9
Diese drei Länder haben auch drei verwandte Sprachen.
Drei verwandte Sprachen haben auch im Osten Euro-
pas Polen, Galizien und Rußland, die im flachen Tief-
lande zusammenliegen und mit ihren Sprachen westlich
über die Weichsel heräberreichen. Dagegen reicht in
Preußen, welches von der Weichsel, wie die Niederlande
vom-Rhein, durchschnitten wird, die Deutsche Sprache
weit nach Osten über die Weichsel hin. Endlich ist Un-
garn mit Siebenbürgen südlich von den Ostlandern von
der Natur durch die Karpathen und durch die Donau,
wie durch die Sprache seines Volkes abgesondert. Aber
außer den Sprachen, durch welche man die Absonderung
der Lander im Allgemeinen erkennt, herrschen in einzel-
nen Gegenden der Lander noch andere, so daß ihrer noch
mehrere sind, als die genannten. Man erklärt sich ihre
Entstehung durch die Geschichte der Völker, man über-
sieht auch ihre Aehnlichkeit und Verwandtschaft.
Staaten.
§ 8. Nun ist aber Europa nicht nur in Lander,
sondern auch in Reiche und Staaten getheilt, und kei-
nesweges macht jedes Land auch einen Staat aus, daß
immer ein Herrscher auch ein Land besäße, sondern hier
sind mehrere Länder unter eine Herrschaft vereinigt, und
dort wieder ist eines unter mehrere Herrschaften ge-
theilt, und die Herrscher haben verschiedene Titel. Zwei
Kaiser sind in Europa, die außer ihrem Kaiserthum,
auch noch Königreiche besitzen: der Kaiser von Rußland
besitzt zu seinem großen Kaiserthum auch das frühere
Königreich Polen; der Kaiser von Oestreich aber hat
sein Kaiserthum aus'mehreren Königreichen zusammen-
gesetzt. Zu Ungarn und Galizien besitzt er in Deutsch-
land Böhmen und Illyrien mit mehreren daneben lie-
genden Fürstenthümern, und im nördlichen Italien das
Lombardisch-Venetianische Königreich. Der König von
Preußen hat mit dem Lande Preußen auch viele kleinere
Länder von Deutschland mit seinem Königreich' vereinigt.
Der König von England besitzt außer Großbritannien und
Irland auch noch ein Stück von Deutschland, das König-
reich Hannover. So hat auch der König von Däne-
mark außer diesem Königreiche noch das Deutsche Für-
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Extrahierte Personennamen: Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Polen Galizien Niederlande Donau Europa Europa Polen Galizien Illyrien Italien Deutschland England Irland Deutschland Hannover
bei dem athenischen Volke, vorzüglich Hei der unteren
Klasse desselben, so beliebt, daß er großes Ansehen in
der Stadt erlangte, und daß die Athener seinem Rath
folgten. So gab er ihnen denn auch den thörigten Rath,
den peloponesischen Krieg wieder anzufangen. Er spie-
gelte ihnen vor, wie sie dabei auch die Insel Sicilien,
welche auf der Seite der Spartaner war, well auch dort
ihnen verwandte Völker wohnten, erobern könnten, so
daß sie von den kühnen Anschlägen und Hoffnungen des
jungen Mannes ganz hingerissen wurden. Sie rüsteten
nun mit vielem Gelde eine große Seeflotte aus, auf
welcher Alcibiades, den sie zum Admiral ernannten, mit
noch einigen andern Feldherren, absegeln sollte, um Si-
cilien zu erobern.
Anklage des Alcibiades und Uebergang desselben zu den Spartanern.
