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weißen Berge vor Prag durch Tilly, den Feldherrn des Herzogs von Bayern, ge-
schlagen, mußte fliehen und verlor sein Land.
2. Die dänische Kriegszeit von 1624—30. Als Tilly auch Norddeutschland
bedrohte, verband sich König Christian von Dänemark mit den Protestanten
gegen den Kaiser. Er wurde aber 1626 bei Lutter am Barenberge von Tilly
geschlagen und vom Kaiserl. Feldherrn Wallenstein, der dann ganz Norddeutsch-
land besetzte (Belagerung Stralsunds 1628), nach Dänemark zurückgetrieben. Ter
Kaiser hatte jetzt die deutschen Protestanten unterworfen und verlangte von ihnen
1629 durch das Restitutions-Edikt die Herausgabe aller nach dem Passauer
Vertrage eingezogenen Kirchengüter und Annahme der katholischen Religion.
3. Die schwedische Kriegszeit von 1630—36. Da Wallenstein nicht nur die
Länder der Protestanten, sondern auch die der Katholiken schrecklich verheerte, setzte
der Kaiser ihn ab. Um diese Zeit nahm sich Gustav Adolf von Schweden der
luth. deutschen Glaubensbrüder an, kam mit einem Heere über die Ostsee und
landete am 24. Juni 16 30 auf den Inseln Usedom und Wollin. Während er
noch mit den luth. Fürsten Norddeutschlands wegen eines Bündnisses mit ihm unter-
handelte, zerstörte Tilly den 10. Mai 1631
Magdeburg, wurde aber dann von Gustav Adolf
1631 bei Breitenfeld unweit Leipzig und später
nochmals am Lech geschlagen. Tilly starb bald
darauf an einer erhaltenen Wunde, und dem
Schwedenkönige stand ganz Deutschland offen. Da
ließ der Kaiser durch Wallenstein ein Heer ausrüsten.
Dieser zog mit demselben nach Sachsen, Gustav
Adolf folgte ihm und fiel in der Schlacht bei Lütz en
den 16. Nov. 1632, in welcher die Kaiserlichen
geschlagen wurden. Herzog Bernhard von
Weimar wurde nun Führer derschweden. Wallen-
stein zog sich nach Böhmen zurück, wo man ihn 1634
zu Eg er ermordete. Des Kaisers Sohn, Ferdi-
nand, schlug darauf die Schweden bei Nördlingen
und mehrere deutsch-evangelische Fürsten schlossen mit dem Kaiser den Frieden zu
Prag.
Fig. 10. Gustav Adolf v. Schweden.
4. Die schwedisch-französische Kriegszeit von 1636—48. Jetzt kamen die
Franzosen den Schweden zu Hilfe. Die Schweden eroberten ganz Pommern, schlugen
die Kaiserlichen und drangen bis in die Nähe Wiens vor. Die Franzosen eroberten
Elsaß. Endlich mußte Kaiser Ferdinand Iii. den westfälischen Frieden 1648
zu Münster und Osnabrück schließen und den Evangelischen ihre Rechte lassen.
Deutschland aber war so verwüstet und geschwächt, daß es Jahrzehnte lang sich nicht
erholen konnte.
§ 10. Borgeschichte der Mark und die hohenzollernschen Kurfürsten derselben von
1415—1700. Die jetzige Mark Brandenburg war in alter Zeit von Wenden bewohnt,
einem slawischen Volksstamme, durch deren räuberische Einfälle Kaiser Karl d. Gr. und
Heinrich I. viel zu leiden hatten. Der Kaiser Lothar v. Sachsen setzte 1134 Albrecht
den Bär, Grafen von Ballenstädt, als erblichen Markgrafen der Nordmark ein. Seine
Nachkommen, die Anhaltiner oder Askanier, regierten über dieselbe bis 1320, dann
folgten bis 1373 bayerische und darauf bis 141.5 luxemburgische Markgrafen, die
meistens zugleich deutsche Kaiser waren und sich um die Mark wenig kümmerten. Einer
derselben, Kaiser Sigismund, belehnte seinen Freund, den hohenzollernschen Burggrafen
Friedrich Vi. von Nürnberg auf der Kirchenversammlung zu Kostnitz 1417
erblich mit der Mark, und somit waren die Hohenzollern in den Besitz derselben gekommen.
Lettau, Realienbuch für evangelische Schulen. Z
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Extrahierte Personennamen: Tilly Tilly Christian_von_Dänemark Tilly Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Gustav
Adolf Gustav Adolf Bernhard_von
Weimar Gustav_Adolf Gustav Adolf Ferdinand_Iii Ferdinand Karl_d Karl Heinrich_I. Lothar_v Albrecht Albrecht Sigismund Friedrich_Vi Friedrich Lettau
42
Fig. 22. Friedrich Wilhelm Iii.
