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1. Frauengestalten - S. 52

1898 - Wiesbaden : Behrend
— 52 — Die Zeit des Niedergangs und des Verfalls der Silbergewinnug brachte für Annaberg schwere Tage; Mutlosigkeit und Verzweiflung hatte sich der Bewohner bemächtigt; es war eine traurige Zeit. Da geschah es eines Tages, daß ein armes Weib mit drei hungernden Kindern an die Thür des Bergherrn Christoph Uttmann pochte. Sie war eine Fremde, kam weit daher und bat um Gottes-willen, ihuett ein Stück Brot und für kurze Zeit eine Ruhestätte zu geben. Frau Barbara empfing die Arme nach ihrer Gewohnheit mit gütigen Worten, erquickte sie mit Speise und Trank und bot ihr Unterkunft. Die fremde Frau erzählte, daß sie aus Brabant stamme; glücklich habe sie mit den Ihrigen bis vor Kurzem gelebt, bis der Herzog Alba als Statthalter nach den Niederlanden gekommen sei und in der schrecklichsten Weise gewütet habe. Entsetzlich war die Beschreibung, welche die Frau von jenem Abende machte, au dem Albas Häscher auch in ihre friedliche Hütte gedrungen, wie der Mann in vergeblicher Gegenwehr vor ihren Augen gefallen und wie man ihr das Haus über dem Kopfe angezündet habe. „Da habe ich in wenig Stunden," sagte sie, „meinen Mann, meine Habe und meine Heimat verloren und war gezwungen, auszuwandern, gleich tausend anderen Familien, die sich teils nach England, teils nach Deutschland wandten. Als sie nun weiter von ihrer Wanderung und ihrem Schicksal erzählte, griff sie, um nicht müßig zu sitzen, in die Tasche und zog ein Päckchen hervor. Es enthielt kurze, hölzerne Stäbchen, die in kleine Haken von Eisendraht ausliefen, eine Rolle Zwirn und ein auf Papier gezeichnetes Muster. Dieses Muster ward nun über den Tisch gebreitet, von der Rolle ein Faden abgelöst und um das eine Stäbchen geschlungen: die Frau klöppelte Spitzen. Barbara Uttmann erkannte die hohe Bedeutung dieser Knust, sie dankte Gott, daß er die fremde Fran geschickt, und freudestrahlend sagte sie zu dieser: „Liebes Weib, du bleibst bei uns! Ich ivill dir und deinen Kindern Freundin, Schwester, Mutter seilt! Sich, in diesem Orte herrscht Trauer. Der Hammer des Bergmanns rostet, das Vieh stirbt hin, verwüstet liegen die Felder. Mein Gemahl giebt mit vollen Händen; doch was können die Gaben des einen sein, wenn alle Not leiben? — Lehre uns das Klöppeln! Wir wollen arbeiten Tag und Nacht und mit unseren Spitzen die Kräftigsten unter uns durch das ganze Land senden und auf diese Weise wiederum Wohl-ftanb und Frenbe in unsere Häuser bringen!" Ant anberen Morgen würden auf Herrn Uttmanns Betreiben alle Leute mit ihren Kinbern, die über fünf Jahre alt waren, zusammengerufen und ihnen Barbaras Pläne mitgeteilt. Staunen und Zweifel ringsum, und auf die Brabanterin und beten Kinder blickte man mit ungläubigen Mienen. Aber unser würbiges Paar beachtete das alles

