrt, und
im März 1909 verfügte sie über 163 Ozeandampfer mit 853000
Tonnen. Außerdem war noch ein Seedampfer in Bau. Rechnet
man noch 223 Flußschiffe, Schlepper u. dergl. hinzu, so verfügte die
Hamburg-Amerikwlinie über 387 Fahrzeuge mit mehr als 900000
Registertonnen.
3. Nicht minder bedeutend ist die zweite deutsche Schiffahrts-
gesellschaft, der Norddeutsche Lloyd. 1857 durch den Konsul H. H.
Meier in Bremen begründet, machte er 1858 seine erste Fahrt nach
Nenyork mit dem Dampfer „Bremen", welcher 100 Tonnen Fracht-
güter, einen Kajütspassagier und 93 Zwischendecker mit sich führte.
Schon im folgenden Jahre wurde ein regelmäßiger vierzehntägiger
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt]]
TM Hauptwörter (100): [T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T76: [Staat See Nordamerika Stadt Union Mississippi Washington Ohio Gebiet vereinigt]]
Extrahierte Personennamen: Adolf
Godeffroy Adolf Ernst_Merck Ernst H._H.
Meier
Extrahierte Ortsnamen: Bremen Hamburg Deutschland Hamburg Westindien Nordamerika Westindien Kanada Neu-Jork Philadelphia Boston Baltimore Mexiko Südamerika Ostasien Stettin Genua Amerika Bremen Nenyork
282
Y. Im Weltverkehr und im Vaterlaude.
kommt Deutschland an zweiter Stelle. Der Güte nach aber ist unsere
Handelsflotte die erste der Welt; denn sie hat schnellere, größere und
jüngere Schiffe als die Flotten der anderen Staaten. Während die
Leistungsfähigkeit der Welthandelsflotte sich 1870—1900 reichlich um
das anderthalbfache steigerte, die Englands sich verdreifachte, die Lei-
stungsfähigkeit der amerikanischen Handelsflotte aber sogar zurückging,
stieg die Leistungsfähigkeit der deutschen auf das Vierfache. Ihr Wert
verdoppelte sich in dieser Zeit, und noch immer ist der Anteil der
deutschen Flotte an der Weltflotte in schnellem Steigen begriffen. Zwar
besteht unsere Flotte der Zahl nach noch zu 7/12 aus Seglern; doch
nehmen von dem Raumgehalte die Dampfschiffe 80% für sich in Anspruch.
Den Hauptanteil am deutschen Seeverkehre haben Preußen, Hamburg und
Bremen. In geringerem Maße sind Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin
und Lübeck beteiligt. Der Handelsverkehr auf der Ostsee hat eine neue
Anregung durch den Nordostseekanal erfahren. Dieser wurde im
Jahre 1907/08 von fast als 35000, täglich also im Durchschnitt von
96 Schiffen benutzt. Eine Steigerung erfuhr unser Seehandel durch
die Verstärkung unserer Kriegsmarine, die ihm den nötigen Schutz
gewährt und den Besitz unserer Kolonien sicherstellt. Zwar ist unsere
Kriegsflotte nach der Zahl der Schiffe längst nicht die bedeutendste,
da sie von den Flotten Englands, Frankreichs und Amerikas übertroffen
wird; doch kommt sie, wenn man nur die gepanzerten Fahrzeuge und
die Qualität ihres Schiffmaterials berücksichtigt, schon an dritter Stelle.
1908 hatte sie 93 Panzerschiffe, darunter 26 moderne Schlachtschiffe,
Linienschiffe, mit mehr als 10000 t Wasserverdrängung (5 weitere waren
im Bau), 5 Panzerschiffe von 5000—7500 t, 8 Küstenpanzerschiffe,
11 Panzerkanonenboote, 15 größere und 28 kleinere Kreuzer (weitere 2
bzw. 4 Kreuzer waren im Bau). Die weitere Vermehrung der deutschen
Flotte regelt das Flottengesetz vom 14. Juni 1900 und das vom 6. April
1908, das über die Außerdienststellung veralteter Schiffe günstigere
Bestimmungen getroffen hat. Fr. Stocke.
