$. 38. Der athenaische Bund und Athens Glanz. 95
Jndeß C i m o n durch verschiedene Eroberungen und Siege
(besonders 469 durch den Doppelsieg am E u r y m 8 d o n,
einem Flusse in Pamphylien) gegen die Perser fortfuhr, den
Ruhm und Reichthum seiner Vaterstadt zu vermehren, trat
in Athen
430 Perikles an die Spitze der Verwaltung und durch
ihn Athen auf die höchste Stufe seines Glanzes,
indem er allmählig alle Macht in seinen Händen vereinigte,
zumal nachdem es ihm gelungen war, Cimon's Verbannung
zu bewirken.
Die schon durch Aristides erweiterte demokratische
Verfassung hatte alle einzelnen Kräfte in die rührigste
Bewegung gesetzt; die B e u t e aus den Eroberungen und
der ausgebreitete Handelsverkehr hatte viel Reich-
t h u m in Athen angesammelt, und dieser die Mittel gegeben,
die Bestrebungen Aller nach sinnliche m und geistigem
Genüsse in jeder Richtung zu befriedigen.
P e r i k l e s verschaffte vollends den niedern Ständen
durch außerordentliche Begünstigungen und Bevortheilungen
immer größer» Antheil an den öffentlichen Angelegenheiten
und dadurch größere Bedeutung im Staate, weil er nur
durch ihre Unterstützung sich gegen seine vielen Gegner in
den höher» Ständen bei seiner Macht erhalten konnte.
Um jene Regsamkeit in Gewerbe, Kunst und
Wissenschaft aufs Höchste zu steigern und Athen zum
Mittelpunkt der geistigen Bildung Griechenlands
zu machen, verwendete Perikles einen Theil der Bundes-
gelder auf die Verschönerung Athens durch Prachtwerke
der Baukunst und Bildnerei, so wie auf prächtige
Feste und Spiele. Um Perikles sammelten sich die größten
Künstler und Gelehrten. Sein Zeitalter ist unter den soge-
nannten goldenen das vornehmste: am Anfänge desselben
die Dichter Pindsrus und Äschylus, in der Mitte
Phidias, der Bildhauer, Polygnötus, der Maler,
Ictinus, der Baumeister, Herodotus, der Vater der
Geschichte, und die Dichter Sophokles, Aristophlnes,
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84 §. 34. Athen.
demokratisch wurde, hatte die oberste Aufsicht über den Staat
und die Sitten.
Nachdem sich S o l o n von dein Volke das Versprechen
hatte geben lassen, binnen zehn Jahren nichts an dieser Ver-
fassung zu ändern, bereis'te er zuerst Ägypten, dann Klein-
ast'en, das damals von dem lydischen Könige Krösus
beherrscht wurde. Als dieser, der sich durch seinen Reichthum
für den Glücklichsten auf Erden hielt, ihn fragte: wen er für
den Glücklichsten halte? gab Solon zur Antwort: daß Nie-
mand vor seinem Tode glücklich zu preisen sey. Die Erinne-
rung an diese Antwort rettete nachher den Krösus, als er von
Cyrus (s. §. 27 a. E.) besiegt und gefangen worden war,
vom Feuertode.
In Solon's Abwesenheit aber gerieth die Volkspartei mit
der Adelspartei wieder in Streit, und einem von der Volks-
partei, dem Pisiftratus, einem Verwandten Solon's, ge-
lang es, durch List sich zum A l l e i n h e r r n aufzuwerfen.
Trotz dem, daß er unumschränkt herrschte, blieb die solonische
Verfassung wenigstens im Wesentlichen aufrecht.
Zwar wurde er von seinen Gegnern zweimal aus Athen
vertrieben, erlangte aber zum drittenmal (540 v. Ehr.) die
Alleinherrschaft, und behielt ste zur Zufriedenheit des Volks
ruhig bis an seinen Tod, indem er sie mit Mäßigung und
Milde ausübte, und durch Begüustigung des Handels, der
Gewerbe und Künste viel Wohlstand und Bildung verbreitete.
