Xxi. §. 5. Kreuzzug Wider die Wenden.
399
heit in den kirchlichen Lehren zu erlangen. Im Mittelalter nannte
man solche dialektische Theologen Scholastiker und ihre Ausgabe
war: jede kirchliche Lehre mit der größtmöglichen Schärfe und Gründ-
lichkeit festzustellen, gegen alle Einwendungen zu vertheidigen und mit haar-
spaltender Genauigkeit ihre Anwendung nach jeder Seite hin aufzuweisen.
Als Führer der langen, langen Reihe von Scholastikern des Mittelalters
stand dem Bernhard der berühmte Abälard gegenüber. Aber Abä-
lard war nicht so fromm als er gelehrt war, Deshalb hat er schwere
Demüthigungen erdulden müssen, und Bernhard wurde es nicht schwer,
ihn zu überwinden. Aber seine Schüler waren unendlich zahlreicher als die
Bernhard' s. Denn durch den genauen Verkehr Deutschlands mit dem
noch von alter Zeit her gebildeten Italien, mit den scharfsinnigen und ver-
schmitzten Griechen, mit den phantastischen und überschwänglichen Völ-
kern des Morgenlandes, Christen und Saracenen, war in fortgehender
Steigerung ein so gewaltiger Drang und Trieb nach eigner Weiterbil-
dung unter die Deutschen und ihre nächsten Nachbarn gekommen, daß
mit dem Beginn des zwölften Jahrhunderts wie aus einer geöffneten
Thür uns eine unabsehbare Schaar von Gelehrten und Schriftstellern,
von Dichtern und Sängern, von Künstlern und ausgezeichneten Män-
nern aller Art entgegentritt. Es ist die Vlüthezeit des Mittelalters, in
die wir eingetreten sind — die höchste Mannigfaltigkeit der Gaben,
Kräfte, Talente, Aemter, Würden, Trachten, Sitten unter der Alles
überschattenden Einheit der von Gott hoch erhobenen römischen Kircke
und des päpstlichen Scepters.
§. 5. Kreuzzug wider die Wenden.
Zu gleicher Zeit mit dem zweiten Kreuzzug wider die Sarace-
nen, der so unglücklich auslief, wurde noch ein anderer Kreuzzug un-
ternommen, der das weite Reich des Papstes wieder um ein bedeuten-
des Stück vergrößerte. Es ist schon früher erwähnt (S. 376), daß die
schönen Eroberungen und Stiftungen Heinrich' s I. und der Ottonen
zwischen Elbe und Oder unter den schwächeren Kaisern, besonders
unter Heinrich Iv. fast gänzlich wieder verfallen waren und daß
auch Polen und Böhmen immer nur in sehr zweifelhafter Abhängig-
keit vom deutschen Reiche standen. Polen war aber indeß, eben so
wie Böhmen, ein durchaus christliches Land geworden, hatte Bischöfe
und Erzbischöfe, Kirchen und Klöster und sorgte für Ausbreitung deö
Christenthums auch in denjenigen heidnischen Ländern, die es eroberte,
absonderlich in Pommern. Der Polenherzog Boleslav lud selbst
den deutschen Bischof Otto von Bamberg ein, mit ihm und unter-
feinem Schutz nach Pommern zu ziehen, um die reichen und lebens-
frohen Pommern zu bekehren. Wirklich gelang es dem Bamberger
Bischof und dem polnischen Herzog, die Kirche in Pommern wenig-
stens zu begründen. Dagegen die vom Kaiser und von den Sach-
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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TM Hauptwörter (200): [T18: [Mark Brandenburg Land Albrecht Friedrich Kaiser Jahr Markgraf Haus Markgrafe], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T77: [Papst Bischof Kaiser Rom Kirche König Heinrich Erzbischof Gregor Papste], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt]]
Extrahierte Personennamen: Bernhard Bernhard Heinrich_Iv Heinrich Polenherzog_Boleslav Otto_von_Bamberg Otto