§ 17. Es war ein festlicher Tag, wie diese große
Flotte, feierlich geschmückt, und unter dem Klang musi-
kalischer Instrumente, aus dem Hafen von Athen aus-
lief. Viele Menschen waren auch aus den anderen See-
städten herbeigesegelt, um das prächtige Schauspiel mit
anzusehen. Als aber diese Flotte in Sicilien angelangt,
und die Feldherren dort schon ausgestiegen waren, um
den Krieg zu beginnen, da kam ein heiliges Schiff aus
Athen, welä)es ihnen nachgesegelt war. Auf demselben
war eine Botschaft, welche dem Alcibiades den Befehl
brachte, er solle mit diesem Schiffe sogleich nach Athen
zurückkehren, um sich dort vor Gericht zu stellen. Er
war nämlich gleich nach seiner Abreise dort angeklagt
worden, daß er in der Nacht vor dem Abgänge der Flotte
mit seinen jungen Freunden in den Straßen Athens um-
hergestreift sey, und im frechen Muthwillen die heiligen
Bilder der Götter zerschlagen habe. Er mußte diesem
Befehle gehorchen, und das heilige Schiff besteigen, um
nach Athen zurück zu segeln. Weil er sich aber nichts
Gutes bewußt war, so beredete er unterweges seine Be-
gleiter, daß sie an der griechischen Küste anlandeten.
Da betrog er sie denn, und entfloh glücklich aus ihren
Händen. Nun wollte er sich an seinen Mitbürgern auch
dafür rächen, daß sie ihn vor Gericht gefordert hatten.
Er ging deshalb zu den Spartanern, ihren Todfeinden,
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Hand stutzte, und bis nach Athen hin, wo sie einkehrten,
sprach er auch nicht ein Wort mit Kleopatra. Endlich
kamen sie nach Aegypten wieder zurück, und mußten nun
mit banger Furcht erwarten, was Octavianus gegen sie
noch unternehmen wurde. Das war die Schlacht bei
Actium im Jahr 31 v. Ch. Geb.
Die Unterwerfung Aegyptens. Der Tod Kleopatras.
§ 20. Octavianus versäumte es auch nicht, sie da-
hin zu verfolgen, und wie er nun die Küsten Aegyptens
betrat, mußten auch Antonius und Kleopatra alle Hoff-
nung verlieren. Zuerst entleibte sich Antonius selbst,
und wie Kleopatra hörte, daß Octavianus schon daran
denke, sie dort in Rom vor seinem Triumphwagen her-
führen zu lassen, so war ihr das so schrecklich, daß sie
lieber den Entschluß faßte, sich giftige Nattern an die
Brust zu legen, denn sie konnte als Gefangene des Oc-
tavian kein anderes Werkzeug haben, und so ihr Leben
verlor. — Nun war Octavianus auch Herr von Aegyp-
ten, welches er denn ebenfalls zu einer Provinz des rö-
mischen Reichs machte, so daß nun von den Königrei-
chen, welche damals aus Alexanders Weltreich entstan-
den waren, keines mehr stand, sondern alle waren sie
nun der weitverbreiteten römischen Weltherrschaft un-
terworfen.
Entstehung des römischen Karserthums. Kaiser Augustus.
§ 21. Als aber Octavianus von seinen Siegen über
Antonius nach Rom zurückgekehrt war, so trugen sich
nun nicht nur mit dem r-ömischen Reiche, sondern auch
mit dem ganzen Menschenleben in Europa die allergröß-
ten Veränderungen zu. Zuerst wurde es in Rom selbst
völlig anders, dadurch nämlich, daß von jetzt an der
Senat und die Volksversammlung die wirkliche Herr-
schaft über das weite Reich nicht behielten, sondern sie
kam nun eigentlich an den siegreichen Octavianus, wel-
cher jetzt den Namen Augustus annahm, und weil er
über alle römischen Kriegsheere allein zu befehlen hatte,
nun auch allein Herr war über alle Länder des römi-
schen Reichs. So wurde denn aus der republikanischen
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Extrahierte Personennamen: Antonius Antonius Alexanders Augustus Augustus Antonius Augustus
Extrahierte Ortsnamen: Athen Rom Alexanders_Weltreich Rom Europa Rom
70
Die Völker des Nordens in Europa. Die Germanen. Des Augustus
Eroberungsabsichten.
