300
Iii. Geschichtsbilder.
Oesterreicher ziehen wollte, verweigerte
d'olfort nicht nur den Einlaß, sondern
er ließ Kanonen gegen seine eigenen
Landsleute aufführen; dagegen öffnete
er den Oesterreichern von der andern
Seite die Stadt. So gingen alle Fe-
stungen und Städte wieder an die Oester-
reicher verloren. Einzelne Haufen lei-
steten da und dort noch hartnäckigen
Widerstand; doch sie wurden überwältigt,
zerstreut, gefangen, entwaffnet. Auch
Meindl, der sich bei Wasserburg noch
verschanzt hielt, verließ, nachdem er
Alles verloren sah, seine Schaaren. Der
edle Plinganser zerbrach verzweifelnd sein
Schwert und floh aus dem unglücklichen
Vaterlande.
So endete diese Erhebung, welche
den glorreichen Aufständen der Tiroler
an die Seite gestellt werden darf, zwar
nicht im Glücke der Waffen, wohl aber
in edler Begeisterung, Vaterlandsliebe
und treuer Anhänglichkeit an den
Fürsten!
138. Karl Albrecht und Maximilian Joseph Ul in Bayern.
1. Der Tod des Kaisers Karl Vi.,
des letzten männlichen Sprossen aus dem
habsburgischen Hause, rief in Deutsch-
land wieder ernste Verwicklungen her-
vor. Auf Grund eines von Karl Vi.
unter Zustimmung der Stände und der
meisten deutschen und auswärtigen Re-
genten erlassenen Hausgesetzes, der prag-
matischen Sanktion, trat Karls Vi.
einzige Tochter Maria Theresia die
Regierung in sämmtlichen österreichischen
Kronländern an. Kurfürst Karl Al-
brecht von Bayern aber war nicht ge-
neigt, seine durch Kaiserferdinands l. Te-
stament verbrieften Ansprüche auf Oester-
reich und Böhmen so leichthin bei Seite
schieben, zu lassen. Frankreich und
das junge, mächtig aufstrebende König-
reich Preußen suchten den Erbschafts-
streit zu ihrem Vortheil auszubeuten
und ermunterten den bayerischen Kur-
fürsten in seinem Widersprüche gegen die
pragmatische Sanktion, wenn gleich beide
Staaten dieser früher ihre Zustimmung
gegeben hatten. Da nun Oesterreich
Bundesgenossen an England und Holland,
später sogar an Rußland fand, so stund
bald beinahe ganz Europa abermals wi-
der einander in Waffen. Wie im spa-
nischen Erbfolgekriege mußte Bayern die
bittere Erfahrung machen, daß Frank-
reich nur aus eigenem Interesse Karl
Albrechts Parthei ergriffen hatte, und
daß es diesen in der Roth ebenso seinem
Schicksale überließ, wie früher den Kur-
fürsten Max Emannel.
Preußen war in diesen Krieg ohne-
hin aus keiner andern Absicht einge-
treten, als sich auf Kosten Oesterreichs
zu vergrößern; es kümmerte sich um
Karl Albrecht nicht weiter, sobald es
dieses Ziel erreicht hatte. So besaß
dieser bloß Bundesgenossen, denen sein
gutes Recht nur zu einem Deckmantel
diente, unter dem sie ihre selbstsüchtigen
Zwecke verfolgten.
Ueber Karl Albrecht und seine treuen
Bayern brachte dieser Krieg vielen Jam-
mer. Wohl drang der Kurfürst An-
fangs siegreich in Oesterreich ein und
ließ sich in Linz als Erzherzog huldigen;
statt aber geraden Weges auf Wien zu
gehen, zog er nach Prag, um dort die
böhmische Krone zu empfangen, zu welcher
er bald darauf in Frankfurt noch die
deutsche Kaiserkrone erhielt. Rur zu
bald wendete sich das trügerische Kriegs-
glück. Die Oesterreicher eroberten Bayern
und nachdem der bayerische General
Seckendorf es seinem Herrn ans kurze
Zeit wieder gewonnen, siel es aber-
mals in österreichische Hände und wurde
nun wie zu Max Emanuels Zeiten als
ein erobertes Land behandelt und sogar
gezwungen, Maria Theresia, der Königin
von Ungarn und Böhmen, zu huldigen.
Karl Albrecht aber ward von Frank-
reich wie von Preußen im Stiche ge-
lassen. In Frankfurt saß er, ein Fürst
ohne Land, ein Kaiser ohne Macht.
Vom Mißgeschick gebeugt, rief er aus:
„Mich wird das Unglück nicht verlassen,
bis ich es verlasse!" Noch ein Licht-
strahl siel in sein düsteres Loos:
der greise Seckendorf hatte ihm
Bayern zum zweitenmale erobert und
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TM Hauptwörter (200): [T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T150: [Maria König Theresia Kaiser Franz Karl Friedrich Joseph Frankreich Sohn], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
Extrahierte Personennamen: Meindl Karl_Albrecht Karl Albrecht Maximilian_Joseph_Ul Maximilian Karl_Vi Karl Karl_Vi Karl Karls Maria_Theresia Maria Theresia Karl_Al- Karl Karl
Albrechts Karl Albrechts Max_Emannel Max Karl_Albrecht Karl Albrecht Karl_Albrecht Karl Albrecht Max_Emanuels Max Maria_Theresia Maria Theresia Karl_Albrecht Karl Albrecht
Extrahierte Ortsnamen: Oester- Wasserburg Bayern Deutsch- Karls Frankreich Oesterreich England Holland Europa Frank- Roth Oesterreich Linz Wien Prag Frankfurt Ungarn Frankfurt