414 Xxi. §. 10. Ausbreitung der Pavftherrschaft über Griechenland rc.
hen schon, daß bei dem allgemeinen Umsturz der Reiche des Alter-
thums und dem Emporkommen neuer kräftiger aber roher Völker nur
dies eine Stück des alten Römerreichs, das griechischereich oder eigentlich
nur daö europäische Griechenland und die Hauptstadt Constantinopel
stehen geblieben war und stehen bleiben sollte, um die hochgelehrte und
künstlerische Bildung, die Summe der geistigen Errungenschaft des
Alterthums für eine spätere Zeit aufzubewahren, wo sie der weiter
geförderten abendländischen Christenheit zu Gute kommen sollte. Zu
diesem Amt des Aufbewahrens eignete sich aber das griechische Kai-
serreich um so mehr, da es in eine völlige Erstarrung gerathen war,
ohne alle Fähigkeit, sich weiter zu entwickeln und etwas Neues zu
schaffen. Wie jetzt die Klugheit und Gelecktheit der Chinesen, so
war auch die damalige griechische Herrlichkeit nichts Anderes als ein
zähes Festhalten alter Formen und Gewohnheiten und ein lächerliches
Stolziren mit dem eitlen Flitter eines prunksüchtigen und weibischen
Ceremonienwesens. Obwohl aber die Aufgabe dieses geistig erstorbe-
nen Volkes und Staates zunächst nur das Erhalten und Aufbewahren
sein sollte, so schloß das doch die Strafgerichte nicht aus, die der
Herr von Zeit zu Zeit über das innerlich verfaulte und verrottete
Reich ergehen ließ. Es mußten immer neue und furchtbarere Stürme
die durch unaufhörliche Mordthaten, Verstümmelungen, Schändungen,
Lügen, Ränke und viehische Laster verpestete Luft reinigen, wenn das
hinsiechende Volk auch nur bis zu der von Gott vorherbestimmten Zeit
am Leben erhalten werden sollte. Daher die immerwährenden Ein-
brüche der slavischen Völker von Norden her, daher die Siege der
mohamedanischen Seldschukken in Syrien und Klein-Asien, und der
Verlust fast aller asiatischer und sämmtlicher afrikanischer Besitzungen.
Daher denn auch die vorübergehende Ueberwältigung und Zertrüm-
merung des Reichs durch die Kreuzfahrer 1204. Es waren die Ve-
netianer und ihr greiser Herzog Dandolo, welche die nach Jerusa-
lem bestimmten Schaaren auf ihren Schiffen nach Palästina überzu-
setzen versprachen, aber statt dessen mit ihnen nach Constantinopel
fuhren, um den von dort vertriebenen Kaisersohn Alerius sammt
seinem geblendeten Vater wieder auf den Thron zu setzen. Dies Vor-
haben gelang. Als aber darnach mit dem wiedereingesetzten Kaiser
selber Streit entstand über die versprochenen Geldzahlungen und die
Unterwerfung der griechischen unter die römische Kirche, da eroberten
und verwüsteten die Kreuzfahrer von ihren Schiffen aus die Stadt
Constantinopel und das ganze Land, jagten die feigen Griechen zu
Tausenden vor sich her und theilten das Land unter sich. Ein frän-
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Xxii, §. 11. Die Türkcnnoth und die Eroberung Constantinopels. 459
§. 11. Die Türkennoth und die Eroberung Constan-
tinopels.
Durch die Kirchenversammluugen des 15. Jahrhunderts war es
auf das Klärlichste dargethan, daß man in dem Papstreich die Wahr-
heit nicht wollte, daß man die Finsterniß lieber hatte als das Lickt.
So konnten denn- die Strafgerichte nicht ausbleiben. In der johan-
neischen Apokalypse waren sie mit erschreckenden Farben längst zuvor
geschildert und ihre Vorspiele und Anfänge hatte das gottlose Geschlecht
schon zu verschiedenen Zeiten zu fühlen bekommen. Eines der furcht-
barsten und einschneidendsten Streckmittel war das Hereinbrechen der
Könige des Ostens, die vom Eufrat, von der alten Reichsgrenze des
Römerreichs her, unter den grausamsten Verheerungen ihren Sieges-
zug hielten bis in die Mitte der Christenheit- Lange Zeit hatte es
geschienen, als sei diese schwere Zuchtruthe gänzlich außer Thätigkeit
gesetzt. Aber der Arm des Herrn war noch immer ausgereckt und
eben jetzt zu neuen Schlägen erhoben. Denn schon hatte der Herr
wider die verkehrte und zuchtlose Christenheit abermals jene antichrist-
liche Macht erweckt, welche seit Mohamed's Zeiten als Würg-
und Todesengel die faulen Glieder vom Leibe der Christenheit vollends
abgetrennt und vernichtet hatte und dem Ueberrest fortwährend ein
Dorn in der Seite blieb. Die Kraft der Araber, die einst vom
Indus bis zum Tajo herrschten, war freilich längst wieder zerbrochen.