§ 23. Bald aber nach diesem großen Ereigniß,
nämlich nach der Entstehung des Christenthums, welches
seinen Anfang in Asien nahm, erfolgte in Europa und
zwar in der Mitte dieses Welttheils ein anderes Ereig-
niß, welches für die Zukunft der europäischen Lander
und Völker ebenfalls von großer Wichtigkeit war, und
wodurch jetzt der Kaiser Augustus nach den glücklichen
Zeiten seines Lebens in große Betrübniß versetzt wurde.
Nämlich damals, als sich sein weites Kaiserthum nicht
nur über alle südlichen Lander Europas verbreitete, son-
dern auch nach Asien und Afrika hineinreichte, da wohn--
ten in den nördlichen Landern Europas von der Donau
und dem Rhein an nach Norden und Osten hin nock-
rohe Völker, welche die Bildung und die Sitten der
südlichen Lander noch nicht angenommen hatten, und auch
ihre eigene heidnische Gottesverehrung besaßen. Die
nächsten unter ihnen am römischen Reiche waren die al-
ten Deutschen oder'germanen, welche eben vom Rhein
und von der Donau an bis an die Nord- und Ostsee
und bis über die Oder hinaus ihre Wohnsitze hatten,
und vorzüglich tapfer und dabei auch sehr treuherzig und
redlich waren. Mit denselben hatten nun die Römer
seit den Zeiten des Julius Casar auch Krieg angefan-
gen, und der Kaiser Augustus hatte nichts weniger im
Sinn, als auch das weite und große Deutschland zu
erobern und zur römischen Provinz zu machen, wozu er
um somehr Hoffnung hatte, weil schon einzelne Striche
dieses Landes am Rhein und an der Donau unter sei-
ner Herrschaft waren. Weil nun alle Länder, die unter
das römische Reich gekommen waren, auch die Lebens-
weise, die Sprache und selbst die Kleidung der Römer
hatten annehmen müssen, so kam es jetzt in der weite-
ren Geschichte Europas auf nichts weniger an, als auf
die Erhaltung unseres deutschen Vaterlandes und seiner
damaligen Lebensart, von welcher ja die unsrige noch
ab stammt.
Der Cherusker-Fürst Herrmann. Die Schlacht am Teutoburger Wald.
§ 24. Da trat nun damals ein Mann auf, der
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Extrahierte Personennamen: Augustus Augustus Julius_Casar Augustus Augustus Herrmann
Extrahierte Ortsnamen: Europa Asien Europa Europas Asien Afrika Europas Donau Rhein Rhein Donau Ostsee Deutschland Rhein Donau Europas
74
um sie bekümmerten, und sie für zu gering und ihrer
Aufmerksamkeit nicht Werth achteten.
Verfolgung der Christen. Entstehung des Märtyrerthums.
§ 28. Nach und nach aber wurden sie bekannter,
und es hieß nun in Rom, daß diese Menschen, welche
eine besondere Gottesverehrung unter sich ausübten,
Feinde der wahren Götter, wofür nämlich die Heiden
die ihrigen hielten, und deshalb auch Feinde des römi-
schen Reichs und der römischen Kaiserherrschaft wären.
Und wie erst dieser Gedanke aufgekommen war, so fin-
den jetzt die römischen Kaiser an, und zwar der grau-
same Nero zuerst, die Christen zu verfolgen, und ihnen
die Ausübung der wahren Religion zu verwehren. Sie
hegten sogar die thörichte Hoffnung, unsere seligmachende
Religion aus ihrem heidnischen Reiche wieder ganz zu
vertilgen, und wollten so dem ewigen Rarhschluß Gottes
entgegen treten. Es wurde daher durch die Befehlsha-
der der Kaiser sowohl in Rom als auch in den anderen
Landern den Christen befohlen, ihren neuen Glauben da-
durch wieder abzulegen, daß sie wieder in den heidni-
schen Tempeln und an den Altären erschienen, um den
falschen Göttern und sogar auch den Kaisern, welche
sich selbst vergöttern ließen, zu opfern. So wahr und
mächtig aber hatte sich die christliche Religion in den
Herzen ihrer ersten Bekenner schon erwiesen, daß die
meisten es nicht scheuten, die Wahrheit des Glaubens
an den Erlöser mit dem Tode zu bekräftigen. Sie lie-
ßen sich lieber auf dem Scheiterhaufen verbrennen, oder
durch andere Qualen hinrichten, ehe sie ihren Glauben
verläugneten oder sich mit heidnischen Opfern besteckten,
und litten auf diese Weise den Märtyrertod, durch wel-
chen sie ein Zeugniß ablegten von der Wahrheit des
christlichen Glaubens. Das ist die Entstehung des Mär-
tyrerthums in der christlichen Kirche, welche sich demnach
in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts zutrug.
