Igo
Kunst. Handel und Gewcrdsteiß.
zu hoher Vollendung. Neben der Münchener Malerschule, an deren
Spitze P. v. Cornelius stand, blühte die Düsseldorfer Schule unter
W. Schadow's Leitung. Geschmack und Sinn für die Kunst ver-
breiteten die reichen Gemäldegallerien in Dresden, München, Berlin,
Wien, die vielen Privatsammlungen und die allenthalben entstande-
nen Kunstvereine, nicht wenig aber auch die Leichtigkeit der Verviel-
fältigung der Kunstwerke durch den Steindruck — eine deutsche Er-
findung (Sennefelder's in München) — und durch den in England
erfundenen Stahlstich. Mehr noch als in den übrigen Künsten, ragte
Deutschland im letzten Jahrhundert in der Musik hervor; denn
ihm gehören die genialsten Componisten neuerer Zeit an: Mozart
(-s 1791), Haydn (-s 1809), van Beethoven (7 1827) und ne-
den diesen lloch eine Menge anderer von ebenfalls europäischem Rufe.
Zur Verbreitung und höhern Ausbildung der Tonkunst dienen die
zahlreichen Singacademien, Liedertafeln, die großartigen Musik- und
Gesangfeste, der vorherrschende Geschmack an Operndarstellungen re.
7) Handel und Gewerbfleiß. Die Umgestaltung des
Welthandels in Folge der Entdeckung Amerikas und der Auffindung
des Seeweges nach Indien blieb auch für Deutschland nicht ohne
Rückwirkung, indem der deutsch-italienische Welthandel an Portugal
und Spanien überging. Der Versuch der Häuser Fugger und Wel-
ser in Augsburg Deutschland an dem Seehandel auf dem Ocean
und an der Colonisation in Amerika zu betheiligen, war nur ein vor-
übergehender. Die deutsche Hanse hatte in: Auslande allmälig ihre
Privilegien verloren, sie löste sich (1630) bis auf drei Städte auf,
und ein späterer Versuch (1669) den Bund herzustellen blieb erfolg-
los. Der 30jährige Krieg vernichtete den deutschen Handel und Ge-
werbsteiß vollends auf längere Zeit, deshalb nahm die Einfuhr aus-
ländischer Natur- und Kunstprodukte immer mehr zu, wodurch sich
vorzüglich diejenigen Städte hoben, welche den Verkehr mit dem
westlichen Europa betrieben, wie Hamburg und Bremen, und die
Meßplätze, wie Frankfurt, Leipzig und Braunschweig. Einzelne Maß-
regeln der Regierungen (wie Friedrich's Ii. und Joseph's Ii.) reich-
ten nicht hin, der deutschen Industrie einen neuen Aufschwung zu
geben, um so weniger als gleichzeitig England in Folge der Erfin-
dung der Spinnmaschinen und der Verbesserung der Dampfmaschinen
anfing Europa mit wohlfeilen Manufakturen zu überschwemmen. Erst
nach der Ausschließung englischer Fabrikate durch die Continental-
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr]]
Extrahierte Personennamen: Cornelius Mozart Haydn Beethoven
Extrahierte Ortsnamen: Dresden Berlin Wien England Deutschland Amerikas Indien Deutschland Portugal Spanien Wel- Augsburg_Deutschland Amerika Europa Hamburg Bremen Frankfurt Leipzig Braunschweig England Europa
71
6. Einladung.
Lieber Freund Jakob!
, Am nächsten Sonntag ist unsere Kirmes. Du weißt, daß dann
ver uns großer Jahrmarkt ist. Meine Eltern haben mir erlaubt, Dich
M die Kirmes zu mir einzuladen. Komm also herüber! Auf unserm
Marktplätze ist es heute schon sehr voll. Alt und Jung drängt sich
da um die vielen Buden, welche man baut. Eine ist schon fertig,
mrd vor ihr hängt ein großes leinenes Tuch, auf welchem viele fremde
Bpiere: Affen, Vögel u. s. w., gemalt sind. Aus dem Innern der
Bude ertönt bald ein Krächzen oder Pfeifen, bald ein Brüllen oder
Punzen, und nun, mein lieber Jakob, wirst Du wissen, daß ich von
emer Thierbude oder Menagerie (Menascherie) rede. Und so kleines
Bolk, wie wir, kann für 1 Sgr. all diese Herrlichkeiten besehen. Auch
m* schon das schöne Karroussel (sprich: Karruffel) aufgestellt,
Welches im vorigen Jahre hier war. Wir werden also gewiß viel
Vergnügen haben.
