— 150 —
versorgen die Truppen mit Proviant und Munition. Außerdem gibt
es noch besondere Abteilungen für den Krankendienst und für die Eisen-
bahn- und Telegraphenverwaltung. Der Landesverteidigung dienen
auch die Festungen. Die Westgrenze wird durch Straßburg, Metz,
Diedenhofen, Mainz, Koblenz und Cöln, die Ostgrenze durch Königs-
berg, Danzig, Thorn, Grandenz, Posen, Glogau und Küstrin geschützt.
2. Flotte. Dringend nötig ist uns auch eine starke Flotte. Wir haben
gesehen, welche Bedeutung der Seehandel für uns hat, sei es, daß er
Nahrungsmittel für unser Volk oder Rohstoffe für unsere Industrie
herbeischafft, sei es, daß er die Erzeugnisse des deutschen Fleißes in
alle Welt trägt. Unsere Schiffe, die die fremden Meere befahren,
unsere Landsleute, die im Auslande tätig fiud, unsere Küsten, unsere
Kolonien, sie alle bedürfen eines starken Schutzes, um gegen Übergriffe
und feindliche Angriffe gesichert zu sein. Diese wichtige Aufgabe fällt
unserer Kriegsflotte zu.
Mit seiner Kriegsflotte steht Deutschland in der Welt an 2. Stelle.
Eine stärkere Kriegsflotte' als wir hat England. Im Jahre 1912 besitzt
Deutschland 37 große Schlachtschiffe, (29 Linienschiffe und 8 große
Kreuzer), England 71, Frankreich 34, die Vereinigten Staaten 33,
Japan 25, Rußland 16. Die Linienschiffe sind gepanzerte Schlacht-
schiffe, die hauptsächlich die Stärke einer Flotte ausmachen; je 8 bilden
ein Geschwader. Deutschland ist eben im Begriff, seine Flotte seiner
Weltmachtstellung Entsprechend erheblich zu verstärken. Die Zahl der
Linienschiffe soll auf 32 vermehrt werden, so daß wir 4 Geschwader
bilden können; dazu sollen noch 2 Admiralschifse und 4 Reserveschiffe
kommen.
Außer den Linienschiffen umfaßt die Flotte noch Kreuzer (große
und kleine), Kanonenboote, Schulschiffe, Torpedoboote und Untersee-
boote; im ganzen waren es 1911 130 Fahrzeuge söhne Torpedoboote)
mit 60804 Mann Besatzung.
14. Kolonien.
§ 101. Deutschland hat erst im Jahre 1884 augefangen, Kolonien zu er-
werben. Sein Kolonialbesitz ist fünfmal so groß wie das Mutterland.
Näheres über unsere Kolonien siehe Ii. Teil Seite 200.
15. Die Verfassung des Deutschen Reiches.
I § 102. Das Deutsche Reich umfaßt 26 'Staaten, die einen unauflöslichen
Bundesstaat bilden. Die einzelnen Staaten verwalten ihre inneren
Angelegenheiten selbst, sind aber nach außen dem Kaiser als Bundes-
oberhaupt unterstellt.
Der Kaiser vertritt das Reich andern Staaten gegenüber, schließt
im Namen des Reiches Bündnisse und Verträge und entscheidet nach
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Extrahierte Personennamen: Metz
Extrahierte Ortsnamen: Mainz Danzig Thorn Posen Glogau Deutschland England Deutschland England Frankreich Japan Deutschland Deutschland
— 116 —
Einwohner
auf 1 qkm
Hessen-Nassau.....
Rheinprovinz und Hohenzollern
Westfalen.......
Hannover........
Schleswig-Holstein.....
15700
28000
20200
38500
18800
2220
7190
4125
2942
1619
142
256
204
76
85
§ 86. Die Verwaltung im Königreich Preußen. Preußen ist nach
der Verfassung vom 31. Januar 1850 eine konstitutionelle Monarchie,
d. h. ein Staat mit einem Herrscher, dessen Gewalt durch die Rechte
der Volksvertretung beschränkt wird.
