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21. Blankenhagen.
Blankenhagen ist eine sehr große Bauerschaft. Sie liegt nordwestlich,
nördlich und nordöstlich von Gütersloh. In? Süden grenzt sie an Nord-
Horn, Gütersloh und Pavenstädt. Nach Blankenhagen können wir drei
Straßen und einen Gemeindeweg gehen. Welche sind es? Unser Weg
führt die Brockhäger Straße entlang, über den Hos des Meiers Naßfeld,
an der Blankenhagener Schule vorbei zur Gastwirtschaft und Kleinbahn-
Haltestelle „Zur Tanne". Bon hier aus verfolgen wir die Straße weiter,
erreichen Gut Langert und die Lutter und gehen bis zur Grenze des
Kreises Wiedenbrück. Zurückkehrend biegen wir vor Gut Langert in den
nach Osten führenden Landweg ein. Durch Kiefernwaldungen führt uus
der Weg bis in die Nähe von Hornberg. Hier erreichen wir den in süd-
licher Richtung führenden Landweg, der bei Bäcker Teckentrup anf
die Brockhäger Straße mündet. Der Weg ist. 1 Stunde 40 Miuuten
lang.
Auf der Brockhäger Straße stehen in der Nähe des Seminars die
Häuser noch nah beieinander. Es sind meist kleinere massive Häuser aus
roten Backsteinen. Die Straße senkt sich ganz allmählich nach Nordwesten,
auf l Kilometer ungefähr 1 Meter. Wohin fließt deshalb das Wasser? Zu
unsrer Rechten ist ein tiefer Graben. In ihm sammelt sich das Regen =
Wasser von den umliegenden Äckern und Wegen. Schutzsteiue begleiten
den Graben. Hier finden wir die Gütersloher Weberei. Was wird dort
gewebt? Dann kommen wir an der Strothmannschen Molkerei vorbei.
Je weiter wir gehen, desto weniger Häuser stehen an der Straße. Hinter
Teckentrup erblicken wir nur uoch einzelne. Jetzt sind wir schon in
Blankenhagen. Links und rechts von der Straße liegen Ackerfelder, dann
Wiesen.
An dem Eichen- und Buchenwald des Meiers Raßfeld zu unsrer
Linken vorbei führt der Privatweg auf deu Meierhos. Es ist ein stattlicher
Hof mit großem Wohnhause, mehreren Scheunen und einem schönen
„Spieker" (Speicher). Das Meierhaus ist neuer als das des Meiers zu
Nordhorn Es besteht aus einem Langhause und einem Querhause. Das
Langhaus ist das alte Haus. Es beherbergt das Vieh. Das Querhaus ist
erst später vor das alte Haus gebaut. Durch eine Tür ist es mit dem alten
Teile verbunden. In ihm wohnt der Meier mit seiner Familie. So lebt
er zwar auch mit seinem Vieh unter einem Dache, doch sind die Wohn-
räume durch eiue Querwand von dem Viehhause getrennt. Viele neue
Bauernhäuser werden heutzutage so gebaut. Reinlichkeit und Gesund-
heitsrücksichten sprechen dafür.
Hinter dem Hofe fließt der Schlangenbach in südwestlicher Richtung
durch den kleinen Laubwald. Er hat seinen Namen von den vielen
schlangenähnlichen Windungen, die er macht. Wie schon früher bei der
Dalke, erkennen wir hier wieder, daß die reichere Bewässerung des an-
liegenden Landes trotz des sandigen Bodens der ganzen Gegend das
Wachstum der Laubbäume ermöglicht. Wir versolgen mit unsern Augen
den Lauf des Wassers, schaueu auch nach der Seite, von der der Bach
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unterbrochen. Es sind die hohen Eichen, die die Bauernhöfe umgeben.
Ganz im Westen und Südwesten begrenzen dunkle Wälder unfern Blick.