Es erwartet Dich Dein Freund
Essen, den 13. Oktober 1856. Otto Kraft.
7. Der blinde Geiger.
Ein armer Geiger wandert durchs Land, des Hündleins Schnur
*n zitternder Hand. Der Geiger ist alt und schwach und blind, es
kennt den Armen ein jedes Kind.
Und wenn er vor den Thüren geigt, wird Alles traurig und horcht
und schweigt; und wenn er von seinen Leiden singt, das Lied in die
kiefste Seele dringt:
„Ich wandle in Nacht schon achtzig Jahr, mein Leben ein Leben
voll Thränen war, ein Leben voll Angst und Hunger und Noth: o läg'
'ch im Grabe, o wär' ich todt!
O wär' ich bei dir, Herr Jesus Christ, wo keine Nacht,
kein Trübsal ist! O läg' ich im Grabe, o wär' ich todt! Wer
reicht dem Geiger ein Stücklein Brod?"
So singt er, mein Kind, und wirst du ihn sehn, darfst du nicht
spottend vorüber gehn. Leg' eine Gabe, freundlich und gut, dem
binden Geiger in seinen Hut!
8. Der Gotteskasten.
Es war einmal ein reicher und angesehener Mann, der hieß Bene-
dictus, das heißt in deutscher Sprache: Gesegneter. Solchen Namen
hatte er mit Recht; denn Gott hatte ihn reichlich mit Gütern gesegnet.
Er suchte die Menschen zu erfreuen, den Fremdling wie den Nachbar,
besonders die Armen und Nothleidenden.
Wenn er einen frohen Tag gehabt hatte mit seinen Freunden, so
ging er in seine Kammer und dachte: „Es sind viele Menschen, die
keinen solchen Tag gehabt haben, und ich hätte wohl noch einmal so
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Jakob emer_Thierbude Bolk Otto Jesus_Christ Geiger
66
Wilhelm I. Der deutsche Krieg. §. 16.
Verstärkungen. Hannover und Kurhessen wurden sofort unter preußische Verwaltung gestellt.
Nachdem die norddeutsche Coalitiou gegen Preußen innerhalb 14 Tage gänzlich gesprengt war, konnte dieses seine gestimmte Kraft gegen Oesterreich (nebst Sachsen) und dessen süddeutsche Bundesgenossen verwenden, dem zugleich Victor Emannel Ii., König von Italien, in Folge einer geheimen Allianz mit Preußen (April), den Krieg erklärt hatte. Der deutsche Kriegsschauplatz war nun ein doppelter: das östliche Böhmen, wo die österreichische „Nordarmee" unter dem Feldzeugmeister von Benedek sich mit den Sachsen (zusammen 271,000 Mann) vereinigt hatte, und das Gebiet des untern und mittlern Mains, wo die süddeutschen Bundestruppen (119,000 M.) sich couceutrirt hatten. Ein dritter Kriegsschauplatz war das Festungsviereck im östlichen Oberitalien, wo Erzherzog Albrecht bei Cnstozza siegte.
Schon am 23. Juni hatte die preußische Haupt-Armee (27 8,000 M.) die Offensive gegen Böhmen ergriffen, indem sie gleichzeitig von drei Seiten durch die Gebirgspässe einrückte: die Elbarmee (rechter Flügel) unter Herwarth von Bittenfeld (von Torgau) durch das Elbthal, die erste Armee unter Prinz Friedrich Karl von der Lausitz «Görlitz» her als Centrum, und die zweite Armee (linker Flügel) unter dem Kronprinzen von Preußen von Schlesien (Neiße) und der Grafschaft Glatz her. Nachdem die Vereinigung der drei Armeen unter meist siegreichen Gefechten beinahe erreicht war, traf König Wilhelm im Hauptquartier zu Gitfchin (2. Juli) ein, um den Oberbefehl und die Leitung der gefammten Operationen des größten, jemals auf einem Schlachtfelde versammelten preußischen Heeres (220,000 M.) zu übernehmen. Dieses gewann schon am folgenden Tage (3. Juli) den entscheidenden Sieg über die österreichisch-sächsische Hauptarmee unter Benedek, welche bei der Festung Königgrätz eine feste Stellung (zwischen der Elbe und ihrem westlichen Nebenflüsse Bistritz unweit Sadowa) eingenommen hatte.
