. Erster Zeitraum.
Rom unter Königen. (754—510 v. Chr.)
§. 11. Vomulus. 754—716.
Die Bevölkerung Roms war anfangs nur klein, erhielt
aber bald einen bedeutenden Zuwachs durch neue Ankömmlinge
aus der Umgegend. Romulus, der erste König, inachte nämlich
den capitolstischen Hügel zu einer Freistatt (Asyl) von Landes-
flüchtigen aus andern Städten Italiens. Hier fand Jeder, wel-
cher Lust hatte, Aufnahme und genoß des Schutzes der römischen
Anbauer: Freie und Sklaven, Schuldlose und Verbrecher ohne
Unterschied. Nur eines noch fehlte der jungen Bürgerschaft —
Weiber. Nomulus schickte deshalb Gesandte nach den benach-
barten Städten und ließ um Heirathsverträge anhalten; aber
überall wurden sie abgewiesen. Ja, man fragte sogar höhnisch:
warum zu Rom nicht auch für schlechte Weiber ein Asyl eröff-
net wäre; das erst würde Gleichheit in der Ehe bringen!
Hierüber entrüstete sich Romulus und nahm seine Zuflucht zu
einem Gewaltstreiche. Er veranstaltete zu Ehren des Gottes
Neptun ein glänzendes mit Aufzügen und Wettkämpfen verbun-
denes Fest, die Consualia, und ließ die Bewohner sämmtlicher
Nachbarstädte dazu einladen. Sie folgten dieser Einladung,
und vor Allen fanden sich die Sabiner mit ihren Weibern und
Töchtern zahlreich ein.' Und während sie nun alle in harmloser
Fröhlichkeit den Festlichkeiten zuschauten; da plötzlich stürzten auf
ein gegebenes Zeichen die rüstigsten Römer in den Haufen der
Zuschauer und raubten die Töchter der herübergekommenen Gäste.
Die bestürzten Eltern flohen jammernd und weheklagend nack-
allen Seiten auseinander.
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Da aber geriet!) ganz Karthago in Wuth und Verzweif-
lung; Alle verwünschten und verfluchten den römischen Namen,
Alle schwuren, mit der Vaterstadt unterzugehen, und sofort be-
gannen die Nothanstalten der Gegenwehr. Die Thore wurden
verrammt, der Hafen mit einer langen Zugkette gesperrt, die Gie-
bel der Häuser abgetragen, um sie zum Schiffsbau zu gebrau-
chen. Ganz Karthago glich einer großen Werkstatt, in allen
Straßen wurde gehämmert, gehobelt, geschmolzen. Die Weiber
gaben ihr goldenes und silbernes Geschmeide zu Pfeilen hin, ja
sie schnitten ihr langes Haar ab, um Taue und Sennen aus
demselben zu flechten: eine halbe Million Menschen wetteiferte
in Darbringung freiwilliger Gaben und Opfer. Vor den Stadt-
thoren stand ihr Feldherr Hasdrubal mit einem Heere. Zwei
Jahre lang schlugen die Verzweifelnden mit Löwenmuth alle An-
griffe der Römer siegreich zurück. Die Kraft der Belagerten
schien täglich zu wachsen, fast zagten die Römer. In solcher
Bedrängniß wurde P. Cornelius Seipio Amilian us, der
als Kriegstribun im Heere mit Auszeichnung diente, im unge-
setzlichen Alter von 37 Jahren für das Jahr 147 zum Consul
erwählt und mit dietatorischem Oberbefehl ausgerüstet. Er stellte
die verfallene Kriegeszucht durch strenge Arbeiten her, schnitt
durch ein verschanztes Lager auf der Landenge alle Verbindung
mit dem festen Lande ab, sperrte den Hafen durch einen langen
Damm, den er in's Meer hineinführte, und wagte nun erst den
Sturm auf die ausgehungerte Stadt. Da endlich erlagen die
Karthager nach heldenmüthiger Gegenwehr dem Übergewicht an
Zahl und Kriegskunst. Ein furchtbares Gernetzel begann jetzt
an dem Hafen, in den Straßen, in den Häusern, sechs Tage
lang, mitten zwischen den Trümmern und Flammen der angezün-
deten Stadt. Siebenzehn Tage hindurch stand sie in heller Lohe.