Wir kommen auf den Pavenstädter Weg und verfolgen ihn. Einige kleine
Häuser stehen anfangs an den Seiten; dann haben wir wieder links und
rechts das freie Feld. Da kommen wir an die andre Pavenstädter Schule.
Vor dem Schulhaus ist ein schöner Blumengarten, an der Westseite der
Spielplatz der Schüler, Tannen begrenzen ihn nach der Straße zu. Von
hier schauen wir rückwärts. Da liegt im Osten Gütersloh mit seinen
Türmen, Schornsteinen und Häusern lang hingestreckt am Gesichtskreise.
Je weiter wir wandern, desto näher kommen wir den Wäldern.
Bald treten sie nah an den Weg heran. Es sind Kiefernwälder. Der
Boden ist hier manchmal hügelig. An den Wegen finden wir auch einige
Laubbäume an den Gräben. Wir kommen an mehreren großen Bauern-
höfeu vorbei. Alle sind von Eichenkämpen umgeben. Hier und
da erblicken wir Ziehbrunnen. In der Nähe des Bauernhauses
liegen mehrere kleinere Häuser. In ihnen wohnen die Kötter
oder Heuerlinge. Diese Häuser nennt man Kotten. Der Kötter wohnt
bei dem Bauern zur Miete. Er Hilst dem Bauern bei der Ernte, und der
Bauer pflügt dem Kötter, wenn er es nicht selbst kann, das Land um.
Zur Linken haben wir jetzt den Kiefernwald. Der Boden ist dicht
mit Nadeln bedeckt. An einigen Stellen erblicken wir den gelben Sand.
Heidekraut und Beerensträucher stehen auf den freien Stellen. Nach
Norden hin erstreckt sich ein weites Feld. Der Wald ist hier ausgerodet
und in fruchtbares Kornland verwandelt. Bor uns liegt der Meierhof,
der der ganzen Gegend den Namen gegeben hat, es ist der Hos des Meiers
Pavenstädt. Bei ihm ändert sich das Bild. Nach Süden, Westen und Norden
breiten sich weite, saftige Wiesen aus, von klaren Bächen durchzogen. Wir
erreichen zuerst die Dalle. Sie ist breiter und wasserreicher als in Güters-
Abb. 25. Ein Ziehbrunnen.
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Wo Ackerbau getrieben wird.
Wie der Landmann neue Felder anlegt.
Die Bäume und Pflanzen in der Gemeinde Gütersloh.
32. Gesellschaftskunde.
Die Siedelungsweise.
Bei unsrer Vaterstadt unterscheiden wir den Jnnenbezirk und den
Außenbezirk. Der Jnnenbezirk umfaßt die eigentliche Stadt Gütersloh,
während zum Außenbezirk die umliegenden früheren Bauerschaften zählen,
die seit 1910 zur Stadt Gütersloh gehören. Gütersloh-Stadt und Güters-
loh-Land sind in ihrer Bauart wesentlich verschieden. Aber auch bei der
Stadt müssen wir unterscheiden zwischen den ältesten Stadtteilen, dem
Stadtinnern und den neueren Stadtteilen, die mehr an der Außenseite der
Stadt liegen.
Im Innern der Stadt finden wir enge und krumme Straßen, Gassen
und Gäßchen mit eng aneinander gebauten Häusern, in den neueren Stadt-
teilen sind die Straßen breiter und gerade, die Gäßchen verschwunden und
die Häuser mit Gärten umgeben. Im Außenbezirk haben wir nur wenige
Straßen, die von Gütersloh aus nach allen Richtungen in die Ferne
führen. Welche sind es? Wohin führen sie?
Außer diesen Landstraßen oder Chausseen gibt es uoch einige harte
Gemeindewege und viele mannigfach gewundene Feldwege. Die Häuser
liegen zerstreut und sind von Feld, Wiese und Wald umgeben. Ju der
Stadt haben sich die Leute also anders angebaut oder angesiedelt als auf
dem Lande. Wir unterscheiden darum eiue städtische und eine ländliche
Siedeluugsweise. Die Stadthäuser unterscheiden sich auch in ihrer Bau-
art und Einrichtung wesentlich vou den Bauernhäusern. Die Bauart der
Häuser ist abhängig von der Beschäftigung ihrer Bewohner. So ist das
sächsische oder westfälische Bauernhaus das zweckmäßigste Haus sür deu
Landmann. Weise das nach!