Österreich, Rußland und England gegen ihn, um ihn zur Ordnung zurück-
zuführen, aber in der Schlacht bei Austerlitz 1805 (Dreikaiserschlacht) wurden
die Russen und Österreicher geschlagen. Österreich
mußte Tyrol und Venedig abtreten. Franz Ii.
legte 1806 die deutsche Kaiserwürde nieder, da
viele deutsche Fürsten sich mit Napoleon verban-
den. Rheinbund. Weil Friedrich Wilhelm Iii.
dem Rheinbund nicht beitrat und einen nordischen
Bund gegen Napoleon stiften wollte, darum
rüstete Frankreich gegen ihn. Napoleon beleidigte
den König auf jede mögliche Weise, bis dieser
ihm zuletzt den Krieg erklärte.
2. Der unglückliche Krieg für Preußen,
von 1806—7. 1806. Friedrich Wilhelm hatte
seine mit großer Siegesgewißheit erfüllten Heere
gerüstet und war den Franzosen entgegen ge-
zogen. Auch die Sachsen und Russen hatten sich
mit ihm verbunden. Der Oberbefehl über das preußische Heer führte der 72jährige
Herzog Ferdinand von Braunschweig. Napoleon war unterdessen mit seinen
Scharen herangezogen und stand in Thüringen. Schon gleich das erste Zusammentreffen
der Preußen mit den Franzosen fiel unglücklich für die ersteren aus. Der tapfere Prinz
Ludwig Ferdinand griff mit der Vorhut des preußischen Heeres die Franzosen
an, wurde aber (10/10.) bei Saalfeld geschlagen und fiel selbst. Das preußische
Hauptheer war in zwei Haufen geteilt. Den einen führte Ferdinand v. Braunschweig,
den andern der Prinz v. Hohenlohe an. Napoleon griff beide Heere am 14. Okto-
der 1806 in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt an, die an beiden Orten
unglücklich für Preußen ausfiel. An Stelle der früheren Kampfeslust trat jetzt große
Mutlosigkeit. Ganz aufgelöst floh das preußische Heer. Die Trümmer desselben
sammelten sich erst hinter der Weichsel, wo auch schon die russischen Heere standen.
Die meisten Festungen wurden von ihren verräterischen Kommandanten den Franzosen
übergeben (nicht so Graudenz, Kolberg, Pillau), und so konnte Napoleon schon Ende
Oktober in Berlin einrücken. Er durcheilte schnell fast das ganze Land und bezog
ein festes Lager hinter der Weichsel. — 1807. Die Königliche Familie wohnte jetzt
in Königsberg, später in Memel. Der preußische General Lestocq vereinigte die
Überbleibsel des geschlagenen Heeres mit den Russen unter Benningsen. Die Ver-
bündeten wollten Königsberg nicht so leicht in die Hände der Feinde fallen lassen,
und es kam am 7. und 8. Februar 1807 zu der furchtbar blutigen Schlacht bei Pr.
Eylau, in der es den Preußen und Russen trotz der größten Tapferkeit nicht gelang,
die Franzosen entscheidend zu schlagen. Diese zogen sich nur auf einige Wochen hinter
die Passarge zurück, drangen dann wieder vor und schlugen die Preußen und Russen
am 14. Juni bei Friedland a. d. Alle. Dieser Sieg Napoleons entschied über
Preußen. Am 9. Juli kam der Frieden zu Tilsit zu stände. Preußen mußte alle
Besitzungen zwischen Rhein und Elbe, ganz Süd- und Neuostpreußen abtreten. Die
erstern vereinigte Napoleon zum Königreich Westfalen. Die letztern erhielt das
von Preußen abgefallene und von Napoleon zum Königreiche erhobene Sachsen. Preu-
ßen behielt nur noch 4 Millionen Einwohner. Außer der schon erhobenen Milliarde
Mark Kriegssteuer mußte Preußen noch 120 Millionen Mark Entschädigung zahlen.
So lange diese nicht aufgebracht waren, blieben Franzosen im Lande. Der König
durfte nicht mehr als 42 000 Soldaten halten, von denen Napoleon in jedem Kriege 1¡3
zu Hilfe kommen sollten. Napoleon frohlockte. „Wie konnten Sie es wagen, mit mir
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Franz_Ii Franz Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Ferdinand_von_Braunschweig Ferdinand Napoleon Ludwig_Ferdinand Ludwig Ferdinand Ferdinand Napoleon Graudenz Napoleon Lestocq Napoleons Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: England Venedig Rheinbund Rheinbund Frankreich Sachsen Thüringen Saalfeld Jena Kolberg Pillau Berlin Königsberg Memel Friedland Napoleons Rhein Westfalen Sachsen
Holländer und Spanier besetzt, Pommern und einen Teil der Mark die Schweden,
Ostpreußen besaß er nur als Lehn. Daher konnte Friedrich d. Gr. später von ihm
mit Recht sagen: „Er war Fürst ohne Volk, Herrscher ohne Land, Erbe ohne Erb-
teil!" Zunächst schloß er mit den Schweden Frieden, und das Land hatte nun Ruhe.