Von seinen beiden Söhnen folgte ihm vornehmlich H i p-
p i a s in der obersten Gewalt, und er, wie sein Bruder
Hipparchus, suchten Anfangs im Geiste der Mäßigung zu
herrschen, und insbesondere durch Herbeiziehung bedeutender
Dichter den Ruhm Athens zu erhöhen; wie denn überhaupt
in diesem Zeitalter (zwischen 600 und 500 v. Ehr.) die
g i e ch i sch e Bildung schon hoch stand, und durch Dichter-
namen , wie Alcäus, Sappho, Anakreon, Äsop,
Simonides u. a., so wie durch die Namen der sieben
Weisen Griechenlands (unter denen T h a l e s und Solon
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186
§. 69. Die Macht der Chalifen.
den griechischen Kaisern ganz Syrien und Ägypten, stürzte
das persische Reich der Sassaniden, eroberte fast ganz Nord-
afrika, und zerstörte (als ein Werkzeug des göttlichen
Strafgerichts über die entartete Christenheit jener Länder) in
wilder Glaubenswuth viele tausend christliche Kirchen;
wie er denn auch als Feind aller Bildung die große Bi-
bliothek zu Alerandria verbrennen ließ.
Die folgenden Chalifen, die übrigens so viel Bildung
zuließen, als mit dem Wesen des Islams verträglich schien,
dehnten trotz innerer Spaltungen die Eroberungen der Araber
immer weiter aus, nahmen den Oströmern Armenien und
die noch übrigen Provinzen Kleinasiens und Nordafrika's.
Einhundert Jahre herrschten die Ommajaden, welche das
Geschlecht Ali's, des nächsten Verwandten Mahommed's,
verdrängt hatten, in Damaskus, der Hauptstadt des Cha-
lifats. Sie wurden von den Abbassiden gestürzt und aus-
gerottet. Von diesen, die das Chalifat bis an sein Ende be-
haupteten , wurde Bagdad erbaut und zum Sitze erkoren.
Der mächtigste und berühmteste Abbassiden-Chalife war
Harun al Raschid, der gegen das Ende des 8. Jahr-
hunderts durch Beförderung des Handels, der Kunst und
der Wissenschaft das Chalifat auf den höchsten Gipfel
des Glanzes erhob.— Am Anfänge desselben Jahrhunderts
711 waren die Araber aus Afrika nach Spanien überge-
setzt und hatten die Herrschaft der Westgothen zerstört.
Schon waren sie auch über die Pyrenäen in das Frankenreich
eingedrungen, um mit sieggewohnten Waffen die Herrschaft
des Islam weiter über die abendländische Christenheit aus-
zudehnen, als ihnen hier durch die Franken ein Ziel ge-
setzt wurde.
/
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Extrahierte Personennamen: Harun_al_Raschid
Extrahierte Ortsnamen: Armenien Kleinasiens Damaskus Bagdad Afrika Spanien Frankenreich
tz. 77. Italien.
215
Fast das ganze 14. Jahrhundert hindurch war Neapel
durch Parteiungen und Kriege zerrissen, bis es dem Könige
Ladislaus von Polen (14:00) gelang, sich der Negierung
Neapels zu bemächtigen, worauf er fast den ganzen Kirchen-
staat eroberte und schon Toskana angriff, als er starb. Nach
seinem Tode bekämpften sich in Neapel die aragonesische
und die französische Partei, von denen die erstere den Thron
behauptete, bis Neapel 1501 in die Hände der Spanier kam.
Der Kirchenstaat litt im 14. Jahrhundert durch die
Verlegung des päpstlichen Sitzes (1305) nach Avignon in
Frankreich große Nachtheile: in den meisten Städten warfen
sich Gewalthaber auf und Rom war stets durch Adelspar-
teiungen zerrüttet. Erst als die Päpste (1376) wieder ihren
Sitz in Rom nahmen und das päpstliche Schisma wieder ge-
hoben war (1418), wurde der Kirchenstaat im Laufe des
15. Jahrhunderts wieder hergestellt. Der ausgezeichnetste
unter den Päpsten jenes Jahrhunderts war Äneas Splvius
(Pius !l); der des heiligen Stuhles unwürdigste aber Alexan-
der Vi, obwohl gerade ihm es gelang, die Wiederbefestigung
der weltlichen Herrschaft der Päpste im Kirchenstaate
(durch Unterdrückung der noch übrigen Parteihäupter iu den
verschiedenen Städten) zu vollenden; worauf dann Julius H,
sein kriegerischer Nachfolger, diese Herrschaft mit Parma,
Piacenza und Reggio erweiterte, und eine Macht gründete,
wie vorher nie ein Papst sie in Italien besessen.