Bessere Zeiten des römischen Reichs. Vespasianas, Titus, Domitianus.
§ 29. Und dieses Märtyrerthum der christlichen
Kirche, welches unter Kaiser Nero seinen Anfang ge-
nommen hatte, dauerte nun im römischen Reiche meh-
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1 — 77 —
römischen Herrschaft wieder verschwand, da jetzt wieder
eine ganze Reihe zum Theil so grausamer Kaiser^ er-
schien, daß auch das alte Elend der römischen Volker
bald wieder zurückkehrte. Beinahe das ganze dritte
Jahrhundert ließ nun wieder die schrecklichsten Dinge
im römtschen Reiche erscheinen. Dazu wurden auch alle
Einrichtungen, welche die bisherigen besseren Kaiser
gemacht hatten, zerstört, daß immer Schlimmeres und
sogar der Untergang des Reichs zu befürchten war.
Da kam endlich zu Ende des dritten Jahrhunderts wie-
der ein besserer Kaiser auf den Thron, nämlich Diokle-
Lianus, der mit großer Weisheit das allgemeine Unglück
recht einsah. Er wollte demselben auch abhelfen, und das
römische Reich vor dem Untergange schätzen. Bei dieser
guten Absicht aber hegte auch er den großen Irrthum,
daß die Ausbreitung der christlichen Religion an dem
Verfall der römischen Einrichtungen schuld sey. So befahl
auch er eine neue große Verfolgung gegen die Christen,
welche aber auch die letzte war. Denn nachdem Dio-
kletian im Verdruß über das Mißlingen seines Vorha-
bens die Herrschaft niedergelegt und sich zu der länd-
lichen Beschäftigung des Gartenbaus gewandt hatte, so
kam nun ein Kaiser auf den römischen Thron, durch
welchen sich für die römischen Länder und für ganz
Europa eine große Veränderung zutrug.
Die Herrschaft Constantms des Großen. Erhebung des Christenthums
zur herrschenden Religion.
§ 33. Dieser Kaiser war Constantin der Große,
welcher zu Anfang des vierten Jahrhunderts auftrat.
Durch eine große Schlacht an der Tiber gegen Maxen-
tius, der ihm den Thron streitig machte, im I. 306 n.
Ch. Geb., gewann er das römische Reich. Und indem
er nun den Vorsatz des Diokletian, das Reich zu erneu-
ern und wieder herzustellen, durchsetzen wollte, so dachte
er nur hierbei wegen der Religion ganz anders. Wie
Diokletian geglaubt hatte, daß die Ausbreitung der christ-
lichen Religion der Wiederherstellung und dem Fortbe-
stehen des römischen Reichs nachtheilig sey, und sie des-
halb unterdrücken wollte, so hielt sich jetzt Constantin
von dem Gegentheil überzeugt. Er sah, daß sich das
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Extrahierte Personennamen: Volker Constantin Diokletian Constantin
81 —
wieß, und nach einer klugen und guten Herrschaft wollte
er künftiges Unglück dadurch verhüten, daß er das rö-
mische Reich für seine zwei Söhne in zwei Reiche theilte,
in das oströmifche und in das weströmische, damit jedes
einzelne leichter vertheidigt werden könnte. Das oströ-
mische erhielt sein Sohn Arcadius und die Hauptstadt
war Constantinopel; das weströmische bekam Honorius,
und seine Hauptstadt wurde wieder Rom. So entstan-
den noch zuletzt diese zwei römischen Reiche wahrend der
Völkerwanderung und bei dem Tode Theodosius des
Großen, im Jahr 396 n. Ch. Geb. — Vergebens aber
hatte Theodosius der Große das römische Reich vor sei-
nem Untergang zu schützen gesucht, denn wie nun die
germanischen Völker durch die drängenden Hunnen in
immer größere Bewegung geriethen, so zogen sie nun
auch unaufhaltsam in das weströmische Reich ein, welches
dadurch seinen Untergang fand. Die Germanen began-
nen nun in den Landern des römischen Reichs ein neues
Leben, und damit begann auch die Geschichte des Mit-
telalters, welche in der folgenden Abtheilung erzählt
wird.