Die zunächst stehende I. Armee unter dem Prinzen Friedrich Karl eröffnete den Kampf und hielt, mit einem Theile der Elbarmee im Centrum, der öster-reichisch-sächsischeu Armee gegenüber Stand, bis die Ii. Armee unter dem Kronprinzen um Mittag nach beschwerlichem Eilmarsch allmählich eintraf und noch rechtzeitig in die Schlacht eingriff. Die mit allen Mitteln der Feldbefestigungskunst verstärkte österreichische Hauptstellung auf der Höhe bei Chlum wurde durch die preußischen Garden erstürmt, und der König an der Spitze der Referve-Cavallerie (der I. Armee) begann die Verfolgung des Feindes, H^chald^ eine allgemeine und bis zum Einbrechen der Dunkelheit fortgesetzt wn^e; 161 Geschütze und fast
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. Victor_Emannel Benedek Albrecht_bei_Cnstozza Albrecht Herwarth_von_Bittenfeld Friedrich_Karl Friedrich Karl König_Wilhelm Wilhelm Benedek Friedrich_Karl Friedrich Karl
71
6. Einladung.
Lieber Freund Jakob!
Am nächsten Sonntag ist unsere Kirmes. Du weißt, daß dann
bei uns großer Jahrmarkt ist. Meine Eltern haben mir erlaubt, Dich
auf die Kirmes zu mir einzuladen. Komm also herüber! Auf unserm
Marktplatze ist es heute schon sehr voll. Alt und Jung drängt sich
da um die vielen Buden, welche Man baut. Eine ist schon fertig,
und vor ihr hängt ein großes leinenes Tuch, auf welchem viele fremde
Thiere: Affen, Vögel u. s. w., gemalt sind. Aus dem Innern der
Bude ertönt bald ein Krächzen oder Pfeifen, bald ein Brüllen oder
Grunzen, und nun, mein lieber Jakob, wirst Du wissen, daß ich von
einer Thierbude oder Menagerie (Menascherie) rede. Und so klei-
nes Volk, wie wir, kann für 1 Sgr. all diese Herrlichkeiten besehen.
Auch ist schon das schöne Karroussel (sprich: Karruffel) aufgestellt,
welches im vorigen Jahre hier war. Wir werden also gewiß viel
Vergnügen haben.
Es erwartet Dich Dein Freund
Essen, den 13. Oktober 1856. Otto Kraft.
7, Der blinde Geiger.
Ein armer Geiger wandert durchs Land, des Hündleins Schnur
in zitternder Hand. Der Geiger ist alt und schwach und blind, es
kennt den Armen ein jedes Kind.
. Und wenn er vor den Thüren geigt, wird Alles traurig und horcht
und schweigt; und wenn er von seinen Leiden singt, das Lied in die
tiefste Seele dringt:
„Ich wandle in Nacht schon achtzig Jahr, mein Leben ein Leben
voll Thränen war, ein Leben voll Angst und Hunger und Noth: o lag'
ich im Grabe, o wär' ich todt!
O wär' ich bei dir Herr Jesus Christ, wo keine Nacht,
kein Trübsal ist! O lag' ich im Grabe, o wär'ich todt! Wer
reicht dem Geiger ein Stücklein Brod?"
So singt er, mein Kind, und wirst du ihn sehn, darfst du nicht
spottend vorüber gehn. Leg' eine Gabe, freundlich und gut, dem blin-
den Geiger in seinen Hut!
8. Der Gotteskasten.
Es war einmal ein reicher und angesehener Mann, der hieß Bene-
dictus, das heißt in deutscher Sprache: Gesegneter. Solchen Namen
hatte er mit Recht; denn Gott hatte ihn reichlich mit Gütern gesegnet.