Aber immer neue kräftigere Völker wußte der Herr von Zeit zu Zeit
zur Verschärfung der Plage auf den Schauplatz zu führen, Völker,
welche fast alle zu dem vielverzweigten asiatischen Völkerstamm der
Tu rk (Turkmanen) gehörten. Wir haben bereits die Seldschukken zur
Zeit der Kreuzzüge kennen gelernt (S. 396). Jetzt begegnen uns die
Osmanen, die ersten und einzigen, die berufen waren, von Asien her
Europa's Grenzen zu überschreiten und von dem alten Kaisersitze
vieltausendjähriger Cultur, von Constantinopel aus, die greulichen Ver-
heerungen roher und unbildsamer Barbaren bis in das Herz Europa's
zu tragen. Von Osman haben die Osmanen chre Benennung, von
einem türkischen Häuptling, der mit einer Schaar von Knechten von
den westlichen Grenzen Armeniens aufbrach (1298), um Streif- und
Eroberungszüge in die kleinasiatischen Länder hinein zu versuchen.
Es gelang ihm in unerwarteter Weise. Sein Sohn Orch an (1326)
stand schon als Sieger an den Ufern des Hellespont und des Bospo-
rus und schaute mit ländergierigen Blicken nach der europäischen
Küste hinüber. Dessen Sohn Mur ad (1359 — 89) konnte sogar
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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Extrahierte Ortsnamen: Christenheit- Asien Constantinopel Armeniens Bospo-
Xxii. §. 11. Die Türkennoth und die Eroberung Eonstantinopels. 461
Staub sinken, der Grund und Boden des christlichen Reiches an den
türkischen Reitersmann als ein persönliches Lehngut vertheilt werden,
die heranblühende Jugend der unterworfenen Christenvölker in das
Serail des Türkensultans sich schleppen lassen, um entweder zum mi-
litärischen Dienst als Fußvolk (Janitscharen) oder Reiter (Sipahi)
oder zum höhern Dienst als Beamte, Heerführer, Paschas und Ve-
ziere des Großherrn abgerichtet zu werden. So mußte dies Volk
von Sklaven, voll hündischer Unterwürfigkeit unter die Despotenlaune
des einen Mannes, der über Leben und Eigenthum aller seiner Un-
terthanen nach Willkür zu verfügen hatte, Herren werden über die
Nachkommen des freiesten und bewundertsten Volkes der alten Welt.
So mußte Constantinopel fallen (1453) und von dem uralten christ-
lichen Kaisersitz die Fahne des Propheten von Wien und Ofen bis
Bagdad und Cairo wehen.
Nie hat es ein dämonischeres, folgerichtigeres und wirksameres
Unterdrückungssystem gegeben, als das türkische. Es beruht nicht etwa
darauf, daß das ganze Türkenvolk nie etwas Anderes war und sein
durste als ein allezeit schlagfertiges Kriegsheer, oder daß die Vermehrung
des Volks auch immer weitere Ausdehnung der Grenzen mit Nothwen-
digkeit erforderte, daß der ganze Staat nichts Anderes als ein vergrö-
ßertes Kriegslager war. Sondern das war der teuflische Gedanke, auf
welchen die Türkenmacht gegründet ist: Schwächung und moralische
Vernichtung des unterworfenen Volks durch Entziehung aller seiner
frischesten leiblichen und geistigen Kräfte, wie sie in seinen Söhnen im-
mer neu heranwächst, und Verstärkung der Uebermacht des Herrscher-
volks durch Einreihung dieser eltern- und heimathlosen Söhne in die
Kriegsmacht und die Beamtenwelt des türkischen Großherrn. Es ist
schrecklich zu denken, daß alle die Siege, welche die Türken über die
Christen erfochten haben, hauptsächlich durch Christensöhne erfochten
sind, daß alle dke schändlichen und heillosen Rathschläge, die am Hofe
des Großherrn oder in den Paschaliks wider die unterworfenen und be-
nachbarten Christenreiche ausgebrütet sind, in den Köpfen von Christen-
söhnen entstanden und von ihren Händen zur Ausführung gebracht sind.
Mit dem Mark der unterjochten Völker kräftigte sich der Türke, um
furchtbarer zu herrschen, um schrecklicher zu unterjochen. Nie waren
bisher von anderen mohamedanischen Völkern solche vernichtende Mittel
einer dämonischen Staatskunst in Anwendung gebracht. Weder die
Araber noch die Seldschukken, weder die ägyptischen noch die spanischen
Khalifen hatten sich also, Vampyren gleich, vom Herzblut der Christen
genährt, um sie dann desto erbarmungsloser in den Staub zu treten.