Während die Häuser iu der Stadt meist mehrere Stockwerke hoch
sind, ist das Bauernhaus eiu-, höchstens zweistöckig. Hiermit hängt auch
die Zahl der Bewohner zusammen. In den hohen Häusern der Stadt
wohnen 4 bis 8 Familien, 20 bis 50 Menschen, in den Bauernhäusern
wohnt nur eiue Familie, meist nur 6 bis 10 Menschen. Darum wohnen in
einer Straße der Stadt, z. B. in der Berliner Straße, mehr Menschen als
in einer ganzen Bauerschaft. In den großen Fabriken arbeiten hundert
und mehr Arbeiter. Wieviel Leute in der Stadt wohnen, sieht man an
den Sonntagen vor Weihnachten, am Sedantage und bei großen Festen.
Die Landlente, die den Acker bebauen, können nicht so dicht zusammen
wohnen wie die Leute der Stadt, die eine ganz andre Beschäftigung haben.
Die Einwohnerzahl.
Nach der letzten Volkszählung am 1. Dezember 1910 hatte Gütersloh
18 336 Einwohner. Fünf Jahre vorher zählte es nur 8000 Einwohner.
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— 93 —
Pon den Bewohnern der Stadt Gütersloh.
Die Leute, die in der Stadt Gütersloh wohnen, werden von Fremden
„Gütersloher" genannt. Die Gütersloher sind die Bewohner oder Ein-
wohner der Stadt Gütersloh. Am 1. Dezember 1910 hatte Gütersloh 18336
Einwohner. Die Leute, die in der Stadt wohnen, nennt man auch Stadt-
bewohner oder Städter. Viele Städte siud in früheren Zeiten aus Burgen,
die mit schützenden Mauern umgeben waren, entstanden. Die Leute, die
sich hinter den Mauern an den festen Plätzen angesiedelt hatten, nannte
man Bürger. Darum nennt man auch heute noch die Stadtbewohner
Bürger. Der erste Beamte der Stadt heißt Bürgermeister, und die Schulen
in der Stadt pflegt man Bürgerschulen zu nennen.
Die Meuschen, die im Außenbezirk der Stadt Gütersloh wohnen, leben
ans dem Lande. Man nennt sie Landbewohner oder Landleute. Den
einzelnen Mann nennt man Landmann. Weil die Landleute den Acker
bebauen, heißen sie auch Bauern. Die gesamten Leute in der Stadt bilden
ein Volk. Man nennt sie darum Stadtvolk oder Stadtbevölkerung, die
Bewohner des Landes heißen Landvolk oder Landbevölkerung. Die Stadt
Gütersloh hat eine städtische und eine ländliche oder bäuerliche Be-
völkerung.
Die Städter und die Bauern unterscheiden sich nicht nur in ihrer
Siedeluugsweise und Beschäftigung, sondern auch in ihrer Lebensweise,
ihrer Kleidung, ihren Sitten und Gebräuchen. Inwiefern in ihrer Siede-
lungsweife? ihrer Beschäftigung? In ihrer Lebensweise und Kleidung, in
ihren Sitten und Gebräuchen hängen die Landleute viel mehr als der Städter
mit der Natur und der Vergangenheit zusammen. Mit dem Aufgang und
Untergang der Sonne beginnt und endet das Tagewerk des Bauern. Früh
mit dem ersten Hahnenschrei erhebt der Landmann sich von seinem Lager
und geht an seine Arbeit auf dem Felde, in der Wiese oder im Walde;
wenn die Sonne zur Ruhe gegangen ist, dann breiten sich die Schatten der
Nacht über seine Arbeitsstätten, und er geht mit den Hühnern zu Bett.
