Union — Reichsgebiet — Verfassungsformen. 49
4. Union. Noch >(ine dritte Form der Verbindung ist
möglich. Es können au^4yehrere Staaten so vereinigt sein,
daß sie, während sie selbständige Staaten bleiben, ein gemein-
schaftliches Oberhaupt haben. (Umdru. Wer kann elfte solche
Verbindung nennen? (Schweden und Norwegen, Österreich und
Ungarn, Spanien und die Niederlande unter Karl V. u. a.)
5. Reichsgebiet. Welche -Staaten sind es, die das Reichs-
gebiet ausmachen? Es sind Staaten (22 monarchische und
3 Republiken) und das Reichsland; also im Ganzen 26 Länder.
Aufzählen derselben nach ihrem Range. Man merke sich die
Zahlen 1, 3, 4, 5, 6, 7. Warum? Deutschland hat:
1 R e i ch s l a n d,
3 freie Städte (Hamburg, Lübeck, Bremen),
4 Königreiche (Preußen, Bayern,Württemberg, Sachsen),
5 Herzogtümer (Braunschweig, Meiningen, Altenburg,
Koburg-Gotha, Anhalt),
6 Groß Herzogtümer (Baden, Hessen, Oldenburg,
Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Weimar).
7 Fürstentümer (Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-
Sondershausen, Waldeck, Reuß ä. L., Reuß j. L., Schaumburg-
Lippe, Lippe-Detmold).
Eine Vergrößerung des Gebiets durch Aufnahme neuer
Mitglieder oder durch Zuwachs von auswärtigem Gebiet (K o -
lonien) ist zulässig (Welche Kolonien hat Deutschland?)*)
desgleichen eine Union mit einem ausländischen Staate.
6. Bersassnngsformen. Nicht alle Staaten werden nach
gleichen Grundsätzen und in gleicher Weise und nach gleicher
Form regiert. — Die obersten Grundsätze über das Verhältnis
der Staatsgewalt zu den Regierten oder Unterthanen heißt die
Verfassung eines Staates. Ist die Staatsgewalt einem
übertragen, so ist der Staat eine Monarchie; ist die höchste
Gewalt mehreren übergeben mit einen Präsident an der
Spitze, so heißt der Staat Republik. Nennt solche! Übt
in einer Republik eine aus dem ganzen Volke gewählte Ver-
*) Deutschland hat 8 Kolonien und zwar 4 in Afrika (Kamerun,
Togoland, Südwestafrika, Deutsch-Ostafrika) und 4 in Australien (Kaiser-
Wilhelmsland, Bismarck-Archipel, Salomo-Inseln, Marschalls-Jnseln).
Mitlenzwey, Lektionen. 2. Aufl. 4
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TM Hauptwörter (200): [T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Sklavenfrage.
291
gesprochen. „Die Sklaverei — heißt es daselbst — ist eine heimische Institution innerhalb der Staaten, die sie wünschen und sie existirt im Bereich der Staaten unabhängig von der Controle des Con-gresses. Der Congreß hat die oberste gesetzgebende Gewalt über alle Territorien und mag nach Gutbefinden die Existenz der Sklaverei in denselben erlauben oder verbieten; aber er soll aus Klugheit seine Macht nie so anwenden, daß direct oder indirect die Sklaverei in bisher freien Territorien eingeführt werde. Es ist endlich verwerflich, daß die Regierung der Vereinigten Staaten sich südliche Länderstriche aneignet, zu dem Zwecke, die Sklaverei in denselben fortzupflanzen." So vernünftig diese Grundsätze waren, so sehr empörte sich die Leidenschaft der Südstaaten, welche die Squatter-Souveräuetät zum Staatsgrundgesetz erhoben und den Präsidenten der Republik zum Zuchtmeister der südlichen Sklavenhalter herabgewürdigt wissen wollten.