Das Oberhaupt des Staates ist der König. Ihm allein steht
die vollziehende Gewalt, d. h. die Ausführung der Gesetze, zu. Er
ernennt die Minister und die übrigen Staatsbeamten und hat das Recht,
Titel, Orden und andere Auszeichnungen zu verleihen. Alle Regierungs-
Handlungen des Königs bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung
eines Ministers.
Die gesetzgebende Gewalt teilt der Köuig mit der Volksvertretung,
dem Landtag, der aus dem Herrenhaus und dem Hause der
Abgeordneten besteht. Das Herrenhaus wird gebildet aus den
volljährigen Prinzen des Königlichen Hauses, aus zahlreichen erblichen
Mitgliedern des hohen Adels, aus den Vertretern der großen Städte
und der Universitäten und den vom König auf Lebenszeit berufenen
Männern. Die Mitglieder des Abgeordnetenhauses werden vom Volke
auf 5 Jahre gewählt. Die Wahl ist mittelbar oder indirekt. Die
Wahlberechtigten wählen zunächst die Wahlmänner und diese dann den
Abgeordneten. Zur Gültigkeit eines Gesetzes ist die Übereinstimmung
des Königs und der beiden Häuser des Landtages erforderlich.
Die höchste Behörde des Landes ist das Staats Ministerium.
Es besteht aus 10 Abteilungen, nämlich aus den Ministerien der aus-
wärtigen Angelegenheiten, der Finanzen, der geistlichen, Unterrichts-
und Medizinalangelegenheiten, des Innern ^Verwaltung und Polizei),
der Justiz, der Landwirtschaft, des Kriegswesens, des Handels, der
öffentlichen Arbeiten (Staatsbauten und Eisenbahnen) und des König-
lichen Hauses.
Der Staat wird in 12 Provinzen eingeteilt, diese zerfallen in
34 Regierungsbezirke. Letztere teilt man in Kreise ein, deren
jeder eine Anzahl Gemeinden umfaßt. Große Städte bilden Kreise für
sich, Stadtkreise.
An der Spitze der Provinz steht der Oberpräsident, dem der
Provinziallandtag zur Seite gestellt ist. Dieser wird aus den Abge-
ordneten der Provinz gebildet. Die Provinz verwaltet gewisse An-
gelegenheiten, z. B. Wegebau, Armenwesen, Blinden-, Taubstummen-
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Extrahierte Ortsnamen: Hessen-Nassau Rheinprovinz Hannover Schleswig-Holstein
— 151 —
Zustimmung des Bundesrates und des Reichstages über Krieg und
Frieden. Ferner hat er die obersten Reichsbeamten zu ernennen, die
Reichsgesetze zu bestätigen und zu verkündigen und den Oberbefehl über
das Landheer und die Kriegsflotte zu führen. Seine Person verkörpert
die Einheit des Deutschen Reiches.
Der Bundesrat besteht aus 61 Vertretern der deutschen Staaten.
Preußen entsendet 17, Bayern 6, Sachsen und Württemberg je 4, Baden,
Elsaß-Lothringen und Hessen je 3, Mecklenbnrg-Schwerin und Braun-
schweig je 2 und die übrigen Staaten je 1 Vertreter. Den Vorsitz bei
den Verhandlungen führt der Reichskanzler, der an der Spitze der ge-
samten Reichsverwaltung steht.
Der Reichstag ist die Vertretung des deutschen Volkes; er zählt
397 Abgeordnete, die in geheimer Abstimmung auf 5 Jahre gewählt
werden. Wahlberechtigt ist jeder Deutsche, der das 25. Lebensjahr über-
schritten hat und im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte ist. Dem
Reichstag liegt mit dem Bundesrat die Gesetzgebung ob. Ferner stellt
er jährlich die Einnahmen und Ausgaben des Reiches fest und übt die
Kontrolle über die gesamte Reichsverwaltung aus. Die von dem Reichs-
tag und dem Bundesrat beschlossenen Gesetze erhalten erst öffentliche
Gültigkeit durch die Unterschrift des Kaisers und die Veröffentlichung
durch den Reichsanzeiger.