Der demokratische Freistaat Florenz, der in der Mitte
des 15. Jahrhunderts die Herrschaft von fast ganz Toskana
errang, verdankte seine Größe dem reichen Hause der Me-
dici, von dessen Gliedern sich besonders Cosimo (gest. 1464)
und Lorenzo (gest. 1492) durch ihre freigebige Pflege der
Kunst und Wissenschaft eine große Berühmtheit erworben haben.
In Oberitalien hatte sich Mailand seit dem 14. Jahr-
hundert vorzüglich durch die Familie Visconti (1311), und
nach dem Erlöschen des viscontischen Mannsstammes in der
Mitte des 15. Jahrhunderts durch den kriegstapfern Franz
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$. 102. Die Schwäche des deutschen Reichs. Ü05
Besonders brachte das ehrgeizige Streben des sächsischen
Kurhauses nach der polnischen Krone dem Reiche nur Scha-
den , wie sich das schon im nordischen Kriege gezeigt hatte
und bald darauf noch deutlicher zeigen sollte. — Nachdem
Kaiser Karl Vi in demselben Jahre, da der nordische
Krieg beendigt wurde, in einem Frieden mit den Türken
(die den Krieg wieder erneuert hatten, aber vom Prinz
Eugen bei Peter Wardein und bei Belgrad be-
siegt worden waren) in den Besitz von Bosnien, Ser-
bien und eines Theiles von Croatien und der Walla-
chei gekommen war, und gleich darauf (bei Gelegenheit
einer durch Spanien veranlaßten Friedensstörung) in einem
Vertrage Sizilien für Sardinien von dem Herzoge von
Savoyen eingetauscht hatte, — so veranlaßte nach einem
13jährigen europäischen Frieden der Tod Augusts Ii von
Polen
1733 —1733 den polnischen Grbsolgekrieg.
Der von den Polen gewählte Stanislaus Lescinsky
wurde nämlich von den Russen vertrieben und August Iii
von Sachsen eingesetzt. Weil nun der Kaiser seine Ein-
willigung dazu gegeben hatte, so kündigte Frankreich in
Verbindung mit Spanien und Sardinien dem Kaiser den
Krieg an und besetzte Lothringen und die kaiserlichen Länder
in Italien. Da sah sich der Kaiser wegen schlechter Ver-
fassung des Heeres und der Finanzen genöthigt, im Frieden
nicht nur Lothringen als Lehen an Stanislaus
Lescinsky und nach dessen Tode als Eigenthum an
das begehrliche Frankreich zu überlassen, son-
dern auch sogar Neapel und Sizilien an die spa-
nischen Bourbonen abzutreten und sich mit Par-
ma und Pia een za zu begnügen.
Für diese großen Opfer erhielt er bloß die Anerkennung
der pragmatischen Sanetion d. h. des'hausgesetzes,
daß in Ermangelung eines männlichen Erben die gesammte
österreichische Erbschaft ungetheilt auf die weibliche Linie
übergehen solle. Karls Versuch, sich für jene Verluste in
20
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Extrahierte Personennamen: Karl_Vi Karl Eugen Eugen Peter_Wardein Augusts Stanislaus_Lescinsky August Stanislaus
Lescinsky Karls Karls
Extrahierte Ortsnamen: Belgrad Bosnien Spanien Sizilien Sardinien Polen Polen Sachsen Frankreich Spanien Sardinien Lothringen Italien Lothringen Frankreich Neapel Sizilien
§. 103. Preußens Emporkommen.