141. Andreas Hofer und der Aufstand in Tirol.
305
jetzt aber mußten sich solche Gefühle
tief im Innern bergen, denn wer es
wagte, sie laut werden zu lassen, verfiel
der Rache des corsischen Cäsaren, wie
das Beispiel des Buchhändlers Palm
von Nürnberg beweis't. Dieser hatte
eine Flugschrift verlegt, welche über
Deutschlands tiefe Erniedrigung klagte
und das alte Freiheitsgefühl in den
Deutschen zu wecken suchte. Der Mann
mit dem deutschen Herzen ward in sei-
ner Heimatstadt von französischen Gens-
d'armen verhaftet, vor ein ftanzösisches
Kriegsgericht in Braunau gestellt, und
weil er den Verfasser der Schrift nicht
nannte, — standrechtlich erschossen.
Aber noch war das Maß des Elends
nicht voll. Immer noch schienen Preu-
ßen und Oesterreich dem Gewaltherrn
an der Seine zu mächtig und mithin
gefährlich. Im Feldzuge von 1806 und
1807 demüthigte er auch Preußen und
im Jahre 1809 brach er den Rest von
Oesterreichs Macht. So hatte er ganz
Deutschland niedergeworfen, und seine
Uebermacht schien besiegelt für alle Zei-
ten. Das Land war unter der Geißel
fortwährender Kriege ausgesaugt, das
Volk niedergetreten, entmuthigt. Es
trug seine Ketten knirschend, grollend,
aber wagte kaum daran zu rütteln,
denn nirgends leuchtete ein Stern der
Hoffnung.
Ganz Deutschland, ja Europa, war
einem großen Friedhofe zu vergleichen,
in dem die Unabhängigkeit und Freiheit
der Völker begraben lag.
„Du Land der Eichen, wo das Ja ertönet,
Germania, mein herrlich Vaterland,
Du Rächerin, wie liegst du da verhöhnet,
Du Kriegcrin, wie bückst du abgewandt!
Du, die die Schmach der alten Welt versöhnet,
Die einen Weg zu Roma's Schicksal fand,
Du Pflegerin des Tapfern und des Guten,
Weinst Thränen in des fremden Rheines Flu-
then!"
(E. M. Arndt.)
141. Andreas Hofer und der Anfstand in Tirol.
Noch vor den Schlachten von Aspern
und Wagram war im Lande Tirol durch
die österreichischen Bevollmächtigten Cha-
steller und Baron Hormayr der Volks-
aufstand zu Gunsten des Kaiserhauses
vollständig eingerichtet worden; der Haß
gegen Bayern war durch die wenn auch
wohlgemeinten Neuerungen des Königs
Maximilian, durch Willkür der fremden
Beamten, besonders aber dadurch noch
gesteigert worden, daß sogar der Name
Tirol aufgehoben und das Land „Süd-
bayern" genannt wurde. Die Häupter
des Volksaufstandes waren Andreas
Hofer von Passeier, ein schlichter,
frommer Mann aus dem Volk, und
von diesem hochgeehrt; zwar beschränkt
von Einsichten, aber treu wie Gold,
kräftig von Gliedern und stattlich von
Ansehen mit seinem schwarzen Bart;
im unteren Innthal Speckbacher, der
beste Schütze weit und breit, verwegen
zu jeder großen That und meisterlich
klug. Und bald hatte ganz Tirol die
bayerisch-französische Herrschaft abgeschüt-
telt. Nun schickte Napoleon den Mar-
schall Lefebvre mit vielem Kriegsvolk
Marschall, Lesebuch.
in's Land Tirol. Da verlor Chasteller
den Muth; die Franzosen und Bayern
drangen ein, gewannen einige Vortheile
und mißhandelten die Tiroler, wo sie
deren habhaft wurden, mit der unmensch-
lichsten Grausamkeit. In dieser Noth
ließen Chasteller und Hormayr die braven
Tiroler im Stich und flüchteten. Da be-
riefen Hofer und Speckbacher alles Volk
auf den Berg Jsel bei Innsbruck, und
ein Kapuziner, Namens Haspinger,
kam auch dazu, ein Mann, mehr zum
Feldherrn als zum Mönch erschaffen.
Nun begann am Berg Jsel ein langer,
furchtbarer Kampf des Volkes gegen die
Landesfeinde. Der Speckbacher verlegte
ihnen den Weg bei Hall. Er hatte einen
jungen Sohn Andreas, der „Ändert"
genannt; der Knabe folgte ihm lustig
in's Gefecht und weil er selber nicht
mitfechten durfte, so grub er keck die
feindlichen Kugeln aus >der Erde heraus,
wo sie eingeschlagen, sammelte sie in
seinem Hütlein und brachte sie seinem
Vater. Die Feinde erlitten ungeheuren
Verlust, während die Tiroler gap frisch
und wohlgemuth auf den heimischen
20
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
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TM Hauptwörter (200): [T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz]]
Extrahierte Personennamen: Andreas_Hofer Arndt Andreas_Hofer Maximilian Maximilian Andreas
Hofer_von_Passeier Napoleon Namens_Haspinger Andreas
Extrahierte Ortsnamen: Nürnberg Deutschlands Braunau Oesterreich Oesterreichs Deutschland Deutschland Europa Berg_Jsel Berg_Jsel
308
Iii. Geschichtsbilder.