Darauf vergrößerte und verbesserte er sein Heer. Stets war er bemüht, der Not des
Landes abzuhelfen und die Bewohner wieder an fleißige, redliche Arbeit zu ge-
wöhnen. In die durch den Krieg
ganz entvölkerten Gegenden nahm
er Menschen aus Holland und der
Schweiz auf und schenkte ihnen
Wohnungen und Äcker. Den ver-
armten Landleuten gab er Vieh,
Saatgetreide, Wirtschastsgeräte,
damit sie ihren Acker wieder be-
stellen konnten. Er hob den Gar-
tenbau, indem er fleißigen Anbau
der Kartoffeln und Obstbäume
verlangte. Im Frieden zu Münster
und Osnabrück erhielt er Hinter-
p o in m e r n zurück. Für Vor-
pommern aber, das die Schweden
behielten, bekam er Kamin,
Magdeburg, Minden und
Fig. 12. Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst. Halber st ad t.
p. Befreiung Ostpreußens von
polnischer Oberherrschaft. Johann Kasimir, der Polenkönig, machte Ansprüche
auf den schwedischen Thron. Karl Gustav, der König der Schweden, überzog des-
halb Polen mit Krieg und fiel in Preußen ein, um nach Polen zu ziehen. Friedrich
Wilhelm mußte sich mit ihm verbinden. Im Jahre 1656 schlugen die Verbündeten
in einer dreitägigen blutigen Schlacht bei Marsch au den Polenkönig. Der Sieg war
besonders den tapfern Brandenburgern zuzuschreiben, und als Belohnung dafür gab
Karl Gustav im Vertrage zu Labiau (1656) Ostpreußen, das er Polen abgenommen
hatte, dem Kurfürsten als freies Eigentum. Als Karl Gustav Preußen verlassen
mußte, um Schwedisch-Pommern gegen die Dänen zu verteidigen, die darin einge-
fallen waren, ließ der Polenkönig ein großes Heer Tartaren in Ostpreußen eindringen,
welches das Land schrecklich verheerte. Da aber der
Polenkönig Karl Gustavs Rückkehr fürchtete und im
großen Kurfürsten einen tapfern Bundesgenossen gegen
jenen gewinnen wollte, so gab auch er ihm im Vertrag
zu Wehlau den 19.Sept.1657ostpreußen als freies
Eigentum. Jmfrieden zu Oliv a1660 bestätigte auch
Schweden nach Karl Gustavs Tode den Wehlauer
Vertrag.
e. Kriege mit Frankreich und Schweden. Lud-
wig Xiv. von Frankreich wollte auf unrechtmäßige
Weise die Niederlande an sich bringen und verletzte
in diesem Kriege auch deutsches Gebiet. Der deutsche
Kaiser überzog deshalb Frankreich mit Krieg. Auch
der gr. Kurfürst nahm teil an diesem Kriege, und
die Franzosen sahen bald ein, daß dieser ihr gefährlich- Mg. 13. Derffunger.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_d Friedrich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Ostpreußens Johann_Kasimir Johann Karl_Gustav Karl Gustav Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Karl_Gustav Karl Gustav Karl_Gustav_Preußen Karl Gustav Karl_Gustavs_Rückkehr Karl Gustavs Karl_Gustavs Karl Gustavs
Extrahierte Ortsnamen: Pommern Schweden Holland Magdeburg Minden Schweden Polen Schwedisch-Pommern Frankreich Schweden Frankreich Niederlande Frankreich
37
§ 13. Friedrich Wilhelm I. von 1713—40. „Ich will das Königtum in
Preußen gleich einem Felsen von Erz bauen." a. Eigenschaften. Er war ganz
anders als sein Vater, haßte Pracht und Glanz von Jagend auf, liebte dagegen
Sparsamkeit, Mäßigkeit und strenge Ordnung. Die meisten der vielen Diener
seines Vaters entließ er. Viel Gold- und Silbergerät schickte er in die Münze. Die
prächtigen Wagen, Geschirre und Pferde wurden verkauft. Sein Vater liebte Künste
und Wissenschaften, er achtete sie wenig, doch gründete er viele Volksschulen. Er
ging seinem Volke als Muster und Beispiel in Ordnung, Sparsamkeit und Mäßig-
keit voran. Widerspruch duldete er nicht. „Räsonier er nicht!" so rief er und schwang
wohl gar seinen Krückstock. Einfach waren feine
Speise und Kleidung. Den König beseelte ein
wahrhaft frommer Sinn. Selten fehlte er des
Sonntags in der Kirche. Durch sein Beispiel
äußerten sich auch bald im ganzen Lande Mäßig-
keit, Arbeitsamkeit und frommer Sinn. Seine
Erholungen waren Jagd, Musik und das so-
genannte „Tabakskollegium".
b. Kriege hat Friedrich Wilhelm nur
wenige geführt. Wider seinen Willen wurde er
in den großen nordischenkrieg, der zwischen
Peter d. Gr. von Rußland und Karl Xii.
von Schweden von 1700—20 geführt wurde,
Fig. 15. Friedrich Wilhelm I. verwickelt. Er erhielt im Frieden zu Stock-
holm Vorpommern. Ferner half er in einem
Kriege gegen die Franzosen am Rheine dem Kaiser. Der versprach ihm für seine Hilfe
eine Entschädigung, hielt aber im Frieden nicht Wort. Da zeigte der König auf
seinen Sohn Friedrich und sprach: „Hier steht einer, der mich rächen wird!"
