Wie alle anderen Völker Europas, so waren auch die Deutschen um jene Zeit noch Heiden, d. h. sie beteten verschiedene Götter an. Ihr höchster Gott war der Sonnengott, Wodan oder Allvater genannt/ er ist der Lenker der Schlachten. Neben ihn: wurden noch verehrt Donar oder Thor, der Gott des Donners, Freya, die Göttin der Ehe und der Freundschaft, und andere. Die Namen mehrerer Gottheiten finden sich noch in unseren Wochentagen, z. B Sonntag, Montag, Donnerstag, Freitag. Die Verehrung der Götter bestand in Gebet und Opfern. Ans den Höhen der Verge und im Dunkel des Waldes versammelte man sich zum Dienste der Gottheit. Allgemein verbreitet war der Glaube an die Fortdauer des Lebens nctch dem Tode. Die Guten, namentlich diejenigen, welche in der Schlacht tapfer kämpfend gefallen waren, kamen nach Walhalla, dem Palaste der Seligen. Hier erfreuten sie sich an dem, was ihnen auf Erden die liebste Beschäftigung gewesen war, an Jagd und Kampf.
Das ganze Volk zerfiel in Stämme oder Völkerschaften, die vollständig selbständig waren. Einige Stämme wurden von Königen regiert- die Mehrzahl aber hatte im Frieden kernen Fürsten an der Spitze. Für den Krieg wählten sich die freien Männer aus den Adeligen einen Führer, der Herzog genannt wurde. Ihre Angelegenheiten entschieden sie in Volksversammlungen, an denen jeder Freie teilzu-nehnien berechtigt war. Die Stämme waren eingeteilt in Gaue, die Gaue in Gemeinden/ diese aber wurden von einer Anzahl zusammenliegender Gehöfte gebildet.
Ii. Die Körner in Deutschland.
'pgn jene Zeit waren die Römer das mächtigste Volk der Welt. Von ihnen haben wir auch die erste Kunde über die alten Deutschen, unsere Vorfahren. Ungefähr 100 Jahre vift Ehristi Geburt lernten die Römer zwei Stämme derselben kennen, die Cimbern und Teutonen. Diese hatten ihre
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70 Erster Zeitraum des Mittelalters: 476—751. A. Das Abendland.
Afrika's entnervt. So lange Geiserich lebte, reichte zwar der Schrecken vor seinem Namen hin, die benachbarten Völker von jedem feindliche« Angriff zurückzuhalten, aber kaum war er todt, so begannen auch die umwohnenden Numidier und Mauretanier, die Vandalen durch fortwährende Einfälle zu beunruhigen. Auch die römische Bevölkerung war auf's höchste erbittert; denn da sie sich zur katholischen Kirche bekannte, wurde sie von den arianischen Vandalen mit der herzlosesten Grausamkeit verfolgt. Als der schwache Hilderich, der 523 aus den Thron kam, diese Verfolgungen, feinem Eide zuwider, einstellte und statt der natürlichen Verbindung mit den Ostgothen die unnatürliche mit dem alten Reichsfeinde, dem byzantinischen Hose, suchte, bildete sich gegen den König (Sohn der Römerin Eudocia) und die byzantinische Freundschaft eine nationale Partei. An deren Spitze trat Gelinter, ein Urenkel Geiferich's, der beste Krieger seines Volkes. Er erregte einen Aufruhr gegen Hilderich, warf ihn ins Gefängniß, erhob sich selbst zum König und verfolgte von Neuem die Katholiken mit großer Härte. Deren nahm sich nun der Kaiser Justinian an, der schon längst auf die Wiederunterwerfung Afrika's bedacht war. Nach vergeblichen Unterhandlungen mit Gelimer, der seinen Aufstand ganz auf das Volk schob, schloß Justinian mit den Persern Frieden, um sein Heer unter Belisar gegen die Vandalen senden zu können. Es war ein heiliger Krieg gegen den Arianismus, wie der Chiodwig's gegen die ketzerischen Westgothen.
