60
Alte Geschichte.
ihrem wirklichen Namen auf die Bühne zu bringen, so fand man jetzt
darin ein dem Gemeinwesen gefährliches Demagogenspiel und verbot es.
Dadurch entstand die sogenannte mittlere Komödie, von der jedoch kein
Werk auf uns gekommen ist.
2. Was die prosaische Literatur betrifft, so nimmt hier die Beredt-
samkeit mit Recht die erste Stelle ein. Als mustergültig in der periklei-
schen Zeit sind die Redner Lysias und Jsokrates bereits genannt
worden. Mit Letzterem erreichte die Theorie der Kunst ihre Höhe und
Cicero selbst"nennt ihn „Vater der Wohlredenheit." Er gab sich auf die
Nachricht von dem Siege Philipps bei Chäronea aus Schmerz dem
Hungertode preis. Des Jsokrates berühmtester Schüler ist D em o sth cnes,
dessen Lebensbeschreibung wir schon mitgetheilt haben. Von ihm sind
61 Reden erhalten. Am bedeutendsten sind seine 12 „philippischen
Reden," in denen er die Athener zur Bekämpfung des mazedonischen
Königs anzufeuern suchte. Neben Demosthenes verdient nur noch
Aeschines. Aeschines (393—318) Erwähnung, ein Mann von großen Geistes-
gaben und ächt rednerischem Talent, aber ohne Gesinnungstüchtigkeit und
daher fremdem Jntcrcste dienend.
3. Mit der Beredtsamkeit ging die Philosophie Hand in Hand, und
eben diese Verbindung gab auch der Philosophie eine Richtung auf das
Sokrates. Leben. Sokrates (f 399) brach hierin Bahn. Er stellte die Tugend
an die Spitze seiner Lehre und suchte, alle spitzfindige Untersuchungen
über die Entstehung des Universums als zwecklos verwerfend, das sittliche
Leben seiner Zeitgenossen zu veredeln. Daher hieß es auch von ihm, er
habe die Philosophie vom Himmel auf die Erde gebracht und unter die
Menschen eingeführt. Nach dieser vorgezeichueten Richtung bewegten sich
Antistheneö. somatischen Schulen. Antisthenes suchte das höchste Lebensglück
in gänzlicher Bedürfnißlosigkeit und Entsagung. Am weitesten trieb diesen
Grundsatz Diogenes, der in seiner Tonne durch das „Heldenthum der
Entbehrung" die Bewunderung Alexanders d. Gr. erregte. Man nannte
diese Schule wegen der rauhen Lebensweise die cyniche (die hündische).
Ihre Lehre liegt in veredelter Gestalt der stoischen Philosophie zu
Grunde, die Zeno, ein Zeitgenosse Alexanders, in der Säulenhalle
Zeuo. (Stoa) zu Athen vortrug. Nach Zeno gelangt der Mensch nur dadurch
zur Glückseligkeit, daß er alle Geschicke und Wechselfälle des Lebens:
Freude und Schmerz, Glück und Unglück mit unerschütterlichem Gleich-
muthe erträgt, was um so mehr seine Pflicht ist, als Alles durch eine
ewige Naturnothwcndigkeit oder das Verhänguiß (Fatum)
von Anbeginn genau vorausbestimmt ist. — Im Gegensatz zu dieser
Aristipp. Richtung stellte (um 380) ein anderer Schüler des Sokrates, Aristipp
von Cyrene^), den Genuß des Lebens als obersten Grundsatz auf
und empfahl die Kunst, geistige und sinnliche Genüsse weise mit einander
Epikur. zu verbinden. Von seinem Schüler Epikur ('s 269) wurde diese Kunst
des Genießens in ein Lehrgebäude zusammengefaßt, das viele An-
hänger zählte. Während aber Epikur die Glückseligkeit in ein „Freisein
von allen schmerzhaften, die Zufriedenheit störenden Zuständen" setzte,
überschritten seine Anhänger die Linie der Mäßigung, stellten Wohlleben
0 Cyrene, Stadt an der Nordküsie von Afrika, im heutigen Tripolis.
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Rückblick auf die Kultur und Literatur.
61
und Sinnenlust als Lebenszweck hin und bildeten den Epikur ei ömus
zur Philosophie der Verweichlichung und Wollust aus.
Nur in einem Schüler des Sokrates, in Plato erlangt die Philo-
sophie des großen Meisters eine harmonische Fortbildung bis zur all-
seitigen Vollendung. Plato, geb. 429, der Stifter der akademischen Plato.
Schule, wurde wegen Erhabenheit seiner Ideen schon im Alterthum „der
Göttliche" genannt. Von ihm besitzen wir noch 36 Dialoge, welche sich
ebenso sehr durch eine blühende, edele und reine Sprache, als durch
Würde und Vortrefslichkeit der Gedanken auszeichnen. — Eine selbst-
ständige , Plato zum Theil entgegengesetzte Richtung nahm dessen größter
Schüler Aristoteles, geb. 384. Seine Schule heißt die peripatetische Aristoteles,
(herumwandernde), weil er, in den Schattengängen des Lyceums herum-
waudernd, seine Schüler unterrichtete. Er geht von der Erfahrung als
der Quelle aller wahren Erkenntniß aus, sucht durch Beobachtung und
Zusammenstellung des Besonderen zum Allgemeinen fortzuschreiten und
so am Einzelnen und Vorübergehenden die Spuren des Ganzen und
Ewigen zu erfassen. Er ist daher Begründer des wissenschaftlichen Realis-
mus , während Plato dem Idealismus huldigte.
