Neuere Geschichte.
Zweiter Zeitraum.
Vom westfälischen Frieden bis zur grossen französischen Revolution.
1648—1789.
§ 1. Zeitrichtung.
1) Holland und England nehmen durch Handel und überseeische Ansiedelungen einen gewaltigen Aufschwung und entwickeln sich, zumal bei dem Niedergänge Spaniens, zu herrschenden Seemächten. (Zeitweise Vereinigung beider.) Hier gehen aus Stürmen der Revolution im Staatsleben verfassungsmässig geordnete Zustände hervor.
2) Dem entgegengesetzt gelangen im übrigen Europa die Landesherren nach Auflösung des ritterlichen Lehnsverbandes und dem Sinken der Städte (in Deutschland auch infolge der Verleihung der Majestätsrechte an die Kurfürsten und in den protestantischen Ländern auch infolge der Abhängigkeit der Geistlichen von den Landesherren) zu immer selbständigerer Macht. Söldnerheere, seit dem 30jährigen Kriege auf immer längere Zeit geworben, bald nach Frankreichs Vorgang stehend im Dienst („Soldaten“), führen die Kriege der Fürsten, deren Ziele durch fürstliche Hauspolitik bestimmt werden. Vermöge dieser vorherrschenden Zeitrichtung wird der Zeitraum gewöhnlich als das Zeitalter unbeschränkter (absoluter) Fürstenmacht bezeichnet.
Besonders glanzvoll entfaltet sich die unbeschränkte Fürstenmacht in Frankreich unter Ludwig Xiv., dessen Hof Muster und Vorbild aller übrigen Fürstenhöfe wird.
3) Das durch den dreissigjährigen Krieg entkräftete und zerrüttete Deutschland steht im N. den Schweden, im W. den Franzosen, die sich darin eingenistet haben, offen. Das Reich, durch den Verlust mehrerer kräftiger Glieder (Schweiz und Niederlande) geschwächt und durch Verleihung der Landeshoheit an die grossen Reichsfürsten dem Zerfalle nahe,
Schultz, Neuere und neueste Geschichte. i
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4 Die englische Staatsumwälzung. — § 2. Die Anfänge der Bewegung.
1628
1629
bis
1640
1640
Regierungszeit). Das eintretende Geldbedürfnis treibt, zumal bei den erfolglos geführten Kriegen, die Regierung zu eigenmächtigen Steuererhebungen. Das Parlament bringt 1628 die „Bitte um Recht“ (Petition of right) ein, durch die der Bürger vor willkürlicher Verhaftung und Eintreibung nicht bewilligter Steuern geschützt werden soll, und dringt dem König die Bestätigung ab. (Eins der Grundgesetze der englischen Verfassung). Der leidenschaftlich erregten Volksstimmung fällt Buckingham zum Opfer (Ermordung zu Portsmouth, wo er die Rüstungen zum Entsatz von La Rochelle betrieb).
Iii. Die parlamentlose Regierung. 1629—1640. Der staatskluge und von guten Absichten geleitete, aber ehrgeizige Graf Strafford nimmt, von der Opposition zum König übergetreten, die Staatsleitung in die Hand und regiert 11 Jahre ohne Berufung des Parlaments.
Zugleich macht der starrköpfige und engherzige Laud, Erzbischof von Canterbury, die Allmacht des Staates auch auf kirchlichem Gebiete geltend und sucht die Kirchenein heit mit Gewalt durchzuführen.
Beide stossen auf Widerstand.
Die eigenmächtige Auflegung des „Sch iffs gelde s“ (sonst nur von der Küstenbevölkerung erhoben) erzeugt Erbitterung. (John Hampdens Zahlungsweigerung und Einspruch. Versuche der Auswanderung.)
Ausbruch der Empörung in Schottland.
Die von Laud angeordnete Einführung des anglikanischen Gottesdienstes wird als Rückkehr zum Papsttum betrachtet. Störung des Gottesdienstes im Dom zu Edinburgh. Zusammentritt des Adels, der Priesterschaft und der Städte zu gemeinsamer Abwehr. Die revolutionäre Regierung des „Kovenant“ nimmt die Leitung der Dinge in die Hand.