Mehr noch als die Feldherrnkunst Belisar's waren wohl dessen Glück, der allgemeine Abfall der Einwohner Afrika's von den verhaßten Arianern und Barbaren und die Verweichlichung der Vandalen die Ursachen der Allen, selbst den Byzantinern unerwarteten Leichtigkeit und des geringen Aufwandes von Mühe und Mitteln, womit das Vandalenreich in kürzester Zeit vernichtet wurde, ein merkwürdiges Gegenbild zu dem zwanzigjährigen Heldenkampfe der Ostgothen gegen denselben Feind. Nur 11,000 M. Fußvolk und 5000 Retter brachte Belisar nach Afrika. Ueberall erschien er als Freund und als Erretter der katholischen Provinzialen von ihren arianischen und barbarischen Drängern, überall erklärte er, den ehemaligen Gliedern des römischen Reiches die Freiheit bringen zu wollen, und sein Heer fand die beste Verpflegung, wie im eigenen Lande. Nur das Königsgeschlecht tritt handelnd in kräftiger Weise auf, nicht, wie bei den Gothen, das Volk. Von der alten germanischen Kraft, wie sie die Gothen gegen denselben Feldherrn bewährten, findet sich keine Spur. Doch täuschte sich Justinian, wenn er auf Verrath unter den Vandalen selbst gerechnet hatte, wie solcher unter dem tiefgespaltenen Gothenvolke vorkam, vielmehr zeigte das Volk, daß es Hilderich nicht wollte, sondern in Gelimer seinen nationalen König erblickte, der sich auch als nicht ganz unfähigen Gegner des großen Belisar erwies. Er pro-jectirte einen dreifachen Angriff auf das byzantinische Heer, in der Fronte und in. beiden Flanken. Ihm selbst gelang es auch, zwischen Belisar's
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
Geschlecht (WdK): Jungen
70
in. Länder- und Völkerkunde. A. Europa.
161. Charakteristik der einzelnen Landestheile und ihrer
Bewohner.
(Nach E. M. Arndt, Versuch in vergleichender Völkergeschichte.)
Wir betrachten nun im Einzelnen und Besonderen die verschiedenen
Bestandtheile der Böller und Völkerschaften, aus welchen das jetzige
französische Volk erwachsen ist, von dem Süden anfangend und so
Ost und Nord durchlaufend bis gegen Westen in einem weiten Bogen
herumwandelnd.
Zuerst finden wir im Südwesten zwischen der Gironde und Garonne
die Landschaft Guienne und Gascogne. Da wohnen dem Haupt-
inhalt nach Basken oder Aquitanier mit Gothen gemischt, ein lustiges,
fröhliches und gewandtes Menschengeschlecht, das die besten französischen
Weine zeugt und trinkt. Wenn man nach dem Charakter und Gemüthe
der Menschen urtheilen soll, haben in diesen Landschaften die Basken wohl
bei Weitem das Uebcrgewicht, das Frische, Leichte und Spielende; frei-
lich sind sie doch sehr anders als die spanischen Basken, auf welche der
altspanische und westgothisch-kastilische Ernst seinen unverkennbar mäch-
tigen Einfluß geübt hat, wie hier das in Frankreich allen gemeinsame
Französischwalsche. Es ist bekanntlich ein Hergebrachtes, daß der Nord-
franzose über den Gascogner als über einen übernärrischen, Windbeuteligen
Kerl lacht, eben ganz charakteristisch französisch lacht; denn der Nord-
franzose bringt seine guten oder närrischen witzigen Einfälle, woran es
dem Volke ja überhaupt nicht gebricht, mit einer gewissen bewußten
Selbstergötzung und eitlen Selbstbespiegelung an den Mann, der Gas-
cogner, der da die unbewußte Fülle der natürlichsten Lebendigkeit und
Heiterkeit hat, öffnet dem ganzen Faß den Spund und kümmert sich
nicht um die einzelnen Tropfen, die dabei in die Luft fliegen oder in
den Staub fließen. Uebrigens ein durchaus gutherziges und liebenswür-
diges Menschengeschlecht.