4. Glicht allein auf die Philosophie übte die Redekunst ihren Einfluß
aus, sondern auch auf die Geschichtschreibung, indem diese — was schon
bei Lenophon hervortritt — nach und nach rhetorisirend wird. Die dar-
stellende Kunst hingegen entfaltete sich trotz der politischen Stürme in
allen ihren Zweigen zur Vollendung. Als Maler glänzte Apelles, von Apelles.
dem sich Alexander d. Gr. malen ließ. In der späteren Zeit trat diese
Kunst mehr als Künstelei auf. Die Bildhauerkunst ging in dieser
Periode von dem sogenannten hohen Styl, der sich durch gefällige Umrisse,
Schönheit, Größe und Erhabenheit auszeichnete, zu dem schönen Styl
über. Der Schöpfer dieses Styls, durch welchen die Bildhauerkunst zu
ihrer Vollendung gebracht wurde, war Praxiteles. Lieben ihm ver- Praxiteles,
dient rühmliche Erwähnung Agcsander, der mit seinen Söhnen die Agesander.
vortreffliche Gruppe des Laokoon verfertigte. Die Baukunst, welche
schon durch Perikles zur Vollendung gebracht worden, erhielt sich lange
in Blüthe. Doch in der mazedonischen Zeit sing man au, die Gebäude
mit Zieraten zu überladen, wodurch der Grund zu dem allmäligeu Ver-
fall dieser Kunst gelegt ward.
5. Als Griechenland eine römische Provinz geworden war, fand die
griechische Kunst und Literatur in Rom eine Freistätte. Dahin wandten
sich viele ausgezeichnete Griechen und brachten ihrem neuen Herrn einen
regen Sinn für Kunst und Wissenschaft mit. Die Besiegten wurden
Lehrer und Bildner ihrer Sieger. Und das Licht, das hier angezündet
wurde, leuchtete fort und fort durch alle Jahrhunderte, durch alle Länder
und Völker, die auf wahre Bildung Anspruch macheu, bis auf unsere
Zeit hinauf. Mag auch Griechenland tief von seiner wissenschaftlichen und
politischen Höhe hinabgesunken sein: ein schöner Triumph ist ihm geblieben,
der Triumph mit seiner alten geistigen Kraft die ganze gebildete Welt zu
beherrschen für und für.
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Extrahierte Personennamen: Alexander_d Alexander Praxiteles
Extrahierte Ortsnamen: Griechenland Rom Griechenland
90
Alte Geschichte.
Unterdrü-
ckung der
Verschwö-
rung.
Cicero.
ner befand, der Verabredung gemäß aufheben und bekam durch die Briefe
auch schriftliche Beweise von dem frevelhaften Unternehmen in die Hand.
legte sie dem Senate vor (am 3. Dezember) und darauf wurden die
Schuldigen, fünf an der Zahl, in Haft genommen. Die Sitzung des
Senats hatte bis gegen Abend gedauert. Da eilte Cicero nach dem
Markte, um dem Volke, welches ihn hier mit Ungeduld erwartete, das
Ergebniß mitzutheilen (in der 3. Rede vom 3. Dezember). Mit Entsetzen
vernahm die Menge, welchem Unglück sie entgangen sei, und pries den
Muth und die Weisheit des Konsuls. Am 5. Dezember versammelte sich
der Senat, um über das Schicksal der Gefangenen zu entscheiden. Die
Senatoren stimmten für den Tod, bis die Reihe an Cäsar, den erwähl-
ten Prätor, kam. Dieser erklärte, es sei gesetzwidrig und gefährlich, ohne
förmlichen Prozeß auf Todesstrafe zu erkennen, und trug auf ewige Ge-
fangenschaft an. Dagegen erhob sich Cicero in seiner vierten Rede und
wurde von M. P. Kato (Iltieensis) kräftig unterstützt, so daß man die
Todesstrafe beschloß. Dieselbe wurde sogleich im Kerker an den Verschwo-
renen vollzogen. Mit den Worten: „Sie haben gelebt!" verkündigte
Cicero dem Volke die Vollstreckung des Urtheils und ward von ihm, wie
im Triumphe, nach Hause geleitet.
Nun schritt man gegen Katilina mit Waffengewalt vor. Der Empörer
fand in der Schlacht bei Pistoja *) nach muthvollem Kampf seinen
Tod (62).
3. So war es Cicero gelungen, die Stadt aus einer großen Gefahr
zu erretten. Ihm wurde ein Dankfest veranstaltet und auf Kato's Antrag
sogar der ehrenvolle Namen „Vater des Vaterlandes" beigelegt. Dieses
mußte einen: Manne schmeicheln, der nur ein Neuling (homo novus) und
doch der erste Römer war, welchem dieser glänzende Titel beigelegt wurde.