Kaum war der Ausfall der Wahl bekannt, als der Süden sofort den Entschluß der Trennung (Secession) aussprach und zugleich Anstalten traf, um die Ausführung dieses Entschlusses zu sichern, wobei ihm die an Verrätherei streifende Konnivenz der Bundesbehörde Vorschub leistete. Am entschlossensten zeigte sich Süd-Carolina, welches bereits am 20. December 1860 sich für die Trennung (Secession) aussprach. Bald folgten'die Staaten: Georgien, Florida, Alabama und Mississippi und constitnirten sich am 18. Febr. 1861 in Mongomery als eine Consöderation, zu deren Präsidenten der frühere Kriegsminister Jefferfon Davis gewählt wurde. Zum wirklichen Ausbruch des Bürgerkrieges aber kam es erst, als der General der (Konföderation, B aure-9arb, sich des von Unionstruppen besetzten Forts Sumter bemächtigte.
Wir können diesen Krieg, der seines Gleichen nicht gehabt hat, nicht in seinen Einzelheiten verfolgen. Er wurde geführt mit aller jener Erbitterung, welche Bürgerkriegen eigen zu fein pflegt; das Charakteristische desselben aber bestand darin, daß er sich über unermeßliche Landstrecken ausdehnte und einen Staat betraf, welcher nur über eine nnverhältnißmäßig kleine Anzahl stehender Truppen verfügte. Die Union, um aus dem Kampfe siegreich hervorzugehen, mußte nicht blos Heere und Feldherren gewissermaßen im-provisiren, sie mußte sich auch Wege bahnen, um ihren Gegnern nahe kommen zu können, und der staunenswerthe Erfindungs- und Unternehmungsgeist der Amerikaner zeigte sich eben so wunderbar
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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TM Hauptwörter (200): [T76: [Staat See Nordamerika Stadt Union Mississippi Washington Ohio Gebiet vereinigt], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
312
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen.
gesegelt, um auf seine eigene Hand Entdeckungen zu machen und damit in Spanien groß zu thun. Aber der ehrliche Kazike wollte Colombo nicht gern ziehen lassen; er bat ihn, doch da zu hleiben und ihm gegen die Anfälle der Caraiben (Menschenfresser) der benachbarten Inseln beizustehen. Das ging zwar nicht an; indessen da mehrere von der Schiffsmannschaft baten, auf Haiti zurückbleiben zu dürfen, so erlaubte es ihnen Colombo, beschloß aber, noch vorher den Indianern einen recht hohen Begriff von seiner Macht und einen Beweis seiner himmlischen Abkunft zu geben, damit die Wilden auch in seiner Abwesenheit die Spanier gut behandeln möchten. Er ließ daher in seiner Gegenwart seine Spanier Waffenübungen anstellen und erreichte dadurch ganz seinen Zweck. Mit Staunen und Schrecken sahen die Indianer das Hauen mit Säbeln und hörten mit Entsetzen das Schießen mit den Flinten, und als Colombo endlich eine Kanone abfeuern ließ, stürzten sie gar zu. Boden. Absichtlich hatte er das Stück gegen die Wand des gestrandeten Schiffes richten lassen, und zeigte nun den Wilden die von der Kugel gemachte Oeffmmg. Das vermehrte noch die Verwunderung; sie begriffen gar nicht, wie die Kanone, ohne nach dem Schiffe hinzulaufen, ihm Schaden zufügen könne, und hielten sie für ein mächtiges, lebendiges Wesen. Nun konnte Colombo auf geduldige Unterwerfung rechnen. Zum Ueberfluß ließ er noch einen hölzernen Thurm an der Küste bauen und di§ gutmüthigen Indianer halsen wacker Bretter und Balken zutragen. Sie ahnten nicht, daß dieser Thurm ein Werkzeug zu ihrer Unterdrückung werden sollte!
Nun machte sich Colombo zur Abreisefertig. Der gutegua-cauagari — so hieß der Kazik — versah sein Schiff mit allen nöthigen Lebensrnitteln im Ueberfluß. Colombo ließ 39 Mann in der hölzernen Festung, die er Navidad nannte, und die da lag, wo jetzt Cap Francois ist, zurück, empfahl ihnen ein recht freundschaftliches Benehmen gegen die Indianer und verbot ihnen sich in andere unbekannte Districte zu wagen. Dagegen versprach er, sie nicht zu vergessen und nicht eher zu ruhen, bis er ihnen Verstärkungen und reiche Belohnungen mitbringen könnte. Dann nahm er den herzlichsten Abschied, wobei auch Guacanagari viele Thränen vergoß, und segelte ab am 4. Januar 1493. Noch segelte er längs der Küste von Haiti hin, als er dem Schiffe Pinzons begegnete. Verwirrt stotterte dieser eine Entschuldigung seiner strafbaren Entfernung her. „Er sei," sagte er, „vom Winde fortgetrieben worden, dessen Gewalt er nicht habe widerstehen
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Extrahierte Personennamen: Francois
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Colombo Haiti Colombo Colombo Colombo Colombo Colombo Haiti
322
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen.