Wir kommen zu dem reizenden Languedoc mit den großen Städten
Toulouse, Narbonne, Montpellier, Nismes, Beaucaire, zu der Landschaft,
wo der König der Westgotheu in Toulouse seinen ersten Sitz hatte,
wo die letzten Westgothen in Frankreich zusammengedrängt wurden, zu
dem französischen Gothien des Mittelalters. In dieser Landschaft, darf
man annehmen, ist der gallische oder gallischaquitanische Menschenstamm
von den einwandernden herrschenden Germanen nicht nur sehr gedrängt,
sondern wohl größtentheils weggedrängt worden; die jetzigen Bewohner
des Landes sind wohl meistens germanischen Stoffes. Der germanische
Charakter, ich sollte sagen: das germanische Gemüth, hat sich hier auch
fast mehr offenbart als in irgend einer anderen französischen Landschaft.
Dieses germanische Gemüth, diese urgermanische Anlage, die mehr oder
weniger bei allen Völkern des Stammes hervortritt, ist das Philo-
sophische, das Denkende, Grübelnde, Zweifelnde, welches die germa-
nische und deutsche Art zeigt. Die hiesigen Enkel und Urenkel der West-
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Extrahierte Personennamen: Ernst
Extrahierte Ortsnamen: Europa Nord Frankreich Toulouse Montpellier Nismes Westgotheu Toulouse Frankreich
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
Geschlecht (WdK): Jungen
169. Belgiens Bodengestaltung und Flüsse.
97
Flüssen und einer geringen Anzahl von westöstlichen Straßenzügen. Im
Norden stellt sich zwischen dein Scheldelande und dem ihm ähnlichen
Rheinmündungslande (Holland) ebenfalls eine Kluft dar. Zwischen der
Demer-, Dyle- und Scheldelinie und den Waal-, Maas-, Leck- und
Rheinlinien bleibt ein 30 Stunden breiter Landstrich (der Hauptsache
nach die Provinz Nordbrabant), in welchem es keine Flüsse und Na-
turbahnen aus Osten nach Westen giebt, der außerdem voll von Hai-
den, Morästen und unfruchtbaren Gegenden ist, der demzufolge eine
schwächere Bevölkerung, wenige reiche Städte, wenige Producte und
Bedürfnisse hat, und daher auch von der Kunst durch ein dichtes Netz
von Canälen und Chausseen weniger wegsam gemacht ist. Dieses nord-
brabantische Land theilt das Scheldeland und das Rheinmündungsland
von einander, scheidet die beiden Länder Flandern und Holland und die
mächtigen Städtegruppen, die sich in beiden gebildet haben.
Die Demer von ihrer Quellengegend au, die Dyle von der Ein-
mündung der Deiner an, die Rüpel von der Einmündung der Dyle
au, das Scheldestück von Rupelmonde bei Gent und die Lys von Gent
bis Kortryk bilden eine wesiöstlich gestreckte Wasserlinie, die mit dem
Hauptrücken der Ardennen ganz parallel geht, und von der inan sagen
kann, daß sie, am äußersten nördlichen Fuße der Ardennen hinlaufend,
eine ununterbrochene Rinne bilde. In geologischer Beziehung kann man
diese Rinne als die Hauptlinie des Scheldcgebiets bezeichnen, in welche
alle Ardennenflüsse: Geete, obere Dyle, Senne, Dcnder, obere Schelde,
obere Lys, sich ausschütten.
Wie in geologischer, so kann man auch in commercieller und poli-
tischer Beziehung jenen Canal als die hauptsächlichste und namentlich
für Deutschland wichtigste Linie des Scheldegebiets bezeichnen. Wie
die Gewässer, so fluteten in ihm auch stets der Verkehr, der Handel,
die Armeen, die Völker in dieser Richtung. Ein ganzes Bündel von
Straßen, das von Köln, Bonn und Düsseldorf am Rhein ausgeht, sich
über Aachen, Lüttich, Mastricht in die Niederlande wirft, an den Flüs-
sen und in die Rinne am Nordfnße der Ardennen über Hasselt, Löwen,
Brüssel nach Gent, Antwerpen, Brügge geht, bezeichnet diese Richtung.