Markus Tullius Cicero war im Jahr 107 v. Chr. zu Arpi-
num1), der Vaterstadt des Marius, geboren. Er stammte aus einem
wohlhabenden Rittergeschlecht und erhielt von seinem Vater die erste Bil-
dung. Früh zeigte er das Verlangen, „immer der Beste zu sein und empor-
zustreben vor Allen". Zu Rom, wo er seit seinem zwölften Jahre von
griechischen Lehrern weiteren Unterricht empfing, erregte er durch schnelle
Fassungskraft und große Wißbegierde allgemeine Bewunderung. Als Jüng-
ling legte er sich mit allem Eifer auf das Studium des bürgerlichen Rechts
und der öffentlichen Beredtsamkeit. Bereits in seinem 26. Jahre gab er
als Sachwalter glänzende Beweise seines Rednertalents. Seine erste Ver-
thcidigungsrede war so überzeugend, daß der Angeklagte (Roscius) unter
dem Beifall der Zuhörer freigesprochen wurde. Um seine Gesundheit zu
kräftigen und sich weiter auszubilden, unternahm er (79) eine Reise nach
Griechenland und später nach Kleinasien. In Rhoduö nöthigte er dem
berühmten Redner Molo durch einen überaus herrlichen Vortrag die Worte
ab: „Deine Landsleute, die Römer, haben uns Freiheit, Macht und Güter
genommen, aber den Ruhm der Bildung und Beredtsamkeit haben sie uns
doch nicht nehmen können; du führst uns auch diesen über das Meer hin-
weg !" — Erst nach Sulla's Tode kehrte Cicero nach Rom zurück. Im 9
9 Pistoja, Stadt in Eturien, nordwestlich von Florenz. — Arpinum, Stadt
in Latium, südöstlich von Nom.
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Muth Cäsar Cicero M._P._Kato Markus_Tullius_Cicero Marius Marius Roscius
Extrahierte Ortsnamen: Pistoja Rom Griechenland Kleinasien Rhoduö Rom Eturien Florenz Latium
Erste Blüthe griechischer Literatur und Wissenschaft. 35
sagt Pittakus aus Mityleneft; „Mehrere machen cs schlimm," wie Biaö
meint, der Prienerft; „Bürgschaft bringt dir Leid," so warnt der Mile-
sier ft Thales; „Kenne dich selbst," so bestehet der Lacedämonier Chilon;
endlich: „Nimmer zu viel," so gebeut der Kekropier Solon. Neben solch'
praktischer Lebensphilosophie zeigten sich um diese Zeit auch tiefere Unter-
suchungen über die Natur; namentlich beschäftigte man sich viel mit der
Frage über die Entstehung und den Grundstoff der Welt. Thales
nahm das Wasser, Anaximenes die Luft und Heraklit das Feuer
als Urstosf der Dinge an. Pythagoras (geb. 584 v. Chr.) wirkte Pythago
zusammenfassend: nach ihm beruhte das Wesen und die Kraft der Dinge ras.
auf dem Zahlenverhältniß; die Zahl war ihm daher von .g^nz
besonderer Bedeutung. Er und seine Anhänger trieben eifrigst Mathematik
und Musik, weil dabei die Macht der Zahl vor Allem anschaulich gemacht
wird. Eine Frucht von des Meisters Fleiße ist der wichtige pythagoräische
Lehrsatz. Die Pythagoräer führten ein mäßiges, sittlich strenges Leben.
Schweigend mußten die Schüler eine lange Prüfungszeit bestehen; die
Eingeweihten wohnten in einem Hause beisammen und Hielten auf Ord-
nung und Stille. Ihr Morgenspruch war: '
„Bist du des Morgens erwacht vom erquickenden Schlaf, so bedenke
Alsobald und mit Ernst das, was du zu thun hast des Tages!"
Und am Abend hwß es:
„Eher schließe dir nicht der Schlaf die sinkenden Augen,
Bis du dreimal durchdacht hast all deine Werke des Tages;
Eher nicht, bis du gefragt, wie weit du heute gekommen,
Was du gethan und was du Göttliches noch unterlassen!"
Während so der griechische Geist nach allen Richtungen hin, denn
auch in der Baukunst, Plastik und Malerei gab es Anfänge, sich hoffnungs-
voll entfaltete, da kam plötzlich aus dem fernen Osten ein schweres Un-
gewitter herangezogen, welches alle Knospen und Blüthen des griechischen
Lebens und Wissens auf immer zu vernichten drohte.
16. Ende der Perserkriege. Cimon (469—449 v. Chr.).
1. Siegreicher Kampf gegen die Perser. (Marathon 490, Thermopylä 480, Sala-
mis 480, Platää 479, Mykale 479.) Streitpunkt zwischen Athen und Sparta.
Uebergang der Hegemonie an Athen 470. Errichtung der Bnndeskasse zu Delos.
2. Cimon. Sein Antheil an Erringung der Hegemonie. Seine Siege bei Chalci-
dice, Skyroö und am Eurymedon (469). 3. Simons Reichthum; Verwendung
desselben. Athen, unumschränkter Herr zur See. 4. Erdbeben zu Sparta. Dritter
messenischer Krieg (465 — 455). Athenische Hilfstruppen; deren Verabschiedung.
Cimonö Verbannung. 5. Schlacht bei Tanagra (456). Cimons Anerbieten, seine
Zurückberufung. Waffenstillstand zwischen Athen und Sparta. Neuer gemeinschaft- -
licher Kampf gegen die Perser. Cimons Zug gegen Cypern; sein Tod bei Cilium
(449). Cimonischer Friede: Freiheit der kleinasiatischen Griechen. Griechenlands,
insbesondere Athens Ruhm.
1. In dem Kampfe gegen das persische Reich empfingen die Griechen
ihre Bluttaufe, doch zeigten sie dabei auch der Welt, was ein Volk ver-
ft Mitylene, Hauptstadt der Insel Lesbos. — Priene, jonische Stadt an
der Küste des südlichen Lydiens. — Milet, Stadt im südwestlichen Theil Klein-
asiens , am Flusse Mäander.