Zu den Reichsangelegenheiten gehören die Sorge für die
äußere Sicherheit des Reiches, das Heer-, Marine-, Zoll-, Post- und
Telegraphenwesen, ferner das Gerichtswesen (bürgerliches Recht und
Strafrecht) und die sozialen Einrichtungen ^Alters-, Jnvaliditäts- und
Unfallversicherung). Die Ausgaben der Reichsverwaltung werden
aus den Zöllen, den Beiträgen der einzelnen Staaten, den Überschüssen
des Post- und Telegraphenwesens und den Reichssteuern gedeckt, wofür
dem Reiche einige wichtige Gebrauchsgegenstände, wie Salz und Tabak,
vorbehalten sind. Das Wappen des Deutschen Reiches ist ein ein-
köpsiger schwarzer Adler, über dessen Haupt die Kaiserkrone schwebt.
Die Flagge ist schwarz-weiß-rot.
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— 27 —
Kroatien umfaßt das Gebiet zwischen der Save und der Küste.
Die Hauptstadt Agram liegt an der wichtigen Handelsstraße von Budapest
nach der Königlichen Freistadt Fiume am Adriatischen Meer, die als
einzige Hasenstadt Ungarns bedeutenden Handel treibt.
e. Staatliche Verhältnisse. Die Bevölkerung ...
und ihre Tätigkeit. § 15.
1. Staatliche Verhältnisse. Das Kaiserreich Österreich-Ungarn
hat sich aus kleinen Anfängen zu einer europäischen Großmacht ent-
wickelt. Zu den Alpenländern erwarben die Habsburger noch Böhmen,
Mähren, Schlesien, Ungarn, Siebenbürgen, Kroatien, Slawonien und
Dalmatien. Bei der Teilung Polens erhielten sie Galizien und vor
kurzem die früher türkischen Länder Bosnien und die Herzegowina.
Politisch zerfallen diese Länder in das Kaiserreich Osterreich und
das Königreich Ungarn. Beide Teile haben getrennte Verwaltung
und Gesetzgebung. Gemeinsam sind dagegen Heer- und Marinewesen,
Münzwesen und die Vertretung des Landes in auswärtigen Angelegen-
heiten. Der Kaiser von Österreich ist zugleich König von Ungarn.
Bosnien und Herzegowina gelten als Reichsland (ähnlich wie Elsaß-
Lothringen in Deutschland).
2. Bevölkerung. Die Bevölkerung ist ein buntes Gemisch von
Volksstämmen. In den Alpenländern und an der mittleren Donau
wohnen vorwiegend Deutsche, im Nordosten und Südosten vorwiegend
Slawen, in Ungarn Magyaren, in Südtirol Italiener. Dazu
kommen noch Rumänen, Juden und Zigeuner. In Böhmen,
Galizien und Siebenbürgen haben die dort wohnenden Deutschen schwere
Kämpfe um ihre Sprache und ihre alten Rechte zu bestehen.
3. Wirtschaftliche Tätigkeit. Der größte Teil der Bevölkerung
lebt von Landwirtschaft und Viehzucht. An Mineralien
gewinnt man Steinkohlen, Eisen, Kupfer, Blei, Quecksilber, Zink und
Steinsalz. Die Industrie liefert namentlich Eisenwaren, gewebte
Stoffe und Bier. Da die Erzeugnisse der einzelnen Provinzen sehr ver-
schieden sind, so ist der Binnenhandel bedeutend. Der Handel mit dem
Ausland ist dagegen nicht so stark entwickelt, wie es nach der Größe des
Landes der Fall sein könnte. An Deutschland liefert Österreich
namentlich Braunkohlen, Holz, Rinder, Pferde, Eier, Gerste,
Bier. Von Deutschland erhält es Steinkohlen und Koks,
Maschinen, Wollenwaren, Chemikalien und Bücher.
