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und Wein. Der nördliche Theil ist meistens gebirgig, ausgenommen
die fruchtbare Wetterau, welche aus einer schönen Ebene besteht. Aber
auch die minder ergiebigen Gegenden dieses Landes, im Vogelsberge
und im Odenwalde, zeichnen sich durch vortreffliche Kunststraßen aus,
wodurch der Verkehr befördert und die Einwohner betriebsamer werden.
Die Hauptstadt des Großherzogthums, Darmstadt, ist eine der
am raschesten emporgekommenen Städte Deutschlands. Vor 50 Jahren
noch ein kleines Landstädtchen, das sich bloß durch ein well^stges
Residenzschloß und ein merkwürdig gebautes Exercierhar^ aus-
zeichnete, ist daraus jetzt eine Stadt von fast 35,000 Einwohnern
mit allen großstädtischen Einrichtungen geworden. Überdies hat ihre
Lage am Rande des Odenwaldes und der Bergstraße, in der
Nachbarschaft herrlicher Waldungen, die Anlage vortrefflicher Spazier-
gänge mit Aussichten in die Rheinebene möglich gemacht. Durch Eisen-
bahnen, sowie durch die Nähe des Rheins, Mains und Neckars,
ist Darmstadt mit den bedeutendsten Orten Deutschlands in Verbin-
dung gebracht. Größer als Darmstadt und für den Handel weit
wichtiger ist die alte, am Einfluß des Mains in den Rhein gelegene
Stadt Mainz, die Hauptstadt der Provinz Rheinhessen. Sie
liegt selbst in schöner Gegend, ist aber zugleich der Mittelpunkt der
Dampfschifffahrt auf dem Ober- und Niederrhein, so wie auf
dem Main, welche von den Reisenden vielfältig benutzt wird, um die
schönen'aussichten an beiden Flüssen zu genießen. Auch liegt Mainz
mitten in dem Bezirke, wo dre Rheinweine wachsen, auf der einen
Seite der Rh eingau, auf der andern die Pfalz. Natürlich also,
daß von hier aus viele Versendungen von Wein gemacht werden. —
Auf einem freien Platze der Stadt steht das Standbild des Johann
Guttenberg, eines gebornen Mainzers, welcher ums Jahr 1440 die
Vuchdruckerkunst erfand. Mit Recht hat man sein Andenken geehrt,
denn ohne seine Erfindung würden wir noch in derselben Unwissenheit
leben, wie andere Völker, welche keine oder wenige Bücher haben. —
Mainz ist eine der wichtigsten Festungen Deutschlands; sie ist aus-
schließlich von preußischen Truppen besetzt. —
Von den übrigen Städten verdienen noch erwähnt zu werden:
die Universitätsstadt Gießen an der Lahn, zugleich Hauptstadt in
Oberhessen, mit 10,000 Einwohnern — Offenbach, rege Fabrikstadt
mit 15,000 Einwohnern und die alte Reichsstadt Worms, aus grauer
Vorzeit schon berühmt durch die Helden-Sage vom Siegfried.
81. Der hörnerne Siegfried.
Siegfried, ein Königssohn aus Tanten am Rhein, war so stark
und muthig, daß ihm die Zeit zu lange währte, bis ihm sein Vater
ein Ritterschwert gab. Er lief deshalb zu einem Schmied und be-
gehrte zu lernen, wie man ein Schwert schmiedet. Der Schmied
willigte ein, wenn Siegfried ihm eine Zeitlang dafür diene. Sieg-
Haesters' Lesebuch f. Oberkl. Simultan-Auzg. 5
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Johann
Guttenberg Johann Mainzers Siegfried Siegfried Siegfried Siegfried Siegfried Siegfried Siegfried Siegfried
I
Geschichte.