Wie anders der Städter. Er erhebt sich erst zur neuen Tagesarbeit, wenn
der Landmann schon stundenlang geschafft hat und arbeitet abends noch
bei Lampenlicht, wenn der Bauer schon neue Kraft zur Arbeit im Schlaf
sucht. So ist der Landmann ein Frühaussteher und Tagesarbeiter, der
Städter meist ein Spätaufsteher und Jn-die-Nacht-Arbeiter. Die Arbeits-
und Ruheeiuteiluug des Bauern ist gesunder und billiger als die des
Städters. Würde der Städter im Sommer einige Stunden früher an die
Arbeit gehen, so würde er viel Geld für Beleuchtung sparen können und
frischer und gestärkter am Morgen des neuen Tages erwachen, wenn er,
statt mitten in der Nacht, schon gegen 9 bis 10 Uhr zu Bett ginge.
Bei seiner schweren und oft fchmutzigeu Arbeit kann der Landmann
nicht seine und dünne Kleidungsstofse und Lackschuhe wie der Städter
tragen, sondern er muß derbes und undurchlässiges Zeug und festes Schuh-
zeug haben. Für ihn passen nicht Flitter und Putz, sondern Lodenstoff,
Wasserstiefel und Holzschuhe. Ein rechter Bauer wird keine städtische Mode-
kleidung tragen; er ist stolz aus sein schlichtes Bauerngewand, und der
Städter soll nicht hochmütig darüber lächeln. Zäh hält der Landmann
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fest au den Sitten und Gebräuchen, die er von seinen Vorsahren ererbt
hat, die schon seit Jahrhunderten auf den von Eichen umrauschten Höfen
wohnten. Während so der Bauer mit seiner Schotte verwachsen ist, kennt
der Städter oft nicht die Stätte seiner Gebnrt. Ihm fehlt das innige
Heimatgefühl und die Wertschätzung des eigenen Bodens. Der Bauern-
stand ist der älteste Stand, der kernigste und widerstandsfähigste Bestandteil
des Volkes. Der deutsche Bauer ist das Mark des deutschen Volkes; so
lange er stark, kräftig und wohlhabend bleibt, ist die Zukunft uusres Volkes
gesichert.
Die Beschäftigung der Bewohner Güterslohs.
Hier unterscheiden wir wiederum zwischen den Bewohnern der Stadt
und des Landes. Die Landbevölkerung der Stadt Gütersloh arbeitet in
Feld, Wiese und Wald. Düngen, Pflügen, Säen, Eggen, Pflanzen und
Ernten umschreibt einen großen Kreis ihrer Arbeit. Ans den Feldern zieht
der Landmann Roggen, Hafer, Kartoffeln, Rüben, Wurzeln, Klee, Kohl
und Runkeln. Roggen und Hafer sind Halmfrüchte oder Getreide,
Kartoffeln, Rüben und Wurzeln nennt man auch Wurzelfrüchte. Während
Getreide, Wurzelfrüchte und Kohl Menschen und Vieh zur Nahrung dienen,
pflanzt der Landmann Runkeln, weiße Rüben, Klee und Spergel für das
Vieh zum Füttern. Es sind Futtergewächse. Weil der Landmann das
Feld oder den Acker bebaut, sagt man, er treibt Ackerbau.
In den Ställen des Landmanns sind Pferde, Kühe, Schweine, Gänse,
Hühner und Tauben. Pferde und Kühe helfen ihm bei der Arbeit. Die
Kühe und die andern Tiere zieht der Landmann wegen' ihres großen
Nutzens. Was geben sie ihm? Damit der Bauer möglichst viel Ein-
nähme aus seinem Vieh bekommt, pflegt er es gut und zieht juuge Pferde,
Kühe, Schweine und Hühner auf. Wir sageu, er treibt Viehzucht.
