22
Geschichte der Griechen.
Sklaven, arme, unfreie, bedrückte Menschen, für ihre Herren arbeiteten. Da wurde ans Schafwolle Tuch gemacht, da wurde Flachs zu feiner Leinwand verarbeitet, Waffen und metallene Geräte wurden geschmiedet, Tonkrüge gedreht und bemalt. So wuchs an vielen Orten der Wohlstand und die Behaglichkeit des Lebens.
Gittttchkei? Mit dem Wohlstand aber entfaltete sich auch die Wissenschaft und Ku n st. Auf Homer folgten viele andre Dichter, so der Lyriker Alcäus, die Dichterin S a p p h o und der heitere Anakreon. Die ersten Philosophen brachte jene Zeit hervor; unter ihnen ist Pythagoras zu nennen. Große Baumeister, deren Namen uns nicht überliefert find, bauten zu Ehren der Götter wundervolle, säulengeschmückte Tempel. Denn die Götter wurden hoch verehrt; die Frömmigkeit wurde neben der Vaterlandsliebe und der Selbstbeherrschung unter die vornehmsten Tugenden der Hellenen gerechnet, und wie unsere Vorfahren im Mittelalter darin einen Ruhm suchten, zum Preise Gottes prächtige Dome und Kirchen zu bauen, so setzten die Hellenen ihre Ehre darein, glänzende Tempel zu errichten und sie mit kostbaren Weihgeschenken zu füllen, delpmsche Besondere Verehrung genoß das Orakel zu Delphi; hier weis-Diatei. |Qg{e die Pythia, die Priesterin des Apollo, auf einem Dreifuß sitzend und durch die a,us einem Erdschlunde emporsteigenden Dämpfe erregt. In öffentlichen wie in Privatangelegenheiten ward das Orakel von den verschiedensten Seiten her um Rat befragt, oft auch von Barbaren, d. h. von
Dtt Festspiele. Leuten, die nicht griechischer Herkunft waren. Ein anderer Mittelpunkt des religiösen Lebens von Hellas war Olympia in Elis, wo dem Zeus zu Ehren alle vier Jahre glänzende und vielbesuchte Wettspiele stattfanden. Allgemeine Waffenruhe, Gottesfriede herrschte während der Festzeit. Im Wetttauf, im Ring- und Faustkampf und anderen körperlichen Übungen, im Wettrennen der Viergespanne, im Wettreiten maßen sich die Kämpfer. Der Sieger erhielt kein Geldgeschenk, sondern nur einen Kranz von einem Zweig des alten Ölbaums, der dem Zeus geweiht war; aber ihn priesen die Dichter, auf einem von vier weißen Rossen gezogenen Wagen zog er in die Vaterstadt ein, auf Lebenszeit wurde er auf Staatskosten im Rathaus gespeist, und mit keiner anbeten Ehre mochte er tauschen. Seit dem Jahre 776 zeichnete man die Sieger in den Wettspielen auf; von diesem Jahre an rechneten die Griechen ihre je vier Jahre dauernden Olympiaden. Auch an anderen Orten fanden Wettspiele statt, so z. B. in D e l p h i und auf dem Jsthmus bei Korinth; hier traten Wettkämpfe in der Dichtkunst und im Gesang zu den Wettkämpfen in Leibesübungen hinzu.
Rietnfteaten. Bei solchen Festen erschienen die Hellenen wohl als ein einiges Volk;
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130
Deutsche Geschichte im Mittelalter.