Aber es war freilich auch kein anderes Volk also vollständig ausgereist
zum Gericht wie das Griechenvolk zu Constantinopel. Was hatte nicht
der Herr schon alles von Strafen und von Erbarmungen an dies elende
Geschlecht gewandt! Wie oft hatte er das schon begonnene Gericht wie-
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Extrahierte Personennamen: Christensöhne
Extrahierte Ortsnamen: Constantinopel Wien Bagdad Constantinopel
470 Xxii. §. 14. Wiedererhebung Frankreichs rc.
Reich hineinspielte, in seine eigne Hand zu bringen und zugleich die
schönen italienischen Länder des Papstes zu gewinnen wünschte? Doch
nicht auf diese Weise sollte die alte Weltmonarchie wiederher-
gestellt werden. Sie sollte überhaupt nicht wiederkehren. Nur das
sollte geschehen, daß die bedeutendsten und religiös angeregtesten Völker
der europäischen Christenheit, daß Deutschland und die Niederlande mit
Spanien und Italien noch einmal unter denselben Scepter gebracht
wurden, damit der große Geisterkampf, der jetzt bevorstand, auf eine
ehrliche und gründliche Weise zwischen ihnen könnte zu Ende gekämpft
werden, wie es denn ja auch geschehen ist.
$. 14. Wiedererhebung Frankreichs als Deutschlands
Widerpart und Verderben der Schweiz.
Indem wir die Gesammtheit der Länder überschauen, welche beim
Beginn der Reformation durch das gemeinsame Herrschergeschlecht
wieder mit einander in Berührung, in die engste Verbindung getreten
sind, fällt es uns sogleich auf, daß der alte Gegner Deutschlands,
daß Frankreich auch jetzt noch in seiner vereinzelten und feindlichen
Stellung bleibt und der gesummten übrigen abendländischen Christen-
heit als ein losgesondertes Glied gegenübertritt. Auch dem fränki-
schen Volke sollte das reine Evangelium wieder angeboten werden,
oftmals, reichlich, dringend; es sollten auch viele einzelne Seelen
durch die lautere Predigt dem Verderben entrissen werden, wiewohl
das Volk als Ganzes durch den bewußten und grimmigen Wider-
stand gegen das Wort Gottes erst völlig zu der antichristischen Stel-
lung und zu dem Verderben heranreifte, dem es vor unseren Augen
entgegengeht. Aber aus dem Schooße Frankreichs konnte keine
Kirchenresormation selbständig hervorgehen, die deutsche Reforma-
tion blieb den romanischen Völkern fremd und reizlos. Es fand sich
aber ein anderer Boden, der, obwohl ursprünglich Deutschland ange-
hörig und mit deutschem Wesen gesättigt, doch seit längerer Zeit schon
in gefährlicher Weise nach Frankreich hinüberneigte. Hier bildete
sich eine zweiter Quell- und Mittelpunkt der Reformation, und neben
der deutschen, germanischen Reformation in Sachsen begründete sich
eine welsche, romanische Reformation in der Schweiz. Nicht
so schnell waren die bedenklichen Folgen der allmäligen Los-
reißung aller schweizer Cantone von den angestammten deut-
schen Gewalten und althergebrachten Verpflichtungen sichtbar ge-
worden. Ein halbes Jahrhundert hindurch hatten die verbundenen
Schweizer nicht bloß den Ruhm unvergleichlicher Tapferkeit, ja Un-
überwindlichkeit, sondern auch echter deutscher Treue und Biederkeit,
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Deutschland Niederlande Spanien Italien Frankreichs Deutschlands Schweiz Deutschlands Frankreich Gottes Frankreichs Deutschland Frankreich Sachsen Schweiz
43g Xxii. §. 3. Deutschlands Wiedererhebung aus tiefster Verwirrung.
