40 —
Die meisten Kolonieen besitzt England, nämlich in 4 Erdteilen; auch
Frankreich und Spanien haben in 4 Erdteilen Kolonieen. In 3 Erdteilen
besitzen die Holländer, Deutscheu und Dänen, in 2 Erdteilen die Portugiesen
Kolonieen. Die Europäer beherrschen in ihren auswättigen Besitzungen 380 Mill.
Nienschen.
5. üultiu* ober Bildung. Die Bevölkerung Europas nimmt in
Bezug auf Kultur, Kunst und Wissenschaft die höchste Stelle ein und ist in
geistiger Beziehung „die Beherrscherin der Erdkugel". Die
Kultur Europas wurde begünstigt a) durch die Lage unseres Erd-
teils in der Mitte der Landhalbkugel, b) durch die günstigen Klimaverhältnisse,
c) durch den gänzlichen Mangel an undurchdringlichen Wüsten und schwer
übersteiglicheu Gebirgen, d) durch die Mannigfaltigkeit der Ländernatur,
e) durch den Reichtum des Bodens an nutzbaren Mineralschätzen, namentlich
an Kohlen und Eiseu, f) durch die reiche Gliederung des Landes im 8. und
W., g) durch die eigenartige Ausbildung der Flußsysteme und h) dadurch, daß
der Erdteil hauptsächlich von der Mittelländischen (Kaukasischen) Rasse, der
geistig begabtesten, bewohnt wird. — „Das Klima Europas bietet einen an-
genehmen Wechsel der Jahreszeiten, es erschlafft nicht durch zu arge Hitze und
peinigt nicht durch zu strenge Kälte; es zeitigt nicht, wie in den Tropen,
ohne Zuthuu des Menschen Früchte, aber es nimnit anch nicht, wie im hohen
Norden, die Arbeit des Menschen zu sehr in Anspruch für die bloße Be-
friedigung des Kleidungs- und Nahrungsbedürfnisses, sondern spornt zur
Arbeit an, verstattet indessen auch Muße zu höherer Beschäftigung." So ist
Europa die Pflanzstätte der höchsten menschlichen Kultur geworden;
es hat seine Bewohner zu thatkräftigeu, arbeitsfrendigen Menschen erzogen,
die auch auf geistigem Gebiete, in Kunst und Wissenschaft unaufhaltsam fort-
schreiten. Die Europäer fiud in gewissem Sinne die Herren der Erde geworden.
Die unterste Kulturstufe, das Jäger- und Fischerleben, wird in
Europa gar nicht augetroffeu, und ein Nomadenleben führen nur etwa
1 Mill. im N. und So. wohnender Menschen. Unser Erdteil wird somit fast
nur von ansässigen Völkern bewohnt, deren Hanpterwerbs-
quellen Ackerbau, Viehzucht, Bergbau, Gewerbe und Handel sind. Am
höchsten ist die Gesittung der großen Volksmassen bei den Germanen; ihnen
stehen die Romanen ziemlich nahe; die Slaven jedoch bleiben gegen jene ziem-
lich weit zurück.
6. Staatsverfassung. Die Staatsform der meisten europäischen Staaten
ist die erbliche Monarchie. Die Monarchen führen verschiedene
Namen: Kaiser, König, Sultan, Großherzog, Herzog, Fürst. Große
Republiken giebt es nur 2, nämlich Frankreich und die Schweiz.
Anmerkung: „Unter den Großmächten Europas begreift man Rußland, Öfter-
reich, das Deutsche Reich, Frankreich, Großbritannien und Italien; sie zeichnen sich durch
bedeutende Bevölkerung aus und wirken bestimmend auf die Geschicke des Erdteils ein; unter
den Weltmächten versteht man Frankreich und Großbritannien, unter den nordischen
Brächten Dänemark, Schweden und Norwegen, unter den Seemächten Großbritannien»
Holland, Frankreich, Spanien und Portugal/'
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk]]
Extrahierte Ortsnamen: England Frankreich Spanien Deutscheu Europas Europas Europas Europa Europa Frankreich Europas Frankreich Italien Frankreich Schweden Norwegen Holland Frankreich Spanien
— 4 —
Natürliche Grenzen sind die Sudeten, das Erzgebirge, der Böhmer-
wald, die Alpen, der Wasgenwald, die Nord- und Ostsee.
