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alle freudig aus: „ja, ja! wir müssen uns erheben! Wir müs-
sen die Fesseln der gedrückten Christenheit sprengen!"
Noch in demselben Fahre, im November, hielt Urban eine
zweite Versammlung, in Clermont, einer Stadt in der Mitte
von Frankreich. Zahllose Schaarcn strömten herbei, die Worte
Urbans und Kukupeters zu vernehmen. Der ganze große Platz
war dicht mit Menschen bedeckt; in der Mitte sah man ein hohes
Gerüst, auf diesem den für den Papst errichteten Thron. Zuerst
trat Peter auf. Eine tiefe Stille zeigte die Aufmerksamkeit,
mit welcher man auf jedes seiner Worte lauschte. Seine Rede
ergoß sich wie ein Feuerstrom; mit solcher Kraft hatte er noch
nie geredet; die Zuhörer schauderten bei der Schilderung der
Martern, welche die Christen von den Ungläubigen auszustehen
hätten, und heiße Thräncn entquollen ihren Augen. Fetzt schwieg
Peter; Urban trat auf mit dem ganzen Pomp der päpstlichen
Würde, und hielt eine Rede, welche alle Zuhörer tief erschüt-
terte. Sie ist uns aufbehalten worden.. „Fch werde ste nicht
trocknen, diese Thräncn," so begann er, „welche diese schreckli-
chen Bilder in unsre Augen locken. Lasset uns weinen, meine
Brüder! Lasset euren Wehklagen freien Lauf! Aber wehe uns,
wenn wir nichts als diese Thräncn hätten, wenn wir den Ge-
danken ertragen könnten, das Erbe des Herrn noch länger in
den Händen der Ruchlosigkeit zu lassen. Fcncs Land, das wir
mit Recht das heilige nennen; jener Hügel, wo er für unsere
Sünden blutete; jenes Grab, von dannen er als Sieger des
Todes hervorging; jener Berg des Friedens, von dem er sich
in den Himmel emporhob; jene heiligen Mauern, welche die
Versammlung der Apostel in sich geschlossen, und deren Bezirk
das kostbare Blut der seligen Märtyrer getrunken hat;— alle,
alle diese Gegenstände unsrer Verehrungen, wollen wir sie, ein
feiges, verworfenes Volk, noch länger der Barbarei, der Ruch-
losigkeit und der Uneinigkeit zum Raube überlassen? Von Zion
ging das Wort des Herrn, aus! Auf dann, ihr Bäche, die ihr
von daher stießet, kehrt zu eurer Quelle zurück! Soll sich denn
Gott andere Krieger erwecken? — Nein, o nein! ihr werdet aus
eurer Trägheit erwachen! Auf! wider den Feind des christlichen
Namens wendet diese Schwerter, die ihr ohne Aufhören gegen
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TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T4: [Orden Ritter Peter Kreuzzug Land Jahr Jerusalem Johanniter Arnold Frankreich], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz]]
Extrahierte Personennamen: Urban Urbans Urbans Peter Peter; Urban Apostel
97
57. Alb recht 1. 1298—1308. — Der Schweizer-
bund 1307.
Nach Adolphs Fall wurde Al brecht 1. König der Deut-
schen. Die Tugenden seines trefflichen Vaters Rudolph hatte
ec nicht geerbt; ec war im Gegencheile hart, ungerecht und län-
dersüchtig; daher war auch ihr Schicksal so ganz verschieden.
Seine ganze Regierung schaute er überall in Deutschland um,
wo er wohl mehr Land erwerben könnte; aber es wollte ihm
damit nicht gelingen, und endlich überraschte ihn der Tod mitten
unter seinen ehrgeizigen Entwürfen, die er besonders in der
Schweiz auszuführen gedachte.
