Qitdj m Griechenland einfhren, wenn man nur erst Seiden-wurmer habe. Es hielt aber schwer, diese zu erhalten, da jene Bolfer bte Ausfuhr bicfer so ntzlichen Thiere verboten hatten. Auf des Kaisers Befehl unternahmen die beiden Mnche eine zweite Reise in jene Lnder. Jm.jahre 555 kamen sie zurck und brachten heimlich in ihren hohlen Wanderstben Eierchen von der Seidenraupe mit, die glcklich auskrochen. Nun war das Geheunni entdeckt, und der Seidenbau ward mit Eifer begeben. Der Kaiser selbst lie mehre Seibenfabriken anlegen, die bald tn Flor kamen. Bis in's zwlfte Jahrhundert blieb tu Europa Griechenland allein im Besitze dieser neuen Erwerbs-quelle. Dann kam der Seidenbau in Folge der Kreuzzge nach Unteritalien und verbreitete sich von bort allmlig nach Oberttalien, Spanien, Frankreich und beu brigen Lnbern.
Unter der Negierung des Justinian sollen sich aber auch die ersten Menschenblattern gezeigt haben, die so lange ver-Heerend wtheten, bis enblich durch die glckliche Entdeckung des englischen Arztes Jenner am Ende des achtzehnten Jahr-Hunderts dieser Pest durch Einimpfung der Kuhpocken Grenzen gesetzt werden konnten.
7. Alboin, König der Longobarden, in Italien (568),
Aber nicht lange whrte der Griechen Herrschaft der ganz Italien. Bereits fnfzehn Jahre lang hatte Narses der Ver-waltung des Landes mit eben so groer Umsicht als Kraft vorgestanden; da ward er das Opfer der Verlnmdnng. Die Groen am Hofe von Constantinopel waren hchst eiferschtig auf ihn und schwrzten ihn so arg bei der Kaiserin an, da sie vor Zorn ihn durch ein Schreiben voll der bittersten Krn-kunaen von seinem Posten abrief. Er knne," hie es unter andern in diesem Schreiben, - jetzt nur wieder nach Eonsmnttnopel zum Spinnrocken unter die Weiber zurckkehren wo er ja auch wohl besser an seiner Stelle sein wrbe." Entrstet der fo unverdiente, schmachvolle Krnkung, sprach er
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Extrahierte Personennamen: Jenner
Extrahierte Ortsnamen: Griechenland Europa_Griechenland Unteritalien Spanien Frankreich Italien Italien Constantinopel
316
deshalb, die Mexicaner htten ihre Schtze versteckt. Vor Wuth lieen sie die vornehmsten Einwohner auf die Folter spannen, um sie durch die grausamsten Marter zum Gestndnisse zu bringen. Selbst Guatimozin wurde gefesselt und mit einem seiner Vertrau-ten der glhende Kohlen gelegt. Als dieser in seiner Oual wim-merte und znckte, sprach Guatimozin mit Ruhe und Wrde: Freund, sieh' her, liege ich denn hier auf Rosen!" Guatimozin wurde halbtodt von dem glhenden Roste herabgenommen und bald darauf als Feind der Spanier ffentlich hingerichtet.
Cortez ward nun zum Statthalter des eroberten Landes er-nannt, welches den Namen Neuspanien erhielt. Er verfuhr mit emprender Grausamkeit, um Unterwrfigkeit und Gehorsam zu erzwingen. Einst lie er, heit es, sechzig Kaziken (kleine Fr-steu) und vierhundert andere vornehme Mexicaner lebendig ver-brennen. Das eroberte Land wurde unter die Spanier vertheilt, von denen jeder noch eine Anzahl Mexicaner als Sklaven erhielt.
Doch bald verlor auch Cortez das Zutrauen seines Kniges*) und ward in seiner Statthalterschaft sehr beschrnkt. Mimuthig verlie er deshalb seine Stelle und ging aus neue Entdeckungen aus. Im Jahre 1536 entdeckte er noch die groe Halbinsel Ca Ii-fornien, das heutige Goldlaud. Einige Juhre darauf kehrte er nach Spanien zurck, wurde aber am Hofe so kalt aufgenom-men und hatte so viel Krnkungen zu leiben, da der Gram hierber feinen Tod beschleunigte. Er starb zu Sevilla 1547, im zwei und sechzigsten Jahre seines Alters.