e. Wichtige Einrichtungen. Um den Wohlstand des Landes zu heben, brachte
er Ordnung in die Verwaltung der Einkünfte desselben. In den Provinzen
ordnete er die Kriegs- und Domainenkammern an (Regierungen), die dafür zu
sorgen hatten, daß die Domainen, Forsten, Zölle und Posten gehörig verwaltet
wurden. Über diesen stand die Oberrechenkammer, der alle Beamten ihre
Rechnungen abzuliefern hatten. Auch führte er die Accise ein. Den Ackerbau be-
förderte er. Unangebaute, wüstliegende Gegenden bevölkerte er, indem er, außer
andern Einwanderern, die durch den hartherzigen Bischof Firmian aus Salzburg
vertriebenen evangel. 20000 Salzburger besonders in das durch die Pest ent-
völkerte Littauen aufnahm. Er hat auch viele Bauten ausgeführt, so das große
Krankenhaus (Charitee) in Berlin. Potsdam, früher ein Fischerdorf, ließ er
zu einer Stadt ausbauen und machte sie zu feiner zweiten Residenz. Groß war
seine Gerechtigkeitsliebe. Jährlich durchreiste er seine Länder und sah überall
selbst nach. — Das Heer hielt er für die Hauptstütze des Staates. Er vermehrte es
auf 90 000 Mann und ließ es durch den alten Dessauer vortrefflich ausbilden. Das
Leibregiment, seine „lieben blauen Kinder", bestand aus 4000 „langen Kerls", auch
Potsdamer Riesen genannt. Der König hatte das, was er sich im Anfange seiner
Regierungszeit vorgenommen: das Königtum in Preußen gleich einem Felsen
vonerzzubauen, erreicht. Er starb den 31. Mai 1740. Ihm folgte sein Sohn
Friedrich Ii. oder der Große.
8 14. Friedrich Ii., der Große, von 1740—86. „Ich bin der erste Diener
meines Staates." a. Jugendzeit. Der Vater wollte ihn besonders zu einem
tüchtigen Soldaten erziehen. Schon sein Spielzeug bestand deshalb aus Waffen.
„Meine Wiege war schon von Waffen umgeben", sagte Friedrich später.
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Extrahierte Ortsnamen: Schweden Rheine Salzburg Berlin Potsdam
38
Vom achten Jahre ab mußte er exerzieren und Wache stehen wie ein gewöhnlicher
Soldat. Anfangs gefiel ihm das, als er aber älter wurde, las er lieber französische
Bücher und spielte die Flöte. Der König nahm dies mit Unzufriedenheit wahr und
sagte einst: „Fritz ist ein Querpfeifer und
Poet. Er macht sich nichts aus den Solda-
ten und wird einmal meine ganze Arbeit
verderben". Er behandelte ihn sehr hart. Der
Kronprinz wollte dem strengen Vater entfliehen,
aber die Flucht wurde entdeckt und verhindert.
Der König ließ den Kronprinzen auf die Festung
Küstrin bringen, wo er wie ein Gefangener be-
handelt wurde. Ein Kriegsgericht sollte „den
Deserteur Fritz" zum Tode verurteilen. Doch
unterwarf sich Friedrich und bat um Verzeihung.
Er wurde nun zwar begnadigt, mußte aber noch
längere Zeit auf dem Gerichte zu Küstrin arbeiten.
Endlich, als der König von des Kronprinzen
Sinnesänderung überzeugt war, begnadigte er ihn
ganz. Die Zwietracht zwischen Vater und Sohn
hatte ein Ende. — Mit großer Kraft und hohem
Ernste trat Friedrich nach seines Vaters Tode die Regierung an, und das ganze
Land sah mit Vertrauen auf ihn.
b. Der erste und zweite schlesische Krieg, von 1740—42 und 1744—45.
Veranlassung. Im Jahre 1740 starb der damalige Kaiser Karl Vi. und hinter-
ließ das Land seiner Tochter Maria Theresia. Friedrich verlangte von ihr so-
gleich Schlesien zurück (§ 11). Da sie aber „lieber das Hemde entbehren, als
Schlesien herausgeben wollte", brach er Ende des Jahres 1740 mit seinem Heere in
Schlesien ein und hatte es in wenig Wochen erobert. Am 10. April 1741 schlug er
mit des tapfern Marschalls Schwerin Hilfe die Österreicher bei Mollwitz und
dann nochmals bei Czaslau (Chotusitz) in Böhmen.
Maria Theresia, die noch viele andere Feinde zu be-
kämpfen hatte, mußte 1742 zu Breslau mit Friedrich
Frieden schließen und ihm Schlesien überlassen. — Als
Maria Theresia gegen Bayern und alle ihre übrigen
Feinde siegreich war, fürchtete Friedrich wegen Schlesien,
schloß sich abermals Österreichs Feinden an und begann
den zweiten schlesischen Krieg. Er drang in Böhmen
ein, mußte sich aber nach Schlesien zurückziehen. Am
4. Juni 1745 besiegte er jedoch die Österreicher entschei-
dend bei Hohenfriedberg, daun nochmals bei Sorr in
Böhmen. Fürst Leopold v. Dessau aber schlug sie bei
Kesselsdorf in Sachsen, worauf 1745 der Frieden zu Dresden zu stände kam.