Was des Römers Schwert nicht nahm, gab sich selbst den Tod;
Tausende stürzten sich jählings in die Flammen, unter ihnen
Hasdrubal's Weib und Kind, während er selbst sich zu den Fü-
ßen des Überwinders warf. Der edle Seipio vergoß bei dem
Anblick des namenlosen Elendes Thränen der Wehmuth, und,
selbst ergriffen von bangen Ahnungen über das künftige Schicksal
seiner eigenen Vaterstadt, sprach er, an der Seite seines Freun-
des Polybius, die homerischen Worte2):
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„Einst wird kommen der Tag, wo das heilige Jlium hinsinkt,
Priamus selbst und das Volk des lanzenkundigen Königs -)!"
Nach der mörderischen Vertheidigung waren von den 700,000
Einwohnern kaum noch 50,000 übrig, die als Sklaven verkauft
wurden. Die Überreste der Stadt wurden dem Erdboden gleich
gemacht, und der Wiederaufbau unter Strafe des göttlichen Flu-
ches verfehmt. Das karthagische Gebiet, so weit es nicht
zu Numidien gehörte, ward römische Provinz unter dem Namen
Afrika, mit der Hauptstadt Utika (146); das Lehenreich Nu-
midien endlich drei Söhnen des Masinissa übergeben und mittelst
der Zersplitterung einstweilen unschädlich gemacht.
So sank Karthago, die Handelskönigin der Welt, in Schutt
und Asche. Auf der Stätte, wo sie siebenhundert Jahre lang im
regsten Kunsteifer stand und blühete, hauseten seitdem bis zu den
neuesten Zeiten hinauf wilde Thiere und barbarische Völker; und
das Meer, das einst ihre segensreiche Handelsflotte trug, war seit-
dem eben so lange mit den Raubschiffen barbarischer Völker bedeckt.
§. 46. Die letzten Kriege mit Macedonien und Griechenland.
148-146.
Die Freiheit, welche die Römer damals den Macedoniern
gelassen hatten, war nur Blendwerk. Durch die Zerstückelung
des Landes in vier von einander unabhängige Bezirke waren sie
gegen äußere Feinde schwach; die römischen Gesandten führten
die eigentliche Regierung, das Land verarmte unter dem Drucke
der Abgaben, und allgemein war der Unwille über die neue
Ordnung der Dinge. Diese herrschende Mißstimmung im Lande
benutzte ein Abenteuerer, Namens Andriscus, der sich für
Philippus, den Bruder und Adoptivsohn des Perseus ausgab,
(daher gewöhnlich Pseudo-Philippus genannt), um die macedo--
nische Monarchie wieder herzustellen. Er fand einen großen An-
hang nicht nur in Macedonien selbst, sondern auch in einigen
Nachbarstaaten. Mit Hülfe einer Schar tapferer Thracier un-
terwarf er sich in kurzer Zeit ganz Macedonien, schlug einen
2) ” Eootzai rj/uaq, bzav noz’ oxwxzj vihog iqrj,
Kat n^ia/uog xai Xaog tvti/.itxio) Tlnm/toto.
