Ja, liebes Kind, wenn ich eine Wachtel hätte, und ich sähe ihr Ver-
langen und ihre Unruhe, so müßte ich sie ziehen lassen.
2.
Aber wohin ziehen die Vögel? Und wer zeigt ihnen den Weg?
Wenn ich dich aus eine Wiese hinstellen und zu dir sagen würde: „Mach
eine Reise nach Afrika!" so würdest du mir antworten: „Ich weiß
keinen Weg." Wenn ich aber mit dir reisen wollte, so müßten wir
viele hundert Stunden weit gehen, bis wir ans Meer kämen, und dann
wären wir noch nicht in Afrika. Wir müßten ein Schiff besteigen und
noch weit übers Meer fahren. Wie wunderbar! Die Störche, die
Schwalben, die Wachteln, die Nachtigallen machen im Herbst diese weite
Reise nach Afrika, und niemand zeigt ihnen den Weg. Sie müssen über
Wälder, Berge, Flüsse und Seen, ja zuletzt übers Meer ziehen, und
doch verfehlen sie ihren Weg nicht und kommen alle wohlbehalten in
Afrika an, wenn sie aus der Reise kein Unglück trifft.
Die lange Reise beendigt die schnelle Schwalbe schon in vier bis
fünf Tagen. Dabei ruht sie des Nachts im Schilfrohr der Sümpfe
und Teiche, und wenn sie übers Meer fliegt, setzt sie sich auf die Mast-
bäume und Segelstangen der Schiffe. Schlimmer als den Schwalben geht
es den Wachteln, welche zwar recht hurtig laufen, aber nicht gut fliegen
können. Sie ruhen oft aus, und wenn sie ans Meer kommen, so fliegen
sie von Insel zu Insel, und zwar immer auf demselben Wege. Wenn
sie auf den Inseln ankommen, sind sie vom langen Fluge so müde, daß
man sie mit den Händen fangen kann. Tausende schlägt man tot und
salzt sie ein; ganze Schwärme wirft der Sturm ins Meer, daß sie er-
trinken müssen. Und doch will keine einzige Wachtel bei uns bleiben;
alle wollen sie nach Afrika ziehen und dort den Winter zubringen.
Wenn aber bei uns der Frühling angeht, dann ziehen alle diese Vögel
wieder aus Afrika fort, und jede Schwalbe findet das Dorf, das Haus,
ja das Nest wieder, worin sie im vorigen Jahre gebrütet hat.
Und nun sage mir, wer ist ihr Wegweiser nach Afrika? Wer sagt
ihnen, wann sie wieder fortziehen sollen in ihre Heimat? Wer zeigt
ihnen den sichern Weg zu ihrem alten Neste? Du weißt es, wer der
ist, der keines seiner Geschöpfe vergißt, ohne dessen Willen kein Sperling
vom Dache fällt. Siehe, er zeigt ihnen den Weg nach Afrika und bringt
sie wieder in ihre Heimat; er bestimmt ihnen die Zeit ihrer Reise.
Wenn du die Störche, die Schwalben, die Stare, die Wachteln kommen
siehst, dann denk' an ihn!
6*
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Extrahierte Ortsnamen: Afrika Afrika Afrika Afrika Afrika Afrika Afrika Afrika
92
Beine. Atemlos kam Peter hekn, den Sack hatte er unterwegs
fallen lassen. Das Gespenst aber war sein eigener Schatten an der
Wand; denn der Mond war unterdessen aufgegangen. Peter stahl
nie wieder.
100. Ich mag nicht lügen.
Einem Knaben hatte jemand ein kleines Beil zum Spielen ge-
geben. Daran hatte er seine große Freude und hieb damit,
wie es eben traf; und es traf manchmal hin, wo es nicht gut
war. Als der Kleine mit dem Beil auf der Schulter auch in den
Garten kam, dachte er: „Nun will ich ein tüchtiger Holzhauer
sein.“ Und er fing an und hieb seines Vaters schönstes Nuß-
bäumchen um.
