72
Geschichte.
auch die Sachsen wurden des Kampfes müde; aber sein eigner
Sohn empörte sich gegen ihn, er wurde gefangen genommen und
seiner Würde entsetzt. Da ereilte den Ruhelosen der Tod und
endete ein Leben, das nur eine Kette von Leiden „ für die Sün-
den seiner Jugend war," wie er selbst sagte. Sein Sohn Hein-
rich V. hatte fast eben so große Kämpfe durchzufechten und starb
in der Blüthe seiner Jahre kinderlos 1125. Kurz vor seinem
Tode war die Hauptursache des langen Streites gehoben worden.
Der Kaiser versprach, sich in die Wahl der Bischöfe und Aebtz
nicht zu mischen, und der Papst gab zu, daß der^Kaiser die
Geistlichen bei weltlichen Aelptern mit dem Scepter belehnen
dürfe, wie dies bei den weltlichen Fürsten geschah.
England. Älfred der Große.
In dem von den Römern Britannien genannten Jnselreich
hatten sich, wie wir oben gehört haben, Angelsachen niedergelassen.
Die bedrängten Ureinwohner riesen ihre Nachbarn, die wilden
Schotten, zu Hilfe, wurden aber nun von den beiden Völkern
angegriffen und gänzlich unterdrückt. Viele wanderten über das
Meer nach Frankreich hinüber, und der von ihnen bewohnte Theil
dieses Landes erhielt den Namen Bretagne (Bretanj).
Nicht lange erfreuten sich die Sachsen und Angeln des ruhi-
gen Besitzes des eroberten Landes. Normannen, wie man die
deutschen Stämme in Norwegen, Dänemark und Schweden nannte,
kamen auf kleinen aber gut gebauten Schiffen herüber, Beute
suchend. Die kühnen Seehelden eroberten eine Provinz nach der
andern und forderten Tribut. Da trat unter den Angelsachsen
ein Held auf, Alfred mit Namen. Er versuchte die letzte Provinz
im Westen Englands zu vertheidigen, aber er war zu schwach;
besiegt und überwunden konnte er sich nur verkleidet retten.
Er trat bei einem Schäfer in Dienste, verrichtete ein ganzes
Jahr hindurch unverdrossen die niedrigsten Geschäfte, vergaß
aber in der Hütte die Noth seines Volkes nicht, sondern entwarf
Rettungspläne. Als er merkte, daß die Sachsen sich im Stillen
rüsteten, das drückende Joch abzuschütteln, gab er ihnen Nachricht
von seinem Aufenchalte. Bei der Schwierigkeit seines Unternehmens
entschloß sich Alfred, erst genaue Kundschaft einzuziehen. Als
Harfner verkleidet wanderte er ins feindliche Lager, zog singend
und spielend durch die Verschanzungen, spähte die Fehler und
schwachen Stellen derselben und die Zahl der feindlichen Kämpfer
auö; dann erst verließ er es, ohne Verdacht erregt zu haben, ver-
tauschte die Harfe mit dem Schwerte und führte die Seinen zum
Siege. Die Überwundenen huldigten dem kühnen Sieger,
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Extrahierte Personennamen: Alfred Alfred
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen England Britannien Frankreich Sachsen Norwegen Dänemark Schweden Englands Sachsen Schwerte
Die Kreuzzüge.
73
nahmen das Christenthum an und wurden ruhige Unterthanen.
Um künftige Einfälle der Seeräuber zu verhindern, schützte er
die Küste durch Wachtschisfe und suchte in der Zeit des Friedens
Ordnung und Wohlstand wieder herzustellen. Man erzählt: die
Sicherheit in England sei zu seiner Zeit so groß gewesen, daß
man goldene Armbänder aus öffentlichen Straßen hinhängen
konnte, ohne daß sie Jemand angerührt habe. Gleich Karl dem
Großen sammelte er die berühmtesten Gelehrten aller Länder um
sich; durch sie ließ er Schulen zum Unterricht des Volkes grün-
den. Bei Besetzung der Aemter wurden Verdienst und Gelehr-
samkeit allein berücksichtigt; er selbst verfaßte nützliche Schriften
und verwandte darauf täglich acht Stunden, ebenso viele auf die
Regierungsgeschäfte, und die übrigen acht mußten für die nöthige
Bewegung, das Essen und den Schlaf ausreichen. Da man noch
keine Uhren hatte, so bediente sich Alfred dreier Wachskerzen,
deren jede acht Stunden brannte.
