395
ihrer siegreichen Heere triumphirend in die stolze Hauptstadt
ein, die seit Jahrhunderten keinen Feind innerhalb ihrer Mau-
ern gesehen hatte. Noch am Tage des Einzuges verkündete
Alerander in seinem und seiner Verbündeten Namen, daß sie
weder mit Napoleon noch mit einem Glicde seiner Familie
unterhandeln würden. Am 2. April erklärte deshalb der Se-
nat Napoleon für abgesetzt. Er befand sich eben zu Fontaine-
bleau, etwa zwölf Stunden südlich von Paris, als ihm die
Nachricht seiner Absetzung überbracht'wurde. Nach kurzem
Aufbrausen gegen den Senat und die Stadt Paris und nach
vergeblichen Versuchen, seinem Sohne die Krone zu verschaf-
fen, ergab er sich in den Willen der Sieger und verzichtete
am 11. April auf Frankreich und Italien. Doch erhielt er,
mit Beibehaltuug seiner Würde, die kleine Insel Elba im
mittelländischen Meere, nebst einem Jahrgehalte. Die Kaise-
rin Maria Luise und ihr Sohn bekamen die Herzogthümer
Parma, Piacenza und Guastalla. Am 20. April wurde Na-
poleon nach Elba abgeführt; und am 4. Mai, am Tage sei-
ner Landung, hielt Ludwig Xviii., der sich seit 1807 in
England aufgehalten hatte, seinen feierlichen Einzug in Paris,
um den Thron in Besitz zu nehmen, von welchen sein Bruder
vor 20 Jahren auf's Blutgerüst gestiegen war. Mit ihm
schlossen die Verbündeten am 30. Mai den ersten pariser
Frieden, in welchem Frankreich die Ausdehnung behielt, die
es 1792 hatte. Es brauchte weder Kriegeskosten zu zahlen
noch die aus allen Ländern geraubten Kunstschätze wieder
herauszugeben. Durch einen so beispiellosen Beweis von
Mäßigung und Großmuth hofften die Verbündeten den Frie-
den für Europa fortdauernd zu erhalten. Wenige Tage nach
dem Abschlüsse desselben verließen sie deshalb auch Paris.
Während der langen Fremdherrschaft aber waren der
Besitzstand und die übrigen Verhältnisse der europäischen Staa-
ten so sehr verändert worden, daß schon zu Paris die Mo-
narchen mit einander verabredeten, auf einem Congresse ihre
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Maria_Luise Maria Guastalla Ludwig_Xviii Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Paris Paris Frankreich Italien Elba Piacenza Elba England Paris Frankreich Europa Paris Paris
220
gemeinen Friedensstiftung in Utrecht zusammen. Zwar wahrte
der Krieg noch fort, doch wurde auch fleißig unterhandelt, bis
endlich im April 1713 zu Utrecht der Friede zwischen Frank-
reich und den übrigen Mächten, mit Ausschluß jedoch des Kai-
sers und des Reiches, zu Stande kam. Philipp V. erhielt in
demselben Spanien nebst Indien, jedoch mit der ausdrücklichen
Bestimmung, daß die Kronen Frankreichs und Spaniens nie
vereinigt würden. England behielt das eroberte Gibraltar
nebst der Insel Minorka, und Neuschottland in Amerika. Der
Herzog von Savoyen bekam Sicilien als Königreich,
welches er sieben Jahre später gegen Sardinien vertauschte;
Preußen gewann Obergeldern und die allgemeine Anerken-
nung seiner neuen Königswürde. Die Holländer erhielten eine
Reihe kleiner Festungen längs der französischen Grenze. Das
Uebrige der Monarchie, nämlich die spanischen Niederlande,
Neapel, Mailand und Sardinien, außerdem vier früher spa-
nische Seehäfen in Toscana sollte Kaiser Karl Vi. erhalten.
Dieser war aber damit nicht zufrieden und setzte den Krieg
jetzt allein fort, jedoch mit so ungünstigem Erfolge, daß auch
er sich bald zum Frieden verstand. Er wurde geschlossen zu
Rasta dt, am 7. März 1714, und am 6. September dessel-
den Jahres zu Baden in Aargau auch vom deutschen Reiche
genehmigt. Der Kaiser nahm den zu Utrecht ihm zugespro-
chenen Theil der spanischen Monarchie an. Die Kurfürsten
von Bayern und Köln wurden wieder eingesetzt. So war
nach einem langen blutigen Kriege fast nichts mehr erreicht
worden, als man vor demselben durch einen Theilungsplan
beabsichtigt hatte.