Den andern Tag kam der Vater in den Garten, und als er
das schöne Bäumchen welk am Boden liegen sah, wurde er betrübt
und zornig. „Wer mir das getan hat,“ rief er, „der soll mirs
schwer büßen!“ — Aber wer es getan hatte, das wußte kein
Mensch — außer einem, und der stand gerade hinter der Hecke,
hörte, wie der Vater so zürnte, und wurde feuerrot. „Es ist
schlimm!“ dachte er, „aber wenn ich’s verschwiege, so wär's eine
Lüge, und lügen mag ich nicht.“ So trat er denn schnell in den
Garten zum Vater und sagte: „Vater, ich habe das Bäumchen
umgehauen; es war dumm von mir!“ — Da sah der Vater den
Knaben an, und er machte wohl noch ein ernsthaftes Gesicht,
aber er zürnte nicht mehr.
Der kleine Knabe lebte in Amerika und wurde nachher ein
braver Mensch und dazu ein gewaltiger General, hat auch in seinem
Leben nie gelogen. Er hieß Georg Washington.
101. Nur nicht lügen! Von Helene Krüger.
Eine Festgabe für kleine Lenke. Nürnberg o. I. S. 9.
/. Lieschen, mußt die Wahrheit sagen!
Ach, das Lügen macht mir Schmerz,
Mutter sieht dir nur ins Auge,
aber Gott sieht in dein Herz.
2. Dunkle Flecken macht die Lüge
in dein Herzenskämmerlein,
und es soll doch eine Wohnung
für das liebe Christkind sein.
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144
Kater, „denn ein Beinbruch tut weh. Ich hätte mich auch gern
davongemacht, als mir der Koch mit seinem Hackmesser das Bein
zerschlug.“ „Was hattest du dem Koch getan?“ fragte der Pudel..
„Ei,“ erwiderte der Kater, „ich wollte mir ein Rebhühnchen holen,
das auf dem Herde stand und gar zu angenehm roch.“ „So?“
sagte der Pudel, „du bist lahm geworden, weil du gestohlen hattest?
Das ist mir leid; dann können wir nicht weiter zusammen reisen.“
Und er schlug einen andern Weg ein.
147. Till Eulenspiegel. Von Klara Reichner.
Auch ein Schatzkästlein. 6. bis 8. Tausend. Stuttgart o. I. S. 24.
1.
er Till Eulenspiegel war ein gar närrischer Kauz,
welcher wirklich vor langer, langer Zeit einmal ge-
lebt und seine vielen Schalkstreiche ausgeübt hat,
die er von früh bis spät nicht lassen konnte; denn
er war ein so lustiger Vogel von Anfang bis zu
Ende, wies keinen zweiten auf Erden je gegeben hat.
Till Eulenspiegel ging eines Tages über Feld. Unterwegs be-
gegnete ihm ein Fuhrmann, der auf einer steinigen Straße seine
Pferde über die Gebühr antrieb, damit sie schneller laufen sollten.
„Kann ich,“ fragte er im Vorbeijagen, „wohl noch vor Abend zur
Stadt kommen?“ Eulenspiegel antwortete: „Ja — wenn Ihr langsam
fahrt!“ „Der Kerl ist wohl nicht klug!“ dachte der Fuhrmann und
trieb seine Pferde nur noch mehr an.
Gegen Abend kam Eulenspiegel auf demselben Wege zurück
und traf denselben Fuhrmann wieder auf der Straße an, und zwar
in großer Verlegenheit. Vom dem Jagen auf steinigem Boden
war ihm ein Rad gebrochen. Er konnte also mit seinem Wagen
nicht von der Stelle und mußte sich bequemen, die Nacht unter
freiem Himmel zuzubringen. „Sagte ich’s Euch nicht,“ sprach
Eulenspiegel, „daß Ihr langsam fahren müßtet, wenn Ihr heute
noch zur Stadt wolltet?“
2.
Dieser gescheite und lustige Till Eulenspiegel hatte unter anderm
auch die sonderbare Gewohnheit, daß er lachte, so oft sein Weg
bergan ging, und weinte, so oft er den Berg auf der andern Seite
wieder hinabstieg. Warum mochte er das wohl tun? „Wenn ich
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158 070707070707070707070707070707070707070707
„Ihr müßt ein Schleifer werden wie ich; dazu gehört eigentlich nichts als
ein Wetzstein; das andere findet sich schon von selbst. Da hab' ich einen, der
ist zwar ein wenig schadhaft, dafür sollt Ihr mir aber auch weiter nichts
als Eure Gans geben; wollt Ihr das?" — „Wie könnt Ihr noch fragen?"
antwortete Hans, „ich werde ja zum glücklichsten Menschen auf Erden;
habe ich Geld, so oft ich in die Tasche greise, was brauche ich da länger
zu sorgen?" reichte ihm die Gans hin und nahm den Wetzstein in Empfang.