Iv. Wiedereinberufung des Parlaments. Bei
drohendem Angriff der Schotten beruft Karl 1640 zur Bewilligung der Kriegskosten wieder ein Parlament („das kurze ). Baldige Auflösung dieses bei mangelnder Willfährigkeit. Das aus den Neuwahlen hervorgegangene neue Parlament („das lanae“) zählt unter seinen Mitgliedern die heftigsten Gegner der Regierung (Hampden, Pym, Cromwell) und beginnt seine Thätigkeit mit der Anklage Straffords wegen Hochverrats Dessen glänzende Verteidigungsrede im Oberhause und endliche Verurteilung zum Tode (nur vermöge eines
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Extrahierte Personennamen: Strafford von_Canterbury John_Hampdens Karl Karl Cromwell
Zeitalter Ludwigs Xiv. — § 7. Begründung der unumschränkten etc. 13
Seine Regierung für den minderjährigen Ludwig Xiv. unter der Regentschaft der Königin-Mutter Anna und in den ersten Jahren vor dessen Grossjährigkeit (1643—1661). Kampf gegen die Fronde (die von neuem mächtig emporstrebenden und das durch Steuerdruck erbitterte Volk für sich gewinnenden Adelsparteien) in den ersten Jahren nach dem westfälischen Frieden, insbesondere gegen den Kardinal Retz und den Prinzen Ludwig von Conde, den ausgezeichneten Heerführer im dreissigjährigen Kriege. Genötigt (1659) ins Ausland zu gehen, behält Mazarin doch als Beirat der Regentin Einfluss auf die Regierung und kehrt bereits nach einem Jahre nach Frankreich zurück, wo das Volk sich von dem eigensüchtigen Adel abwendet.
Vergrößerung Frankreichs durch den westfälischen (s. vor. Abteilung) und den pyrenäischen Frieden (1659), den Abschluss eines langjährigen, zum Teil schon mit dem dreissigjährigen zusammenfallenden Krieges mit Spanien. Frankreich erhält Artois mit Arras, Teile von Flandern und Lothringen (Diedenhofen) und erweitert seine Grenze bis an die Pyrenäen.
Ii. Der neue Selbstherrscher. Nach dem Tode Mazarins übernimmt Ludwig Xiv., durch jenen in die Herrscherkunst eingeweiht, 2zjährig, selbständig die Staatsleitung.
[Ludwig, ausgezeichnet durch glänzende Gaben des Körpers und des Geistes, im Besitz der Fähigkeit, die bedeutendsten Kräfte zu erkennen und sich dienstbar zu machen. Trotz des Strebens, als guter Herrscher Frankreich gross und glücklich zu machen, sind seine Schritte doch häufig mehr durch Selbstliebe und Eitelkeit als Rücksicht auf das Gemeinwohl geleitet],
Die Einheit des Staates, wie sie durch Richelieu und Mazarin hergestellt war, verkörpert sich in dem Fürsten selbst, in dem sich alle Staatsgewalt vereinigt. Wie unter jenen Staatsmännern, keine Berufung von Reichsständen. Der Widerstand der „Parlamente“ (Gerichtshöfe, zu deren Befugnis die Eintragung neuer Gesetze gehörte) wird durch Erscheinen des Königs in einer sogenannten ,,Kissensitzung“ (lit de justice) gebrochen und erlahmt endlich gänzlich. Ausspruch des jungen Ludwig diesen gegenüber: ,,1’etat c’est moi“(?). Gewöhnung der Unterthanen an willenlosen Gehorsam und Abhängigkeit nicht nur von den Geboten, sondern auch den Launen des Selbstherrschers. Glänzende Aussen-seite der neuen Herrschaft. Gewissenlose Politik fremden Mächten gegenüber.
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreichs Spanien Frankreich Arras Lothringen Frankreich
50 Preussische Monarchie. — § 17. Der erste schlesische Krieg.
§ 17. Der erste schlesische Krieg.
1740—1742.