Diese Straßenrichtnug, sowie jene tief ins Land eindringenden Meeres-
fluten und Schifffahrtslinien, bewirkten es, daß der Scheldearm gleich-
sam ein 9t eben arm und das Schcldeland gewissermaßen ein zwei-
tes Mündung stand des Rheins wurden. Daher hauptsächlich
die große Haudelsblüthe dieser Striche im Mittelalter, daher auch jetzt
wieder in neuerer Zeit ihre Bedeutsamkeit für Deutschland, seitdem auch
eine große Eisenbahn von Köln her in derselben Richtung sich bis zu
der Mündung der Schelde ausgebildet hat.
Zum Theil in Folge dieser Verhältnisse wurde das Scheldeland
eine mit so reichen und blühenden Städten geschmückte Gegend, zum
Theil aber auch, ganz abgesehen von seiner Weltlage, in Folge seines
eigenen Naturreichthums und seiner innern Fruchtbarkeit. Der größte
Theil des untern Scheldelnndes ist, wie Holland, ein Geschenk des Flus-
Pl'ch, Charakteristiken zur vergleichenden Erdkunde. Ii. ^
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Extrahierte Personennamen: Senne
Extrahierte Ortsnamen: Belgiens Rheinmündungslande Holland Maas- Rheinlinien Rheinmündungsland Holland Gent Gent Deutschland Bonn Rhein Aachen Niederlande Hasselt Gent Antwerpen Rheins Deutschland Holland
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
Geschlecht (WdK): Jungen
120
Iii. Länder- und Völkerkunde. A. Europa.
Städte hat unter 20,000 Einwohner, drei unter ihnen aber über
60,000. Sie sind rings umher von einer Menge anderer kleiner
Städte und sehr volkreicher Dörfer umgeben. Hier ist der bevölkertste
und lebenreichste Strich des ganzen Königreichs. Hier zwischen der
Maas- oder Rheinmündung und dem südwestlichen Ende der Südcrsee
ist der eigentliche Kern, das Hauptstück der ganzen Niederlande. Hier
in der angegebenen Linie von Rotterdam nach Haag, nach Haarlem und
Amsterdam, dieser Linie des vornehmsten Binnenverkehrs des Landes,
bildete sich auch die erste Eisenbahn aus, die nun schon in den letzten
Jahren auch auf Utrecht und Arnheim weiter gewachsen ist. Die
Maas- und Rheinarme im Süden, das Haarlemer Meer und Hct I,
das Meer von Gouda im Norden und Osten und die Dünenkette und
die Seeküste im Westen schälen dieses Haupt- und Kernstück des Kö-
nigreichs, welches in der Geographie die Provinz Süd-Holland genannt
wird, heraus.
Die westlichen Provinzen, Gelderland, Overyssel, Drenthe, bilden
den Rücken und die Schattenseite von Holland, die Küstenprovinzen aber,
Seeland, Süd- und Nord-Holland, das Angesicht und das Haupt.
Jene sind weniger fruchtbar und wilder und daher auch weniger be-
völkert. Diese umfassen alle den fetten Bodensatz, den die Flüsse her-
abführten, und haben außerdem die Hauptausgänge zum Meere und
daher natürlich auch den reichsten Ackerboden, die vornehmsten Märkte,
Verkehrs- und Handelsplätze. Daß aber Süd-Holland, als das Haupt-
Theater niederländischer Thätigkeit und Geschichte, so bevorzugt sein
mußte vor Nord-Holland auf der einen und vor Seeland ans der an-
deren Seite, folgt eben so natürlich aus der Betrachtung der geogra-
phischen Verhältnisse. In dieser Richtung von Norden nach Süden
endigte die holländische Welt dort mit den letzten Landausläufern bei
Helder, Enkhuizen u. s. w., hier mit den südlichsten Besitzungen der
Holländer an der Schelde. Süd-Holland hatte daher in dieser Bezie-
hung eine centrale Lage und wurde so mit Recht der Sitz der Re-
gierung, der alten Grafen von Holland, der jetzigen Könige, und eben
hier entstand denn auch die spätere Residenz und Hauptstadt, das Haag.