„Nun," sprach der Schleifer und hob einen gewöhnlichen schweren Feld-
stein, der neben ihm lag, auf, „da habt Ihr noch einen tüchtigen Stein
dazu, auf dem sich's gut
schlagen läßt und Ihr Eure
alten Nägel gerade klopfen
könnt. Nehmt ihn und hebt
ihn ordentlich auf!"
6.
Hans lud den Stein auf
und ging mit vergnügten:
Herzen weiter; seine Augen
leuchteten vor Freude. „Ich
muß in einer Glückshaut
geboren sein," rief er aus,
„alles was ich wünsche, trifft
mir ein, wie einem Sonn-
tagskind." Indessen, weil
er seit Tagesanbruch aus
den Beinen gewesen war,
begann er müde zu werden;
auch plagte ihn der Hunger,
da er allen Vorrat auf ein-
mal in der Freude über die
erhandelte Kuh aufgezehrt hatte. Er konnte endlich nur mit Mühe weiter-
gehen und mußte jeden Augenblick haltmachen; dabei drückten ihn die
Steine ganz erbärmlich. Da konnte er sich des Gedankens nicht erwehren,
wie gut es wäre, wenn er sie gerade jetzt nicht zu tragen brauchte. Wie
eine Schnecke kam er zu einem Feldbrunnen geschlichen, wollte da ruhen
und sich mit einem frischen Trunk laben; damit er aber die Steine im
Niedersitzen nicht beschädigte, legte er sie bedächtig neben sich auf den
Rand des Brunnens. Darauf setzte er sich nieder und wollte sich zum
Trinken bücken; da versah er's, stieß ein klein wenig an, und beide Steine
Zeichnung von Ludwig Richter.
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Extrahierte Personennamen: Hans Hans Ludwig_Richter Ludwig
116
Buch durch hat und ist beim zweiten, dann hat er schon das erste wieder
vergessen. Das kann kein Mensch im Kops behalten, was da alles drin steht.
Lauter Schuhe und Stiesel, schwarze, weiße, graue, gelbe, rote, mit
Pelz, aus Gummi, aus Zeug! Die Leute sind schlau gewesen. Sie
haben große Spiegel dahintergestellt, da sieht man alles nochmal und
nochmal, als wenn zehntausend Schuhe da wären. Und die Damen
gucken gern mal in den Spiegel, ob ihr Hut auch richtig sitzt!
Lauter kleine Dampfmaschinen, ein Kessel, ein Rad, kleine Stangen
und Schornsteine, unten drunter eine kleine Lampe, da gießt man
Branntwein hinein oder Spiritus, der brennt gut. Nachher sängt das
Wasser an zu kochen, und das Rad fängt an sich zu drehen. Nun
binden wir einen Sägemann an das Rad. Hei! wie der anfängt zu
sägen, immer schneller, daß die Säge nur so hin und her saust und sein
Kopf auf und ab fliegt. Oder wir binden ein Karussell daran. Wie
das herumsaust! Die Puppen werden ordentlich schwindlig, eine fällt vom
Pferd herunter. Halt! Bindfaden ab! Nun läuft es noch ein bißchen;
nun steht's still. Die Puppen müssen alle fünf Pfennige bezahlen.
Hier im Kasten hübsche Photographien! Die große hier wird wohl
zwanzig Mark kosten, sieht auch reizend aus. Ein kleines Mädchen mit
Pelzmantel, Muff, Pelzmütze und dicken Schuhen. Und wie das schneit!
Und wie es photographiert wurde, stand das Mädchen ja im Zimmer-
unter dem Glasdache.-----------Das ist nicht schwer zu raten! Als das
Bild fertig war, da schneite es auch gar nicht auf dem Bilde. Da nahm
der Photograph einen Stift und machte lauter weiße Punkte auf das
Bild — da schneite es. So wird's gemacht.