s_
6
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Extrahierte Personennamen: Honorius Honorius Theodosius_des
Großen
82
% tv e It e Abtheilung.
Die Geschichte des Mittelalters.
Erster Abschnitt.
Die großen Veränderungen in den westeuropäischen
Ländern bis zum Tode Karls des Großen.
Theodosius der Große. Untergang des Heidenthums. Erhebung der
christlichen Kirche.
§ 1. theodosius der Große war der letzte unter
den römischen Kaisern, der diesen Beinamen besaß und
ihn verdiente. Zn seiner Größe gehörte der fromme
Eifer für die Erhaltung und Reinheit der christlichen
Kirche, welche die Vorsehung dazu bestimmt hatte, das
Leben der Völker in den nun kommenden Jahrhunder-
ten zu leiten. Nach Beendigung eines Krieges in Ita-
lien, mit dem Gegenkaiser Eugenius, welcher in Rom,
um sich dort zu behaupten, die heidnische Göttervereh-
rung wieder eingeführt hatte, befahl Theodosius daselbst
in einem Senatsbeschluß, daß das Heidenthum nun ganz
aufhören sollte. Die römische Siegesgöttin, welche in
schöner Gestalt und mit ausgebreiteten Flügeln seit Jahr-
hunderten in dem Senatssaal gestanden hatte, durfte
nun nicht mehr da stehen, sondern das Kreuz Christi.
So verlosch allmahlig das Heidenthum auch in den
Herzen der Menschen. Auch die Reinheit der christli-
chen. Lehre lag dem frommen Kaiser am Herzen; in
Constantinopel, wo sein Vorgänger Valens als ein
eifriger Arianer diese Irrlehre sehr gehoben hatte,
wurde sie durch des Theodosius bessere Einsicht wieder
verdrängt, daß man sich frei zur Reinheit des Glau-
bens zurückwenden konnte. Wie ernstlich es aber die-
ser Kaiser mit dem Gedanken meinte, daß das Leben
aller Menschen, der höchsten wie der geringsten, nach
den göttlichen Vorschriften des Christenthums sollte
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Extrahierte Personennamen: Karls Eugenius Theodosius Theodosius
Extrahierte Ortsnamen: Ita- Rom Christi Constantinopel
55
welche ihnen die römischen Consuln und die dortige Se-
nats-Versammlung zuschickten, gehorchen. Diese Unter-
werfung Italiens endigte mit der Eroberung der See-
stadt Tarent, im Jahr 280 vor Christi Geburt, also
wenige Zeit nach der Theilung des Weltreichs Alexan-
ders und der Entstehung des neuen Königreichs Mace-
donien.
Weitere Eroberungen. Der erste punische Krieg.
§ 7. Und wie diese tapferen aber Herrschsüchten
römischen Bürger erst das ganze schöne Land Italien
inne hatten, so wuchs ihre Eroberungssucht immer mehr,
daß sie nun auch noch nach anderen Landern strebten.