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Extrahierte Ortsnamen: Kroatien Agram Budapest Freistadt_Fiume Ungarns Schlesien Ungarn Kroatien Slawonien Dalmatien Galizien Bosnien Osterreich Ungarn Ungarn Bosnien Elsaß-
Lothringen Deutschland Donau Ungarn Galizien Deutschland Deutschland
— 1(3 —
Ertrag bringt, so hat sich ein großer Teil der Bewohner der Industrie,
namentlich der Uhrenfabrikation und der Weberei, zugewandt. Haupt-
orte derselben sind Neuenbürg an dem Neuenburger See und Low-
thurn.
B. Die Bevölkerung und ihre wirtschaftliche Tätigkeit.
1. Bevölkerung. Verfassung. Die Bevölkerung zeigt große
Verschiedenheit in bezug auf Abstammung und Sprache. Am Genfer
See und auf dem Jura wohnen Franzosen, im Rheingebiet
Deutsche (3a der Bevölkerung), in Graubünden Romane n und am
Tessiu Italiener. Die Bewohner der Ebene sind meistens Prote-
stauten, die Gebirgsbewohner Katholiken. Allen gemeinsam ist die Liebe
zur Heimat und zum Vaterland.
Die Schweiz ist eine Republik, deren 25 Kantone zu einem Bundes-
staat vereinigt sind. Die gesetzgebende Gewalt übt die in Bern tagende
Bundesversammlung aus. Dort hat auch die ausführende Behörde,
der Bundesrat, seinen Sitz. Die Schweiz ist für neutral erklärt und
hat deshalb kein stehendes Heer; die kriegstüchtigen jungen Männer
werden nur auf kurze Zeit zu ihrer militärischen Ausbildung ein-
berufen.
2. Wirtschaftliche Tätigkeit der Bewohner. Da die Schweiz
vorwiegend Gebirgsland ist, kann die Landwirtschaft nur in den
Tälern und auf der Schweizer Hochfläche mit Erfolg betrieben werden.
Daher muß noch von den Nachbarländern Mehl und Getreide bezogen
werden. Die Viehzucht
dagegen ist infolge des
Reichtums an Matten und
Wiesen bedeutend.
Einerganzbesonderen
Pflege erfreut sich die
Industrie. In Zürich
und Basel blüht die
Seidenindustrie, iu und
um St. Gallen die Baum-
wollenweberei, in Genf
und auf dem Jura die
Uhrenfabrikation.
Im Handelsverkehr werden diese Waren an das Ausland ge-
liefert, ebenso Vieh und Molkereierzeugnisse. Von dort erhält die
Abb. 13. Post in den Alpen.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
— 172 —
Fürsten, die vorwiegend selbstsüchtige Pläne verfolgten, versagten daher in dem Kampfe gegen den Papst, und im Volke hatte die
cluniaeensische Bewegung das Ansehen der Kirche so bedeutend erhöht. daß es vom Kaiser abfiel. Die Kirche war mächtiger ge-
worden als das Reich. Die Fürsten versammelten sich in Tribur zur Wahl eines neuen Königs; aber der Papst wollte keinen neuen, etwa durch den Anhang des Volkes mächtigen König, sondern einen tief gedemütigten. Daher kam nach langen Ver-
handlungen nur der Beschluß zustande, daß Heinrich am Jahrestage des Bannsluchs die Freisprechung durch den Papst erlangt haben müsse, sonst würden sie über das Reich entscheiden. In dieser verzweifelten Lage entschloß sich der König zur Vußsahrt uach Italien, wodurch er gleichzeitig zu verhindern suchte, daß der Papst, wie er beabsichtigte, zur Beratung mit den Fürsten nach Deutschland käme. Wie wenig ehrlich es diese mit der Forderung der Freisprechung vom Banne meinten, ist daraus zu ersehen, daß sie die Alpenpässe von Süddeutschland aus versperrten, weshalb Heinrich den schwierigen Weg über die Westalpen wählen mußte und noch dazn im strengen Winter.
