1. Der Weltverkehr.
267
auch die Länder jenseits des Ozeans kennen und ließ sich hinüber-
tragen durch Wind und Meeresströmungen.
2. Jahrtausende blieb man auf diese Hilfsmittel beschränkt;
eine Entdeckung neuer Mittel schien unmöglich. Da kam plötzlich
eine neue Zeit. Man lernte statt der Naturkörper die Natur-
kräfte sich dienstbar machen. Der Dampf, der gewaltige Sohn
des Feuers und des Wassers, mußte die Muskelkraft der Pferde
ersetzen, und auf stählernen Schienen jagte das Dampfroß durchs
Land. Auf deutschem Boden fuhr der erste von einer Lokomotive
bewegte Zug im Jahre 1835 von Nürnberg nach Fürth. In
Preußen wurde 1838 die erste Bahn von Berlin nach Potsdam
eröffnet. Heute besitzt Deutschland fast 60000 Irrn Eisenbahnen. Auch
in den dunkeln Erdteilen dringen jetzt nach und nach von allen Seiten
Eisenbahnlinien ein, und selbst das abgeschlossene China kann sich ihrer
nicht länger erwehren.. Wir haben jetzt Eisenbahnen über schmale Meeres-
arme (in Schottlands und durch sandige Wüsten (Alexandrien und Suez).
Sie durchschneiden die Lagunen von Venedig, erklimmen hohe Berge
(Nigi, Vesuv u. a.) und übersteigen die Alpenpässe; sie rollen durch die
weite Prairie und durch den tropischen Urwald. In Berlin gehen die
Stadt- und Ringbahn und die elektrische Hochbahn hoch über dem
Menschenverkehr hin, und die Untergrundbahn führt unter belebten
Straßen und selbst unter der Spree hindurch. Man hat sogar den
kühnen Plan gefaßt, einen Tunnel unter dem Meere zwischen England
und Frankreich anzulegen. In Europa können wir bereits ununter-
brochen von Madrid bis nach Konstantinopel gelangen und von Brindisi
in Snditalien bis nach Petersburg. Rußland dehnte sein Schienennetz
von der Wolga bis nach Sibirien aus. Die Pyrenäen, der Brenner
und der Semmering sind schon überschient; der Mont Cenis-Tunnel
(12 km), der St. Gotthard-Tunnel (15 km) und der Simplon-Tunnel
(fast 20 km lang) durchbohren die Alpen. Auch zwischen näher ge-
legenen Orten nimmt der Verkehr immer größeren Umfang an. Jährlich
mehrt sich die Zahl der Kleinbahnen, und immer näher rückt der
Zeitpunkt, den der Dichter schildert:
„Bald ist, soweit die Menschheit haust, der Schienenweg gespannt;
es keucht und schnaubt und stampft und saust das Dampfroß rings durchs
Land."
3. Sogar auf die See hat der Dampf seine Tätigkeit erstreckt.
Die seit der Mitte des 18. Jahrhunderts angestellten Versuche,
Schiffe mit Dampfkraft zu treiben, führten 1807 zum ersten Erfolg,
als Fulton sein Dampfschiff vom Stapel ließ. Jetzt ist die Zahl
der Dampfschiffe so groß, daß jeder bedeutende Fluß seine Dampsboote
hat und die Meere von Dampfschiffen durchschnitten werden. Die erste
Form der Dampfschiffe war die der Rüderschiffe mit Schaufelrädern
zu beiden Seiten. Später baute man die Schraubendampfer. In
8 Tagen machen jetzt die deutschen Postdampfer regelmäßig ihre Fahrt
über den Atlantischen Ozean, und mit Benutzung der Pacificbahn können
wir in 14—18 Tagen an der Küste des Stillen Ozeans sein. Nehmen
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
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TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Personennamen: Fulton
Extrahierte Ortsnamen: Nürnberg Berlin Potsdam Deutschland China Schottlands Suez Venedig Berlin England Frankreich Europa Madrid Konstantinopel Brindisi Snditalien Petersburg Sibirien
1. Der Weltverkehr.
277
viele Störungen, daß erst seine neue Lokomotive für Schienenwege als
erste wirkliche Lokomotive im heutigen Sinne gelten kann. Als sie in
London ausgestellt war, staunte man „den schnaubenden Teufel" allge-
mein an, freute sich auch, als bei öffentlich gemachten Versuchen die
Maschine erst sechs bis acht, dann sogar 15 englische Meilen in der
Stunde lies; aber das Los des Erfinders war das so vieler anderer:
er verarmte und starb 1833 verlassen und vergessen. Ein Armengrab
nahm ihn auf.
Einem andern Erfinder war es vorbehalten, der Lokomotive eine
brauchbare Form zu geben und sie so zu vervollkommnen, daß sie ihren
Siegeslauf über den Erdball antreten konnte: Georg Stephenson.