Seeland im Süden besteht ans einer Gruppe sehr zerrissener kleiner
Inseln, die gleich vor Anker liegenden Schiffen stets von den Wellen
geschaukelt und bedroht wurden. Auch waren alle Theile dieses Landes
sowohl von einander als vom Ganzen sehr isolirt und zu Zeiten von
diesem gänzlich getrennt. Sie waren daher wenig geeignet, die Ent-
stehung großer und volkreicher Städte zu befördern, die immer mit dem
Ganzen in Verbindung zu bleiben wünschen, und deren Leben, gleich
dem Leben viele Wurzeln treibender Bäume, immer nur von einem
mehr oder weniger großen Landstriche aus genährt werden kann.
Nord-Holland war eine einige, compact, aber doch sehr isolirte
Insel, auf der einen Seite von der Südcrsee, auf der anderen vom
Ocean umgeben und durch sie von inniger Verbindung mit dem Nach
barlande ausgeschlossen. Süd-Holland dagegen stellt sich als der eigent-
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Maas- Rheinmündung Südcrsee Rotterdam Haarlem Amsterdam Overyssel Drenthe Holland Seeland Seeland Süd-Holland Holland Nord-Holland
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
Geschlecht (WdK): Jungen
136 Iii. Länder- und Völkerkunde. A. Europa.
182. Die Bevölkerung Großbritanniens *).
(Nach Albr. v. Roon, Grundzüge der Erd-, Völker- und Staateukuude.)
Die heutigen Bewohner der vereinigten Königreiche sind theils ger-
manischen, theils celtischen Stammes; der letztere ist der ältere,
ureingeborene, der erstere der numerisch und politisch herrschende.
Nachdem die auch Großbritanniens ebenen Süden umfassende Römer-
herrschast zusammengebrochen, bildeten die deutschen Stämme der An-
geln und Sachsen den Keim der nachmaligen germanischen Bevölke-
rung und Obmacht. Dänische und normännische Abenteurer verstärkten
bekanntlich das germanische Element, ungeachtet sie die Sachsenherrschaft
und das L-achsenthum bedrängten. Nichtsdestoweniger erscheint dieses
letztere, durch zahlreiche Nachsahrer aus der Heimath verstärkt, als der
Haupt-Typus der germanischen Bevölkerung Britanniens. Diesen hat
die nachfolgende Ueberflutnng durch die normännisch-französische Völker-
welle nicht verwischt, vielmehr aufgefrischt, denn sie war ebenfalls
ihrem Urwesen nach germanisch. Dies sind die Elemente, aus deren
Verschmelzung auf britischem Boden ein Volksthum entstanden ist, das
in gewissen Beziehungen unter allen germanischen das kräftigste genannt
werden muß. Die heutigen Engländer sind daher vorzugsweise als
die Söhne jener ersten angelsächsischen Eroberer und Einwanderer zu
betrachten, wenngleich sie auch anderes germanisches und im Laufe der
Zeit nicht wenig celtisches Blut in sich aufgenommen haben mögen.
Dies letztere wenigstens ist fast ohne alle erkennbaren äußerlichen Spuren
assimilirt worden, während die zwar in ihren Wurzeln und Formen
dem Niederdeutschen noch immer sehr ähnliche englische Sprache durch
die als Sieger und mit überlegener Bildung über den Canal gekom-
menen französirten Normannen eine unverkennbar fremdartige Beimi-
schung erhalten hat.