Ein ganzes Schaufenster voll Apfelsinen, prachtvoll gelb, nicht so
wie die Zitronen, mehr golden wie die Sonne! Die wachsen in dem
warmen Lande Italien, wo die Orgeldreher wohnen. Ein Apfelsinen-
baum muß schön aussehen, dunkle Blätter und dazwischen die dicken,
gelben Kugeln. Aber unser Weihnachtsbaum ist doch noch schöner.
Dort ist ein Bücherladen! Sieh dort den dicken blau und gelben Ball,
aber er ist hart, und Papier ist drauf geklebt. Das ist die ganze Erde, und
jede Stadt ist drauf abgemalt, aber jede Stadt nur so klein wie ein Punkt.
Da hängt auch ein großes Bild, aber der Rahmen ist noch nicht
drum, bunt ist es auch nicht. Da sind lauter Bäume drauf, vorn ganz
dicke, hinten auch dünne, das ist ein Wald. Ja jetzt gehen wir nicht
in den Wald, wir müssen warten, bis Sommer ist; das ist noch lange
hin, erst kommt mal Weihnachten.
Sieh, da sind Geschichtenbücher zu Weihnachten; in dem ganzen Buch
ist nur eine Geschichte! Zuerst mag man gar nicht damit ansangen. Aber
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
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wenn du ruhst, so ruht es;
was du tust, das tut es.
4. Er hat einen Kamm und kämmt sich nicht;
er hat Sporen und ist kein Ritter;
er hat eine Sichel und ist kein Schnitter.
5. Muß Tag und Nacht auf Wache stehn,
hab’ keine Füß’ und muß doch gehn,
hab’ keine Händ’ und muß doch schlagen.
Wer kann mir meinen Namen sagen?
6. Über das Schneefeld schnelle
eilt der leichte Geselle
mit geflügeltem Schritt.
Sein Fuß macht schwarze Zeilen,
das kommt, weil er zuweilen
in einen Tümpel tritt.
135. Das brave Mütterchen. von Kan Müiienhoff.
Schleswig-Holsteinische Sagen. Eine Auswahl. Zusammengestellt von Heinrich Lund.
2. Aust. Siegen o. I. S. 186.
Es war im Winter, und das Eis stand. Da beschlossen die
Husumer, ein großes Fest zu feiern. Sie schlugen Zelte auf,
und alt und jung, die ganze Stadt, versammelte sich draußen. Die
einen liefen Schlittschuh, die andern fuhren in Schlitten. In den
Zelten erscholl Musik, und Tänzer und Tänzerinnen schwenkten
sich herum. Die Alten saßen an den Tischen und tranken eins.
So verging der ganze Tag, und der helle Mond ging auf, aber der
Jubel schien nun erst recht anzufangen.
Nur ein altes Mütterchen war von allen Leuten allein in der
Stadt geblieben. Die Frau war krank und gebrechlich und konnte
ihre Füße nicht mehr gebrauchen; aber da ihr Häuschen auf dem
Deiche stand, konnte sie von ihrem Bette aufs Eis hinaus sehen
und die Freude betrachten. Als es nun gegen den Abend ging, da
gewahrte sie, indem sie so auf die See hinaus sah, im Westen ein
kleines, weißes Wölkchen, das eben an der Kimmung aufstieg.
Gleich befiel sie eine unendliche Angst; sie war in früheren Tagen
mit ihrem Manne zur See gewesen und verstand sich wohl auf
Wind und Wetter. Sie rechnete nach: ln einer kleinen Stunde wird
die Flut da sein, dann ein Sturm losbrechen, und alle sind verloren.
Da rief und jammerte sie so laut, als sie konnte, aber niemand
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Müiienhoff Heinrich_Lund Heinrich
182
ertönte wohl auch der Ruf: „Hat der ckolöat schon wieder den rechten
21rm an der linken Seite sitzen!"
Jin Jafyre 188(5 litt unser jetziger Kaiser eine Zeitlang an der
Masernkrankheit und wurde von seiner Gemahlin währenddes liebevoll
gepflegt. Leider wurde die hohe Frau von derselben Krankheit
ergriffen, und da die Kinder vor der Ansteckung bewahrt bleiben
sollten, so mußten sie von den Gltern getrennt leben. Wie groß die
Sehnsucht der Kaiserin nach ihren Lieblingen war, kann man sich leicht
denken. Als sich bei ihr schon die Genesung eingestellt hatte, kam
eines Tages ein Wagen vor das Palais gefahren, und als die hohe
Frau durchs Fenster schaute, erblickte sie ihre lieben Kinder, welche ihr
Kußhändchen zuwarfen und sie mit wehenden Taschentüchern grüßten.