So hatten denn die Spanier fürs erste Ruhe vor den Eingeborenen, die nun so eingeschüchtert waren, daß sie, wenn sie einen Spanier erblickten, auf ihn zuliefen und sich erboten, ihn auf den Schultern zu tragen, auch Alles willig hergaben, was man von ihnen verlangte. Auch versprachen alle Kaziken, den König von Spanien als ihren Herrn zu betrachten und ihm einen jährlichen Tribut an Gold, Baumwolle und andern Prodncten zu geben.
Indessen zog sich über Colombo ein Ungewitter herauf. Die nach Europa zurückgereisten Spanier, alle seine erbitterten Feinde, hatten ihn dort so verleumdet, daß, wer ihn nicht kannte, ihn für ein Ungeheuer von Strenge hätte halten müssen. Diese Klagen kamen auch zu den Ohren des Königs, und zugleich wurde ihm gesagt, Colombo sei gestorben; da befahl Ferdinand einem seiner Höflinge, Juau Aguado, gleich nach Haiti zu reisen und indessen Colombo's Stelle zu vertreten; wäre dieser aber nicht todt, so sollte Aguado sich in allen Dingen nach seinen Befehlen richten, bloß Erkundigungen einziehen und dann wieder zurückkehren. Aber dieser Aguado war ein übermüthiger und einfältiger Mensch, der sich in die ihm verliehene Würde nicht zu finden wußte. Sobald er auf Haiti angekommen war, that er, als wenn er allein zu befehlen hätte, zog die von Colombo eingesetzten Beamten zur Rechenschaft, behandelte den würdigen Admiral absichtlich geringschätzig und forderte die Spanier auf, bei ihm Beschwerden über ihren Vorgesetzten anzubringen. Wie kränkte dies den braven Colombo, sich so in seiner eigenen Entdeckung von einem unwissenden Hofschranzen behandeln zu lassen! Aber was sollte er thun? Er unterwarf sich den Verfügungen des Aguado und reiste mit diesem zugleich nach Spanien, um durch seine Gegenwart die Verleumdung seiner Feinde niederzuschlagen. Er nahm viele Spanier, die sich nach dem Vaterlande zurücksehnten, und drei Indianer mit. Eine so langweilige Fahrt hat nicht leicht ein Schiff von Amerika nach Spanien gehabt; denn man wußte damals noch nicht, daß man, um günstigen Wind zu haben, erst nördlich über den Wendekreis und dann erst östlich fahren müsse. Ein ganzes Vierteljahr brachte das Schiff unterwegs zu; fast alle Lebensmittel waren bereits verzehrt. Schon wollten die Spanier die armen Indianer schlachten und verzehren, als man endlich am 14. Juni 1497 Cadiz erreichte.
Colombo reiste sogleich nach Hofe, zeigte, wie das erste Mal, die mitgebrachten Menschen und Sachen vor, und hatte die Freude, zu sehen, daß man nur ihm, nicht aber seinen boshaften Feinden
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Juau_Aguado Aguado
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Colombo Europa Colombo Haiti Haiti Colombo Colombo Spanien Amerika Spanien Cadiz Colombo
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
Ii. Schuf geograpfiijcfte Darlegung
des
deutschen Kolonialbesitzes.
A, Allgemeine Übersicht.