Ii. Iv. 164 165
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Extrahierte Personennamen: Namens_Andriscus
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Karthago Griechenland Macedonien Macedonien
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das engste eingeschlossen. Allein er vertheidigte sich mit Much
und Entschlossenheit; und bei einem Ausfälle gelang es ihm so-
gar, die ägyptische Flotte im Hafen anzuzünden, wodurch auch
ein großer Theil der anstoßenden Stadt nebst der berühmten
alerandrinischen Bibliothek ein Raub der Flammen wurde. So-
gar mit eigener Lebensgefahr suchte er sich auch der Insel Pha-
ros zu bemächtigen. Endlich erhielt er neue Truppenverstärku«-
gen aus Asien, und nun nahm der Krieg bald eine andere
Wendung. Der König Ptolemäus erlitt eine große Niederlage
und ertrank auf der Flucht im Nil. Jetzt ergab sich auch Ale-
randria, und Cleopatra, Cäsar's Freundin, blieb die Regentin
des Landes.
Nachdem er die Angelegenheiten Ägyptens geordnet hatte,
zog er durch Syrien gegen Pharnaces, den Sohn des Mi-
thridates und König im cimmerischen Bosporus. Dieser hatte die
Verwirrungen des Römerreiches zu Eroberungen in Armenien,
Kappadocien und Pontus benutzt und Cäsar's Legaten, Domitius,
gänzlich geschlagen. Jetzt eilte Cäsar selbst herbei und gewann
bei Zela einen vollständigen Sieg über ihn (47). Ankunft und
Sieg folgten so schnell auf einander, daß er seinen Schlacht-
bericht in die wenigen Worte faßte: Ich kam, sah, siegte
(veni, vidi, vici). Pharnaces verlor alle seine Eroberungen und
bald nachher durch einen treulosen Diener auch sein Leben.
§. 66. Cäsar's letzte Kriege gegen die Pompe)ancr in Afrika
und Spanien. (46—45).
Jetzt eilte Cäsar, der bereits in seiner Abwesenheit zum
Diktator auf ein ganzes Jahr ernannt worden war, nach Rom
zurück, um die hier ausgebrochenen Unruhen zu beschwichtigen.
Es hatten nämlich die Tribunen Clölius und Dolabella auf einen
völligen Schuldenerlaß angetragen und dadurch eine so gefähr-
liche Aufregung hervorgerufen, daß M. Antonius, der Magister
equitum, bereits mit bewaffneter Gewalt einschreiten mußte.
Cäsar beruhigte die aufgeregten Gemüther des Volkes durch
versöhnende Maßregeln und stellte die Ruhe völlig wieder her.
Eine Meuterei, die unter seinen eigenen Soldaten ausgebrochen
war, welche die versprochenen Belohnungen an Geld und Län-
dereien verlangten, dämpfte er durch sein entschlossenes Auf-
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Extrahierte Personennamen: Cleopatra Cäsar Cäsar Cäsar Antonius Antonius Cäsar Cäsar
Extrahierte Ortsnamen: Asien Armenien Domitius Afrika Spanien Rom
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thäter, weil er in ihm den Vernichter der republikanischen Frei-
heit fürchtete.
Cäsar, welcher sich gegen alle Nachstellungen gesichert glaubte,
war mit großartigen Entwürfen beschäftigt. Karthago und Ko-
rinth sollten wieder aufgebaut, der Isthmus durchstochen, die
pomptinischen Sümpfe ausgetrocknet, bei Ostia ein großer Hafen
angelegt, der See Fucinus abgeleitet, in der Stadt Tempel und
Theater erbaut, Bibliotheken angelegt und ein neues Gesetzbuch
entworfen werden. Zunächst jedoch beschäftigte ihn der Plan,
die Parther zu bekriegen, und bereits war ein großes Heer zu
diesem Feldzuge gerüstet. Nach Besiegung der Parther wollte
er durch die Länder am kaspischen und schwarzen Meere durch
Germanien und Gallien nach Rom zurückkehren. Die sibplliui-
schen Bücher weissagten aber, die Parther könnten nur von ei-
nem Könige überwunden werden^). Cäsar hatte auf den 15.