3»
TM Hauptwörter (50): [T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Philipp von Mazedonien.
59
leute gegen die Mazedonier aufzuregen und diese auf seine Auslieferung
drangen, so mußte er zum zweitenmale fliehen. Allenthalben verfolgt,
flüchtete er auf die kleine Insel Kalauria *) in den Tempel des Poseidon, ^
und auch hier entdeckt, machte er seinem Leben durch ein schnellwirkendes Tcinostye-
Gift, das er in einer Fcderspule bei sich trug, ein Ende (322). Rach-"^ >
malö setzten ihm die Athener ein Bildsäule mit der Inschrift:
„Wäre Demosthenes' Kraft so groß als sein Wille gewesen:
Traun! Mazedoniens Macht hätte nie Griechen beherrscht."
6. Philipps Sohn, Alexander der Große (336—323), hatte mit Alexander
dem Throne auch die Pläne seines Vaters geerbt. Er führte die Griechen _323
mit seinen Mazedoniern gegen das persische Reich, warf das morsche
Gebäude in Trümmer und gründete weithin über Asien, Afrika und
Europa ein neues mazedonisches Weltreich. Allein die Dauer dieses
Reiches war nur an das flüchtige Dasein seines Stifters geknüpft, es fiel
auseinander, sobald die mächtige Hand fehlte, welche so verschiedene Be-
standtheile zu einem riesigen Ganzen verbunden hatte. Bald nach Ale-
xanders Tode (323) entstanden daraus drei Reiche: das syrische in
Asien, das ägyptische in Afrika und das mazedonische in Europa.
Mit dem letzten blieb Griechenland verbunden und mit ihm kam es nach
der Zerstörung Korinths 146 v. Chr. unter die Herrschaft der Römer.
23. Rückblick auf die Kultur und die literarischen Leistungen
seit Perikles.
1. Abnahme des Poelischen seit dem peloponnesischen Kriege. Vorwiegen der Be-
redsamkeit und Philosophie. Alte und mittlere Komödie. 2. Redner: Demosthenes
(12 philippische Reden) und Aeschines. 3. Philosophen und philosophische Schu-
len: Sokrates; Antisthenes und Diogenes (Zynische Schule); Zeno lstoische Schule);
Aristipp und Epikur (epikureische Schule); Plato (Sokratiker); Aristoteles (peripate-
tische Schule). 4. Geschichtschreibung: Lenophon; Malerei; Apelles; Bildhauerkunst:
Praxiteles und Agesander. - 5. Einfluß der griechischen Kunst und Wissenschaft auf
die Römer und späteren Völker.
1. Schon mit Beginn des peloponnesischen Krieges nahm das Poetische
im griechischen Leben ab. Fast alles Interesse wendete sich dem Politischen
zu: nicht selten folgte eine öffentliche Versammlung der andern. Beliebt
waren nur diejenigen Geistesbeschäftigungen, welche bei den öffentlicheir
Berathungen von Einfluß und Wichtigkeit sein konnten. Sehr fleißig be-
suchte man daher die Schulen der Sophisten, um sich in der Beredtsam- Abnahme
feit und Philosophie auszubilden. Mit dem Poetischen beschäftigte man f
sich nur nebenbei; die epische und lyrische Poesie wurde fast gar nicht poetischen
mehr betrieben und die Tragödie hörte mit Euripideö auf, mustergültig
zu sein. In der Regel wurden wohl Kunstwerke des Aeschylus, Sopho-
kles und Euripides aufgeführt, jedoch mit solch übertrieben äußerem Ge-
pränge, daß viel von der innern Schönheit verloren ging. Auch die
Komödie erlitt während dieser Periode eine wesentliche Veränderung.
Während nämlich die alte Komödie, als deren Repräsentant wir Aristo-
phanes nannten, es ungescheut wagen durfte, lebende Personen unter
9 Kalauria, Insel südlich von Aegina, an der Küste von Argolis im
Peloponnes.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
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Extrahierte Personennamen: Philipp_von_Mazedonien Philipp Philipps Philipps Alexander_der_Große Alexander Alexander Alexander Zeno Aegina
Extrahierte Ortsnamen: Kalauria Mazedoniens Asien Afrika Europa Asien Afrika Europa Griechenland
Perikles.
39
durch, daß dem Areopag die Aufsicht über die Sitten der Bürger und
über den Staatsschatz entzogen werde. Bisher hatten die ärmeren Bürger
schon das Recht gehabt, in den Volksversammlungen zu erscheinen, Staats-
ämter zu bekleiden und zu Gericht zu sitzen; durch Arbeiten aber waren
sie daran verhindert worden. Perikles führte nun für den Besuch der
Volksversammlung und die Verwaltung des Richteramtes, gleichsam für
die dabei aufgewendete Zeit und Mühe, einen Sold ein und machte so die
Theilnahme der Unbemittelten an den Staatsangelegenheiten möglich. Ueber-
haupt suchte er dem Volke Angenehmes zu bieten; darum veranstaltete er
bald Festversammluugen, bald öffentliche Speisungen, bald feierliche Umzüge
durch die Stadt. Damit die ärmere Volksklasse das Theater besuchen konnte,
ließ er den Leuten an bestimmten Tagen Geld zustellen. Dieses Geld
nahm er aus der Vuudeskasse, welche durch ihn (461) von der Insel Delos
nach Athen verlegt worden war. Denn da von Persien keine Gefahr mehr
drohte, so glaubte er, die Beträge der Bundesgenossen zum Nutzen der
Stadt und ihrer Bürger verwenden zu dürfen. Die herrlichen Bauten,
welche er aufführte, bestritt er aus gleichen Mitteln. Gegen solche Neue-
rungen erhob sich die aristokratische Partei und namentlich Cimon. Perikles
hatte sich aber bereits in der Volksgunst befestigt, und Cimon wurde ver-
bannt. Erst als Perikles überzeugt war, daß Cimon sich fern von den
Staatsgeschäften halten und sich mit der Leitung des Krieges begnügen
wolle, bewirkte er (nach der Schlacht bei Tanagra 456) dessen Zurück-
berufung.