Die Schweiz gehörte damals zu Deutschland. Die meisten
Städte waren freie Reichsstädte, d. i. sie wurden von ihren
Magistraten regiert, und standen unmittelbar unter Kaiser und
Reich. Derselbe Fall war mit den sogenannten drei Waldstäd-
ten Schwyz, Uri und Unterwalden. Hier hatte jeder
Familienvater seine Stimme, und an ihrer Spitze stand der
Landamman. Nur wenn sich wichtigere Vorfälle ereigneten,
sandte ihnen der Kaiser einen Vogt, der aber nach ihren Ge-
setzen richtete, unter denen sie bis dahin froh und frei gelebt
hatten. In den übrigen Theilen der Schweiz dagegen hatten
einige Grafen Besitzungen. Der reichste unter ihnen war der
Graf von Habsburg, jetzt König Albrecht. Aber seine Güter
lagen zerstreut. Darum ließ er den Waldstädten sagen, sie wür-
den wohl thun, wenn sie sich seinem Schutze unterwürfen Ihm
zu widerstehen wären sie doch zu schwach. Er wollte sie aber
lieber zu seines Hauses lieben Kindern haben, weil er von sei-
nem Vater her schon tpisse, daß sie ein tapferes Volk wären,
und solche Leute liebe er. Hierauf antworteten sie: „sie wüßten
recht wohl, daß der selige König ihnen ein guter Vogt gewesen
wäre; aber sie liebten den Zustand ihrer Vorfahren, und woll-
ten dabei bleiben. Darum bäten sie um Bestätigung ihrer Frei-
heiten.^ Auch schickten sie Werner, Freiherr von Attinghausen,
Landammann von Uri, an den König, ihre alten Rechte sich be-
stätigen zu lassen. Aber Albrecht hatte keine Zeit dazu, war
auch übel zu sprechen. Dagegen schickte er ihnen, um sie seinen
Unwillen fühlen zu lassen, zwei stolze, gefühllose Vögte ins Land,
Röss. Weltgesch. n. Th. 7
/
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Extrahierte Personennamen: Rudolph Graf_von_Habsburg Albrecht Albrecht Werner Albrecht Albrecht Röss
Extrahierte Ortsnamen: Deut- Deutschland Deutschland Schwyz Unterwalden
77
spät. Die meisten wurden umgebracht, viele ertranken im Nil,
der Ueberrest mußte sich den Saracenen zu Gefangenen erge-
den- Unter den letzteren befanden sich auch der unglückliche
König, seine Frau Margarethe, und zwei seiner Brüder. Wel-
cher Jammer unter den Gefangenen herrschte, laßt sich leicht
denken. Nur Ludwig behielt heitern Muth, weil sein fester
Glaube an die alles leitende Vorsehung Gottes ihn nie verta-
gen ließ. „Des Herrn Wille ist geschehn," rief er; „der Name
des Herrn sey gelobt!" Nun suchte der Sultan— Moat-
tam hieß er -— schwere Bedingungen von dem Könige zu
erpressen, und da dieser sie einzugehen sich weigerte, drohte
man ihm mit der Folter, den übrigen aber mit dem Tode.
Nichts erschütterte des braven Ludwigs Muth. Endlich einigte
man sich dahin, daß Ludwig für seine Person die Stadt Da-
miette herausgeben, für sein Heer aber eine Million Goldstücke
bezahlen sollte, wovon der Sultan, durch Ludwigs edles Be-
nehmen gerührt, ihm den 5ten Theil erließ. Aber ehe noch
der Vertrag vollzogen wurde, ereignete sich ein Vorfall, der
den König und seine Unglücksgefährten schaudern machte. Vor
seinen Augen nämlich fielen die Mamelucken, ein Haufen krie-
gerischer Soldaten, die der Sultan in seinen Diensten hatte,
und die mit ihm unzufrieden waren, über Moattam her, und
mordeten ihn auf gräßliche Weise. Mit noch blutigen Händen
und Schwertern traten sie vor Ludwig, und einer rief: „was
giebst du mir dafür, daß ich deinen Feind tödtete, der dich,
wenn er länger gelebt, gewiß umgebracht hätte?" Und als
der König sich schaudernd wegwandte, fuhr er fort: „ich werde
dich aus deiner Gefahr befreien; aber erst schlage mich zum
Ritter." — „Nur wenn du ein Christ wirst," antwortete
Ludwig, „will ich das thun, dich mitnehmen und dir Lohn geben."