Im Gemüsegarten neben dem Hause zieht der Landmann Salat,
Erbsen, Bohnen, Gurkeu, Kohlrabi, Spinat; im Obstgarten stehen Apfel-
bäume, Birnbäume, Pflaumenbäume und Kirschbäume. Der Landmann
benutzt den Garten zur Gemüsezucht und Obstzucht. Wir können dafür
auch Gartenbau sagen. Der Landmann treibt Ackerbau, Gartenbau und
Viehzucht. Man sagt dafür auch Landwirtschaft. Die Arten der Be-
schästignng sind abhängig von der Lage, der Bodenbeschassenheit, der Be-
Wässerung und den Witterungsverhältnissen. Während der Bauer au
nnsern Bächen Enten- und Gänsezucht treibt, auf den saftigen Wiesen viel
Heu gewinnt, darum viel Vieh halten kann und eine bedeutende Milch-
Wirtschaft hat, züchtet der Heidebauer mehr Schweine und Geflügel und
pflegt die Bienen. In unserm Stadtbezirk gibt es viele Leute, die sich mit
Landwirtschaft beschäftigen. Bei der letzten Berufs- und Betriebszählung
am 1. Dezember 1997 gab es 681 landwirtschaftliche Betriebe. Nach der
Viehzählung vom 1. Dezember 1911 gab es in Gütersloh: 669 Pferde,
2395 Rinder, 7313 Schweine, 43 Schafe.
Andre Leute, wie die Holz- oder Waldarbeiter, beschäftigen sich im
Walde. Die Holzfäller schlagen die Stämme nieder, die Holzschäler schälen
die Rinde ab, die Fuhrleute sahreu die Stämme zur Sägemühle,
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keine Vertretung im Landtage gehabt. Sie mußte monatlich 24 Taler
Staatssteuer aufbringen, dazu das Dienstgeld, den Weinkauf und die Ab-
gäbe bei Sterbefällen entrichten. Der Stellvertreter der Regierung war der
rhedische Amtsvogt; ihm standen zwei Untervögte zur Seite. In der
Franzosenzeit war Lehmann in Gütersloh französischer Maire. Nach seiner
Vertreibung wurde der Kaufmann Tegeler Bürgermeister. Am 8. Dezem-
der 1825 wurde das Dorf Gütersloh zur Stadt erhoben. Das Wappen
der Stadt ist ein rotes Rad auf silbernem und grünem Felde.
Bis 1842 gehörten Stadt und Land Gütersloh zusammen. Durch
die Teilung erhielt die Stadt Gütersloh nur 174 Hektar. In den sechziger
Jahren wurde ein Teil von Sundern von der Stadt erworben, und am
1. April 1910 fand die Wiedervereinigung von Stadt und Land durch die
Eingemeindung der Bauerschaften und Aufhebung des Amtes Gütersloh
statt. Im Oktober 1842 fanden die ersten Stadtverordnetenwahlen in
Gütersloh statt, und im Februar 1843 wurden die Vertreter des Amtes
Gütersloh gewählt. Der erste Amtmann hieß Häge. Vom Jahre 1873
bis 1908 verwaltete der Bürgermeister Mangelsdors die Stadt. Der jetzige
Bürgermeister trat sein Amt 1908 an. Als Rathaus diente in den ersten
Jahrzehnten das Amtsvogthaus. 1848 wurde es verkaust, und das Rat-
haus war 16 Jahre in einem Hause, das an der Stelle der heutigen Reichs-
Post stand. 1863/64 wurde das neue Rathaus erbaut. Es ist eine
Stiftung des Kaufmanns Heinrich Barth. Er hat auch das evangelische
Krankenhaus gestiftet. 1910 wurde das Rathaus erweitert und erneuert.
Sehr viel taten die Gütersloher, um die Bahn zu erhalten. Ob-
gleich dem einträglichen Fuhrgewerbe ein bedeutender Schaden entstand,
opferte Gütersloh doch 7500 Taler für den Bahnanschluß.