Erste Reise um die Welt. In demselben Jahre, in welchem Cortez zur Eroberung Mexicos auslief, unternahm Ma-gelh-ens die erste Reise um die Welt. Magelhens war ein erfahrener portugiesischer Seefahrer und hatte schon unter dem Könige Emanuel sich rhmlich ausgezeichnet. Statt der gehofften Belohnung aber hatte er nur Undank gefunden. Er verlie daher
*) Es herrschte damals der Spanien Karl I., der im Jahre 1519 cinch zum deutschen Kaiser erwhlt wurde und als solcher Karl V. hie. Er war der Enkel und Nachfolger Ferdinand des Katholischen.
I
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- 115 -
gemacht, und die arglistigen Kunstgriffe und Betrügereien ihrer
Feinde, und schloß, die Hand auf der Bibel, mit den Worten:
„Was den Tod der Königin, Eurer Gebieterin, aubetrifft, so
nehme ich Gott zum Zeugen, daß ich nie nach demselben
strebte und nie in denselben willigte."
Hinrichtung dcr Maria Stuart (1587). — Der achte Fe-
bruar 1587 war der Tag ihrer Hinrichtung. Die Nacht zu-
vor brachte sie größtentheils im Gebete zu. Um acht Uhr
Morgens trat ein Diener in ihr Gemach und zeigte ihr an,
daß die Stunde geschlagen habe. „Ich bin bereit!" war die
Antwort, und ihr Auge ftralte Frieden. Sie bat flehentlichst
um einen Priester, der sie auf des Lebens letztem Gang be-
gleite; allein auch diese Tröstung ward ihr versagt. Mit
einer Miene voll Ruhe und Majestät durchschritt sie die Halle,
die zu dem Saale führte, wo das Blutgerüst aufgeschlagen
war. Sie hatte ihre reichste Kleidurig angelegt, wie sie sich
für eine verwittwete Königin geziemte. Um den Hals trug
sie eine Kette, an der ein goldenes Kreuz befestigt war, am
Gürtel hing ein Rosenkranz. In ihrer Hand hielt sie ein
Crucifir von Elfenbein. Auf dem Wege fand sie ihren Haus-
hofmeister Melville, dem seit mehreren Wochen der Zutritt zu
ihr verboten war. Der alte treue Diener fiel in die Kniee
und weinte laut auf. Sie bot ihm liebreich die Hand. „Klage
nicht," sprach sie, „ehrlicher Mann, freue dich vielmehr; denn
du wirst das Ende sehen von Maria Stuart's Leiden. Die
Welt, mein lieber Melville, ist nur Eitelkeit, und ein Meer
von Thränen würde nicht hinreichen, ihre Trübsale zu bewei-
nen. Gott vergebe denen, die seit so langer Zeit nach mei-
nem Blute dursten, wie der Hirsch nach der Quelle." — Dann
brach sie in Thränen aus und sprach: „Lebe wohl, guter Mel-
ville, lebe wohl!"
Als sie die Blutbühne bestiegen hatte, trat der Dechant
von Peterborough zu ihr und ermahnte sie im Namen der
Königin Elisabeth, die katholische Religion abzuschwören.
8*
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Extrahierte Personennamen: Maria_Stuart Maria Maria_Stuart's Maria Peterborough
231
Aufenthalte begab er sich durch Holland über Dresden nach
Wien. Als er eben im Begriffe war, auch Italien zu besu-
chen, erhielt er die Nachricht von einer neuen Empörung der
Strelitzen. Ergrimmt eilte er nach Moskau zurück und hielt,
da der Aufruhr selbst durch seinen General Gordon bereits
gedämpft war, ein furchtbares Gericht. Der größte Verdacht
fiel wieder auf seine Schwester Sophie. Da sie aber jede
Thcilnahme ableugnete, zog er wüthend sein Schwert und
würde sie niedergestoßen haben, hätte sich nicht ein Kammer-
mädchen dazwischen geworfen, laut schreiend: „Halt, cs ist deine
Schwester!" Bei diesen Worten entfiel dem Czar das Schwert.