§ 15. Der siebenjährige Krieg von 1756—63. a. Veranlassung. Maria
Theresia konnte das schöne Schlesien nicht vergessen und brach in Thränen aus, wenn
sie einen Schlesier sah. Sie wollte es wiedererlangen und verband sich, als sie mit
allen ihren Feinden Frieden geschlossen hatte, heimlich mit Rußland, Frankreich,
Sachsen und Schweden gegen Friedrich, um ihm Schlesien zu entreißen und ihn wieder
zum Markgrafen von Brandenburg zu erniedrigen. Friedrich erfuhr ihren Plan,
kam seinen Feinden zuvor und drang Ende des Jahres 1756 in Sachsen ein.
b. Der Krieg. 1756. Die sächsische Armee wurde bei Pirna eingeschlossen,
und die Österreicher, die den Sachsen zu Hilfe kommen wollten, bei Lo wo sitz den
Fig. 17. Leopold v. Dessau.
Fig. 16. Friedrich der Große.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Karl_Vi Karl Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Leopold_v Leopold Maria
Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Leopold_v Leopold Friedrich
39
1. Oktober geschlagen, worauf sich die Sachsen ergaben. 1757. Im Jahre 175 7
rückten nun alle seine Feinde gegen Friedrich ins Feld. Er eilte zunächst nach Böhmen
und erkämpfte am 6. Mai bei Prag einen blutigen
Sieg über die Österreicher. Die Preußen hatten
große Verluste. Feldmarschall Schwerin fiel. Der
König sagte: „Schwerin ist allein mehr als
10 000 Mann wert." Am 18. Juni aber wurde
Friedrich bei Kollin von den Österreichern besiegt.
Auch schlugen die Russen seinen General Lehwald
bei Großjägersdorf, und die Franzosen und Reichs-
völker Friedrichs Bundesarmee bei Hastenbeck. Die
Franzosen kamen nach Sachsen. Friedrich schlug sie,
die sich gerühmt hatten, sie würden den Markgrafen
von Berlin bald gefangen nach Paris schicken, ent-
18 Sctoertn scheidend den 5. November bei Roßbach. Herzog
Ferdinand von Braunschweig führte den Krieg
gegen sie weiter. Indessen hatten die Österreicher Schlesien besetzt. Friedrich eilte
mit seiner „Berliner Wachtparade" dahin und traf die Feinde bei Leuthen. ^Er
versammelte seine Generale und sprach zu ihnen: „Ist
einer unter Euch, der sich fürchtet, der nehme
seinen Abschied. Ich will ihm keine Vor-
würfemachen." — Einer antwortete: „Ja, das
müßte ein infamer Schurke sein, der seinen
König verließe. Ja, nun wärs auch Zeit."
Darauf der König: „Das dachte ich mir. Morgen
haben wir den Feind geschlagen, oder wir
sehen uns nie wieder." Zu den Soldaten sprach
er: „Na,wie stehts? Drei kommen auf Einen."
— „Aber keine Pommern nicht!" war die Ant-
wort. Am 5. Dezember errang er einen glänzenden
Sieg über die Österreicher. Die Preußen stimmten das Fig. is. Seidig.
Lied an: Nun danket alle Gott. Liffa. 1758. Die Russen waren von Ostpreußen
aus in die Mark gekommen und belagerten Küstrin. Friedrich eilte ihnen entgegen
und schlug sie nach hartem Kampfe entscheidend bei Zorndorf den 25. August.
(Seidlitz.) Darauf eilte er nach Sachsen, wo er das un-
vorteilhafte Lager bei Hochkirch bezog, in welchem er
in der Nacht vom 13. zum 14. Oktober von Daun
überfallen und geschlagen wurde. Er hatte aber doch
Ende des Jahres ganz Schlesien besetzt. — 1759. Her-
zog Ferdinand von Braunschweig besiegte die Franzosen
bei Minden. Ein großes russisches und österreichisches
Heer waren weit vorgedrungen und wollten sich ver-
einigen. Dies zu verhindern sandte Friedrich seinen
General v. Wedell ab. Der wurde aber bei Kay ge-
schlagen und beide Heere vereinigten sich doch. Friedrich
griff sie am 12. August bei Kunersdorf an, unter-
em "o ^g aber der Übermacht. Der König schrieb an seine
Minister in Berlin: „Es ist alles verloren! Rettet
die Königl. Familie und Magdeburg. Adieu für immer!" — Der russische
General dagegen berichtete an seine Kaiserin: „Der König von Preußen pflegt
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Lehwald Friedrichs Friedrich Friedrich Ferdinand_von_Braunschweig Ferdinand Friedrich Friedrich Liffa Friedrich Friedrich August Ferdinand_von_Braunschweig Ferdinand Friedrich Friedrich Kay Friedrich August
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Prag Schwerin Friedrichs_Bundesarmee Sachsen Berlin Paris Roßbach Sachsen Hochkirch Daun Minden Berlin Magdeburg
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seine Niederlagen teuer zu verkaufen. Noch einen solchen Sieg, und ich
werde mit meinem Stabe in der Hand allein nach Petersburg kommen
und die Nachricht bringen." — 1760. Der König überfiel und schlug den
15. August bei Lieg nitz die Österreicher und vertrieb sie aus Schlesien. Bei Torgau
schlug er sie am 3. November nochmals in einer äußerst blutigen Schlacht, die
Ziethen eigentlich zur Entscheidung brachte. — 1761. Der König mußte sich jetzt
nur noch auf bloße Verteidigung beschränken. Drei Wochen schlossen ihn die Russen
und Österreicher in seinem festen Lager bei Bunzelwitz, unweit Schweidnitz, ein.
