Handel und Gewerbfleiß.
16l
sperre und später durch die hohe Besteuerung der auswärtigen Kunst-
erzeugnisse gelangte der inländische Gewerbfleiß zu einem neuen Auf-
blühen. Daneben erhielt der Staatspapier- und Aktienhandel eine
nie gekannte Bedeutung und artete zum Theil in Schwindelei aus.
Wesentliche Beförderungsmittel des Handels waren: a) die Erleich-
terung der Communieationen durch Anlage und Verbesserung von
Land- und Wasserstraßen (der Ludwigscanal zwischen Main und
Donau), durch Fluß- und Seedampfschiffe (seit 1825), durch Eisen-
bahnen (seit 1837), Schnellposten, u. s. w., b) Handelsverträge,
c) freie Schifffahrt auf den deutschen Strömen und 6) Vereinigung
der meisten deutschen Staaten zu einem allgemeinen Zollvereine
s. S. 176, so wie einem Post- und Telegraphenvereine.
Pütz deutsche G.'seb, 5. Aufl.
11
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch]]
TM Hauptwörter (200): [T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr]]
Extrahierte Ortsnamen: Staatspapier- Schwindelei Main Donau
— 22 —
auch Rennstieg oder Rennweg, jene wundersame Straße, wie sie in Rücksicht auf
Lage und Länge kein anderes Gebirge aufzuweisen hat, an 44 Stunden lang,
nämlich vom eisenachischen Dorfe Hörschel an der Werra bis zum reußischen
Dorfe Blankenstein an der Saale, — auf dem höchsten Gebirgsrücken in der
Richtung der Wasserscheide fort; er ist mit Ausnahme einer kurzen Strecke (am
Juselsberg) überall fahrbar. Der Rennstieg bildete Jahrhunderte hindurch eine
politische Landes-, Flur-, Völker-, Forst-, Jagd-, Sprach- und bischöfliche Kirchen-
grenze zwischen Thüringen und Franken und außerdem noch eine Rechtsscheide
zwischen Ländern sächsischen und fränkischen Rechts, wie er denn auch jetzt
noch auf der Grenzscheide einzelner Länder hinläuft und mit vielen alten und
neuen Grenzsteinen besetzt ist. Gegenwärtig steht der Weg, obwohl hin und
wieder chaussiert, fast vereinsamt, und auch eine Fußwanderung wird auf ihm
selten unternommen, weil er nur wenige Ortschaften berührt.*)
Ebenso bieten die Übergänge quer über das Gebirge, deren es eine Menge
giebt, keine erheblichen Schwierigkeiten dar. Es ist daher der Thüringer Wald
eins der wegsamsten Gebirge Deutschlands. Die Hauptübergänge, welche muster-
hafte Straßenbauten aufweisen und den Reisenden durch reichen Wechsel von
Naturbildern in Spannung und Freude erhalten, vermitteln den großen Berkehr
zwischen Nordost- und Süddeutschland, z. B. der höchste der Pässe, welcher aus
dem Gothaischen über Oberhof (827 in) nach Suhl führt. — Am nördlichen
Abhänge zieht die thüringische Eisenbahn von Erfurt über Neudietendorf, Gotha
nach Eisenach hin; von Neudietendorf geht eine Bahnlinie über Arnstadt, Stadt-
Ilm, Paulinzella, Blankenburg i. Th. uach Saalfeld, so daß der ganze Nordrand
des Thüringer Waldes befahren werden kann. Von Saalfeld ans geht die Bahn
in südlicher Richtung über Eichicht nach Lichtenfels, wo die dritte Linie, welche
von Eisenach aus über Salzungen, Meiningen, Hildburghauseu, Coburg den Süd-
fuß des Thüringer Waldes umspannt, einmündet. Dieses Eisenbahndreieck zeigt
in der Mitte noch die verkehrsreiche Verbindungslinie von Neudietendorf über
Arnstadt, Oberhof, Suhl nach Grimmenthal, wo sie in die Werrabahn einmündet.