162. Hus der kaiserlichen Kinderstube* von Max Hübner.
Maiglöckchen. 5. Auflage. Breslau o. J. S. 90.
Cm recht lustiges Geschichtchen trug sich im Frühjahr 1889 zu. Der
Kronprinz hatte bei einem der Herren, die im kaiserlichen Schlosse
Besuch abstatteten, einen Klapphut gesehen. Das ist ein Zylinderhut,
der inwendig mit Sprungfedern versehen ist. Drückt man an diese
Sprungfedern, so klappt der Hut zusammen, wird flach wie ein Teller
und kann bequem unter dem Arme getragen werden. Durch einen zweiten
Druck kann der Hut wieder in die Höhe gerichtet werden. Ein Kammer-
diener erklärte dies dem Prinzen, dem es außerordentlich gut gefiel.
An jenem Tage war nun ein Hofprediger zum Kaiser befohlen
und hatte, wie dies üblich ist, seinen Zylinder im Vorzimmer abgelegt.
Noch nicht lange hatte sich der Kaiser mit dem würdigen Herrn unter-
halten, da hörte er den lauten Jubel seiner Kinder im Vorzimmer. Er
ging hinaus und sah nun die Prinzen glückstrahlend um den Zylinder-
hut des Hofpredigers stehen. Aber wie sah der schöne, glänzende Hut
aus! Zerknittert, verbogen und plattgedrückt wie ein Kuchen! Der
Kaiser war ganz erstaunt, was das bedeute, und fragte die Prinzen
nach der Ursache ihres Jubels.
Da erzählte der Kronprinz, er habe seinen Brüdern auch zeigen
wollen, was ein Klapphut sei, und wie man ihn flach machen könne.
Aber der Hut des Herrn Hofpredigers war kein Klapphut, sondern ein
richtiger steifer Zylinderhut. Daher konnte der Kronprinz immerfort
nach der Sprungfeder suchen und mit seinen Händchen drücken, der Hut
wollte nicht zusammenklappen. Zuletzt stellte er den Zylinder auf die
Erde und befahl dem Prinzen Eitel Fritz, sich mit voller Wucht auf
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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Extrahierte Personennamen: Max_Hübner Max J._S. Fritz
Ecke. Jetzt ging die Mutter darauf zu und fand weiter nichts
als ein reines Küchenhandtuch, auf welches der Mond schien.
Das Tuch hatte sich bewegt, als das furchtsame Mädchen die
Tür öffnete.
Die Geschwister lachten Karoline noch oft wegen ihrer Furcht-
samkeit aus.
141. Oer Greis lmä cire Rmcter. Von Hmo fuchs.
Die Großstadt und ihr Verkehr. 2. Auflage. Berlin 1907. 8. 219.
Osig einst ein Straßenbahnwagen an der Haltestelle hielt und Fahr-
gaste den Wagen verließen und bestiegen, verzählte sich der Schaffner
und nahm einen überzähligen Fahrgast mit. Erst als der Wagen bereits
im Gange war, merkte er feinen Fehler. Eine Dame fand nun im
Wagen keinen Sitzplatz mehr und mußte stehen bleiben. Da saßen aber
mehrere Knaben und Mädchen gemütlich auf den Bänken, und jedermann
glaubte, eines der Kinder werde aufstehen und höflich der Dame feinen
Platz einräumen.
Aber kein Kind erhob sich.
Was geschah? — Ein feiner, alter Herr, dessen langes, weißes
Haupthaar bis auf die Schultern herabfiel, stand auf und bot der Dame
seinen Platz an.
Und wißt ihr, wer der alte Herr war? Es war der berühmte
Gelehrte Theodor Mommsen.
142. Döt* ßilqcl» Von den Brüdern Grimm.
Kinder-und Hausmärchen. Originalausgabe. 32. Ausl., besorgt von Reinhold Steig.
Stuttgart und Berlin 1906. S. 531.
Œ^n Kaufmann hatte auf der Messe gute Geschäfte gemacht, alle
Waren verkauft und feine Geldkatze mit Gold und Silber gespickt.