1. Lage.
Nennen und Zeigen der deutschen Kolonieen auf der Wand-
karte und im Atlas. Ihre Lage in den einzelnen Erdteilen und
auf der Erdkugel im allgemeinen. Es ist darauf aufmerksam zu
machen, daß mit Ausnahme von Angra Pequena sämtliche Ko-
lonieen in der heißen Zone liegen. Sie eignen sich deshalb nicht
zu Besiedelungskolonieen deutscher Auswanderer, sondern dienen in
erster Linie dem deutschen überseeischen Handel. Infolge der Lage
müssen Tier- und Pflanzenwelt tropischen Charakter zeigen. Die
einheimische Bevölkerung besteht aus wilden Naturvölkern. Hin-
weis darauf, daß in anderen Kolonieen der heißen Zone (z. B. in
den englischen) bestimmte tropische Kultur- und Handelspflanzen in
großen Plantagen angebaut werden. Folgerungen daraus für die
deutschen Kolonieen. Welche Aufgabe der deutschen Mission unter
den wilden Völkern zufällt. Was den deutschen Forschern und
Gelehrten inbezug auf jene im einzelnen noch unbekannten Gebiete
zu thun übrig bleibt. Hinweis darauf, daß in vielen der Kolonial-
länder noch die einheimische Sklaverei (Ostafrika :c.) in hoher
Blüte steht und bekämpft werden muß. Welche großen Schwierig-
fetten sich der deutschen Arbeit in den Kolonieen — namentlich
in klimatischer Beziehung — entgegenstellen. Reisewege nach den
Kolonieen.
Anmerkung: Obige Folgerungen aus der Lage der Ko-
lonieen sind namentlich dann schon hier ain Platze, wenn der frühere
Unterricht bereits gelegentlich die Kolonieen berücksichtigt hat. Andern-
falls sind sie mindestens als Abschluß der Einzelbetrachtungen zu ver-
arbeiten.
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
6
Deutschlands Kolonieen.
[270
ist historisch die deutsche Kolonialpolitik zu einem gewissen ersten
Abschluß gekommen. Die Kolonialthätigkeit hat in den betreffen-
den Schutzgebieten sehr regen Eifer entwickelt, und kühne Reisende
und eifrige Forscher (Hugo Zöller: Togoland und in Gemeinschaft
mit Rogozinski auch Kamerun; Missionar Büttner, Dr. Göhring,
Dr. Höpfner, Ingenieur Anderson n. a. m. in Südwestafrika;
v. d. Decken, Gebrüder Denhardt, Graf Pfeil und mehrere Ex-
peditionen der ostafrikanischen Gesellschaft in Deutfch-Ostasrika;
der Südseereisende Finsch und Zöller im Kolonialbesitz in der Süd-
see !c.) sind mit Erfolg bemüht gewesen, uns Aufschluß über die
Natur jener Länder zu geben.
Wie nun einerseits die zahlreichen Kolonialvereine rastlos thätig
sind, um eine allgemeine Anteilnahme der Bevölkerung an den
deutschen Kolonialbestrebungen zu erwirken und für weitere Ver-
breitung richtiger Erkenntnis und Würdigung jener Schutzgebiete
Sorge zu tragen, so erwach st bei der nunmehrigen Sach-
läge der Dinge auch der deutschen Schule jeglicher
Art die Aufgabe, beim geographischen Unterrichte
die deutschen Kolonieen in sachlich richtiger und
pädagogisch angemessener Art zu berücksichtigen. —
Es wäre nunmehr die Frage zu erörtern, in welcher Weise
diese geforderte Berücksichtigung seitens der deutschen Schule zu
geschehen habe. Um für die Beantwortung dieses „Wie?" sichere
Anhaltepunkte zu gewinnen, wird es nötig sein, kurz zu untersuchen,
welche Ziele Deutschland mit seinen Kolonialbe-
strebungen verfolgt.
Die deutsche Kolonialbewegung der Jetztzeit hängt aufs innigste
mit der deutschen Auswandererfrage zusammen und verdankt dieser
nicht zum geringsten Teil ihre Entstehung. Obwohl Deutschland
bis in die neueste Zeit keinen überseeischen Kolonialbesitz auszu-
weisen hatte, war der Deutsche doch seit Beginn dieses Jahr-
Hunderts in fremden Ländern und Erdteilen mit großem Eifer und
Erfolg als Kolonist thätig. Die deutsche Auswanderung war in
der Mitte dieses Jahrhunderts zu einem Umfange angeschwollen,
der eine große volkswirtschaftliche Schädigung unseres Vaterlandes
bedeutete, da demselben jahraus, jahrein zahlreiche Arbeitskräfte
und Kapital in Menge entzogen wurden, was beides fremden
Staaten und Kolonieen zugute kam. Ja nicht selten wurden die
deutschen Auswanderer von gewissenlosen Agenten und Aus-
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert]]
Extrahierte Personennamen: Hugo_Zöller Büttner Anderson Gebrüder_Denhardt
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Kamerun Südwestafrika Deutfch-Ostasrika Finsch Süd- Deutschland Deutschland
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
271] Die deutschen Kolonieen im geographischen Unterrichte. 7
Wanderungs-Bureaus aufs schmählichste ausgebeutet und ausgesogen,
so daß auch die persönlichen Vorteile und Erfolge deutscher Arbeit
im Auslande sehr in Frage gestellt waren.