Außerdem sind so manche romantisch gelegene, viel besuchte Punkte, wie auch
industriell wichtige Orte durch Zweigbahnen mit den Hauptverkehrsadern in Ver-
bindung gesetzt. Dazu gehören folgende Bahnlinien: Wntha-Ruhla; Fröttstädt-
Waltershausen-Schnepfeuthal-Friedrichroda-Georgeuthal-Tambach; Gotha-Georgen-
thal- Ohrdruf -Gräfenroda; Plaue-Elgersburg-Ilmenau-Gehren-Gr. Breitenbach;
Lndwigsstadt-Lehesten; Coburg-Sonneberg-Steinach-Lauscha; Eisfeld-Porzellan-
Fabrik - Unterneubrunn; Themar-Schlensingen; Wernshansen-Schmalkalden-Zella
St. Blasii (b. Suhl); Schmalkalden-Klein-Schmalkalden; Jmmelborn-Liebenstein.
Rechnet man dazu die trefflichen Chausseen und die anmutig geschlängelten,
schattigen Promenadenwege, welche fast zahllos vorhanden sind und die reizendsten
Partieen der Gebirgsuatur erschließen, so kann man wohl sagen, daß nur wenige
andere Gebirge sich einer solchen Zugänglichkeit erfreuen.
*) cf. den Artikel „Auf der Scheide" in der Zeitschrift „Natur" Nr. 33 vom Jahre 1890;
Verlag von Schlvetschke, Halle.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura]]
TM Hauptwörter (200): [T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland]]
— 122 —
Halbkreis durch folgende breite Straßen mit Anlagen: Alte Promenade (von der Geiststr. —
Theater — bis 'Steinstr.); Poststr. (bis Leipzigers^.); Nene Promenade (bis Rannische Str. am
Waisenhause); Moritzzwinger (bis zur Gerbersaale). Außerhalb dieses Kranzes liegen die neuereu
Stadtteile. Im Osten der Stadt liegt der Centralbahnhof, der mit dem Markte durch die Leip-
ziger Straße iu Verbindung steht.
2. Halle als Fabrik- und Handelsstadt: Reiche Naturprodukte und eine günstige
Lage haben die Entwicklung der Stadt bedingt. Schon seit uralten Zeiten fließen hier reiche Sol-
quellen, welche die erste Ansiedlung veranlaßt und ihr den Reimen*) gegeben haben. Die Arbeiten
plan von halle.
Erklärungen: 1—Marktvlatz mit der Marienkirche ini Westen, dem Rathaus im Osten? in der Mitte:
der rote Turm, Siegesdenkmal und Erzbild Handels. 2 — Franckesche Stiftungen. 3 — Gebäude der
königl. Klinik. 4 —Post. 5 — Gymnasium. 6 —Theater. 7 — Universität. 8^-Moritzburg, 9 —Loge
auf dem Jägerberge. 10 — Tiakonissenhans lind gegenüber das Martinsstift, ll — Kaserne.
12 = Psännerschaftliche Saline.
der Salzgewinnung in der pfännerschaftlichen Saline (s. Skizze 12) werden von den Halloren^),
den Nachkommen der ersten Bewohner, verrichtet. Halle liegt aber auch in einem reichen Braun-
*) Halle — wahrscheinlich vom kelt. hal — Salz, jedenfalls knüpft sich der Name eng an
die Salzgewinnung an; et. Hall, Reichenhall, Friedrichshall, Hallstadt, Hallein, Wilhelmshall ?c.