Hunger nötigte die Russen zum Abzüge, und der König war befreit. Die Österreicher
eroberten Schweidnitz und konnten zum ersten mal in diesem Kriege ihre Winter-
quartiere in Schlesien halten. Die Russen eroberten Kolberg und besetzten auch
Pommern. Des Königs Lage wurde immer gefährlicher. — 1762. Da starb am
Anfange dieses Jahres die Kaiserin Elisabeth von Rußland, und ihr Nachfolger
Peter Iii. wurde Friedrichs Bundesgenosse. Auch die Schweden schlossen mit Fried-
rich Frieden. Friedrich schlug die Österreicher nun noch bei Burkersdorf, und
sein Bruder, Prinz Heinrich, bei Freiberg in Sachsen. Auch Frankreich und die
deutschen Reichsfürsten baten jetzt um Frieden. Da blieb nun Maria Theresia nichts
übrig, als am 15. Februar 1763 auf dem sächsischen Jagdschlösse Hubertsburg
mit Friedrich d. Gr. auch Frieden zu schließen und dem unbesiegten Helden Schlesien
zu lassen. Durch diesen ruhmvollen Krieg trat Preußen in die Reihe der euro-
päischen Großmächte.
§ 16. Friedrich der Gr. als Regent, a. Thätigkeit. Der König war uner-
müdlich thätig. Zwei Grundsätze standen bei ihm fest, nämlich nie ein Geschäft auf
den andern Tag zu verschieben und die strengste Ordnung in allen Dingen zu beobachten.
Deshalb hatte er seine Zeit so eingeteilt, daß ihm keine Stunde unnütz verstrich.
Schon um 4 Uhr morgens stand er auf und arbeitete oft bis in die späte Nacht.
Jährlich durchreiste er alle seine Länder und untersuchte alle Zweige der Staatsver-
waltung. b. Sorge für das Wohl des Landes. Immer war er bemüht, die Ein-
künfte seines Landes zu vermehren und Geld zu sparen; denn er hatte eingesehen,
daß Länder ohne Geld nicht bestehen können. Er sagte deshalb einmal: „Fürsten
müssen im Frieden Geld sparen, damit sie im Kriege Geld haben." Er hinterließ
seinem Nachfolger einen großen Staatsschatz. Nach den schlesischen Kriegen war er
bemüht, den Wohlstand des Landes zu heben. Er ließ ganze Dörfer und Städte
bauen und verschenkte die Häuser. Die Oderbrüche ließ er urbar machen (Finowkanal)
und sprach erfreut: „Da habe ich mitten im Frieden eine Provinz gewonnen!" Er rief
Leute aus andern Ländern dahin. Leider brachte er auch viele Franzosen ins Land,
deren lose Sitten auf das Volk einen verderblichen Einfluß ausübten. Der König
war sehr wohlthätig. Abgebrannten Städten, überschwemmten Ortschaften gab er
oft Hunderttausende oder ließ Häuser bauen und verschenkte sie an die Unglücklichen.
Er sagte einst: „Ich habe kein größeres Vergnügen, als wenn ich einem armen Manne
kann ein Haus bauen." Groß war auch seine Gerechtigkeitsliebe, wie die Ge-
schichte von König Friedrich und seinem Nachbar es zeigt. Er schaffte die schreck-
lichen Folterstrafen ab. Viel that Friedrich für den Soldatenstand: denn er hielt ihn
für die Stütze des Landes. Das preußische Volk war stolz auf seinen König und
nannte ihn nur den „Alten Fritz". — c. Letzte Kriege. Tod. Er nahm teil an
der ersten Teilung Polens 1772. Die Polen waren hinterlistige, feindselige und
unruhige Nachbarn, und es stand zu befürchten, daß Rußland ganz Polen an sich
bringen würde. Darum willigte er 17 72 in eine Teilung Polens und erhielt West-
preußen außer Danzig und Thorn, den Netzedistrikt (Bromberger Kanal) und
das Bistum Ermland. Er nannte sich jetztkönig von Preußen. Nachdem der große
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Extrahierte Personennamen: August Elisabeth_von_Rußland Peter_Iii Friedrichs_Bundesgenosse Friedrichs Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Freiberg Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich_d Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
Kampfe. Mit 5 600 Reitern und wenigen Geschützen beschloß der Kurfürst die Schlacht
zu wagen. Während man auf brandenburgischer Seite noch über den Schlachtplan berat-
schlagte, hatte der Kampf aber schon begonnen. Der junge Landgraf Friedrich v. Hessen-
Homburg war gegen den Befehl des Kurfürsten mit seiner Abteilung den Schweden kühn
entgegen gegangen und stand nun in großer Gefahr der Übermacht zu erliegen. „Wir
müssen ihm sekundieren, sonst bekommen wir keinen Mann wieder!" sagte Derfflinger,
und nun gings mit Ungestüm auf den Feind los. Der Kampf war sehr hart. Mehr
als einmal befand sich der kurfürstliche Held selbst mitten im dichtesten Handgemenge und
in höchster Lebensgefahr, begeisterte aber eben dadurch auch die Seinen zur größten
Tapferkeit. Die Schweden vermochten nicht stand zu halten, sondern flohen davon.