2. Frauengestalten - S. 36

1898 - Wiesbaden : Behrend
— 36 — Den Hirten sich zum Streiter nusersehen, Der stets den Hirten gnädig sich bewies, Er sprach zu mir aus dieses Baumes Zweigen: „Geh' hin! du sollst auf Erden für mich zeugen." „Ju rauhes Erz sollst du die Glieder schnüren, Mit Stahl bedecken deine zarte Brust, Nicht Mänuerliebe darf dein Herz berühren Mit sünd'gen Flammen eitler Erdenlust. Nie wird der Brautkranz deine Locken zieren, Dir blüht kein lieblich Kind an deiner Brust; Doch werde ich mit kriegerischen Ehren Vor allen Erdenfrauen dich verklären." „Denn wenn im Kampf die Mutigsten oerzagen, Wenn Frankreichs letztes Schicksal nun sich naht, Dann wirst du meine Oriflamme tragen Und, wie die rasche Schnitterin die Saat, Den stolzen Überwinder niederschlagen; Umwälzen wirst du seines Glückes Nad, Errettung bringen Frankreichs Heldensöhnen, Und Rheims befrei’n und deinen König krönen." Ein Zeichen hat der Himmel mir verheißen, Er sendet mir den Helm, er kommt von i h m. Mit Götterkraft berühret mich sein Eisen, Und mich durchflammt der Mut der Cherubim; Jn's Kriegsgewühl hineilt will es mich reißen, Es treibt mich fort mit Stnrmes Ungestüm, Den Feldrns hör' ich mächtig zu mir dringen, Das Schlachtroß steigt und die Trompeten klingen. Schiller. 9. Die deutschen Frauen im Mittelalter. Bei den Germanen hatte das weibliche Geschlecht von jeher eine größere Achtung genossen als bei den Völkern des Morgenlandes und den Griechen und Römern. Mit dem Eintritte des Christentums war aber diese Neigung des germanischen Stammes noch mehr vertieft und geklärt worden. Die Ehe, welche sonst nur ein bürgerlicher Vertrag gewesen war, erhielt jetzt eine besondere Weihe durch kirchliche Einsegnung. Die Braut wurde nicht mehr gekauft, fouderu erhielt ein Heiratsgut, und bald setzten die Väter auch ihre Töchter zu Erbinnen ein, wenn auch das Erbteil noch ein geringeres war als das der Söhne; die gleiche Teilnahme des weiblichen Geschlechts

3. Hilfsbuch für die brandenburgisch-preußische Geschichte - S. 3

1894 - Wiesbaden : Kunze
Vorgeschichte. Das Land. Die Natur hat die brandenburgischen Marken, die Wiege des preuischen Staates, nicht so schn und reich aus-gestattet wie andere Teile Deutschlands: wer sie in frheren Zeiten schelten wollte, nannte sie des h. rmischen Reiches Streu-sandbchse. Der Boden ist vorwiegend sandig und von drren Heiden und schattenarmen Kiefernwldern durchzogen. Aber die Mrker sind rhrig gewesen, haben jahrhundertelang mit dem widerspenstigen Boden gerungen und ihn zu einer migen Er-giebigkeit gentigt; sie selber wuchsen durch die Arbeit zu einem behenden und starken Volke heran, in welchem ein tchtiges Herr-schergeschlecht ein gesundes und krftiges Staatsleben entwickelte: von der Mark Brandenburg aus hat sich die Einigung Deutsch-lands vollzogen, ans dem mrkischen Sande erhebt sich die Kaiserstadt des neuen deutschen Reiches. Die Geschichte der brandenburgischen Marken fhrt uns in das Land der Slaven. Wir mssen uns mit ihnen bekannt machen, weil sie mit den Germanen jahrhundertelang schwere Kriege gefhrt haben und nachdem sie unterworfen waren, den Grundstock der germanisierten Bevlkerung des nordstlichen Deutschlands bildeten. Hier finden wir vor der Vlkerwanderung germanische Vlker-schaften, in der Tiefebene zwischen der Elbe und dem Memel die halb nomadischen, wilden und tapfern Sueveu, die wieder in viele Stmme zerfielen In der Gegend, mit welcher wir es zunchst zu thun haben, um die Havel und Spree, wohnten die S emnonen. Nach der Vlkerwanderung finden wir da die Germanen nicht mehr vor; sie sind wahrscheinlich gewaltsam verdrngt worden und zwar von den Slaven, die von nun an ihre Sitze einnahmen. Die Slaven bildeten einen mchtigen Volksstamm, der sich von der Mitte Deutschlands, von der Elbe und Saale, bis zum Ural- gebirge ausdehnte. Slaven waren die Russen, Polen, Czechen, die letzteren vertrieben in der zweiten Hlfte des fnften Jahr- l*

