alle übrigen Bewohner Attica's, dcis eine Bevölkerung von einer halben
Million ernährte, waren leibeigene Sclaven. Diese versammelte Volksge-
meinde hatte die höchste Gewalt d. h. das Recht der Gesetzgebung und die
Wabl der Magistrate, das Recht der Entscheidung über Krieg, Frieden,
Bündnisse, das Recht der Besteuerung. Dagegen hatte die Volksversamm-
lung nicht das Recht, Gesetze in Vorschlag zu bringen (die Jniative),
sondern durste nur solche Vorschläge berathen oder zu Gesetzen erheben,
welche schon im Senate oder großen Rathe durchgegangen waren.
Dieser bestand aus 400 durchs Loos und zwar auf ein Jahr erwählten
Volksvertretern, welche wenigstens 30 Jahre alt und durchaus unbescholten
sein mußten. Von diesem Senate und seinen der Reihe nach amtirenden
Ausschüssen (Prytauen) wurden die Regierungsgeschäfte besorgt und die
Gesetzesvorlagen für die Volksversammlung vorbereitet. Die Senatoren führ-
ten auch den Vorsitz in den Volksversammlungen, wo Reden für und ge-
gen die Vorschläge gehalten und durch förmliche Stimmgebung oder durch
Aufheben der Hände abgestimmt wurde. Was aber vom Volke beschlossen
war, bedurfte noch der Genehmigung des Areopags, um Gesetzeskraft
zu erhalten. Dieses war ein uralter, ursprünglich blos peinlicher Gerichts-
hof, dessen Mitglieder aus den jährlich abgehenden Archonten bestanden und
durch Solon die wichtige Aussicht über die Religion, die Gesetze und die
Sitten der Einwohner erhielten. Auch die Archonten ließ Solon fortbe-
stehn als Werkzeuge der Vollziehung der Gesetze und als richterliche Be-
hörde. In außerordentlichen Fällen stand auch dem Volke die richterliche
Gewalt zu, durch den Ostracismus (Scherbengericht, weil die Abstim-
menden auf kleine Scherben oder Muschelschalen schrieben) solche Mitbürger
auf zehn Jahre zu verbannen, welche das republikanische Gleichgewicht be-
drohten. So konnte Solon Senat und Areopag mit zwei Ankern verglei-
chen, an welchen er das bewegte und unruhige Staatsschiff befestigte.
Auch für strenge Ausrechthaltung der Zucht und Sitte, für die körper-
liche und geistige Ausbildung der Jugend, für Hebung des Ackerbaus und
der Gewerbe sorgte der weise Gesetzgeber. Allen Bürgern erlaubte er Hand-
werke zu treiben, und nur der Sohn war verpflichtet seinen Vater im Alter
zu ernähren, den er eine Kunst oder ein Handwerk hatte lernen lassen.
Selbst in den Armen, Kindern, Weibern und Sclaven erkannte Solon die
Menschenwürde an.
Nachdem er das Volk von Athen durch einen Eid verpflichtet hatte,
binnen zehn Jahren nichts an seinen Gesetzen zu ändern, trat er eine
große Reise nach Asien und Aegypten an, fand aber bei seiner Rückkehr
den Staat durch Parteihaß zerrüttet und bald durch Pisistratus in sei-
ner Freiheit bedroht. Ehe dieser jedoch sich mit Hülfe der niedern Volks-
klassen zum Tyrannen von Athen (so nannten die Griechen einen Jeden,
der sieh wider die bestehende Verfassung zum Oberherrn eines Freistaats
auswarf) machte, verließ Solon dasselbe für immer und starb um 501 v.
Chr. llebrigens herrschte Pisistratus unangefochten bis an seinen Tod (528
v. Chr.) mit Mäßigung und Gerechtigkeit, durch Begünstigung des Han-
dels , der Gewerbe und Künste viel Wohlstand und Bildung über Athen
verbreitend. Er gab den Athenern prächtige öffentliche Gebäude, legte die
erste öffentliche Bibliothek an und sammelte Homer's Gesänge, die bis da-
bin nur durch mündliche Ueberlieferung (durch Rhapsoden oder herum-
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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119
Ii. Liberins, Caligula, Claudius, Nero (14 -68 n. Chr.).
Wenn Augustus durch die ruhige Ordnung, welche er schaffte, durch
gesicherte Wohlhabenheit, welche unter jener Ordnung wieder möglich ward,
durch die vielen Werke hoher Kunst und Pracht, mit welchen er Rom zierte,
und dadurch, daß unter ihm die römische Literatur zu ihrer größten Blüthe
kam, es den Römern zweifelhaft machen konnte, ob die neue Herrschaft besser
sei oder die alte Freiheit; so artete dagegen unter den Nachfolgern aus sei-
nem Hause das Kaiserthum zum greuelhaften Despotismus aus. Der heim-
tückische Liberi us vertilgte auch den letzten Schimmer republikanischer Frei-
heit, hob die Volksversammlungen ganz auf und übertrug das dem Volke
entrissene Recht, die Magistratspersonen zu wählen, dem Senate, der mit
feiger Unterwürfigkeit seine grausamen Befehle vollzog. Er gab das s. g.