— Während dessen berathschlagten die andern Mörder, ob man
nicht am besten thue, alle Gefangenen zu ermorden. Welche
Tage für den König! Dennoch weigerte er sich standhaft, und
hatte die Freude, daß man nicht weiter in ihn drang, sondern
den Vertrag des Sultans bestätigte.
Aber hier trat ein neues Hinderniß unerwartet ein. Die
Einen verlangten nämlich, der König sollte bei der Beschwörung
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Extrahierte Personennamen: Margarethe Ludwig Ludwig Ludwigs_Muth Ludwigs Ludwig_für Ludwig Ludwigs Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
145
um Schonung airflehen. Nun begann die Schlacht Karin wur-
den Viele seiner besten Leute erschlagen. So kam über dem Ge-
fecht der Nachmittag heran. Plötzlich schimmerten oben auf
dem Berge im Rücken der Schweizer blinkende Waffen ; ein neues
Heer zog heran. „Was ist das für ein Volk?" fragte Karl
einen gefangenen Schweizer. „Das erst sind die wahren alten
Schweizer," antwortete er, „die vom hohen Gebirge, die Män-
ner, welche Oestreich schlugen." In demselben Augenblicke hallte
drei Mal das lange Uri-Horn durch die Berge, welches von
den Urnern bei der Heerde wie in der Schlacht geblasen wird,
und erfüllte Karls Herz mit grauenvoller Ahnung. „Ey!" rief
er bedenklich aus, „was wird aus uns werden? Schon die We-
nigen haben uns so ermüdet!" — Die Burgunder wurden in
die Flucht geschlagen, und Karl mußte sein ganzes kostbares Ge-
päck , alle seine reichen Zelte in Stich lassen. Die Beute der
Schweizer war ungeheuer. Sein Silbergeschirr, sein reich mit
Edelgesteinen besetzter Herzogshut, sein Prachtschwert, dessen
Griff von Diamanten, Sapphiren, Rubinen, Hyacinthen und
Perlen strahlte, und andere kostbare Kleinodien fielen den Sie-
gern in die Hände, die so wenig damals mit den Sachen des
Luxus bekannt waren, daß sie die silbernen Teller anfangs für
Zinn hielten, und das Stück für einige Groschen verkauften.
Auch verlor hier Karl seinen großen Diamant, der größer wie
eine wälsche Nuß war, und von ihm höher geschätzt wurde als
eine ganze Provinz. Er war auf der Flucht verloren gegangen.'
Ein Schweizer fand ihn auf der Landstraße, hielt ihn für Glas,
warf ihn verächtlich weg, und steckte nur das Futteral ein.
Endlich bückte er sich doch, das Stückchen Glas den Kindern
mitzubringen. Zu Hause verkaufte er ihn für einen Gulden.
Aber nun erkannte man den Stein; er ging aus einer Hand
in die andere, jedes Mal theurer, und wurde zuletzt für 20,000
Ducaten, noch immer sehr wohlfeil, vom Papste erhandelt.
Karl war außer sich vor Wuth, daß ihn die von ihm so
verachteten Bauern besiegt hatten, warb schnell ein neues, noch
größeres Heer, und griff schon am 22. Juni desselben Jahres
die Schweizer zum zweiten Male an. In der Schlacht bei
Murten verlor er den Kern seiner Leute. Zwanzigtausend
*. Nöff. Weltgesch. Th. 10
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Extrahierte Personennamen: Karin_wur- Karl Karl Karls Karl Karl Karl Karl Karl Karl Nöff
206
garn. Ja 1529 waren sie gar bis vor Wien vorgedrungen,
und hätten die Stadt beinahe im Sturme weggenommen. Sich
selbst zu helfen, war Ferdinand viel zu schwach. Daher mußte
er unaufhörlich die deutschen Fürsten um Hülfe ansprechen.