Seine erste Lokomotive, die 1814 entstand, war zwar noch recht un-
vollkommen; als er aber elf Jahre später für die Stockton-Darlington-
Bahn Lokomotiven zur Personenbeförderung erbaute, da war die Idee
in seinem klugen Kopse, gefördert durch gründliches Studium und
mannigfache Versuche und Erfahrungen, so vollkommen znr Reife ge-
langt, daß die moderne Lokomotive heute nach mehr als achtzig Jahren
trotz aller Verbesserungen in dem Grundgedanken noch immer der von
Stephenson erbauten „Rocket" gleicht.
3. Nun nahm das Eisenbahnwesen einen schnellen Aufschwung.
Am 27. September 1825 waren auf der von Stephenson erbauten
Bahn zum erstenmal Personen befördert; 1830 wurde die Bahn zwischen
Liverpool und Manchester ausschließlich mit Dampfwagen befahren, und
am Ende desselben Jahres gab es in England schon 245 km Eisenbahnen.
Bald wurden auch auf dem Festlande Bahnen gebaut, so 1835 die
erste deutsche Personenbahn von Nürnberg nach Fürth, der bald die
Strecken Leipzig-Dresden, Braunschweig-Wolfenbüttel, Hannover-Celle,
Berlin-Potsdam u. a. folgten. 1840 gab es schon 9000, 1845 bereits
17oo0 km Eisenbahnen, wovon auf Deutschland über 2000 entfielen.
Und nun beginnt eine Zunahme, die von Jahr zu Jahr ihren Umfang
steigert. 1860 umfaßte das Eisenbahnnetz schon 100o00, 1880 fast
400000 km. Im Jahre 1907 waren 957 000 km im Betriebe, eine
Strecke, die das Dreiundzwanzigfache des Erdumfanges übertrifft oder
reichlich bis zum Monde und wieder zurück reicht, und doch ist nur die
Bahn-, nicht die Geleislänge gerechnet, auch sind alle nicht dem öffent-
lichen Verkehre dienenden Bahnen unberücksichtigt geblieben. Es ent-
fallen auf Amerika 488 Ooo km, auf Europa 320000 km, auf Asien
90000km, auf Australien 28600 km und auf Afrika 30000 km. Von
den Einzel st aaten steht das Deutsche Reich mit 58000 km Eisen-
bahnlänge an dritter Stelle; die Vereinigten Staaten von Amerika
besitzen das größte Eisenbahnnetz. Am dichtesten ist es in Belgien (26,6km
auf je 100 qkm Fläche) und im Königreich Sachsen (20,5 km auf je
100 qkm Fläche). Die Anlagekosten der 1907 im Betriebe befindlichen
Eisenbahnen betrugen 208 Milliarden Mark. Eine Rolle von Zwanzig-
markstücken, die diesen Betrag enthielte, würde reichlich von der Süd-
westspitze Spaniens zur Nordostspitze Rußlands und wieder zurückreichen
und zur Verladung mehr als 75oo Eisenbahnwagen mit je Io Ooo kg
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Georg_Stephenson
Extrahierte Ortsnamen: London Liverpool England Nürnberg Braunschweig-Wolfenbüttel Hannover-Celle Berlin-Potsdam Deutschland Amerika Europa Asien Australien Afrika Amerika Belgien Königreich_Sachsen Spaniens Nordostspitze_Rußlands
Vi. Aus der Bürger- und Gesetzeskunde.
319
Der Prinz stutzte und wurde von der gesetzlichen Hoheit und Ruhe
des Richters so betroffen, daß er freiwillig seinen Degen abgab, eine
ehrfurchtsvolle Verbeugung machte und sich, ohne ein Wort zu sagen,
verhaften ließ.
3. Der Vorfall wurde dem König sogleich berichtet. Die Höflinge
äußerten einen hellen Zorn gegen die Anmaßungen des Richters und
flüsterten schon von Majestätsverbrechen. König Heinrich aber hob
Augen und Hände gen Himmel und sprach in freudigem Tone:
„Gütiger Gott, wie soll ich Dir genug danken! Du gabst meinem
Lande einen Richter, der sich durch feinen Befehl und durch keine
Drohung von der Treue gegen Gesetz und Recht abbringen läßt, und
mir gabst Du eineu Sohn, der seinen Befehl dem Rechte und dem
Gesetze aufgeopfert hat." H. Zschokke.
vor dem Gesetze sind alle gleich. — Unkenntnis der Gesetze schützt nicht
vor Strafe; darum lerne die Gesetze kennenl
Dein Müssen und dein Mögen,
die stehn sich oft entgegen:
du tust am besten, wenn du tust
nicht, was du magst, nein, was du mußt. F. W. Weber
171. Kon der Rechtspflege.
1. Es wäre eine schöne Sache, wenn es keine Streitigkeiten gäbe,
wenn jeder freiwillig dem Gesetze gehorchte und keiner aus Gewinn-
sucht, Zorn oder Leidenschast sich hinreißen ließe, Handlungen zu be-
gehen, welche mit einem geordneten Gemeinwesen unverträglich sind.