Diese Sprache ist gegenwärtig in beiden Königreichen die entschieden
vorwaltende, so daß es nur noch verhältnißmüßig wenige abgelegene
Grafschaften in West-Irland, Hoch-Schottland, Wales und Cumberland
gibt, wo ihr die Herrschaft von den der celtischen Urbevölkerung eigen-
thümlichen kymrischen und erfischen Mundarten bis jetzt streitig gemacht
wird. Die celtische oder gälische Bevölkerung besteht nämlich aus den
beiden einander nahe verwandten Stämmen der Briten oder Kymren
und der Gälen oder Ersen. Beide theilen sich wieder in zwei
dialektlich verschiedene Völkerschaften. Zu den ersteren gehören die
Wälschen oder Walliser, welche in dem größten Theile von Wales
ausschließlich die ländliche Bevölkerung bilden, und die Cambrier
oder die cambrischen Briten in den Gebirgsgegenden der Grafschaften
Cumberland und Westmoreland.
*) Vgl. des Nordamcrikaners Ralph Waldo Emerson's Charakteristik der
Engländer in K. Andree's geographischen Wanderungen, I. S. 14 ff.
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Extrahierte Personennamen: Ralph_Waldo
Extrahierte Ortsnamen: Europa Sachsen Britanniens West-Irland Hoch-Schottland Wales Wales Westmoreland
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
Geschlecht (WdK): Jungen
219. Uebersicht der Flüsse und des Canal-Systems Rußland«. 249
als würdiges Gastgeschenk dem edelsten Gaste dargeboten, den seine
Felsen und Wälder noch gesehen haben.
Gegen 150,000 Arbeiter beschäftigt dieser Bergbau: theils in den
Gruben, theils als Hüttenarbeiter, theils bei der Zufuhr des Holzes
und der übrigen Bedürfnisse. Es sind Leibeigene, von Privatbesitzern
übersiedelt oder von der Krone zur Beförderung des Bergbaues über-
wiesen.
Die großen Etablissements der Krone und dieser wie anderer reicher
Eigenthümer sind durch die waldbedcckte Gegend zerstreut. Es sind
Orte von mehreren tausend Einwohnern, lauter Leibeigenen, die mit
Berg- und Hüttenarbcit beschäftigt sind, unter genauer Aussicht stehen,
aber sich eines gesicherten, oft verhältnißmäßig wohlhabenden Daseins
erfreuen.
Katharinenburg ist der Hanpt-Mittclpnnkt dieses Bergbaues. Hier
leben noch die Nachkommen der Deutschen, welche unter Peter dem
Großen hergezogen, zuerst die geheimen Schatzkammern des Gebirges
aufgeschlossen haben.
819. Acbrrslchi der Flüjse und des Eiinal-Systems Rußlands.
(Nach I. G. Kohl, Reisen im Innern von Rußland und Polen, E. Kapp,
philosophische Erdkunde, und Karl Ritter, über Veranschaulichungsmittel räum-
licher Verhältnisse bei graphischen Darstellungen.)
Die Wolga ist eine völlig ununterbrochene, überall ziemlich tiefe
Wasserstraße, ohne alle Wasserfälle, Stromschnellen und Felsen, von
430 Meilen Länge, und es ist jammerschade, daß ein so wundervoller
Schifffahrts-Canal keine andere Weltstellung hat. Alle zum schwarzen
Meere gehenden Flüsse, so wie die in die Ostsee fließenden, kommen
ihr in Bezug ans ihre Qualitäten nicht im Entferntesten nahe. Die
Ostseeflüsse sind fast alle sehr seicht und die Donau und der Dniepr
sind wegen ihrer Felsen und Wasserfälle sehr schwer nutzbar. Der
Don leidet den größten Theil des Jahres an Wassermangel, die
„Mutter" Wolga dagegen ist in aller Hinsicht vorzüglicher; doch hat
sie leider nirgends eine natürliche, offene, freie Communication mit
irgend einem mit dem Oceane verbundenen Weltmeere. Wie ihre
Wurzel aus den Sümpfen und Morästen des Waldairückens hervortritt,
so verbirgt sie ihr Haupt in die seichte Brandung des rings umher
gesonderten, abgeschlossenen und von Wüsten und barbarischen Nationen
umwohnten kaspischen Sees. Sie ist daher für den Welthandel weit
weniger nutzbar und wichtig, als irgend einer der anderen Hauptströme
Europa's. Für den Binnenhandel des russischen Reiches dagegen ist sie
um so wichtiger und einflußreicher, ja, in dieser Hinsicht steht sie so
hoch wie kein anderer Fluß des stromreichen Rußlands, und es ist
wahrscheinlich, daß über die Hälfte des ganzen russischen Binnenhandels
/
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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TM Hauptwörter (200): [T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle]]
Extrahierte Personennamen: Peter_dem
Großen Karl_Ritter Karl
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Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
Geschlecht (WdK): Jungen
64- Iii. Länder- und Völkerkunde. A. Europa.