Er suchte die Menschen zu erfreuen, den Fremdling wie den Nachbar,
besonders die Armen und Nothleidenden.
Wenn er einen frohen Tag gehabt hatte mit seinen Freunden, so
ging er in seine Kammer und dachte: „Es sind viele Menschen, die
keinen solchen Tag gehabt haben, und ich hätte wohl noch einmal so
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Extrahierte Personennamen: Jakob Otto Geiger Jesus_Christ
wesen seyn sollen, geführt, nach dem Schlafzimmer der Köni-
gin. Ein Garde du Corps, die Gefahr der erlauchten Frau
bemerkend, opferte sein Leben auf, das ihrige zu retten. Er
lief eilend nach der Thüre ihres Zimmers, und rief durch die-
selbe: „um Gottes Willen! retten Sie sich! sonst sind Sie
verloren!" Sie hatte nur noch Zeit, aus dem Bette zu sprin-
gen, und, in einen Morgenmantel gehüllt, durch eine verbor-
gene Treppe nach dem Zimmer des Königs zu entfliehen, als
schon die Mörder vor ihrem Zimmer erschienen, den treuen
Garde du Corps ermordeten, die Thüre aufsprengten, und wü-
thcnd auf ihr Bette losstürztcn. Als sie es leer fanden, stie-
ßen sie wilde Flüche aus, und durchbohrten cs aus Wuth mit
unzähligen Stichen. Die Grenadiere der königlichen Garde
nahmen nun die königliche Familie in Schutz, und trieben die
Mörder aus den Zimmern. Aber mit neuer Wuth wandte
sich der Pöbel gegen die überall fliehenden Garde du Corps.
Vorzüglich zeichnete sich ein Mensch von ungeheurer Lange aus,
der mit einem langen Barte, einer hohen Mütze und aufge-
streiften blutigen Armen umherging, und das gräßliche Geschäft
trieb, den Ermordeten, noch che sie ganz lodt waren, die Kö-
pfe abzuhackcn, die dann der Pöbel auf Stangen steckte und
herumtrug. Den Bemühungen La Fayeltes gelang es, einige
Gardes du Corps zu retten.
Ludwig selbst begab sich auf einen Balcon, um zu dem
untenstehenden Pöbel zu sprechen. „Gnade für meine Leib-
garde!" rief er mit ausgebreitetcn Armen hinab. „Hoch lebe
der König!" war die Antwort des begeisterten Haufens, der
noch vor einer Stunde ihn ermordet hatte, wenn er in seine
Hände gefallen wäre. Man holte die gefangen gehaltenen
Gardes du Corps herbei, und umarmte sie vor den Augen des
Königs. „Die Königin! die Königin!" schrie dann der Pö-
bel. Mit sichtbarer Bangigkeit trat die erhabene Frau auf den
Balcon, an der einen Hand den vierjährigen Dauphin, an der
andern die zehnjährige Tochter. „Weg mit den Kindern!"
wurde ihr von unten zugerufen. Sie führte sie sogleich fort,
und stand nur: allein da, die wehrlose Frau, vor einem wild-
cmpörten, sie hastenden Pöbel. Ein Kerl zielte mit der Flinte
36*
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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649
Willen für den Frieden zeigen, und die Franzosen die Deutschen
abhalten wollten, sich an Oeftreich anzuschließen. Endlich dran-
gen die östreichischen Truppen bis in die Nahe von Rastadt vor,
und nun wurde den französischen Gesandten — sie hießen N o-
berjot, Bonnicr und Jean Debry — von den Oestrei-
chern angedeutet, daß sie binnen 24 Stunden Deutschland ver-
laffen müßten (Rastadt liegt nur 1 Stunde vom Rhein entfernt).
Trotz der Vorstellungen der andern Gesandten, doch bis zum an-
dern Morgen zu warten, packten sie sogleich auf, und verließen
die Stadt trotzig am 28sten April am späten Abend. Um ihren
Uebermuth zu strafen, hatte — so heißt es — ein Haufen Szcck-
ler-Husaren den Befehl bekommen, ihnen aufzulauern, die bei-
den letztern, welche die anmaßendsten gewesen waren, tüchtig
durchzuprügeln, und ihnen zugleich ihre Papiere abzunehmen.