**) Die Halloren (— Salzarbeiter) unterscheiden sich durch Sitten und Gebräuche von den
übrigen Bewohnern der Stadt. Nachdem der Betrieb der Salzsiederei in die Räume der könig-
lichen Saline verlegt wurde, konnte nur ein Teil der vorhandenen Halloren dort Beschäftigung finden,
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T70: [Stadt Donau München Stuttgart Neckar Nürnberg Ulm Schloß Augsburg Regensburg], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland]]
126
An dem Lober, einem linken Nebenflusse der Mulde, liegt die Kreisstadt Delitzsch (91/.,). Sic ist
eine alte Sorbenstadt: ihr Name bedeutet Thalort (dola = Thalf*). ^Delitzsch ist der Geburtsort
Ehrenbergs, der Professor der Medizin an der Universität zu Berlin war und sich bekannt machte
durch seine naturwissenschaftlichen Forschungen, besonders aus seinen Reisen durch Ägypten, Nubien
und das arabische Küstenland. — Außerdem wurde hier 1808 der Nationalökonom Schulze-Delitzsch
geboren, dem hier von den deutschen Genossenschaften ein Denkmal gesetzt ist.) — An der Mulde
liegt Eilenburg (Is1/.,), die größte 3tabt des Kreises. Ihren heutigen Namen erhielt die Stadt
von der alten Jlburg, die schon unter Heinrich I. als wichtiger Grenzpunkt gegen Sorben und
Wenden geuauut wird. Sie hat Fabriken für Tuch, Buckskin, Kattun, Chemikalien, Maschinen,
Tabak, bedeutende Korbflechtereien, Wagenbauanstalten ?e. Ein besonderes Interesse hat die alte
Stadt dadurch, daß aus derselben das Lob-
und Danklied: „Nuu danket alle Gott" er-
kluugen ist. Der Dichter desselben, Martin
Rinkart, wurde hier 1586 geboren und fand
später seine Anstellung als Pfarrer in dieser
Stadt.
b) Am Bober (unweit der Mulde) liegt
die Kreisstadt Bitterfeld (10v2)- Sie ist
im 12. Jahrhundert von eingewanderten
Flämingern erbant, welche den Ort Bett er-
feld nannten. Dieser Name soll von „besser
Feld" stammen, das die Erbauer hier sau-
deu, als sie vom Fläming kamen. Seit Er-
öfsnuug der zahlreichen Eisenbahnen sind hier
Braunkohlenbergbau, Thouwaren-und Ziegel-
fabrikation bedeutend gehoben. Das große
Torf Holzweißig (31/.>) ist infolge dieser
Industrie emporgeblüht. — Westlich von der
Mulde liegen in dem fruchtbaren Gebiete:
Dorf Roitzsch (23/4) und die beiden Acker-
städte Brehna (2) und Zörbig (4). — Ostlich von der Mulde in der waldreichen Gegend am Rande
der Dübener Heide: Gräfenhainichen (3'/4i, Geburtsort des Kirchenlieddichters Paul Gerhardt:
die Stadt wurde von Flämingern erbaut und nach Gravenhaag in Holland benannt. Düben (3'/.,)
ist ein alter sorbischer Lrt. Hier gedachte Napoleon I vor der Leipziger Schlacht die schlesische
Armee unter Blücher zum Kampf zu nötigen. Nach Vereitelung dieses Planes führte er seine
Armee uach Leipzig.
Aufgaben: Stelle die Städte dieses Gebietes nach ihrer Größe züsammen
und ziehe daraus Schlüsse aus die natürlichen Erwerbsquellen und Verkehrswege! —
Zeige an den Eisenbahnen, daß dieses Gebiet ein Dnrchgangsland ist zwischen
schiffbaren Flüssen und Großstädten! —
10. £)ö0 Land au der Eide und Schwarten Elster.
(Kreise: Torgau, Wittenberg, Schweinitz, Liebenwerda.)
Die Ebene, welche wir zwischen Saale und Mulde kennen lernten, setzt sich
nach Osten über die Elbe und schwarze Elster hinaus fort. Sie wird nur durch
vereinzelte Anhöhen unterbrochen, von denen die aus der Geschichte bekannten
Höhen von Süptitz und die im Nordosten dieses Gebietes liegenden flachen
*) Östlich von Elbe und Saale, vereinzelt auch westlich von diesen Linien, treten Ortsnamen
mit slavischen Endungen, auch mit slavischem Stamm auf. Dazu gehören alle Namen mit den
Endungen „itz", „itzsch", „ow", „owa", „ova"' sie alle bedeuten „Ort" oder „Dorf".