reichen Flußthäler besonders erleichtert wird. Nur das eigentliche
Hochgebiet der Sevcnnen macht in dieser Rücksicht eine Ausnahme.
Nach dem Bisherigen ergibt sich also, daß das Verhältniß der
Gebiete der Seine und der Rhone den Ausgangspunkt bilden müsse
bei der Betrachtung der Landesnatur Frankreichs, so weit diese der
Geschichte zu Hülfe gekommen ist. Die Seine vermittelt Frankreich
mit dem germanischen, die Rhone mit dem romanischen Europa; die
Seine hat Paris, die Rhone Lyon, die zweite Stadt Frankreichs, ge-
boren, die Seine mündet in das nördliche Meer, den Ocean, die Rhone
in das südliche Meer, die Thalassa. Loire und Garonne stehen wedel-
unter sich, noch mit einem der erstgenannten Flüsse in ähnlichem Gegen-
satze, beide mit ihren Hauptflüssen demselben Qnelllande und derselben
Meerseite, der westlichen, angehörend; aber die Loire schließt sich mehr
der Seine, die Garonne mehr der Rhone an. Loire und Garonne
führen Frankreichs germanische und romanische Seite in einander über.
Die Flüsse Frankreichs sind schöner, größer, schiffbarer und domi-
nirender, als die seiner südlichen und nördlichen Nachbarländer (Spa-
nien, Italien, Großbritannien), zugleich gehören sie dem Lande fast alle
von der Quelle bis zur Mündung an. Daher waren seine Flüsse
immer sehr entscheidend bei allen das Land und Volk berührenden
Fragen, und in neuerer Zeit hat Frankreich sogar die Flüsse als Hanpt-
grnndlage seiner politischen Eintheilung gewählt.
159. Die Rhone (im vergleich zum Rheine).
(Nach F. H. Müller, die deutschen Stämme.)
Die Rhone ist der große französische Alpenstrom, welcher die mei-
sten Gewässer der Westalpen in das Innere von Frankreich hineinführt.
Genauer ist sie aber als das große burgundische Stromsystem zu
bezeichnen, in so fern das ursprüngliche Burgundien, aus welchem alle
spätern burgundischen Reiche und Herrschaften hervorgegangen sind, mit
ihrem Flußgebiete im Allgemeinen zusammenfällt. Da die Rhone gleich
dem Rhein in der Mitte des Alpenlandes auf der Plateaumasse des
St. Gotthard und zwar dicht neben den Rhein-Quellen ihren Ursprung
nimmt, so zeigt sich auch eine gewisse Verwandtschaft zwischen den
Stromsystemen des Rheines und der Rhone, obschon sie beide wiederum
durch ihre Natur und Weltstellung wesentlich von einander verschieden
sind. Der Rhein entspringt zwar in dem Herzen des Alpenlandes,
bricht aber auf dem nächsten Wege aus demselben heraus, verläßt das-
selbe gänzlich und bahnt sich durch die mitteleuropäischen Gebirgsmassen
einen Weg, um sich fern von dem Alpenlande in das Meer zu ergießen.