Majestätsgesetz, wodurch es möglich wurde, auch die unbedeutendsten
Aeußerungen in Wort oder Schrift zu den schwersten Verbrechen zu stem-
peln und als solche zu bestrafen. Nachdem er den von Volk und Heer hoch-
gefeierten Germanicus, seines Bruders Drusus Sohn, durch Gift aus
dem Wege geräumt, ließ er seiner Tyrannei freien Lauf. Seine Gemahlin
Julia ließ er verhungern, selbst seine Mutter Livia behandelte er mit dem
schnödesten Undank. Die letzten zehn Jahre seines Lebens brachte er auf
der Insel Capreä bei Neapel zu, allen Lüsten sröhnend und aus der Ver-
borgenheit die Vollstrecker seiner Schandthaten, wie den Obersten seiner
Leibwache Sejanus, leitend und überwachend. Er starb erdrosselt 37 n. Chr.,
im achtundsiebenzigsten Jahre seines Lebens.
Die Freude über den Tod des alten Tyrannen war groß und schien
um so gerechter zu sein, als des geliebten Germanicus Sohn, Casus Ca-
ligula, den Thron bestieg. Aber nur acht Monate freute man sich über
seine löbliche Regierung; denn aus dem Fürsten wurde bald ein wahnsinniges
Ungeheuer, das in verruchter Selbstvergötterung Anbetung und Opfer ver-
langte, unsinnig verschwendete, indem er den Tribut von drei Provinzen in
einer Nacht verpraßte und vor seinen Mahlzeiten Bäder nahm, die 4000
Thaler kosteten, allen erdenklichen Lüsten fröhnte, mit greuelvoller Wildheit
sich an den Martern der Hingerichteten weidete und den teuflischen Wunsch
aussprach, das ganze römische Volk möchte nur Einen Kopf haben, um es
auf einmal vernichten zu können. Jedoch dauerte die Regierung dieses
Wütherichs nur vier Jahre, da ihn zwei Tribunen der Leibwache ums Leben
brachten (41 n. Chr.).
Der Senat wollte in der ersten Freude über den Tod des Caligula
die Republik wiederherstellen, mußte aber sofort erkennen, daß nicht mehr er,
sondern die kaiserliche Leibwache die Kaiser machte. Denn die Prätorianer
wählten den noch einzigen übrigen Erben des Cäsarischen Hauses, den fünf-
zigjährigen Oheim des Caligula, Claudius, zum Imperator, der auch
jedem Soldaten der Leibwache ein Geschenk von 20,000 Sesterzien machte.
Zu trag und stumpfsinnig, um selbst zu regieren, überließ er die Zügel der
Herrschaft seinen Günstlingen und seiner schändlichen Gemahlin Messalina,
deren Name sprüchwörtlich geworden ist, wenn man die höchste weibliche
Frechheit, Schamlosigkeit und Entartung bezeichnen will. Endlich wurde sie
gestürzt, und der schwache Kaiser verheirathete sich zum vierten Mal mit
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Extrahierte Personennamen: Caligula Claudius Augustus Germanicus Drusus Julia Livia Sejanus Claudius Messalina
120
seiner Nichte, Agrippina, des Germanicus Tochter, welche ihn zu Gun-
sten ihres Sohnes Nero vergiftete (54 n. Chr.).
Auch gelang es der Agrippina, des Claudius Sohn Britanniens zurück-
zudrängen und ihren Sohn erster Ehe, den Nero Claudius, zuerst von
der habsüchtigen Leibwache, dann von dem elenden Senate, endlich von allem
Volke als Imperator begrüßen zu lassen. Dieser Nero gilt in der Meinung
der Menschen als das unübertroffene Vorbild aller schändlichen Tyrannei.
Wenn man auch in den ersten Jahren seiner Negierung glaubte, daß er gut
und menschlich regieren würde, so sah man sich in dieser Erwartung bald
schrecklich getäuscht, besonders seitdem die schöne aber lasterhafte Poppäa
Sabina auf ihn Einfluß gewann. Von dieser Zeit an stürzte er sich aus
einem Verbrechen in das andere, behandelte die entarteten und verächtlich
gewordenen Römer, von deren allgemeiner Sittenverderbniß der damals
lebende Philosoph Sencca eine entsetzliche Schilderung entworfen hat, mit
einer gräßlichen Menschenverachtung und suchte die Furien seines Gewissens
mit immer neuen Schandthaten zu beschwichtigen. Wer nur seinen Lüsten,
seiner Herrschsucht im Wege stand oder seinen Zorn erregte, mußte sterben:
sein Stiefbruder Britannieus, seine Lehrer Burrhus und Seneca, ja seine
Mutter und Schwester. Selbst seine geliebte Poppäa, die er nach der Ver-
stoßung der Dctavia zu seiner Gemahlin erhoben hatte, tödtete er durch einen
Fußtritt. Mit lächerlicher Eitelkeit setzte er seine größte Ehre darein, als
Komödiant, Sänger oder Tänzer vor dem Volke aufzutreten, und wehe dem
Zuschauer, der ihm nicht enthusiastischen Beifall klatschte I In einem mord-
brennerischen Gelüste und in einer verrückten Laune, eine Vorstellung von
dem Brande Troja's zu haben, ließ er im Jahre 64 n. Chr. die Stadt
Rom anzünden und deklamirte bei dem Anblick des gräßlichen Feuermeers
Homerische Verse. Sechs Tage und sieben Nächte dauerte der verheerende
Brand, wobei die schönsten Denkmäler der Baukunst zu Grunde gingen.