stände die Lage vollkommen, die völlige
Vernichtung der großen Armee, den
Augenblick der Befreiung, jetzt oder nie,
die Nothwendigkeit eines raschen Ent-
schlusses. Er sah, daß, wenn er unter
Macdonalds Fahnen blieb, 40,000 und
bald 60,000 Mann den Russen die ost-
' preußische Grenze sperrten, höchst aus-
reichend bis zur Ankunft Napoleons mit
einem neuen Heere, daß dann der König,
sorglich und unentschlossen, keinen Streich
wagen, und daß dann die beispiellose
Gelegenheit für immer verloren sein
würde. Auf der andern Seite: fiel er
ab, so konnten sich die 20,000 Fran-
zosen in Ostpreußen nicht mehr halten,
dort erhob sich das Volk, es gab für
die Gegner keinen Halt mehr bis zur
Oder, vielleicht bis zur Elbe, die all-
russische, dem Offensivkrieg abgeneigte
Partei wurde durch die Umstände fort-
gerissen, der Krieg und mit ihm die
Erhebung wälzte sich, nicht zu ermessen
in ihrem Ausgang, nach Deutschland
hinein. Die Russen, die militärische Wich-
tigkeit erkennend, hatten sogleich eine
Unterhandlung mit ihm begonnen, droh-
ten, drängten, boten ihm Alles. Er
marschirte so langsam als möglich, und
sandte seinen Adjutanten eilfertigst nach
Berlin, um den König um einen Befehl
zu bitten. Dieser aber, in seiner Haupt-
stadt von Franzosen umringt, wagte
keine Antwort zu geben, und sandte trotz
altes Drängens und Flehens den Bot-
schafter ohne Entschließung zurück. Jork
gelangte bis an die Grenze; zwei Märsche
und Alles war vorüber; er mußte sich
selbst entscheiden. Er machte, tief in
sich verschlossen, jeden Rathgeber zurück-
schreckend, entsetzliche Kampfe in seinem
Innern durch, dann faßte er plötzlich, als
die Russen schon an ihm verzweifelten,
seinen Entschluß; er schrieb dem König:
„Ich lege mein Haupt Eurer Majestät
zu Füßen und bin bereit, mein unge-
setzliches Verfahren auf dem Sandberge
zu büßen." Aber er zeichnete am 30.
Dezember 1812 die Convention von Tau-
roggen, wodurch er sein Corps von den
Franzosen trennte und trotz der preu-
ßisch-französischen Allianz neutral stellte.
Der Eindruck dieser That ging wie
ein Erdbeben durch Deutschland und
Europa. Jndeffen psianzte sich die Er-
hebung und Begeisterung der Gemüther
unaufhaltsam durch die Lande fort; auch
der König vermochte ihr nicht lange
mehr zu widerstehen, zumal Scharnhorst
jetzt an ihn herantrat, alle Erinnerung
der Leidenszeit wach rief und die Mittel
zum ruhmreichsten Kampfe anschaulich
machte. Der König war durch die Wucht
seines Unglückes in Kraft und Vertrauen
geknickt, vollends seit dem Tode der
Königin Louise, 1810, die recht eigent-
lich an dem Sturz ihres Landes dahin
geschwunden war; er hatte nicht den
Muth, an sich und an sein Volk zu
glauben. Auf ein dringendes Schreiben
Alexanders entschloß er sich am 22. Jan.
1813, Berlin zu verlassen. Am 3. Feb-
ruar erschien ein königlicher Aufruf,
welcher alle jungen Männer von 17
bis 24 Jahren, die nicht bei dem Heere
wären, einlud, als freiwillige Jäger die
Waffen zu ergreifen. Die Wirkung war
wie der Funken in einer weit verzweig-
ten, überall geladenen Mine; binnen
wenigen Wochen standen 33,000 Mann
unter den Waffen, ja alles preußische
Land war ein einziges großes Heerlager,
das Bild einer ungeheuern schwärme-
rischen Aufregung und einer festen, todes-
muthigen Entschlossenheit. Ueberall ström-
ten Jünglinge und Männer zu den
freiwilligen Jägern, die Universitäten
lös'ten sich auf und die obern Klassen
der Gymnasien standen leer. Preußen,
welches am 1. Januar 42,000 Mann
unter den Waffen gehabt, stellte bis
Ende März 110,000 und dazu bis Mai
noch 170,000 Mann Landwehren. Die
Hingebung durchströmte alle Stände in
gleichem Maße, alle frühere Partheiung
trat vor der Sache des Vaterlandes zurück.
Ueberall vertauschten die Frauen den
goldenen Schmuck mit eisernem, um ihre
Spangen und Ringe den Kriegskassen
abzuliefern. Und wie im Leiblichen, so
auch im Geistigen. Jeder Gedanke, jede
Herzensregung, die bis dahin in dem
Volke gelebt hatte, Alles mündete jetzt
in den einen großen Strom ein, half
ihn verstärken, klären, beschleunigen.
Man gedachte der großen Vergangenheit
Deutschlands und wußte, daß ein Volk,
das für seine Ehre zu sterben bereit ist,
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington]]
316
Iii. Geschichtsbilder.
bis zum Abend des nächsten Tages auf
die rechte Brusthälfte ausdehnte. Nun
trat auch Unbehagen ein, so daß der
König am 9. im Bette blieb. Die
Schleswig-Holsteinische Angelegenheit be-
schäftigte, beunruhigte ihn. Schon am
5. März war Erzherzog Albrecht in
München eingetroffen, um eine Einigung
des österreichischen Hofes mit dem baye-
rischen in der leidigen Frage zu erzielen.