Das Muldegebiet der j?roo. Sachsen,
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art]]
TM Hauptwörter (200): [T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich_I. Heinrich_I. Martin
Rinkart Paul_Gerhardt Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Nubien Eilenburg Brehna Heide Holland Leipzig Torgau Wittenberg Schweinitz Sachsen
— 145 —
b) Genthin (5v2) ist Kreisstadt von Jerichow Ii. Sie hatte schon stich Bedeutung erlangt
als Gabelungsstelle der Magdeburg-Berliner und Magdeburg-Hamburger Straße. Die Industrie
wird begünstigt durch den Wasser- und Schienenweg. — In der Nähe das Dorf Altenplathow
(2) mit den Resten einer alten Wasserburg (— plotu = Zaun, also Zaunort oder befestigter
Ort—). Parey (2vz) am Kanal (twn wend. ta para — Sumpf). — Jerichow (l1/,) mit einer
schönen Klosterkirche aus dem 12. Jahrhundert. Das Dorf Schönhausen ist der Geburtsort
Fürst Bismarcks (1. April 1815). Ganz im Norden des Kreises das Städtchen Sandau (2).*)
Aufgaben: Gründe für die sandige Beschaffenheit des rechtselbischen Gebietes!
Vergleiche das rechtselbische Gebiet mit der Altmark! Zeige den Zusammenhang
zwischen der natürlichen Beschaffenheit des Landes und den sich entwickelnden In-
dustriezweigeu desselben (an diesem Gebiete)! Zeichne den senkrechten Durchschnitt
des Fieuer Bruches (Becken, See, Ausfüllung desselben mit Sumpfpflanzen, Ab-
trocknen der Oberfläche, Weiden- und Erlengebüsch, Bruch) und zeige die Ent-
stehung eines Bruches!
Aufgaben über die Provinz.
Zeichne ein Profil von der Alandmündung bis Suhl! Stelle die Gebiete
der Provinz zusammen, welche nicht zur Elbe abwassern. Bezeichne die vorhan-
denen und möglichen Kanalverbindungen zwischen Elb- und Wesergebiet! Die
Flnß-Pforten der Provinz und ihre Bedeutung für den Verkehr! Charakteristische
Flußläuse (Elbe, Saale, Uustrut, Bode :c.) sind zu zeichnen! Stelle zusammen:
a) die Randstädte, b) Brückenstädte, c) Kniestädte in der Provinz und gieb die
besondere Bedeutung derselben an! Gieb die historisch wichtigen Orte der Provinz
an, ordne die Landschaften nach ihrer geschichtlichen Bedeutung und suche die
Gründe für dieselbe! Stelle die fruchtbaren und unfruchtbaren Gegenden der
Provinz zusammen und gieb die Gründe für Entstehung ihrer Bodenarten! In-
dnstriegebiete, welche a) vom Mineralreiche, b) vom Pflanzenreiche, c) vom Tier-
reiche abhängig sind! Führe an bestimmten Landschaften der Provinz den Nach-
weis, daß die Industrie von größerem Einfluß ist auf die Entwicklung der
Anfiedlnngen als die Fruchtbarkeit des Bodens allein! Ordne die Hanptkreuzuugs-
punkte der Eisenbahnen in der Provinz nach der Zahl der Schienenwege und
untersuche deu Einfluß derselben auf Entwicklung der betr. Orte! (Es ergeben
sich 2 Gruppen: Durchgangs- und Endstationen.) Die Verbindungen der Haupt-
kreuzungspnnkte untereinander!
Geschichtlicher Überblick über die Gebietsteile der Provinz Sachsen.
Die Bestandteile der heutigen Provinz Sachsen gehörten im 5. Jahrhundert
größtenteils dem Thüringerreiche an. Später kam der südliche Teil an das
Franken-, der nördliche an das Sachsenreich, während die Slaven den Osten bis
zur Saale und Elbe besaßen.
Im Frankenreiche fand das Christentum zuerst Eingang durch Bonifatius.
Karl der Große brachte es auch den Sachsen und nach ihrer Unterwerfung be-
kämpfte er die Slaven, gegen welche er seine Nordostgrenzen durch Anlegung von
*) Zwei gleichnamige Städte liegen in Böhmen.
Stecke!, Prov. Sachsen.
10
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken]]
TM Hauptwörter (200): [T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Bode Karl_der_Große Karl
— 47 —
f. Die Bewohner Thüringens.