2. Unter Perikles erreichte die Kunst und Wissenschaft in Athen den
Gipfelpunkt; kein Zeitalter hat so berühmte Dichter, Maler und Bildhauer
hervorgebracht, als das seinige. Damals lebten die Trauerspicldichter *)
Aeschyluö (525 — 456), Sophokles (495 — 406) und Euripides
(480—406), sowie der Lustspieldichter Aristophanes. Neben diesen
leuchteten die Geschichtsschreiber Herodot (484 — 410), Thucydides
(471—400) und (wennauch etwas später) Xen oph o n (446—356) her-
vor. Als Maler genossen Apollodor, Zeuxis und Parrhasius, als
Bildhauer Phidias und Polykletus große Achtung. Auch die Be-
redsamkeit, die Tochter republikanischer Verfassung, stand in großer Blüthe
und wurden die Redner Lysias (459—374) und Jsokrates (436—338)
als mustergültig angesehen. Perikles regte die Künstler an und wußte
durch seine Bauten, unter denen die Propyläen, das Parthenon und Odeon
die wichtigsten waren, Baumeister, Bildner, Steinschneider und Goldarbeiter,
sowie die verschiedenen Handwerker in Thätigkeit zu setzen. Kaufleute und
Schiffer hatten vollauf zu thun, die Rohstoffe herbeizuschaffen. Dadurch
mehrte sich der Wohlstand der Stadt. Während zu Solon's Zeiten (594)
ein Vermögen von sieben Talenten eine Seltenheit war, gab es unter
Perikles viel Bürger, welche 100 und noch mehr Talente besaßen. Ucber-
haupt war Perikles daraus bedacht, die Allgewalt, welche er besaß, nur
zum Besten seiner Vaterstadt zu gebrauchen: der Ruhm dieser sollte auch
ihn verherrlichen. Darum gab er dem athenischen Leben einen Charakter,
i) Eigenthümlich ist dem griechischen Drama der Chor, welcher in ruhigen Ge-
sängen die Empfindungen und Betrachtungen der Zuschauer ausspricht über das, was
auf der Bühne vorgeht.
Verlegung
der Bundes-
kasse nach
Athen 461.
Dichter.
Geschichts-
schreiber.
Maler u.
Bildhauer.
Redner.
TM Hauptwörter (50): [T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T22: [Athen Athener Sparta Solon Spartaner Staat Jahr Stadt Krieg Mann], T115: [Tempel Stadt Rom Zeit Athen Pyramide Bau Ruine Denkmal Säule], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
44
Alte Geschichte.
es zu behalten oder auszusetzen. Letzteres war nicht ausdrücklich durch das
Gesetz erlaubt, aber es bestand auch keine Strafbestimmung, nach welcher
die Aussetzung hätte geahndet werden können. Indessen wurde das grau-
same Recht nur selten ausgeübt. Am fünften Tage trug man das Kind
um das Feuer der Hestia; am loten legte man ihm einen Namen bei.
Die Pflege und Erziehung des Kindes war in den ersten Jahren der
Mutter allein überlassen, später blieben nur die Mädchen noch in ihrer
Hut; denn die Knaben kamen mit dem 7. Jahre unter die Aufsicht eines
sie stets begleitenden Sklaven (Pädagogen). Nun begann für die Knaben
— Mädchen empfingen keinen Unterricht — der Besuch der Schule, wo
Grammatik und Musik gelehrt wurde. Zur Grammatik gehörte Lesen,
Erziehung. Schreiben, zuweilen auch Rechnen; dann, wenn das Kind dazu reif war,
Lektüre der Dichter, besonders Homer's. Es wurden Stellen daraus me-
morirt und mit Ausdruck hergesagt; den Schluß machte Unterricht in der
Mathematik und Naturkunde. Zur Musik gehörte Gesang und das Spielen
der Lyra oder der Flöte. Aus der Schule ging der Knabe in das Gym-
nasium, wo man meist unbekleidet (gymnos heißt nackt) turnte. Die
Gymnasien waren anfangs nur eingefriedigte, mit Platanen bepflanzte
Anlagen; nach und nach aber erwuchsen sic zu prachtvollen Gebäuden. Im
Sommer turnte Jung und Alt auf dem in der Mitte liegenden Uebungö-
platz; im Winter geschah es unter der Säulenhalle des Seitengebäudes.