Noch am 9. März um 1 Uhr Nach-
mittags hatte der Erzherzog eine Unter-
redung mit dem Könige: abermals ohne
Erfolg. Nach 2 Uhr rief Max den
Kabinets-Sekretair, Hofrath v. Pfister-
meister, und übertrug ihm eine Sen-
dung an den Staatsminister Frhr. v.
Schrenk, und bald kehrte ersterer mit
der erwünschten Antwort zum Könige
zurück. Oesterreich gehe nach so eben
eingetroffenen Nachrichten auf die Vor-
schläge ein, die es noch vor wenigen
Tagen zurück gewiesen. Darauf sprach
der König: „Gott Lob, daß ich diese
Sache erledigt habe. Für heute genug.
Morgen mehr!" Noch an demselben
Tage erging an den bayerischen Bundes-
tagsgesandten die Weisung, einen An-
trag auf Einberufung der holsteinischen
Stände am Bundestag zu stellen. Mit
schwacher Hand unterzeichnete der König
im Bette liegend dieses Schriftstück. Es
war seine letzte Unterschrift, seine letzte
Regierungshandlung.
Die eintretende Königin erschrak
beim Anblicke ihres Gemahls; der Leib-
arzt erkannte die plötzlich hereingebrochene
Gefahr, und andere Aerzte wurden bei-
gezogen. Im Theater vernahm die ver-
sammelte Menge unmittelbar vor Be-
ginn der Vorstellung die Schreckensbot-
schaft und schnell verbreitete sich dieselbe
durch die ganze Stadt. Alsbald füllten
sich die Vorzimmer des Königs mit Per-
sonen aus allen Ständen, die da ängst-
lich einer tröstenden Nachricht harrten.
Um Mitternacht schien eine günstige
Wendung der Krankheit einzutreten,
doch bald schwand alle Hoffnung, und
um 4 Uhr des Morgens am 10. März
deutete der Leibarzt dem Köuige die
große Gefahr an, in der er schwebe
und theilte ihm zugleich mit, daß sein
Beichtvater zugegen sei. Mit gefaßtem
Muthe vernahm der König, der noch
keine besonderen Schmerzen, sondern nur
eine große Schwäche fühlte, die ver-
hängnißvollen Worte und sprach: „Jst's
so weit? Nun unser Herr Gott wird
es schon recht machen mit mir. Ich
habe immer das Beste gewollt!" Dann
blieb er mit seinem Beichtvater einige
Zeit allein und empfing die hl. Sterb-
sakramente. Darauf kamen die beiden
Prinzen; die Königin, welche ihn wäh-
rend der ganzen Nacht kaum auf Augen-
blicke verlassen hatte, hielt seine Hand
in der ihrigen. Auf sie war der letzte
Blick des sterbenden Königs, an sie sein
letztes Wort: „Liebe Marie!" — ge-
richtet. Während der Erzbischof tröstende
Worte zu ihm sprach, auf die er ein
leises Ja! lispelte, entschlummerte er
sanft zum Erwachen im bessern Leben.
Als der Erzbischof mit Thränen in
den Augen in das von Menschen dicht
gedrängte Vorzimmer trat und Viele
die leise Frage an ihn richteten: Lebt
der König? — antwortete er: Ja, er
lebt — im Himmel! Der Herr hat uns
einen guten König gegeben, der Herr
hat uns einen guten König genommen.
Gepriesen sei sein Name! Laßt uns
beten, daß er uns wieder einen gleich
guten gebe---------. Da sanken Alle auf
die Kniee und brachen in Schluchzen
und Weinen aus. Die ganze Stadt,
das ganze Land wurde von der Trauer-
kunde auf's tiefste erschüttert, zumal sie
der Nachricht von der Erkrankung un-
mittelbar gefolgt war. Jeder fühlte,
der allgemeine Vater sei gestorben, der
alle seine Landeskinder mit gleicher Liebe
umfaßt hatte.
Ueberall flössen, als die Trauer-
glocken läuteten, Thränen der unge-
heuchelten Liebe, des innigsten Schmerzes.
Zum Leichenbegängniß des Ver-
blichenen strömten Theilnehmende aus
allen Gegenden Bayerns herbei. Alle
Fürsten Deutschlands hatten Vertreter
abgeordnet, der Großherzog von Baden
aber erwies dem Dahingeschiedenen per-
sönlich die letzte Ehre. Von Berchtes-
gaden wurde ein Strauß seltener Alpen-
blumen gesandt, mit der Bitte, den-
selben in den Sarg des hohen Todten
zu legen. Schleswig-Holsteins Abge-
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TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T35: [König Bismarck Wilhelm Kaiser General Minister Stein Berlin Graf Moltke], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: Albrecht Albrecht Max Max Hofrath Frhr Marie!
61. Barbarossa im Kyffhäuser. 62. Otto von Wittelsbach (1155).
415
61. Barbarossa im Kyffhäuser.
Bon Friedrich Rückert.
1. Der alte Barbarossa,
Der Kaiser Friederich,
Im unterird'schen Schlosse
Hält er verzaubert sich.
2. Er ist niemals gestorben.
Er lebt darin noch jetzt;
Er hat im Schloß' verborgen
Zum Schlaf sich hingesetzt.
3. Er hat hinabgenommen
Des Reiches Herrlichkeit
Und wird einst wiederkommen
Mit ihr zu seiner Zeit.
4. Der Thron ist elfenbeinern,
Darauf der Kaiser sitzt;
Der Tisch ist marmelsteinern,
Worauf sein Haupt er stützt.
5. Sein Bart ist nicht von Flachse,
Er ist von Feuersgluth,
Ist durch den Tisch gewachsen,
Worauf sein Kinn ausruht.