Ludwig Xiv. überlebte diesen Frieden nur ein Jahr.
Er starb am 1. September 1715, im acht und siebenzigsten
Jahre des Alters und im zwei und siebenzigsten der Negie-
rung und hinterließ das im Innern zerrüttete und verarmte
Reich seinem Urenkel, dem sechsjährigen Ludwig Xv. unter
der Regentschaft des Herzoges von Orleans.
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Extrahierte Personennamen: Philipp_V. Philipp_V. Karl_Vi Karl Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig_Xv.
Extrahierte Ortsnamen: Utrecht Frank- Spanien Indien Frankreichs Spaniens England Amerika Sardinien Neapel Mailand Sardinien Bayern Negie-
323
nung in Verbindung gebracht. Man zählte nach Jahren der
Republik und fing den Anfang des ersten Jahres vom 22. Sep-
tember an. Auch die Namen der Monate wurden verändert,
und statt der Wochen Decaden eingeführt, wovon jede zehn
Tage enthielt. Sechs und dreißig heidnische Festtage traten
an die Stelle von zwei und fünfzig christlichen Sonntagen.
Mit der Abschaffung des Königthumes wurden alle Wappen
und Bildsäulen der Könige vom Pöbel zertrümmert; der Con-
vent selbst richtete die Banden dazu ab. Ja sogar die könig-
lichen Gräber zu St. Denis unweit der Hauptstadt wurden
wieder aufgewühlt, die Leichname aus den Särgen gerissen,
ihre Gebeine zerstreuet.*) Nichts sollte an die frühere Zeit
des Königthumes erinnern. Dann forderte die Partei der
Wüthenden die Vernichtung des letzten Ueberrestes, das Blut
des abgesetzten Königes und seiner Familie.
68. Erste Coalition oder Verbindung gegen Frankreich.
Arirg gegen Oesterreich und Preußen (1792). — Die Lage
des unglücklichen Königes erregte die Theilnahme und Besorg-
niß aller übrigen Monarchen, besonders des Kaisers Leopold Ii.,
der durch so enge Familienbande mit ihm verbunden war.
Ihr Eifer für die Sache des Königes wurde noch mehr an-
gefeuert durch die Bitten und Vorstellungen der ausgewan-
derten französischen Prinzen, die zu Coblenz ihr Hoflager
hatten und dort die Ausgewanderten unter ihre Fahnen ver-
einigten. Statt durch weise Mäßigung dem Kriege vorzu-
beugen, that der Nationalconvent gerade Alles, denselben her-
beizuführen. Er zog alle Besitzungen ein, welche deutsche
Fürsten im Elsaß und Lothringen hatten, und sprach der gan-
zen Welt übermüthig Hohn. Je mehr man sich rüstete, um
den unglücklichen König mit Gewalt aus den Händen der
*) So wurde jetzt an den französischen Königen gerächt, was diese
durch Verheerung der Gräber von acht deutschen Kaisern zu Speier ge-
sündigt hatten.
21*
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Extrahierte Personennamen: Leopold_Ii Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Oesterreich Elsaß Lothringen
396
Angelegenheiten gemeinschaftlich gegen einander auszuglcichcn
und Europa auf einer neuen Grundfeste zu erbauen. Oester-
reich hatte der Coalition so wesentliche Hülfe geleistet, der
Kaiser Franz so große Familienopfer gebracht, indem er selbst
den Sohn der Maria Luise preisgegcben, daß Europa, um
ihm seine Huldigung darzubringen, Wien zum Versammlungs-
orte des Congresses bestimmte. Am 1. November 1814 wurde
der Wiener Congreß eröffnet. Dieser war wegen der An-
wesenheit der vielen europäischen Monarchen, Fürsten und Ge-
sandten einer der glänzendsten, die je gehalten worden sind. Er-
wartungsvoll waren die Blicke aller Völker nach Wien gerichtet.
Das Jahr 1815.
85. Rückkehr Napolcon's nach Frankreich. — Schlachten bei
Ligny und Belle Alliance. — Zweiter Einzug der Verbünde-
ten in Paris. — Zweiter pariser Friede. — Der heilige Bund.