März (44) eine Senatsversammlung in der Halle des Pompe-
jus angesetzt, und es hieß, in dieser würden ihn seine Freunde
feierlich zum Könige über die römischen Länder außerhalb Ita-
lien erklären. Diesen Tag bestimmten seine Feinde zum Tage
seines Todes. Cäsar war gewarnt und hatte schon auf instän-
diges Bitten seiner Gemahlin, welche wegen der furchtbaren
Träume, die sie gehabt, großes Unglück ahndete, beschlossen, an
diesem Tage nicht in der Versammlung zu erscheinen. Als ihn
aber am Morgen ein Vetter des Brutus besilchte und ihm vor-
stellte, wie sehr er den Senat beleidigen würde, wenn er ihn
unverrichteter Sache auseinandergehen ließe, machte er sich auf
den Weg. Auf der Straße steckte ihm ein warnender Freund
einen Brief zu, in dem die ganze Verschwörung aufgedeckt war;
allein Cäsar, voll hoher Gedanken, gab ihn ungelesen seinem
Schreiber in Verwahr. Sobald er in den Senat gekommen
war und auf seinem goldenen Sessel Platz genommen hatte,
drängten sich sogleich die Verschworenen um ihn herum. Voran
stand Tullius Cimber und bat um die Begnadigung seines ver-
bannten Bruders; und die übrigen unterstützten dieses Gesuch.
Nun ergriff Cimber Cäsar's Toga und riß sie ihm gewaltsam 5
5j Valida fama percrebuit, — proximo senatu L. Cottam senten-
tiam dicturum, ut quoniam libris fatalibus contineretur, Parthos, nisi a
rege, non posse vinci, Caesar rex appellaretur. Suet. Caes. c. 79.
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vordringend, auf die Alanen stießen. Diese bedeckten damals
mit ihren zahlreichen Heerden und Gezelten die Ebene zwischen
der Wolga und dem Don. Unfähig, dem Andrange der Hunnen
zu widerstehen, schlossen sie sich, Gefahr und Beute theilend,
den Siegern an. Nun ging der gemeinschaftliche Zug über den
Don, die alte Grenzscheide von Europa. Dann stießen sie auf
die Gothen, welche die weiten Landstriche zwischen dem schwar-
zen Meere, den Ufern der Weichsel und Oder bis zum balti-
schen Meere bewohnten. Sie waren durch den Fluß Dnipr
(Borysthenes) in Ostgothen und Westgothen getheilt. Die
Oftgothen, welche zwischen dem Don und Dnipr wohnten,
konnten nicht widerstehen; sie brachen auf und stürzten auf ihre
westlichen Brüder jenseits des Dnipr, die Westgothen. Diese,
durch den gewaltigen Andrang der nachrückenden Völker fortge-
schoben, wendeten sich an den Kaiser Valens und baten ihn um
Schutz und Aufnahme in Mösien, unter dem Versprechen, daß
sie hier die Grenzwächter sein wollten. Im Drange der Noth
gewährte Valens ihre Bitte, unter der Bedingung, die Waffen
auszuliefern. Nun zogen die Westgothen zu Hunderttausenden
mit Weib und Kind über die Donau; die Ostgothen zogen ihren
westlichen Brüdern nach, ohne daß die Römer es ihnen wehren
konnten. Die römischen Beamten suchten von den fremden Ein-
wanderern jeden möglichen Vortheil zu ziehen. Die Waffen
hatte man ihnen gelassen, dagegen sie nach und nach ihrer gan-
zen Habe beraubt; eine große Hungersnoth brach aus, und die
Habsucht und Grausamkeit der römischen Beamten brachte die
Bedrängten der Verzweiflung nahe. Und als nun der römische
Feldherr Cupicinus bei einem Gastmahle zu Marcianopolis einen
verrätherischen Anschlag gegen die gothischen Fürsten Alavir und
Fridigern faßte, so rief der letztere sein Volk zu den Waffen
auf. Furchtbar wüthete jetzt das Racheschwert des mißhandelten
Volkes; unter seinen Führern durchzog es mordend und bren-
nend die nächsten Provinzen. Endlich griff der Kaiser Valens
selbst zum Schwerte und ließ sich, ohne die Hülse seines Neffen
Gratianus abzuwarten, bei Hadrianopel (378) in eine Schlacht
ein. Hier erneuerte sich der Tag bei Cannä. Furchtbar war
die Niederlage der Römer. Der Kaiser floh verwundet vom
Schlachtfelde und suchte sich in einer Bauernhütte zu verbergen.