In Thüringen lebt ein frischer, fröhlicher, liederreicher Menschenschlag, der
Stamm der Thüringer. So nennt er sich am liebsten, unbekümmert um die Zahl
der Fürsten, die sich in sein Land geteilt haben. Keinem merkt man es an, ob
er ein preußischer, großherzoglich- oder herzoglich-sächsischer Thüringer ist. Er ist
Thüringer, und das genügt ihm, das ist sein Stolz und seine Freude.
Musik und Gesang ist des Thüringers höchste Freude. Gesang tönt bei
Spiel und Arbeit, von der Wiege bis zum Grabe, bald heiter, bald schwermütig
in tausendfacher Weise. Gar mancher Waldort hat im Winter seine Konzerte,
wie sie manche Stadt nicht aufzuweisen vermag. Es ist wunderbar, wie die in
schwerer Arbeit gehärteten Hände zu solch künstlerischer Fertigkeit auf der Violine,
Klarinette und Flöte, ja nicht selten selbst auf Klavier und Orgel es zu bringen
vermochten.
■ Biederkeit, Ehrlichkeit, Arbeitsamkeit und Genügsamkeit sind des Thüringers
hervorragende Eigenschaften; zu seinem Glücke genügt es, wenn er Kartoffeln im
Keller, Bier im Kruge, Vögel im Käfig und Lieder in der Kehle hat. Auch ist
es ein wahres Wort, das einst der große Karl August vou Weimar über seine
Thüringer aussprach: „Einen so kräftigen, schönen Menschenschlag, wie meine
Thüringer, so treu und ehrlich und so liederreich und poetisch — den giebt es
sonst nicht im deutschen Reiche."
g. Die Hauptverkehrswege in Thüringen.
Der Reichtum des Landes einerseits und die centrale Stellung desselben in
Deutschland andrerseits haben Thüringen schon in früher Zeit zu einem Passage-
lande für Völker- und Warenzüge gemacht, die sich von Westen nach Osten und
umgekehrt durch das Land bewegten, da dasselbe im Norden und Süden durch
hohe Gebirge geschlossen ist und im Westeu und Osten freien Zutritt und Durch-
gaug durch Pässe, Becken und Thäler gestattet. So gingen zwei durch die Natur
vorgezeichuete Verkehrsstraßeu in der Richtung von Osten nach Westen durch Thü-
ringen. Die südliche ging von Halle über Weimar, Erfurt, Gotha nach Eisenach,
wo sie sich in eine westwärts durch Hessen gehende und in eine südwärts nach
dem Main laufende teilte. Die nördliche Straßenlinie ging von Halle über
Eisleben, Sangerhausen nach Nordhausen, wo eine Teilung stattfand; die eine
Straße ging über Heiligenstadt nach Kassel und stellte die Verbindung mit dem
Lahn- und Rheinthale her, die andere lief in nordwestlicher Richtung über Nort-
heim, Hannover :c. — Jetzt eilt nun das Dampfroß auf den bezeichneten Haupt-
wegen und ihren Verzweigungen, die Thüringer Bahn im Süden und die Halle-
Kasseler Bahn im Norden. Da dieser nördliche Schienenweg die direkte Linie
nach dem Lahn- und Moselthale nach Metz hin bezeichnet, so ist er seit Wieder-
erwerbuug Lothringens von besonderer Bedeutung, da durch ihn und seine östliche
Fortsetzung von Sangerhausen über Mansfeld, Güsten, Berlin die kürzeste Ver-
binduug zwischen dem Centrum und der Westgrenze des Deutschen Reiches her-
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau]]
Extrahierte Personennamen: Karl_August Karl August
Extrahierte Ortsnamen: Thüringen Weimar Thüringen Deutschland Westeu Weimar Erfurt Gotha Eisenach Hessen Main Eisleben Nordhausen Heiligenstadt Kassel Rheinthale Hannover Mansfeld Berlin
— 158 —
2. Die Lage: Während die Handelsstraßen von Hannover und Magdeburg nach dem Innern
Thüringens durch die Flußthäler der Leine und Elbe mit Saale von der Natur vorgezeichnet
waren, entbehrte Braunschweig eines bequemen Zuganges in die südlichen Gegenden, indem der
Gebirgswall des Harzes die Verbindung nach Thüringen erschwerte; Braunschweig war also unr
eine Entwicklungs-Bedingung ärmer als die beiden ersten Städte, gegen welche sie bis heute in
ihrer Entwicklung zurückgeblieben ist. Doch hatte aber Braunschweig eine günstige Handelslage
am Rande des Mittelgebirges und Tieflandes: der Handelsweg von Antwerpen und Köln führte
über Hannover, Braunschweig, Magdeburg :c.; zudem liegt Braunschweig in der Mitte der alten
Handelsstraßen, welche Bremen und Hamburg mit Leipzig, außerdem Hamburg und Lübeck mit
Frankfurt a. M., also die Seehandelsstädte mit den wichtigsten Binnenhandelsstädten verbanden.