Die Evangelischen wollten aber nicht eher helfen, bis man ihnen
freie Religionsübung bewillige. Nach langem Hin- und Her-
streiten wurde dann 1532 ein sogenannter Religionsfriede
in Nürnberg abgeschlossen, der aber eigentlich nur als ein
Waffenstillstand betrachtet werden konnte, weil weder die Einen
noch die Andern damit zufrieden waren. Es wurde darin ver-
sprochen, daß Keiner bis zu dem nächstens zu haltenden Concil
seines Glaubens wegen beeinträchtigt werden sollte. Nun erst
gaben die Evangelischen die von ihnen verlangte Unterstützung
gegen die Türken, denen aber Ferdinand nicht viel anhaben
konnte.
Kaum waren die Katholischen und Evangelischen fürs erste
etwas beruhigt worden, so fingen auf einer andern Seite Un-
ruhen an. Die Anhänger Münzers waren in Deutschland überall
hart verfolgt worden, und darum nach den Niederlanden ge-
gangen. Von hier schickten die Schwärmer, die sich nun Wie-
dertäufer nannten, Missionarien nach Westphalen, um ihren
Anhang zu vergrößern. Zwei von ihnen kamen 1533 nach
Münster in Westphalen. Johann Bockold, ein Schneider
von Leiden, und Johann Ma t t h i e se n, ein Bäcker aus Har-
lem. Nach und nach brachten sie viele Bürger auf ihre Seite,
selbst den Prediger R o r t m a n n, der doch ein Schüler Luthers
gewesen war. Der Magistrat jagte die Unruhestifter mehrmals
aus der Stadt, aber sie kamen bald heimlich wieder, und ihr
Anhang wurde endlich so stark, daß sie sich der Herrschaft be-
mächtigten, den Bischof und den Magistrat vertrieben, und daß
die verständigeren Bürger freiwillig die Stadt verließen, in der
es nun ganz unvernünftig zuging. Die Wiedertäufer sandten
Leute aus, welche alle ihre Anhänger in die Stadt einluden;
sie sollten zu Hause nur alles stehen und liegen lassen; denn
sie sollten es in Münster zehnfach ersetzt erhalten. Man kann
denken, welche Menge Gesindel herbeiströmte. Ein gewisser
Knipperdolling wurde zum Bürgermeister gewählt. Dann
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand Ferdinand Johann_Bockold Johann Johann_Ma Johann
Extrahierte Ortsnamen: Wien Nürnberg Deutschland Niederlanden Westphalen
179
dem Rücken in der Stadt umher, um Brot, Eier, Käse u. d. gl.
einzusammeln, er mußte die Thurmuhr stellen, die Kirche und
die Kreuzgänge ausfegen, die Abtritte ausraumen, und wem,
er in den wenigen Augenblicken, die ihm blieben, fleißig in der
Bibel las und ftudirte, so schalten ihn die andern Mönche, und
meinten: man müsse sich dem Kloster nicht durch Studiren, son-
dern durch Einsammeln von Geld, Brot, Korn, Eier, Fischen
und Fleisch nützlich machen. Dazu kam, daß Luther die größ-
ten Qualen der Seele empfand; denn immer glaubte er, noch
nicht genug zu thun, und jeder Gedanke an die Welt und seine
früheren Verhältnisse schien ihm eine große Versündigung. Da-
her schwanden ihm seine Körperkräfte; denn er aß manchen
Tag nichts als ein Stück Brot und einen magern Häring.
Allein Gott nahm sich seiner väterlich an. Er sandte ihm Trost
zu durch einen ehrwürdigen alten Mönch des Klosters, dem
Luther oft beichtete, und der ihn auf die Vergebung der Sün-
den hinwies, die Jesus dem Reuigen verheißen habe. Diese
Worte trösteten ihn ungemein. Auch besuchte ihn oft Johan-
nes von Staupitz, Generalvicar des Ordens, der ihn recht
lieb gewonnen hatte. „Du willst," sagte er ihm eines Tages,
„mir Gewalt ein Sünder seyn, und hast doch keine rechte Sünde.
Soll Christus dir helfen, so mußt du nicht mit solchem Hum-
pelwerk und solchen Puppensünden umgehen, und aus jedem
Gedanken dir gleich eine Sünde machen."