In Oberitalien wurde er von den Bischöfen und Grafen mit Jubel empfangen; denn sie waren längst der Regierung Gregors überdrüssig und sehnten sich einen mächtigen deutschen König herbei. Aber das Heer, das sie Heinrich zur Verfügung stellten, wies er zurück. Wohl hätte er damit den Papst bezwingen können, aber nicht seine gefährlicheren Feinde, die deutschen Fürsten.
Der Papst, der aus der Reise nach Deutschland begriffen war, flüchtete sich angesichts der feindseligen Haltung Oberitaliens in die feste Bnrg Kanossa. Dort standen sich im Januar 1077 die beiden größten Gegner jener Zeit gegenüber. Als mächtige Schirmherren der Kirche waren frühere Kaiser nach Italien gekommen; jetzt sehen wir einen deutschen Köuig im Büßergewaude im äußeren Burghost harren, um sich die Gnade des Papstes zu erbetteln. Es war eine ungeheure Schmach des deutscheu Königtums, und doch gab es für Heinrich damals keinen andern Ausweg, ja der Gang nach Kanossa beweist gerade, daß er in schwierigen Lebenslagen nicht mutlos war, er bezeugt im Gegenteil seine kühne Entschlossenheit. Indem er die Buße auf sich nahm, wandte er sich an den Papst als Priester, und als solcher durfte dieser einem reumütigen Christen die Gnade nicht vorenthalten. Damit durchkreuzte der Kaiser die Pläne einer päpstlichen Weltherrschaft
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Gregors Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Kanossa
Extrahierte Ortsnamen: Italien Deutschland Oberitalien Deutschland Italien
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
— 126 —
Schutze des Papstes nach Rom gekommen: war, beschloß dort eine Versammlung von fränkischen und römischen Großen, die römische Kaiserwürde zu erneuern, und am Weihnachtsfeste desselben Jahres setzte der Papst Leo in der Peterskirche Karl d. Gr. die Kaiserkrone aufs Haupt. Heil- und Jubelrufe klangen ihm aus der Menge begeistert entgegen. Allerdings hatte der Papst voreilig gehandelt. Karl hatte zunächst wegen der Anerkennung mit Ostrom verhandeln wollen, was nunmehr nachträglich geschehen mußte. Aus dem Verhalten des Papstes ist aber keineswegs zu folgern, daß er der Meinung war, die Krone vergeben zu können. Er warf sich selbst zur Huldigung vor dem Kaiser nieder. Karl betrachtete sich auch durchaus als Herrn der Kirche. Bei der Begründung staub also das germanische Kaisertum über dem Papsttum, was später leiber nicht immer so geblieben ist.
e) Reichsverwaltung. Das große Reich sollte nach dem Willen Karls eine einheitliche Kulturgemeinschaft bilden. Daher bedurfte es einer weisen Gesetzgebung. Auch hierin bewies der Kaiser staatsmännische Klugheit. Als vortrefflicher Kenner seines Volkes vernichtete er keineswegs mit rauher Hand die alten Volksrechte, ließ vielmehr einen großen Teil derselben aufschreiben, damit sie nicht der Vergessenheit anheimfielen. An sie knüpfte er bei seiner Gesetzgebung an und nahm auf die Verhältnisse der einzelnen Völkerschaften weitgehende Rücksicht. Aber die Grundlage der Reichsverwaltung bildete ein allgemeines Reichsrecht. Was also lange Zeit als unmöglich erschienen war, für die Germanen einheitliche Staatsgesetze zu schaffen, das gelang Karl d. Gr. Die Reichsgesetze sind in feinen Kapitularien niedergelegt. Das von 785 war namentlich gegen die Sachsen gerichtet und hatte die Ausrottung heidnischer Gebräuche im Auge. Übertretung des Fastengebots, Hexenglaube und Hexenverbrennung, Ermordung eines christlichen Priesters, Leichenverbrennung, Tausverweigerung und Feindschaft gegen das Christentum, Untreue gegen den König wurden mit der Todesstrafe belegt. Eins der wichtigsten Kapitularien ist das von 802; darin gebot Karl, daß ihm, da er nun Kaiser war, seine Untertanen den Eid der Treue zu erneuern hatten. Gleichzeitig forderte er Abstellung mancherlei Mißstände.