Die Apostelkirche war schon lange Zeit für die stetig wachsende Ge-
meinde zu klein, dazu mußte sie in dem noch uugelüsteten Raum ihren
Gottesdienst feiern, wenn eben die Katholiken ihre Feier beendet hatten.
Darum baute man 1859 bis 1861 die Auferstehungskirche. Weil der alte
Kirchhof nicht mehr ausreichte, legte die Gemeinde 1831 den Friedhof an der
Wiedenbrücker Straße an. Auch er ist schon zu klein geworden, und darum
sind zwei neue Friedhöfe, einer für die Evangelischen, der andre für die
Katholiken, hinter dem alten Friedhof errächtet worden.
Im Jahre 1851 wurde das evangelische Gymnasium au der Feldstraße
gegründet. Jahre hindurch hat an ihm als Religionslehrer und Anstalts-
geistlicher der spätere Generalsuperintendent D. Braun gewirkt, der auch
hier in Gütersloh seine letzte Ruhestätte fand, 1910.)
Bor hundert Jahren hatte Gütersloh nur zwei Lehrer. Das Schul-
haus war früher in der Angenetefchen Mehlhandlung in der Kökerstraße.
1873 wurde die heutige Schule errichtet; im Jahre 1902 wurde sie erweitert
und auch die höhere Töchterschule erbaut. Außerdem wurden die Fort-
bildungsschule und die Kochschule gebaut. Heute unterrichten an der
Stadtschule 16 Lehrer und 2 Lehrerinnen. In der Landgemeinde Güters-
loh gab es vor hundert Jahren noch keine einzige Schule. Im Gegensatz
zu den altpreußischen Gebieten wußte man auch nichts von einem Schul-
zwang. Wer Unterricht empfangen wollte, der mußte nach dem Dorfe
Verleger, Praxis des heimatkundlichen Unterrichts. in
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Extrahierte Personennamen: Lehmann Heinrich_Barth Heinrich Gütersloh
37. Zeugen alter Tage.
Auf unfern Spaziergängen durch die Vaterstadt haben wir uns mit
offenen Augen umgesehen. Manches fanden wir, an dem wir bisher
achtlos vorüber gegangen waren. Besonders in den krummen und engen
Straßen und Gassen Alt-Güterslohs trat uus mancher Zeuge längst ver-
gangener Tage entgegen, der unbeachtet und vergessen sich aus der Urväter
Zeit erhalten hat. Verwundert haben wir die alten Dinge angeschaut,
die uns Kunde gaben von dem Leben und Treiben unsrer Vorfahren. Wie
lanschten wir, wenn sie uns von den Tagen erzählten, in denen sie noch
in Gebrauch waren und in Ehren standen. Da war zuerst
Auf dem alteu Kirchhof war es, wo wir ihn zuerst kennen lernten..
Traurig hing er aus seinem alten Platze; denn man hatte ihn schon vor
langer Zeit seines Amtes enthoben und nur noch sitzen lassen. An der
Seite der Tür aber gläuzteu drei weiße Porzellanknöpfe und sahen stolz auf
den verabschiedeten Türklopfer herab. Eben schritt ein juuges Mädchen
der Türklopser.
Abb. 45.
Türklopfer am alten Kirchhof Nr. 15.
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Herbst- und Winterabenden saß die ganze Familie im trauten Kreise um
den großen Eichentisch. Draußen heulte der Wind, und der Regen klatschte
an die grüuen Fensterläden. Im warmen Zimmer aber war es so wohlig.
Karo, der treue Wächter, lag am Osen und schlief. Im Dämmerlicht des
Sllämpcheus spann die Mutter emsig ihren Flachs. Zu den Füßen der
Großmutter im Lehnstuhl saßen die Jüngsten. Sie erzählte ihnen, wie die
Franzosen im Dorf gehaust, als sie noch ein kleines Mädchen war. Da
schlug der Klopfer an. Zwei-, dreimal hallte es durch das Haus. Karo
sprang bellend auf, und der Vater ging und sah, wer noch zu so später
Stunde Einlaß forderte.