Er dankte dem Mädchen, daß cs ihn vor einer Blutschuld be-
wahrt habe. Er ließ aber, zu einer furchtbaren Warnung, vor
ihrem Kloster acht und zwanzig Galgen aufrichten und hundert-
fünfzig Schuldige aufhenkcn. Unter diesen wurden drei, welche
überführt waren, sie in einer Bittschrift zur Besteigung des
Thrones eingeladen zu haben, vor den Fenstern ihrer Zelle,
mit der Bittschrift in den Händen, aufgeknüpft. Fast zwei-
hundert fielen als Opfer der Empörung; die unruhige Schar
der Strelitzen ward ganz aufgehoben.
Nicht lange nachher starb Le Fort. Der Tod dieses ed-
len Mannes versenkte den Czar in tiefe Trauer. Nun ward
Menzikow sein Liebling. Er war der Sohn eines Land-
mannes in der Nähe von Moskau, und hatte früher in den
Straßen mit Backwerk gehandelt. Le Fort, dessen Aufmerksam-
keit er als ein munterer und kluger Bursche auf sich zog, hatte
ihn zu seinem Diener angenommen; dann aber, als er aus-
gezeichnete Talente verrieth, ihn für den Staatsdienst heran-
gebildet. Er nahm ihn mit sich auf Reisen und machte ihn
auf alles Wichtige aufmerksam. Dieser neue Günstling des
Czar schwang sich von Stufe zu Stufe empor; er wurde in
der Folge erster Minister, Feldmarschall und Herzog; fast alle
europäischen Höfe beeiferten sich, diesen mächtigen Günstling
des russischen Kaisers durch glänzende Ehrenbezeugungen sich
geneigt zu machen. Aber eben so tief sank er am Ende wieder.
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Extrahierte Personennamen: Gordon
Extrahierte Ortsnamen: Holland Dresden Wien Italien Moskau Moskau
50
Bürgermeister Knipperdolling selbst übernahm hierbei die Stelle
des Scharfrichters. Das Volk zitterte, wenn der Schneider-
könig in voller Majestät durch die Straßen daherzog. In der
Rechten trug er das goldene Scepter, sein scharlachrother
Mantel blitzte von Gold und Juwelen. Ihm zur Seite gingen
schön geschmückte Edelknaben, die ein Schwert, eine Bibel, den
Reichsapfel und die Krone feierlichst vortrugen. Eine große
Schar bewaffneter Trabanten bildete die Leibwache.
'Der König erließ den Befehl, sein neues Reich Israel
durch die Gewalt des Wortes und der Waffen über den ganzen
Erdkreis auszubreiten. Und sofort wurden zu diesem Zwecke
Apostel nach allen Weltgegenden ausgesandt. Fast alle aber
wurden, statt Bürger sür das neue Reich zu gewinnen, vom
Schwerte der Gerechtigkeit erreicht.
Das Belagerungsheer des Bischofes und einiger benach-
barten Fürsten machte unterdessen nur geringe Fortschritte.
Um so verderblicher aber wüthete der Hunger unter den Auf-
rührern, und die Grausamkeit des Königs, der jeden Tag mit
Hinrichtungen bezeichnete. Der ärmere Theil des Volkes,
welcher schon mit Wurzeln, Kräutern, Rinden und Baumblät-
tern sich behelfen mußte, umschwärmte mit bleichen, hohläugigen
Gesichtern den König, wenn er in seiner Pracht und Herr-
lichkeit durch die Straßen zog, und heulte um Vrod. Endlich
erbarmten sich zwei Bürger der unglücklichen Stadt. Sie
öffneten heimlich in der Nacht dem Belagerungsheere des
Bischofs und seiner Verbündeten die Thore, und die Aufrührer
erlagen nach verzweiflungsvoller Gegenwehr. Rottmann fiel
im Kampfe, der König Johann von Leiden, wie auch sein
Scharfrichter Knipperdolling und sein Minister Krechting
wurden in ihren Verstecken ergriffen, unter großen Martern
hingerichtet, und ihre Leichname in eisernen Käfigen, der König
in der Mitte, an dem höchsten Thurm der Stadt aufgehängt.
Das war der Ausgang des Aufruhres. Diese Vorgänge
hatten die völlige Unterdrückung der Reformation und die
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Extrahierte Personennamen: Apostel Rottmann Johann_von_Leiden Johann Knipperdolling
108
aber war ein sonderbares Gemisch von Tugenden und Fehlern.
Gegen das gemeine Volk war sie äußerst leutselig und herab-
lassend und suchte auf alle Art die Gunst desselben zu gewinnen.