Ganz England fühlte den Segen einer so weisen und thätigen
Regierung. Leider wurde es nach seinem Tode unter schwachen
Regenten gar bald wieder anders; die wieder heranschwärmenden
Dänen forderten Tribut, und das Land war zu schwach sie abzu-
weisen; der dänische König zog mit großer Macht heran und
eroberte das ganze Land. Sein Sohn Kanut der Große, ein
Zeitgenosse Heinrichs Ii., erwarb sich die Liebe aller seiner Unter-
thanen; nach dem Tode dieses trefflichen Königs regierte noch ein
angelsächsischer Prinz, der letzte aus Alfreds Stamm, unter
welchem Wilhelm (Herzog der Normannen in Frankreich) ins
Land fiel und durch eine Schlacht das ganze Reich eroberte.
Man gab ihm den Namen der Eroberer. Er herrschte mit großer
Strenge und suchte alles auszurotten, was angelsächsisch war,
selbst die Sprache. Das gelang ihm nun nicht, aber sie ver-
mischte sich mit der von den Normannen herüber gebrachten fran-
zösischen, und entstand daraus die heutige englische.
Da dieser als Herzog der Normandie Vasall des Königs
von Frankreich blieb, so entstanden wiederholte Kämpfe, die mit
einiger Unterbrechung fast 400 Jahre währten.
A' Die Lreumge.
Von jeher waren das Land und die Orte, wo Christus
geboren ward, lehrte und für das Heil der Menschen starb, seinen
Bekennern Gegenstände der Sehnsucht und Verehrung. Schon
Konstantin ließ, als erster christlicher Kaiser, in Jerusalem
eine prachtvolle Kirche über dem heiligen Grabe aufführen;
seine Mutter Helena wallfahrtete noch in ihrem hohen Alter
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Extrahierte Personennamen: Karl_dem
Großen Karl Alfred Heinrichs Heinrichs Alfreds_Stamm Wilhelm Christus Konstantin
Extrahierte Ortsnamen: England England Frankreich Frankreich Jerusalem
82
Geschichte.
darauf auch Philipp August mit einem Theil seines Heeres.
Richard erfocht manchen glänzenden Sieg über Saladin und
erfüllte das ganze Morgenland mit dem Ruhme seiner Thaten,
und schreckenerregend klang dem Muselmanne sein Name. Schon
war er Jerusalem nahe, da verließen ihn die noch zurückgebliebenen
Franzosen, ja selbst viele Engländer. Dazu kam noch die Nachricht,
daß daheim sein Bruder sich auf den englischen Thron geschwungen,
um zu herrschen. Da schloß er mit Saladin einen dreijährigen
Waffenstillstand und wandte sich der Heimath zu. Vom Sturme
ins adriatische Meer verschlagen, stieg er ans Land, Uly als
Pilger die Heimreise fortzusetzen, wurde aber erkannt und von
Leopold von Oesterreich, der den ihm angethanen Schimpf nicht
vergessen konnte, gefangen gesetzt. Philipp August fiel nun über
Richards Besitzungen in Frankreich her und unterstützte dessen
ehrlosen Bruder in den Kämpfen gegen die Engländer, die Richard
treu blieben; doch waren alle Bemühungen, Richard zu verderben,
vergeblich. Auf die Drohungen des Papstes seiner Hast entlassen,
eilte er zur Freude seines Volkes nach England, stellte die Ord-
nung her und vertrieb die Franzosen aus der'normandie. Durch
einen Pfeilschuß schwer verwundet, starb er bald darauf.
Friedrich Il, ein Enkel Barbarossas, hatte schon bei seiner
Krönung zu Aachen das feierliche Versprechen gegeben, einen
Kreuzzug zu unternehmen. Doch die Sorge für sein eignes Land
hinderte ihn Jahre lang. Und als er sich endlich einschiffte, brach
eine Seuche ans der Flotte aus, von welcher Friedrich selbst ergrif-
fen wurde. Dadurch wurde der Zug aufs diene verzögert, aber
nicht aufgegeben. Sobald der Kaiser genesen war, segelte er
nach Palästina, und obwohl er gar keine Unterstützung fand,
erreichte er mehr, als Alle bisher. Er schloß mit den Sarazenen
einen zehnjährigen Waffenstillstand; Jerusalem, Betlehem und
Nazareth wurden ihm ausgeliefert, und er setzte sich in der Kirche
des heiligen Grabes die Krone eines Königs von Jerusalem auf.