307
höchst thätiger und sparsamer, dabei deutsch und christlich-
gesinnter Regent, durch feste Einrichtungen im Verwaltungs-
wesen, durch Verstärkung des Heeres und durch Beförde-
rung des Landbaus seine Staaten in eine solche Ordnung,
daß er außer den erhöhten jährlichen Einkünften einen
Schatz von neun Millionen Thaler und eine wohlgehaltene
Armee von 83,000 Mann hinterließ.
Mit diesen Mitteln gedachte sein Sohn Friedrich tl
(geb. 1712) seinen Staat auf eine noch höhere Stufe zu
erheben. Kaum hatte daher Maria Theresia (Gemahlin
des Herzogs Franz Stephan von Toscana) vermöge der
pragmatischen Sanction die österreichische Erbschaft angetre-
ten, als Friedrich Ansprüche auf vier schlesische Fürsten-
thümer hervorsnchte, und, weil Maria Theresia jene nicht
anerkannte,
1740 — 1742 den e r st e n s ch l e si s ch e n Krieg begann, der
durch Friedrichs Sieg über die Österreicher hierauf
1741 — 1748 den österreichischen Erbfolgekrieg veran-
laßte, indem nun Kurfürst Karl Albrecht von Bayern
wegen Verwandtschaft mit dem österreichischen Kaiserhause
auf den ganzen österreichischen Staat, Philipp V von
Spanien aber auf die Lombardei Anspruch machte, und
Frankreich, Preußen und Sachsen sich mit Bayern
verbündeten.
Karl Albrecht besetzte sogleich Österreich, ließ sich in
Prag huldigen und 1741 als Karl Vii zum deutschen
Kaiser in Frankfurt krönen. Unterdessen aber befreite
Maria Theresia mit Hülfe der Ungarn ihr Österreich
wieder, eroberte Bayern, und machte mit Friedrich, dem
sie Schlesien überließ, und mit Sachsen Frieden;
worauf dann die österreichischen Heere den Kaiser zur Flucht
aus Bayern nöthigten, und die Franzosen aus Böhmen
hinaus- und mit Hülfe der Engländer über den Rhein zu-
rücktrieben.
Diese raschen Fortschritte aber bewogen Friedrich in
Verbindung mit dem Kaiser und mit Frankreich zum zwei-
20*
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia Franz_Stephan_von_Toscana Franz Friedrich_Ansprüche Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia Friedrichs Karl_Albrecht_von_Bayern Karl Albrecht Philipp_V_von
Spanien Philipp Karl_Albrecht Karl Albrecht Karl_Vii Karl Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs Frankreich Sachsen Prag Frankfurt Ungarn Sachsen Bayern Rhein Frankreich
312
H. 105. Die Fürsten und Völker
reich reizte die Türken zum Kriege gegen Rußland an. Die-
ser war Rußland darum erwünscht, weil dadurch den Polen,
deren Unterjochung es sich zum geheimen Ziele gesetzt hatte,
die türkische Hülfe entzogen wurde. Als die Russen siegreich
in der Türkei vordrangen und die Krimm, Wallach ei
und Moldau eroberten, und dabei sowohl Frankreich, als
England unthätig zusah, so fand es Friedrich für gut,
sich Katharinen zu nähern, und so geschah's, daß
Rußland ungehemmt Polen besetzen konnte. Da nun Österreich
einseitig keinen Krieg gegen Rußland wagen konnte, so
„folgte es der preußischen Politik, wie Preußen der russischen
folgte", die nun einmal Polen wollte. Auf den
Grund alter Ansprüche brachte man
1772 die (erste) Theilrurg Polens in Vorschlag, und Öster-
reich nahm den dargebotenen Vortheil an. Die drei Mächte
besetzten den dritten Theil Polens in der Art, daß Österreich
davon Ostgallizien und Lodomirien, Preußen West-
Preußen und den polnischen Netzdistrict, Rußland
endlich (gegen die Herausgabe der Moldau und Wallachei)
das Land bis an die Düna und den Dnjepr sich zu-
eignete. Damit aber die Form des Rechts nicht fehle, so
wurde der polnische Reichstag gezwungen, seine Einwilli-
gung dazu zu geben.