Bei der Gesetzgebung kam in erster Linie der' Wille des Kaisers zum Ausdruck. Er stellte die Einheit des Reiches bar, er hielt alle Fäben der Staats- und Kirchenverwaltung in seiner
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Extrahierte Personennamen: Leo Leo Karl_d Karl Karl Karl Karl Karl Karls Karl_d Karl Karl Karl
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
— 153 —
ausübte, war die Verleihung einer weißwollenen Binde, des Palliums, an die Erzbischöfe.
Das änderte sich aber, als Gregor Vii. den päpstlichen Stuhl bestieg. Er beanspruchte die Herrschaft über die gesamte christliche Kirche; ja damit begnügte er sich nicht, die ganze Laienwelt, auch die Könige und alle weltlichen Fürsten sollten ihm uutertau sein. Nach seinen Ideen, die von den Schriftstellern seiner Partei im einzelnen ausgeführt und begründet wurden, war der Papst der oberste Gesetzgeber der Kirche und der oberste Schiedsrichter in allen Fragen der Kirchenlehre. Er konnte ohne Mitwirkung der Konzile, die bisher die Kirchengesetze beschlossen hatten, selbst gültige Anordnungen erlassen, ja alle seine privaten Entscheidungen hatten Gesetzeskraft, ebenso die Schriften der Kirchenväter und frommen Männer. Seinen Auslegungen der heiligen Schrift konnte nicht widersprochen werden, er war unfehlbar. Ihm stand die unbeschränkte Gewalt über die Geistlichen zu, sie waren als seine Diener ihm zu unbedingtem Gehorsam verpflichtet. Er konnte Bischöfe ein-, ab- und versetzen, neue Gemeinden gründen, reiche Bistümer teilen oder mehrere vereinigen. Über alle Menschen besaß er die kirchliche Disziplinargewalt; er war der oberste Richter, seine Entscheidungen konnten nicht angefochten werden. Daher unterstand er selbst keinem Gericht. Er war der Herr der Welt.
Durch diese Machtausprüche, die auch von den Nachfolgern Gregors verteidigt wurden, ging die Selbständigkeit der deutschen Kirche, die sie Rom gegenüber behauptet hatte, völlig verloren. Sie wurde vom Papst abhängig. Da er aber selten nach Deutschland kam, mußten die hohen Geistlichen um so öfter in Rom erscheinen. Gregor suchte dabei vor allem die Erzbischöfe zu demütigen und nahm alle ihre Rechte für sich in Anspruch. Zunächst sorderte er, daß sie das Pallium, das ihnen nach ihrer Wahl von Rom aus zugeschickt worden war, persönlich beim Papst erbitten mußten. Den Erzbischof zu Mainz, der nach alten Überlieferungen als päpstlicher Vikar galt, benutzte er als solchen nur noch selten; er sandte vielmehr in wichtigen Angelegenheiten besondere Gesandte nach Deutschland. Mit bcr Demütigung der Erzbischöfe verloren auch die Provinzialsynoden sehr an Bebeutung.