Weniger glücklich war Friedrich in seinen Ländern. H^
empörte sich sein eigener Sohn gegen ihn, und er mußte streng
strafen; das immer unruhige Italien forderte wiederholt seine
Anwesenheit, und von Osten her drangen verheerend die Tataren
unter Dschingis-Chan in Europa ein, eroberten Rußland und
Polen, und erst in Schlesien hielt sie Heinrich Ii., Herzog von
Breslau, auf, lieferte ihnen 1241 nicht fern von Liegnitz eine
blutige Schlacht, in der sein Heer gänzlich aufgerieben wurde und
er selbst den Heldentod starb. Doch rettete er das übrige Deutsch-
land vor gräulicher Verwüstung; denn erschreckt durch die deutsche
Tapferkeit drangen die Horden nicht weiter vor, sondern wandten
sich fliehend der Heimath zu. Friedrich konnte Heinrich nicht die
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp August Richard Leopold_von_Oesterreich Leopold Philipp August Richards Friedrich_Il Friedrich Barbarossas Barbarossas Friedrich Friedrich Palästina Friedrich Friedrich Heinrich_Ii Heinrich Friedrich Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Frankreich England Jerusalem Betlehem Nazareth Jerusalem Italien Europa Polen Breslau Liegnitz
Heinrich Viii., König von England. Elisabeth. 125
feierlich zu derselben über. Er hielt einen glänzenden Einzug
in Paris, verzieh allen Bürgern und gewann immer mehr die
Zuneigung des Volkes. „Meine Siege kommen von Gott,"
sagte er, „und da er mir vergibt, obschon ich es nicht verdiene,
so will ich auch meinen Unterthanen vergeben."
Nachdem Heinrich mit dem Papste, wie auch mit dem
Könige von Spanien sich ausgesöhnt hatte, wandte er seine ganze
Sorgfalt auf das Wohl des Reichs. Er suchte im Volke den
Geist der Thätigkeit und des Gewerbfleißes anzuregen. Die über-
flüssigen Soldaten entließ er und wies ihnen unangebaute Felder
zum Bearbeiten an; denn er wollte nicht, daß kräftige Menschen
auf Kosten Anderer ein müßiges Leben in den Waffen führten.
Besonders nahm er sich der unterdrückten Landleute an. Er ließ
ihnen rückständige Stenern nach und äußerte: nicht eher werde er
zufrieden sein, als bis er es dahin gebracht, daß jeder Bauer
des Sonntags ein Huhn im Topfe habe. Noch jetzt erinnern sich
gern die französischen Bauern dieser königlichen Worte. Gegen
den übertriebenen Aufwand gab er strenge Gesetze. Um seinem
Lande das Geld zu ersparen, welches für seidene Zeuge in fremde
Länder floß, befahl er, Maulbeerbäume zu pflanzen, Seiden-
würmer zu ziehen und brachte Seidenwebereien in Gang. Die
eigenen Bedürfnisse schränkte er ein, um den Unterthanen mit einem
guten Beispiele voranzugehen. Er kleidete sich in einen einfachen
grauen Nock und lachte über die, welche, wie er zu sagen pflegte,
ihre Accker und Wälder auf dem Leibe trügen. Ganz Frankreich
empfand die Segnungen seiner Regierung, und sichtbar hob sich
das Land cnrpor. Auch der Reformirten, seiner frühern Glaubens-
genossen, vergaß er nicht. Er erließ ein Gesetz, kraft dessen sie
freie Religionsübung erhielten und zu allen Aemtern zugelassen
wurden. Dieser treffliche König wurde 1610 von einem nichts-
würdigen, halb verrückten Menschen ermordet.
^-'Heinrich Viii., König von England. Elisabeth.
Zu der Zeit, als Karl V. Kaiser von Deutschland war,
regierte Heinrich Viii. in England. Schon mit achtzehn Jahren
bestieg er den Thron, und seine Unterthanen versprachen sich viel
von ihm; denn er hatte regen Sinn für Künste und Wissen-
schaften und den besten Willen, das Land emporzuheben. Als
er jedoch älter wurde, zeigten sich allmälig seine Laster. Nach
dem Tode seines klugen Ministers Wolsei gab er sich schon als
blutdürstigen Tyrannen zu erkennen.
Aus einem eifrigen Anhänger der katholischen Kirche wurde
er bald ein wüthender Verfolger derselben und zwar nur deswegen,
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Viii Heinrich Elisabeth Gott Heinrich Heinrich Elisabeth Karl_V._Kaiser_von_Deutschland Karl_V. Heinrich_Viii Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: England Paris Spanien Frankreich England England