I. Stellung Österreichs. Hinterlassenschaft Karls Vi., ein durch den Türkenkrieg (§ 16, Ii, 1) erschöpfter Staatsschatz und ein geschwächtes Heer. Die leitenden Staatsmänner alt und unfähig. Das Volk von Adel und Geistlichkeit in Bevormundung gehalten und durch Teuerung gedrückt. Und nun Feinde ringsum! Bayern, das die pragmatische Sanktion nicht anerkennt (§ 16, Ii, 2), erhebt Anspruch auf österreichische Erbländer (Karl Albert, Gemahl einer Tochter Kaiser Josephs I., beruft sich als Abkömmling einer Tochter Kaiser Ferdinands I. auf dessen Testament, das beim Aussterben der männlichen Linie der Habsburger den Abkömmlingen der weiblichen die Erbfolge zugesagt haben sollte). Frankreich ist bereit, dessen Anspruch zu unterstützen. Bei Friedrichs Angriff erscheint der Zerfall der österreichischen Erbmonarchie unvermeidlich.
Maria Theresia nimmt ihren Gemahl zum Mitregenten an und ist selbst rastlos für Besserung der Zustände thätig, kann aber bei dem Mangel an Heer und Schatz ihre Rechte nicht mit Nachdruck verteidigen.
Ii. Der Krieg, i) Friedrich rückt von Krossen aus in Schlesien ein. Freudige Aufnahme des evangelischen Königs seitens der von Österreichs Druck * aufatmenden Protestanten. Breslau bleibt neutral; Neisse und Brieg werden umschlossen; Schlesien ist fast ohne Schwertstreich in die Gewalt Friedrichs gelangt. Erneute Anerbietungen zur Unterstützung bei Verteidigung der pragmatischen Sanktion werden von Maria Theresia abgelehnt. 1741 rückt ihr Feldherr Feldmarschall Neipperg in Schlesien ein.
t April 1741. Sieg Friedrichs bei Mollwitz (1 Meile westlich von Brieg).
[Die österreichischen Reiter bringen Friedrichs rechten Flügel ins Wanken. Der König, selbst in Gefahr, wird durch seine Generale bewogen, das Schlachtfeld zu verlassen. Das Fussvolk unter Schwerin hält unerschüttert stand. Dem unausgesetzten Gewehrfeuer (Schulung des alten Dessauers) müssen die Österreicher weichen.]
Brieg, Glogau, Breslau fallen in Friedrichs Hand
2) Sein’ Kriegsglück ermutigt die Gegner der pragmatischen Sanktion zum Angriff auf die österreichischen Erbländer
* Bei der Gegenreformation waren die Bauern durch die Lichtensteiner Dragoner („die Seligmacher“) in die Messe gehetzt worden.
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Napoleons Weltherrschaft. — § 43. Der Krieg von 1815. 131
§ 43- Der Krieg von 1815.
I. Zwist der Mächte. Der Wiener Kongress, eine glänzende Versammlung von gekrönten Häuptern, Gesandten und Staatsmännern, soll die künftige Gestaltung Europas beraten. Neben den vaterlandsliebenden Preussen Hardenberg, Wilhelm v. Humboldt und dem englischen Kriegshelden Wellington auch viel gewandte Ränkeschmiede, wie Talleyrand und Metternich, in der Versammlung. (Gentz Metternichs Protokollführer; Stein, obwohl von keiner Macht gesandt, übt doch als Oberhaupt der Centralverwaltung der rückeroberten deutschen Länder Einfluss auf die deutschen Angelegenheiten.) Herstellung der unumschränkten Fürstenmacht und Beseitigung freistaatlicher Einrichtungen das Ziel vieler Mitglieder. Feste und Lustbarkeiten* neben ernsteren Beratungen und Ränkespiel. Die Zukunft Polens, das Alexander von Russland für sich gewinnen und mit einer Verfassung ausstatten will, und Sachsens, das Preussen ganz für sich beansprucht, entzweit die Mächte. Ein neuer europäischer Krieg in Sicht!
Die Nachricht von der Flucht Napoleons aus Elba und seiner Landung in Frankreich stellt die Einigkeit wieder her.