Die Grenzen Deutschlands sind meist sehr offene. Dadurch wird der
Verkehr und Handel mit den Nachbarländern begünstigt; doch ist Deutschland
auch leicht feindlichen Einfällen ausgesetzt, und es sind darnm viele Festungen
zur Landesverteidigung nötig.
Wichtigkeit der Ostgrenze: I. Von Rußland bekommen wir Getreide,
Holz, Haus, Lein (Flachs), Pelzwerk und Gedärme. 2. Die Deutschen haben
die Aufgabe, die Bildung mit nach Osten zu verpflanzen. Das russische Volk
ist im ganzen noch nicht so gebildet, wie das deutsche. (Schulen.) 3. Wir
haben die russische Macht zu sürchteu. (Festungen zu unserem Schutze sind
z. B. Königsberg, Thorn, Posen.)
Bedeutung der Südgrenze: I. Durch diese stehen wir in Verbindung
mit Österreich, in welchem viele Deutsche wohnen und welches bis 1866 mit
Deutschland vereinigt war. Österreich ist jetzt zur Erhaltung des Friedens
mit Deutschland verbündet. 2. Aus Ungarn bekommen wir Getreide (Mehl),
Holz, Schweine (Bakonier), Schafe und Schafwolle. 3. In der Schweiz
wohnen viele Deutsche, weil die Schweiz früher zu Deutschland gehörte.
4. Dnrch die Südgrenze wird die Natnrliebe gefördert: die Alpen bieten
eine Fülle der herrlichsten Natnrbilder und sind alljährlich das Ziel zahl-
loser Reisender.
Bedeutung der Westgrenze: 1. Sie ist wichtig für den Handel:
aus Frankreich bekommen wir Wein, Baumöl, Seide, aus Belgien Spitzen
(die Brüsseler Spitzen sind weltberühmt!), aus Holland Käse, Tabak, Blumen
(Tulpen) u. s. w. 2. Wir müssen vor den Franzosen auf uuserer Hut sein;
sie sind unsere „Erbfeinde" und möchteu gern den Rhein zur Grenze haben.
Jedoch: „Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein", und: „Fest
steht und treu die Wacht am Rhein!" Gegen sie sind im Westen viele und starke
Festungen (Metz, Straßburg) errichtet. 3. Die Deutschen ahmen den Franzosen
in Sitten, Moden und Schriften nach. Ein Nationalfehler der Deutschen
war und ist zum Teil heute noch die Sucht, alles, was aus der Fremde,
namentlich aus Frankreich, kommt, über Gebühr wert zu halten, das Ein-
heimische dagegen zu unterschätzen. Nicht allein das Gute, das von jenfeit
des Rheines nach Deutschland gebracht wurde, ahmte man nach; auch die
französischen Laster schlichen sich bei uns ein. Es gab eine Zeit, in welcher
unser edles Volkstum durch Einführung französischer Sitte, Mode und Sprache
vergiftet wurde. Unsere herrliche Muttersprache mußte in den Palästen und
Schlössern ihrer französischen Schwester Platz machen (Friedrich der Große
von Preußen!), und nur beim Bürger- und Bauernstande, beim „Volke"
fand sie noch eine Heim- und Pflegestätte. Jetzt ist das deutsche National-
gesühl wieder erwacht. („Deutsche Industrie.")
Bedeutung der Nordgrenze: 1. Sie ist die einzige Grenze, an der
das Deutsche Reich vom Meere bespült wird. 2. Das Meer ist wichtig:
a) für den Fischsang (Hering, Stockfisch, Sprotten, Schellfisch); b) für
den Handel (mit England, Rußland, Skandinavien, den deutschen Kolonieen,
Amerika); c) für Entwicklung einer deutschen Seemacht (Kiel, Wilhelms-
Häven); 6) für Entstehung von Seebädern: auf Norderney, Rügen (größte
deutsche Insel), an der Ostseeküste; e) für Gewinnung des Bernsteins
an der Ostseeküste, namentlich im Samlande. 3. In die Nord- und Ostsee
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland]]
TM Hauptwörter (200): [T101: [Baumwolle Kaffee Tabak Getreide Reis Zucker Holz Ausfuhr Wein Zuckerrohr], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T135: [Haff Stadt Stettin Weichsel Ostsee Insel Memel Königsberg Danzig See], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
Extrahierte Personennamen: B._Königsberg Friedrich_der_Große Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Thorn Posen Deutschland Deutschland Deutschland Frankreich Belgien Holland Rhein Rhein" Rhein Straßburg Frankreich Deutschland England Skandinavien Amerika Kiel Wilhelms-
Häven Norderney
— 39 —
Deutschland in Wissenschaft und Kunst mit an der Spitze der gebildeten
Völker steht."
