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Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Iii. Bilder aus der deutschen Geschichte.
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ziehen sich zurück. Die Haufen der Unseren fahren auseinander, angstvoll
rennt das Volk in die Häuser und wieder auf die Straßen; auch in der
Stadt beginnt die Flucht. Laut ertönt Schrei, Zuruf und Klage. Wer
noch ein Gespann hat, reißt die Rosse zur Deichsel; die Tuchmacher werfen
ihre Ballen, die Kaufleute ihre wertvollsten Kisten auf das Geflecht, oben
darauf die eigenen Kinder und die der Nachbarn. Zu den abliegenden
Thoren drängt Fuhrwerk und der Haufen flüchtiger Menschen. Ist ein
sumpfiges Bruchland, schwer zugänglich, oder ein dichter Wald in der
Nähe, so geht die Flucht dahin. Unwegbare Verstecke, noch von der
Schwedenzeit her bekannt, werden jetzt wieder aufgesucht. Tort sammeln
sich große Scharen, enge gedrängt; unter Rinder und Füllen birgt sich der
Städter und Laudmann mehrere Tage, zuweilen noch länger. Nach der
Schlacht bei Bautzen hauste die Gemeinde Tillendorf bei Bunzlau über
eine Woche im nahen Walde, ihr treuer Seelsorger, Sanftleben, begleitete
sie und hielt in der Wildnis auf Ordnung; auch ein Kind hat er dort
getauft.
Wer aber in der Stadt bei seinem Eigentum oder in feiner Pflicht
zurückbleibt, der ist eifrig, die Seinen oder die Habe zu verstecken. Lange
ist der Fall überlegt, und erfinderisch ist der Schlupfwinkel ausgedacht.
Hat gar die Stadt den besondern Grimm des Feindes zu fürchten, weil
sie durch preußischen Eifer auffällig wurde, daun drohen ihr Brand,
Plünderung, Verjagen der Bürger. In solchem Falle tragen die einzelnen
Mitglieder der Familie das Geld festgenäht in ihren Kleidern.
Eine angstvolle Stunde verrinnt in fiebrigem Hoffen. Auf der
Straße rasseln die ersten Verkünder des Rückzugs, beschädigte Geschütze,
von Kosaken geführt. Langsam ziehen sie zurück, ihre Mannschaft ist un-
vollständig, von Pulver geschwärzt, mehr als einer wankt verwundet. Die
Infanterie folgt, Wagen kommen, überfüllt mit wunden und halbtoten
Kriegern. Die Nachhut postiert sich, am Thor und an den Straßenecken
den Feind erwartend. Halbwüchsige Buben laufen aus den Häusern und
tragen den Soldaten noch zu, wonach sie gerufen, einen Trunk, ein
Brot; sie halten den Wunden die Tornister und helfen bei schnellem
Verbände.
Staubwolken auf der Landstraße. Der erste feindliche Reiter nähert
sich dem Thore, vorsichtig spähend, den Karabiner auf dem rechten Schenkel;
da fällt aus der Nachhut ein Schuß, auch der Chasseur feuert seinen
Karabiner ab, wendet das Pferd und zieht sich zurück. Gleich darauf dringt
der feindliche Vortrab in schnellem Trabe vor; die preußischen Tiralleurs
ziehen sich von Stellung zu Stellung zurück und feuern. Endlich hat der
letzte die Häuserreihe verlassen.
Leere Straßen, lautlose Stille. Auch die Knaben, welche die preu-
ßischen Tiralleure begleitet haben, sind verschwunden, die Vorhänge der
Fenster werden herabgelassen, die Thüren geschlossen, aber hinter Vorhang
und Fenster spähen ängstliche Blicke auf den heranziehenden Feind. Plötzlick
ein rauher tausendstimmiger Ruf: Vivo l'empsreur! und wie eine Wasserflut
stürzt französisches Volk in die Stadt. Sogleich dröhnen die Kolbenschläg?
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
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Iii. Bilder aus der deutschen Geschichte.
an den Hausthüren; öffnet sich eine Thür nicht schnell, so wird sie zornig
erbrochen. Und nun folgt der wüste Streit, welchen der schutzlose Bürger
mit dem gereizten Feinde auszumachen hat; unerschwingliche Forderungen,
Drohung, nicht selten Mißhandlung und Todesgefahr, überall Geschrei,
Jammern und Gewaltthat. Schränke und Truhen werden erbrochen,
Wertvolles und Wertloses geraubt, verdorben, zerschlagen, am meisten bei
solchen, welche geflohen sind, denn die Habe ihres ungastlichen Hauses ist
nach Soldatenbrauch dem Eindringenden verfallen. Die Behörden der
Stadt werden auf das Rathaus geschleppt und die Quartiere der Truppen,
über Lieferung von Lebensmitteln und Fourage, und über eine unmögliche
Kontribution, welche die Stadt zahlen soll, beginnt die peinliche Ver-
handlung.
Können die feindlichen Führer nicht durch Geschenke befriedigt werden,
oder soll die Stadt eine Strafe erhalten, so werden angesehene Einwohner
zusammengetrieben, festgehalten, bedroht, vielleicht beim Aufbruche als
Geiseln fortgeführt. Lagert ein größeres Corps um die Stadt, so
bivouakiert auch wohl ein Bataillon auf dem Markte. Schnell ist der
Franzose eingerichtet, aus den Vorstädten hat er sich Stroh herbeigeholt,
die Lebensmittel hat er unterwegs geraubt, zum Brennholz zerschlägt er
die Thüren und Möbel, häßlich dröhnt das Krachen der Äpte in den Balken
und Schränken. