88
Das war die erste Aussaat zu der fruchtbaren Entwickelung
und Fortbildung aller übrigen Freiheiten und Rechte des Volkes.
Es entstand jetzt ein geregelter Kampf mit den Patriciern um
Gleichheit aller Rechte und Pflichten. Die Tribunen waren die
unermüdlichen Vorkämpfer und Anführer in diesem Streite. Hat-
ten sie anfangs nur den Schild vorgehalten zur Abwehr des
feindlichen Angriffes, so ergriffen sie bald das Schwert selbst
zum Angriffe und führten das Volk von Sieg zu Sieg, bis auch
das letzte Bollwerk eingestürzt war, welches die beiden Stände
bis dahin von einander getrennt hatte.
§. 20. (äuvjus Marcius Coriolanus. 488.
Der Erste, welcher die furchtbare Macht dieser plebejischen
Schutzobrigkeit erfahren mußte, war der Patricier Eaj. Marcius,
der durch die Eroberung der volskischen Stadt Eorioli sich den
Beinamen Coriolanus erworben haben soll. Durch den Auszug
des Volkes nach dem heiligen Berge und durch die ewigen Kriege
mit den benachbarten Staaten war der Feldbau unterblieben, und
dadurch eine Hungersnoth in Rom entstanden. Der Senat hatte
zwar in der Umgegend einiges Getreide aufkaufen lassen; aber
dieses war bei weitem nicht zureichend gewesen für den Bedarf.
Endlich kamen große Schiffe voll Getreide aus Sicilien an.
Hiero, der König von Syrakus, hatte hiermit der nothleidenden
Stadt ein Geschenk gemacht. Nun entstand im Senate die Frage,
wie mit der Austheilung desselben zu verfahren sei. Einige Se-
natoren thaten den menschenfreundlichen Vorschlag, es unentgeld-
lich oder doch zu einem ganz geringen Preise unter die Armen
zu vertheilen. Andere aber bestanden darauf, es so theuer als
möglich zu verkaufen, um das trotzige und verwegene Volk zu
züchtigen. Am weitesten ging Coriolan. Er behauptete, man
müsse die gegenwärtige Roth benutzen, um das Volk zu zwingen,
das Tribunal wieder abzuschaffen und die auf dem heiligen Berge
geschlossenen Verträge zu vernichten. Es sei besser, gar nicht zu
regieren, als die Herrschaft mit dem Pöbel zu theilen. Die
Tribunen, welche bei den Verhandlungen gegenwärtig waren,
hörten seine freventlichen Worte. Die Zurückhaltung eines Ge-
schenkes und der Mißbrauch der Roth schien ihnen ein empören-
des Unrecht, und sie verklagten ihn beim Volke. Das Volk
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142
eigene Verfassung und waren zu Beiträgen an Geld und Mann-
schaft verpflichtet.
4. Planzstädte (coloniae). Wie Rom früher Kolonisten
aus den eroberten Städten in sich aufnahm, so verpflanzte es
später aus seiner eigenen Mitte eine Menge Bürger in die
neuen Eroberungen, um dieselben zu schirmen2). Die Ausfüh-
rung (deductio) einer solchen Kolonie geschah nach einem Volks-
beschluß auf Antrag des Senats. Die Kolonisten selbst wurden
theils aus Freiwilligen genommen, theils durch das Loos bestimmt.
Sie zogen, gewöhnlich dreihundert an Zahl, unter Anführung
besonderer Curatoren, mit militärischem Gepränge nach der Stadt
ab, in welcher sie angesiedelt werden sollten. Hier mußte man
ihnen einen bestimmten Theil der Feldmark, gewöhnlich den drit-
ten, abtreten. Sie bildeten hier die herrschende Klasse und stan-
den zu den alten Einwohnern fast in demselben Verhältnisse,
wie zu Rom die Patricier zu den Plebejern. Überhaupt stellte
eine solche Kolonie ein Bild Roms im Kleinen dar. Wie in
Rom zwei Consuln, so standen auch hier zwei Männer (duum
viri) an der Spitze der Verwaltung. Um aber die alten Ein-
wohner mit der neuen Kolonie und hiedurch mit Rom selbst en-
ger zu verbinden, so ward ihnen das Recht der Ehe und des
Verkehrs mit denjenigen Städten untersagt, mit welchen sie früher
in Verbindung gestanden hatten. Außer den römischen Kolonien
(00i. eivium Uom.) gab es and) Latinisd)e (col. Lalinae), wel-
che die Römer aus Bürgern ihrer Bundesgenossen, der Latiner,
stifteten. Wie die römischen Kolonisten das römische Bürgerrecht
behielten, so auch die latinischen die besonderen Rechte ihrer
Mutterstadt. Kurz vor dem Anfänge des zweiten punischen Krie-
ges belief sich die Gesammtzahl der Kolonien auf dreiundfünfzig.
Zur Zeit des Sulla entstanden auch Militär-Kolonien,
zur Belohnung für verabschiedete Soldaten.
5. Freie Prüfecturen waren solche Municipien, in
welche für die Rechtspflege jährlich von Rom aus ein Prüftet
(praeleetus juri dicundo) geschickt wurde. Dieser besorgte in
der Stadt und auf dem Gebiete desselben das gesammte Ge-
2) Coloniae non tam oppida Italiae, quam »propugnacula imperii.
Cic. Rull. Ii. 27.
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256
semem eigenen Sohne. Zwanzig Jahre hindurch hatte er unter
wechselndem Glücke aber mit stets gleichem Muthe den Römern
kräftigen Widerstand geleistet und war ihnen furchtbar geblieben
bis an fein Ende. Sofort eilte Pompejus mit dem Heere nach
Amisus im Pontus, und ließ die Leiche des Mithridates in der
Königsgruft von Sinöpe beisetzen. Der unnatürliche Sohn er-
hielt zur Belohnung das Königreich Bosporus. Gleich einem un-
umschränkten Herrscher durchzog der Sieger Asien und ordnete die
Angelegenheiten desselben. Das Land Pontus nebst Paphlagonien
und Bithpnien wurde in einer Provinz, unter dem Namen B i -
thpnien, vereint. Im Jahre 61 kehrte er über Griechenland
nach Rom zurück und feierte hier einen zweitägigen Triumph
mit noch nie gesehener Pracht. Große Tafeln, die in dem Zuge
mit aufgeführt wurden, enthielten das Verzeichniß der Länder,
über welche er triumphirte, und besagten, daß er 1000 feste
Schlösser, fast 900 Städte und 800 Schiffe erobert, 30 Städte
neu gegründet und den Schatz mit 20,000 Talenten berei-
chert habe.
§. 62. Die Catilinarische Verschwörung. (65—62). Cicero.
Während Pompejus noch in Asien stand und durch seine
Siege den Glanz und den Schrecken des römischen Namens über
alle Länder und Völker verbreitete, wäre Rom selbst durch die
Catilinarische Verschwörung beinahe zu Grunde gegangen. Es
war nämlich in Folge der Bürgerkriege und durch den wilden
Sturm der Proscriptionen das Sittenverderbniß zu einer unglaub-
lichen Höhe gestiegen. Raubsucht, Schwelgerei, Aufwand und
Verschwendung nahmen Überhand; und je hastiger die Menschen
ihr eigenes Vermögen verschleuderten, desto mehr dursteten sie
nach dem der Nebenmenschcn; und da dieser Durst nur durch
den Umsturz aller bestehenden Verhältnisse gestillt werden konnte,
faßten sie auch den Entschluß hiezu. Die anarchischen Wüh-
lereien griffen immer weiter um sich. Bei einem solchen Zu-
stande der Dinge hatten die Guten Alles zu fürchten, die Schlech-
ten Alles zu hoffen. Zu den letztem gehörte L. Sergius Ca-
tilina^); er selbst war der Lenker und Führer derselben. Die-
') Zur Geschichte der Catilinarischen Verschwörung vergl. S allust' s
Monographie: bellum Catilinarium; und die 4 Reden des Cicero gegen
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Extrahierte Personennamen: Sergius_Ca-
Extrahierte Ortsnamen: Königreich_Bosporus Asien Griechenland Rom Asien Rom
282
Nach Beendigung dieses Krieges kehrte Cäsar nach Rom
zurück und ward mit neuen und unerhörten Ehrenbezeugungen
überhaust. Man ordnete ein vierzigtägiges Dankfest an, über-
trug ihm die Dictatur auf zehn Jahre und die Censur unter dem
Titel eines Sittenrichters (pruekeetns moribus) auf drei Jahre.
Er hielt an vier verschiedenen Tagen eben so viele Triumphe,
über Gallien, Ägypten, Pontus und Afrika; und indem er in
denselben durch die Größe seiner Thaten, die Neuheit der be-
zwungenen Völker und die außerordentliche reiche Beute die Au-
gen Aller blendete; gewann er sich die Gemüther durch eine
grenzenlose Milde und Freigebigkeit. Lange Zeit hindurch wur-
den Festlichkeiten und Spiele aller Art veranstaltet, insbesondere
Thierhetzen, Wettrennen, Gladiatorenkämpfe und Seegefechte
(Naumachien). Zum Erstaunen der schaulustigen Menge er-
schienen eines Tages in der Rennbahn vierhundert Löwen und
zum ersten Mal ein Giraffe. Außerdem wurde das Volk mit
Geld, Getreide und E>l beschenkt und an 22,000 Tischen be-
wirthet. Insbesondere wurden seine Krieger bedacht, die ihm zu
dieser Höhe verholfen hatten; sie erhielten eine reiche Belohnung
an Geld und Ländereien. Die Vornehmen in Volke wußte
er durch Verleihung von Würden und Ämtern an sich zu fesseln
und vermehrte deshalb auch die Zahl der Mitglieder des Senats
auf neunhundert. Selbst seine Gegner suchte er durch Milde
und Schonung zu gewinnen und so Alle mit seiner Alleinherr-
schaft zu versöhnen. Dann ging er an das ernste Geschäft der
Gesetzgebung, ordnete das Gerichtswesen, beschränkte den Auf-
wand sowie die Dauer der Amtsführung und suchte durch diese
und andere zweckmäßige Anordnungen eine dauernde Ruhe und
Ordnung im Staate zu begründen >J.
Auch beförderte er Künste und Wissenschaften, deren geist-
reicher Freund und Kenner er selbst war und entwarf zur Ver-
besserung der Zeit- und Jahresrechnung, mit Hülfe des aleran-
0 In Bezug auf die Verordnungen, die er gegen den Luzms und
Aufwand erließ, mußten jedoch die glänzenden Hoffeste auffallen, die er
selbst zur Ehre seiner ägyptischen Freundin, der Königin Cleopatra, gab, *
welche Monate lang in Rom verweilte und durch ihr üppiges und stolzes
Benehmen großen Anstoß gab.
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296
geführt. Nt ach solchen blutigen Schauspielen schrie das entartete
Volk eben so laut, wie nach Brod. Und was ließ sich Gptes
von den Kindern hoffen, die ein so schlechtes Beispiel der Er-
wachsenen täglich vor Augen hatten, und deren Erziehung ver-
dorbenen griechischen Sklaven überlassen war!
Das schlimmste war noch, daß zu Rom Jeder, und war er
auch noch so verdorben, das Recht hatte, in die Versammlung
auf dem Markt zu kommen und hier über die wichtigsten Ange-
legenheiten des Staates, über Krieg und Frieden, über die Be-
setzung der höchsten Ehrenämter, seine Stimme zu geben. Wer
ihm schmeichelte, wer ihm Gewinn versprach, dem gab er sie ohne
Bedenken. Der Verkauf der Stimmen ward bald ein gewöhnli-
cher Erwerb. So ward es einzelnen reichen und mächtigen
Bürgern möglich gemacht, ihre Hand nach dem Herrscherstabe
auszustrecken und dieses ehrsüchtige Streben durch eine wohlbe-
zahlte Volkspartei durchzusetzen.
Selbst der sonst so achtbare Senat konnte der Bestechlichkeit
nicht widerstehen. Der Krieg mit Jugurtha liefert einen trau-
rigen Beleg hinzu.
102. Krreg mit Jugurtha. 118 bis 105 vor Chr.
Marius.
Jugurtha, der an Kindes Statt angenommene Enkel des
Mafinissa, sollte sich mit seinen beiden Vettern Hiempsal und
Adherb al das numidische Reich theilen. Er aber, der nicht
einen Theil, sondern das Ganze wollte, fiel wie ein Raubthier
zuerst den Hiempsal an und tödtete ihn, dann auch dessen Bruder.
Seine Gesandten gingen unterdeß in Rom mit vollen Beuteln
bei den Senatoren umher und besänftigten ihren Amtszorn. Als
aber ein Tribun die feige Bestechlichkeit des Senates rügte, und
schon eine drohende Gährung unter dem Volke sich zeigte, wurde
endlich ein Heer nach Afrika gegen den Kronräuber abgeschickt^
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273
aller Rechte und Pflichten. Ihre Schirmvögte, die Volkstribunen,
waren die unermüdlichem Vorkämpfer und Anführer in diesem
Streite und führten das Volk von Sieg zu Sieg, bis auch das
letzte Bollwerk eingestürzt war, welches die beiden Stände von
einander getrennt hatte. Anfangs waren der Volkstribunen
zwei, dann fünf, später wurden sie bis auf zehn vermehrt.
Ihnen wurden zwei Gehülfen, Aednen genannt, zugesellt,
welche die Aufsicht über die öffentlichen Plätze, Gebäude, Straßeil
führen, Wucher und Uebertheuerung verhüten sollten. Diese
bildeten demnach eine Art von städtischer Polizeibehörde.
86. Coriolanus (488).
Der junge Patricier Casus Marcius Coriolanus
war der erste, welcher die furchtbare Gewalt dieser plebejischen
Schutzobrigkeit erfahren mußte. Durch die Entweichung des
Volkes auf den heiligen Berg und durch die ewigen Kriege mit
den benachbarten Staaten war der Feldbau unterblieben und
dadurch eine Hungersnoth in Rom entstanden. Der Senat hatte
zwar in der Umgegend einiges Getreide ankaufen lassen; aber
dieses war bei weitem nicht zureichend gewesen. Endlich kamen
große Schiffe voll Getreide aus Sicilien an. Hiero, der König
von Syrakus, hatte hiermit der nothleidenden Stadt ein Geschenk
gemacht. Run entstand im Senate die Frage, wie bei der Aus-
theilung desselben zu verfahren sei. Die meisten Senatoren
waren der Meinung, man muffe einen Theil davon an das
Volk verschenken, oder doch um einen sehr geringen Preis ver-
kaufen. Da aber trat der junge feurige Coriolanus auf und
stellte den Antrag, man sollte es dem Volke nur unter der
Bedingung geben, daß es die Tribunen wieder abschaffe, die
täglich anmaßender und herrschsüchtiger würden. „Mag doch
der Pöbel," rief er unter Anderem mit bitterem Hohne, „wieder
nach seinem heiligen Berge oder nach einem sonst beliebigen
Hügel ziehen; wir wollen sehen, wer ihn abermals zurückruft!"
Hierüber gerieth das Volk in Wuth. Es verlangte Bestrafung
Weiter'- Wcltgcsch. I. 24. Aufl. Itz
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270
grausame Hülfe bei diesem. Für das Geld, welches er auf-
nahm, mußte er hohe Zinsen zahlen, und wcnn er diese nicht
gerade -an dem bestimmten Tage entrichtete, seine Ländereien
selbst an den Gläubiger abtreten. Nachdem er nichts mehr zu
verpfänden hatte, verkaufte der Arme, um nur das Leben zu
erhalten, seine eigenen Kinder als Sklaven, und endlich, als
auch dieses Mittel erschöpft war, borgte er aus seinen eigenen Leib.
Gegen diesen abscheulichen Menschenhandel war noch kein Ge-
setz vorhanden; nichts hielt die grausame Habsucht der reichen
Patricier in Schranken. Sie sperrten ihre Schuldner in Ge-
fängnisse, verurtheilten sie zur Zwangsarbeit unter blutigen
Geißelhieben, oder zur abdienenden Leibeigenschaft. Das war
das Schicksal der Streiter für die Freiheit und Herrlichkeit des
Vaterlandes, selbst solcher, die in mehr als zwanzig Schlachten
tapfer gefochten und verdiente Ehrenzeichen in Menge aufzu-
weisen hatten. Wie hätten sie in den Jubel der Patricier über
den Untergang der Tyrannen mit einstimmen können, da eben
die Patricier von dem Tage der Freiheit ab ihre und ihrer
Kinder Tyrannen wurden!
Der Dictator (501). — Die gemeinsame Noth schlang
ein engeres Band um die Plebejer. Als damals die Latiner,
angereizt von Tarquinius, feindlich gegen Nom anzogen, wei-
gerten sie sich, ergrimmt über die unmenschliche Behandlung
von Seiten der Patricier, die Waffen zu ergreifen. Es schien
ihnen thöricht, einen Tyrannen abzuwehren, um hunderte
zurückzubehalten. Da waren die Patricier in der äußersten
Verlegenheit; jedoch wußten sie sich endlich zu helfen. Die
Consuln und alle übrigen Beamten legten jetzt ihre Stellen
nieder. Sie ernannten einen Dictator oder Befehlshaber
mit unumschränkter Macht, die er jedoch nicht über sechs Mo-
nate behalten sollte, damit sie nicht in eine vollständige Allein-
herrschaft ausarte. Vier und zwanzig Lictoren schritten mit
Beilen und Ruthen vor ihm her und stellten die große unge-
theilte Gewalt zur Schau. Er selbst ernannte sich einen Ober-
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351
80,000, der Circus maximus 250,000 Zuschauer. Ausge-
zeichnet waren auch die Säulenhallen (Porticus), die Bassins
für Seegefechte, die Bäder (Thermen), Triumphbogen, Ehren-
säulen, Wasserleitungen re.
Der Aufwand einzelner Bürger ging über alle Beschreibung.
Selbst das Meer wurde eingeengt, um die Wohnungen dahin
zu erweitern, der Marmor hierzu aus weit entlegenen Ländern
mit vielen Kosten herbeigefahren. Lucullus, der aus Kera-
sunt (Kerisonte) in Asien die ersten Kirschbäume für seine Lust-
gärten mitbrachte, ließ Berge ebenen, -Seen ausgraben, um
Seefische im Meerwasser mitten im Lande halten zu können.
Einst lud er den Cicero und Pompejus zu einem Gastmahle
ein, dessen Werth Cicero selbst auf 10,000 Thaler anschlug;
und dennoch entschuldigte sich der Haushofmeister des Lucullus
mit der geringen Anrichtung, weil die Tafel zu spät bestellt
sei. Seefische in großen Teichen nahe am Meere zu füttern,
war eine stehende Liebhaberei geworden. Dem Hirrus kostete
seine Fischerei jährlich 200,000 Thaler. Eben so groß war
die Verschwendung in anderen Sachen. Hortensias, der selbst
seine Bäume mit Wein begoß, hinterließ noch 10,000 Eimer
von dem köstlichsten Chierweine. Crassus hielt sogar nur den
für reich, welcher ein ganzes Heer auf eigene Kosten unter-
halten könne. Attlcus, Cicero's Freund, 'hatte von seinem
Vater etwa 100,000 Thaler geerbt und hieß dennoch nur ein
Mann von geringem Vermögen. Luxusartikel wurden aus
allen Weltgegenden verschrieben. Nicht das Einfache und Na-
türliche, sondern das Seltene gefiel; überall sollte die Kunst die
Natur verdrängen. Ein einziger fremder Fisch kostete oft mehr
als ein fetter Ochs. Die Häuser der Großen wimmelten von
Sklaven aller Art; diese waren zum Behufe verschiedener Dienste
ordentlich in Familien eingetheilt. Die Landhäuser mußten be-
sondere Zimmer mit besonderen Einrichtungen für jede Jahres-
zeit haben; die herrlichsten Bildsäulen der Götter und Helden
Griechenlands dienten zum Schmucke ihrer Gärten.
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224
Fr das Geld, welches er aufnahm, mute er hohe Zinsen zahlen, und wenn er diese nicht gerade an dem bestimmten Tage entrichtete, seine Lndereien selbst an den Glubiger abtreten. Nachdem er nichts mehr zu verpfnden hatte, verkaufte der Arme, um nur das Leben zu erhalten, seine eigenen Kinder als Sklaven, und endlich, wann auch dieses Mittel erschpft war, borgte er auf seinen eigenen Leib. Gegen diesen abscheu-lichen Menschenhandel war noch kein Gesetz vorhanden; nichts hielt die grausame Habsucht der reichen Partricier in Schranken. Sie sperrten ihre Schuldner in Gefngnisse, vernrtheilten sie zur Zwangsarbeit unter blutigen Geielhieben, oder zur abdienenden Leibeigenschaft. Das war das Schicksal der Streiter fr die Freiheit und Herrlichkeit des Vaterlandes, selbst solcher, die in mehr als zwanzig Schlachten tapfer gefochten und verdiente Ehrenzeichen in Menge aufzuweisen hatten. Wie htten sie in den Jubel der Patricier der den Untergang der Tyrannen mit einstimmen knnen, da eben die Patricier von dem Tage der Freiheit ab ihre und ihrer Kinder Tyrannen wurden!
Der Dictator (501). Die gemeinsame Roth schlang bald ein engeres Band um die Plebejer. Als damals die Latiner, angereizt, wie es heit, von Tarquinius, feindlich gegen Rom anzogen, weigerten sie sich, ergrimmt der die unmenschliche Behandlung von Seiten der Patri-cier, die Waffen zu ergreifen. Es schien ihnen thricht, einen Tyrannen abzuwehren, um hunderte zurckzubehalten. Da waren die Patricier in der uersten Verlegenheit; jedoch wuten sie sich endlich zu helfen. Die Consuln und alle brigen Beamten legten jetzt ihre Stellen nieder. Sie ernannten einen Dicttor oder Befehlshaber mit unumschrnkter Macht, die er jedoch nicht der sechs Monate behalten sollte, damit sie nicht in eine vollstndige Alleinherrschaft ausarte. Vier und zwanzig Victoren schritten mit Beilen und Ruthen vor ihm her und stellten die groe ungeteilte Gewalt zur Schau. Er selbst ernannte sich einen O b er-sten der Ritterschaft (magister equitum), der seine Befehle auszufhren hatte. Keine Berufung an die Volksversammlung war gestattet. Diese neue Wrde kam im Jahre 501 auf. Titius Lartlus bekleidete sie zuerst, nach ihm Postumms, dessen wir oben erwhnten. Spter wurde sie noch oft erneuert, und zwar vorzglich in drohenden Gefahren des Staates, wenn schleunige Entschlieung und Ausfhrung nthig war.
Das erschrockene Volk ergriff jetzt die Waffen und trieb die Feinde zurck. Aber statt den verdienten Lohn fr feine neuen Anstrengungen
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Tiberius Gracchus (133). Ein so trauriger Zustand mute auf die Dauer nothwendig eine vllige Auflsung des Staates herbei-fhren. Daher entschlo sich ein edeler, von der reinsten Liebe zu seinem Vaterlande erfllter Mann, demselben durch Verbesserung der klglichen Lage des Volkes eine glcklichere Zukunft zu sichern. Dieser edele Mann war der Tribun Tiberius Gracchus, ein Enkel des lteren Scipio Asricanus. Im Jahre 133 vor Chr. brachte er ein altes, vor zweihun-dert Jahren von den Tribunen Licinlus und Sexttus gegebenes Acker-, gesetz wieder in Vorschlag, das durch allgemeine Uebertretung lngst in Vergessenheit gekommen war. Hiernach sollte nunmehr kein Brger der fnfhundert Morgen vom Gemeindeland besitzen, alles brige drftigen Familien in kleinen Loosen als Eigenthum angewiesen, den frheren Besitzern jedoch fr die auf die Verbesserung der Grundstcke verwendeten Kosten aus der Staatskasse eine Entschdigungssumme gezahlt werden. Allein sein so billiger als rechtlicher Antrag zu Gunsten des notleidenden Volkes fand bei den neuen begterten Adeligen den heftigsten Widerspruch. Voll Wuth berfielen sie ihn auf dem Eapitol, wo er eben eine heftige Rede gegen sie hielt, erschlugen ihn nebst drei-hundert seiner Genossen, schleiften feinen Leichnam durch die Straen - und strzten ihn zuletzt in den Tiberstrom.
Cajus Gracchus. Jedoch mit dem Tiberius fiel seine Sache nicht. Zehn Jahre nachher trat sein jngerer Bruder, Cajusgrac-chus, in der Vollmacht eines Tribunen auf, um das Werk des Erschla-genett zu vollenden. Dieser erneuerte auch den Vorschlag, den Bundes-genossen Roms das Brgerrecht zu ertheilen, auf welches diese wegen so vieler Aufopferungen von Gut und Blut billige Ansprche htten. Hierber kam es zu neuen, noch blutigeren Auftritten. Brger fochten gegen Brger, der dreitausend Anhnger des Volksmannes bten das Leben ein, auch Cajus kam im wilden Getmmel um und der Kopf des Unglcklichen wurde mit Gold aufgewogen (121). Vergebens war in diesem neuen Freiheitskampfe das Blut so vieler Tapferen geflossen. Weder die Staatslndereien wurden vertheilt, noch die italischen Vlkerschaften mit dem Brgerrechte beschenkt. Jedoch war der Partei-geift und das Bewutsein wohlerworbener Rechte schon zu sehr angeregt, als da diese ganz wieder htten unterdrckt werden knnen. Schon im Jahre 88 vor Chr. hatten sich die italischen Völker in einem blutigen Kriege, der unter dem Namen des Buudesgenossen-Krieges,
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