Die neueste deutsche Kolonialbewegung bezweckte nun außer dem
Schutz des deutschen überseeischen Handels auch die praktische
Lösung der Auswandererfrage, indem sie dem Strom der deutschen
Auswanderung gesunde und nutzbringende Abzugskanäle eröffnen
wollte. Leider ist letzteres ohne Erfolg gewesen. Die deutschen
überseeischen Besitzungen taugen samt und sonders nicht zur An-
siedelung deutscher Auswanderer, zur Anlage von Ackerbaukolonieen,
zur Niederlassung von Handwerkern :c., weil das tropische un-
gesunde Klima den dau ernd en Aufenthalt deutscher Auswanderer
nicht gestattet. Demgemäß könnten wir, streng genommen, auch
nicht von deutschen „Kolonieen", sondern nur von deutschen
überseeischen Schutzgebieten und Besitzungen reden. Denn
unter einer Kolonie versteht man im engeren Sinne eigentlich ein
solches auswärtiges Machtgebiet eines Volkes, in welches Teile
seiner eigenen Bevölkerung als Ansiedler auswandern. Solche
Kolonieen hat England in Nordamerika, Südafrika, Australien und
Neuseeland. Doch hat sich der Name „Kolonie" nun einmal für
jene deutschen Besitzungen eingebürgert und wird daher auch hier
fürderhin dafür gebraucht.
Im weiteren Sinne unterscheidet man neben Besiedelungs-
kolonieen aber auch Handels- und Betriebskolonieen.
Diese letzteren beiden Arten der Kolonisation wird nun Deutsch-
land in seinen Kolonieen im Auge haben müssen.
Handelskolonieen entstehen da am ersten, wo natürliche
Produkte in reichem Maße vorhanden sind und eine Bevölkerung,
welche diese Produkte kennt und sie gegen andere Gegenstände,
meist europäischen Ursprungs, auszutauschen geneigt ist. In dem
Maße nun, als dieser Handel an Bedeutung gewinnt, wird sich
die Zahl der Faktoreien mehren, und Einfuhr und Ausfuhr werden
steigen. Der Kolonisator muß und kann sich aber mit diesem
Ergebnis allein nicht zufrieden geben. Denn um sich den gegen-
wärt igen Vorteil des Erlöses zu sichern, wird der Eingeborne
die im Handel verlangten Rohprodukte ohne Rücksicht auf deren
Fortbestand ausrotten, wie anderseits der überseeische Kaufmann
ohne Rücksicht auf diesen Umstand das Produkt aufkaufen wird,
ohne für dessen Erhaltung auch in der Zukunft Sorge zu tragen.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt]]
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Extrahierte Ortsnamen: England Nordamerika Südafrika Australien Neuseeland
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
307]
Die deutschen Kolonieen in Afrika.
43
Seite, wozu auch Vertreter der dortigen Handelshäuser gehören,
und Häuptlinge der Eingebornen zugezogen werden können. Die
Ausgaben, welche das Reich für diese Kolonie hat, werden jetzt
bereits von den Eingangszöllen gedeckt.