Um aber den immer drohender werdenden Verdacht von seiner eigenen Per-
son abzuwälzen, schob Nero die Schuld jener Schandthat auf die in Rom
lebenden Christen, welche damals noch den Römern als eine jüdische Secte
galten und als Verbreiter eines „neuen Aberglaubens," wie der heidnische
Hochmuth das Christenthum nannte, verhaßt waren. Mit der ausgesuchtesten
Grausamkeit wurden dieselben hingerichtet, theils ans Kreuz geschlagen, theils
in die Häute wilder Thiere eingenäht und die Hunde auf sie gehetzt, theils
in Pechsäcke gestoßen und so verbrannt, um als Fackeln in den Gärten des
Kaisers zu leuchten. Zum Neubau der zum großen Theil niedergebrannten
Stadt, des kaiserlichen Palastes und seines Wohnsitzes, des s. g. goldenen
Hauses, schritt er zu unerhörten Gelderpressungen und Brandschatzungen der
Provinzen. Endlich rächten die aufständischen Prätorianer die vierzehn Jahre
lang verhöhnte Welt. Von allen seinen bisherigen Freunden verlassen,
mußte das Ungeheuer in bettelhafter Vermummung aus Rom flüchten und ver-
suchte unter unsäglichem Wehklagen und dem wiederholten Ausrufe: „Welch
ein Künstler stirbt in mir!" sich zu erdolchen, wozu ihm endlich ein Frei-
gelassener behülflich war. Mit dem erst zweiunddreißigjährigen Nero war
Cäsar's Geschlecht gänzlich erloschen (68 n. Chr.). Der Eindruck jener
ersten Verfolgung war übrigens bei den Christen so schrecklich, daß sie auch
nach Nero's Tode nicht an denselben glauben wollten, sondern annahmen,
er werde einst als der Antichrist wiederkommen.
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Extrahierte Personennamen: Agrippina Germanicus Agrippina Claudius_Sohn_Britanniens Claudius Sabina Sencca Britannieus Seneca Poppäa Hochmuth
121
§ 33. Jerusalem's Zerstörung (70 n. Chr.). Titus.
Da mit dem Aussterben des Augusteischen Hauses alle Erbberech-
tigungen wegfielen und die Legionen immer mehr erkannten, daß die höchste
Gewalt bei ihnen stehe, so glaubte jedes Heer ohne Unterschied seinen An-
führer als Imperator oder Cäsar Augustus (woher der Name Kai-
ser) begrüßen zu können. Somit waren, wenn die Einheit des Reichs
fortbestehen sollte, bei fast jeder Thronveränderung Thronfolgekriege unver-
meidlich. So starben in den anderthalb Jahren nach Nero's Tode drei
Kaiser: Galba, Otho und der Schlemmer Vitellins, der vor dem
hungernden Volke in vier Monaten 42 Millionen Thaler verfraß, eines
gewaltsamen Todes, von welchen der erste durch die spanischen, der letzte
durch die rheinischen Legionen zum Kaiser ausgerufen worden war.
Als diese Dinge im Westen des Reichs vorgingen, wurde der Feldherr
Titus Flavius Vespasianus, welcher mit seinen Legionen eben vor
dem aufständischen Jerusalem lag, von seinem Heere zum Kaiser ausgerufen
(69 n. Chr.). Auch die Legionen an der Donau erklärten sich für ihn und
brachen zum Sturz des Vitellius gegen Italien und Rom auf. Vespafian
überließ die Belagerung der jüdischen Hauptstadt seinem Sohne Titus und
reiste nach Alexandrien, wo er des Vitellius Ermordung und seine Anerken-
nung von Senat und Volk erfuhr.
Unterdessen setzte Titus den Krieg in Judäa fort, und das prophetische
Wort, welches der Erlöser einst weinend über Jerusalem gesprochen, ging
bald in Erfüllung. Unter Herodes Agrippa I. nämlich, Hcrodes des
Großen Enkel, war Palästina wieder auf einige Zeit vereinigt gewesen
(37 — 44 n. Chr.), aber nach seinen: Tode war die Verwaltung fast des
ganzen Landes wieder an die Römer übergegangen und dem jugendlichen
Agrippa Ii. erst im Jahre 53 n. Chr. ein kleiner Theil des väterlichen
Reichs, das Nordost-Jordanland, eingeräumt worden. Die römischen Land-
pfleger zu Cäsarea übten wieder harten Druck und schürten das unter
der Asche glimmende Feuer der Empörung. Falsche Messiasse traten auf
und erhitzten die Einbildungskraft des unterdrückten Volks, viele Juden zogen
sich in die Wüsten und Höhlen zurück und die Zahl der Eiferer (Zeloten),
die den Verzweiflungskampf wagen wollten, ward immer größer. Endlich
loderte unter dem tyrannischen Landpfleger Gessius Florus (65 n. Chr.)