Das ist nun aber leider nicht so. Es genügt deshalb nicht, daß der
Staat festsetzt, was als Recht gelten soll; er muß auch dafür sorgen,
daß dieses Recht von allen anerkannt und an den Übertretern gerächt
werde. Man darf jedoch nicht glauben, daß von zwei Streitenden
immer einer ein Bösewicht sein müsse. Meist sind beide von ihrem
Rechte überzeugt, und es ist zuweilen auch für einen Gelehrten schwer
zu erkennen, wer eigentlich recht hat. Außerdem gibt es Vergehungen,
bei denen es höchstens zweifelhaft sein kann, ob einer sie begangen,
nicht aber, ob er damit im Rechte war oder nicht. — Fälle, wo es
sich um streitige Rechtsansprüche handelt, sallen unter das bürger-
liche Recht. Seine Grundlage bildet das „Bürgerliche Gesetz-
buch." Dahin gehören z. B. Streitigkeiten in Erbjchaftsangelegen-
heiten, beim Kauf und Verkauf, bei Pacht- und Mietverhältnissen rc.
Wenn zwei Personen sich darüber nicht einigen können, tritt der Staat
mit seiner Hilfe ein; die angerufenen Gerichte entscheiden, und die
Staatsgewalt zwingt jeden, dem richterlichen Spruche sich zu fügen.
Anders ist es bei Verbrechen. Hier tritt der Staat selbst durch einen
Staatsanwalt als Kläger und durch besondere Beamte als Richter auf.
Wer sich an den Gesetzen durch Diebstahl, Mord, Aufruhr rc. vergangen
hat, wird von Staats wegen zur Rechenschaft gezogen und nach den
Bestimmungen des Strafrechts behandelt. Seine Grundlage ist das
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich H._Zschokke F._W._Weber
Vi. Aus der Bürger- und Gesetzeskunde.
321
172. Aus dem Strasgesetzbuche für das Deutsche
Tteirh
Gerechtigkeit erhöhet ein Volk.
1. Geschichtliches. Das gegenwärtig im Deutschen Reiche
geltende Strafgesetzbuch wurde am 31. Mai 1870 als Gesetz des
Norddeutschen Bundes erlassen, bald darauf als Gesetz auf das
neue Deutsche Reich ausgedehnt und, nachdem es am 1. Januar
1871 als solches in Kraft getreten war, wiederholt ergänzt und
umgeändert. Die Strafgesetzgebung der einzelnen Bundesstaaten
besteht nur noch für Steuern, Zölle, Forst-, Feld-und Jagdpolizei,
ist also auf kleinere Gebiete beschränkt.
2. Geltungsgebiet. Das Strafgesetzbuch gilt für alle im
Reichsgebiete begangenen strafbaren Handlungen, selbst wenn der
Täter ein Ausländer ist. Auch Hochverrat und Münzverbrechen,
selbst vom Ausländer im Auslande gegen das Deutsche Reich
begangen, werden nach diesem Gesetze geahndet. Dagegen
darf kein Deutscher nach dem Auslande zur Bestrafung ausgeliefert
werden. Die Auslieferungsverträge, welche die Staaten unter-
einander abgeschlossen haben, beziehen sich deshalb immer nur
auf die dem ausliefernden Staate nicht ungehörigen Personen.
3. Strafarten. Das Strafgesetzbuch teilt alle strafbaren
Handlungen nach der Schwere in drei Klassen ein und nennt
Verbrechen jede Handlung, die mit Tod, Zuchthaus oder Festungs-
haft von mehr als fünf Jahren, Vergehen jede Handlung, die
mit Festungshaft bis zu fünf Jahren, mit Gefängnis oder mit
Geldstrafe von mehr als 150 Mark, Übertretung jede Handlung,
die mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu 150 Mark bedroht ist.