Die Rhone bricht zwar auch auf dem gradesten Wege westwärts aus
dem Alpenlande hervor, aber sobald sie in die ihm angelagerte Ebene
eingetreten ist, wendet sie sich um und läuft nun an dem Westsaume
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Extrahierte Personennamen: F._H._Müller Gotthard
Extrahierte Ortsnamen: Europa Frankreichs Frankreich Europa Paris Lyon Frankreichs Frankreichs Frankreichs Italien Frankreich Rheine Frankreich Rhein Rhein-Quellen Rheines Rhein
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
Geschlecht (WdK): Jungen
334. Das Binnenland Nord-Amerika's.
621
rigkeiten stößt, als manches Eisenbahn-Netz in Süddeutschland. Die
Niveau-Verhältnisse in Nord-Amerika sind solchen riesenhaften Commu-
nications-Projecten überaus günstig.
Westlich vom Mississippi an den Ufern des Missouri und seiner
tributären Flüsse dehnen sich die größten Savannen der Welt aus.
Die Steigerung von der Mündung des Missouri (388 Fuß) bis zur
Höhe des Southpaß in den Rocky-Mountains (7490 Fuß) ist eine so
gedehnte und allmählige, daß, ungeachtet die Wasserscheide dort eine Höhe
erreicht, welche der Paßhöhe des Simplon und St. Gotthardt nahe
kommt, doch der Verkehr nirgends auf ernste Schwierigkeiten stößt und
selbst jetzt, wo nicht einmal ein gebahnter Fahrweg durch die Savannen
führt, die schwerbepackten Wagen der Mormonen und der nach Californien
und Oregon ziehenden Auswanderer in der guten Jahreszeit leicht nach dem
Southpaß gelangen. Bei so langsamer Steigerung der Hochebenen von
Osten nach Westen war es dem Capitän Fremont*) nicht leicht, den
Culminationspunkt des Wasserscheiders zu finden, der in den mauer-
ähnlich aufsteigenden Hochgebirgen Europa's so leicht zu bestimmen ist.
Wie sehr eine solche plastische Gestaltung der Oberfläche die Ausfüh-
rung von Schienenwegen im riesenhaftesten Maßstabe ermöglicht, fällt
klar ins Auge. Die Ausdehnung der Hochebene in den Rocky-Moun-
tains zwischen dem 37. und 43. Breitengrade ist nach Humboldts Be-
merkung ziemlich einzig in der Welt.
Eben so wie die Niveau-Verhältnisse in dem geognostischen Bau
Nord-Amerika's den national-ökonomischen Fortschritt mächtig begünstigen,
so kommt auch die petrographische und orographische Beschaffenheit des-
selben dem raschen Wachsthum der ungeheuren Republik überaus zu
Hülfe. Die älteren Flötze bieten Steinkohlenlager und gute Bausteine,
während unendlicher Mctallreichthnm die Durchbrüche des Trappge-
steins begleitet und die Bildungen des Alluviums, welche zum Theil noch
unter unseren Augen fortdauern, dem Boden jene erstaunliche Frucht-
barkeit verleihen, die man am meisten im fetten Bottomlande des Mis-
sissippi-Thales bewundert. Nicht übertrieben nennt Herr v. Tocqueville
dieses herrliche Thal von 3000 englischen Meilen Länge, dessen üppi-
ger Boden mit allen Producten des Nordens auch die Baumwolle und
das Zuckerrohr hervorbringt: „la plus magnifique demeure que
Dieu ait jamais préparée pour riiabitation de l’homme.“
In den meisten Staaten der Union, wie auch in Canada, sind be-
reits Steinkohlen- und Anthracit-Flötze als zusammenhangende Lager
von großer Ausdehnung aufgefunden oder wenigstens Spuren ihres
beschränkten Vorkommens entdeckt worden. Pennsylvanien, Ohio, Illi-
nois, Missouri, Arkansas und Alabama sind damit am reichsten geseg-
net. In Ohio sind diese Lager ausgedehnter, als jene des berühmten
*) Oberst Fremont machte in den Jahren 1842-45 drei Entdeckungsreisen im
Westen Nord-Amerika's, zuletzt bis nach Californien. Vgl. K. Andrer aeo-
graphische Wanderungen I. 302 ff.
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