mächtigen Herrn und wirklichen Obern mehr über sich leiden woll-
ten, zwei Fremdlinge zu gleicher Zeit zu deutschen Königen erhoben
wurden, der gelehrte Alfons von Cast i lien und der reiche Ri-
chard von Cornwallis — da ging auch die letzte Spur einer
wirklichen Königsgrwalt in Deutschland verloren. Freilich regiert
haben diese fremden Fürsten, von denen der eine niemals, der
andere nur auf kurze Zeit den deutschen Boden betrat, genug und
übergenug in Deutschland. Besonders Richard bat genug Befehle
erlassen, Urkunden ausgestellt, Schenkungen gemacht, Rechte verliehen,
aber Alles auf Kosten des Reichs und zur Verminderung der könig-
lichen Macht- Alle königlichen Vorrechte kamen nach und nach in
die Hände untergeordneter Gewalten; die vornehmeren Fürsten wur-
den so gut wie selbständig, und die geringeren wollten nicht Zurück-
bleiben. Wie die Herzöge, Markgrafen, Landgrafen u. s. tt)., so wur-
den auch die Bischöfe und Aebte reichsunmittelbar, d. h. sie galten
selber als Herzöge und hatten die Grafenrechte in ihrem Gebiete,
ohne daß irgend ein Höherer über ihnen gestanden hätte, außer dem
König. Ja auch einzelne Genossenschaften, Vogteien und Städte er-
langten dieselben Rechte. Alle organische Gliederung des Lehenreiches
hörte auf, es blieb nur eine große Menge gleichberechtigter Fürsten
und Stände neben einander. Aber in dem Uebermaß des Nebels lag
auch die Noihwendigkeit und das Mittel der Heilung. So konnte
es, das fühlte Jeder, nicht länger fortgehen, die „kaiserlose schreckliche
Zeit" mußte ein Ende nehmen. Und wunderbar lenkte der Herr die
Herzen der Wähler, als sie 1273 in Frankfurt zusammentraten,
um den deutschen Landen ein neues Oberhaupt zu geben. Sie
wollten einen ja nicht allzu mächtigen Mann, der ihnen mit dem
vollen Nachdruck königlicher Machtfülle hätte entgegentreten können,
und erwählten — Rudolf von Habsburg. Gerade dieser Mann
aber war es, der nach Gottes wunderbarem Rathschluß nicht bloß
dazu bestimmt war, eine neue, bessere Zeit über Deutschland herbei-
zuführen, sondern auch jenes große und ruhmvolle Reich zu gründen,
welches deutsche Sitte und Bildung bis tief in den fernen Osten
verbreiten und Jahrhunderte hindurch die festeste Stütze unseres Va-
terlandes sein sollte.
An der biedern und frommen Heldengestalt Rud olf's von Habs-
burg erwärmt sich wieder unser deutsches Herz. Das war ein Fürst
von altem Schrot und Korn, ein Muster deutscher Redlichkeit und
Treue, nüchtern, ernst, besonnen, strenggerecht und doch so mild, freund-
lich und herablassend. Sein Andenken ist in unzähligen Liedern und
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Alfons_von_Cast Cornwallis Rudolf_von_Habsburg Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Deutschland Frankfurt Gottes Deutschland
496 Xxiii. §. 6. Nlederbeucning und Wiederaufrichtung der Papstmacht.
reits erfüllen zu sollen, wonach „die große Stadt, die das Reich hat
über die Könige auf Erden, von eben diesen Königen bloß und wüste
gemacht und mit Feuer verbrannt werden wird." Aber solche Zeit
steht noch bevor. Viel zu sehr hatte der katholische Kaiser den
Papst nöthig, als daß er ihn gänzlich hätte verderben sollen. Wir
sehen ihn bald wieder Unterhandlungen mit seinem Gefangenen an-
knüpfen, ihn freigeben, sich mit ihm verbünden. Mit heimlichem
Widerwillen, aber durch die Umstände gezwungen, tritt der Papst
wieder auf die Seite des Kaisers. Er muß den übermächtigen Nach-
bar in Italien dulden, muß sich bereit erklären, seine politischen Ent-
würfe zu unterstützen — aber Eins bedingt er sich dafür aus, Eins
gewährt ihm der Kaiser zur erwünschten Entschädigung: seinen kräf-
tigen Arm zur Ausrottung der lutherischen Ketzerei. Im Jahr 1529
kommt Kaiser Karl selber aus Spanien nach Italien. In Bologna
trifft er mit dem Papst zusammen. Er ist auf dem Wege nach Deutsch-
land. Da werden die schärfsten Maßregeln gegen die hartnäckigen
Ketzer in Deutschland verabredet. Und bemerken wir es wohl. Der
Kaiser war jetzt ein Anderer, als vor neun Jahren, er war jetzt in die
Jahre der Reife und der Selbständigkeit eingetreten. Von jetzt an
sehen wir ihn im Rache wie im Felde überall selbst an der Spitze,
bei ihm steht immer die letzte Entscheidung, überall sieht er selbst,
urthellt er selbst, handelt er selbst. Unermüdlich ist er in den Staats-
geschäften, unüberwindlich im Felde. Und alle dieft so lange gesparte
Kraft, alle den frischen Eifer einer langsam bedachten, aber nun ent-
schieden ergriffenen Politik ist der Kaiser entschlossen zur neuen
Kräftigung des Papstthums in Deutschland gegen die Protestanten
zu kehren.