Als schwerste Strafe kennt das Gesetz die durch Enthauptung zu
vollstreckende Todesstrafe; sie kommt nur zur Anwendung bei
Mord, Mordversuch gegen den Kaiser und Landesherrn (Hoch-
verrat). Im Kriege (auch bei erklärtem Kriegszustände) erfolgt
die Bestrafung schwerer und gemeingefährlicher Verbrechen, die
sonst nur mit Zuchthaus bedroht sind, standrechtlich, d. h.
nach rascher Aburteilung durch die Kriegsgerichte mit dem Tode
durch Erschießen. Von den Freiheitsstrafen ist die härteste die
entehrende Zuchthausstrafe; sie ist als zeitige nie unter einem
Jahre, jedoch nur bis zu 15 Jahren, oder als lebenslängliche
zu verhängen. Die Gefängnisstrafe kann einen Tag, bei meh-
reren gleichzeitig abgeurteilten Vergehen bis zu 10 Jahren um-
fassen. Die Festungshaft wird verhängt, wenn keine ehrlose
Gesinnung des Täters vorliegt. Die Haft besteht in einer ein-
fachen Freiheitsentziehung. Geldstrafen können bis zu 15000 M.
erkannt werden. Sind sie nicht beizutreiben, so werden sie in
Freiheitsstrafen umgewandelt. Neben Zuchthaus- und Gefängnis-
strafe tritt als Nebenstrafe noch die Aberkennung der
bürgerlichen Ehrenrechte auf, durch welche das Recht der
öffentlichen Wahl, des öffentlichen Amtes, des Titels, der Würden
Gehrig-Helmkampf-Kransbauer-Stillcke, Lese- u. Lehrbuch. 2. 2iufl. 21
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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Vi. Aus der Bürger- und Gesetzeskunde.
323
5. Strafverfolgung. Gegen jede bekannt gewordene straf-
bare Handlung schreitet der ¡Staat durch seine Beamten, die
Polizei und die Staatsanwaltschaft, ohne weiteres „von
Amts wegen“ ein. Gewisse leichtere Vergehen werden jedoch
nur auf Antrag verfolgt, weil kein allgemeines Interesse in Frage
steht. Der Strafantrag muß binnen drei Monaten gestellt werden;
auch kann er in der Regel vor der Erledigung zurückgezogen
werden. Das Strafgesetzbuch kennt auch die Verjährung so-
wohl der Strafverfolgung als auch der Strafvollstreckung; sie tritt
nach der Schwere des Vergehens früher oder später ein.
6. Strafbestimmungen. In 290 Paragraphen beschäftigt
sich das Strafgesetzbuch mit den einzelnen strafbaren Hand-
lungen. Es bezeichnet genau, worin jede Straftat besteht, gibt
ihren Tatbestand an, fügt auch Strafverschärfungsgründe
und mildernde Umstände an, damit die Richter nach Er-
messen aller Umstände die Strafe möglichst gerecht unter Be-
rücksichtigung der jedesmaligen Sachlage bestimmen können.
Es ist nötig, sich nach dem Strafgesetzbuche mit den Straf
bestimmungen bekannt zu machen; denn gerade im gewerblichen
Verkehr und im Erwerbsleben kann man leicht mit dem Gesetze
in Widerstreit kommen.
Gehrig im Anschluß an Hoffmann und Gioth sowie Frietingor nach dem Gesetze
............Sehe jeder, wie er’s treibe;
sehe jeder, wo er bleibe, und wer steht, daß er nicht falle!
J. W. v. Goethe.
173. Aus der Gewerbeordnung und aus dem Bürger-
lichen Gesetzbuche.
1. Von der Gewerbeordnung. Von allen Reichsgesetzen hat
die Gewerbeordnung im Laufe der Jahre die meisten Umänderungen und
Ergänzungen erfahren. Zuerst als Gesetz des Norddeutschen Bundes
(1809) erlassen, wurde sie 1871 auf das ganze Reich ausgedehnt.
1891 wurde sie durch die Arbeiterschutzgesetzgebung in dem Abschnitte
wesentlich geändert, der von den gewerblichen Arbeitern handelt.
Dieser Gesetzgebung wurden die Wege durch den Kaiserlichen Erlaß
vom 4. Februar 1890 vorgezeichnet. Danach wurde zur weiteren
Verbesserung der Lage der Arbeiter eine Änderung der Fabrikgesetz-
gebung als notwendig bezeichnet, mit dem Zielpunkt: die Zeit, die
Dauer und die Art der Arbeit so zu regeln, daß die Erhaltung
der Gesundheit, die Gebote der Sittlichkeit, die wirtschaftlichen Be-
dürfnisse der Arbeiter und ihr Anspruch auf gesetzliche Gleich-
berechtigung gewahrt bleiben.
Das in die Gewerbeordnung aufgenommene Arbeiterschutzgesetz
vom 1. Juni 1891 brachte allen gewerblichen Arbeitern die
notwendige Sonntagsruhe, gewährt ihnen für Leben, Gesundheit
und Sittlichkeit einen erhöhten Schutz. Es ließ sodann, wo
21 *
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
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Vi. Aus der Bürger- und Gesetzeskuude.