Italienische, Franzsische, Griechische, Lateinische und Arabische. Gelehrte Werke aus den verschiedensten Gebieten lie er an seinem Hofe vorlesen und besprechen, Werke des klassischen Altertums lie er aus dem Arabischen ins Lateinische bersetzen. Er verstand die Natur zu beobachten, lie seltene Tiere in Tiergrten sammeln und legte als eifriger Jger seine durch eigene Anschauung gewonnenen Kenntnisse vom Leben der Vgel in dem Buche der die Falkenjagd nieder. Er erklrte: Ohne die Wissenschaft wrde das Leben aller freisinnigen Leitung entbehren, und durch sie allein wird das Gefhl unserer Gre im Unglck erhalten?" Er steht nicht nur auf der Hhe seiner Zeit: es regen sich bei ihm geistige Interessen, die erst sehr viel spter unter den Bewohnern des Abendlandes allgemein geworden sind. Wie in seinem Kampfe gegen die Ansprche des Papsttums und in der Schpfung des ersten absoluten Staates, so steht er auch in seiner Bildung in dem Wendepunkte zweier Zeiten, des Mittelalters und der sich schon ankndenden Neuzeit. Um Deutschland hat er sich freilich wenig kmmern knnen; erhielt sich zu-meist in Italien auf. Bei einer seltenen Flle wechselnder Erlebnisse, bald im Glck und bald im Unglck, starb er doch anstecht, ungebrochen, bei der Vielseitigkeit seiner Gaben und Interessen eine immer anziehende Erscheinung. Wie sein Vater lie er sich in Palermo begraben; fern dem deutschen Volke, aber ihm unvergelich, lebte er fr dasselbe noch fort. Kein gleich Ge-waltiger, kein Ebenbrtiger folgte ihm nach. Nach ihm, der des Reiches Herrlichkeit mit hinabgenommen, sehnte sich das deutsche Volk. Die Sage erzhlt, er sitze im Kyffhufer und schlafe, aber er werde einst wieder-kommen und das Reich im alten Glnze wiederherstellen, eine Sage, die erst spter auf Barbarossa bertragen wurde.
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Extrahierte Personennamen: Barbarossa Barbarossa
Extrahierte Ortsnamen: Arabische Deutschland Italien Palermo
118
gypter.
Fig. 4. gyptische Sulen. S.<
Die Sule entlehnt ihre Formen grtenteils der Pflanzenwelt. Das Kapital tritt hufig in Gestalt einer geschlossenen Knospe auf (a), die sich anderswo zum offenen Kelche entfaltet (b). Wenig geeignet, die eigent-liche Bedeutung des Bau-gliedes auszudrcken, er-scheint das aus spter Zeit stammende Kapital (c), das an allen vier Seiten den Kopf einer Gttin aufweist.
Fig. 5. Stierfapitl und Sulenfu von perfepolis. S. 86.
Fig. 6. Grabmal des Lyrus (bei Murghab). S.
> i jfafvpl
Fig. 7. palaftfyof von Ahorsabad (Ninive). (Nach Fergusson.) S.
Flgelstiere mit Menschenhuptern. Daneben Genien. Rechts geflgelter Genius mit Adlerkopf neben der wunderlichen Nachbildung eines Baumes, der vielleicht als Sinnbild des Lebens aufzufassen ist.
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144 -
Mglichkeit und der Ausdruck der hochgesteigerten Empfindung sind uer-licher Pathos, der nur fr den Augenblick packt und blendet.
Nur wenige Knstler, die sich von diesen Ausschreitungen fern gehalten haben oder doch nicht vollstndig in ihren Bann geraten sind, verdienen genannt zu werden, so in Italien Stefano Maderna, dessen rhrendes Bild einer jugendlichen Mrtyrerin in der Kirche der hl. Cacilia in Rom von dauerndem Wert ist. Unter den franzfi-schen Bildhauern ragt besonders Puget hervor, der noch im 17. Jahrhundert lebte. Seine Werke beu trotz der bertreibung einen krstigen Eindruck ans. Nennenswert sind seine Atlanten am Hotel de
Masken stcrendcr Krieger am Aeugljause zu Izerlin von Schlter.