„Die Grundzüge des deutschen Volkscharakters sind: aufrichtige
Frömmigkeit, Treue und Biederkeit, Anhänglichkeit an den angestammten
Regenten, Tapferkeit, Besonnenheit, Beharrlichkeit bei Verfolgung eines ge-
steckten Zieles und ernste, gründliche Beschäftigung mit Wissenschaft und Kuust."
6. Verfassung und Ginteilnng. Seit 1671 ist das „Deutsche Reich" ein
Bundesstaat, an dessen Spitze der König von Preußen steht, welcher den
Titel „Deutscher Kaiser" führt. Die Kaiserwürde ist erblich. Der Kaiser
hat das Recht, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, sowie Bündnisse
und Verträge mit anderen Reichen einzugehen. Die Reichsgesetzgebung wird
ausgeübt von dem Bundesrat, welcher aus Vertretern der einzelnen deutschen
Staaten besteht, und dem Reichstage, der aus etwa 400 vom Volke gewählten
Abgeordneten zusammengesetzt ist. Der höchste Beamte des Reiches ist der
Reichskanzler.
Das Deutsche Reich besteht aus 26 einzelnen Staaten, nämlich
4 Königreichen, 6 Großherzogtümern, 5 Herzogtümern, 7 Fürstentümern,
3 Freien Städten und dem Reichsland Elsaß-Lothringen. (Merke: 1 Reichs-
land, 3 Freie Städte, 4 Königreiche, 5 Herzogtümer, 6 Großherzogtümer,
7 Fürstentümer.)
Vi. Die Staaten des Deutschen Reiches.
1. Das Königreich Preußen.
(6300 ^Meilen oder 348500 qkm und 32 Mill. Eimv.)
Preußen ist der größte Staat des Deutschen Reiches und nimmt den
größten Teil Norddeutschlands ein. Es bildet eine zusammenhängende Fläche,
von welcher mehrere kleine Staaten eingeschlossen sind. Getrennt vom Haupt-
lande gehören noch die in Süddeutschland gelegenen Hohenzollernschen Lande
dazu. Es zerfällt in 12 Provinzen.
1. Die Provin) Ostpreußen (670 ^ Mln. oder 37000 qkm und
über 2 Mill. Einw.) ist die nordöstlichste Provinz Preußens. Sie um-
faßt das Küstenland am Kurischen und Frischen Haff und grenzt an die
Ostsee, an Rußland und die Provinz Westpreußen. Sie ist zum großen Teile
eben, wird aber von dem Baltischen Landrücken, welcher die oft-
preußische Seenplatte trägt, durchzogen. Das Klima ist gesund,
aber rauher, als in irgend einem anderen deutschen Lande. Der Boden ist
größtenteils sandig und unfruchtbar. Weite Strecken sind mit Wald be-
standen. Der größte Wald ist die Johannisburger Heide im südlichen Teile
der Provinz. Im Memeldelta liegen außer üppigen Wiesen auch sumpfige
Wälder, in denen der Elch gehegt wird. Die Haupterwerbsquellen
der Bewohner sind Ackerbau und Viehzucht, an der Küste auch Fischerei.
Sehr fruchtbar ist die Tilsiter Niederung (westlich von Tilsit). Der nord-
östliche Teil Ostpreußens heißt Litauen. Die Litauer haben eine eigene
Sprache, sind wahrscheinlich slavischen Ursprungs und treiben namentlich
Pferdezucht. In ihrem Gebiete liegt auch das königliche Pferdegestüt Trakehnen.
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Reichsland_Elsaß-Lothringen Norddeutschlands Ostsee Baltischen_Landrücken Johannisburger_Heide Memeldelta Tilsit
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
352
helfen und sein Leben zu einem nach Möglichkeit angenehmen zu
machen. Selbstverständlich mutz jeder Bürger die ihm verliehenen
Kräfte tüchtig gebrauchen und sein Leben in der Weise einrichten,
datz er die von den Gesetzen vorgeschriebene Ordnung nicht verletzt.