Leute aus deu niedrigsten Ständen hatten zu jeder Zeit freien
Zutritt zu ihr; weder ihre Zudringlichkeit, noch ihre rohen
Sitten schienen sie zu beleidigen. Sie nahm ihre Bittschriften
mit vergnügter Miene an, dankte ihnen für ihre Versicherung
von Anhänglichkeit und ließ sich mit ihnen in's Gespräch ein,
so daß Jeder mit der größten Bewunderung seine Königin
verließ. Gegen die Großen des Reiches aber trat sie mit
stolzer Würde auf, um ihnen den Abstand recht fühlbar zu
machen. Von dem Gepränge, mit dem sie öffentlich auftrat,
erzählt ein Zeitgenosse, der sie sah, wie sie sich eines Sonn-
tages aus ihren Gemächern in die Kapelle begab: „Zuerst
erschien eine Menge Edelleute, Grafen, Barone und Ritter;
dann kam der Kanzler mit den Siegeln zwischen zwei Lords,
die Schwert und Sccpter trugen. Ihm folgte Elisabeth, und
wohin sie blickte, fielen die Anwesenden auf ihre Kniee. Hinter
ihr kam ein langer Zug weiß gekleideter junger Damen, und zu
beiden Seiten stand eine Reihe Edclleute in reichen Uniformen
und mit vergoldeten Streitäxten." Sie war überhaupt sehr
eitel und herrisch; selbst im vorgerückten Alter hörte sie noch
gern, wenn man sie mit der Venus an Schönheit, mit der Mi-
nerva an Klugheit und mit der Diana an Sittsamkeit verglich.
Vermählt war sie nie. Obschon mehrere Fürsten, beson-
ders der König Philipp Ii., sich um ihre Hand bewarben, so
wies sie doch jeden Antrag zurück. Sie liebte die Freiheit
und erklärte einst im Staatsrathe: „sie rechne es sich zur Ehre,
wenn einst auf ihrem Grabsteine die Worte ständen: „Hier
ruhet die jungfräuliche Königin!"
Mit Elisabeth's Thronbesteigung endete der Triumph der
Katholiken. Unter der Negierung ihrer Schwester hatte sie sich
zum katholischen Glauben bekannt; sogleich nach dem Antritte
ihrer eigenen Negierung aber verbot sie den katholischen Gottes-
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth Philipp_Ii Philipp
112
Dieser suchte sie auf alle mögliche Weise gegen ihren Gemahl
aufzureizen und machte ihr am Ende sogar den Vorschlag,
sich von jenem zu scheiden und mit ihm sich wieder zu verbin-
den. Maria aber wies diesen Vorschlag mit Würde zurück,
und es schien fast, als hatten jene boshaften Umtriebe die
Aussöhnung mit ihrem Gemahle befördert. Denn als dieser
einige Zeit nachher erkrankte, reifete sie sogleich zu ihm und
Pflegte seiner mit aller Sorgfalt und Liebe. Bothwell, der
sich hiedurch in seinen schönsten Hoffnungen getäuscht sah, faßte
alsdann den Entschluß, die Trennung durch Gewalt herbei-
zuführen. In einer Nacht, in welcher sie gerade ihren kranken
Gemahl verlassen hatte, um dem Vermählungsfefte einer ihrer
Kammerfrauen beizuwohnen, flog der königliche Palast mit
schrecklichem Getöse in die Luft. Das Volk strömte erschrocken
hinaus, suchte den König und fand ihn nebst seinem Bedienten,
der mit ihm in demselben Zimmer schlief, todt in einem an-
liegenden Garten. Allgemein gab man Bothwell für den Ur-
heber dieses Verbrechens an; und weil Jeder wußte, wie lange
der König und die Königin in Unfrieden gelebt hatten; so er-
regte dies natürlich den Verdacht, Maria selbst könne eine
geheime Mitschuldige des Mordes sein. Allein sie war un-
schuldig an dem Verbrechen. Bothwell selbst gab später auf
dem Sterbebette nur sich und noch einige andere als die Ur-
heber an. Maria zeigte auch bei dem unglücklichen Ende ihres
Gemahles die aufrichtigste Trauer.