^'ille in Tonlon, zu deren Darstellung er das Motiv der Bewegung den Lasttrgern ablciusd)te; das chzen dieser Kraftgestalten unter der Wud)t der Last, die ans ihren Schultern ruht, ist wirkungsvoll geschildert. Die Bsten Ludwigs Xiv., berhmter Gelehrter und groer' Staatsmnner gingen aus den Werksttten Rigands, Warins und Dejar-dins herbor. Der grte deutsche Kustler dieses Zeitabsd)nittes ist Andreas Schlter. Bei seinen Werken finden wir keinen leeren Pomp und inhsam angebrachten Glanz; berall herrsdjt eine Kraft, die das Ma der Wahrheit nie berschreitet. Die Masken sterben-der Krieger am Zeughause zu Berlin machen einen ergreifenden Ein-
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Ii. Zeitalter des Julikönigtums 1830 — 1848. 135
fflo 1 f) 'f J Tj~3 F-' ~ “ - X
S,2> ^ v +v~\0juvvtvvvv^ , «
folgte die Reform des Unterhauses (1832), durch die viele „rotten j boroughs“ ihre Vertretung im Parlament verloren, während die t> neu erblühten Fabrikstädte eine solche erhielten. Endlich war '- ^ von größter Wichtigkeit die Aufhebung der Kornzölle (1846), die Richard Cobden von Manchester aus seit Jahren gefordert ‘ hatte und die Sir Robert Peel trots dem Widerstande seiner r Parteigenossen, der Tories, durchsetzte. Auch sonst bewirkte * ^ Cobdens Tätigkeit den Übergang vom System der Schutzzölle zu demjenigen des Freihandels („Manchesterschule11).
' 4 Mjufcvv • /^rretcvyvu^iaeo ** I ? £ <
3. Deutschland von 1830 — 48.
a) Einwirkungen der Julirevolution. In Preußen und Öster- §109. reich äußerte die Julirevolution keine Wirkung. Dort nicht wegen des stillen Fortschritts, der sich vollzog (§ 105). Hier blieb auch unter dem Sohne Franz’ L, dem geistesschwachen Ferdinand I. (1835 — 48), das allen Fortschritt ertötende Regiment Metternichs ungebrochen. Grillparzer wurde nur von wenigen gewürdigt; leise aber brach doch die wachsende Opposition der Gebildeten in den Gedichten Lenaus und Anast. Grüns (Graf Anton Auersperg) durch.
ln den Mittel- und Kleinstaaten jedoch trat die Einwirkung der Julirevolution zutage. In den norddeutschen führten Aufstände zum Erlaß freierer Verfassungen, wie in Braunschweig,1 Kurhessen, Sachsen2 und Hannover; in den süddeutschen spielten sich heftige Kammerkämpfe ab. Hier traten auch radikalrepublikanische Bewegungen hervor, die in überspannten, ja kindischen Unternehmungen sich äußerten und neue reaktionäre Bundesbeschlüsse und Verfolgungen her vor riefen.3 Mächtig er-
1) Aus Braunschweig wurde der despotische Herzog Karl, ein Sohn des Helden von Quatiebras, durch eine Revolution vertrieben und sein Bruder Wilhelm auf den Thron berufen. Dieser starb kinderlos 1884. Da sein Erbe, der Herzog von Cumberland, der Sohn Georgs V. von Hannover, die Ordnung der Dinge von 1866 nicht anerkennen will, wird Braunschweig seitdem von Regenten verwaltet (Prinz Albrecht von Preußen, darauf Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg).
2) Hier war auf Friedrich August I. sein Bruder Anton (1827 — 36) ge-folgt, der im Sept 1830 den konservativen Minister Grafen Einsiedel entließ,
3) Damals (18^3) wurde Fritz Reuter zum Tode verurteilt, dann zu 30jähriger Festungshaft begnadigt, doch 1840 infolge der Amnestie entlassen.
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Extrahierte Personennamen: Richard_Cobden_von_Manchester Robert_Peel Ferdinand_I. Grillparzer Anton_Auersperg Karl Karl Wilhelm von_Cumberland Georgs_V._von_Hannover Albrecht_von_Preußen Albrecht Johann_Albrecht_zu_Mecklenburg Johann Albrecht Friedrich August_I. Anton_( Fritz_Reuter
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Metternichs Lenaus Kurhessen Sachsen2 Hannover
Autor: Borries, Emil von, Pfeifer, Wilhelm, Henkelmann, Karl, Brandt, Paul, Kienitz, Otto
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
Regionen (OPAC): Hessen
Inhalt: Zeit: Neuzeit
Geschlecht (WdK): Jungen
44
Xv. Deutsche Malerei.