Einen andern Türklopfer fanden wir in der Kirchstraße. Er ist ein-
sacher als der am Kirchplatz. Der schönste Klopfer sitzt an der schönen Tür
des Herrn Stahl am Domhof. Wie kunstvoll und zweckmäßig ist er ge-
macht. Wie paßt sich der Delphinleib so ganz der Form des Griffes an!
Sieh dir nur einmal genau Schild, Griff und Spirale an! Wie hübsch
hat der alte Meister das geschaffen! Versuche einmal, es nachzuzeichnen,
dann wirst du bald erkennen, welch ein geschickter Mann er war.
Die Hausmarlen.
Wie heutzutage die Baumstämme auf den Holzplätzen oder die Säcke
in den Großhandlungen oft noch eigentümliche Zeichen tragen, die von
den früheren Besitzern als Erkennungsmerkmale angebracht waren, so
Abb. 48. Hausmarken am allen Kirchhof Nr. T.
finden wir ähnliche Zeichen auch an Häusern, auf Wetterfahnen, Knoten-
stöcken, Ringen und andern Gegenständen. Sie bestehen meist aus
mehreren geraden Strichen, die aneinander gesetzt in verschiedenen
Richtungen verlaufen und oft mit Buchstaben vereinigt sind. Hausmarken
Pflegt man solche Zeichen zu nennen. Unsre Altvorderen hatten meist je
eine besondere Hausmarke, die sie als Unterschrift, Siegel und Wappen
Verleger. Praxis des heimatkundlichen Unterrichts.
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führten. Manche Hausmarken erinnern an die Runen, die geheimnisvollen
Schriftzeichen der alten Germanen. Sie vererbten sich iu deu Familien
von Kind zu Kind und waren oft jahrhundertelang schon im Gebrauch.
So verwuchsen die Hausmarken mit ihren Besitzern und wurden wie die
Eigennamen gleichsam zu einem wesentlichen Teil der Person. Wie ein
altehrwürdiges Heiligtum vererbte sich iu der Familie der runengeschmückte
Knotenstock, den der Ahn vor mehreren hundert Jahren geschnitten hatte,
von einem Besitzer auf den andern. Die Hausmarken wurden allmählich
zum Familienwappen. Sie schmückten die Häuser und wurden auf die
Grabsteine eingemeißelt. Dort finden wir sie noch heute. Manchmal siud
zwei verschiedene Marken beisammen. So sehen wir aus dem alteu Kirch-
Hof an dem Haufe, das Hennerich Mier im Jahre 1609 hat bauen lassen,
zu beiden Seiten der Haustür zwei verschiedene Hausmarken. Sie sind
wahrscheinlich das Zeichen des Mannes und der Frau. Zwei andre Haus-
marken, unter einer siebenzackigen Krone vereint, fanden wir auf dem
Balken über der schönen Tür am Domhof 4. Die Hausmarken in den
Schildern am Kirchplatz sind gewiß schon dreihundert Jahre alt. Seht sie
euch nur einmal genau an, dann erkennt ihr, wie schön der schlichte Holz-
schnitzer sie gemacht hat. Schon lange ist er zu Staub und Asche geworden,
aber sein Werk zeugt noch durch die Jahrhunderte hindurch vou seiner
Geschicklichkeit.
Die Rokokotür am Domhof.