Das war ein herrlicher Sieg, und voller Freude darüber verzieh der Kurfürst auch dem
Landgrafen seinen Fehler und sagte zu ihm, nach den Kriegsgesetzen habe er das Leben
verwirkt, aber der Himmel wolle verhüten, daß der Glanz des Tages durch die Bestrafung
eines Helden verdunkelt werde, der durch seine Tapferkeit zum Siege geholfen. — Ein
Denkmal, 1800 aus diesem Schlachtfelde errichtet, trägt die Inschrift: Hier legten die
braven Brandenburger den Grund zu Preußens Größe.
Friedrich Iii. (1684—1713), des großen Kurfürsten Sohn und Nachfolger, setzte
sich (1701) die preußische Königskrone aufs Haupt.
Viel hatte Brandenburg noch zur Zeit des siebenjährigen Krieges (1756 — 63) nament--
durch Einfälle der Russen zu leiden. Zwar wurden diese einmal dafür in der Schlacht
bei Zorndorf (25/8. 1758), in der die Preußen keinen Pardon gaben, hart gestraft, kamen
aber doch im nächsten Jahre wieder, vereinigten sich mit einem österreichischen Heere und
schlugen Friedrich Ii. bei Kunersdorf (12/8. 1759) so entscheidend, daß der große König
fast schon alle Hoffnung aus Rettung aufgab. Ja 1760 drangen die Russen gar bis
Berlin vor und brandschatzten die Stadt.
Zur Zeit des unglücklichen Krieges (1806 — 7) hat Brandenburg die Schmach des
Vaterlandes mit getragen. Bis 1808 hielten die Franzosen sogar Berlin selbst besetzt.
Doch ist die Provinz nachher im Freiheitskampfe (1813 —15) auch Schauplatz herrlicher
Heldenthaten des zu alter Thatkraft erwachten Volkes geworden. Als Napoleon im August
1813 seinen Marschall Oudinot mit 70000 Mann nach der Mark sandte, um Berlin zu
nehmen, da stellten sich ihm die preußischen Generale Bülow und Tauenzien bei Gr.
Beeren (23/8. 1813) entgegen. Sie standen unter dem Oberbefehl des Kronprinzen von
Schweden. Dieser wollte schon Berlin preisgeben und sprach: „Was ist Berlin? Eine
Stadt, weiter nichts!" Allein General Bülow fiel ihm ungestüm ins Wort: „Aber es ist
die Hauptstadt von Preußen, die Residenz meines Königs, die ich als Preuße mit meinem
Leben zu schützen die heilige Pflicht habe." Und beim Wegreiten aus dem Kriegsrate
sprach er zu seinen Begleitern: „Mich bekommt er nicht gutwillig zum Rückzüge hinter
Berlin. Unsere Knochen sollen vor Berlin bleichen und nicht rückwärts!" So dachte auch
Tauenzien, sowie das ganze preußische Armeekorps, und unter strömendem Regen, der
das Losgehen der Gewehre verhinderte, schlugen die preußischen Landwehrleute mit
wuchtigen Kolbenschlägen die Franzosen nieder und retteten so Berlin. — Dem französi-
schen Marschall Ney, welcher bald darauf von Napoleon geschickt wurde, nochmals um
Berlin zu kämpfen, erging es nicht besser. Bei Dennewitz (6/9. 1813) empfand auch er
die Kraft des preußischen Armes und mußte an seinen Kaiser berichten: „Ich bin gänz-
lich geschlagen. Ich bin nicht mehr Herr meiner Truppen, sie versagen mir den Gehor-
sam und haben sich aufgelöst!"
Infolge der Wiener Verträge (1815) kamen vom Königreich Sachsen die Nieder-
lausitz, die Distrikte Finstcrwalde, Dahme, Jüterbog und Belzig zu Brandenburg.
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Leipzig. Druck von Grimme & Trömel.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_v Friedrich Derfflinger Friedrich_Iii Friedrich Friedrich_Ii Friedrich Napoleon August Bülow Marschall_Ney Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Hessen-
Homburg Schweden Brandenburg Berlin Brandenburg Berlin Berlin Schweden Berlin Berlin Berlin Berlin Berlin Berlin Sachsen Belzig Brandenburg Leipzig
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hoch gestiegen, denn die Finten hatten grossen Schaden getan.
Am 7. Mai kam ein armer Leinweber, ein ehrlicher Meister
aus dem Orte. Sein Gesicht sah vor Hunger und Grämen selber
aus wie graue Leinwand. Er zählte ihm, damit der reiche
Mann Geld sähe, für einen halben Scheffel 3 Taler 22 Groschen
auf den Tisch. Die 22 Groschen bestanden aus Dreiern, Sechsern
und Groschen, denn der Mann hatte alles zusammengesucht.