Im letztern Falle setzt er sich der Strafe aus, die über das Ver-
gehen verhängt ist. Nicht wenige Menschen verletzen gesetzliche
Bestimmungen, weil ihnen das Bestehen und der Inhalt dieser
nicht bekannt ist. Unkenntnis der Gesetze schützt aber
vor der Strafe nicht. Es ist deshalb nur eine Matzregel
der Klugheit, wenn man sich mit den gesetzlichen Vorschriften be-
kanntmacht. soweit sie das häusliche und bürgerliche Leben be-
treffen. Da auch Frauen diese Kenntnis nicht entbehren können,
sind im nachstehenden die wichtigsten Gesetze zusammengestellt, und
ihr Inhalt ist in gedrängter Kürze dargelegt.
Das neugeschaffene Deutsche Reich besteht seit dem 18. Januar
1871. Alle zu diesem gehörigen Staaten bilden das Reichsgebiet.
Wer in dem Reichsgebiet geboren wird, ist Reichsangehöriger, so-
fern seine Eltern im Besitz der Reichsangehörigkeit waren. Einem
Reichsangehörigen steht es frei, seinen Wohnsitz innerhalb des
Reichsgebiets nach eignem Willen zu ändern. Dieses Recht heitzt
Freizügigkeit. Das Gesetz über die Freizügigkeit besagt folgendes:
Jeder Vundesangehörige (Reichsangehörige) hat das Recht,
innerhalb des Bundesgebiets (Reichsgebiets)
1. an jedem Orte sich aufzuhalten oder niederzulassen, wo er
eine eigne Wohnung oder ein Unterkommen sich zu verschaffen
imstande ist:
2. an jedem Orte Grundeigentum aller Art zu erwerben:
3. umherziehend oder an dem Orte des Aufenthalts oder der
Niederlassung Gewerbe aller Art zu betreiben, unter den für
Einheimische geltenden gesetzlichen Bestimmungen.
In der Ausübung dieser Befugnisse darf der Vundesange-
hörige, soweit nicht das gegenwärtige Gesetz Ausnahmen zulätzt.
weder durch die Obrigkeit seiner Heimat, noch durch die Obrigkeit
des Ortes, in dem er sich aufhalten oder niederlassen will, ge-
hindert oder durch lästige Bedingungen beschränkt werden.
Keinem Bundesangehörigen darf um des Glaubensbekennt-
nisses willen oder wegen fehlender Landes- oder Gemeindeange-
hörigkeit der Aufenthalt, die Niederlassung, der Gewerbebetrieb
oder der Erwerb von Grundeigentum verweigert werden.
Wer die aus der Vundesangehörigkeit folgenden Befugnisse
in Anspruch nimmt, hat auf Verlangen den Nachweis seiner
Bundesangehörigkeit zu erbringen.
Die Staatsangehörigkeit geht verloren: durch Entlassung
auf Antrag, durch Ausspruch der Behörde, durch zehnjährigen
Aufenthalt im Auslande ohne Legitimationspapiere, wie Patz.
Heimatsschein, bei einer Norddeutschen durch Verheiratung mit
dem Angehörigen eines andern Bundesstaats oder mit einem
Ausländer. Die Entlassung wird durch eine Entlassungsurkunde
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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TM Hauptwörter (200): [T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung]]
112
Wähler und innerhalb eines Zeitraumes von 90 Tagen nach der
Auflösung der Reichstag versammelt werden.
Artikel 26. Ohne Zustimmung des Reichstages darf die
Vertagung desselben die Frist von 30 Tagen nicht übersteigen und
während derselben Session nicht wiederholt werden.
Artikel 27. Der Reichstag prüft die Legitimation seiner
Mitglieder und entscheidet darüber. Er regelt seinen Geschäfts-
gang und seine Disziplin durch eine Geschäftsordnung und erwählt
seinen Präsidenten, seine Vizepräsidenten und Schriftführer.
Artikel 28. Der Reichstag beschließt mit absoluter Stim-
menmehrheit.
A r t i k e l 29. Die Mitglieder des Reichstages sind Vertreter
des gesamten Volkes und an Aufträge und Instruktionen nicht ge-
bunden.