In den Gebäuden gab es außerdem besondere Zimmer für das Aus- und
Ankleiden, für das Einölen und Baden. Auch lehrten in den Hallen die
Philosophen (Denker) und Rhetoren (Redekünstler), weshalb steinerne
Bänke an den Wänden umherliefen. In den Gymnasien lernte der Knabe
Hände und Füße schön und gelenk bewegen, nach dem Takt marschiren,
mit und ohne Waffen springen; dann ringeil, wobei man sich einölte, laufen
und den Speer und den Diskus werfen. Die Zucht war streng und stand
unter der Aufsicht des Staates. Frühzeitig wurden die Knaben an Gehor-
sam gegen die Gesetze und an Ehrerbietung vor dem Alter gewöhnt, auch
legte man ihnen Achtung der öffentlichen Meinung, Selbstverleugnung und
Einordnung in das Staatsganze ans Herz. Auf solche Weise erzog man
die Jugend bis zum achtzehnten Jahre. Wer sich noch weiter ausbilden
wollte, ging zu Rhetoren oder Philosophen. Denn der Mann konnte sich
nllr dann Einfluß und ein Amt erwerben, wenn er gewandt und kunstvoll
zu reden, durch seinen Vortrag eine Volksversammlung für sich zu gewinnen
verstand. Die Rhetoren und Philosophen unterrichteten in richtigem Denken,
über Moral und die höhere Gedankenwelt, aber auch in der äußern Kunst
(Technik) der Beredtsamkeit: wie eine Rede zu ordnen, welcher Gebrauch
von den Redefiguren zu machen, wie Sylbcnfall (Rhythmus) in die Rede
zu bringen, wie das Kleid in Falten zu legen und welche Bewegungen zu
machen vom Anstande gestattet sei. Denn die Redner trugen sehr lebhaft
vor, sprangen vorwärts und rückwärts und suchten auf alle Weise die Zu-
hörer zu fesseln. Es bedurfte daher immer großer Uebung, ehe man in
den Aeußerlichkeiten Gewandtheit und Sicherheit erhielt.
8. Vor dem Tode hatten die Griechen keine besondere Furcht; viel
Beqräbniß aber gaben sie aus ein ehrliches Begräbniß, da sie meinten, daß davon der
' Eingang in das Schattenreich abhänge. Auch dem Feinde verweigerte
man daher die letzte Ehre nicht. War Jemand verschieden, so schob man
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Die Bildung im 19. Jahrhundert.
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Verdienste um die Erdkunde; die Oken's, Euvier's und Ehrenberg's um die Natur-
geschichte. Berühmte Mineralogen, Astronomen, Chemiker und Physiker. Erbauung
des Dampfschiffes (1807) und deö Dampfwagens (1829). Erfindung der Daguero-
typie (1838) und des elektrischen-Telegraphen (1844). 3. Gewinn für das Studium
der Geschichte, der Philosophie, der Sprach- und Alterthumskuude. Hoher Stand der
Baukunst, Bildhauerei, Malerei und Musik. 4. Hebung aller materiellen Interessen.
1. Auf die beiden einander befreundeten Dichterheroen, auf Schiller
und Göthe, .folgte die romantische Schule, welche zur Zeit
deö französischen Druckes in den früheren Großthaten des deut-
schen Volkes Trost und Ermulhigung suchte. Die Brüder August Wil-
helm und Friedrich Schlegel, Tieck, Novalis (Fr. v. Harden-Romantiker,
berg), von Arnim und Brentano machten ihre Hauptstärke aus; doch
gehören ihr als Geistesverwandte auch Zacharias Werner, Adalbert
von Ch ami s s o, E r n ft Schulze, und in gewisser Hinsift^ Jean
Paul (Friedrich Richter) zu. Die Romantiker huldigten in Poesie,
Kunst und Religion den Anschauungen des Mittelalters, strebten mit Ab-
streifung alles Irdischen nach idealem Ausschwung und fanden- in phanta-
stischen Träumereien und in weicher Sentimentalität Befriedigung. Fast
alle ihre Erzeugnisse können ein weichliches, oft bis zur Zerflossenheit
schwächliches Wesen nicht verleugnen, aber dennoch gebührt der Schule
das große Verdienst, die Liebe zu den älteren deutschen Dichtungen wieder
angeregt, den Wortschatz unserer Sprache entwickelt und durch gewandte
Behandlung des Rhythmus und des Reimes die Biegsamkeit der Form
gezeigt zu haben.
Unabhängig von den Romantikern erwarben sich Matthisson,
Tiedge, von Salis und Kosegarten als Dichter verdienten Beifall.
Der deutsche Befreiungskampf regte Moritz Arndt, Friedrich von Säuger von
Stägem ann und Theodor Körner zu ernsten Kriegsliedern an. Auch Kriegs-
Max von Schenkendorf und Friedrich Rückert (Freimund Raimar) liederu.
sangen vaterländische Lieder; Letzterer wandte sich später zur Uebertragung
orientalischer Dichtungen und zeigte sich hierein als ein unübertroffener
Meister. Auch Graf August von Platen muß als Meister der dichte-
rischen Form erwähnt werden.
Unter den schwäbischen Dichtern ragt Ludwig Uh land (1787 geb.)
hervor, welcher in seinen lyrischen Gedichten, Balladen und Schauspielen
(Herzog Ernst von Schwaben und Ludwig von Baiern), sowie durch seine Schwäbische
Sammlung deutscher Volkslieder eine ächte vaterländische Gesinnung an Dichler.
den Tag legte. Ihm zur Seite stehen Gustav Schwab und Justinus
Kerner.