Aber der Bauer sprach: „Euer Auszählen hilft Euch nichts; der
Scheffel kostet 8 Taler, das ist mein Satz. Eher tue ich
meinen Boden nicht auf.“ Des Bauern Söhnchen, ein Bürschchen
von 10 Jahren, zupfte den Alten am Rock: „Vater, gebts
ihm doch!“ Aber der Vater prägte ihm mit einem Rippenstofse
andere Grundsätze ins Herz. Der Weher musste sein Geld zu-
sammenstreichen und heimwandern.
Den 8. Mai in der Abenddämmerung kam die Zeitung an.
Einen Blick hinein, und der Bauer fand, was er finden wollte:
Roggen 8 Taler. Da zitterten ihm die Glieder vor Freude.
Er nahm ein Licht, ging auf den Boden und wollte über-
sehen , wie viel er wohl verkaufen könne, und überschlagen,
wie gross seine Einnahme wäre. Indem er so durch die
Haufen und gefüllten Säcke hinschreitet, strauchelt er an
einem umgefallenen, fällt selber, das Licht fliegt ihm aus
der Hand und in einen Haufen Stroh, der daneben liegt.
Ehe er sich aber aufraffen kann, steht das Stroh in hellen
Flammen; ehe an Hilfe zu denken ist, hat das Feuer Dach-
stuhl und Dielen ergriffen. Um Mitternacht an demselben
Tage, wo der Scheffel Roggen 8 Taler galt, wo der Bauer
auf seinen Satz gekommen war und seinen Boden geöffnet
hatte, stand er am Schutthaufen seines ganzen Gutes als ein
armer Mann. Ahlfeld.
46. Der Lotse.
„Siehst du die Brigg dort auf den Wellen?
Sie steuert falsch, sie treibt herein
und muß am Vorgebirg zerschellen,
lenkt sie nicht augenblicklich ein.
Ich muß hinaus, daß ich sie leite!" -
„Gehst du ins offne Wasser vor,
so legt dein Boot sich auf die Seite
und richtet nimmer sich empor." —
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53
Da sprach der Wirt mit sichtbarer Unruhe: „Warum wollen Sie gerade
das geringste wählen, das mir noch dazu wegen einer anderen Ursache
wert ist? Nehmen Sie doch lieber dieses hier oder jenes dort!" Der
Offizier gab aber darauf kein Gehör, schien auch nicht zu merken, daß
sein Hauswirt immer mehr und mehr in Angst geriet, sondern nahm geradezu
das Gemälde herunter. Jetzt erschien an der Mauer, wo dasselbe gewesen
war, ein großer feuchter Fleck. „Was soll das sein?" sprach der
Offizier wie erzürnt zu seinem todblassen Wirte, tat einen Stoß, und
auf einmal fielen ein paar frisch gemauerte und übertünchte Backsteine
zusammen, hinter welchen alles Gold und Silber des Edelmannes ein-
gemauert war.
Der gute Mann hielt nun sein Eigentum für verloren, wenigstens
erwartete er, daß der feindliche Kriegsmann eine böse Teilung vor-
nehmen werde, ergab sich geduldig darein und verlangte nur von ihm
zu erfahren, woher er habe wissen können, daß hinter diesem Gemälde
sein Geld in der Mauer verborgen war. Der Offizier erwiderte: „Ich
werde den Entdecker sogleich holen lassen, dem ich ohnehin eine Be-
lohnung schuldig bin;" und in kurzer Zeit brachte sein Bedienter —
sollte mans glauben — den Maurermeister selber, den nämlichen, der
die Vertiefung in der Mauer zugemauert und die Bezahlung dafür
erhalten hatte.
Das ist nun einer von den größten Spitzbubenstreichen; denn ein
Handwerksmann ist seinen Kunden die größte Treue und in Geheim-
nissen, wenn es nichts Unrechtes ist, so viel Verschwiegenheit schuldig,
als wenn er einen Eid darauf geschworen hätte. Aber der Schelm
bekam seinen Lohn. Denn der brave Offizier ließ ihn hinaus vor die
Türe führen und ihm von frischer Hand hundert Prügel bar aus-
zahlen ; dem Edelmanne aber gab er unbetastet sein Eigentum zurück. —
Das wollen wir beides gutheißen und wünschen, daß jedem, der Ein-
quartierung haben muß, ein so rechtschaffener Gast und jedem Verräter
eine solche Belohnung zu teil werden möge. Hebel.
56. Wer andern eine Grube gräbt, fällt oft felbft hinein.
Zwei Gesellen, ein getreuer und ein ungetreuer, hatten zusammen
Korn gekauft, und da sie es nicht gleich nach Hause schaffen konnten,
so schütteten sie es einstweilen zu zwei Haufen in einem Speicher auf.
Jener aber, der ein Schalk war, gedachte den andern des Nachts um
dessen Teil zu betrügen; deshalb machte er sich an einen dritten, der
ihm an Ehrlichkeit gleichstand, und versprach ihm die Hälfte des ge-
stohlenen Kornes, wenn er ihm beim Wegnehinen wolle behilflich sein.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift]]