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Extrahierte Personennamen: Cupicinus Gratianus
Extrahierte Ortsnamen: Wolga Europa Ostgothen Donau Schwerte
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Tarquinius, noch immer gesonnen, seine Rückkehr zu er-
zwingen, fand Hülfe bei Porsenna, dem mächtigen Könige
(Lucumo) von Clusium in Etrurien. Dieser zog an der Spitze
eines furchtbaren Heeres gerade auf Rom los. Vor der Über-
macht des anrückenden Feindes flohen Alle in die Mauern der
Hauptstadt. Die Vorstadt Janieulus ging beim ersten Sturme
verloren,, und gewiß wären die Etrusker mit den fliehenden Rö-
mern über die Tiberbrücke in die Stadt gedrungen, hätte sic
nicht ein heldenmüthiger Mann, Horatius Cocl es, mit Gewalt
zurückgehalten. „Was wird euch das Fliehen helfen — rief er
seinen Mitbürgern zu — wenn ihr dem Feinde die Brücke las-
set, euch nachzueilen! Zerstöret doch, ich bitte euch, mit Feuer,
mit Eisen, und womit ihr immer könnet, die Brücke. Ich will
unterdeß dem Übergange wehren, so viel ein Einzelner vermag."
— Es geschah. Nur zwei blieben bei ihm; und diese drei
Menschen stemmten am Eingänge der Brücke dem Andrange ei-
nes ganzen Heeres ihre Schilde und Lanzen kühn entgegen,
während die andern mit dem Abbrechen der Brücke beschäftigt
waren. Endlich war diese dem Einstürze nahe, und die Rö-
mer riefen ihre treuen Streiter zurück. Nur die beiden an-
dern gingen; Horatius allein blieb und wehrte sich so lange, bis
er hinter sich das Gerassel der einstürzenden Brücke und das
Jubelgeschrei der jenseits stehenden Römer hörte. Da sprang
er, bewaffnet wie er war, in die Tiber und schwamm, unter
den tausend nachfliegenden Geschossen der Feinde unversehrt an
das andere Ufer, wo ihn seine Mitbürger als ihren Netter em-
pfingen. Durch solche Kühnheit war Nom wohl für den Au-
genblick gerettet, das Verderben jedoch nicht abgewendet. Denn
Porsenna ließ die Stadt auf das engste einschließen, um sie durch
Hungersnoth zur Übergabe zu zwingen. Da, als die Noth am
größten war, faßte ein Jüngling, Casus Mucius, der nachher
den Beinamen Scäv ola, d. i. Linkhand, führte, den verwegenen
Plan, durch Meuchelmord der Retter seiner Vaterstadt zu werden.
In der Frühe des Morgens schlich er, um unkenntlich zu sein,
in etruskischer Kleidung, mit einem Dolche versehen, in das
feindliche Lager. Hier mischte er sich unter die Haufen der
Soldaten und drängte sich mit voran bis zum Gezelte des Kö-
nigs, wo gerade der Sold ausgezahlt wurde. Neben dem Könige
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acht Feinde im Zweikampfe erlegt, vierzehn Bürgern das Leben
gerettet, und dafür eine Menge Ehrenzeichen erhalten hatte.