Durch Gregor Vii. würde die beutsche Kirche romanisiert, jebe selbständige freiheitliche Entwicklung der Lehre uuterbunben, der beutsche Glaube in die Fesseln römischer Engherzigkeit geschmiedet. Von Rom aus erhielt die Kirchenlehre ihren Inhalt
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Gregor_Vii Gregor Gregors Gregor Gregor Gregor_Vii Gregor
Extrahierte Ortsnamen: Gregors Rom Deutschland Rom Rom Mainz Deutschland
110
Das eigentliche Wittes alter.
der Tochter Philipps Iv.) abgewandt, so ist es doch auch einer der Anlässe für den 100jährigen Erbfolgekrieg (§ 149) zwischen England und Frankreich geworden. Im Gegensatz zu feinem schwachen Bruder regierte Philipp V. (1316 — 22) nach der Weise feines Vaters: durch regelmäßige Berufung von Reichstagen stieg der Einfluß des dritten Standes, und durch den Ausschluß des Klerus nahm dav Parlament als höchster Gerichtshof einen ganz weltlichen Charakter an. Schweres Unheil brachte dagegen der Aufstand der von religiösen Schwärmern irregeleiteten, rohen und gewaltthätigen is ^Pastourels (Hirten) über einzelne Landschaften. Mit Karl Iv. 13-8 (1322 28), der auch im Auslande Macht erstrebte, indem er sich an
dem Kampf der Avignoner Kurie gegen Ludwig den Bayern (§ 158) und durch feine Schwester Jsabella an der Entthronung Ebnarbs Ii. beteiligte, erlosch, ba seine Witwe eine Tochter gebar, der Stamm der Capetinger nach 341 Jahren der Herrschaft, und nach dem falifchen Gesetz bestieg mit Philipp Vi. die nächstverwanbte männliche Seitenlinie der Balois den Thron.
b. Die Entwickelung Englands bis xur Ausbildung der Parlamentsverfaffung. 1066 — 1350.
145 1. Die Eroberung Englanbs durch die Normannen
tmerden*™^ dei' ^ $ ta ich t bei Hastings 1066 und die Einführung der mannen, französisch - normännischen Lehnsverfassung mit ihrer straffen Heranziehung bei Belehnten (das doomsdaybook) zum Heerbienst, zu finanziellen Leistungen und zur Übernahme anberer im öffentlichen Interesse gebotener Dienste (befonbers bei Friebenswahrnng und Ge-wil ri^) hatte einen feinblichen Gegensatz nationaler sowohl iaiätoie politischer Natur zwischen Normannen und Angel-1485. fochfen begrünbet. Erft unter den mit Heinrich Ii. (1154—89) rich Ii- auf den Thron gekommenen Plantagenets (88 105, 109, 140)
s * Äs * r '
1189. — ferne Kriege mit Ludwig Vii. von Frankreich, Streit mit Thomas Decket von Canterbury (| 1170) (§ 109) und mit feinen Söhnen (Bertrand be Born) - (1154—1485), beren Wachstube Despotie auf beiben Stämmen schwer lastete, vollzog sich eine Annäherung beiber. Bollenbet würde der Ausgleich durch ihren gemeinsamen Kampf gegen frnmdie tyrannische Willkürherrfchaft Johanns (1199 — 1216). Der 1216' schnöbe Mißbrauch der lehnsherrlichen Rechte auch dem Abel gegenüber, der keine der sonst der königlichen Willkür gefetzten Schranken achtete,
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Philipps_Iv. Philipps_Iv. Philipp_V. Philipp_V. Karl_Iv Karl Ludwig Ludwig Jsabella Philipp_Vi Philipp Heinrich_Ii Heinrich Ludwig_Vii Ludwig Thomas_Decket_von_Canterbury Bertrand Johanns Johanns
Extrahierte Ortsnamen: England Frankreich Englands Frankreich
Die fortschreitende Auflösung des deutschen Reichs rc. 123