Dennoch hätte endlich der Körper seinen Anstrengungen und
seinem Trübsinn unterliegen müssen, wäre er nicht aus dieser
drückenden Lage herausgerissen worden. Der Kurfürst von Sach-
sen, Friedrich der Weise, hatte 1502 eine Universität in
Wittenberg gestiftet, und da er einen geschickten Professor der Phi-
losophie suchte, so schlug ihm Staupitz Luthern vor. So sehr
sich auch dieser dagegen sträubte, seine enge Zelle zu verlassen,
und ins Leben zu treten, so ließ Staupitz nicht nach, bis er
einwilligte. So reifte er 1508, im 25ften Jahre seines Lebens
nach Wittenberg, damals die Residenz des Kurfürsten, und be-
zog eine Zelle im dortigen Augustinerkloster, die noch jetzt nebst
einigem Hausgeräts), welches ec gebraucht hat, den Fremden
gezeigt wird. Nach einiger Zeit redete ihm Staupitz zu, doch
12»
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Johan-
nes_von_Staupitz Christus Friedrich_der_Weise Friedrich Staupitz_Luthern
181
hielt einige donnernde Predigten gegen den Unfug. Derselbe
Mann, der noch vor wenigen Jahren sich kaum'getraut hatte zu
predigen, wagte nun , da er im Namen Gottes sprechen zu müs-
sen glaubte, gegeir den Papst und die katholische Kirche in die
Schranken zu treten. Solchen Muth giebt das Bewußtseyn,
nach Pflicht und Gewissen zu handeln. Am Abend des 3lsten
Octobers 1517 schlug er einen großen Bogen mit 95 Sätzen, die
meist gegen den Ablaß gerichtet waren, an die Thüre der Schloß-
kirche in Wittenberg, und erbot sich, sie gegen eineir Jeden, schrift-
lich und mündlich, zu vertheidigen. Tezel, ein unwissender Mensch,
machte sich gleich fort, ging nach Frairkfurt an der Oder, und
ließ sich hier vom Professor Wimpina eine Schmähschrift gegen
Luther aufsetzen. Die 95 Theses aber wurden vielfach abgeschrie-
den und abgedruckt, und durchflogen schnell ganz Deutschland.
Die Schlechtdenkenden nannten Luthern einen Ketzer, und selbst
die Vernünftigen schüttelten bedenklich den Kopf, lobten ihn zwar,
aber riechen ihm doch, um des Friedens Willen lieber zu schwei-
gen. Aber der wackere Luther gab ihnen die schöne Antwort:
„liebe Vater, ist's nicht in Gottes Namen angefangen, so ist es
bald gefallen; ist es aber in seinem Namen angefangen, so lasse
denselbigen machem" — „Da schwiegen sie," fahrt er fort zu
erzählen, „und gehet noch so bisher, und wird, ob Gott will, auch
noch daß gehen bis ans Ende."
Am meisten kränkte ihn, daß feine Feinde ihn beschuldigten,
er wolle nur Aufsehen machen, und dadurch Vortheil gewinnen.