327
174. Aon den Steuern.
1. Für die Veranstaltungen, die der Staat zum Wähle seiner
Bürger trifft, sind bedeutende Geldmittel erforderlich. Diese werden
teils als Steuern direkt nach der Höhe des Besitzes oder Einkom-
mens des einzelnen bemessen, teils als Zölle, Stempelsteuern n. dgl.
indirekt erhoben. Besondere Gesetze bestimmen die Steuern im all-
gemeinen; unparteiische Sachverständige (Einschatzungskommissionen)
setzen die Stenern im einzelnen fest, und der Staat überwacht die
Erfüllung der Steuerpflicht. Er erhebt die Steuern, treibt sie auch
wohl mit Gewalt ein. Bei der Zahlung der direkten Steuern wird
niemand leicht das Zahlen ungestraft vergessen können. Öfter wird
der Staat bei den indirekten Stenern hintergangen. Namentlich
sind die Grenzbewohner stark versucht, steuerpflichtige Sachen, Kaffee,
Tabak usw. einzuschmuggeln. Das Schmuggeln hat Verwilderung
zur Folge, ist Betrug und führt auf die Verbrecherbahn. Ebenso
unehrenhaft und strafbar ist es, durch wissentlich falsche Angabe
seines Einkommens einen Teil der direkten Stenern zu hinter-
ziehen. Denn wer wissentlich in der Steuererklärung oder bei Beantwortung
der von zuständiger Seite an ihn gerichteten Fragen über sein steuer-
pflichtiges Einkommen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, welche
geeignet sind, zur Verkürzung der Steuer zu führen, oder steuerpflichtiges
Einkommen, welches er nach den Vorschriften dieses Gesetzes anzugeben ver-
pflichtet ist, verschweigt, wird, wenn eine Verkürzung des Staates stattge-
funden hat, mit dem 4- bis 10 fachen Betrage der Jahressteuer, um welche
der Staat verkürzt werden sollte, auch mit einer Geldstrafe von
100 Mark bestraft.
2. Nach dem Einkommensteuergesetze vom 24. Juni 1891
geht der Veranlagung der Steuerpflichtigen eine Voreinschätzung vor-
aus. Die Voreinschätzungskommission besteht aus dem Gemeinde-
vorstand als Vorsitzendem und aus einer von der Regierung zu
bestimmenden Anzahl von Mitgliedern, die unter möglichster Berück-
sichtigung der verschiedenen Arten des Einkommens teils von der
Regierung ernannt, teils von der Gemeindevertretung gewühlt werden.
Die Voreinschätzungskommission unterwirft die von dem Gemeinde-
vorsteher aufgestellten Nachweisungen einer genauen Prüfung und trägt
die für den einzelnen Steuerpflichtigen ermittelten Einkommensbeträge
bis zu 3000 Mark sowie die von ihr für diese vorzuschlagenden Steuer-
sätze in die Nachweisungen ein. Die Wahl und Ernennung der Mit-
glieder und Stellvertreter findet auf die Dauer von 3 Jahren statt.
3. Gegen eine zu hohe Veranlagung steht dem Steuerpflichtigen
innerhalb 4 Wochen das Rechtsmittel der Berufung zu. Sie kann
bei dem Vorsitzenden der Veranlagungskommission mündlich zu Pro-
tokoll gegeben oder schriftlich eingelegt werden. Die Zahlung wird
dadurch nicht aufgehalten; zuviel gezahltes Geld wird später zurück-
erstattet. Gegen die Entscheidung der Berufungskommission kann der
Steuerpflichtige beim Oberverwaltungsgericht in Berlin Beschwerde er-
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278
V. Im Weltverkehr und im Vaterlande.
Tragfähigkeit erfordern. In Deutschland, wo etwa auf jeden Einwohner
1 na Eisenbahn kommt, dienen 24000 Lokomotiven, 50000 Personen-
und 51ooo0 Güterwagen dem Verkehre. — Wie viele Industriezweige
erhalten durch die umfangreichen Bedürfnisse der Eisenbahn Aufträge
und Einkünfte! Allein im unmittelbaren Eisenbahndienste beschäftigt das
Deutsche Reich weit über eine halbe Million Beamte und Arbeiter, so daß
in Deutschland auf etwa 100 Einwohner ein Eisenbahnbediensteter kommt.
Diese Angestellten bezogen im Jahre 1907 weit über 1000 Millionen,
durchschnittlich fast 1500 Mark Gehalt. Die Zahl der Arbeiter, welche der
Eisenbahn indirekt ihr Brot verdanken, ist aber noch viel größer.