Dieben die geschichtsphilo-sophische Monumentalkunst von Cornelius, Rethel und Kaulbach tritt anspruchsloser und volks-tmlicher die Mrchenpoesie des Wieners Mo ritz vonschwind und die Kinder- und Haus-poesie des Dresdeners Ludwig Richter. Schwind schpft als echter Deutschromantiker mit reicher Phantasie und goldenem Humor aus dem Born der deutschen Volkssage. Dem Ritter Kuno von Falkenstein war die Hand der Grafentochter ver-sprechen, falls er ihre Burg der die Felsschroffen zu Pferde er-klimmen wrde. (Es gelingt mit Hilfe des Gnomenknigs und seiner Erdgeister, die bei seinem Erscheinen possierlich genug Rei-aus nehmen. Auch der gut-mtig-tckische Geist des Riesengebirges, Rbezahl, wird ihm lebendig (82). Wie ein gries-grmigerwaldhter durchstreicht dieser mit einem Holzknppel sein Revier, man glaubt das Klappern seiner Holzpantinen zu hren. Der Wald besteht aus seltsam geformtem Eichen- und Buchenholz, in das man die wunderlichsten Fratzen hinein-sehen kann. Dieser geister-79. Moritz von Schwind, Der Falkensteiner. haften Unruhe gegenber atmet
81 vollkommene Ruhe, die namentlich durch die groen vertikalen und horizontalen Linien hervorgebracht wird. Auch hier werden die Ideale der Romantik in den beiden Haupttrgern der mittel-alterlichen Kultur lebendig: in dem Mnch, der in seiner Kapuze zwischen den beiden Rossen fast verschwindet, und in dem Ritter, der ganz im Hintergrnde im Schatten einer Felsenspalte ruht. Aber das Menschlich-Romantische spricht nur leise mit, wie um das Romantische der Natur nicht zu stren.
Ludwig Richter entdeckte sein deutsches Herz bei einer Elbwanderung, nachdem er sich vergeblich abgeqult hatte, der herrschenden Mode zuliebe italienische heroische Landschaften zu malen. Aller Zauber der deutschen Romantik ist der das eindrucksvolle Bild ausgegossen: die sagenumwobene Burg auf steilem Fels, der greise Harfner, der sich den berfahrtskreuzer durch ein Lied verdient, der in sich versunkene, der zur Burg aufschauende fahrende Geselle, das mit sich selbst beschftigte Liebespaar, endlich der weihaarige Ferge selbst mit der Pfeife im Mund es ist, als ob beim Verlassen des Kahnes die Insassen mit den Worten des Dichters ausrufen mten: Wann sehen wir uns, Brder, auf einem Schifflein wieder? Wie Richter so fortan in der deutschen Heimat die seinem Herzen be-sonders zusagenden Stoffe fand, so gab ihm insbesondere auch zu seinen zahlreichen gemtvollen Holzschnitten, durch die er der Liebling des deutschen Brgerhauses wurde, die erste Anregung die Heimat, und zwar die eigne Kinderstube.
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Extrahierte Personennamen: Cornelius Ludwig_Richter Ludwig Moritz_von_Schwind Ludwig_Richter Ludwig
55
Er selbst beschftigte sich von Kind auf mit Musik und Dichtung, mit Malen und Modellieren. Er trat ffentlich als Tnzer und Wagenlenker, als Snger und Musiker auf; weh dem, der ihn nicht bewunderte!
Endlich riefen die Legionen andere Kaiser aus. Alles fiel von Nero ab, und der Senat verurteilte ihn zu Geielung und Enthauptung. Da lie er sich tten. Welch ein Knstler geht in mir zugrunde!" rief er sterbend.
2. Die Flavier. Pompeji und das Kolosseum.
1. Nach einem Jahr des Brgerkrieges fiel die Herrschaft dem alten T. Flavius Vespasinuszu. Er war ein schlichter Kriegsmann aus dem Sabinerlande, der einst bei Neros Gesang eingeschlafen war; nun verwaltete er das Reich, wie ein sparsamer Hausvater seinen Haushalt. Er gewhnte durch sein Beispiel die Brger wieder an Ordnung und Arbeit, die Soldaten an Gehorsam: als die Marine-trappen ein Schuhgeld" verlangten, muten sie ihre Dienstmrsche von den Hfen Ostia oder Puteli in die Hauptstadt barfu zurcklegen.
2. Noch gutherziger war sein Sohn Titus, der Liebling der Menschheit". Er meinte, niemand drfe traurig vom Kaiser gehen, und nannte den Tag verloren, an dem er keine Guttat vollbracht.