Das übrige Polen blieb durch die bedrückende Will-
kür seines Adels, so wie überhaupt durch seine schlechte
Verfassung stets in abhängiger Stellung und einer spä-
tern weitern Zerstückelung Vorbehalten. — Zm fortgesetzten
Kriege Rußlands mit der Türkei errang ersteres die freie
Schifffahrt auf allen türkischen Meeren.
Die deutsche Kaiserwürde bekleidete seit 1764
Joseph !l, indessen seine Mutter, die edle Maria The-
resia , nach ihres Gemahls Tode die Regierung der österrei-
chischen Erblande zum Wohl ihrer Unterthanen bis an ihr
Ende behielt.
Joseph H, der sich Friedrich den Großen zum Muster
nahm, war von dem thätigsten Eifer belebt, seine Unter-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Joseph_!l Maria_The- Maria Joseph_H Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Polen Frankreich England Theilrurg_Polens Polens
288
§. 97. Der westfälische Friede.
In diesem Frieden erhielten mehrere Reichsftände Ge-
bietsvergrößerungen; andere erlitten Gebietsschmälerungen;
andern wurde ihr voriges Besitzthum theils bestätigt, theils
wiederzurückgegeben (wie denn der älteste Sohn Friedrichs V
mit der Kurwürde auch die Pfalz, mit Ausnahme der Ober-
pfalz, welche bei Kurbayern blieb, wieder bekam); allen
Reichsfürsten aber wurde die Landeshoheit versichert;
— Schweden erhielt den größten Theil von Pommern
mit Rügen, jedoch unter deutscher Hoheit; —an Frank-
reich aber mußte das österreichische Elsaß und der
Sundgau nebst den Festungen Breisach und Phi-
lippsburg abgetreten werden; — der Schweiz
und den Niederlanden wurde die Unabhängigkeit zu-
erkannt ; den Protestanten, mit Einschluß der R e-
formirten, wurden die Vortheile des Passauer Vertrags
und des Augsburger Religionsfriedens ohne allen Vor-
behalt nebst dem Genüsse der bis zum Jahre 1624 einge-
zogenen geistlichen Güter zugestanden. — Unter dem Vor-
wand der Aufrechthaltung dieses Friedens wußte Frankreich
acht deutsche Fürsten durch den (älteren) Rheinbund mit
sich zu verbinden!
Der dreißigjährige Krieg hatte Deutschlands Wohlstand
völlig vernichtet: die Hälfte seiner Bewohner war durch
Schwert, Hunger und Seuchen umgekommen , viele Städte
waren zerstört, alle heruntergekommen, unzählige Dörfer
verwüstet, zum Theil vertilgt, viele Ländereien verödet;
Ackerbau, Gewerbfleiß und Handel gesunken, Wissenschaft
und Kunst gehemmt, großartige Werke und Schöpfungen
vieler Jahrhunderte zertrümmert und verschleudert, und was
das Schlimmste war, deutsche Sitte und Art schwer ver-
letzt , und manche dieser Wunden konnte selbst die Zeit nicht
mehr heilen.
Der Friede selbst hat, in religiöser Beziehung
zwischen Katholiken und Protestanten einen auf völliger
Gleichstellung beruhenden,unumstößlichen Rechts-
zuftand geschaffen, und das war für alle Folgezeit der
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs
Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs Schweden Pommern Breisach Niederlanden Frankreich Rheinbund Deutschlands
300 ß. 101. Schwedens Fall und Rußlands Erhebung.
das stets sich empörende Kasan wieder zur Lehnspflicht
gebracht und Astrachan erobert. Da aber mit seinem
Sohne Feodor 1588 der Mannsstamm Rurik's erlosch,
so wurde das Reich durch Thronstreitigkeiten erschüttert,
bis durch die vereinigten russischen Großen
1613 das Geschlecht der Romanow zur Erbfolge berufen
und die Ruhe hergestellt wurde.