Ii. Die hundert Tage. Napoleon, am 26. Februar 1815 aus Elba entflohen, landet am 1. März bei Cannes.
gegen ihn geschickt, geht zu ihm über, Soult, Massena u. a. kehren zu den alten Fahnen zurück; des wiedergekehrten Kaisers verheißungsvolle Proklamationen gewinnen die mit der wiederhergestellten Bourbonenherrschaft vielfach unzufriedene Bevölkerung. Die Königsfamilie flieht; Napoleon, wieder Herr der Dinge, zieht am 20. März in Paris ein Murat, der gegen das Versprechen, den Vicekönig von Italien zu bekriegen, sein Königreich Neapel behalten hat, er-< art den Krieg an Österreich. (Besiegt und flüchtig, wird er spater in Kalabrien ergriffen und erschossen.)
Iii. Der Krieg, a) Neuer Bund der Mächte und neue Rustungen. 4 Heere (600000 M.) stehen bald an der Rhein-hnie und an der Weser bis zur Nordsee schlagfertig. Die Nordarmee, gebildet von Engländern, Niederländern u. a. unter ur u,gt°n (darunter Braunschweiger unter Herzog Friedrich Wilhelm) und Preussen unter Blücher (etwa 150000 M.) kommt allein zum Schlagen.
* V§1- Rückerts Gedicht: Der Wiener Kongress.
9*
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Zeit der Rückströmung. — § 47. Verfassungskämpfe. 141
Ii. Rückströmung. Das Bedürfnis der Ruhe nach soviel Erschütterungen, die Erinnerung an das viele in Frankreich vergossene Blut, und der dadurch hervorgerufene Abscheu vor Staatsumwälzungen bringen eine Rückströmung hervor, die ebenso durch die Anschauung der Fürsten von dem Werte einer festbegründeten Selbstherrschschaft wie durch die romantische Gefühlsrichtung (§ 44, Iii) der Gebildeten genährt wird. *
a) Die Fürsten. (26. September) 1815 Abschluss der (26.Sept.) ,,heiligen Allianz“ zwischen dem Zaren Alexander I., dem 1815 Kaiser Franz I. und dem Könige Friedrich Wilhelm Iii.,
den Vertretern dreier verschiedener christlicher Bekenntnisse!
Ihr Gelöbnis: „ihre Völker gemäss der göttlichen Lehre Christi zu regieren als von Gott verordnete Familienväter in enger und unauflöslicher Brüderlichkeit“. Bürgschaft einer solchen Regierung nach der Vorstellung der Fürsten die Selbstherrschaft. Beitritt der meisten europäischen Staaten zu der Allianz (nur England, der Papst und die Pforte treten nicht bei).
b) Die Staatsmänner. Fürst Metternich, österreichischer Staatskanzler, ein schlauer und gewandter Diplomat, doch ohne ideale Begeisterung und Seelengrösse (schon beim Wiener Kongress thätig: das engherzige Zurücktreten Österreichs von der Stellung als Wacht am Rhein durch Aufgabe des Breisgaus sein Werk) bestimmt den Geist europäischer Diplomatie.
Seine Aufgabe, die verschiedenartigen Volksstämme Österreichs dem Zepter des Kaisers unterwürfig zu erhalten, sucht er durch Unterdrückung jeder freieren Regung zu erfüllen.
Daher ängstliches Überwachungssystem und politische Verfolgungswut (der italienische Dichter Silvio Pellico). Unmittelbar ist sein Einfluss auf deutsche und italienische Staatsleitung ; mittelbar lenkt er auch die meisten übrigen europäischen Staatsmänner. Verständigung auf Fürstentagen („Fürstenkongresse“ zu Aachen, Troppau, Laibach, Verona). Abmachung, jeden Staat in dem sich Volksbewegungen erheben, auf den Boden der Ordnung zurückzuführen.
Iii. Aufhebung der Verfassungen, i) Der
König Ferdinand I. von Neapel folgt der Einladung zu dem Fürstentage in Laibach und willigt trotz feierlich ge-
* Der katholische Philosoph Baader stützt u. a. die fürstliche Selbstherrschaft mit der Forderung einer Durchdringung der Staatskunst mit der Religion.
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164 Zeit erneuter Rückströmung. — § 55. Aufgang Louis Napoleons.
Ankauf des Jahdebusens und Anfänge preussischer Marine* (1856 Kampf gegen die Riffpiraten bei Marokko unter dem Prinzen Adalbert). Aufblühen des Genossenschaftsund Vereinswesens.