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den Graben, der bei Höhenburgen trocken war, führte eine schmale Zugbrücke. Sie hing
an Retten und war in gefährlicher Zeit aufgezogen, so daß sie das Burgtor verdeckte und
schützte. Das Tor war aus dicken Lichenbalken gezimmert und mit Eisen beschlagen. Über
ihm erhob sich gewöhnlich ein starker Turm, hinter dem äußeren Tore befand sich oft noch
ein zweites, inneres, und zwischen beiden ein eisernes Fallgitter. Große Burgen besaßen
häufig noch einen zweiten, inneren Mauerring. Den Raum zwischen den Mauern nannte
man den Zwinger. Er enthielt die Stall- und Wirtschaftsgebäude, sowie die Wohnungen
für die Rnechte. Ruf der höchsten Stelle erhob sich ein hoher Turm mit meterdicken Mauern,
der Bergfried. Er bildete den letzten Zufluchtsort für die Bewohner, wenn die Burg
vom Feinde erstürmt war. Sein unterster, kellerartiger Teil, das verlies, diente als Ge-
fängnis; in dem höchsten Raume, von dem man weit in das Land sehen konnte, hielt sich
gewöhnlich ein Wächter auf. Der schmale Eingang zu dem Turme lag mehrere Meter
hoch über dem Boden und konnte nur durch eine Leiter erreicht werden. Über ihm
befand sich ein Erker, durch dessen Bodenöffnung man schwere Steine auf den Rngreifer
werfen oder siedendes Wasser und Ol auf ihn heruntergießen konnte. Reben dem Berg-
fried stand das Wohnhaus der Ritterfamilie, der Palas. Er enthielt im Erdgeschosse
eine große Halle, die mit Waffen und Geweihen, mit Decken und Fellen geschmückt
und mit Bänken versehen war. Sie diente den Männern zum Rufenthalt. Über ihr
befanden sich die Remenaten, d. h. die mit Rammen versehenen Frauengemächer. Die
Fenster waren klein und nur durch Läden geschlossen; kleine, runde, in Blei gefaßte
Glasscheiben kamen erst im 15. Jahrhundert auf.
5. Ritterlicher Leben. Befand sich der Ritter nicht auf einem Rriegszuge,
so beschäftigte er sich mit Waffenübungen oder mit der Jagd. Ruch die Edelfrau ritt mit
dem abgerichteten Falken auf der Faust zur Reiherbeize. Sm Sommer sah der Burgherr
nach seinen Rckern und wiesen, deren Bearbeitung seinen hörigen oblag, oder er be-
suchte seine Nachbarn zu ritterlichem Waffenspiel und fröhlichem Gelage, wenn im Winter
aber der Verkehr durch große Schneefälle wochenlang gehemmt wurde, war das Leben auf
den unzugänglichen Burgen, um deren Mauern die Stürme brausten, oft recht unbehaglich
und einsam.
Für den Rampf war der Ritter von Ropf bis zu Fuß schwer gerüstet. Derzchuppen-
und Rettenpanzer, den man anfänglich trug, wich im 12. Jahrhundert der Rüstung aus
Eisenplatten. Der Helm, der prächtig mit Straußenfedern geschmückt war, konnte so dicht
geschlossen werden, daß nur eine schmale Öffnung für die Rügen verblieb. Der eiserne Schild
war gewöhnlich mit der Gestalt eines Tieres bemalt, so daß der gerüstete Ritter für seine
Freunde zu erkennen war. Rus diesen Rbzeichen, die sich bald vom Vater auf den Sohn
vererbten, sind die Wappen entstanden. Rls Waffe diente die mit eiserner Spitze ver-
sehene Lanze und das zweihändige Schwert. Da die Rüstung sehr schwer war, mußte der
Ritter immer zwei starke Rosse mit sich führen, das eine für den Marsch, das andre
für den Rampf. Vas Schlachtroß war durch Decken geschützt, auf denen Eisenplatten
befestigt waren. — Richt selten wurden von den Fürsten große Waffenspiele, „Turniere",
veranstaltet, zu denen von weit und breit die Ritter in ihrem schönsten Schmucke
erschienen. Ein großer freier Platz wurde dazu abgesperrt; Herolde hielten das zahl-
reich zuströmende Volk in Ordnung und dienten als Rampfordner. von hohen
Bühnen herab schauten vornehme Frauen dem Turniere zu. Bei dem Einzel-
kampfe kam es darauf an, den Gegner mit der Lanze so zu treffen, daß er aus dem
Sattel fiel, wenn die Rosse in vollem Jagen gegeneinander stürmten und die Speere auf
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TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
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