A r t i k e l 30. Kein Mitglied des Reichstages darf zu irgend-
einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung
seines Berufes getanen Äußerungen gerichtlich oder disziplinarisch
verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung
gezogen werden.
Artikel 31. Auf Verlangen des Reichstages wird jedes
Strafverfahren gegen ein Mitglied desselben und jede Unter-
suchungs- oder Zivilhaft für die Dauer der Sitzungsperiode auf-
gehoben.
Artikel 32. Die Mitglieder des Reichstages dürfen als
solche keine Besoldung beziehen. Sie erhalten als solche eine Ent-
schädigung nach Maßgabe des Gesetzes.
Vi. Zoll- und Handelswefen.
Artikel 33. Deutschland bildet ein Zoll- und Handels-
gebiet, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgrenze.
Alle Gegenstände, welche im freien Verkehr eines Bundes-
staates befindlich find, können in jeden anderen Bundesstaat ein-
geführt und dürfen in letzterem einer Abgabe nur insoweit unter-
worfen werden, als daselbst gleichartige inländische Erzeugnisse
einer inneren Steuer unterliegen.
Artikel 35. Das Reich ausschließlich hat die Gesetzgebung
über das gesamte Zollwesen, über die Besteuerung des im Bundes-
gebiete gewonnenen Salzes und Tabaks, bereiteten Branntweins
und Bieres und aus Rüben oder anderen inländischen Erzeug-
nissen dargestellten Zuckers und Sirups.
In Bayern, Württemberg und Baden bleibt die Besteuerung
des inländischen Branntweins und Bieres der Landsgesetzgebung
vorbehalten.
Artikel 36. Die Erhebung und Verwaltung der Zölle und
Verbrauchssteuern (Art. 35) bleibt jedem Bundesstaate, soweit der-
selbe sie bisher ausgeübt hat, innerhalb seines Gebietes überlassen.
A r t i k e l 38. Der Ertrag der Zölle und der anderen in
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Bayern Württemberg Baden
61
der Volkmannschen Kinder aber kam ins Waisenhaus in Halle,
welches der fromme Francke gestiftet hat, der aucf) nicht sagte:
„Was mich nicht brennt, das blas' ich nicht!" »■ H°r».
c) Unverletzlichkeit der Wohnung.
Auch die Wohnung ist unverletzlich. Man nennt dies
das Hausrecht. Haussuchungen dürfen nur in Ausnahmefällen
auf richterliches Urteil vorgenommen werden. Dagegen darf die
Wohnung durchsucht werden, wenn es gilt, einen Verbrecher 31t
ergreifen oder Straftaten zu ermitteln.
d) Freiheit des religiösen Bekenntnisses.
Wir haben in unserem Vaterlande evangelische und katholische
Christen, wir haben eine Menge religiöser Sekten, dazu eine
Menge Juden. Alle dienen Gott in ihrer Weise. Das religiöse
Bekenntnis ist vollständig frei, wie Friedrich der Große sagte:
„In meinem Lande kann jeder nach seiner Fasson selig werden."
Voraussetzung dabei ist, daß nicht etwa der Staat durch das
Religionsbekenntnis leidet, indem beispielsweise die Religion ihren
Bekennern den Waffen- und Kriegsdienst verbietet (Mennoniten).
e) Freiheit der Wissenschaft und Lehre.
Hieraus darf noch nicht gefolgert werden, daß ein jeder nach
Belieben Unterricht erteilen, Schulen einrichten darf, sondern nur,
wer die sittliche und wissenschaftliche Befähigung dazu hat. Der
Staat beaufsichtigt das ganze Unterrichtswesen, die Lehrer sind
öffentliche Beamte.
Für den grundlegenden Unterricht ist der Schulzwang vor-
gesehen, alle Eltern bzw. Vormünder sind verpflichtet, die Kinder
in die Volksschule zu schicken. Wenn die Wissenschaft und Lehre
gegen die Strafgesetze verstößt, so muß sie verboten werden.
f) Recht der freien Meinungsäußerung.
Jeder Bürger hat das Recht, seine Meinung in Wort, Druck,
Schrift, Bild usw. frei zu äußern. Die Zensur ist aufgehoben.
Die Preßfreiheit ist für das gesamte Deutsche Reich gestattet.