der Aufruhr in hellen Flammen auf. Dazu drängte die pharisäische Par-
tei der Zeloten, welche den großen Hausen mit immer wilderen Hoffnungen
auf einen Messias, einen Führer zu Sieg, Beute und Herrschaft, fanatisir-
ten und auch die Verbindung mit jenen Räubern und Meuchelmördern in
den Wüsten und Höhlen nicht verschmähten. Gegen diese Partei, welche
bald ganz Jerusalem innehatte, erhob sich eine andere römisch gesinnte,
sadducäische Partei, und es kam zum Bürgerkriege. Noch vor Ausbruch
desselben, noch ehe die Adler geflogen kamen, um sich über dem
Aase zu schaaren, hatte der Herr seine Taube, die Christeilgemeinde gebor-
gen. Sie war aus Jerusalem nach Pella am todten Meere gezogen, wo
König Arctas von Arabien ihr eine Freistätte einräumte. Endlich erschien,
vom Kaiser Nero zur Unterdrückung des bedenklichen Aufstandes gesendet,
Vespasian mit einem ausgesuchten Heere, eroberte Galiläa (68 n. Chr.) und
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Extrahierte Personennamen: Titus Cäsar Augustus Galba Otho Schlemmer_Vitellins Titus_Flavius_Vespasianus Titus Titus Palästina Agrippa Gessius_Florus
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Donau Italien Rom Judäa Jerusalem Jerusalem
123
steht zu Rom bis auf den heutigen Tag der große steinerne Triumphbogen,
der für diesen feierlichen Siegeszug gebaut worden ist, und auf der Gedächt-
nißmünze, welche zu Ehren dieses Siegs geschlagen wurde, sieht man die
Tochter Zions trauernd unter einem Palmbaume sitzen, und die Umschrift
lautet: Judæa victa (das besiegte Judäa). — Wohl mögen Einzelne, von
dem tieferschütternden Gottesgerichte über die heilige Stadt und den Tempel
betroffen, im Glauben den Herrn erkannt haben, dessen Blut über Die,
welche ihn an das Kreuz geschlagen hatten, und über ihre Kinder gekommen
war; allein die Masse des übriggebliebenen Volkes blieb ungebeugt und
ungebrochen, und durch dasselbe ging fort und fort ein tiefes Gefühl der
Rache und des bittersten Ingrimms, das bald wieder in den Flammen neuer
Empörungen aufschlug. So gegen das Ende der Regierung Kaiser Hadrian's,
als ans den Trümmern Jerusalems eine dem Jupiter geweihte römische
Coloniestadt (Aelia Capitolina) gegründet worden war und ein vorgeblicher
Messias Bar Kochba (Sohn des Sterns) durch seine Helden- und Greucl-
thaten bis nach Syrien hin Schrecken verbreitete. Erst nach drei Jahren
konnte der Aufstand gedämpft werden, Bar Kochba fiel in der Schlacht
(135 n. Ehr.). Abermals war eine unzählbare Menge Juden durch Hun-
ger, Pest, Feuer und Schwert umgekommen, Palästina schrecklich verwüstet
und den Juden bei Todesstrafe verboten, die Stadt Jerusalem zu betreten;
nur am Jahrestage ihrer Zerstörung durften sie von den fernen Bergen sie
sehen und beweinen.
Seit jener Zeit lebt Israel unter allen Völkern der Erde zerstreut und
wandelt durch die Jahrhunderte der Geschichte als ein lauter Zeuge von der
Gerechtigkeit und der Wahrhaftigkeit Gottes wie in seinen Verheißungen, so
in seinen Drohungen, zugleich allen Völkern zum Denkmal, daß sie ein um
so unbarmherzigeres Gericht erfahren werden, je größere Gnadengüter sie
verscherzt haben.
§ 34. Herculannm's und Pompeji's Untergang (79 n. Chr.).
Kaiser Vespasian der Strenge führte zehn Jahre lang das
Staatsrudcr mit kräftiger Hand. Er war als Privatmann mäßig, als Rich-
ter gerecht, als Feldherr glücklich. Von ihm rührt das große Colosseum
in Rom hei, ein steinernes Theater, in welchem 80,000 Menschen Platz
hatten, und das noch jetzt zu sehen ist. Ihm folgte sein Sohn Titus
der Menschenfreund, der von seinen Zeitgenossen die Wonne des
Menschengeschlechts genannt wurde, und der jeden Tag für verloren hielt,
an dem er nicht Jemandem eine Wohlthat erwiesen hätte. Unter seiner nur
dreijährigen Regierung (79 — 81 n. Chr.) ereigneten sich viele schwere Un-
glücksfälle, besonders ein schreckliches Erdbeben, welches, während der Vesuv
seine feurigen Fluthen ausströmte, die blühenden Städte Herculanum,
P o m p e j i und S t a b i ä in Campanien, in der Gegend des heutigen Nea-
pels, verschlang.