6. Er nickt, als wie im Traume,
Sein Aug', halb offen, zwinkt;
Und je nach langem Raume
Er einem Knaben winkt.
7. Er spricht im Schlaf zum Knaben:
„Geh' hin vor's Schloß, o Zwerg,
Und sieh', ob noch die Raben
Herfliegen um den Berg.
8. Und wenn die alten Raben
Roch fliegen immerdar,
So muß ich auch noch schlafen
Verzaubert hundert Jahr."
62. Otto von Wittelsbach (1155).
Von I. B. Gotzmann.
1. Ans Welschland kehrt mit Schild und
Schwert,
Gefolgt von treuen Mannen
Der Kaiser heim, des Uumuths Keim
Im deutschen Land zu bannen ;
Und an des Rothbarts Seite ritt,
Der stets an seiner Seite stritt,
Sein Schirm und Hort auf Schritt und Tritt,
Des Reiches Pfalzgraf Otto.
2. Auf K o n r a d s Schloß sein Spielgenoß
War er mit Leib und Leben
In Freud' und Leid von jener Zeit
Dem Freunde treu ergeben.
Er eilt mit ihm zum Tiberstrom,
Er stund ihm an der Seit' in Rom,
Als festlich in Sankt Peters Dom
Der Papst den Kaiser krönte.
3. Es liegt zerstört, was sich empört,
Mit Mailand siel Tortona;
Da waffnet sich Herr Alberich,
Ein Ritter aus Verona,
Zu hemmen Friedrichs Siegesflug,
Und jetzt an ihm und seinem Zug
Durch ausgeheckten welschen Trug
Die welsche Schmach zu rächen.
4. Wo schroff und stark an deutscher Mark
Die Felsen hoch sich thürmen.
Und eingezwängt der Pfad sich engt,
Von keiner Macht zu stürmen.
Da hat er auf der nackten Wand,
Fünfhundert Kämpen an der Hand,
Sich ausgewählt den sichern Stand,
Die Deutschen zu verderben.
5. Und als die Schaar gedrungen war
Bis an des Hohlwegs Pforte,
Da ruft mit Hohn in Blick und Ton
Der Frevler diese Worte:
„Du Bettelkaiser, sonder Ehr',
Erst Rachesold und Lösung her.
Geraubtes Gold und Waff' und Wehr,
So ziehst du frei von dannen!"
6. Ein Felfenstück im Augenblick
Rollt zu des Rothbarts Füßen,
Und dieser spricht: „Verweg'ner Wicht,
Du sollst den Schimpf uns büßen!"
Und dreht sich um: „Herr Pfalzgraf, späht,
Ob ihr nicht uns're Majestät,
Die dieser Bube höhnt und schmäht.
Vermögt an ihm zu rächen!
7. Ihr scheint allein der Mann zu sein,
Zn enden solche Fehde!"
Gar inniglich erfreute sich
Herr Otto dieser Rede;
Jhm^kocht das Wittelsbacher Blut
In Stolz und Zorn und Rachegluth,
Er faßt das Banner wohlgemuth,
Zweihundert Ritter folgen.
8. Er klimmt hinan die steile Bahn
Auf unbetret'nen Wegen,
Und wo's dem Feind unmöglich scheint.
Da stürzt er ihm entgegen.
Und an ein wildes Hetzen ging's,
Die Hiebe flogen rechts und links.
Aus Schlucht und Felsen halte rings
Das grausenvolle Jagen.
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Extrahierte Personennamen: Barbarossa Barbarossa Otto Barbarossa Barbarossa Friedrich_Rückert Friedrich Barbarossa Barbarossa Friederich Otto I._B._Gotzmann Otto Alberich Friedrichs_Siegesflug Friedrichs Otto
Extrahierte Ortsnamen: Wittelsbach Wittelsbach Welschland Rom Sankt_Peters_Dom Mailand Tortona Verona
464
m. Auszüge aus dramatischen Dichtungen.
Die er gewaltig rings um uns gezogen?
Sein sind die Märkte, die Gerichte, sein
Die Kaufmannsstraßen, und das Saumroß
selbst.
Das auf dem Gotthard ziehet, muß ihm
zollen.
Von seinen Ländern wie mit einem Netz
Sind wir umgarnet rings und einge-
schlossen —:
Wird uns das Reich beschützen? Kann es
selbst
Sich schützen gegen Oestreichs wachsende
Gewalt?
Hilft Gott uns nicht, kein Kaiser kann uns
helfen!
Was ist zu geben auf der Kaiser Wort,
Wenn sie in Geld- und Krieges-Noth die
Städte,
Die unter'n Schirm des Adlers sich ge-
flüchtet,
Verpfänden dürfen und dem Reich veräußern ?
Nein, Oheim! Wohlthat ist's und weise
Vorsicht
In diesen schweren Zeiten der Partheiung,
Sich anzuschließen an ein mächtig Haupt.
Die Kaiserkrone geht von Stamm zu Stamm:
Die hat für treue Dienste kein Gedächtniß.
Doch um den mächt'gen Erbherrn wohl
verdienen.
Heißt Saaten in die Zukunft streu'n.
Attinghausen.
Bist du so weise?
Willst heller seh'n, als deine edlen Väter,
Die um der Freiheit kostbar'n Edelstein
Mit Gut und Blut und Heldenkraft ge-
stritten ?
Schiss' nach Luzern hinunter, frage dort.
Wie Oestreichs Herrschaft lastet auf den
Ländern!