Treffliche Gedichte schufen außerdem die Oestreicher Nik. Lenau
(Edler von Strehlenau) und Anastasius Grün (Graf Auersperg).
2. Unter den Wissenschaften nahmen besonders die Naturwissenschaf-
ten einen ungemeinen Aufschwung. Als Reisende zeichneten sich aus: der
Franzose d' Urville, die Russen Krufenstern und von Kotz ebne, Reisende,
die Engländer Parry, Wilkes, Franklin, die Deutschen Alexan-
der v. Humboldt, Pöppig, Rüppel, sowie Schomburgh, Over-
weg und Vogel. Das größte Verdienst um die Erdkunde erwarb sich
Ritter, indem er mit wissenschaftlichem Geiste zusammenstellte, was die
großen Reisenden und Entdecker gefunden hatten. Ebenso hat A. von
Spieß u. Beriet, Weltgeschichte Hl
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Extrahierte Personennamen: Schiller August Friedrich_Schlegel Friedrich Tieck Novalis Arnim Brentano Werner Schulze Jean
Paul Friedrich_Richter Friedrich Matthisson Moritz_Arndt Friedrich_von_Säuger_von
Stägem Friedrich Theodor_Körner Max_von_Schenkendorf Max Friedrich_Rückert Friedrich August Ludwig_Uh Ludwig Ernst_von_Schwaben Ernst Ludwig_von_Baiern) Ludwig Gustav_Schwab Gustav Lenau Engländer_Parry Wilkes Franklin A._von
Spieß
Die Bildung im 19. Jahrhundert.
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die der Kreuzzüge, Voigt die Gregor's Vh. und des preußischen Staa-
tes, Johannes von Müller die der schweizerischen Eidgenossenschaft.
Außerdem sind noch die Werke von Heeren, Hammer, Hurt er,
Mans o, Leo, Dahlmann und Leopold Ranke zu nennen.
Großer Eifer herrschte ebenfalls auf dem Gebiete der Philosophie, Philoso-
und die Forschungen Kant's, Schelling's, Fichte's und Hegel's phen.
haben der deutschen Nation wiederholt auf diesem Gebiet den ersten Rang
verschafft.
Zur Bereicherung der Alterthumskunde haben sich Bott und Lay-
ard durch Ausgraben in Assyrien, Lepsius und Minatoli in Ae-
gypten große Verdienste erworben. Mit der Entzifferung der Hierogly-
phen hat der Franzose Eh am po llio n einen glücklichen Anfang gemacht.
Zn der klassischen Philologie, in welcher neben anderen Nationen auch die Philologen.
Deutschen (G. Hermann, Eichstädt, Ottfr. Müller, Göttling, Dwderlein,
Thiersch) ihren alten Ruhm bewährt haben, ist in neuerer Zeit besonders
durch die Gebrüder Jakob und Wi Helm Grimm die Erforschung der
altdeutschen Sprache und Literatur hinzugekommen.
Auch auf dem Gebiete der Baukunst, der Bildhauerei, Malerei und
Musik hat das 19. Jahrhundert Bedeutendes geleistet. Alte Dome und Bauwerke,
viele Burgen des Mittelalters wurden glänzend restaurirt. Zur Förde-
rung deö Verkehrs hat man Riesenbauten angelegt, welche sich den größ-
ten aller Zeiten würdig zur Seite stellen können. Außer der herrlichen
Straße über das Wormser Joch erwähnen wir den Schienenweg über
den Sömmering , die Ueberbrückung des Göltzschthals im sächsischen
Voigtlande, den Tunnel in London, die Gitterbrücke bei Dirschau und
die Lagunenüberbrückung bei Venedig.
Von den berühmtesten Bildhauern der neuesten Zeit verdienen der
Italiener Canova, der Däne Thorwaldson, der Franzosen David,
der Engländer Flax mann, die Deutschen Dannccker in Stuttgart, Bildhauer.
Rauch, Schadow, Tieck in Berlin, Schwanthaler in München und
Rietschel in Dresden besondere Erwähnung. Die deutschen Maler Kor- Maler,
nelius und sein Schüler Kaulbach, ferner W. Schadow, Lessing,
Ludwig Schnorr, Schnorr von Karolsfeld, Peter Heß,
Overbeck und M. Rugendas nebst vielen Andern haben mit den an-
gefehnsten Künstlern des Auslandes nicht ohne bedeutenden Erfolg gewett-
eifert. Kunstvereine und wanderde Kunstausstellung wirken vielfach be-
lebend auf Leistungen und Bestrebungen der Künstler. In der Musik Musiker,
haben die Deutschen ihren Ruhm behauptet. Zu den früheren Meistern
kamen noch hinzu: Beethoven (gest. 1827), Mendelssohn-Bar-
tholdy, Karl Maria v. Weber, Spohr, Schneider, Meyer-
beer, Marschner, Lachner, Richard Wagner u. A. Singvereine
und Liedertafeln haben in Deutschland die Liebe zur Tonkunst immer weiter
unter dem Volke verbreitet und Anlaß zu großartigen Gesangs- und Mu-
sikfesten gegeben.
*) Wormser Joch oder Stilfser Joch, Bergrücken über die Ortler - Alpen, au
der lombardisch-lyroler Grenze. — Sömmering, eine Bergmasse auf der Grenze
zwischen Unterösterreich und Steiermark, zu den steiermärkischen Voralpen gehörig.
— Dirschau, Stadt in Westpreußen, am linken Ufer der Weichsel.