Das letztere große Naturereigniß, bei dem der wißbegierige Naturforscher
Plinius der Aeltere seinen Tod fand, ist uns von einem Augenzeugen,
seinem Neffen, Plinius dem Jüngern, in zwei Briefen an den Ge-
schichtschreiber Tacitus näher beschrieben worden. Der Vesuv hatte, schreibt
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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128
den Zeugentod am Kreuze (107 n. Chr.), und der treffliche Bischof Ig-
natius von Antiochien wurde nach einem Verhör Leim Kaiser auf dessen
Befehl gefesselt nach Rom geschickt und dort öffentlich von wilden Thieren
zerrissen (116 n. Chr.).
An seinem Vetter und Landsmann P. Aelius Hadrianus (117 bis
138 n. Chr.) hatte Trasan einen würdigen Nachfolger. Hadrian 'gab die
Eroberungen jenseit des Euphrats wieder auf und sicherte das römische Bri-
tannien gegen die Einfälle der Picken und Scoten durch eine 16 Meilen
lange Mauer zwischen dem Meerbusen von Solway und dem Tyneflusse.
Des jüdischen Aufstands unter Bar Kochba, der auch gegen die Christen
grausam wüthete, haben wir schon oben gedacht.
Dem Hadrian folgte sein Adoptivsohn Antoninus Pius (derfromme,
kindlich Gesinnte), der während seiner dreiundzwanzigjährigen friedlichen Negie-
rung (138— 161) die Leiden seiner Unterthanen nach Kräften zu mildern suchte,
welche durch mancherlei öffentliche Unglücksfälle, Hungersnoth, Ueberschwem-
mungen, Erdbeben und verheerende Feuersbrünste zu Rom, Antiochia und Kar-
thago über sie gekommen waren. Bei solchen Landplagen wurde es fanatischen
Heidenpriestern leicht, unter dem Vorgeben, daß die Christen daran Schuld
wären und die Rache der Götter auf die Erde herabzögen, die Volkswuth
zu Verfolgungen gegen sie aufzustacheln. Wenn in heißen Himmelsstrichen
durch Negenmangel eine Dürre entstand, wenn in Aegypten der Nil die
Felder nicht befruchtete, wenn in Rom die Tiber überschwemmte, bei jedem
Erdbeben, jeder Hungcrsnoth, bei jeder ausbrechenden Pest hieß cs, wie der
berühmte nordafrikanische Kirchenlehrer Tertullian im zweiten Jahrhundert
schreibt: „Mit den Christen zu den Löwen!"
Unter Antonin's des Frommen Nachfolger, Marcus Aurelius An-
toninus, dem Philosophen (161—180), brach ein Sturm der bar-
barischen Grenzvölker auf das Reich los, der an die Gefahren erinnerte,
welche einst die Cimbern und Teutonen gebracht hatten. Dazu kamen noch
schreckliche Naturereignisse und Unglücksfälle, Pest, Ueberschwemmungen und
Erdbeben, welche dem Kaiser hinreichende Gelegenheit gaben, seine Herrscher-
thätigkeit und seine Neigung zum Wohlthun zu beweisen. Am gefährlichsten
für Rom waren damals die Völkerbewegungen am Rhein und an der mitt-
leren Donau, wo ein großer Bund deutscher Völkerschaften gegen das Reich
in den Waffen stand. Dieser Bund und der Krieg, der gegen ihn geführt
wurde, hieß der markomannische (167). Die Markomannen verheerten Pan-
nonien und drangen plündernd bis Aguileja vor. In mehreren Feldzügen
wurden sie zwar geschlagen, aber nicht besiegt. Wie zahlreich schon damals
die Christen im römischen Heere waren, geht aus der denkwürdigen Sage
von der Do nn erlegt on (legio fulminatrix) hervor, nach welcher in dem
Kriege gegen die Markomannen (174 n. Chr.) das Gebet der christlichen
Soldaten in dieser Legion, als einst der Wassermangel, die drückende Hitze
einen großen Theil des vom Feinde in eine quellenlose Gegend gelockten und
eingeschlossenen Heeres hinwegraffte, Regen und ein furchtbares Gewitter
herbeigeführt, dadurch den Feind geschreckt und den Kaiser aus der drohen-
den Gefahr errettet haben soll. Uebrigens war Mark Aurel eben zu Vin-
dobona an der Donau (Wien) damit beschäftigt, die Nordgrenze des Reichs
gegen die Einfälle der Barbaren auf eine dauernde Weise zu sichern, als
ihn der Tod hinwegraffte (180 n. Chr.).