Eine Anzahl von Eingebornen ist zum Polizei- und Schiffs-
dienst ausgebildet worden. Seit 1887 hat Kamerun ein Post-
amt und gehört dem Weltpostverein an. In demselben Jahre
wurde auch eine Schule eröffnet, und obgleich die beiden Lehrer
— die Württemberger Cristaller und neuerdings Flad — mit
großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, dem Bau des Schul-
Hauses sich viele Hindernisse entgegenstellten, die Unterhaltung der
Schule viel Mühe machte (namentlich wollen die Eingebornen für
ihre Schulkinder nicht die geringen Schulbeiträge entrichten), so
schreitet die Schularbeit doch rüstig vorwärts. Cristaller hat eine
Fibel in der Duallasprache herausgegeben, um den schwarzen Abc-
Schützen das Lesen und Schreiben ihrer Muttersprache beizubringen.
Die Negerkinder erweisen sich als geistig begabt und zeigen regen
Fleiß und Eifer für die Arbeit in der Schule.
Auch für die fernere Erforschung des Kamerungebietes hat
die Regierung Sorge getragen. Den Privatexpeditionen von Buch-
holz, Zöller und Rogaziuski sind in den letzten Jahren mehrere
von der Regierung ausgerüstete Forschungsreisen gefolgt. Die wich-
tigsten derselben sind die von Dr. Schwarz und Dr. Zintgraf unter-
nommenen. Sie verfolgen namentlich den Zweck, uns Kenntnis
von der Natur der einzelnen Landschaften zu geben und den lästigen
Zwischenhandel der Duallaneger zu durchbrechen, wodurch die Völker
der Hinterländer in unmittelbaren Handelsverkehr mit den Euro-
päern treten könnten.
Die wichtigsten Ausfuhr- und Handelsorte am Küstengebiet sind
in Westkamerun Victoria und Bimbia, im Kamerunflußgebiet
Kamerun, in den südöstlichen Landschaften Klein- und Groß-
Batanga. Zu den bedeutendsten Ortschaften der Eingebornen
gehören King Bell-Stadt und King Aqua-Stadt am Ostufer des
unteren Kamerun.
3. Deutsch-Süd westafrika.
a) 'Äas Land.
a)Lage, Größenverhältnisse, Teile. Das deutsche Schutz-
gebiet in Südafrika reicht von der Nordgrenze des Kaplandes bis
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
18
Deutschlands Kolonieen.
[282
Mitte dieses Jahrhunderts gegründeten „Kolonisationsgesellschaften",
welche sich besonders die Frage der deutschen Auswanderung, die
einen bedeutenden Umfang angenommen hatte und dem Vaterlande
viel Geld und Arbeitskräfte entzog, angelegen sein ließen, ver-
mochten nichts Nennenswertes zu leisten. Es fehlte zu solchen
Unternehmungen ein mächtiges Deutschland, das seinen Forderungen
und Handlungen Nachdruck geben konnte, und eine leistungsfähige
deutsche Marine.
Erst als der große Krieg von 1870/71 die Errichtung eines
kraftvollen, mächtigen Deutschen Reiches mit sich brachte, traten
die deutschen Kolonisationsbestrebungen stark und unabweisbar her-
vor. Deutschlands Handel nahm einen ungeahnten Aufschwung,
und man fühlte nun stärker denn je den Mangel eigener Kolonieen
und das Mißliche des Umstandes, daß der Handel immer nur
auf fremde, unter nichtdeutscher Oberhoheit stehende Gebiete an-
gewiesen war. In Wort und Schrift wurde die Begründung
deutscher Kolonieen gefordert, und die kolonialen Bestrebungen
fanden besonders einen Mittelpunkt in dem im Dezember 1882
zu Frankfurt a. M. gegründeten „Deutschen Kolonial-Verein".
Nunmehr entschloß sich auch die Reichsregierung zu thatkrästigem
Vorgehen. Die Erwerbung und Besitznahme der deutschen Ko-
lonieen folgte nun Schlag auf Schlag.
a. Südwestafrika.
Die erste Erwerbung bildete „Lüderitzland" in Südwest-
afrika. Im Jahre 1883 erwarb Kaufmann Lüderitz-Bremen von
eingebornen Häuptlingen durch zwei Verträge das Küstengebiet
vom Oranjefluß bis zum 26." südl. Br. mit dem Hafen Angra
Pequena und 20 geogr. Meilen landeinwärts als Hinterland mit
allen Hoheitsrechten und erbat dafür den Schutz des Reiches.