Bothwell hatte aber seinen verwegenen Plan nur erst zur
Hälfte ausgeführt; denn die Ermordung des Königes sollte
nur das Mittel zu seiner eigenen Vermählung mit der Wittwe
desselben sein. Um dieses zu bewerkstelligen, leitete er eine
neue Verschwörung ein und benutzte zur Ausführung derselben
den Tag, an welchem sie nach einem ihrer Lustschlösser auf
dem Lande ritt, um ihren kranken Sohn Jakob, den nach-
maligen König von Schottland, zu besuchen. Sie war eben
auf dem Rückwege, als Bothwell mit tausend Reitern erschien,
L ^ - - -——___________á -
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Extrahierte Personennamen: Maria Maria Maria Bothwell Maria Maria Bothwell Jakob
228
und stürze so die Religion und verderbe die Sitten. Besonders
waren die Strelitzen erbittert, weil er die Poteschni -ihnen vor-
zog. Seine Schwester Sophie nährte von ihrem Kloster aus
die Unzufriedenheit, und so entspann sich bald eine neue Em-
pörung. Als er eines Abends zu Preobraschenskoi in einer
großen Gesellschaft bei Le Fort war, wurde er plötzlich hinaus-
gerufen. Zwei Strelitzen, die seiner warteten, warfen sich ihm
zu Füßen und entdeckten ihm: „eine Rotte ihrer Brüder hätte
sich in eine Verschwörung gegen ihn eingelassen. Die Ver-
schwornen wollten in der nächsten Nacht Feuer anlegen und ihn,
wenn er zur Hülfe herbeieilte, im Gedränge ermorden. Bis
dahin wären sie in dem Hause des Staatsrathes Sokownin
versammelt." Peter erlheilte sogleich dem Hauptmanne seiner
Leibwache, Trubetskoi, den schriftlichen Befehl, um elf Uhr das
Haus der Verschworenen zu umzingeln und alle gefangen zu
nehmen. Dann kehrte er ruhig in die Gesellschaft zurück, ohne
das Mindeste von der Sache zu erzählen. Um zehn Uhr stand
er von der Tafel auf. „Laßt euch nicht stören," sagte er un-
befangen, „ein kleines Geschäft ruft mich auf einen Augenblick
ab." — Er setzte sich in einen Wagen und fuhr selbst nach
Moskau. Um halb elf Uhr langte er vor Sokownin's Hause
an. Zu seiner Verwunderung fand er hier die Wache nicht;
denn er meinte, daß er den Hauptmann beordert hätte, schon
um zehn Uhr zu erscheinen. Dennoch trat er herein und fand
alle Verschworenen daselbst versammelt. Bei seinem Anblicke
fuhren sie erschrocken zusammen. „Lassen Sie sich nicht stören,"
sagte er mit scheinbarer Heiterkeit, „ich habe im Vorbeifahren
helles Licht im Hause gesehen und eine Gesellschaft vermuthet;
so bin ich denn hereingetrcten, um noch ein Gläschen mit Ihnen
zu trinken." Die Verschworenen faßten sich, indem sie glaubten,
der Czar wisse von ihrem Vorhaben nichts; sie tranken auf
seine Gesundheit, und Peter that tapfer Bescheid. Endlich winkte
ein Strelitz dem Sokownin und flüsterte ihm zu: „Es ist Zeit,
Bruder!" — „Noch nicht!" erwiederte dieser leise. Das hörte
Peter. „Für mich aber ist es Zeit, Schurke!" schrie er, sprang
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Extrahierte Personennamen: Sophie Peter Peter Peter
230
ihm eine neue Welt. Das Gewühl der Kaufleute, der Schiffer,
der Soldaten; die Schleusen, die Dämme, die Maschinen, die
Sch ffe, Alles erfüllte den jungen Czar mit freudigem Erstau-
nen. Um weniger erkannt zu werden, trug er die Kleidung
eines holländischen Schiffzimmcrmannes und war vom frühen
Morgen bis zum späten Abend beschäftigt, mit allen Merk-
würdigkeiten der Stadt sich bekannt zu machen.
Von Amsterdam setzte er nach dem nahe gelegenen Dorfe
Saardam über, dem Sitze des holländischen Schiffbaues. Hier
erschien er als gemeiner Russe in vaterländischer Tracht und
ließ sich unter dem Namen Peter Michaelow in die Liste der
Werkleute eintragcn. Er bewohnte sieben Wochen lang ein
einfaches Häuschen, bereitete sich selbst sein Lager und seine
Speise, führte den Briefwechsel mit seinen Ministern und ar-
beitete zugleich mit seinem Zimmermannsbeile an Mast und
Kiel. Noch jetzt zeigt man zu Saardam die Hütte, welche er
bewohnte. Seine Mitgesellen nannten ihn nicht anders als
Peter Baas, d. i. Meister Peter. Auch die Werkstatt -der
Schmiede, Tauschläger und Segclmacher besuchte er fleißig und
erkundigte sich nach Allem. Hierauf begab er sich nach Amster-
dam zurück und ließ ein Kriegsschiff von sechzig Kanonen unter
seiner Aufsicht bauen, das er, mit Seeleuten, Offizieren, Bau-
leuten und Künstlern versehen, nach Archangel schickte.
Im Jahre 1698 schiffte er sich nach England ein. Zu
London that sich wieder eine neue Welt vor ihm auf. Nichts
entging seiner Aufmerksamkeit; Alles ließ er sich erklären und
schickte dann einzelne Modelle in seine Heimath, sogar von
einem Sarge. Vorzüglich erregte das englische Seewesen seine
Aufmerksamkeit. Der König Wilhelm veranstaltete ihm zum
Vergnügen ein kleines Sectreffen. Ein so furchtbar schönes
Schauspiel hatte er noch nie gesehen. „Wahrlich," rief er ver-
wundert aus, „wäre ich nicht zum Czar von Rußland geboren,
so möchte ich englischer Admiral sein!" Ueber fünfhundert Eng-
länder nahm er in seine Dienste. Nach einem dreimonatlichen
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Extrahierte Personennamen: Peter_Michaelow Peter_Baas Peter Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Amsterdam Dorfe
Saardam Kiel England London
80
23. Elisabeth. 1558 — 1603.
Unter der glorreichen Regierung dieser Königin schwang sich
England, welches früher nur einer der untergeordneten Staaten
Europas gewesen war, zu einem der ersten desselben empor. Die
Ruhe, die sie beinahe ein halbes Jahrhundert hindurch in ihrem
Reiche erhielt, wahrend innere Zwietracht die benachbarten Natio-
nen zerrüttete, ließ dassebe schnell emporblühen, und die vielen
glücklichen Kriege, die sie mit den ersten europäischen Machten
führte, gaben der Welt einen hohen Begriff von ihrer Macht zu
Wasser und zu Lande. Sie war von der Natur mit großen
Fähigkeiten begabt, die unter geschickten Lehren sorgfältig entwickelt
worden waren. Zu solchen Vorzügen des Geistes gesellten sich
auch manche des Körpers und wurden durch jene noch mehr geho-
den. Ihr Charakter aber war ein sonderbares Gemisch von Tu-
genden und Fehlern. Gegen das gemeine Volk war sie äußerst
leutselig und herablassend und suchte auf alle Art die Gunst des-
selben zu gewinnen. Leute aus den niedrigsten Standen hatten
zu allen Zeiten freien Zutritt zu ihr, weder ihre Zudringlichkeit
noch ihre rohen Sitten schienen sie zu beleidigen. Sie nahm
ihre Bittschriften mit vergnügter Miene an, dankte ihnen für ihre
Versicherung von Anhänglichkeit und ließ sich mit ihnen in's Ge-
spräch ein, so daß Jeder mit der größten Bewunderung seine Kö-
nigin verließ. Gegen die Großen des Reiches aber trat sie mit
stolzer Würde auf, um ihnen den Abstand recht fühlbar zu ma-
chen. Von dem Gepränge, mit welchem sie öffentlich auftrat,
erzählt ein Zeitgenosse, der sie sah, wie sie sich eines Sonntages
aus ihren Gemächern in die Kapelle begab: „Zuerst erschien eine
Menge Edelleute, Grafen, Barone und Ritter; dann kam der
Kanzler mit den Siegeln zwischen zwei Lords, die Schwert und
Scepter trugen. Ihm folgte Elisabeth, und wohin sie blickte,
fielen die Anwesenden auf ihre Kniee. Hinter ihr kam ein langer
Zug weiß gekleideter junger Damen, und zu beiden Seiten stand
eine Reihe Edelleute in reichen Uniformen und mit vergoldeten
Streitäxten.^ Sie war überhaupt sehr eitel und herrisch; selbst
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TM Hauptwörter (200): [T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]