Damals begrub der Vesuv die Städte Pompeji und Her-79 n.chr. kulneum unter Asche und Lava. Die berreste beider Städte,
die seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts ausgegraben werden,
enthllen uns das Leben der Alten bis herab auf die Puppen der Kinder.
3. Das Christentum und der Niedergang des Reiches.
1. Unter Tiberius' Regierung war der Heiland der Welt,
Jesus von Nazareth, am Kreuze gestorben wie ein Sklave. Aber seine gttliche Lehre war nicht auszurotten. Begeistert gingen seine Jnger als Sendboten (Apostel) hinaus in alle Welt, um die Völker zu lehren. Petrus und Paulus fanden unter Nero den Tod. Zahl-reiche Christen wurden wilden Tieren vorgeworfen, oder der Despot lie sie mit Werg berziehen und mit Pech und l betrufen; diese Fackeln Neros" beleuchteten die Nachtfeste in seinen Grten, bei denen er sich als Wagenlenker bewundern lie!
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Extrahierte Personennamen: Flavius_Vespasinuszu Neros Titus Apostel
Charakterschilderung und Biographie. 287
so gehöhnt werde t Er trat mitten im Schauspiel
hervor > und blieb, bis ans Ende des Stücks, auf
einer Stelle stehen, wo ihn jedermann sehen, und
mit der Kopey vergleichen konnte. Dieser Streich
war für den Dichter und seine Komödie tödtlich.
Die possenhaftesten.einfalle thaten keine Wirkung
mehr: denn das Ansehen des Sokrates erregte Hoch-
achtung und eine Art von Erstaunen über seine Un-
erschrocken heit. Auch fand das Stück keinen Beifall.
Der Dichter veränderte es, und brachte es das fol-
gende Jahr wieder auf die Bühne, aber mit eben so
schlechtem Erfolge. Die Feinde des Weltweisen
sahen sich genöthigt, die vorgehabte Verfolgung bis
auf eine günstigere Zeit zu verschieben. — Kaum
war der Krieg mit den Böotiern geendiget, so muß-
ten die Arhenienser schon ein neues Heer anwerben,
um den Laccdamomschen Feldherrn Brasidas Ern»
halt zu thun, der in Thrazien verschiedene Städte,
und unter andern die wichtige Stadt Amphipolis
ihrer Herrschaft entzogen hatte. Sokrates ließ sich
j_j>ie Gefahr, in die -ihn feine letzte Abwesenheit ge-
setzt, nicht abhalten, dem Vaterland- abermals zu
dienen. Dieses war daö letzte Mal, daß er seine
Vaterstadt verließ. Nach der Zeit kam er, bis an
sein Ende, nicht aus dem Gebiete der Athenienser,
und unterließ niemals, der Jugend, die ihn suchte,
seinen' freundschaftlichen Umgang zu gönnen, und
ihr durch Lehren und gutes Exempel die Liebe zur
Tugend einzuflößen. Wie er aber überall em großer
Freund und Liebhaber der Schönheit war, fo schien
er in der Wahl seiner Freunde auch auf körperliche
Schönheiten zu sehen. Ein schöner Körper, pflegte
er zu sagen, verspricht eine schöne Seele, und wenn
sie der Erwartung nicht zusagt, so muß sie verwahr-
lost worden seyn. Daher er sich denn viele Mühe
gab, das Inwendige dieser Personen mit ihrem
ivohlgebildeteu Aeußerlichen übereinstimmend zu ma-
chen. Niemand aber war ihm so angelegen, als
Alcibiades, ein junger Mensch, von ungemeiner
Schönheit Und von großen Talenten, der hochfah-
rend, muthig, leichtsinnig und überaus feuriges
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134 Vierter Abschnitt.
Heiken seiner Zeitgckiossen spottete. Bei jeder Fadel
und jedem Sinngedicht scheint er den Spruch Jean
Paul's in Gedanken gehabt zu haben: „Die Men-
schen soll keiner belachen, als einer, der sie recht
herzlich liebt."
Du, mein Bester, kennst die Würde des Berufs,
ein Lehrer der Menschheit zu seyn; kennst die Se-
ligkeit dessen, der auf seine Werke mit dem Bewußt-
seyn hinblickt, daß kein Ankläger gegen sie auftreten
wird. Du stimmst mir bet , daß Pfeffel ein glück-
licher Mann war. Und er war es bis all sein Ende!