So gelangte Braunschweig in den Besitz eines großen Speditionshandels und gewann eine ge-
waltige Bedeutung in der Blütezeit der Hansa. Besonders lebhaft gestaltete sich der Verkehr mit
Bremen, da eine Wasserstraße diese beiden Städte verband, auf der bis ins 16. Jahrhundert
Schiffahrt bestand. Doch waren Oker und Aller für die größeren Fahrzeuge späterer Zeit zu un-
bedeutend, und man klagte in Braunschweig: „O Brunswik, wärest du waters rike, so wäre nimmer
dienes glike". Als daun der Welthandel eine andere Richtung nahm und die Hansa sank, verlor
auch Braunschweig die große Bedeutung. Nur die Einrichtung der Messen gab der Stadt einen
neuen Aufschwung.
Braunschweig besitzt heute den wichtigen Schienenweg von Magdeburg—helmstedt—braun-
schweig — Hannover, der mit den übrigen ost-westlichen Bahnen von Braunschweig aus in nord-
südlicher Richtung verbunden ist.
3. Die Industrie: In der srnchtbaren Ebene von Braunschweig und Wolsenbiittel steht
der Ackerbau in höchster Blüte, der eine ausgedehnte Viehzucht veranlagte. Davon war wieder
abhängig die Rübenzucker-Fabrikation, die Bierbrauerei (in Braunschweig: die einst weit versandte
„Mumme") und die Verarbeitung des
Fleisches zu den bekannten Braunschweiger
Wurstwaren. (Deshalb pflegte man in
Braunschweig zu sagen: „Mumme un
een Stümpel Worst kann den Hunger un
den Dorst ogenblicklich stillen".)
Von Bedeutung ist der ausgedehnte
Gartenbau in Braunschweigs Umgebung,
der erhebliche Mengen Spargel, Hülsen-
flüchte und Gemüse liefert. Was davon
nicht in frischem Zustande verwertet wird,
kommt in die zahlreichen Konserven-
Fabriken, in denen die bekannten Gemüse-
Konserven hergestellt werden.
Einst blühten in Braunschweig die
Tuchmachern und die Metallarbeit, be-
sonders die Waffeusabrikatiou, so daß die
Stadt ein „Rüsthaus" genannt werden
konnte (wie Lüneburg ein „Salzhaus"
und Lübeck ein „Kaufhaus"). Jetzt sind
eine Reihe bedeutender Maschinenfabriken
und zahlreiche andere Industriezweige in
Braunschweig vertreten. Über 50% der
Bewohner finden in der Industrie ihren
Erwerb, während der Handel jetzt nur
etwa 12% der Bewohner ernährt.
(Zu dem Kreise Braunschweig gehört
die Exklave Thedinghausen an der
Weser — südöstlich von Bremen —.)
b) Südlich von Braunschweig liegt Wolfenbüttel (15%) an einer alten Übergangsstelle über
die Oker. Sie war Residenz der brannschweigischen Herzöge, bis dieselbe 1754 nach Braunschweig
verlegt wurde. Dem Schloß gegenüber die Wolsenbütteler Bibliothek, deren Bibliothekar Lessing
war. — In der Nähe der Jlse-Mündung der Eisenbahnknotenpunkt Börßum. — Am Südwestfuße
V: 1 :1000000.