Schon länger waren die ersten vorläufigen Wirkungen der neuge-
kräftigten Papstmacht und des entschieden kaiserlichen Katholicismus
in Deutschland wahrgenommen. Die katholisch gesinnten Fürsten und
Städte, insonderheit die geistlichen Fürsten, deren Eristenz bedroht
war, deren Besitzungen hier und da bereits eingezogen wurden, erhüben
wieder ihr Haupt, traten aus einer abwehrenden wieder in eine angrei-
fende Haltung. Da wurden die Lutherischen verfolgt, da wurde das
erste Märtyrerblut der evangelischen Kirche vergossen. Die Herzoge von
Bayern und die kleineren mit dem päpstlichen Legaten verbundenen Für-
sten und Bischöfe hatten gleich nach ihrer Absonderung von der großen
Gesammtaufgabe des deutschen Volks angefangen, evangelisch gesinnte
Priester zu entsetzen, in's Gefängniß zu werfen, adlige Besitzer aus
ihren Gütern zu vertreiben, Beamte peinlich zu verhören, Bürger und
Bauern hinzurichten. Besonders eifrige Prediger wurden mit der Zunge
an den Pranger genagelt, andere mit dem Staupbesen gestrichen, Luther's
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil]]
TM Hauptwörter (200): [T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T158: [Papst Kaiser Iii Vii Gregor Heinrich Rom Friedrich Italien Jahr], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T148: [Kirche Macht Staat Deutschland Kampf Frankreich Reich Reformation Zeit Gewalt]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Italien Spanien Italien Bologna Deutsch- Deutschland Deutschland Deutschland Bayern
Xxiii. §. 6. Niederbeugung und Wiederaufrichtung der Papstmacht. 497
Bücher vom Henker verbrannt. In Karl's burgundischen Landen,
unter den Friesen, bei den Ditmarsen finden wir ähnliche Verfolgungen.
Wie schmählich sind die beiden jungen Mönche Vos und Esch in
Brüssel in den Flammen erstickt; wie schrecklich ist der fromme Hein-
rich von Zütphen in Meldorf zu Tode gemartert. Noch viel gewalt-
samer war man zu Werke gegangen nach dem Bauernkrieg. Unter
dem Vorwand, die Empörer zu strafen, schlug man die Evangelischen
nieder. In Franken wurden an 40 evangelische Prediger neben der
Landstraße an die Bäume gehenkt. Erzherzog Ferdinand, des
Kaisers Bruder, der 1526 die Kronen von Ungarn und Böhmen zu
gewinnen hoffte, zeigte sich zwar den Böhmen gegenüber gut husfitisch,
allein eben so entschieden trat er vor den Ungarn als strenger Katholik
auf. In Wien wurden evangelisch gesinnte Bürger enthauptet. Wirk-
lich gewann er beide Reiche und befestigte und vergrößerte die östrei-
chisch-habsburgische Hausmacht, während Karl's Heere die italienischen
Provinzen vertheidigten oder neu gewannen. Da hatte denn auch der
Reichstag, der 1529 nach Spei er zusammenberufen war, eine sehr
veränderte Gestalt. Die geistlichen Fürsten und ihre Freunde hatten
das entschiedene Uebergewicht. Die kaiserlichen Commissarien waren
so eifrig katholisch wie möglich. Sie beantragten nichts weniger, als
die Aufhebung des Reichstagsbeschluffes von 1526, wonach jeder Fürst
in Sachen der Religion sich nach eignem Gewissen zu verhalten hatte.
Keine Neuerung soll mehr vorgenommen werden, Alles soll bleiben wie
es ist, Messe und geistliche Gerichtsbarkeit wieder hergestellt und beibe-
halten werden bis zur Versammlung eines allgemeinen Conciliums.
Die Mehrheit der versammelten Reichsstände nahm diese Vorschläge
an; sie wurden zum Beschluß erhoben. Dadurch wäre das in den
letzten Jahren rechtsgültig aufgerichtete und durchgeführte Reformations-
werk wieder rückgängig gemacht, alle reformatorischen Stiftungen in
Frage gestellt worden. Die evangelischen Stände waren entschlossen,
sich den einseitigen Beschlüssen der katholischen Majorität nicht zu fügen.