Dieser Mann murrte laut gegen die Gewaltherrschaft und sprach
von abermaligem Ausrücken nach dem heiligen Berge. Die De-
cemvirn beschlossen seinen Tod. Sie schickten ihn mit einer Schar
dazu abgerichteter Bösewichter in die Umgegend, um einen pas-
senden Lagerplatz für das Heer auszumitteln. In einer einsa-
men Bergschlucht, durch welche der Weg führte, ward plötzlich
der Mann, der nichts Böses geahnt hatte, von seinen Gefährten
mörderisch überfallen. Er wehrte sich wie ein Löwe, endlich
erlag er ihren Streichen. Aber um seine Leiche herum lagen auch
viele Leichen der heimtückischen Verräther. Nun kehrten die noch
übrigen Verräther in's Lager zurück und meldeten: Dentatus sei
in einen feindlichen Hohlweg gerathen und mit wehren Gefährten
dort nach der tapfersten Gegenwehr gefallen. Sofort eilte man
dahin, seine Leiche zu holen; da aber wurde der Verrath offen-
bar; denn es lagen nur Römer, keine Feinde um ihn. Das Heer
drohete Aufstand und wollte die Leiche nach Rom tragen, aber für
diesmal noch beschwichtigten es die Dccemvirn dadurch, daß sie
dem Gefallenen das glänzendste Leichenbegängniß veranstalteten.
Eine neue Gräuelthat, die Appius in Rom selbst ver-
übte, brachte den lauge verhaltenen Ingrimm zum offenen Aus-
bruche. Der lüsterne Wütherich hatte die Virginia, die Toch-
ter des im Lager stehenden Hauptmanns Virginius und Ver-
lobte des Tribuns Jcilius erblickt und nährte im Stillen eine
böse Neigung gegen sie. Durch List und Gewalt wollte er sich
derselben bemächtigen. Darum mußte einer seiner Clienten vor-
geben: Virginia sei die Tochter seiner Sklavin, und somit sein
Eigenthum. Der Client ergriff sie auf offener Straße und
schleppte die weinende Jungfrau unter großem Zulaufe des Vol-
kes vor den Richterstuhl des Appius. Dieser sprach sie seinem
Clienten als Eigenthum zu. Das ganze umstehende Volk war
entrüstet über ein so ungerechtes Urtheil, das ausgesprochen war,
ohne einmal zuvor den Vater des Kindes gehört zu haben. Ici-
lius drängte sich vor, widersetzte sich dem Urtheile, und zwang
den Clienten, unter dem Richterstuhle des Decemvirs sich zu ver-
stecken. Dieser schob die Vollziehung auf, bis Virginias vom
Heere zurückkäme, ließ aber sogleich an den Anführer desselben
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tung der Vaterstadt an. Hinter der Mauer stellte er künstliche
Maschinen auf, mit welchen er große Steine und Balken, an
deren Ende ein ungeheueres Gewicht befestigt war, in die Schiffe
der Römer schleuderte und sie versenkte. Andere Maschinen faß-
ten mit schnell niedergesenkten Balken, welche die Römer ihrer
Haken wegen eiserne Hände hießen, die Galeeren, Huben sie
in die Höhe, wirbelten sie in der Luft umher, schüttelten die
Mannschaft hinaus und zerschellten zuletzt das schwebende Schiff
gegen die Mauer. Ein solcher Schrecken hatte sich der Römer
bemächtigt, daß, wenn sie nur einen von der Mauer herabhan-
genden Strick oder eine vorstehende Latte sahen, sie schleunigst
die Flucht ergriffen, schreiend, Archimedes richte seine Zauber-
maschinen gegen sie. Marcellus sah sich bald genöthigt, die ei-
gentliche Belagerung aufzuheben und die Stadt bloß von ferne
her einzuschließen. Ein Theil des Heeres verwendete er zur
Unterwerfung der abgefallenen Städte. Erst im dritten Jahre
(212) gelang die Eroberung von Syrakus. In einer stillen
Nacht, während die Einwohner, die am Tage zuvor unter Ge-
lagen und Zechen das Fest der Diana gefeiert hatten, im tiefen
Schlafe lagen, bestiegen die Römer mit Hülfe eines Verräthers
die Mauer und öffneten das Stadtthor, durch welches Marcellus
mit dem Heere hereindrang. Der größte Theil der Einwohner
wurde niedergehauen, unter diesen auch Archimedes. Er saß ge-
rade, in Nachdenken vertieft, bei seinen mathematischen Figuren,
die er mit einem Stabe vor sich in den Sand gezeichnet hatte,
als plötzlich ein Römer eindrang. „Zertritt mir die Cirkel nicht!"