Liückkrhr Aapotcon's von Elba. — Während sie nun hier un-
terhandelten , und eben wegen des künftigen Schicksales von
Polen und Sachsen eine bedeutende Spannung eingetreten
war; da kam plötzlich die Schrcckenspost herüber: Napo-
leon habe am 26. Februar (1815) sein Elba verlassen und
sei wieder in Frankreich gelandet. So war eö auch! Der
corsische Löwe war nach kurzer Ruhe aus seinem Felsenlager
von Elba, in welches er sich zehn Monate lang lauernd ge-
legt hatte, zu neuen blutigen Angriffen Plötzlich wieder auf-
gebrochen. Ihm war die Spannung auf dem Wiener Con-
gresse und die Unzufriedenheit der Franzosen mit der neuen
Negierung der Bourbons, welche die auf sie gesetzte Hoffnung
in manchen Punkten unerfüllt gelassen hatten, nicht unbekannt
geblieben; und vertrauend auf die frühere Anhänglichkeit der
Soldaten ging er mit 1100 Mann Garde, größtentheils Po-
len, unter Segel und landete am 1. März bei Cannes in
der Provence. Mit Jubel wurde er empfangen, von allen
Seiten strömte man ihm entgegen, mit jedem Tage wuchs
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Extrahierte Personennamen: Franz_so Franz Maria_Luise Maria März
Extrahierte Ortsnamen: Europa Europa Wien Wien Frankreich Paris Elba Polen Sachsen Elba Frankreich Elba Cannes
359
Venedig, Istrien und Dalmatien für Oesterreich, doch wurde
der Fluß Etsch als Grenze Oesterreichs im venezianischen Fest-
lande bestimmt. Der Rhein sollte die Grenze zwischen Deutsch-
land und Frankreich bilden; und ersteres verlor dadurch 1200
Quadratmeilen mit fast vier Millionen Menschen. Eine Neichs-
dcputation sollte die am Rhein verletzten Fürsten entschädigen,
was endlich nach französisch-russischer Vorschrift meist durch
weltlich gemachte geistliche Gebiete (Säkularisation) und durch
42 Reichsstädte geschah. Der Reichsdeputationshaupt-
schluß, durch welchen die neue Ordnung der Dinge in Deutsch-
land festgesetzt wurde, kam am 25. Februar 1803 zu Stande.
Preußen erhielt, außer mehreren Reichsstädten und Abteien,
die Bisthümer Paderborn, Hildesheim und Münster als Ent-
schädigung.
Schon im ersten Monat nach dem Luneviller Frieden, am
24. März 1801, wurde der russische Kaiser Paul, der schon
sichtbar sich auf die Seite Bonaparte's neigte, ermordet, und
sein ältester Sohn, Alerander, auf den blutigen Thron
erhoben. — Kurz zuvor wäre auch Bonaparte beinahe das
Opfer einer Verschwörung geworden. Einige Unzufriedene
hatten eine Maschine, bestehend aus einer Pulvertoune, die
auf einen Karren befestigt und mit Kugeln rundum geladen
war, am Abende des 24. Dezember 1800 in einer Straße,
durch welche Bonaparte nach der Oper zu fahren pflegte, auf-
gestellt, um ihn in die Luft zu sprengen. Bonaparte kam an,
aber sein halbbetrunkener Kutscher jagte mit ungewöhnlicher
Schnelligkeit; und als die Explosion dieser sogenannten Höl-
lenmaschine erfolgte, war Bonaparte bereits außer Ge-
fahr. Acht Theilnehmer dieser Verschwörung wurden hingerich-
tet, und eine große Anzahl Verdächtiger aus Paris verwiesen.