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gab er den Bitten der Freunde nach und flüchtete sich auf ein nahes Land-
haus. Hier auf diesem Landhause betete der Bischof inbrünstig für die
ganze Kirche. Als ihm das Haus nicht mehr sicher zu sein schien, floh
er nach einem andern, und auch hier, von einem der Folter unterliegenden
Sclaven verrathen, hätte er sich noch auf den Söller eines anstoßenden
Hauses retten können, allein mit den Worten: „Der Wille des Herrn ge-
schehe ! “ — überlieferte er sich den Polizeidienern. Aus dem Wege zur Stadt
kam ihm der Polizeimeister mit seinem Vater entgegen, nahm ihn freundlich
von seinem Esel zu sich aus den Wagen und redete ihm zu, den Kaiser
seinen Herrn zu nennen und zu opfern. Ernst schweigend hörte der Bischof
zu, als sie aber heftiger in ihn drangen, erklärte er rund heraus: „Ich
werde nicht thun, was ihr mir rathet." Da ergrimmten die beiden und
stießen ihn mit harten Worten aus dem Wagen hinans, so daß er sich
am Fuße verletzte. Polycarp setzte seinen Weg zum Proconsul fort und
von diesem aufgefordert, seines hohen Alters zu schonen, bei dem Genius
des Kaisers zu schwören und Christo zu fluchen, sprach er das entschieden
abweisende Wort: „Sechsundachtzig Jahr habe ich nun Christo gedient, und
nie hat er mir Uebles gethan, wie könnte ich ihm fluchen meinem Herrn und
Heilande!“ Nachdem der Proconsul ihm noch mit den wilden Thieren
und dem Feuertode umsonst gedroht hatte, gab er endlich dem wüthenden
Volksgeschrei nach und verurtheilte ihn zum Scheiterhaufen, wozu das Volk
und besonders die Juden eifrig Holz berbcitrugen. So endete Polycarp
mit noch elf andern Christen aus Philadelphia. Dies geschah um das
Jahr 167. — Die Gemeinde sammelte seine Gebeine, die ihr kostbarer
waren als Gold und Edelsteine, und setzte sie an dem geziemenden Orte
bei, in der Hoffnung, sich in heiliger Freude an seinem Grabe zu versam-
meln und das Geburtsfest seines Märtyrerthums zu feiern, zum Gedächtniß
Derer, welche den guten Kampf ausgekämpft haben, und zur Vorbereitung
Derer, welche ihn noch kämpfen sollen. — So erzählt die Gemeinde von
Smyrna den Hingang ihres Bischofs in einem Rundschreiben an die andern
Christengemeinden.
§ 36. Das römische Reich von Commodus bis zum Tode Con-
stantin's des Großen (180 — 337).
I. Die römischen Kaiser von Commodus bis auf Alexan-
der Severus (180 — 235 n. Chr.). — Die Sassaniden
226 n. Chr.).
Das Glück, welches Rom seit Nerva's Zeiten genossen hatte, endete
jetzt auf eine schmachvolle Weise; denn es war nicht hervorgegangen aus
Tugend und volksthümlicher Kraft, sondern hatte abgehangen von dem gu-
ten Willen der Herrscher. Mit dem Commodus (180— 192), des
Mark Aurel unwürdigem Sohne, welcher die Regierung seinen niedrigen
Günstlingen überließ, als römischer Hercules bei den Thier- und Fechter-
kämpfen öffentlich 375 mal auftrat und gegen die Besten des Volks mord-
süchtig wüthete, begann die Zeit wieder finster zu werden. Der alte Sol-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn]]
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TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T181: [Rom Kaiser Sohn Stadt König Nero Romulus Jahr Tarquinius Tod], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Ernst Polycarp Christo Christo
Zweite Periode des Mittelalters.
Vom Tode Karl's des Großen bis ans den ersten Kreuzzug (814—io%).
§ 50. Allgemeiner Ueberblick dieser Periode.
In Spanien hatte der Ommajade Abderrahruan I., welcher
allein der Ausrottung seines Geschlechts durch die Flucht entgangen war,
zu Cordova ein eignes Chalisat gestiftet (756), das im zehnten Jahr-
hundert unter Abderrahman Iii. (912 — 961) zum höchsten Wohlstände,
zahlreicher Bevölkerung und schöner Blüthe des Ackerbaues, der Gewerbe,
der Künste und Wissenschaften sich erhob. Das Land südlich vom Duero
zählte damals 80 Städte, darunter Cordova, das über eine Million Ein-
wohner, 600 Moscheen, einen königlichen Palast mit 4300 Marmorsäulen,
80 öffentliche Schulen und eine Universität mit 60,000 Bänden enthielt.
Selbst Christen aus verschiedenen Ländern Europa's zogen nach Cordova,
um sich dort Kenntnisse zu holen. Allein die Westgothen, welche vor der
arabischen Uebermacht in die Gebirge Asturiens und Galiciens sich geflüchtet
hatten, ließen den Sarazenen nimmer Ruhe und dehnten im beständigen
Kampfe mit denselben ihre Herrschaft immer weiter aus. Schon im achten
Jahrhundert hatte sich dort unter Alphons I. ein christlicher Staat
gebildet, der unter Garcias (910) den Namen Königreich Leon erhielt.
Aus der spanischen Mark, welche Karl der Große erobert hatte, ging unter
andern christlichen Staaten das Königreich Navarra hervor, mit welchem
Sancho der Große im Anfange des elften Jahrhunderts durch eine
Heirath Castilien vereinigte. Allein durch Erbtheiluug zersplitterte sich
dieser christliche Staat wieder in die kleinen Königreiche Navarra, Ara-
gon ien und Castilien mit Leon (1035). Aber auch das Chalisat
gcrieth in Verfall durch den Abfall arabischer Statthalter, welche eigene
kleine Reiche gründeten, so daß im Kampf mit Alphons Vi. von Castilien
die Araber den König Jussef von Marokko zu Hülfe rufen mußten (1087).