Okergebiet von Braunschweig.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland]]
— 56 —
richten, verbannen und am Vermögen bestrafen, wen er wollte, und nicht blos Schuldige, sondern auch Solche, bei denen er auf reiche Beute hoffen durfte. Auch bei den Nachbarvölkern, namentlich den Latinern, machte er sich verhaßt, indem er treulos ihre Freiheit unterdrückte. Die Stadt Gabii brachte er durch den Verrath seines Sohnes Sextus in seine Hände; er führte noch andere glückliche Kriege und verschönerte aus der gemachten Beute Rom durch Tempel und andere Anlagen. In dem Tempel des Jupiter auf dem Capitol wurden auch die sogenannten sibyllinischen Bilder aufbewahrt. Mit diesen hatte es folgende Bewandtniß. Eines Tages kam ein altes Weib, daß sich Sibylla, d. h. Prophetin, nannte, zum Tarquinius (Andere erzählen dies vom älteren Tarquinius) und bot ihm neun Bücher für einen ungeheuren Preis an. Als der König sie abwies, verbrannte sie drei der Bücher und forderte für die übrigen sechs denselben Preis. Der König verlachte sie; da verbrannte sie abermals drei Bücher und bot die letzten drei noch einmal unter gleichen Bedingungen an. Nun wurde Tarquinius aufmerksam, ließ die Bücher untersuchen, und es faud sich, daß sie wichtige Ausschlüsse über die künftigen Schicksale des römischen Reiches enthielten. Da kaufte sie der König und setzte eine besondere Behörde ein, die für dieselben Sorge zu tragen hatte und in zweifelhaften Fällen in den Büchern nachschlagen mußte, um sich Rath zu holen und den Willen der Götter zu erforschen.
Das Volk wurde indeß immer mehr erbittert durch den Druck der auswärtigen Kriege und die Frohndienste, die es bet den kostspieligen Bauten des Königs zu leisten hatte.
Endlich brachte eine Frevelthat seines übermüthigen Sohnes Sextus ihn und die Königsherrschaft überhaupt zu Falle.
Als das römische Heer die Stadt Ardea belagerte und sich die Belagerung in die Länge zog, vertrieben sich die Söhne des Königs und andere vornehme Jünglinge die Zeit mit Trinkgelagen und Schmausereien. Bei einer solchen Gelegenheit entstand ein Streit über die Vorzüge ihrer Frauen; als derselbe heftiger wurde, rief Tarquinius Cvllatinus, ein Verwandter des königlichen Hauses: „Meine Gattin Lucretia ist die vorzüglichste von allen; das können wir heute noch erfahren; laßt uns die Pferde besteigen und die Sache selbst untersuchen!" Die Frauen der königlichen Prinzen fanden sie
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T88: [Sohn Vater König Tod Kaiser Tochter Bruder Jahr Mutter Gemahlin], T53: [Rom Stadt König Romulus Tempel Römer Sohn Forum Zeit Alba], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
TM Hauptwörter (200): [T181: [Rom Kaiser Sohn Stadt König Nero Romulus Jahr Tarquinius Tod], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk]]
— 124 -
wankelmüthig, daß sie an demselben Tage ohne Grund sich mit ihren Bundesgenossen entzweiten und ohne Veranlassung sich wieder versöhnten. Unter diesem Volke trat Attila auf, ein Mann von entschiedenem Talente zum Herrschen, ganz Hunne in seiner äußeren Erscheinung, von untersetzter Statur, mit wild rollenden Augen, deren zorniger Blick kaum zu ertragen war, übrigens schlicht, einfach und mäßig in seiner Lebensweise; denn während er, nachdem das Reich der Hunnen vergrößert und befestigt war, seiner Umgebung erlaubte, in Pracht und Ueppigkeit zu leben und von den zusammengeraubten Reichthümern zu schwelgen, begnügte er sich mit einfachen Speisen, und während jene sich goldener und silberner Geschirre bedienten, gebrauchte er hölzerne Gefäße und Schüsseln. Seine Residenz hatte er in Ungarn zwischen Donau und Theiß, in Form eines großen Dorfes; sie war kreisförmig, mit Pfahlwerk umgeben und zeigte allen Luxus der Höfe von Constantinopel und Ravenna. Von seinen Hunnen wurde er wie ein höheres Wesen angesehen, sie hielten ihn für unbesiegbar und glaubten, der Kriegsgott selbst habe ihm ein ungeheures Schwert als Zeichen der Herrschaft verliehen. *) Uebrigens übte er strenge Gerechtigkeit, ließ den unterworfenen Völkern ihre Verfassung und Einrichtungen und duldete keinen Druck der Beamten, der im römischen Reiche so gewöhnlich war. Daher sehen wir, daß Künstler, Handwerker, Gewerbetreibende aller Art aus dem römischen Reiche gern auswanderten und sich unter den Hunnen niederließen. Bis zum Jahre 445 regierte er mit seinem Bruder Bleda gemeinschaftlich; nachdem dieser auf seinen Befehl aus dem Wege geräumt war, herrschte er unumschränkt über ein bereits bedeutendes Reich und trat nun als Eroberer auf. Zunächst machte er sich dem oströmischen Reiche furchtbar und zwang den Kaiser desselben, den Frieden durch einen Tribut zu erkaufen.