Rückkehr der Fcan;osen aus Aegypten. — Kehren wir jetzt
nach Aegypten zurück, wo, wie wir früher hörten, Kleber
(ein Straßburger), den Oberbefehl führte. Dieser ausgezeich-
nete Feldherr hielt den Ruhm der französischen Waffen aufrecht
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Extrahierte Personennamen: Paul Bonaparte
Extrahierte Ortsnamen: Venedig Istrien Dalmatien Oesterreich Oesterreichs Deutsch- Frankreich Rhein Deutsch- Hildesheim Paris
402
Unterhandlung stattfinden könne, bis Napoleon selbst ausge-
liefert sei. Die Gesandten verweigerten zwar die Ausliefe-
rung, „weil seine Person unter dem Schutze der franzöfischen
Ehre stehe," thaten aber auch keine weiteren Schritte für
seine Sicherheit, als daß sie zu Nochefort zwei Fregatten zu
seiner Ueberfahrt nach Amerika bereit halten ließen. Der
Geächtete floh nach Nochefort und ergab sich dort, als er den
Hafen von Engländern gesperrt fand, dem englischen Kapitain
Maitland, Befehlshaber des Linienschiffes Bellerophon. Nur
hundert Tage hatte seine abermalige Herrschaft gedauert.
Wie ein leuchtendes Meteor war er abermals an Frankreichs
Himmel erschienen und verschwunden.
Am 7. Juli zogen die ficgreichen Heere der Verbündeten
zum zweiten Male in Paris ein. Am folgenden Tage traf
auch Ludwig Xviii. ein, von einer kleinen Schar Getreuer
begleitet. Mit ihm schlossen die Verbündeten am 20. Novem-
der 1815 den zweiten pariser Frieden. Frankreich
fand jetzt die frühere Schonung nicht mehr. Es mußte meh-
rere Befitzungen abtreten, so daß es auf den Befitzstand des
Jahres 1790 zurückgeführt wurde; ferner mußte es große
Kriegeskosten zahlen und alle geraubten Kunstschätze wieder
herausgeben. Außerdem ward verfügt, daß ein verbündetes
Heer von 150,000 Mann fünf Jahre, im Falle anerkannten
Wohlverhaltens jedoch nur drei Jahre, auf franzöfischcm
Gebiete eine Reihe der wichtigsten Grenzfestungen besetzen,
und Frankreich für dessen Besoldung jährlich 50 Millionen
zahlen sollte. So endete die Revolution mit der vollständigen
Demüthigung des früher so übermüthigen Frankreichs.
Der heilige Bund. — Und damit nie wieder eine Revo-
lution so namenloses Elend über Europa bringe und Glück
und Wohlstand zahlloser Familien untergrabe, so schlossen die
Monarchen Oesterreichs, Rußlands und Preußens in Folge
der Ereignisse der drei letzten Jahre noch bei ihrer Anwesen-
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Kapitain
Maitland Ludwig_Xviii Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Frankreichs Paris Frankreich Frankreich Frankreichs Europa Oesterreichs
194
in den Laufgräben von einer feindlichen Kugel getroffen. So
starb der weit gefürchtete und bewunderte uordifche Held, erst
sechs und dreißig Jahre alt, der eigentlich nie regiert, sondern
bloß Feldzüge geführt hat. Mit ihm erlosch Schwedens Ansehen
und Ruhm. Im Frieden von Nystadt 1721 mußte es
an Rußland die schönsten Ostseelander, Liefland, Esthland, Inger-
mannland und einen Theil von Karelien abtreten. Preußen be-
kam die Halste von Vorpommern; nur Dänemark ging leer aus.
Am Tage des großen Friedensfestes wurde Peter als Kaiser
aller Reußen feierlich ausgerufen und ihm der Beiname des
Großen zugelegt.
47. Peter des Gr. letzte Lebensjahre.
Während dessen, im Jahre 1716, hatte Peter eine zweite
Reise in's Ausland gemacht, um sich mit den einzelnen Staaten
näher zu befreunden. Seine zweite Gemahlin, Katharina,
— die erste hatte er verstoßen — begleitete ihn bis Holland.
Hier besuchte er mit ihr sein altes Saardam wieder und führte
sie in die Hütte, welche er einst als Peter Baas bewohnt hatte.
Im folgenden Jahre erst verließ er sein Lieblingsland und reifete
nach Frankreich. Zu Paris wurde er auf das zuvorkommendste
empfangen; alle Merkwürdigkeiten der Stadt wurden dem wißbe-
gierigen Fremden gezeigt. Auch besuchte ec Richelieu's Grabmal.
Er betrachtete es mit Rührung, umarmte die Bildsäule und
sprach: „Großer Mann, Dir wollte ich die Hälfte meiner Staaten
geben, könntest Du mich die andere regieren lehren." Eines Tages
kam der kleine, erst siebenjährige König Ludwig Xv. zu ihm.