[Bildung von Rohstoff-, Konsum-, Vorschussvereinen, Anlegung von Kranken- und Sparkassen. — Neben den Handwerker- die evangelischen Jünglings- und die katholischen Gesellenvereine.]
Doch 1857 Abtretung Neufchätels, in dem sich eine königstreue Partei für Preussen erhebt, an die Schweiz!
§ 55. Der Aufgang Louis Napoleons.
I. Aufrichtung des Kaisertums.
[Louis Napoleon, Sohn des ehemaligen Königs von Holland gleichen Namens und der Hortense Beauharnais, der Tochter Josephinens, geb. 1808, verlebt seine Jugend als Verbannter im Auslande (Gymnasium zu Augsburg, Schloss Arenenberg in der Schweiz). Erzogen in dem Schicksalsglauben an seine Berufung zur Wiederaufrichtung des napoleonischen Kaiserthrones, macht er abenteuerliche Versuche zu Strassburg und zu Boulogne gegen das Königtum Louis Philipps (s. § 53, H)- Aus der Gefangenschaft zu Ham (s-w. von St. Quentin) entkommen, lebt er in London, sich mit den zeitbewegenden socialen Fragen eifrig beschäftigend. Klein von Gestalt, mit scharf geprägten napoleonischen Gesichtszügen, aber blondem Haupthaar, trotz anscheinend träumerischen Wesens ein scharfer Beobachter und feiner Urteiler. Als Staatsmann fähig, doch kein I1 eldherr.]
Louis Napoleon, 1848 zum Präsidenten der französischen Republik erwählt (s. § 53, Ii), 40 Jhr. alt. In dem von Unruhen zerwühlten Staatswesen gewinnt er sich die Zuneigung der unteren Volksklassen und die Ergebenheit des Heeres, macht sich durch einen Staatsstreich am 2. Dezember (Glückstag Napoleons I.) 1851 zum Präsidenten aut 10 Jahie und lässt sich 1852 zum Kaiser der Franzosen (Napoleon Iii.) wählen. Seinem Wahlspruch: „l’empire c’est la paix“ gemäss, giebt er durch Sorge für die Arbeiter und Erstickung der Unruhen seinem Lande den Frieden wieder.**
Ii. Der Krimkrieg. Gegensatz Louis Napoleons, des Emporkömmlings und Schutzherrn der Arbeiter, zu Nikolaus von Russland, dem Selbstherrscher und Schirmherrn alles unbeschränkten Herrschertums.
Nikolaus, in der kaum verhüllten Absicht, Konstantinopel, nach dem Traum der Russen die zukünftige Hauptstadt
* Die in den Sturmjahren gebildete „Deutsche Flotte“ war verauktioniert
worden (Hannibal Bischer).
** Er betrachtete sich als ein zweiter Augustus, als Nachfolger des
modernen Cäsar, Napoleons I.
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Extrahierte Ortsnamen: Marokko Holland Schloss_Arenenberg Schweiz Strassburg Boulogne London Napoleons Konstantinopel Napoleons
208 Neues Deutsches Reich. — § 65. Das Deutsche Reich im Frieden.
reits im Altertum in den Sklaven-, im Mittelalter in den Bauernkriegen auftauchend, wurde dadurch die bedrohlichste der Neuzeit Versuche einer Lösung ebenso durch wohldenkende Männer wie durch Phantasten und ehr- und gewinnsüchtige Streber.
[Die Lehren der französischen und englischen Socialisten, durch welche die Greuel der Kommune in Frankreich heraufbeschworen waren, gewinnen trotz des Scheiterns der Versuche, sie ins praktische Leben einzuführen, auch in Deutschland Boden.]