Damit ist aber doch nicht schrankenlose Freiheit gemeint, sondern
wenn die Reden, Schriften, Bilder usw. gegen den Bestand des
Staates, gegen Ehre und Ansehen regierender Personen, gegen
Religion und gute Sitten verstoßen, kommen sie mit den Straf-
gesetzen in Berührung, und das Recht der freien Meinungs-
äußerung ist beschränkt.
Auf jeder Schrift muß daher Druckerei und Verleger an-
gegeben sein, bei jeder Zeitung auch der verantwortliche Redakteur.
Der Polizeibehörde muß ein Exemplar zugestellt werden.
i?) Das Versammlungs- und Vereinsrecht.
In der Verfassung wird uns das Recht eingeräumt, Vereine
zu bilden und Versammlungen abzuhalten. Während bis jetzt
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land]]
Extrahierte Personennamen: Francke Friedrich_der_Große Friedrich
62
eine Reihe von Beschränkungen waren, die der Polizeigewall einen
weitgehenden Einfluß auf die Versammlungs- und Vereinstätigkeit
gestattete, ist durch das Reichsvereinsgesetz die Freiheit bedeutend
erweitert. Alle landesgesetzlichen Beschränkungen sind aufgehoben
und das Bereinsrecht auch den Frauen eingeräumt. Beschränkungen
erleiden nur noch die Veranstaltungen, welche mit einer Gefahr-
für Leben und Gesundheit der Teilnehmer verknüpft sind. Auf-
gelöst werden nur solche Vereine, deren Zweck den Strafgesetzen
zuwiderläuft.
Vereine, welche eine Einwirkung auf politische Angelegen-
heiten bezwecken, müssen einen Vorstand und eine Satzung haben.
Mitglieder des Vorstandes und die Satzungen sind innerhalb
14 Tagen nach der Gründung der Polizeibehörde einzureichen,
die eine Bescheinigung darüber erteilt. Ebenso sind alle Änderungen
der Statuten anzuzeigen. Satzungen und Änderungen müssen
in deutscher Sprache abgefaßt sein.
Wenn in Wahlzeiten eine Gruppe von Leuten zusammen-
tritt zur Förderung der Wahl, so ist das kein politischer Verein.
Jede politische Versammlung muß entweder 24 Stunden
vorher der Polizeiverwaltung angezeigt, oder durch öffentliche
Anzeige in der Zeitung oder durch Anschlag bekanntgegeben sein.
Zeit und Ort der Versammlung sind genau zu bestimmen.
Besprechungen zu Wahlzwecken oder von Arbeitern zum
Behufe der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen
fallen nicht unter die Anzeigepflicht.
Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Auf-
züge auf öffentlichen Plätzen oder Straßen bedürfen der Ge-
nehmigung der Polizeibehörde. Sie darf nur versagt werden,
wenn aus der Abhaltung der Versammlung oder der Veran-
staltung des Aufzuges Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu
befürchten ist.
Der Versammlungsleiter hat für Ruhe und Ordnung zu
sorgen, er kann die Versammlung auflösen.
Das Tragen von Waffen in solchen Versammlungen oder
Aufzügen ist im allgemeinen verboten.
Die Verhandlungen sind in deutscher Sprache zu führen.
Rur in den zweisprachigen Landesteilen, in denen die nichtdeutsche
Bevölkerung mehr als 60 °/rt der Bewohner beträgt, kann bis
1928 (20 Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes) der Mit-
gebrauch der anderen Sprache gestattet werden. Der Veranstalter ist
jedoch verpflichtet, dreimal 24 Stunden vor Beginn der Polizei-
behörde Anzeige zu machen und dabei anzugeben, in welcher
Sprache verhandelt wird.
Die Polizei darf in diese Versammlungen einen Beauftragten
entsenden, der sich dem Leiter als solcher vorzustellen hat. Ihm
muß ein angemessener Platz eingeräumt werden.
Der Beauftragte kann die Versammlung unter folgenden
Gründen auflösen:
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung]]
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114
Der zur Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und der
damit zusammenhängenden Anstalten erforderliche Aufwand wird
aus der Reichskaffe bestritten.
Artikel 64. Die Kauffahrteischiffe aller Bundesstaaten
bilden eine einheitliche Handelsmarine.
Artikel 55. Die Flagge der Kriegs- und Handelsmarine
ist schwarzweihrot.