4. Die Elsenbahnen haben jedoch mit den Jahren nicht nur an
Ausdehnung zugenommen; sie sind auch immer mehr vervollkommnet
und den Wünschen des modernen Verkehrs mehr und mehr angepaßt
worden. Mit dem Bau der Lokomotiven und der dadurch erhöhten
Geschwindigkeit sowie mit der Vermehrung der Lasten, welche das
rieseustarke Dampfroß zuließ, hatte sich auch die Notwendigkeit eines
verbesserten Unterbaues ergeben. Man lernte die Schienen besser
lagern und verbinden, die Aufschüttungen der Bahnkörper sicherer an-
legen und die Weichen immer bequemer und zuverlässiger konstruieren.
Material und Herstellungsweise der Schienen erfahren Verbesserungen.
Die Schwierigkeiten des Geländes wurden überwunden, Felsen wegge-
sprengt oder durchbohrt und Flüsse und Täler überbrückt; Bergbahnen,
die Abhänge emporklimmen, Schwebebahnen und unterirdische Bahn-
anlagen wurden erbaut. Auch für die Sicherheit der Reisenden wurde
immer besser gesorgt. Die Beaufsichtigung des Bahnkörpers und die
Überwachung des rollenden Materials wurde stets besser ausgestaltet,
das Signalwesen erfuhr einen bewunderungswürdigen Ausbau, und die
Sicherheitsvorrichtungen (Bremsen u. dergl.) sind auf eine Höhe der
Entwickelung gelangt, daß heute auf Eisenbahnen verhältnismäßig weit
weniger Menschen verunglücken als auf den mit Pferden bespannten
Fuhrwerken. Ein Griff an die in jedem Wagenabteil befindliche Not-
leine — und der Zug kommt augenblicklich zum Stehen. Auch die
Lokomotiven wurden fester und sicherer und so vervollkommnet, daß
sie nicht nur stets größere Lasten fortschaffen und immer schneller
laufen konnten, sondern daß dabei auch eine noch vorteilhaftere Aus-
nutzung des Brennmaterials und damit eine verhältnismäßige Ver-
billigung des Betriebes erreicht wurde. Immer mehr Stationen wurden
angelegt — Deutschland hat zurzeit allein über 12000 —, um mög-
lichst vielen Orten die Annehmlichkeit des Eisenbahnverkehrs zu bieten,
daneben aber auch Schnellzüge eingerichtet, welche nur an den Haupt-
stationen halten. Die Bahnhöfe wurden immer bequemer und zweck-
mäßiger und dem zunehmenden Verkehre stets besser angepaßt; sie
erhielten Wartesüle, Wirtschaften und überdachte Bahnsteige. Besondere
Sorgfalt erfuhr der Ausbau der Wagen. Man lernte nicht nur, sie
ihrem Zwecke, Reisende, Frachtgüter oder Vieh aufzunehmen, besser
nutzbar zu machen, sondern auch, sie stärker und widerstandsfähiger zu
bauen. Durch verbesserte Konstruktion der Federn und der Puffer
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutsche_Reich Deutschland Deutschland
316
Vi. Aus der Bürger- und Gesetzeskunde.
und ihr habt wohl schon einmal gehört, daß der Vater ein bischen gestöhnt
hat, wenn der Steuerbote kam. Aber es hilft nichts; denn der Staat braucht
Geld, und er braucht es für die Bürger. Er gebraucht es für das Heer
und die Flotte, um das Land zu schützen gegen äußere Feinde; er gebraucht
es für Gerichte und Polizei, um die Bürger zu schützen gegen innere
Feinde. Er verwendet es zur Bestreitung der Kosten für Kirche und Schule,
zur Verbesserung der Verkehrsmittel, zum Unterhalt der Behörden. Die Liste
ist lang.
6. Der oberste Reichs beamte ist der Reichskanzler. Der Reichs-
kanzler leitet die Geschäfte des Bundesrats und den Verkehr zwischen diesem
und dem Reichstage. Er unterschreibt die kaiserlichen Erlasse, und er be-
aufsichtigt die verschiedenen Zweige der Reichsverwaltung. So liegt in seinen
Händen die oberste Leitung. Unter dem Reichskanzler stehen die verschiedenen
Reichsämter. Da ist zunächst das Reichsamt des Inneren für die innere Ver-
tvaltung; das Reichsjustizamt mit dem obersten deutschen Gericht, dem Reichs-
gericht in Leipzig, das Reichsschatzamt, das Reichspostamt usw. Zu den
wichtigsten Reichsämtern gehört das Auswärtige Amt.
Der Wirkungskreis des Auswärtigen Amtes ist sehr groß. Wenn sich
z. B. bei einem anderen Staat irgend eine Verstimmung gegen Deutschland
zeigt, dann hat das Auswärtige Amt klärend und vermittelnd einzugreifen,
manchmal freilich auch recht ernstlich. Oder auch: irgendeinem Reichsan-
gehörigen ist im Ausland eine Unbill zugefügt; dann tritt das Auswärtige
Amt für ihn ein.