„Hatten sie meinen Vater noch den Tag vor feinem
Abschiede gesehen!" schrieb seine jüngste Tochter an
-inen ihrer hiesigen Freunde. „Ich las ihm: Aus-
sichten in die Zukunft vor. Wie er die zit-
ternden Hände faltete, und in die Höhe hob! Sein
ehrwürdiges Haupt umstrahlte himmlische Freude.
Ich sah einen Heiligen in ihm; er gehörte schon dem
Himmel an."
I. G. Jakobi.
'Yr ' . . :1 '.Mt. n -f'miu.r
3. Rahener an Gellere.
. '- . fü ’, 4 , 0- ^ . -- ' '■ ' J *'
Liebster Gellert!
Aus ineinem Briefe an den Herrn Commissions-
rath, den ich Herrn W. *. vor etlichen Tagen zu-
gestellt, werden Sie einige Nachricht von meinem
traurigen Schicksal ersehen haben. Erlauben Sie
Mir, daß ich mich auch mit Ihnen davon unter-
halte, denn ich finde eine große Beruhigung darin,
wenn ich einem so lieben Freunde, wie Sie find,
mein Unglück klagen kann. Was die Umstände
dieser Belagerung überhaupt betrifft, so werde ich
mich dabei wenig aufhalten, und mich auf ein Ta-
gebuch beziehen, welches unter der Autorität unsers
Gouverneurs heute herausgekommen, und sehr zu-
verlässig ist; nur von meinen eigenen Zufällen will
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.236 . \ Siebenter Abschnitt.
tigen. Er.unterbrach diese wohlthätigen Beschäftig
Klingen, und zog abermals freiwillig mit zu Felde
wider die Böotier. Die Athenienser verloren eine
Schlacht bei Dclium, und wurden aufs Haupt ge-
schlagen. Sokrates zeigte seine Tapferkeit sowohl
im Treffen, als aus dem Rückzüge. Hätte jeder-
mann seine Pflicht so gethan, wie Sokrates, spricht
der Feldherr Laches beim Plato, so wäre der Tag
gewiß nicht unglücklich für uns gewesen. Als alles
floh, ging er auch zurück, aber Schritt vor Schritt,
und indem er sich öfters umkehrte, um einem Fein-
de, der ihm etwa auf den Hals käme, Widerstand
zu thun. Er fand den Tenophon, der vom Pferde
gefallen und verwundet war, unterweges liegend,
nahm ihn auf seine Schulter, und brachte ihn in
Sicherheit. Die Priester, Sophisten, Redner und
andre, die dergleichen feile Künste trieben, Leute,
denen Sokrates èin^Dorn im Auge seyn mußte,
machten sich desselben Abwesenheit-fu Nutze, und
suchten die Gemüther wider ihn aufzubringen. Bei
seiner Iurückkunft fand er eine geschlossene Parthei,
der kein Mittel ihm zu schaden zu niederträchtig
war. Sie mietheten, wie man zu glauben Ursache
hat, den Komödienschreiber Arisiophanes, daß er
durch ein Poffenspiel, das man damals Komödie
nannte, den Sokrates verhaßt und lächerlich zu
machen suchte, um das gemeine Volk theils aus-
zuholen, theils vorzubereiten, und wenn der Streich
gelänge, ein mehreres zu wagen. Diese Fratze führ-
te den Namen: Die Wolken. Sokrates war die
Hauptperson, und die Person, die diese Rolle mach-
te, gab sich Müh-, ihn nach dem Leben zu kontere
seyen. Kleidung, Gang, Geberde, Stimme, alles
äffte er natürlich nach. Sokrates pflegte sonst nie-
mals das Tbeater zu besuchen, außer wenn die
Stücke dos Euripides (daran er selbst, wie einige
wollen, Antheil gehabt) aufgeführt wurden. Den
Tag, da dieses Pasquill aufgeführt werden sollte,
ging er gleichwohl hinein. Er hörte, daß viele
Fremde, die zugegen waren, sich erkundigten, wer
dieser Sokeales im Original sey, der auf der Bühne
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