Sie werden kommen, uns're Schaf' und
Rinder
Zu zählen, uns're Alpen abzumessen,
Den Hochflug und das Hochgewilde bannen
In unsern freien Wäldern, ihren Schlag-
baum
An uns're Brücken, uns're Thore setzen,
Mit unserer Armuth ihre Länderkäufe,
Mit uns'rem Blute ihre Kriege zahlen —
Nein, wenn wir unser Blut d'ran setzen sollen,
So sei's für uns! Wohlfeiler kaufen wir
Die Freiheit als die Knechtschaft ein!
Ru den z.
Was können wir.
Ein Volk der Hirten, gegen Albrechts Heere?
Atting hausen.
Lern' dieses Volk der Hirten kennen, Knabeb
Ich kenn's, ich hab' es angeführt in Schlachten,
Ich hab' es fechten sehen bei Favenz.
Sie sollen kommen, uns ein Joch aufzwingen,
Das wir entscblossen sind, nicht zu ertragen! —
O, lerne fühlen, welches Stamms du bist!
Wirf nicht für eiteln Glanz und Flitterschein
Die ächte Perle deines Werthes hin!
Das Haupt zu heißen eines freien Volks,
Das dir aus Liebe nur sich herzlich weiht,
Das treulich zu dir steht in Kampf und Tod,
Das sei dein Stolz, des Adels rühme dich!
Die augebornen Bande knüpfe fest,
An's Vaterland, an's theure, schließ' dich an.
Das halte fest mit deinem ganzen Herzen!
Hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft;
Dort in der fremden Welt stehst du allein.
Ein schwankes Rohr, das jeder Sturm zer-
knickt. —
O komm'! du hast uns lang nicht mehr geseh'n!
Versuch's mit uns nur einen Tag — nur heute
Geh' nicht nach Altdorf! Hörst du? heute
nicht!
Den einen Tag nur schenke dich den Deinen!
(Er faßt seine Hand.)
Rudenz.
Ich gab mein Wort — Laßt mich! —
Ich bin gebunden.
Attinghausen (läßt seine Hand los).
Du bist gebunden — Ja, Unglücklicher!
Du bist's, doch nicht------
Rudenz.
Genug hab' ich gehört! Gehabt euch wohl!
(Er geht ab.)
Attinghausen.
Wahnsinnig Jüngling, bleib'! — Er geht
dahin!
Ich kann ihn nicht erhalten, nicht erretten. —
So ist der Wolfenschießen abgefallen
Von seinem Land, so werden and're folgen!
Der fremde Zauber reißt die Jugend fort,
Gewaltsam strebend über uns're Berge. —
O unglücksel'ge Stunde, da das Fremde
In diese still beglückten Thäler kam,
Der Sitten fromme Unschuld zu zerstören!
Das Neue dringt herein mit Macht,
das Alte,
Das Würd'ge scheidet, and're Zeiten kommen,
Es lebt ein andersdenkendes Geschlecht!
Was thu' ich hier? Sie sind begraben alle,
Mit denen ich gewaltet und gelebt.
Unter der Erde schon liegt meine Zeit!
Wohl dem, der mit der neuen nicht mehr
braucht zu leben!
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79. Die beiden Grenadiere. 80. Des Hanfes letzte Stunde.
429
9. Wohl sah er manchen Tag sie an
In forschenden, stillen Gedanken,
Da riefen sie drüben um seinen Kahn,
Das waren die flüchtigen Franken:
Geschlagen war die Leipziger Schlacht,
Das Vaterland frei von des Fremd-
lings Macht;
Der Schiffer verstand die Erscheinung.
10. Und löstet ihr Kaiser die Grabesnacht
Und die ewigen Todesbande
Und halft in der wilden, dreitägigen
Schlacht
Dem geängsteten Vaterlande,
Steigt oft noch auf und haltet es frei
Von Sünden und Schmach und Tyrannei:
Denn es thut Noth des Wachens!
79. Die beiden Grenadiere.
Von Heinrich Heine.
1. Nach Frankreich zogen zwei Grenadier',
Die waren in Rußland gefangen.
Und als sie kamen in's deutsche Quartier,
Sie ließen die Köpfe hangen.
2. Da hörten sie beide die traurige Mähr:
Daß Frankreich verloren gegangen,
Besiegt und erschlagen das tapfere Heer —
Und der Kaiser, der Kaiser gefangen.
3. Da weinten zusammen die Grenadier'
Wohl ob der kläglichen Kunde.
Der eine sprach: Wie weh wird mir,
Wie brennt meine alte Wunde.
4. Der And're sprach: Das Lied ist aus,
Auch ich möcht' mit dir sterben,
Doch hab' ich Weib und Kind zu Haus,
Die ohne mich verderben.
5. Was scheert mich Weib, was scheert michkind,
Ich trage weit bess'res Verlangen;
Laß' sie -betteln geh'n, wenn sie hungrig sind, —
Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen! —
6. Gewähr' mir, Bruder, eine Bitt':
Wenn ich jetzt sterben werde,
So nimm meine Leiche nach Frankreich mit,
Begrab' mich in Frankreichs Erde.
7. Das Ehrenkreuz am rothen Band
Sollst du auf's Herz mir legen;
Die Flinte gib mir in die Hand,
Und gürt' mir um den Degen.
8. So will ich liegen und horchen still,
Wie eine Schildwach', im Grabe,
Bis einst ich höre Kanonengebrüll,
Und wiehernder Rosse Getrabe.
9. Dann reitet mein Kaiser wohl über mein
Grab,
Viel Schwerter klirren und blitzen:
Dann steig' ich gewaffnet hervor aus dem Grab',
Den Kaiser, den Kaiser zu schützen.
80. Des Hauses letzte Stunde.
Von M.