Er wollte jetzt heimreisen und vor Einbruch der Nacht zu Haus fein.
Er packte also den Mantelsack mit dem Geld auf fein Pferd und ritt
fort. Zu Mittag rastete er in einer Stadt. Als er weiter wollte, führte
ihm der Hausknecht das Roß vor, sprach aber: „Herr, am linken Hinter-
fuß fehlt im Hufeisen ein Nagel." „Laß ihn fehlen," erwiderte der
Kaufmann; „die sechs Stunden, die ich noch zu machen habe, wird das
Eisen wohl festhalten. Ich habe Eile." Nachmittags, als er wieder
abgestiegen war und dem Roß Brot geben ließ, kam der Knecht in die
Stube und sagte: „Herr, Euerm Pferd fehlt am linken Hinterfuß ein
Hufeisen. Soll ich's zum Schmied führen?" „Laß es fehlen," erwiderte
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T169: [Hand Kreuz König Krone Schwert Zeichen Haupt Gold Mantel Kaiser], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
102. Das £lítripen<$eíuidel. Von den Brudern 6rimm.
Kinder- und Hausmärchen. Originalausgabe. 32. Ausl., besorgt von Reinhold Steig.
Stuttgart und Berlin 1906. 8. 35.
ähnchen sprach zum Hühnchen: „Jetzt ist die Zeit, wo
die Nüsse reif werden, da wollen wir zusammen auf
den Berg gehen und uns einmal recht satt essen, ehe
sie das Eichhorn alle wegholt." „Ja," antwortete das
Hühnchen,, „komm, wir wollen uns eine Lust mitein-
ander machen!" Da gingen sie zusammen fort auf den
Berg, und weil es ein heller Tag war, blieben sie bis zum Abend. Nun
weiß ich nicht, ob sie sich so dick gegessen hatten, oder ob sie übermütig
geworden waren, kurz, sie wollten nicht zu Fuß nach Haus gehen, und
das Hähnchen mußte einen kleinen Wagen von Nußschalen bauen. Als
er fertig war, setzte sich Hühnchen hinein und sagte zum Hähnchen: „Du
kannst dich nur immer vorspannen!" „Du kommst mir recht," sagte das
Hähnchen, „lieber geh' ich zu Fuß nach Haus, als daß ich mich vor-
spannen lasse; nein, so haben wir nicht gewettet! Kutscher will ich wohl
sein und aus dem Bock sitzen, aber selbst ziehen, das tu ich nicht."
Wie sie so stritten, schnatterte eine Ente daher: „Ihr Diebsvolk,
wer hat euch geheißen, in meinen Nußberg zu gehen? Wartet, das soll
euch schlecht bekommen!" und ging damit auf das Hähnchen los. Aber
Hühnchen war auch nicht faul und stieg der Ente tüchtig zu Leib,
endlich hackte es mit seinem Sporn so gewaltig auf sie los, daß sie um
Gnade bat und sich gern zur Strafe vor den Wagen spannen ließ.
Hähnchen setzte sich nun auf den Bock und war Kutscher, und darauf
ging es fort in einem Jagen. „Ente, lauf zu, was du kannst!" Als
sie ein Stück Weges gefahren waren, begegneten sie zwei Fußgängern,
einer Stecknadel und einer Nähnadel. Die riefen: „Halt! halt!" und
sagten, es würde gleich stichdunkel werden, da könnten sie keinen Schritt
weiter, auch wäre es so schmutzig auf der Straße, ob sie nicht ein wenig
einsitzen könnten; sie wären auf der Schneiderherberge vor dem Tore
gewesen und hätten sich beim Bier verspätet. Hähnchen, da es magere
Leute waren, die nicht viel Platz einnahmen, ließ sie beide einsteigen,
doch mußten sie versprechen, ihm und seinem Hühnchen nicht auf die
Füße zu treten. Spät abends kamen sie zu einem Wirtshaus, und weil
sie die Nacht nicht weiter fahren wollten, die Ente auch nicht gut zu
Fuß war und von einer Seite aus die andere siel, so kehrten sie ein.
Der Wirt machte anfangs viel Einwendungen, sein Haus wäre schon
voll, gedachte auch wohl, es möchte keine vornehme Herrschaft sein,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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