Zur Vertretung aller deutschen Interessen im Auslande unterhält das
Reich in den fremden Staaten dauernd kaiserliche Beamte, die auch dem
Auswärtigen Amt unterstehen. In allen Staaten genießen diese Vertreter
Deutschlands besondere Vorrechte; sie stehen z. B. nicht unter der Gerichts-
barkeit des betreffenden Landes, und ihre Wohnungen gelten als unverletz-
lich, ja als Stück des Landes, das sie aussandte. So kaun man z. B., wenn
man in dem schönen Botschasterpalais in Rom steht, sagen, man befinde sich
mitten in Italien und doch auf deutschem Boden. Genau so werden die
Vertreter fremder Staaten in Deutschland behandelt. Außer diesen diplo-
matischen Vertretern aber unterhält das Reich in allen größeren Orten des
Auslandes noch andere Beamte, die besonders die Angelegenheiten des
Handels, der Industrie oder der Schiffahrt Pflegen und fördern sollen; das
sind die Konsuln. Sie schützen aber nicht nur die Kaufleute und den Handel,
sondern haben auch die Rechte aller Reichsangehörigen wahrzunehmen, die
in dem fremden Lande wohnen.
Einem besonderen Reichskolonialamt untersteht die Verwaltung der
deutschen Kolonien in fremden Erdteilen. Auch sie sind unmittelbar dem
Reichskanzler unterstellt. Wir haben heute noch nicht viel von diesen Kolo-
nien; aber der eine oder andere von euch wird sicher schon Freude au ihnen
erleben und spätere Geschlechter noch mehr. Wenn man heute ein Stück
Heideland einschont, so kostet es zuerst auch nur Geld; erst unsere Enkel sehen
den schattigen Forst und ziehen Nutzen daraus. So ist's auch mit Kolonien.
Gut Ding will Weile haben.
Kurt Wernelow. (Jugendbibliothek. 2. Bd. Belhagen u. Klasing, Leipzig.)
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Extrahierte Personennamen: Kurt_Wernelow
Extrahierte Ortsnamen: Leipzig Deutschland Deutschlands Rom Italien Deutschland Leipzig
318
Vi. Aus der Bürger- und Gesetzeskunde.
Stammrolle oder zur Berichtigung derselben unterläßt oder vor den
Ersatzbehörden nicht pünktlich erscheint, kann mit Geldstrafe bis zu
30 Mark oder mit Haft bis zu 3 Tagen oder nach Umständen mit
noch härterer Strafe belegt werden.
6. Die Kriegsmarine des Deutschen Reichs ist unter den unbe-
schränkten Oberbefehl des Kaisers gestellt. Er allein hat über die
Organisation zu entscheiden. Die Kosten für Neubeschaffung und
Erhaltung bestreitet das Reich.
Nach Giese, Hoffmann und Groth nach dem Gesetz.
Unser kseer soll den Frieden sichern und, wenn er uns dennoch gebrochen
wird, imstande sein, ihn niit Ehren zu erkämpfen. Kaiser Wilhelm n.
Gedenke, daß du ein Deutscher bist!
170. Kehorche dem Kesehe!
Nach seinem Sinne leben ist gemein:
der Edle strebt nach Mrdnung und Gesetz.
I. W. v. Goethe.
1. Prinz Heinrich, der nachmals seinem Vater, dem Könige
Heinrich Iv., auf dem Throne von England folgte, hatte einen Kammer-
junker, der ihm trotz mancher verwickelten Streiche sehr lieb war. Der
Junker wurde eines Tags, da sein Mutwille das Maß überschritten
hatte, von dem beleidigten Teile vor dem höchsten Gerichtshöfe ange-
klagt und, da er schuldig befunden ward, sogleich ohne Umstände
verhaftet. Als Prinz Heinrich dies hörte, wurde er höchlich darüber
aufgebracht, daß man so wenig Rücksicht auf seine hohe Person
genommen habe, zu deren nächster Bedienung der Gefangene gehörte.
Er stürmte sogleich in den Gerichtssaal und sprach zornig zu den
Richtern: „Ich befehle, daß mein- Diener sofort in Freiheit gesetzt
wird!" Ruhig aber erhob sich der Präsident des Gerichtshofes und
antwortete: „Prinz, ich ehre Ihren Befehl; aber ich gehorche dem
Gesetze. Ihr Diener ist verurteilt. Wollen Sie ihn aus dem Kerker
retten, so wenden Sie sich an den König; denn das Gesetz gibt dem
Könige das Recht der Begnadigung."