Damit nicht zufrieden, fpaunte er seine Forderungen höher, und als dieselben nicht befriedigt wurden, fiel er verwüstend in Thracien und Macedonien ein und drang bis Constantinopel vor, das er indeß seiner Festigkeit wegen nicht erobern konnte. Als der folgende Kaiser kräftiger gegen ihn auftrat, zog er sich zurück und
*) Denn mit der allmählich zunehmenden Cultur hatten sie auch die Ahnunq eines höheren Wesens bekommen.
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Die Spartaner, die nach dem Sturze Athens in Griechenland wieder die erste Stelle behaupteten, führten mit der griechischen Stadt Olynth auf der Küste Makedoniens Krieg, weil sich dieselbe ihren Anordnungen nicht fügen wollte. Sie schickten daher ein Heer unter Anführung eines gewissen Phoebidas dorthin. Als dieser auf dem Marsche sich in der Nähe Thebens lagerte, benutzten die Aristokraten in Theben seine Anwesenheit, sich in den Besitz der Regierung zu setzen und die demokratische Partei zu unterdrücken.
Auf ihren Antrieb überrumpelte Phöbidas die Burg von Theben und übergab die Leitung des Staates den Aristokraten. Die Spartaner entsetzten ihn freilich wegen dieses eigenmächtigen Verfahrens seiner Stelle, behielten aber die Burg in ihrer Gewalt und ließen die neue Einrichtung in Theben bestehen. Die Häupter der Gegenpartei wurden nun theils gelobtet, theils vertrieben, unter ihnen war Pelopidas. Sie begaben sich hauptsächlich nach Athen und suchten von dort aus dahin zu wirken, daß die demokratische
Partei wieder an die Spitze des Staates trat. Sie unterhandelten im Geheimen mit den Gleichgesinnten in Theben und bestimmten einen Tag zur Ausführung ihres Vorhabens; dies sollte derjenige sein, an dem die höchsten Behörden gemeinsam ein Gastmahl hielten. Es waren im Ganzen nicht mehr, als zwölf junge Leute, welche das Wagniß bestanden; unter ihnen war auch Pelopidas. Sie brachen zeitig bei Tage von Athen auf, um gegen Abend nach Theben zu gelangen, und zwar in ländlicher Tracht mit Jagdhunden und Jagdnetzen, um keinen Verdacht zu erregen. So gelangten sie nach Theben und begaben sich in das Hans ihres Mitverschworenen Charon.
Den Herrschern in Theben war zwar eine Andeutung über die
Ankunft der Verbannten gegeben; sie hielten es aber nicht der Mühe werth, darüber Nachforschungen anzustellen. Auch kam ein Brief von Athen an den Archias, der damals an der
Spitze des Staates stand, in welchem die Pläne der Verschworenen enthüllt waren. Er saß gerade beim Mahle, und ohne den Brief zu erbrechen, schob er ihn unter das Kopfkissen mit den Worten: „Ernste Dinge verschieben wir auf den nächsten Tag."»-^Der Gastgeber, bei dem die regierenden Häupter des Staates speisten, scheinbar ein Anhänger von ihnen, aber in der That mit den Verschworenen im Einverständniß, hatte ihnen versprochen, Tänzerinnen zum Mahle
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