Dieser kam auch mit einem Heere nach Spanien, riß aber die meisten ara-
bischen Provinzen an sich und vereinigte sie mit Marokko. Das arabische
Spanien stand von da an unter der Dynastie der Almoraviden, denen
es 50 Jahre später von den aus Afrika kommenden Almohaden wieder
entrissen wurde. In den Kämpfen der christlichen Spanier mit den Mauren
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
TM Hauptwörter (100): [T89: [Stadt Spanien Insel Land Jerusalem Reich Afrika Jahr Araber Herrschaft], T33: [Stadt Meer Italien Neapel Hauptstadt Rom Insel Genua Spanien Land]]
TM Hauptwörter (200): [T45: [Spanien Stadt Portugal Granada Madrid Valencia Königreich Ebro Provinz Hauptstadt], T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk]]
Extrahierte Personennamen: Alphons_I. Garcias Leon Karl_der_Große Karl Alphons_Vi
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zucht von Regensburg aufbrach. Zu Preßburg au der Donau, in der un-
garischen Mark, hielt er, umgeben von allen seinen Streitern , noch einen
glänzenden Reichstag, ordnete noch einmal Alles an, wie es in seiner Ab-
wesenheit sollte gehalten werden, und nahm einen letzten, feierlichen Abschied
von seinem Sohne Heinrich, dem er das Reich übertragen hatte. Unan-
gefochten gelangte er bis an die Grenzen des griechischen Reichs, auf dessen
Throne damals der feige und arglistige Jsaac Angelus saß. Er hatte
sich aus Furcht vor den Kreuzfahrern sogar mit dem Sultan Saladin ver-
bündet und suchte dem deutschen Heere allen Schaden zuzufügen. Aber
Friedrich, dem es leicht gewesen wäre, das ganze griechische Reich über
den Haufen zu werfen,, zog, wie ein gewaltiger Riese aus das zwcrghafte
Geschlecht blickend, mit großartiger Ruhe seinem Ziele zu und ließ sein
Heer durch die Griechen nach Kleinasien übersetzen (1189). Auch in Klein-
asien umschwebte der Blick des großen Feldherrn schützend das Heer, und
es gelangte mitten durch das feindliche Land wohlbehalten bis nach der
Stadt Seleucia am Saleph (Kalykadnus) in Cilicien. Aber hier kam ein
ungeheures Unglück über dasselbe: dem jugendlich ungeduldigen Kaiser
dauerte der Uebergang über die eine Brücke zu lange, und er warf sich
mit seinem Rosse in den Strom, um so das jenseitige Ufer schneller zu
erreichen. Das Wasser war kalt, wie Eis, und hatte einen jähen und
raschen Fall. Da erfaßte der Strudel den greisen Kaiser, mitten im Was-
ser verließen ihn die Kräfte, er erstarrte, und die zu Hülfe eilenden Seinen
brachten nur seinen Leichnam an das Ufer (10. Juni 1190).
Die Kunde dieses Todes wirkte auf das ganze Heer auflösend und
erschütternd. Viele eilten sogleich in die Heimath zurück; die Uebrigen
führte des Kaisers tapferer Sohn, Friedrich von Schwaben, in tiefer
Trauer nach Antiochia. Dort bestatteten sic die Gebeine des Kaisers feier-
lich in der Kirche des heiligen Petrus, fern von dem deutschen Heimath-
lande. Sein Herz hatten sie beigesetzt zu Tarsus, der Stadt des Apostels
Paulus. Aus dem weitern Zuge erlitten sie noch große Verluste und lang-
ten in einem jammervollen Zustande vor Ptolemais (St. Jean d'acre)
an, welches gerade damals von den Kreuzbrüdern unter dem wieder frei-
gegebenen Könige Guido belagert wurde.
Das deutsche Volk wollte es gar nicht glauben, daß sein großer Kaiser
gestorben sei, und hing noch lange mit gläubiger Verehrung an seinem Na-
men. An diesen Namen knüpfte sich auch die Sage, nach welcher Friedrich
im Kyffhäuser-Berge in der goldenen Aue in Thüringen schläft: Da sitzt
er das Haupt auf den Arm gestützt, und sein rother Bart ist ihm durch
den steinernen Ti'ch gewachsen; einst aber, wenn das deutsche Volk in
höchster Noth ist und die Raben nicht mehr um den Berg fliegen, wird er
aufwachen und dem Lande wunderbare goldene Tage bringen.