In öffentlicher Sitzung legten sie eine feierliche Verwahrung dagegen
ein: sie würden sich nach wie vor nach dem Beschlüsse von 1526 halten,
dessen Rechtsverbindlichkeit nicht in Zweifel gezogen werden könne. Von
dieser ihrer Protestation führen sie den Namen Protestanten. So endigte
der Reichstag in offenbarer Entzweiung. Und der Kaiser? Da er
eben in Italien, alle seine Feinde als überwunden in demüthiger Hal-
tung vor sich sah, da er sich krönen ließ mit der alten römischen Kai-
serkrone, und den Schwur erneuerte, den Papst und die römische Kirche
gegen alle ihre Feinde zu vertheidigen, kam die Gesandtschaft der evan-
gelischen Stände aus Deutschland, und that ihm Meldung von der ge-
schehenen Protestation auf dem Reichstag zu Speier. Dürfen wir uns
wundern, daß er sie ungnädig empfing, daß er sich desto fester in seinem
Vorhaben bestärkte, diese ärgerlichen Wirren endlich zu beseitigen? Mit
den katholischen Ständen in der Schweiz hatte die habsburgische
Macht ein enges Bündniß geschlossen, in Folge dessen es zu einem
Krieg und nach einigen Jahren (1531) zu einer Niederlage der evan-
gelischen Züricher kam, in der auch Zwingli siel. Nichts Anderes,
v. Rohden, Leitfaden. 32
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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Extrahierte Personennamen: Esch Ferdinand Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Karl's Brüssel Meldorf Ungarn Ungarn Wien Conciliums Italien Deutschland
498 Xxiii. §. 7. Bekenntniß und Bündniß der Evangelischen.
davon waren die Evangelischen in Deutschland überzeugt, hatten auch
sie zu erwarten. So wie der Kaiser sich den deutschen Grenzen
näherte, machte Jedermann sich auf schweren Krieg und Verfolgung
gefaßt.
§. 7. Bekenntniß und Bündniß der Evangelischen.
Was thaten nun Luther und seine Freunde, was thaten die Für-
sten und Städte, die ihm anhingen, als der mächtige Kaiser mit der
entschiedenen Absicht, sie zu verderben, über die Alpen daherzog? For-
derten sie mit feurigen Worten zum Widerstand auf, riefen sie ihre
Freunde und Genossen zum Kampf für die heiligsten Güter, für die
Freiheit der Predigt, für die Reinheit der Lehre? Nichts weniger.
Sie erklärten: um des Glaubens willen dürfe man nicht zu den Waf-
fen greisen, man müsse die Noth und den Schaden tragen. Der
Kurfürst von Sachsen war entschlossen, dem Kaiser sein Land zu öffnen,
und ihn darin nach Willkür verfahren zu lassen. Das war auch die
Meinung des Markgrafen von Brandenburg, der Stadt Nürnberg
und der anderen evangelischen Fürsten und Städte. Man hatte zwar
schon längst daran gearbeitet, sich näher zu verbinden, sich zu gemein-
samem Widerstand zu rüsten, besonders der feurige Landgraf Philipp
von Hessen hatte sehr dazu gedrängt. Aber jetzt, da der Kaiser er-
scheint, der rechtmäßige Oberherr, läßt man alle kriegerischen Gedan-
ken fahren. Man tritt zusammen, ja, man beräth sich, aber nicht
über Vertheidigungsanstalten, über Stellung von Mannschaft, Befe-
stigung von Schlössern, sondern über die Ausarbeitung einer kleinen
Schrift, über die Feststellung einer Reihe von Artikeln, über die Un-
terzeichnung eines Bekenntnisses, welches Melanchthon unter Luther's
Zustimmung ausgeschrieben, und welches nun die Fürsten von Sachsen
Hessen, Lüneburg, Anhalt und Brandenburg nebst etlichen Städten
sich aneigneten und Unterschrieben. Das ist die berühmte augs-
burgische Confession, das noch heute zu Recht bestehende Be-
kenntniß der evangelischen Christenheit, nebst Luther's Katechismus der
wertheste Eckstein der lutherischen Kirche. Sie ward am 25. Juni
1530 auf dem Reichstage zu Augsburg vor Kaiser und Reich feier-
lich verlesen, und von Allen, welche der Wahrheit die Ehre gaben,
mit größter Theilnahme und Beifall ausgenommen. Die Katholischen
konnten sie nicht widerlegen, obwohl sie es versuchten. Sie gaben es
bald auf, wider das Schwert des Geistes, wider das Wort Gottes
mit gleichen Waffen zu kämpfen; sie griffen schnell zu einer andern
Widerlegung — durch Gewalt. Zwar nicht die Mehrzahl der
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Extrahierte Personennamen: Jedermann Philipp