2. Der Prinz wollte den Unterschied zwischen Befehl und Gesetz
nicht verstehen und selbst das Recht haben, das Urteil des Gerichts
aufzuheben. Er beharrte auf seinem Verlangen, wurde ungebärdig,
schimpfte und drohte. „Halt!" rief der Richter, „Sie sind strafbar,
Prinz, weil Sie sich vergangen haben. Ich stehe hier im Namen des
Gesetzes und an der Stelle des Königs, Ihres Vaters. In beiden
Rücksichten sind Sie mir unbedingt Gehorsam schuldig. Prinz, ich
befehle Ihnen demnach, von Ihrem Vorhaben abzustehen und Ihren
künftigen Untertanen ein besseres Beispiel der Ehrfurcht vor dem Gesetze
zu geben. Jetzt aber werden Sie wegen Verletzung dieser schuldigen
Ehrfurcht sich sofort in Gefangenschaft begeben und so lange darin
verbleiben, bis der König Ihnen seinen höchsten Willen kundtun wird."
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn]]
TM Hauptwörter (200): [T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift]]
Extrahierte Personennamen: Giese Hoffmann Groth Wilhelm Goethe Heinrich Heinrich Heinrich_Iv. Heinrich_Iv. Heinrich Heinrich
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Vi. Aus der Bürger- und Gesetzeskuude.
„Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich." Denn die Sicherheit
und das Ansehen des Staates selbst würden Not leiden, wenn solche
Vergehungen ungeahndet und solche Mitglieder des Gemeinwe ens un-
bestraft blieben.
2. Wenn es sich um die Bestrafung eines Verbrechers
handelt, werden vielfach bei schweren Verbrechen zur Entscheidung außer
den Rechtsgelehrten Männer aus dem Volke als Geschworene hinzu-
gezogen. Diese Fälle werden vor dem Schwurgerichte verhandelt.
Die Geschworenen haben nur auszusprechen, ob der Angeklagte des
Verbrechens, dessen er bezichtigt wird, schuldig ist oder nicht. Die ge-
lehrten Richter haben hierbei das Amt, durch Voruntersuchung und
durch die Leitung der Gerichtsverhandlung die tatsächlichen Um-
stände des Verbrechens bis ins kleinste klarznlegen und im Falle des
von den Geschworenen ausgesprochenen „Schuldig" die Strafe nach
dem Strafgesetzbuche zu bestimmen. Die Schwurgerichtsverhand-
lungen werden an den Landgerichten abgehalten. Viele Vergehen
werden an Landgerichten vor Strafkammern, die aus rechtsgelehrten
Richtern zusammengesetzt sind, abgeurteilt. Für geringere Strafsachen
sind die Schöffengerichte bei den Amtsgerichten zuständig. Die
Gerichtsverhandlungen sind öffentlich.
3. Bei bürgerlichen Streitigkeiten, wo es zumeist auf die
Auslegung des Rechts ankommt, entscheidet allein der fachmännisch
gebildete und vom Staat angestellte Richter. Die Rechtsverhältnisse
sind jedoch oft so verwickelt, daß die Richter selbst in Verlegenheit
kommen. Es kann vorkommen, daß zwei derselben über die gleiche
Sache eine verschiedene Meinung haben. Deshalb begnügt sich
eine gute Rechtsverfassung nicht damit, für alle Fälle nur eine ein-
malige Aburteilung zuzulassen. Es kann der Verurteilte ein höheres
Gericht anrufen, damit „seine Sache nochmals geprüft und ein neuer
Spruch gefällt werde. Über dem Amtsgerichte steht das Landgericht,
über diesem das Oberlandesgericht (29 im Deutschen Reiche), in Berlin
Kammergericht genannt. Das höchste Gericht ist das Reichsgericht
in Leipzig.
4. Die Rechtsanwälte sind die Fürsprecher für die streitenden
Parteien und darum notwendig, weil die rechtlichen Formen oft so
verwickelt sind, daß ein Rechtsunkundiger nicht damit umgehen kann.
Das Prozesseführen wird freilich teurer durch die Rechtsanwälte;
denn diese müssen ebensogut wie andere Leute von ihrer Arbeit leben.
Allein ein guter und ehrlicher Rechtsbeistand verhütet auch manchen
Prozeß, wenn er die Parteien zu einem gütlichen Vergleiche be-
wegt und prozeßsüchtige Leute von vornherein abweist.
-r o Mi y o Nach Deimling.
<§in magerer Vergleich ist oft besser denn ein fetter Prozeß!
„Fch will, daß jedermann, er sei vornehm oder gering, reich oder
arm, eine prompte Justiz administrieren und einem jeglichen Untertaneil
ohne Ansehen der Person und des Standes durchgehends ein unpartei-
isches Recht widerfahren soll." Friedrich der Große.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Deimling Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutsche_Reich Berlin Leipzig