152. Kaiserworte über die deutsche Schiffahrt.
1. „Neu ist unser Handel nicht; war doch die Hansa eine der ge-
waltigsten Unternehmungen, welche die Welt gesehen, und es vermochten
einst die deutschen Städte Flotten aufzustellen, wie sie bis dahin der
breite Meeresrücken wohl kaum getragen hatte. Sie verfiel aber und
mußte verfallen, weil die eine Bedingung fehlte, nämlich die des kaiser-
lichen Schutzes. Jetzt ist es anders geworden. Das Deutsche Reich ist
geschaffen; der deutsche Handel blüht und entwickelt sich, und er kann
sich nur gedeihlich und sicher entwickeln, wenn er unter der Reichs-
gewalt sich sicher fühlt. Möge dem deutschen Kaufmann draußen und
vor allen Dingen dem Fremden, auf dessen Boden wir sind, oder mit
dem wir zu tun haben werden, klar sein, daß der deutsche Michel
seinen mit dem Reichsadler geschmückten Schild fest auf den Boden
gestellt hat, um dem, der ihn um Schutz angeht, ein für allemal diesen
Schutz zu gewähren, und mögen unsere Landsleute draußen die Über-
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Personennamen: Michel
Extrahierte Ortsnamen: Vaterlaude Deutschland Englands Hamburg Bremen Oldenburg Mecklenburg-Schwerin Ostsee Nordostseekanal Englands Frankreichs Amerikas
1. Der Weltverkehr.
283
zeugung haben, seien sie Priester oder seien sie Kaufleute oder welchem
Gewerbe sie obliegen, daß der Schutz des Deutschen Reiches, bedingt
durch die kaiserlichen Schisse, ihnen nachhaltig gewährt werden wird."
Abschiedsrede Kaiser Wilhelms Ii. an Prinz Heinrich bei der Ausreise nach China
am 16. Dezember 1897.
2. „Mit dem Deutschen Reiche ist nun eine Macht geschaffen,
die es ermöglicht, daß Europa in Ruhe und Frieden seinen Aufgaben
nachgehen kann. Unser deutsches Heer steht schirmend voran, und
Achtung und Vertrauen genießt es auf allen Seiten. Sie aber, die
Sie als Vertreter einer Handelsstadt hier stehen, Sie begreifen, daß
außer einem starken Heere noch etwas anderes notwendig ist.
Das ist unsere Flotte. Wir haben im Laufe ihrer Entwickelung
gefunden, was es heißt, wenn an fremder Küste die Macht der deutschen
Flotte sich entfalten kann, und wenn Respekt vor den deutschen Kriegs-
schiffen bei der Bevölkerung ferner Länder geweckt wird. Für Sie
ist es eine Notwendigkeit, daß eine starke, mächtige Flotte die Handels-
schiffe schirme, damit Sie in Ruhe ihre Erzeugnisse über Länder und
Meere senden können. Darum glaube Ich, für eine Stadt, die In-
dustrie und Handel in solchem Umfange treibt, wie die Ihrige, das
Beste geleistet zu haben, wenn ich meine ganze Kraft einsetze, unsere
Macht zu Wasser und zu Lande zu entwickeln. Mit jedem Schiffe,
das den Stapel verläßt, hat die Sicherheit des Friedens zugenommen,
und Sie können mit Sicherheit arbeiten."
Aus der Rede Kaiser Wilbelms Ii. zu Krefeld am 20. Juni 1902
gelegentlich der 200jährigen Jubelfeier.
3. Unsere Ankunft liegt auf dem Wasser.
Ans der Rede Kaiser Wilhelms Ii. zu Stettin am 23. September 1898
bei Einweihung des neuen Hafens.
153. Deutschlands Atotte.
1. Glück auf, ihr Jungen, fahret zu!
Hei, wie der West die Flagge zaust!
Die Flut springt auf aus ihrer
Ruh.
Nun fest das Steuer in die Faust!
Hinaus aufs Meer, aufs freie
Meer
für Deutschlands Macht, für
Deutschlands Ehr'!
2. Im Sturmesbrausen, deutscher
Aar,
reck deine Schwingen über See!
Schütz draußen unsrer Brüder Schar,
still du Geimanias Not und Weh!
Hinaus aufs Meer, aufs freie
Meer
für Deutschlands Macht, für
Deutschlands Ehr'!
3. Die Flagg' auf Mast! All' Mann an Bord!
Ho, frische Brise fahr' darein!