4. Hilfsbuch für die brandenburgisch-preußische Geschichte - S. 4

1894 - Wiesbaden : Kunze
4 Hunderts in Bhmen einwandernd die germanischen Markomannen. Nrdlich von diesen, um die Elbe, wohnten die slavischen Polaben (po-an, Labe oder Albe Elbe, also Elbbewohner) oder Wenden, wie sie von den Deutschen genannt wurden. Zwischen Havel, Spree und Oder wohnten die Wilzen, die Tapfersten des Wendenvolkes. Die Slaven gehren zum indogermanischen Sprach-stamme; sie sind daher in Sprache, Sitte und Entwicklung den Germanen verwandt. In mancher Hinsicht werden sie aber als verschieden geschildert. Die Germanen werden uns beschrieben als groe, die Slaven als untersetzte Gestalten von mittlerer Gre; die Germanen hatten helles, blondes Haar, blaue, groe Augen, die Slaven dunkles Haar und kleine, feurige Augen. Die Ger-manen liebten die Absonderung, das Leben in der freien Natur und bauten ihre Gehfte, wo ihnen ein Hain, ein Feld, eine Quelle gefiel; die Slaven liebten dagegen das Zusammenleben in Drfern oder Stdten, sie wohnten, sagt der byzantinische Geschicht-schreib er Procop, in Niedern Htten eng aneinander. Bei den Germanen hatte die Frau eine freiere und geehrtere Stellung als bei den Slaven; bei diesen war sie nur die Dienerin des Mannes und gehorchte ihm unbedingt; der Glaubensbote Bonifatius, der auf dem Boden des Klosters Fulda flavifche Bauern fand, rhmt die Treue der Frauen, die sich da mit der Leiche ihrer Männer freiwillig verbrannten. Die Slaven waren, als sie mit den Germanen zusammen-trafen, schon auf einer hhern Stufe der Kultur, sie trieben Viehzucht, Ackerbau, dem sie besonders ergeben waren, selbst Obstzucht und Gartenbau; auch die Tpfer- und Webekunst verstanden sie; sie verfertigten selbst die langen Kleider, die sie trugen. Besonders bedeutend war die Bienenzucht. Aus dem Honig bereiteten sie ein sehr beliebtes Getrnk, den Met. Im zwlften Jahrhundert hatten Bau-fnft, Malerei und Bildhauerkunst bei den slavischen Pommern einen hohen Grad von Vollkommenheit erreicht. In Herbords (12. Jahrh.) Leben des Bischofs Otto von Bamberg (11021139), der die heidnischen Pommern zum Christentum bekehrte, wird ein heidnischer Tempel zu Stettin in folgender Weise beschrieben: Er war wunderbar schmuck- und kunstreich gebaut, hatte in-

5. Hilfsbuch für die brandenburgisch-preußische Geschichte - S. 39

1894 - Wiesbaden : Kunze
39 Krieg verheert. England und Frankreich, welche einen europischen Krieg befrchteten, vermittelten 1614 den Teilungsvertrag von Xanten: Pfalzneuburg bekam Jlich und Berg, Brandenburg Kleve (Hauptstadt Kleve), Mark (Hauptstadt preu. Hamm), Ravensberg (Hauptstadt Bielefeld, Herford). Endgltig wurde die Teilung erst 1666. Vorgeschichte Preuens. Zu dieser Erwerbung kam bald noch eine grere, die des Herzogtums Preußen. Preußen, zu beiden Seiten der untern Weichsel sich ausdehnend, war ur-sprnglich von germanischen Vlkerschaften, nach der Vlker-Wanderung aber von den vorwiegend slavischen Preußen bewohnt. Die alten Preußen, die Bewohner der Bernsteinkste, waren ein lebensfrohes, starkes und tapferes Naturvolk. Sie trieben Viehzucht und mit besonderem Fleie Ackerbau; sie waren geschickt in der Linnenweberei, Tpferei und Schmiedekunst; an der Kste des Samlandes trieben sie auch lebhaften Handel, indem sie gegen ihren Bernstein und gegen Pelzwerk die Erzeugnisse fremder Lnder eintauschten. Sie hatten im elften Jahrhundert eine Kute stufe erreicht, die sich wohl mit der der Deutschen messen konnte. Gerhmt wird an ihnen die Gastfreundschaft, Treue und Dank-barkeit. Helmold (12. Jahrhundert) stellt ihnen in seiner Ge-schichte (Chronik) der Slaven ein vorteilhaftes Zeugnis aus: die Pruzen, fagt er, haben noch nicht das Licht des Glaubens erblickt. Es sind sonst Menschen, die viele natrliche Vor-zge besitzen: sie sind sehr menschenfreundlich gegen Notleidende, sie fahren denen, welche von Seerubern verfolgt werden oder sonst auf dem Meere in Gefahr sind, entgegen und helfen ihnen. Gold und Silber achten sie sehr gering. Von diesen Vlkern, fgt er hinzu, knnte man noch viel Lobenswertes sagen, wenn sie nur den Christenglauben htten". Sie waren hartnckige Heiden und hielten noch an ihrer Religion fest, als die benach-6arten Vlkerschaften lngst das Christentum angenommen hatten. Adalbert, der Bischos von Prag, der es unternahm, sie zum Christentum zu bekehren, wurde im Jahre 997 in der Nhe der Pregelmndung, als er es wagte, einen heiligen Hain zu betreten, von den erzrnten Eingebornen erschlagen. Auch sptere