1. Im Garten zu Schönbronnen
Da liegt der König von Rom,
Sieht nicht das Licht der Sonnen,
Sieht nicht des Himmels Dom.
2. Am fernen Jnselstrande
Da liegt Napoleon,
Liegt da zu Englands Schande,
Liegt da zu Englands Hohn!
3. Im Garten zu Schönbronnen
Da liegt der König von Rom,
Sein Blut ist ihm geronnen,
Es stockt sein Lebensstrom.
4. Am fernen Jnselstrande
Da liegt Napoleon,
Liegt nicht in seinem Lande,
Liegt nicht bei seinem Sohn;
5. Liegt nicht bei seinen Kriegern,
Bei den Marschällen nicht,
Liegt nicht bei seinen Siegern,
Liegt in Europa nicht;
6. Liegt hart und tief gebettet
Am fernen Meereskreis,
An Felsen angekettet,
Ein todter Prometheus.
!. Saphir.
7. Wo Baum und Blatt und Reiser
Versengt vom Sonnenstrahl, *
Da liegt der große Kaiser,
Der kleine Korporal.
8. An seinem Grabe fehlen
Cypreß' und Blumenstab,
Am Tage Allerseelen
Besucht kein Mensch sein Grab.
9. So liegt er lange Jahre
In öder Einsamkeit: —
Da klopft es an die Bahre
Um mitternächt'ger Zeit.
10. Es klopft und rufet leise:
Wach' auf, du todter Held!
Es kömmt nach langer Reise
Ein Gast aus jener Welt.
11. Es klopft zum zweiten male:
Mach', großer Kaiser, auf!
Es kommt vom Erdenthale
Ein Bote dir herauf! —
12. Es klopft zum dritten male:
Mach', Vater, auf geschwind!
Es kommt im Geisterstrahle
Zu dir dein einzig Kind.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Heine Heinrich Napoleon Napoleon Reiser
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Frankreich Frankreichs Rom Englands Englands Rom Europa Allerseelen
83. Das Todttnheer.
431
83. Das Todtenheer.
Von F. A. Schulze.
1. Fern von des Eismeers unwirthbarem Strande
Kam eine Schaar vor grauer Zeit gezogen.
Sich Heimat suchend in der Sachsen Lande.
2. Gewasfnet nahte sie mit Schwert und Bogen;
Verderben hieß ihr Gang, nach Sitt' und Milde;
Denn ringsum rauschten Blut und Feuerwogen.
3. Schon wüthet sie aus Halberstadt's Gefilde
Vor einem Dörflein sonder Glanz und Namen,
Dem seine Armuth lange ward zum Schilde.
4. Der Schild zerbrach, als die vom Eismeer kamen,
An ihrer tiefern Armuth hartem Drange,
Und nun muß auch des Dörfleins Kraft erlahmen.
5. Zwar stritt die Faust der Männer kühn und lange
Verzweiflungsvoll für ihres Herdes Götter,
Doch fielen sie im Feiudesüberschwange.
6. Vom Schlachtfeld dräut den Hütten schon das Wetter;
Vor der Barbaren Gier und blut'gem Willen
Ersieht nicht Weib, nicht Kindlein mehr den Retter.
7. Die Nacht allein kann ihre Raubsucht stillen;
Verrath befolgend, hemnren sie die Schritte,
So lange Schatten noch das Dorf umhüllen.
8. Und hier verläßt ein jedes Weib die Hütte
Mit ihren lieben Kleinen und den Greisen,
Angstvoll ereilend der Gefährten Mitte.
9. „Es will," spricht da ein Greis, „kein Pfad sich weisen
Zur Rettung, — laßt uns, Liebe, drum vereinet
Erharren so des Feindes Wuth und Eisen!"
10. Indeß nun Alles bitter klagt und weinet,
Daß nirgendwo ein bess'rer Rath vorhanden.
So steht Thorguna stumm und wie versteinet.
11. Doch plötzlich reißt ihr Wort sich aus den Banden
Des tiefsten Schmerzes los, sie ruft: „Mit nichten!
Freiwillig werde Niemand hier zu Schanden!
12. Will droben in den Wolken Keiner richten,
Wie's Göttern ziemt, gerecht und mit Erbarmen,
So laßt uns muthig zu den Todten flüchten!
13. Vielleicht, daß sie für unser Recht erwärmen!"
Und zu der Gräber monderhelltem Orte
Geht sie voran, den Säugling auf den Armen.
14. Ihr folgen Alle nach der Todten Pforte,
Und wie ihr Blick erglüht zu Hellen Flammen,
So flammen auch von ihrem Mund die Worte:
15. „Wohlauf, Erblaßte, denen wir entstammen,
Was wehrhaft war, hat uns der Feind erschlagen,
D'rum rettet, Todte, jetzt für uns zusammen!
16. Ein höher Licht wird nie euch wieder tagen,
Die außer'm Kampfe rühmlos hier verschieden;
Erhebt euch, Götterehre zu erjagen!
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Iv. Didaktische Dichtungen.
2) Sprüche von Herder.
Wissen für Andre.
Wer für Andre nur weiß, der trägt wie ein Blinder die Fackel,
Leuchtet voran, und geht selber in ewiger Nacht!
Der langsame Pfeil.
Drücke den Pfeil zu schnelle nicht ab, der nimmer zurückkehrt;
Glück zu rauben ist leicht; wieder zu geben so schwer.
Wirkung des Zorns.
Mäßige deinen Zorn; es fallen die Funken des Zornes
Erst auf dich; auf den Feind, wenn sie ja treffen, zuletzt.
Gewalt und Güte.