Manche schöne Tür und Verzierung aus der alteu Zeit sahen wir
auf den Spaziergängen. Wer sie gemacht und erdacht, das ist fast immer
vergessen. Einfache, schlichte Handwerker waren die Schöpfer. Zeichen-
schulen und Künstlerwerkstätten haben sie nicht besucht; deuu sie waren
nicht vorhanden. In der Werkstatt eines Meisters lernten sie ihr Hand-
werk, und draußen in der weiten Welt standen sie in den Wanderjahren
noch in manches Meisters Arbeit. Da sahen sie viel Schönes und Herr-
liches. Was sie geseheu, das suchten sie später daheim in eigener Werk-
stnbe nachzufchaffen. So finden wir noch heute oft im weltverlassenen
Städtchen Werke ans der Hand einfacher Handwerker, deren Schönheit man
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Zur Linken mahnen uns die weißen Grabkreuze auf dem Friedhofe an
die Vergänglichkeit alles Irdischen. Tiefer Friede herrscht auf dem
Gottesacker, nur kleine Vöglein fingen im Rofengestränch. Von rechts
mündet wieder eine Straße auf unfern Weg. Aus dem Dreiecksplatz er-
hebt sich das Kriegerdenkmal, das die Gemeinde den gefallenen Söhnen
errichtet hat. Noch einige Schritte, und wir sind mitten im Dorfe. Die
Hauptstraße, die Brockhäger Straße, führt von Süden nach Nordwesten
hindurch. An der linken Seite liegen die Gebäude der Branntwein-
brennerei vou Elmendorf. Rechts geht ein Weg zur Kirche. Sie liegt
mitten im Dorfe. Der Kirchplatz ist mit schönen Bäumen geschmückt. In
der Nähe liegen das Pfarrhaus und die Schule. An vielfach gewundenen
Straßen liegen zerstreut die Häuser. Mitten im Dorfe finden wir Bauern-
Häuser vou Gürten umgeben. Auf dem Hofe tummeln sich Schweine und
Hühner, im Stalle brüllt die Kuh, und am nahen Bach schnattern Enten
und Gänse. Neben den Bauernhäusern liegen auch neuere, städtisch ge-
baute Häuser. Knusleute und Wirte wohnen darin. An der Brockhnger
Straße steht das Postgebände. Am Bach klappert die Mühle, und nicht
weit davon ist Mumperows Lederfabrik. An ihr vorbei führt der Weg
zum Bahnhof. Auf dem Wegweiser lesen wir, daß er 1,9 km entfernt
ist. Wie lange Zeit muß man gehen? Viele Leute gehen in die Fabriken.
Männer und Mädchen arbeiten in der Weberei und verfertigen feines
Damastgewebe. Die Brenner bereiten in der Brennerei den Kornbrannt-
wein. Viele von ihnen wohnen in Elmendorfs Arbeiterhäusern. Die
Bauersleute beackern das Feld und treiben Viehzucht. In der Dorfwirt-
schaft herrscht reges Leben.
Über die Bielefelder Landstraße wandern wir nach Hanse zurück.
Lied: Wem Gott will rechte Gunst erweisen. S. 161.
Naturkundliche Anschlnßstosse: Pilz, Die Henne mit ihren Küchlein.
S. 212. Wagner, Der Specht. S. 252. Wagner, Die Gans. S. 246.
Zeichnen: Skizze des Ausflugs. Die Dorfkirche.
Niederschriften: Der Ausflug nach Jffelhorst. Wie es im Dorfe
aussieht.
39. Die Stadt und das Dorf. (Vergleichung.)
Das Dorf ist klein; es hat wenig Häuser. Sie sind von Gärten,
Wiese, Wald und Feld umgeben und liegen zerstreut umher. Die Häuser
siud meist Fachwerkbauten, niedrig gebaut und einfach. Vielfach wohnen
Menschen und Vieh unter einem Dache. Ställe und Scheunen umgeben oft
das Wohnhaus. Die Hanstiere tummeln sich auf dem Hose umher. Gas-
licht und Wasserleitung sind nicht vorhanden. Das Wasser wird aus dem
Brunnen geholt. In den neuen Häusern ist eine Pumpe. Die Straßen sind
meist kurz und krumm. Hunde bellen, Hähne krähen, Enten schnattern.
Fuhrleute knallen vor dem Wirtshause.
^ Die Stadt ist groß; sie hat viele Häuser. Sie liegen in langen
Straßen eng aneinander. Nur wenig Gärten sind vorhanden. Die
meisten Häuser sind hoch, von vielen Leuten bewohnt. Wasserleitung, Gas
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