Nach mancherlei Abentheuern erreichten auch die Könige von Frankreich
und England, Philipp August und Richard Löwenherz, zu Schiffe die
syrische Küste und schlossen sich den Belagerern von Acre an, zu dessen Ent-
satz Saladin herbeigeeilt war. Richard gewann durch seine großen ritter-
lichen Tugenden, seine begeisterte Religiosität, durch Kühnheit und Löwen-
wuth, ja selbst durch seinen rohen Trotz bei der Eroberung von Acre
(1191) einen so großen Ruf, daß Philipp August voll Unmuth und Eifer-
sucht in die Heimath zurückkehrte. Die Deutschen, im tiefen Volksgefühl
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T128: [Kaiser Heer Reich Stadt Jahr Alexander Rom Zug Tod Konstantinopel], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Saladin Friedrich Friedrich Friedrich_von_Schwaben Friedrich Apostels Paulus Jean Guido Friedrich Friedrich Philipp_August Philipp August Richard_Löwenherz Richard Philipp_August Philipp August
Extrahierte Ortsnamen: Regensburg Donau Kleinasien Seleucia Saleph_(Kalykadnus Cilicien Antiochia Frankreich England
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war. Traf der Bann einen Regenten, so war er für abgesetzt erklärt und
die Unterthanen durften ihm nicht länger gehorchen. Wer dem Gebannten
anhing oder ihn schützte, verfiel in dieselben Strafen. Wurde der Kirchen-
dann auf ein ganzes Land ausgedehnt, so hieß er Interdikt. Während
der Dauer des Jnterdicts hörten alle kirchlichen Handlungen auf, nur mit
Ausnahme der Taufe. Keine Glocke durfte geläutet und das Abendmahl
selbst den Sterbenden nicht gereicht werden; die Beerdigungen mußten ohne
kirchliche Gebräuche vollzogen, aller Kirchenschmuck verhüllt oder entfernt
werden. Ein ganzes Gebiet mußte dann für irgend einen in feiner Mitte
begangenen oder geduldeten Frevel büßen, und selten vermochte das Volk
diesen drückenden Zustand lange zu ertragen.
Derjenige Papst, welcher das Papstthum zum denkbar höchsten Gipfel
der Macht und des Glanzes brachte, war Innocenz 111. aus dem erlauch-
ten römischen Hause der Conti, ein geistvoller und willensgewaltiger Mann,
der, gebildet auf den Hochschulen zu Rom, Paris und Bologna, noch im
kräftigen Mannesalter zum Haupte der Kirche erhoben wurde und dieselbe
von 1198—1216 regierte. Als Gottes- und Rechtsgelehrter einer der
ersten seiner Zeit, stand er an Frömmigkeit, sittlichem Ernst, an Begeiste-
rung und Hingebung für die Kirche im Sinne des Papstthums einem
Gregor Vh. nicht nach, an Gelehrsamkeit, Scharfblick und Gewandtheit
ihn noch übertreffend. Als das sichtbare Oberhaupt der Christenheit griff
er in alle Staaten Europas, ja bis nach Konstantinopel hin, ordnend und
richtend ein. In seinem Leben streng, war er ein Rächer jeglichen Un-
rechts, ein Vater der Wittwen und Waisen und als Stellvertreter des höch-
sten Versöhners, oft ein Vermittler des Friedens zwischen Völkern und
Fürsten. Selbst arm und einfach lebend, sammelte er ungeheure Schätze
zur Verwirklichung seiner geistlichen Weltherrschaft, wobei er seinen Ruhm
freilich arg befleckte durch fein unchristliches und unmenschliches Verfahren
gegen die s. g. Ketzer. Wie wir in der Geschichte des Hohenstaufen Kaiser
Friedrich's Ii. sehen werden, trachtete Innocenz Iii. vor Allem dahin, den
päpstlichen Stuhl durch Befestigung des Kirchenstaats, durch Befreiung Ita-
liens von ausländischer Herrschaft und Trennung Neapels und Sieiliens
von Deutschland politisch unabhängig zu machen. Nächftdem waren die
Rettung der Kirche im Morgenlande, die Bevormundung des christlichen
Staatenvereins, die Ausrottung der Ketzer und die strenge Ordnung der
Kirche die Hauptgedanken seines Lebens. Davon ist ihm auch Vieles ge-
lungen, und Dicht hat noch einmal durch ihn die gebildete Welt beherrscht.
Vor ihm, der den Thron der Deutschen nach Gutdünken besetzte, neigten
sich, wenn auch noch so unwillig, alle königlichen Häupter: einen König,
Alphons Ix. von Leon, zwang er durch Bann lind Interdikt, seine
gesetzwidrige Ehe mit seiner Nichte aufzulösen; Philipp August von
Frankreich mußte seine verstoßene Gemahlin Jngeburgis, die Schwester des
Dänenkönigs Kanut, wieder annehmen; die Könige Peter Ii. von Ara-
gonien und Johann von England erklärten ihre Reiche für zinsbare
Lehen des römischen Stuhls. Am Ende seiner Tage, im Rückblick auf das
glorreiche Werk seines Lebens, versammelte Innocenz Iii. um sich die Re-
präsentanten der Christenheit auf der glänzenden vierten Lateransynode
(der zwölften ökumenischen 1215), wo die Gesandten fast aller christlichen
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T158: [Papst Kaiser Iii Vii Gregor Heinrich Rom Friedrich Italien Jahr], T148: [Kirche Macht Staat Deutschland Kampf Frankreich Reich Reformation Zeit Gewalt], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
Extrahierte Personennamen: Innocenz Conti Ernst Gregor Innocenz_Iii Innocenz Alphons_Ix Leon Philipp_August_von
Frankreich Philipp August Jngeburgis Peter_Ii Johann_von_England Johann Innocenz_Iii Innocenz
Extrahierte Ortsnamen: Rom Paris Bologna Europas Konstantinopel Neapels Deutschland