X. Konsulatwesen.
Artikel 56. Das gesamte Konsulatwesen des Deutschen
Reichs steht unter der Aufsicht des Kaisers, welcher die Konsuln,
nach Vernehmung des Ausschusses des Bundesrates für Handel und
Verkehr, anstellt.
Xi. Reichskriegswefen.
Artikel 57. Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich
in Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen.
A r t i k e 1 58. Die Kosten und Lasten des gesamten Kriegs-
wesens des Reichs sind von allen Bundesstaaten und ihren An-
gehörigen gleichmäßig zu tragen.
A r t i k e 1 59. Jeder wehrfähige Deutsche gehört sieben Jahre
lang, in der Regel vom vollendeten 20. bis zum beginnenden
28. Lebensjahre, dem stehenden Heere, die folgenden fünf Lebens-
jahre der Landwehr ersten Aufgebots und sodann bis zum 31. März
des Kalenderjahrs, in welchem das 39. Lebensjahr vollendet wird,
der Landwehr zweiten Aufgebots an.
Artikel 63. Die gesamte Landmacht des Reichs wird ein
einheitliches Heer bilden, welches in Krieg und Frieden unter dem
Befehle des Kaisers steht.
A r t i k e 164. Alle deutschen Truppen sind verpflichtet, den Be-
fehlen des Kaisers unbedingte Folge zu leisten. Diese Verpflich-
tung ist in den Fahneneid aufzunehmen.
Der Höchstkommandierende eines Kontingents, sowie alle Offi-
ziere. welche Truppen mehr als eines Kontingents befehligen, und
alle Festungskommandanten werden von dem Kaiser ernannt. Die
von Demselben ernannten Offiziere leisten Ihm den Fahneneid.
Bei Generalen und den Eeneralstellungen versehenden Offizieren
innerhalb des Kontingents ist die Ernennung von der jedes-
maligen Zustimmung des Kaisers abhängig zu machen.
Artikel 66. Wo nicht besondere Konventionen ein anderes
bestimmen, ernennen die Bundesfürsten, beziehentlich die Senate
die Offiziere ihrer Kontingente.
Xii. Reichsfinanzen.
Artikel 69. Alle Einnahmen und Ausgaben des Reichs
müssen für jedes Jahr veranschlagt und auf den Reichshaushalts-
etat gebracht werden. Letzterer wird vor Beginn des Etatsjahres
nach folgenden Grundsätzen durch ein Gesetz festgestellt.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
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115
Artikel 70. Zur Bestreitung aller gemeinschaftlichen Aus-
gaben dienen zunächst die aus den Zöllen und gemeinsamen
Steuern, aus dem Eisenbahn-, Post- und Telegraphenwesen sowie
aus den übrigen Verwaltungszweigen fließenden gemeinschaftlichen
Einnahmen. Insoweit die Ausgaben durch diese Einnahmen nicht
gedeckt werden, sind sie durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten
nach Maßgabe ihrer Bevölkerung aufzubringen, welche in Höhe
des budgetmäßigen Betrags durch den Reichskanzler ausgeschrieben
werden. Insoweit diese Beitrüge in den Überweisungen keine
Deckung finden, sind sie den Bundesstaaten am Jahresschluß in
dem Maße zu erstatten, als die übrigen ordentlichen Einnahmen
des Reichs dessen Bedarf übersteigen.
Artikel 72. über die Verwendung aller Einnahmen des
Reichs ist durch den Reichskanzler dembundesrate und dem Reichs-
tage zur Entlastung jährlich Rechnung zu legen.
A r t i k e l 73. In Fällen eines außerordentlichen Bedürf-
nisses kann im Wege der Reichsgesetzgebung die Aufnahme einer
Anleihe, sowie die Übernahme einer Garantie zu Lasten des Reichs
erfolgen.
Xiv. Allgemeine Bestimmungen.
Artikel 78. Veränderungen der Verfassung erfolgen im
Wege der Gesetzgebung. Sie gelten als abgelehnt, wenn sie im
Bundesrate 14 Stimmen gegen sich haben.
Diejenigen Vorschriften der Reichsverfassung, durch welche be-
stimmte Rechte einzelner Bundesstaaten in deren Verhältnis zur
Gesamtheit festgestellt sind, können nur mit Zustimmung des be-
rechtigten Bundesstaates abgeändert werden.