von_Hessen Philipp Melanchthon
500 Xxiii. §. 7. Bekenritniß und Bündniß der Evangelischen.
zertreten; ihnen ist nur wohl unter den Ruinen zerstörter Herrlichkeit,
sie gedeihen nur in verwüsteten, zu Grunde gerichteten Ländern. Und
diese Unholde hatten angefangen, auch unser deutsches Vaterland zu
bedrohen. Schon war Ungarn ihre Beute geworden. Auf dem
Schlachtfelde von Mohacz hatte der letzte König aus Dem Stamm der
Jagellonen (1526) fein Leben verloren. In Ofen hatte der stolze
Sultan Soliman eine Zeitlang seinen Sitz genommen; den ehrgeizi-
gen und gewissenlosen Johann Zapolpa, den Fürsten von Sieben-
bürgen, hatte er zu seinem Vertreter und Statthalter in Ungarn ein-
gesetzt. Da nun aber König Ferdinand sich die ungarische Krone
auf's Haupt zu setzen wagte, brach der zürnende Großherr mit
seinen Hunderttausenden wieder hervor aus seiner Hauptstadt, über-
schwemmte und verwüstete Ungarn unv lagerte sich im Herbst 1529
vor Wien. Da gerieth das ganze deutsche Volk in Schrecken. Die
Protestanten, obgleich sie eben erst auf dem Reichstag zu Speier vom
König Ferdinand und seinen Rathen so ungnädig behandelt und aus
dem Friedeil des Reichs ausgeschlossen waren, vereinigten ihre Fähnlein
und ihr Geschütz mit den Katholischen, um die „fremden Teufel" die
Donau hinunterzujagen. Und schon hatten die Janitscharen vor Wien's
Mauern den Muth verloren. Wie oft hatten sie gestürmt und waren
immer mit schwerem Verlust zurückgeworfen. Soliman sah, daß ihm
hier seine Grenze gesetzt sei, und wich zurück. Aber schon 1532 be-
wegte er sich mit größeren Heeresmassen abermals gegen die deutschen
Grenzen. Kurz vorher war, wie wir wissen, der Reichstag zu Augs-
burg gehalten, der sch m alkald i sch e Bund geschlossen; das deutsche
Reich war in einer schweren Spaltung begriffen. Soliman hatte
darauf gerechnet, die Deutschen wider einander zu Felde liegend zu
finden; er meinte, dies Mal würde kaum ein Grenzhüter da sein, ihm
Widerstand zu leisten. Wie hatte er sich verrechnet! Daö größte und
schönste Heer, welches Deutschland seit geraumen Jahren aufgebracht,
stand ihm gegenüber. Er wagte nicht es anzugreifen. Nach wenigen
Versuchen, in Steiermark einzudringen, um dort zu plündern, hatte er
sich entschlossen, zurückzugehen, ohne auch nur das Mindeste von seinen
großen Entwürfen in's Werk gesetzt zu haben. Woher nun diese Kraft
und Einigkeit der Deutschen? Nicht durch die Nachgiebigkeit der katho-
lischen Fürsten; die wollten wenigstens das gerichtliche Verfahren gegen die
Protestanten durchaus beibehalten wissen, mochte auch das Reich dar-
über zu Trümmern gehen. Es war vielmehr die Besonnenheit des Kai-
sers, welcher auch den Unwillen der katholischen Fürsten nicht scheute, als
die Noth de§ Augenblicks eine größere Nachgiebigkeit gegen die Prote-
stanten forderte, und es war die Vaterlandsliebe der Protestanten, die
nach Luther's ernster und begeisterter Aufforderung sich wie Ein Mann
gegen die Türken aufmachten, ohne mit berechnender Klugheit die schwie-
rige Lage des Kaisers und seines Bruders zu benutzen, um mehr als
Sicherheit, Ruhe und Frieden von ihnen zu begehren. Sie waren zu-
frieden, wenn sie geduldet wurden.
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Extrahierte Personennamen: Mohacz Soliman Johann_Zapolpa Johann Ferdinand Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Ungarn Wien Donau Deutschland