6. Hilfsbuch für die brandenburgisch-preußische Geschichte - S. 64

1894 - Wiesbaden : Kunze
64 1712 im Schlosse zu Berlin geboren. Der König Friedrich I., sein Grovater, war berglcklich; zwei Prinzen waren bereits gestorben, in diesem neuen Prinzen schien ihm der Fortbestand des kniglichen Hauses und die Nachfolge gesichert. Er lie seiner Neigung entsprechend die Taufhandlung mit ungewhnlichem Ge-prange unter dem Donner der Geschtze und dem Luten aller Glocken vollziehen. Die erste Erziehung wurde der Mutter berlassen, der Sophie Dorothea, der Tochter des Kurfrsten von Hannover, der als Georg I. 1714 den englischen Thron bestieg. Ihr wurde nach der damaligen Hofsitte eine Franzsin zur Seite gegeben, Madame de Rocoule, eine alte Dame, die auch den Vater des Prinzen er-zogen hatte. Mit dem siebenten Jahre wurde dieser zwei Hof-meistern bergeben, dem General von Finkenstein und dem Obersten von Kalkstein; der eigentliche Lehrer war aber ein Franzose, Duhan de Jandun, der zur franzsischen Kolonie gehrte und den der Vater einst in den Laufgrben von Stralsund als einen tapfern Freiwilligen kennen gelernt hatte. Der Vater wollte aus seinem Sohne, seinem mutmalichen Nachfolger, genau sein Ebenbild machen; er sollte zunchst ein tchtiger Soldat werden. Es wurde ihm schon als Kind auf dem Schlosse ein kleines Zeughaus mit allen Arten von Gewehren eingerichtet. Meine Wiege, sagte er selbst, war von Waffen umgeben. Er mute frh die Kinderkleider ausziehen und den Waffenrock anlegen, auch sich dem knappen Haarschnitt, der damals bei dem preuischen Heere eingefhrt war, unterwerfen. Zu seiner Einbung wurde in seinem sechsten Lebensjahre eine kronprinzliche Kadetten-Kompagnie gegrndet. Die Hofmeister muten ihm einprgen, da nichts in der Welt einem Prinzen Ruhm und Ehre zu geben vermag als der Degen und da er vor der Welt ein verachteter Mensch sein wrde, wenn er solchen nicht gleichfalls liebte und die einzige Glorie in demselben suchte". Auf diejenigen Wissenschaften, welche er als Soldat ver-werten konnte, wurde ein besonderes Gewicht gelegt, auf die Mathematik und die Artillerie"; er wurde fast wie ein Rekrut gedrillt, mute strenge militrische bungen mitmachen, stramm exerzieren, Schildwache stehen. Zweitens sollte der Prinz ein guter

7. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 5

1874 - Mainz : Kunze
Heber geographischen Unterricht. 5 §. 7. Die Erde ist nicht bloß an sich, sondern auch als Schaubühne, der Völkerbegebenheiten betrachtenswerth. Was in der reinen Geographie zur Anschauung gebracht worden, das darf auch nicht leblos bleiben, die Jugend verlangt Staffage in die Landschaften, sie verlangt Menschen darauf handeln zu sehen. Sehr passend erinnert Vogel in seinem trefflichen Schulatlas an Her- bart's Wort, „daß die Geographie eine associirende Wissenschast sei, bei deren Unterricht man die Gelegenheit nicht versäumen dürfe, eine Verbin- duug von allerlei Kenntnissen, die sonst vereinzelt ständen, zu stiften, und daß bei Betrachtung gegenwärtiger Zustände die Frage nahe liege nach der Vergangenheit." Wenn also auf Veränderungen in der Ausdehnung der Staaten, auf Kulturepochen, auf wichtige Ereignisse und Charaktere hinge- wiesen, wenn Altgeographisches zwischen Neueres verflochten wird, so ist es pädagogisch nicht zu tadeln. Nur hat man sich dabei vor Planloser Ver- menguug zu hüten, wie sich von selbst versteht. Ein Lehrbuch darf deshalb immerhin Beschreibungen von Palästina und Alt-Hellas, von den Umgebungen des alten Roms und andern klassischen Gegenden Italiens, auch Angaben liber den Umfang des Römerreichs, über Wohuplätze und Wanderungen un- serer ältesten Vorfahren, über Karl des Großen Reich, über die noch im vorigen Jahr- hundert giltige Einteilung Deutschlands in 10 Kreise, und Aehnliches enthalten, frei- lich am gehörigen Orte und mit nöthiger Beschränkung. Oft ist sogar das Alte dem Neuen vorzuziehen; die alten Provinzialnamen Frankreichs vor der Revolution sind z. B. gewiß für die geographisch-historische Betrachtung wichtiger als die der 86 Depar- tements. §. 8. Getrennt zu behandeln, was zusammen gehört, muß man ver- meiden. Wer den einen Strich der Alpen bei Italien, den andern bei Deutschland, den dritten bei der Schweiz kennen lehrt, bringt keinen Ueber- blick des Alpengebirgs hervor; ebenso, wer die Betrachtung des Donau- lauss in die verschiedenen Kapitel von Deutschland, Ungarn und der Türkei vertheilt. Umgekehrt ist ebenso fehlerhaft, zu vereinen, was nicht zufam- men gehört, z. B. bei Aufstellung von Naturganzen, um danach die reine Geographie lehren zu wollen. Ein Gebirg, ein Stromgebiet, eine stark vor- tretende Halbinsel, ein Hochland u. s. w. sind als Ganze zu betrachten, so wie der Erdball, ein Welttheil u. s. w. Nach solchen Naturganzen läßt sich ohne Anstand abtheilen, nur nicht nach solchen, die jemand will- kürlich annimmt, ohne daß sie wirklich eine Umgrenzung zulassen. §. 9. Die Wissenschaft behandelt kein Land mit größerer Vorliebe als das andere, außer wo sie von bekannten Ländern mehr Wichtiges zu sagen weiß, als von minder bekannten. Lehrbücher für die Jugend haben indes dem Vaterlande stets den meisten Raum gewidmet, und mit

8. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 9

1874 - Mainz : Kunze
lieber geographischen Unterricht. 9 gegenüber, anzusehen, so daß sich der besondere Begriff von den einzelnen Staaten, die sich darin gestaltet haben, dem höhern allgemeineren Begriffe zeitig unterordnet. Sollte aber jemand in dem zu großen Umfange Deutschlands einen Grund sehen, weshalb erst ein besonderer Staat als das Kleinere vorausgehen müsse, so sällt dieser Grund von selbst weg, wenn man bedenkt, daß ein Gebirg oder ein Stromgebiet ja auch nur ein Theil desselben, also ein Kleineres ist, und daß keineswegs das gesammte deutsche Land gleich als ein Ganzes im Unterrichte behandelt werden kann. Im Gegentheil soll man es nur stückweis und allmählich durchwandern und sich gehörig Zeit dazu lassen, denn es gibt gar Vieles dabei zu beachten, wes- halb auch der zweite Abschnitt, das deutsche Land und seine Nach- barschaft, oder Mittel-Europa, keinen geringen Raum in unserem Lehrbuche einnimmt. §. 15. Daß man nach vorläufigem Ueberblick der Wohuplätze des deutschen Volkes, die westlich bis zu den Vogesen und der Schelde, östlich bis an den Nienem, südlich bis zum Gotthard sich erstrecken, zuerst in die Mitte führt, um auf dem Fichtel- und Erzgebirge, auf dem Böhmer- und Thüringerwalde, die nähere Bekanntschaft mit dem deutschen Boden einzu- leiten, scheint uns am zweckmäßigsten, weil dort die meisten deutschen Strom- gebiete zusammenstoßen. Bequem lassen sich dann das Weser- und das Elbgebiet sammt ihren Gebirgen, die benachbarten Küstenstriche, und der Nordosten mit Oder und Weichsel daran reihen. Mit großer Lust ergeht sich die Jugend in diesen Räumen, wenn Ge- birgs- und Flachgegenden charakterisirt, bedeutende Städte aufgesucht, denk- würdige Schlösser und Schlachtfelder nicht übergangen, Erinnerungen an Thaten und Persönlichkeiten wachgerufen werden. Und wie Vieles zur Er- reguug der Theilnahme bietet nicht die Erwähnung unserer Altvordern, deren tüchtigste Stämme, die Kimbern und Teutonen, die Katten, Cherusker, Friesen und Longobarden, die Markomannen, Hermunduren, Gothen, Bnr- guuder n. s. w. gerade dort hauseten! wie Vieles die Erinnerung an die älteste Geschichte der Sachsen, an die große Völkerwanderung, an das Ein- rücken der Slaven in die aufgegebenen Ostmarken, an die spätere Wieder- erobernng dieser Marken u. s. w.! Dem Westen und Süden Deutschlands muß erst die Beschreibung der Alpen vorhergehen, und zwar in ihrer ganzen Ausdehnung, als die Herr- lichste Gestaltung, die uns die Oberfläche des mitteleuropäischen Bodens dar- bietet. Zudem ist das Gebäude dieses mächtigen Gebirgs, das sich von der riesigen Höhe seiner Hauptzüge in mannigfachen Ketten und Gruppen bis zu den Ebenen der Nachbarländer, von der wild zerrissenen Fels- und Gletscherwelt bis zu den lachendsten Thälern abstuft, vielseitig belehrend;

9. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 14

1874 - Mainz : Kunze
14 Ueber geographischen Unterricht. Von Stellung und Gestalt des Erdballs z. B. wird man nicht reden können, ohne der älteren Ansichten darüber und deren allmählicher Läuterung zu gedenken. Und was die Abtheilung der Menschheit in Rassen, die Ver- breitung der Völker über die Erde, die Verschiedenheit ihrer Kulturzustände und die Ursachen dieser Verschiedenheiten betrifft, so ziehen wir sie nnbe- deutlich in den Bereich der Geographie, da sie offenbar in Wechselwirkung mit der klimatischen Beschaffenheit, den physischen Formen und dem Anbau der Länder stehen. Das Menschengeschlecht ähnelt den übrigen Natnror- ganismen. Wie diese nach Himmelsstrichen, nach Grund und Boden, in verschiedener Gestaltung sich zeigen, so ist auch der Mensch nicht überall der gleiche. Er erscheint Physisch und geistig ein anderer in Guinea als am Libanon, anders am Ganges als am Amur; „der hochgebirgische Schweizer, der paralische Niederländer, der oeeanische Britte, der eontinentale Stabe' der vulkanische Italiener, der archipelagische Grieche, der Beduin in der Wüste, der Nomade in den Steppen — sie sind alle eins mit ihrer Loealität und mehr oder weniger das persönlich gewordene Wesen ihres Bodens." Und wenn auch der Mensch, gemäß seinem Begriffe als zusammengefaßte Natur oder als Organismus, in welchem alle anderen Organismen gleich- sam wie iu einem Brennpunkte vereinigt zu ihrer Erfüllung kommen, und gemäß seiner Bestimmung, die Natur zu verklären und den Erdboden mit in den Prozeß seiner Entwicklung hineinzuziehen, die den nnvollkommeren vegetabilischen und animalischen Organismen gezogenen Schranken durch- bricht, terrestrische Ubiquität behauptet und den freien Geist gegen die nn- freie Natur geltend macht, demnach fähig ist, in fremden Erdgürteln sich zu akklimatisiren und die Kultur seiner Heimat zugleich mit zu verpflanzen: so ändert sich doch bald unter dem fremden Himmel seine Lebensweise, und die Kultur seiner Nachkommen wird fremde Formen und Farben annehmen. Sogar kirchliche und bürgerliche Einrichtungen vermögen kaum, den klima- tischen Einflüssen zu entgehen. Welcher geographische Lehrer wird nun seine Vorträge nicht mit Hin- Weisungen aus solche geschichtliche Erfahrungen anziehender und fruchtbringen- der machen wollen? Wer könnte den Gegensatz, worin die jetzige Verödung und Uubedeutsamkeit mancher Länder mit ihrer ehemaligen Blüte und Wich- tigkeit steht, unberührt und für die Bildung feiner Zöglinge unbenutzt laffeu? Ganz natürlich heben sich deshalb die herrlichen Bilder alter Zeit, wie unter andern die syrische Küste und das Nilland, Hellas und Italien sie darbieten, nicht bloß im geschichtlichen, sondern auch im geographischen Unterrichte hervor. Und umgekehrt werden wir, wenn die Karte vom heu- tigert aufblühenden Amerika vor uns liegt, an die Zeiten seiner Entdeckung erinnert, und uuwillkürkich zu Vergleichungeu der Gegenwart mit der Ver-

10. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 140

1874 - Mainz : Kunze
140 Mittel-Europa. merkwürdig durch große Schlachten gegen Napoleon, die erster? am 7. und 8. Februar und die letztere am 14. Juni 1807. — Königsberg in der Luftlinie 71 Mln. von Berlin, Festung und Hauptort in Altpreußeu mit 112000 E., Universität und starkem Handel zur See. Die Stadt, die in der preußisch-deutschen Geschichte eine hervor- ragende Bedeutung hat nud in deren einem Theile noch enge Gassen mit vielstöckigen Giebelhäusern an die hanseatische Zeit erinnern, liegt auf hüglichtem Boden am Pregel, der im frischen Aasf mit den Wassern der Nogat, Alt-Weichsel und Passarge sich mischend, bei Pill au, dem eigentlichen Hafen Königsbergs, in die Ostsee mündet. Im Dome liegt n. a. Kant begraben; auch eine Statue ist ihm errichtet. Die Landschaft Sam- land hat manche Haidestrecken, aber auch schöne Laubwälder z. B. bei dem reizenden Seebade Warniken. — Gnmbinnen ist Hauptort im Littaner Lande, wo das heitere Volk reich ist an Dainos (alten Liedern) und eigne Tracht und Sitten bewahrt- Dort ist auch vorzügliche Pferdezucht, besonders in dem k. Landgestüte zu Trakehueu. dem besteingerichteten von Europa. Weil sich Preußen bis zur Mündung des Riemen (oder Memel) erstreckt, so merken wir noch Folgendes, das freilich nicht znm Weichselgebiete gehört: Tilsit am Riemen mit 21,000 E. bekannt durch den Frieden, der 1807 nach der Schlacht bei Fnedland den Krieg Preußeus und Rußlands gegen Frankreich beendete. Eine Stunde unterhalb der Stadt beginnt die 4 Meilen lange Tilsiter Niederung, ein Marschland zwischen den Memelarmen Gilge und Ruß bis aus kurische Haff. Noch vor 100 Jahren war es lauter Moor oder Bruch. Ter Fleiß rüstiger Ansiedler hat im Streit mit überschwem- Menden Wassern den Sumpfschlamm iu die fettesten Wiesen und Gemüsefelder nmge- schaffen. So bezwang hier wie an vielen Orten der Mensch die Natur. Noch an mancher Stelle Deutschlands ist sowohl der Boden zu verbessern als neues Gewerbe einzuführen; es braucht nur Kopf, redlichen Willen und Fleiß. — Memel mit 22,400 E. an der Oeffnung des kurischen Haffs in die Ostsee, nördlichste Stadt Preu- ßeus, in öder Sandebene; ihr Seehandel (94 Segler und 8 Dampfer) ist im Zuueh- men begriffen. Nicht weit davon ist die Grenze des russischen Staates, der sich von Osteu her seit 140 Jahren dem baltischen Meere genähert und seine Herrschaft an der Küste ausgebreitet hat. Auch dort ist noch viel Deutsches in Sprache und Lebensart auf den Landsitzen der reichen Edelleute nud in den Städten; denn im 12. Jahrhnn- dert gründeten Bremer Kanfleute an der Mündung der Düna eine Niederlassung, woraus die Stadt Riga entstand. Bald verbreiteten deutsche Ordensritter unter den Letten, Kuren und anderen Nachbarvölkern, die großeutheils gleich den heiduischm Preußen zum littauischeu Stamm gehörten, das Christeuthum und ihre Adelsherrschaft. Der zu Marienburg wohnende Hochmeister bestellte zur Regierung der Länder einen eigenen Heermeister. Dies währte nur bis ins 16. Jahrhundert, wo die Länder, noch ehe das Landvolk gäuzlich nmgedeutscht war. nnter die Herrschaft des Polenkönigs kamen. Ein Theil ward nochmals von den Schweden in Besitz genommen; alles aber gerieth zuletzt in die Hände der erobernden Russen.
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