Die trunkenen und rohen Husaren aber, vielleicht von National-
haß noch mehr aufgeregt, überschritten dev Befehl. Einige hun-
dert Schritte hinter der Vorstadt sprengten sie an die Wagen an,
fragten die Postillione, ob sie die Gesandten führen, rissen nun
die Wagenthüren auf, zogen die Gesandten hervor, und hieben
sie vor den Augen ihrer laut auffchreienden Frauen nieder. Ro-
derjot und Bonnier blieben auf der Stelle todt; Debry aber
hatte so viel Besinnung, sich in den Graben zu wälzen und todt
zu stellen; er verkroch sich, nachdem die Husaren forlgejagt wa-
ren, in einen Busch, und kam am andern Morgen, fürchterlich
zugerichtet, nach Rastadt zurück. Dieser völkerrechtswidrige
Mord empörte die rechtlich gesinnten Deutschen eben so alö die
Franzosen, und Kaiser Franz versprach Untersuchung und strenge
Bestrafung der Anstifter. Da aber nachher die Kriegöereignisse
die Aufmerksamkeit davon ablenkten, so ist die Sache nicht wie-
der zur Sprache gekommen.
Das Jahr 1799 schien für die Verbündeten auf allen Punk-
ten deö Kriegsschauplatzes günstig scyn zu wollen. Nachdem
Erzherzog Karl Deutschland befreit hatte, wandte er sich nach
der Schweiz, und schlug den General Massen« bei Zürich zurück.
Auch in Italien siegte der östreichifchegeneral Kray über Sche-
rer in mehreren Treffen, und selbst Moreau, der nun die Ver-
luste wieder gut'machen sollte, wurde von Suwarow geschlar
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Jean_Debry Franz Franz Karl_Deutschland Karl Suwarow
Extrahierte Ortsnamen: Bonnicr Deutschland Rhein Italien
653
Berkhier, Murat, Lannes, Marmont, Desaix und Andern cm.
Glücklich entkam er Len englischen Kreuzern, und landete am
8tcn Octobcr 1799 im Hafen von Frejus. In Aegypten
hatte er versiegelte Befehle zurückgclassen, in denen Kleber
zum Befehlshaber ernannt wurde. *) Er selbst eilte von Fre-
jus-, ohne die vorgeschriebcne Quarantaine zu halten, sogleich
nach Paris, wo ihm die Herzen des Volks cntgegenfchlugen;
denn nur von ihm hoffte man die Besiegung der Feinde, und
ob er gleich nichts als ein General war, so beugte sich doch
Alles vor ihm, als wenn er schon erklärter Herrscher wäre.
Alle Partheien bewarben sich um ihn; er aber verabredete mit
dem verschmitzten Sieyes, einem der Directoren, und mit
dein erfahrenen Talleyrand, einem ehemaligen Geistlichen,
eine Veränderung der Verfassung; auch der größte Lhcil dcs
Rathcö der Alten wurde in das Geheimniß gezogen, und die
Ausführung auf den 9ten November (1799) festgesetzt.
Am Morgen dieses Tages versammelten sich etwa 150
Mitglieder dieses Raths; die andern waren weislich nicht ein-
geladen worden. Jene beschlossen, die Versammlung beider
Näthe nach St. Cloud zu verlegen, und dem General Bona-
parte den Befehl über die Leibwache der Räthe und über die
Truppen von Paris und der Umgegend zu übertragen. Bona-
parte nahm den Antrag an, und begab sich sogleich in die
,*) Es mag hier, damit wir nicht noch einmal auf Aegypten zurück-
kommen müssen, gleich kürzlich erzählt werden, wie sich diese Ex-
pedition endigte. Als Kleber den Oberbefehl übernahm, waren
nur noch i5,ooo Franzosen übrig. Er war als Mensch und Feld-
herr ein höchst achtungswürdiger Mann, und lhat alles Mögliche,
sich zu behaupten. Wirklich besiegte er auch zwei Mal die ver-
einigten Türken und Engländer, wurde aber noch vor Ablauf ei-
nes Jahres, als er auf der Terrasse vor seinem Hause mit einem
Offizier auf- und abging, von einem fanatischen Türken ermor-
det- Das Commando übernahm nun General Menou, ein
eben so ungeschickter Feldherr, als verachteter Mensch. Er wurde
von Türken und Engländern immer mehr in die Enge getrieben,
erlitt endlich eine greuliche Niederlage, und mußte am 3osten
August 1801 eine Capitulation abschließen, wonach der kleine
Rest des Heeres Aegypten verließ, und auf englischen Schiffen
nach Frankreich zurückgebracht wurde.