Entscheidung auch des deutschen Thronstreits und lud Ludwig zur Verantwortung vor, wegen Usurpation des königlichen Titels. Zum Nachteile Ludwigs und Deutschlands wurde der Streit sofort mit fremden Fragen vermischt, was seinen rein nationalen und staatsrechtlichen Charakter beeinträchtigte. Statt sich mit der Zurückweisung der unbegründeten päpstlichen Ansprüche zu begnügen, erhob Ludwig (Dezember) 1323 zu Nürnberg unter dem Einfluß einer kirchlichen Partei gegen Johann Xxii. als Beschützer des Minoritenordens Anklage auf Ketzerei, um in einem zweiten Protest (Januar) 1324 zu Sachsenhausen auf Antrieb der entgegengesetzten Partei die Anklage zu erneuern, weil der Papst in dem „Armutsstreit" im Franziskanerorden gegen die an der apostolischen Armut festhaltende strengere Richtung Partei genommen hatte und deren Vorkämpfer Michael von Cefeua, Wilhelm von Occam n. a. bannte. Deshalb bannte Johann Xxii. Ludwig (März) 1324 und erklärte ihn (Juli) für abgesetzt. Durch den Bund Leopolds von Österreich mit Karl Iv. von Frankreich bedroht, bemühte sich Ludwig um Verständigung mit Friedrich: aber den Trausuitzer Vertrag (März 1325) verwarf Herzog Leopold (Friedrichs Rückkehr in die Haft), den Münchener (September) über gemeinschaftliche Regierung, damit einer von beiden Königen möglichst bald in Italien eingreifen könnte, hinderte der Widerspruch der Kurfürsten, und erst (Januar) 1326 kam in Ulm ein Vergleich zustande, wonach Ludwig in Italien die Kaiserkrone erwerben, Friedrich ihn im Reiche vertreten sollte; er blieb unausgeführt, da Leopold von Österreich (Februar) 1326 starb und Friedrich, im Streit mit seinen jüngern Brüdern, sich 1330 überhaupt zurückzog.
Im Kampfe gegen Johann Xxii. und dessen Frankreich dienstbare Nachfolger unterstützten Ludwig den Bayern auch die aus andern Gründen dem Papsttum feindlichen Richtungen der Zeit und brachten die kirchlichen Reformtendenzen mächtig zum Ausdruck. Die Verfolgung der franziskanischen Lehre von der apostolischen Armut — deren Konsequenzen dem verweltlichten Papsttum selbst Gefahr drohten! — als einer Häresie erweiterte den Kampf und veranlaßte eine Prüfung der Rechtstitel für die weltliche Herrschaft des Papsttums, deren Hinfälligkeit erwiesen wurde und im Gegensatz zu denen die „Monarchisten" für das Recht des Staats und des Kaisers eintraten. Hierhin gehören Marfilins von Padua (1270 —1343) und Jean de Jandnn (— ihr gemeinsames Werk der berühmte defensor pacis, Friedensanwalt, der die demokratische Ordnung der christlichen Gemeinde und Kirche und die Überordnung des Kaisertums über das Papsttum lehrte) und der Engländer Wilhelm von Occam (Super potestate siimmi pontificia). Als Lehrer in Paris, dann von dort flüchtig, zum Teil mit Ludwig persönlich
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Die Gegner des Papsttums .
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Ludwigs Ludwigs Ludwig Ludwig Johann_Xxii Johann Michael_von_Cefeua Wilhelm_von_Occam Wilhelm Johann_Xxii Johann Ludwig_(März Ludwig Leopolds Karl_Iv Karl Ludwig Ludwig Friedrich Friedrich Leopold_(Friedrichs_Rückkehr Leopold Friedrichs Ludwig Ludwig Friedrich Friedrich Leopold_von_Österreich Leopold Friedrich Friedrich Johann_Xxii Johann Ludwig Ludwig Jean_de_Jandnn Wilhelm Ludwig Ludwig
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