Ein Dominicaner, Silvester Prierio, der am päpstlichen Hofe ein
angesehener Mann war, schrieb unter andern- „wann du, o lie-
der Luther, von unserm Herrn dem Papste ein fettes Bisthum
mit vollkommenem Ablaß zu Reparirung deiner Kirche bekämest,
würdest du wohl gelindere Saiten aufziehen, und den Ablaß, wel-
chen du jetzt so schwarz machest, selbst erheben." Da antwortete
ihm Luther: „du beurtheilft mich vermutlich nach deinem eige-
nen Kopf. Wenn ich nach einem Bisthum strebte, redete ich ge-
wiß das nicht, welches dir in deinen Ohren so wehe thut; denn
meinest du, ich wisse nicht, wie man in Rom zu Bisthümern und
Prälaturen gelangt?" Auch an den Papst Leo 10. schrieb er, stellte
ihm die Entscheidung anheim , versicherte, daß er nur die Ehre
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Extrahierte Personennamen: Wimpina Silvester_Prierio Leo Leo
Extrahierte Ortsnamen: Wittenberg Deutschland Gottes Rom
Hofgebrauch in Gebehrden erzeigen sollte, mires gnädigst zu
gut halten, als der ich nicht zu Hof gewest, sondern immer im
Kloster gesteckt bin, und von mir anders nicht zeugen kann,
denn daß ich in dem, was von mir bishero mit einfältigem Her-
zen gelehrt und geschrieben worden, allein Gottes Ehre und
der Christgläubigen Nutz und Seligkeit, damit dieselben recht-
schaffen und rein unterrichtet würden, angesehen und gesucht
habe." Darauf erklärte er sich mit anständiger Freimüthigkeit
über seine Bücher. Alles dies sprach er deutsch. Da erinnerte
man ihn, der Kaiser verstehe das Deutsche schwer. Er wieder-
holte daher die ganze Rede in lateinischer Sprache, ob er gleich
sehr schwitzte, wegen des Getümmels und weil er so nahe bei
den Fürsten stand. Endlich unterbrach ihn ein vornehmer
Geistlicher, und meinte, er solle eine runde, richtige Antwort
geben, ob er widerrufen wolle oder nicht. „Gut!" sprach Lu-
ther, „weil denn Kaiserliche Majestät, Km-und fürstliche Gna-
den eine schlichte, einfältige, richtige Antwort begehren, so will
ich die geben, so weder Hörner noch Zähne haben soll, nämlich
also: es sey denn, daß ich mit Zeugnissen der heiligen Schrift
oder mit öffentlichen, klaren und hellen Gründen und Ursachen
überwunden und überwiesen werde, so kann und will ich nichts
widerrufen, weil weder sicher noch gerathen ist, etwas wider
das Gewissen zu thun Hier steh' ich; ich kann nicht anders;
Gott helfe mir! Amen!"
Diese freimüthige Erklärung machte auf die Fürsten und
andern Zuhörer einen ungemein günstigen Eindruck. Er wurde
ohne Weiteres entlassen, und noch denselben Abend schickte ihm
der alte Erich, Herzog von Braunschweig, obgleich ein eifriger
Katholik, eine silberne Kanne mit eimbecker Bier; er solle sich
damit erquicken. „Welcher Fürst," fragte Luther, „hat meiner
also in Gnaden gedacht?" Als man ihm Erich nannte, und
dazu fügte, er habe selbst zuvor daraus getrunken, so fürchtete
Luther nichts Arges, trank, und sprach: „wie heute Herzog
Erich meiner gedacht, also gedenke seiner unser Herr Christus
in seinem letzten Kampfe. " Dieser Worte erinnerte sich nach-
mals der Herzog auf dem Sterbebette. Auch wurde Luther von
mehreren Fürsten in seiner Wohnung besucht, und vor derselben
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Extrahierte Personennamen: Erich Luther Erich Erich Christus
242
511 fen (unter dem kleinen Belt). Hier hat er 20 Jahrelang
Zeit gehabt, über seine Vergehungen nachzudenken. Erst Chri-
stian 3., Friedrichs Nachfolger, ließ ihn los, erlaubte ihm, in
Kallundborg, einem Städtchen auf Seeland, zu wohnen,
und that alles, dem nun zum Greise gealterten Manne seine
langen Trübsale vergessen zu machen. Noch lebte er hier 8
Jahre; dann starb er, 78 Jahre alt.
77. Ferdinand 1. 1556 — 64. — Maximilian 2.
1564 — 76. — Rudolph 2. 1576 — 1612. — Matthias
1612—1619.
Ferdinand 1., Kaiser Karls Bruder, hatte sich schon
als römischer König als einen gemäßigten, milddenkenden Mann
gezeigt, und so war er auch als Kaiser. Weder in seinen Erb-
ländern, namentlich in Schlesien, wo die evangelische Lehre im-
mer mehr Freunde fand, noch im übrigen Deutschlande, ver-
fuhr er gewaltthätig gegen die Evangelischen, so innig und fest
er selbst auch an dem katholischen Glauben hing, und nur durch
Milde suchte er die sich anfeindenden Partheien auszusöhnen.