Trotzdem England alles aufbot, dies letztere zu verhindern, wurde
doch im folgenden Jahre (1884) in dieser unserer ersten, etwa
900 Q.-Meilen umfassenden Kolonie die deutsche Flagge gehißt
und folgende Proklamation von Kapitän Herbig verlesen^):
„Se. Majestät der deutsche Kaiser Wilhelm I., König von Preußen,
haben mir befohlen, mit Allerhöchsteren gedeckter Korvette Elisabeth nach
i) Dies nachfolgende und die weiterhin angeführten amtlichen Schriftstücke
können im Unterricht vorgelesen und ihre Bedeutung den Schülern klar-
gemacht werden.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden]]
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Extrahierte Personennamen: Kapitän_Herbig Wilhelm_I. Wilhelm_I. Elisabeth
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Deutschlands Frankfurt_a._M. Südwest-
afrika England
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
22
Deutschlands Kolonieen.
[286
genommen und die betreffenden Gebiete vorbehaltlich Unserer Entschließungen
auf Grund weiterer Uns nachzuweisender vertragsmäßiger Erwerbungen der
Gesellschaft oder ihrer Rechtsnachfolger in jener Gegend unter Unfern kaiser-
lichen Schutz gestellt haben. Wir verleihen der besagten Gesellschaft unter
der Bedingung, daß sie eine deutsche Gesellschaft bleibt, und daß die Mit-
glieder des Direktoriums oder der sonst mit der Leitung betrauten Personen
Angehörige des Deutschen Reiches sind, sowie den Rechtsnachfolgern dieser
Gesellschaft unter der gleichen Voraussetzung die Befugnis zur Ausübung
aller aus den Uns vorgelegten Verträgen fließenden Rechte, einschließlich der
Gerichtsbarkeit gegenüber den Eingebornen und den in diesen Gebieten sich
niederlassenden oder zu Handels- und zu anderen Zwecken sich aufhaltenden
Angehörigen des Reiches und anderer Nationen, unter der Aufsicht Unserer
Regierung und vorbehaltlich weiterer von Uns zu erlassender Anordnungen
und Ergänzungen dieses Unseres Schutzbriefes. Zu Urkunde dessen haben
Wir diesen Schutzbrief Höchsteigenhändig vollzogen und mit Unserm kaiser-
lichen Jnsiegel versehen lassen.
Gegeben Berlin, den 27. Februar 1885.
(gez.) Wilhelm. — v. Bismarck."
Aus der vorhin genannten Kolonialgesellschaft bildete sich die
„Deutsche Ostafrikanische Gesellschaft" heraus, welche
bis 1887 19 Expeditionen ausgesandt, das Land durchforscht und
weitere große Länderstrecken sowie Häfen erworben hat. — Dazu
kommt noch die Erwerbung von Wunland durch die.„Witu-
Gesellschaft" im Jahre 1885, so daß Deutsch-Ostafrika den um-
fangreichsten deutschen Kolonialbesitz ausmacht.
6. Die Kolonieen in der Südsee.
Mit den Inseln der Südsee hatten deutsche Handelshäuser längst
Handelsverbindungen angeknüpft. Besonders das Kokosnußöl und
neuerdings der aus dem Kern der Kokosnuß geschnittene und ge-
trocknete Ausfuhrstoff „Kopra", aus welchem mit größerem Vor-
teil in Europa Öl bereitet wird, bildeten sehr gesuchte Handels-
stoffe. Namentlich im Bismarck-Archipel (früher Britannia-Archipel)
lag der Handel lediglich in deutschen Händen. (Hamburger Handels-
haus Robertson & Hörnsheim.) Es lag sehr nahe, jene Handels-
beziehungen durch Kolonialbesitz und Reichsschutz zu sichern und
weiter zu entwickeln. Eine Gemeinschaft von Reichsangehörigen,
die später den Namen „ Neuguinea-Kompanie annahm,
gewann den berühmten Südseereisenden Finsch, welcher Ende 1884
die Nordküste von Neuguinea und den Bismarck-Archipel für
genannte Gesellschaft in Besitz nahm. Im folgenden Jahre wurden
diese Gebiete unter deutschen Schutz gestellt und erhielten den Namen
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Bismarck Robertson
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Berlin Deutsch-Ostafrika Europa Hörnsheim Neuguinea