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TM Hauptwörter (200): [T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T90: [Alpen See Schweiz Inn Rhein Bodensee Gotthard Paß Rhone Italien], T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art]]
Extrahierte Personennamen: Johannes_von_Müller Leo Leo Dahlmann Leopold_Ranke Leopold Bott Lepsius Hermann Jakob Grimm David David Schadow Schwanthaler Schüler_Kaulbach W._Schadow Lessing Ludwig_Schnorr Ludwig Schnorr_von_Karolsfeld Peter_Heß Overbeck Rugendas Karl_Maria_v Karl Maria Weber Schneider Marschner Lachner Richard_Wagner
Extrahierte Ortsnamen: Assyrien London Venedig Stuttgart Berlin München Dresden Deutschland Weichsel
180
Mittlere Geschichte.
» Glocken. Form auch „Nürnberger Eier genannt". — Glocken zu gießen verstand
man in Italien schon um 400; aber erst in der Mitte des 6. Jahrhunderts
wurden Klöster und Kirchen in andern christlichen Ländern mit Glocken
versehen. Im 12. lebten in Nürnberg und Augsburg berühmte Glocken-
gießer. — Karl d. Gr. ließ zuerst eine aus Konstantinopel erhaltene
Windorgel in der Kirche zu Aachen aufstellen und beim Gottesdienst ge-
brauchen. Darauf machten sich die Deutschen auch an den Orgelbau.
Die ältesten Orgeln hatten nur 10 handbreite Tasten, die mit der geball-
ten Faust niedergeschlagen werden mußten. Unsere jetzigen Orgeln stnd
ein Werk der Neuzeit. — Die Bildhauerkunst tauchte in Deutschland
Malerei, erst am Ende des Mittelalters auf. Maler hingegen gab es schon zu
Heinrichs I. Zeit. Die Kupfer st echkun st wurde von den Deutschen
im 15. Jahrhundert erfunden. Apotheken kamen von den Arabern
über Spanien nach Deutschland, wo im 13. Jahrhundert zu Augsburg die
erste Apotheke bestand. Doch handelten damals die Apotheker meist mit
Gewürzen und Zuckerwaaren. Aerzte in unserm Sinne kannte das Mittel-
alter nicht, wohl aber ungelehrte Quacksalber. Die Arzneiwlssenschaft konnte
erst nach Errichtung von Schulen und Universitäten herangebildet werden.
66. Die Schule im Mittelalter.
Ausgabe der Klosterschulen. Aufnahme der sieben freien Künste. Einwirkung der
Scholastik. Errichtung von Universitäten und Lateinschulen (14. Jahrh.). Damali-
ges Leben der Studenten. Die Lehrer und ihre Gesellen. Lehrmethode. Die fahren-
den Schüler. Wiedererwachen der altklassischen Studien in Italien (15. Jahrh.). Ver-
breitung derselben nach Deutschland (Reuchlin, Eraömus, Hutten). Werth deö Hu-
manismus für die Reformation.
Bald nach Einführung deö Christenthums hatte man in Deutschland
Schulen errichtet, um junge Leute für daö geistliche Amt heranzubilden.
Diese Schule waren mit den Klöstern verbunden und wurden von Mönchen
verwaltet. Der Unterricht erstreckte sich, dem ausgesprochenen Zwecke ge-
mäß, auf Bibelerklärung, Heiligengeschichten, kirchlichen Ceremonialdienst und
die Streitpunkte wider Heiden und Irrgläubige. Später wurde mehr ge-
lehrt, indem man die sogenannten sieben freien Künste als: Gram-
Die7 freienm atik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik
Künste, und Astronomie der Schule zuwies. Die Zucht war streng; das Ler-
nen jedoch mehr ein äußerliches, so daß für die Bildung des Herzens und
die Entwickelung deö innern Menschen wenig geschah. Dies hatte seinen
Grund darin, daß die Gelehrten der damaligen Zeit zu den „S ch o lasti-
Scholastikcr.kern" gehörten, welche mit Hülfe der von Aristoteles gegebenen Denkge-
setze eine Menge Formeln und Schulausdrücke erfanden und allerhand spitz-
findige Grübeleien und inhaltleere Erklärungen und Beweisführungen auf-
stellten i). Nach den Kreuzzügen wurden einzelne Klosterschulen zu Uni-
versitäten erweitert, welche von der ausschließlichen Vorbildung zu Geist- i)
i) So haben sich die Scholastiker viel mit der Frage beschäftigt: „Kann Gott
durch seine Allmacht elwaö Geschehenes ungeschehen machen?" u. dergl. mehr. Geg-
ner der Scholastiker waren die späteren „Mystiker", welche, der trockenen Verstandes-
richtung abhold, mehr das Gemiiths- und Gefühlsleben betonten. Dahin gehören:
Jobannes Tanker (f 1361), Geiler von Kaiserberg (si 1510) und Thomas a.
Ke mp is (st 1471), der Verfasser deö weit verbreiteten, in alle Sprachen übersetz-
ten Andachtsbuchcs von der Nachfolge Christi.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil]]
TM Hauptwörter (200): [T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester], T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Personennamen: Karl_d Karl Heinrichs_I. Reuchlin Aristoteles Jobannes Kaiserberg Thomas
Extrahierte Ortsnamen: Italien Nürnberg Konstantinopel Aachen Deutschland Spanien Deutschland Italien Deutschland Deutschland Christi