Weiche Seide zerschneidet das scharf einhauende Schwert nicht;
Stärker als alle Gewalt ist ein nachgebender Geist.
Güte bezwang die Welt. Mit sanften freundlichen Worten
Magst du den Elephanten leiten am einzigen Haar.
Die Beleidigung.
Schmett're den Stein nicht gegen die Mauer; er prallet zurück dir;
Oder es reißt sich ein Fels los von der Mauer auf dich.
Wünsche.
Hätte die Katze Flügel, kein Schmetterling wär' in der Luft mehr.
Hätte, was Jeder wünscht, Jeder; wer hätte noch was?
Wissen ohne That.
Ohne die That ist Wissen, wie ohne Honig die Biene;
Sage der Stolzen: „Warum schwärmest du müßig und stichst?"
Das Licht.
So wie die Flamme des Lichts auch umgewendet hinaufstrahlt;
So vom Schicksal gebeugt, strebet der Gute empor.
Das Gold.
Gold, du Vater der Schmeichler, du Sohn der Schmerzen und Sorgen,
Wer dich entbehret, hat Müh'; wer dich besitzet, hat Leid.
Die Schifffahrt des Lebens.
Willst, o Sterblicher, du das Meer des gefährlichen Lebens
Froh durchschiffen und froh landen im Hafen dereinst,
Laß, wenn Winde dir heucheln, dich nicht vom Stolze besiegen;
Laß, wenn Sturm dich ergreift, nimmer dir rauben den Muth.
Männliche Tugend sei dein Ruder, der Anker die Hoffnung;
Wechselnd bringen sie dich durch die Gefahren an's Land.
Höhere Natur.
Wird im quälenden Hunger der Löw' am Grase sich laben?
So auch ein hohes Gemüth sinke nie unter sich selbst.
Allen immer gefallen, ist ein Glücksspiel;
Wenigen gefallen ein Werk der Tugend:
Wenn's die Bessern sind. Gefallen Niemand,
Schmerzt und kränket.
Sollt' ich wählen, ich wähl'te gern die Mitte;
Wenigen gefallen und nur den Besten:
Aber unter beiden, ob Allen oder Keinem?
O Keinem!
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476
Iv. Didaktische Dichtungen.
Sei immer Mann und groß durch inn're Kräfte,
Und überlaß' nie Andern ein Geschäfte,
Das du noch selbst zu enden magst.
Sei Harmonie in Wort und That und weiche
Kein Haar breit; stark wie eine Königseiche
Und felsenfest sei, was du sagst. Seume.
Preis der Dummheit.
Die Dummheit ist die größte Macht, sie führt der Heere stärkstes an;
Ich glaube, daß sie nie ein Held bekämpfen und besiegen kann. A. Kopisch.
Der Halm und die Aehre.
Mit stolz gehob'ner Stirn und nicht durch Last gedrückt,
Sprach einst ein leerer Halm zu einer vollen Aehre:
„Wie kommt es, daß dein Haupt so nach dem Boden nickt?"
Sogleich versetzte sie dem Brüderchen zur Lehre:
„Ich stände freilich nicht so tief herabgebückt,
Wenn ich so leer wie du in meiner Stirne wäre." Pfeffer.
Wenig Wünsche finden hier Gewährung;
Glück, wenn wir die Kunst versteh'n,
Muthig zwischen Duldung und Entbehrung
Unsern kurzen Pfad zu geh'n.
F. v. Sonnenberg.
Recht thun und edel sein und gut,
Ist mehr als Gold und Ehr',
Da hat man immer frohen Muth
Und Freuden um sich her;
Ist immer mit sich selber eins.
Haßt kein Geschöpf und fürchtetkeins. Claudius.
Handelt! durch Handlungen zeigen sich Weise,
Ruhm und Unsterblichkeit ist ihr Geleit.
Zeichnet mit Thaten die schwindelnden Gleise
Unserer siüchtig entrollenden Zeit.
Den uns umschließenden Zirkel beglücken,
Nützen so viel, als ein Jeder vermag;
O! das erfüllet mit stillem Entzücken;
O! das entwölket den düstersten Tag. v. Sans.
Wer sich das Göttliche will und das Höchste im Leben^erfechten,
Scheue nicht Arbeit und Kamps, wage sich kühn in den Sturm.
Nur ungewöhnliche Kraft darf nach Ungewöhnlichem streben. Th. Körner.
Wer durch das Leben sicher sich will schlagen.
Der lerne bald, was ihm von Nöthen sei;
Ein Herz von Stahl muß er im Busen tragen,
Bon allem Roste nied'rer Selbsucht frei.
Stark muß er sein, entschlossen, kühn im Wagen,
Ob auch das Unglück noch so furchtbar dräu';
Und ist es da, unmännlich nicht verzagen,
Dem bessern Wissen und der Pflicht getreu!
Dann wird er auch das Schwerste leicht vollbringen
Und wie ein Gott die Hölle selbst bezwingen. I. G. Petrik.
Wer das Leben für Etwas nimmt,
Ist stets zufrieden und heiter gestimmt;
Wem's aber so viel als nichts bedünkt,
Ob's vorwärts schreitet oder sinkt,
Den läßt es leer auch nach Gebühr,
Und er plagt sich fruchtlos für und für.
A. Gebauer.
Der Weise wägt sein Dasein nur nach
Thaten,
Nach Pfunden, die sein Geist erringt,
Froh, wenn der Hoffnung seiner Saaten
Auch nur ein Keim gerathen,
Der in die Zukunft dringt.
Gerstenberg.
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Extrahierte Personennamen: Claudius Kamps Petrik A._Gebauer