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743
gel — es waren Obstreicher von den Uebrigen ab, und
nahm ihn gefangen. Jetzt sahen die Monarchen wohl ein,
daß Dresden nicht zu nehmen sey, und befahlen den Rückzug.
Wie einpfindlich auch der hier erlittene Verlust war, so war
doch der schmerzhafteste der des edlen Moreau. Dieser Mann
hatte, von seinem alten Freunde Bernadotte gerufen, seinen
stillen Landsitz in Nordamerika, seine Gattin und seine zärtlich
geliebte Tochter verlassen, um die Verbündeten bei der Bezwin-
gung seines Feindes mit seinem Nathe zu unterstützen. Am
Listen befand er sich auf einer Anhöhe beim Dorfe Ncck'nitz
unweit Dresden neben dem russischen Kaiser, der sich eben
mit ihm unterhielt, als eine Kanonenkugel seinem Pferde durch
den Leib fuhr, und ihm beide Beine zerschmetterte. Stöhnend
sank er zu Boden, wurde in ein nahes Bauerhaus getragen,
ließ sich mit großer Standhaftigkeit, eine Cigarre rauchend,
die Beine vollends abnehmen, starb aber sechs Tage darauf
am Wundfieber.
Während nun die Verbündeten, vom Regen durchnäßt
und bis zur Erschöpfung ermüdet, sich nach dem Gebirge zu-
rückzogen, hatte ihnen Napoleon, wie ec hoffte, eine noch
größere Niederlage bereitet. Er halte den General Van-
damme, einen Mann von wilder Kühnheit, mit 30,000
Mann in ihren Rücken geschickt. Er sollte ihnen zuvorkom-
men, das Gebirge besetzen, und sie von Böhmen abfchneiden.
Wirklich gelang es ihm am 29sten August die Höhe des Ge-
birges zu erreichen. Aber anstatt hier die Verbündeten zu er-
warten, zog er sich auf der andern Seite in das Land hinein,
um nach Töplitz, wo des Königs von Preußen Hauptquartier
war, vorzudringen, und hier alles in Verwirrung zu setzen.
Fast wäre es ihm gelungen; denn auf solchen Ueberfall war
niemand vorbereitet, und nur 8000 Mann russische Garden
waren zur Hand, mit denen sich General Ostcrmann bei
Culm den Franzosen entgegenwarf, und sie für diesen Tag
mit ausgezeichneter Tapferkeit aufhielt. Am 30stcn August
aber begann ein noch hartnäckigeres Treffen bei Culm.
Dies Dorf liegt harr unter dem Gebirgszug, der Böhmen von
Sachsen trennt. Während die Russen die Franzosen von vorn
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Extrahierte Personennamen: Napoleon August General_Ostcrmann August
724
suchen, fehlten; Häuser fehlten ganz, well sie auf dem Hin-
wege alles verwüstet hatten. Loderte endlich ein Feuer aus,
dann bereiteten Offiziere und Soldaten ihr trauriges Mahl:
blutige Fleischlappen von gefallenen Pferden, und nur sehr
Wenige hatten einige Löffel voll Mehl, welches sie mit Schnee-
wasser vermischt gierig verschluckten. Von jenem Tage an ver-
fiel die Ordnung und Zucht des Heeres; nur wenige Regimen-
ter blieben in Reihe und Glied, und wäre Kutusow thätiger
gewesen, so hätte kein Mann entkommen können. Eine Menge
Siegeszeichen aus Moskau, Kanonen und Wagen aller Art
ließ man täglich zurück, um nur das Leben zu retten, und
eine Hoffnung nur leuchtete den Ausgehungerten: Smolensk,
wo man ihnen Lebensmittel aus den reichen Magazinen ver-
sprochen hatte.