Für deutsche Kraft und deutsches Wort
muß doch noch Raum auf Erden sein.
Hinaus auf's Meer, auf's freie Meer,
sonst gab' es bald kein Deutschland mehr!
W. Zimmermann.
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn]]
TM Hauptwörter (200): [T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelms Wilhelms Heinrich Heinrich Wilbelms Wilhelms Wilhelms W._Zimmermann
Extrahierte Ortsnamen: China Europa Deutschlands Deutschlands Deutschlands Sturmesbrausen Deutschlands Deutschlands Deutschland
292
v. Im Weltverkehr und im Vaterlande
danke seine Verwirklichung gefunden, und während dieser Zeit ist der
deutschen Industrie manche Barre Goldes zugunsten ausländischer Neben-
buhler verloren gegangen. Aber nun ist das gewaltige Werk vollendet,
das den kommenden Geschlechtern Zeugnis geben wird von dem, was
deutscher Fleiß und deutsche Schaffenskraft zu leisten vermochten.
2. Wie ein silbernes Band zieht sich der Dortmund-Ems-Kanal
von Westen nach Osten durch grüne Wiesentäler und grasreiche Auen,
zll deren Seiten dichte Eichen- und Bucheuwaldurigen freundlich her-
niedergrüßen. Hie und da lugen schmucke Bauernhäuser aus dem
Laubesdunkel hervor. Die gebirgige Bodengestaltung hat an manchen
Orten die schaffende Hand des Ingenieurs erfordert, und zahlreiche
Brücken und Viadukte überspannen den Kanal. So ist namentlich die
Lippebrücke bei Olfen ein wahres Meisterstück der Jngenieurkunst.
Manches Hindernis hat aus dem Wege geräumt, manches Bauwerk hat
erschaffen werden müssen, um die Verwirklichung des Kanals zu ermög-
lichen. Die bedeutendste Anlage dieser Art ist das große Schiffshebe-
werk bei Henrichenburg. Hier weiß der Beschauer nicht, ob er mehr
staunen soll über die Riesenarbeit, über die Gewalt und die Größe des
Werkes, oder ob er seine Bewunderung der Kunst der Ausführung, der
klugen Berechnung und der wirtschaftlichen Ausnutzung der Verhältnisse
zuwenden soll. Wenn man bedenkt, daß durch das Schiffshebewerk
ein Höhenunterschied von 14 Metern ausgeglichen werden mußte, so
will es einem kaum glaublich erscheinen, wie das große Hemmnis trotz
ungünstiger Bodenverhältnisse durch Menschenkraft beseitigt werden
konnte. So z. B. weist der zur Ausnahme der Fahrzeuge bestimmte
Wasserkasten, der sogenannte Trog, eine Längenausdehnung von 70 m
auf. Dieses Riesenwerk gewinnt um so mehr an Bedeutung, als es sowohl
an Größe und Umfang wie an technischer Vollendung alle ähnlichen
Bauwerke des In- und Auslandes übertrifft.
Noch Theodor Rogge in .Über Land und Meer".
158. Hamburg.
1. Auf der Landkarte sieht Hamburg mit seinem 7,4 Quadrat-
meilen großen Gebiete sehr winzig aus, und seine 850000 Einwohner
wollen auch nicht gar viel sagen; aber die günstige Lage hat die Stadt
zu einem der bedeutendsten Handelsplätze der Welt gemacht. Nähert
man sich der Stadt auf dem Dampfschiffe, so erblickt man am rechten
Elbufer einen ungeheuren Wald von Masten; die Luft ist voll wehender
Wimpel aller Farben und Nationen; zwischen ihnen blähen sich Segel,
und schwarze Rauchwolken steigen aus den Schornsteinen der Dampf-
schiffe. Dahinter erheben sich die gewaltigen Speicher für die Waren-
vorräte. An dem mit Mauern eingefaßten User wogen geschäftige
Menschen in allen Farben und Trachten auf und ab. Hier arbeiten
sich Rollwagen die Uferstraße hinauf; dazwischen jagen Droschken und
Reiter, schreien Kofferträger, singen Matrosen, rufen Käufer ihre Waren
aus, haschen Diebe nach fremden Taschen und treiben sich müßige Zu-
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]