Mit zwangloser Gemüthlichkeit nahm Peter ihn auf den Arm,
küßte ihn und sagte: „Ich wünsche, Sire, daß Sie wohl auf-
wachsen und löblich regieren mögen; vielleicht werden wir uns
mit der Zeit einander brauchen können." Sechs Wochen hielt er
sich zu Paris auf; dann begab er sich wieder nach Amsterdam
zu seiner dort zurückgebliebenen Gemahlin. Vier Wochen blieb
er noch dort, dann eilte er über Berlin in sein Reich zurück.
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Extrahierte Personennamen: Peter Peter Katharina Peter_Baas Ludwig_Xv. Peter
Extrahierte Ortsnamen: Esthland Karelien Holland Frankreich Amsterdam Berlin
205
Dev östreichischs Erbfolgekrieg. Er währte von
1741 — 1748. In diesen fällt der erste schlesische Krieg, wie
auch der zweite, den wir unten anführen werden; sie sind nur
Theile deselben.
Im Sommer 1741 gingen zwei französische Heere über den
Rhein. Das eine rückte in Hannover ein und zwang den König
Georg Ii. von England, Ostreichs einzigen Bundesgenossen, zu
einem Vergleiche, in welchem er, um sein Kurfürstenthum zu
retten, der Theilnahme am Kriege entsagte. Das zweite Heer
brach mit den Baiern vereint in Ostreich ein, wo der Kurfürst
von Baiern den Titel eines Erzherzoges annahm. Schon war
er der Hauptstadt nahe, schon waren alle Kostbarkeiten aus der-
selben nach Presburg gebracht; da trieb die Eifersucht den Kur-
fürsten von Baiern statt nach Wien plötzlich nach Böhmen. Aus
Furcht nämlich, es mögten die Sachsen, welche bereits in Böh-
men eingedrungen waren, das Land für sich erobern, suchte ec
ihnen zuvorzukommen, nahm schnell Prag ein und ließ sich hier
am 19. Dcc. zum Könige von Böhmen krönen. Im Anfänge
des folgenden Jahres, am 24. Januar 1742, wurde er auch
unter Frankreichs Beistand als Karl Vh. zum deutschen Kaiser
gewählt und drei Wochen spater, am 11. Februar, gekrönt. Im
Wonnerausche des Glückes sah er den Abgrund nicht, an welchen
er gerathen war.
Die junge Kaiserin, von allen Seiten bedrängt und schon
zweier der schönsten Lander beraubt, verlor dennoch den Muth
nicht. Sie vertraucte der Liebe ihrer Unterthanen, und ihr edeles
Vertrauen ward herrlich belohnt. Mit dem Schwerte umgürtet
und ihren Säugling, den nachmaligen Kaiser Joseph Ii. auf dem
Arme, erschien sie zu Presburg mitten in der ungarischen Manner-
versammlung; ihr flehendes Auge glanzte in Thranen. „Eurem
Heldenarme — sprach sie — und Eurer Treue vertrauen wir uns
und unser Kind; Ihr seid der letzte Anker unserer Hoffnung!" Die
Jugend, die Schönheit und das Unglück der Königin machten
einen tiefen Eindruck. Begeistert rissen sammtliche Magnaten
ihre Schwerter aus der 'Scheide, schwangen sie über dem Kopfe
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Extrahierte Personennamen: Georg_Ii Ostreichs Karl_Vh Karl Muth Joseph_Ii
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Hannover England Baiern Ostreich Baiern Baiern Wien Sachsen Frankreichs
330
Napoleon für abgesetzl. Ec befand sich eben zu Fontainebleau,
6 Meilen von Paris, als ihm die Nachricht seiner Absetzung
überbracht wurde. Nach kurzem Aufbrausen gegen den Senat
und die Stadt Paris und nach vergeblichen Versuchen, seinem
Sohne die Krone zu verschaffen, ergab er sich in den Willen der
Sieger und verzichtete am 11. April auf Frankreich und Italien.