So fingen sie jetzt wieder einen Krieg mit einem Volk
in einem fremden Welttheil an, nämlich mit den Kar-
thagern in Afrika. Dort nämlich stand jetzt die unge-
heuer große Stadt Karthago, in welcher auch kein Kö-
nig, sondern ebenfalls ein Senat herrschte, und nicht
nur über die Stadt, sondern auch über ein großes Ge-
biet an der afrikanischen Küste, auf welcher noch viele
Städte lagen. Diese Karthager waren nun zwar nicht
so tapfer und kriegerisch als die Römer, aber sie waren
die geschicktesten und reichsten Kaufleute in der ganzen
Welt, und in dem Hafen ihrer Hauptstadt hatten sie
eine große Menge Handelsschiffe, mit welchen sie auf
dem mittelländischen Meere Handel trieben. Mit den-
selben waren sie auch auf die Inseln bei Italien und in
die südlichen Gegenden Spaniens gekommen, wo noch
rohe Völker wohnten, mit welchen sie nicht nur Handel
trieben, sondern welche sie auch unter ihre Herrschaft
brachten. Wie nun die Römer Herrn über ganz Ita-
lien geworden waren, so wollten sie die Karthager nicht
mehr auf der Insel Sicilien dulden, und indem sie Kriegs-
truppen auf diese Insel schickten, wo die Karthager auch
schon welche stehen hatten, so gingen nun die großen
Kriege an, welche man die punischen nennt, weil die
Karthager auch Punier hießen. Es wurden nämlich
drei große Kriege zwischen diesen beiden Völkern geführt,
und der erste begann im Jahr 264 und endigte im Jahr
242 vor Christi Geburt, so daß er an zwanzig Jahre
gedauert hat.
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Extrahierte Ortsnamen: Italiens Tarent Christi Italien Afrika Karthago Italien Spaniens Sicilien Christi
— 05 —
Gefahr für den byzantinischen Hof und für ganz Europa. Geiserich
und Honorius. Die Schlacht bei Chalons.
§ 10. Dieses große Hunnenreich war also bis ge-
gen die Mitte des fünften Jahrhunderts, während im
Westen die römischen Länder deutsch wurden, hier im
Osten zu so furchtbarer Gestalt herangewachsen, und, da
nun Attila immer noch größere Eroberungen im Sinne
trug, so mußte jetzt die ganze südeuropäische Welt vor ihm
erzittern, zuerst aber doch der oströmische Kaiserhof, wo es
übrigens in dieser ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts
unter dem Sohn und dem Enkel des großen Theodosius
gar traurig hergegaugen war. Nachdem Arkadius, bei
der oben erzählten Entzweiung mit dem weströmischen
Hof, sein morgenländisches Kaiserthum eigentlich nicht
selbst beherrscht hatte, sondern wie er anfangs den oben-
genannten Rufinus alles überließ, so kam nach dessen
Ermordung alle Gewalt im Reich an seinen Kämmer-
ling Eutropius und an seine Gemahlin Eudoxia, nachdem
also auf diese Weise die schwache Herrschaft des Arka-
dius vorübergegangen war, so herrschte nun jetzt in der
schrecklichen Hunnenzeit der noch schwächere Sohn des
Arkadius, Theodosius Ii., der als ein vierzehnjähriger
Knabe den Thron bestiegen hatte. Aber seine sechszehn-
jährige Schwester Pulcheria, welche durch Frömmigkeit
und Geistesstarke ausgezeichnet war, war sogleich seine
Vormünderin geworden, und behielt auch die Herrschaft,
als er erwachsen war, und sich auf ihr Anstiften mit
der schönen Athenais, der Tochter eines heidnischen
Philosophen, vermählt hatte, die als Kaiserin und als
Christin Eudoxia hieß, und nachher noch traurige Schick-
sale hatte, weil sie Pulcheria nicht zur Gewalt über ihren
Bruder wollte kommen lassen, der sich dagegen den Nah-
men der Schönschreiber erwarb. So war denn also
das oströmische Reich in dieser ersten Hälfte des fünf-
ten Jahrhunderts, während der allmähligen Zerstücke-
lung des weströmischen, von zwei Frauen, Eudoxia und
Pulcheria, beherrscht worden, und es war eben in den
letzten Zeiten der Pulcheria, gegen die Mitte des Jahr-
hunderts, daß Attila im Norden seine große Herrschaft
nusgebreiret hattevor welcher das oströmische Reich
der größer» Nähe wegen noch mehr erzittern mußte,
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Extrahierte Personennamen: Honorius Honorius Attila Theodosius Eudoxia Theodosius_Ii Pulcheria Eudoxia Attila