Der Enkel des Stifters dieser neuen Czaarendynastie,
Peter der Große, faßte, als er 1689 die Regierung
selbst übernahm, den fruchtbaren Gedanken, die Macht sei-
nes Reiches durch Einführung europäischer Kultur zu he-
den. Er gab die Reisen ins Ausland frei, setzte das See-
und Kriegswesen auf europäischen Fuß, gab der Staats-
verwaltung europäische Formen, zog zur Beförderung der
Industrie geschickte Ausländer ins Land, gründete Bildungs-
schulen und machte sich zum Haupt der russisch-griechischen
Kirche.
Nachdem er in einem glücklichen Kriege mit den Türken,
deren Schwäche seit längerer Zeit zugenommen hatte, Asow
erobert und den freien Handel auf dem schwarzen
Meere errungen hatte, machte er, nach Dämpfung einer
Strelitzenempörung, selbst Reisen zu seiner Ausbildung ins
Ausland, und lernte in Holland Schiffe bauen, in England
aber das Schiffswesen in seiner Vollkommenheit kennen. Als
ihn ein Aufstand der Strelitzen zurückgerufen und er diese
stets aufrührerische Leibwache nach furchtbarer Bestrafung
aufgehoben hatte, dachte er darauf, sich durch Eroberung
der schwedischen Ostseeländer auch eine Seemacht im
baltischen Meere zu gründen, und zu diesem Zwecke >
verband er sich, die minderjährige Regierung Karl's Xii
benützend, mit Dänemark und Polen.
Polen, — das unter den letzten beiden Zagellonen
(§. 81) durch Erwerbung von Masovien, Kurland und
Litthauen den Gipfel seiner Macht erreicht, aber nach dem
Aussterben des jagellonischen Man ns st am m 's
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Extrahierte Personennamen: Feodor Peter_der_Große
Extrahierte Ortsnamen: Schwedens Kasan Astrachan Holland England Polen Kurland
§. 101. Schwedens Fall und Rußlands Erhebung. 301
1572 die Verwandlung in ein völliges Wahlreich er-
litten hatte, — war seitdem durch das unablässige Stre-
den des Adels, die königliche Macht zu beschränken und
die niedern Stände nicht aufkommen zu lassen,
immer schwächer geworden, und selbst dem tapfern Johann
Sobiesky konnten deßhalb seine Bemühungen, das Land
wieder zu heben, nicht gelingen. Sein Nachfolger Au-
gust ll, Kurfürst von Sachsen, der, um den polnischen
Thron zu erlangen, zur katholischen Religion übergegangen
war, nahm daher den Antrag Peter's zu einem Bündnisse
gegen Schweden um so lieber an, weil ihm dieser Krieg
nicht nur Gelegenheit, sächsische Truppen zu seiner Unter-
stützung nach Polen, das neutral bleiben wollte, zu ziehen,
sondern auch die Hoffnung gab, Liefland wieder zu erobern.
So begann
1700 der nordische Krieg.
Zuerst machte Dänemark den Angriff, aber Karl Xii,
obgleich noch jung, doch von entschlossenem Willen und
kühnem, nur zu abentheuerlichem Geiste, dabei aber edler,
wahrheitsliebender Gesinnung, — landete rasch auf Seeland
und nöthigte Dänemark zum Frieden. Darauf wendete sich
Karl gegen Rußland, und gewann gegen eine fünffach
größere Zahl die Schlacht bei Narva; darauf fiel er
in Polen ein, schlug zweimal die Sachsen und ließ den
Stanislaus Lescinöky zum Gegenkönig gegen Au-
gust wählen; drang dann nach einem neuen Siege durch
Schlesien in Sachsen selbst ein und zwang den König
August, Frieden zu machen und dem polnischen Throne zu
entsagen.
Hierauf kehrte er sich wieder gegen die Russen: denn
Peter hatte unterdeß einen Theil der Ostseeländer erobert,
dort den Seehafen Kronstadt gegründet und darauf Po-
len besetzt. Karl vertrieb ihn wieder daraus, gieng über
die Beresyna, schlug die Russen, vertiefte sich aber beim
Verfolgen in verödete Gegenden, wo er durch Hunger und
Krankheit beträchtlichen Verlust erlitt. Hierauf wandte er
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Sobiesky Johann Karl_Xii Karl Karl Karl Stanislaus_Lescinöky August Peter Karl