Doch erhielt er, mit Beibehaltung seiner Würde, die kleine Insel
Elba im mittelländischen Meere, nebst einem jährlichen Gehalte
von zwei Millionen Franken (533,333 Rthlr.). Die Kaiserin
erhielt die Herzogthümer Parma, Piacenza und Guastalla und
ging mit ihrem Sohne nach Ostreich zurück. Am 20. April
wurde Napoleon nach Elba abgeführt; und am 3. Mai hielt
Ludwig Xviii., der sich seit 1807 in England aufgehalten hatte,
seinen feierlichen Einzug in Paris, um den Thron in Besitz zu
nehmen, von welchem sein Bruder vor zwanzig Jahren auf's
Blutgerüst gestiegen war. Mit ihm schlossen die Verbündeten
am 31. Mai den ersten pariser Frieden, in welchem
Frankreich die Ausdehnung behielt, welche es 1792 hatte. Durch
einen so beispiellosen Beweis von Mäßigung und Großmuth hoff-
ten die Verbündeten den Frieden für Europa fortdauernd zu er-
halten. Wenige Tage nach dem Abschlüsse desselben verließen sie
deshalb Paris.
Eröffnung des Congresses zu Wien; plötzliche
Rückkehr Napoleon's nach Frankreich.
Wahrend der langen Fremdherrschaft aber waren der Besitz-
stand und die übrigen Verhältnisse der europäischen Staaten so
sehr verändert worden, daß schon zu Paris die Monarchen mit
einander verabredeten, auf einem Eongresse ihre Angelegenheiten ge-
meinschaftlich gegen einander auszugleichen und Europa auf einer
neuen Grundfeste zu erbauen. Ostreich hatte der Coalition so
wesentliche Hülfe geleistet, der Kaiser Franz so große Familienopfer
gebracht, indem er selbst den Sohn der Maria Louise preisgegeben,
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Guastalla Napoleon Ludwig_Xviii Ludwig Franz_so Franz Maria_Louise Maria
Extrahierte Ortsnamen: Fontainebleau Paris Paris Frankreich Italien Elba Piacenza Elba England Paris Frankreich Europa Paris Wien Frankreich Europa
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In Hinsicht der Religionsangelegenheiten wurden den Lutherischen und Neformirten gleiche Rechte mit den Katholiken eingeräumt, und zugleich festgesetzt, daß sie alle Kirchen und Kirchengüter behalten sollten, die sie seit dem Jahre 1624 besaßen. Dieses Jahr bekam deshalb den Namen Normaloder Bestimmnngsjahr. Somit war das frühere Restitutions-edict hiermit stillschweigend von selbst aufgehoben. Das Reichs-kamrnergericht sollte zu gleichen Theilen von Katholiken und Protestanten besetzt werden.
Der Friede mit Schweden 51t Osnabrück wurde am 8. August, mit Frankreich zu Münster am 17. September geschlossen, beide Friedensschlüsse aber erst am 24. Oktober 1648 bekannt gemacht. Das Schmählichste für uns Deutsche war, daß die Ausländer, Schweden und Franzosen, anck noch die Gewährleistung unserer Reichsverfasfung und der Friedensbedingungen übernahmen und dadurch Gelegenheit behielten, sich auch ferner in die deutschen Angelegenheiten einzumischen.
So endete dieser Krieg, der unglücklichste, den Deutschland je geführt hat. Nach dreißig Jahren voll Schlachten, Brand, Mord und Seuchen bot unser sonst so blühendes Vaterland einen erschütternden Anblick dar. Tausende von Flecken, Dörfern und Städten lagen nieder in Schutt und Asche, und hei" mathslos irrten die unglücklichen Bewohner umher. In 23öfp men und Mähren allein waren außer vielen Städten und Fleckes über tausend Dörfer also verschwunden, daß man die Stätte vieler gar nicht mehr zu bezeichnen weiß. Ganze Gegenden, einst Sitze des regsten und fröhlichsten Lebens, waren in eins schaurige menschenleere Wüste verwandelt. Felder lagen unan-gebaut, Handel und Gewerbe stockten, Bilbnngsanstalten verwilderten, ober hörten ganz auf, ba sie aller Pflege entbehrten, die einzig auf die Ausrüstung der Heere verwanbt würde. Dagegen vermehrten sich in den wüst geworbenen Gegeuben die wilden Thiere und drangen sogar bis in die Städte. Fast die Hälfte der Einwohner Deutschlands war untergegangen; pest'
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Extrahierte Personennamen: August
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Frankreich Schweden Deutschland Deutschlands