Endlich erblickten sie diese ersehnte Stadt, und die ganze
Schaar der Waffenlosen, die den Bewaffneten voran liefen,
stürzte auf die Thore zu. Aber die Soldaten, die hier die
Wache hatten, und die hcrbeistürzendcn Menschen mit von
Erde und Rauch geschwärzten Gesichtern, hohlen Augen und
Wangen, in abgerissenen Uniformen und andern wunderlichen.
Kleidungsstücken kaum für französische Krieger halten konnten,
schlossen die Thore. Flehentlich baten die Armen, sie hineinzu-
lassen, und ihren Hunger zu stillen; Viele sanken sogar todt
zu Boden. Vergeblich! cs wurden nicht eher die Thore geöff-
net, bis die Garden anlangten. Diese, die überall den Vor-
zug hatten, erhielten Lebensmittel ausgethcilt, wahrend die
Andern abgcwiesen wurden; denn es waren nur wenige Vor-
räthe vorhanden, und das Wenige wurde von Einigen, die sich
kämpfend in die Magazine drängten, verschlungen, indem An-
dere leer ausgingen, sich verzweifelnd auf den Boden warfen,
und erst wieder auffprangen, als sic wegen Annäherung der
Russen mit Gewalt weitergetrieben wurden.
Am 14ten November verließ Napoleon Smolensk mit
seinen Garden. Diese marschirten noch in Reihe und Glied,
aber finster und stumm; Jeder war allein mit seinem gegen-
wärtigen Unglücke und mit seinen Befürchtungen, wie das
Alles noch enden würde, beschäftigt; von Tage zu Tage wurde
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
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748
mit dem schlesischen Heere von Norden. An der Nacht vorher
ließ Schwarzenberg drei weiße Raketen als Signal aufstekgcn;
gleich darauf erhoben sich vier rothe aus dem blücherschcn La-
ger, und zeigten, daß man hier auch bereit sey zur Schlacht.
Um 9 Uhr des Morgens gaben drei Kanonenschüsse die Losung
zum Angriff. Sogleich donnerten die Kanonen so fürchterlich,
daß in der Stadt alle Fenster bebten, und die Erde zitterte den
ganzen Tag über. Ein solches Krachen erinnerten sich die äl-
testen Offiziere noch nie gehört zu haben; man hörte zuletzt
keine einzelnen Schüsse mehr, sondern ein fortwährendes Brül-
len, und bis an die Thore von Leipzig vernahm man das To-
den der Schlacht, obgleich diese eine Stunde und darüber ent-
fernt war. Eigentlich waren cs an diesem Tage zwei Haupt-
schlachten: die eine bei Wachau und Licbertwolkwiß,
die andere bei Möckern.
Bei Wachau und Licbertwolkwitz, südlich von
Leipzig, focht Napoleon selbst mit dem größten Theile seines
Heeres gegen Schwarzenberg. Anfangs drangen die.verbün-
deten siegreich vor; überall wichen die Franzosen näher nach
der Stadt zurück. Da ließ Napoleon gegen Mittag seine
Garden und andere Kerntruppen mit vielem Geschütz und Rei-
terei, in zwei dichten und tiefen Haufen geordnet, gegen die
Verbündeten vorrücken. Zm Sturmschritt drangen sie ein,
warfen alles über den Haufen, die Verbündeten verloren die
schon eroberten Dörfer, und um 3 Uhr Nachmittags ließ Na-
poleon in den Straßen Leipzigs den erfochtenen Sieg verkün-
den, und mit den Glocken läuten. Aber noch war das Schick-
sal des Tages nicht entschieden. Fürst Schwarzenberg bemerkte
kaum das Vordringen der Feinde, als er schnell Adjudanlcn
zurückfandte nach dem östreichifchen Rückhalte mit dem Befehle,
sogleich vorzurücken. Das geschah; die Franzosen wurden aus
den eben errungenen Dörfern wieder herausgeworfen, und die
Stellung fast ganz so, wie sie am Morgen gewesen war, wie-
der hcrgestellt.
Einen eben so hartnäckigen Kampf hatte an dem Tage
an der Nordseite von Leipzig das schlesische Heer zu bestehen.
Aber Blücher kam erst gegen Mittag heran, und gerade, als
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Extrahierte Personennamen: Schwarzenberg Napoleon Schwarzenberg Napoleon Schwarzenberg