rief er dem Krieger etwas finster zu; worauf dieser ihn nieder-
hauete. Marcellus aber ehrte den in Übereilung Erschlagenen
und gründte ihm ein Denkmal. Mit dem Falle von Syrakus
war die Eroberung Siciliens entschieden. Eine Stadt nach der
andern wurde unterworfen und bald die ganze Insel eine rö-
mische Provinz.
In demselben Jahre 212, in welchem die Römer Syrakus
eroberten, eroberte Hannibal durch List und Verrath die wichtige
Stadt Tarent, mit Ausnahme der Burg, welche in der Ge-
walt der Römer blieb. Der Besitz von Tarent führte sofort
den Abfall von Heraklea, Thurii, Metapontum und mehren an-
deren Städten herbei und entschädigte einstweilen für den Verlust
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nicht verbergen knnen. Die Entdeckung des Betruges verursachte eine Verschwrung von sieben der vornehmsten Perser, die keinen Meder der sich wollten regieren lassen. Diese Ver-schwrung kostete dem falschen Smerdis das Leben.
Die sieben Verschworenen, deren einer Darius, der Sohn des Hystaspes, war, berlieen die Wahl eines Knigs dem Willen der Götter. Es wurde ausgemacht, man wolle an einem bestimmten Tage der aufgehenden Sonne (die von den Persern gttlich verehrt wrbe) entgegenreiten, und wessen Pferb bei dem gemeinschaftlichen Ritte zuerst wiehern wrbe, der solle König sein. Der Stallmeister des Darins bewirkte durch eine List, da das Ro seines Herrn zuerst wieherte. Zugleich blitzte und donnerte es, was als eine gnstige Vorbedeutung galt; und augenblicklich sprangen die Begleiter von den Pferden und warfen sich vor Darius, als ihrem Herrscher, nieder.
Die frhere lange Abwesenheit des Cambyses und die Regierung des falschen Smerdis hatten vielen Unordnungen im Reiche freien Lauf gelassen. Zuerst suchte Darius biefe abzustellen. Dann theilte er das ganze Reich in zwanzig Satra-pien ober Statthalterschaften und bestimmte fr jebe die erforderlichen Abgaben. Bald aber rief ihn eine groe Emp-rung in Babylon, welche das Perserjoch abzuwerfen ge-dachte, zu den Waffen. Darius selbst zog an der Spitze seines Heeres dahin und belagerte die Stadt; aber die Brger spot-teten hinter ihren festen Mauern jedes Angriffes. Als nun der König einst mimuthig in seinem Zelte sa und sein Vor-haben schon aufzugeben gedachte, trat pltzlich sein Feldherr Zopyrus herein. Nase und Ohren waren ihm abgeschnitten, das Haar ihm wie einem Sklaven abgeschoren. Erschrocken sprang der König auf und rief: Wc: ist der Verwegene, der so an meinem treuesten Diener gehandelt hat?" Ich selbst!" war die heitere Antwort, und zwar bir zu Liebe; beim so hoffe ich die Stadt zu erobern. So wie bu mich hier siehst, gehe ich nach Babylon und gebe vor, biefe grausame Verstm-
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Extrahierte Personennamen: Darius Darius Darius Darius Darius Darius Darius