Einen bedrohlichen Charakter nimmt die Arbeiterbewegung in Deutschland seit dem Auftreten des Schriftstellers Lassalle (1862) an. Die Arbeiter sollen nach seiner Lehre durch Bildung grosser Verbände für selbständige gewerbliche Unternehmungen ihre eigene Arbeitgeber werden (kein neuer Gedanke, vgl. § 54, Vii.); um das Anlagekapital hierfür aber zu erhalten, solle der Staat zur Hergabe gezwungen werden und darum der 4. Stand (die Arbeiter) sich zum herrschenden machen. Noch weiter griff der 1864 zu London gegründete internationale Arbeiterverband (die „rote Internationale“), der unter dem Einflüsse des Schriftstellers Marx geradezu auf einen Umsturz der bestehenden Staatsund Gesellschaftsordnung ausging. Dem Einfluss dieser „Verbindung“ entspringt die deutsche Socialdemokratie. Ihre Mittel sind Arbeitsausstände („Strikes“) und gegenseitige Unterstützung der feiernden Arbeiter aus Vereinskassen. Folge der in die Arbeiterwelt gebrachten Erregung sind Arbeiteraufstände und Mordversuche (1878 zweimal auf das ehrwürdige Haupt Kaiser Wilhelms I.) Der Staat ist ge nötigt, durch ein „Socialistengesetz“ einen rechtlichen Ausnahmezustand zu schaffen. Versuche, auf friedlichem Wege der Socialdemokratie den Boden zu entziehen (die katholischen Gesellen-, die evangelischen Jünglings-, die Kriegervereine u. a.) schaffen nur teilweis Abhilfe. Die Heilung der als wirklich erkannten socialen Schäden nimmt Kaiser Wil-helm I. in die Hand. Die kaiserliche Botschaft von 1881 leitet eine durchgreifende Socialgesetzgebung ein. 1883 kommt das Krankenkassen-, 1884 das Unfallversiche-rungs -, 1889 das Alters- und Invaliditätsgesetz zu
stände, das seit dem 1. Januar 1891 in Kraft ist. Das Wer c wird durch Kaiser Wilhelm Ii. mit warmem Herzen weitergefördert (internationale Versammlung von Abgesandten Englands, Frankreichs, Belgiens, der Schweiz, Februar 1890. e ratungen über Zeit, Dauer, Art der Arbeit und über die Formen,
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Extrahierte Personennamen: Marx Wilhelms_I. Wilhelms_I. Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Altertum Frankreich Deutschland Deutschland London Englands Frankreichs Belgiens Schweiz
Die englische Staatsumwälzung — § 2. Die Anfänge der Bewegung. 3
Vereinigung der drei Reiche England, Schottland, Irland zu einem Reiche unter dem Namen „Grossbritannien“! Die Vorstellungen der Stuarts von der Majestät des Thrones und seiner aus göttlicher Rechtsordnung entspringenden Machtbefugnis rufen bei dem Gegensatz zu der freiheitlichen Zeitströmung, die seit Johann ohne Land (magna charta) nie ganz geschwunden, alle Kreise durchdringt, Zusammenstösse hervor. Diese führen das tragische Geschick des Hauses herbei.
Ii. Reibungen zwischen Krone und Parlament. 1) Jakob I., 1603—1625, Sohn der Maria Stuart 1603 von ihrem zweiten Gemahl Darnley, ein unschöner, eigen- ^is
williger und unköniglicher Herrscher. Die anglikanische 1625
Kirche mit ihrer Unterordnung unter die Bischöfe und den König als Oberhaupt (Suprematseid) wird als alleinige Staatskirche anerkannt. Jakobs Hass gegen die Puritaner, deren rücksichtslose Strenge er als König von Schottland (Jakob Vi.) gefühlt hatte und deren demokratische Kircheneinrichtungen seinem Majestätsbewusstsein widersprachen, trifft diese Partei hart. Zugleich Bedrückung der Katholiken. Letztere stiften 1605 eine Verschwörung an: König 1605 und Parlament sollen bei einer Sitzung durch Pulver in die Luft gesprengt werden (Pulververschwörung). Warnende Briefe, die einzelnen Parlamentsmitgliedern zugehen, führen zur Entdeckung und vereiteln die Ausführung.
Die Nichtunterstützung des unglücklichen böhmischen Wmterkönigs Friedrichs V. von der Pfalz durch Jakob, seinen Schwiegervater, erregt beim englischen Volke Missstimmung. Willkürliche Rechtssprechung und Steuererhebung, Günstlingswirtschaft (Buckingham) u. a. rufen Zerwürfnisse hervor.
Der Zwiespalt steigert sich unter seinem Sohn und Nachfolger.