So innig sich auch jeder Menschenfreund hatte freuen
müssen, als Luther die Mißbräuche der katholischen Kirche an-
gegriffen, und die Christen zu der einfachen Lehre Jesu, wie die
Evangelisten selbst sie uns mittheilen, zurückgeführt hatte, so
zeigte es sich doch auch hier bald, wie unvollkommen alles
menschliche Beginnen ist, und wie der Mensch durch seine Lei-
denschaft auch das Edelste verdirbt und verunstaltet. Zunächst
war ein bittrer Haß zwischen Lutheranern und Reformirten
entstanden, obgleich beide sich so leicht hätten einigen können.
Selbst in der lutherischen Kirche zerfiel man in zwei Partheien.
Die gemäßigtere folgte dem sanften Melanchthon, während die
heftigere sich genau an Luthers Worte hielt, der doch auch nur
ein irrender Mensch, und in manchen Vorurtheilen, die er in
seiner Jugend eingesogen hatte, befangen gewesen war. Ueber-
haupt waren es mehr die Worte, um welche man stritt, als
der Geist der Religion. Statt durch Gründe den Andersden-
kenden zu belehren, schimpfte man lieblos auf ihn, und jede
Parthei versiuchte die andere, ein sicheres Zeichen, daß keine
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Ferdinand Maximilian Maximilian Rudolph Ferdinand Karls_Bruder Karls Melanchthon
323
sehr vorteilhaften Frieden bewilligte, in welchem er ihm einen
Theil von Obcrungarn abtrat.
Das Beispiel des tapfcrn Mansfeld weckte noch andere
Fürsten zum Beistände des unglücklichen Pfalzgrafcn auf. Der
Markgraf Georg Friedrich von Baden trac seinem
Sohne sein Land ab, um sich ganz dem Dienste Friedrichs zu
widmen, warb ein Heer, und vereinigte sich mit Mansfeld.
Aber unglücklicherweise trennten sie sich bald wieder, weil sie
über die Beute nicht einig werden konnten; Tilly zog nun ge-
schwind den General Cordova an sich, griff den Markgrafen
bei Wimpfen an, und brachte ihm eine solche Niederlage bei,
daß er für alle fernern Unternehmungen den Muth verlor, seine
noch übrigen Soldaten abdankte, und sich in die Stille des
Privatlebens zurückzog.
Kaum war dieser abgetreten, als schon ein neuer Fürst
auftrat, sich der hoffnungslosen Sache des Kurfürsten anzu-
nehmen. Herzog Christian von Braun schweig, Admi-
nistrator von Halbcrstadt, warb, von jugendlichem Ucbcrmuthc
und glühendem Haffe gegen die katholische Geistlichkeit getrie-
den, ein Heer an, um es, wie Mansfeld, auf Kosten der geist-
lichen Fürsten zu ernähren. Zn Holland hatte er die Pfalz-
grafin kennen gelernt; ihre hülflose Lage hatte ihn tief gerührt.
Er erbat sich von ihr ein Zeichen ihrer Gunst, und als sie ihm
einen ihrer Handschuhe gab, befestigte er ihn auf seinen Hut,
und schwur voll ritterlichen Sinnes, nicht eher dies Wahrzei-
chen heruntcrzunehmen, bis er sie in ihr Land zurückgeführt
habe. Aufseinen Fahnen las man die Devise: tout pour
Dieu et pour eile. Als das Heer beisammen war, warf sich
Christian zunächst auf die geistlichen Stifter in Westphalen und
Niedersachscn, und hinterließ überall die fürchterlichsten Spuren
der Verwüstung. Als er nach Paderborn kam, nahm er die
silbernen Bildsäulen der Apostel vom Altare der Domkirche,
indem er spottend sagte: „ihr seid nicht bestimmt, müßig zu
stehn, sondern in alle Welt zu gehn." Er schickte sie in die
Münze, und die daraus geprägten Thalec erhielten die Um-
schrift: Gottes Freund, der Pfaffen Feind. Als er endlich aus
We>lphalen vertrieben wurde, machte er sich auf, nach der
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Extrahierte Personennamen: Georg_Friedrich_von_Baden Friedrich Friedrichs Tilly Cordova Muth Christian_von_Braun Christian Apostel