B.: Verfassung und Verwaltung von Reich und Staat.
54. Ursachen des Verfalls des alten Deutschen
Reiches.
2n alter Zeit wurde der Kaiser vom ganzen Volke gewählt.
Jeder hatte seinen Anteil daran. Je größer nun die Genossen-
schaften wurden, um so schwieriger wurde die Wahlhandlung.
Die Folge davon war, daß viele, besonders ärmere, die nicht die
Mittel hatten, weite Reisen zu machen, einfach zu Hause blieben. So
ging die Wahl allmählich aus den Händen des Volkes in die
der Fürsten über. Das war für Kaiser und Reich eine ver-
hängnisvolle Sache. Die Macht dieser Kur- und Wahlfürsten
wurde zum Schaden des Reiches immer größer. Wer den Kaiser-
thron erlangen wollte, mußte sich um ihre Gunst bewerben, ihnen
möglichst viele Wünsche erfüllen und versprechen, kaiserliche Rechte,
wie z. B. das Münzrecht, Bergwerksregal, Stadt- und Marktrecht
an sie abtreten zu wollen.
War ein Kaiser zu wählen, so berief der Erzbischof von Mainz
als Erzkanzler des Reichs die Fürsten zur Wahlversammlung.
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TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen]]
66
Durch das Reichsrecht ist der König mehrere rvichiige
Atachtvollkommenheiten losgeworden, die dem Deutschen Kaiser
übertragen sind. (Siehe dort.)
Der einzelne deutsche Staat hat zwar noch Gesandtschaften
(Vertretungen), aber die Vertretung des Reichs nach außen steht
doch nur dem Kaiser zu.
Unser König ist unverantwortlich nach zwei Richtungen:
1. Er ist politisch unverantwortlich, d. h. er kann in
keiner Weise wegen einer Regierungshandlung zur Rechenschaft
gezogen werden.
Der König steht über den Parteien und darf nicht in die
Streitigkeiten hineingezogen werden. Daher muß der Minister
die Verantwortung übernehmen und gegenzeichnen. Sonst könnte
leicht die Unverantwortlichkeit zur Willkür werden.
2. Er ist strafrechtlich unverantwortlich undun-
verletzlich, d. h. kein Gerichtshof kann ihn wegen irgendeiner
Handlung zur Verantwortung ziehen.
Dazu hat der König noch eine Reihe von Ehrenrechten:
1. den Titel „Majestät". Dieser stammt aus dem römischen
Reiche. Er wurde den römischen Kaisern beigelegt und ging
später auf die deutschen Kaiser über. Seit dem 16. Jahrhundert
nahmen auch die Regenten der Kleinstaaten diesen Titel an.
Ferner führt er die Bezeichnung „von Gottes Gnaden".
Dadurch soll zum Ausdruck gebracht werden, daß der Monarch
sein Recht von keinem auf der Welt ableite und nur Gott allein,
d. h. seinem Gewissen, für seine Handlungen verantwortlich sei.
Im Jahre 1849 wurde der Antrag gestellt, diese Bezeichnung zu
streichen. Er wurde mit Recht abgelehnt. Der Ausdruck ist auf
geschichtlichem Boden erwachsen und bedeutet nur, daß der König
nicht „von Volkes Gnaden" König ist. Abzuweisen sind jene
Vorstellungen, die mit dieser Bezeichnung eine übermenschliche
Einrichtung andeuten wollen und den König zum Statthalter
Gottes auf Erden machen. So war es in Frankreich zur Zeit
Ludwigs Xiv.
Fernere Ehrenrechte:
2. diejenigen auf bestimmte Insignien, Krone, Zepter, Reichs-
apfel und Schwert;
3. Die höchsten militärischen Ehren, Hofstaat, Hofzeremonien.
4. die Fürbitte im Kirchengebei.
5. die Landestrauer beim Tode des Monarchen. Durch
Gesetz vom 14. April 1903 ist dafür bestimmt:
a) 14 Tage lang werden mittags die Glocken der Kirchen
von 12 bis 1 Uhr geläutet.
b) Vier Tage lang vom Sterbetage an und am Tage der Bei-
setzung sind alle öffentliche Musik, öffentlichen Lustbarkeiten
und Schauspielvorstellungen einzustellen.
o) Zuwiderhandlungen werden mit 60 bis 150 Mk. bestraft.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs
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