2) Karl I., 1625—1649, von grösserer Denkart als sein i62s Vater, besonders im Unglück, aber in den Vorstellungen bis seines Hauses befangen. Zwar Eintreten in die Kämpfe des 1649 dreissigjährigen Krieges (dänischer Krieg), auch Unterstützung der Hugenotten gegen Richelieu (La Roche Ile) der Volksstimmung gemäss, doch Beibehaltung des verhassten Buckingham und Vermählung mit der katholischen Prinzessin Henriette von Frankreich, der Schwester Ludwigs Xiii.,
Grund zur Missstimmung. Das Parlament bewilligt das sogenannte „Pfund- und Tonnengeld“ dem Könige nur auf ein Jahr (nicht dem früheren Brauche gemäss auf die ganze
1*
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Extrahierte Ortsnamen: England Schottland Irland Schottland Friedrichs
8 Die englische Staatsumwälzung. — § 5. England unter dem Protektorat.
1653
1653
bis
1658
knochen-) Parlament genannt. Trotz des auf das Staatswohl gerichteten Strebens seiner Mitglieder doch staatsgefährliche Beschlüsse! Daher Auflösung auch dieses Parlaments durch Cromwell. Eine neue Verfassung (vom General Lambert entworfen) vollendet 1653 die Militärdiktatur. Ein „Protektor“ wird an die Spitze des Staates gestellt, und zu dieser Würde Cromwell vom Staatsrat gewählt.
§ 5. England unter dem Protektorat.
1653 — 1658.
I. Der Protektor. [Oliver Cromwell, Sohn eines Landmanns aus guter Familie, verwandt mit dem Minister Heinri chs Viii., dem „Hammer der Mönche“, eine grobkörnige Natur von angelsächsischer Zähigkeit und willensstarker Entschlossenheit bei ungemeiner militärischer und staatsmännischer Begabung. Spät entwickelt, verbirgt er seine bedeutenden Fähigkeiten hinter einer unscheinbaren Aussenseite. (Ausspruch seines Vetters John Hampden: „Der plumpe Gesell wird, wenn es Ernst wird, der grösste Mann Englands werden“.) Von der treibenden kirchlichen und politischen Strömung erfasst, zieht er unerbittlich die Folgerungen seiner Grundsätze und zeichnet sich als Mitglied des langen Parlamentes durch radikale Anträge aus. Als Freiwilliger, 43 J. alt, mit seinem Sohne ins Parlamentsheer getreten, wird er bald die Seele des Heeres und sein Führer. Ohne gemeinen Ehrgeiz, benutzt er diese Stellung zur Verwirklichung der ihm vorschwebenden Vorstellungen von bürgerlicher und kirchlicher Freiheit und scheut, ohne eigentlich grausam zu sein, kein Mittel (auch nicht den Königsmord), um sie zu verwirklichen. (Vgl. den Militärdiktator Sulla). Die von ihm selbst angebahnte Militärdiktatur bringt Cromwell endlich an die Spitze des Staates],
Cromwell, als (lebenslänglicher) Protektor von königlicher Macht, wenn auch ohne den Königstitel, den er bei der Abneigung seiner alten Parteigenossen gegen die Königswürde ablehnt. (Vgl. Cäsar). Ihm zur Seite ein Staatsrat. Berufung eines neuen Parlaments. Wiedereinrichtung eines Oberhauses (ohnmächtig, da der alte Adel nicht wieder eintritt). Tüchtige Regierung im Innern. Durchführung der Staatseinheit in den 3 Reichen.
Ii. Staatsleitung nach aussen. Durch Eingreifen in den Krieg Frankreichs gegen Spanien gewinnt Cromwell Dünkirchen und Jamaika. (1659 Pyrenäischer Friede. S. u. § 7, I). Züchtigung der Seeräuber in Algier.
Iii. Wirkung. England beherrscht den atlantischen Ocean. Cromwell mächtigster Monarch, auch vom Auslande anerkannt (Ludwig Xiv. schreibt an ihn „mon pere“).
Zugleich als Hort der Christenheit den Heiden gegenüber und als Schutzherr der Protestanten angesehen.
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Extrahierte Personennamen: Cromwell Cromwell Cromwell Heinri John_Hampden Ernst Sulla Cromwell Cromwell Cäsar Cromwell_Dünkirchen Cromwell Ludwig_Xiv Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: England England Englands Frankreichs Spanien Jamaika Algier England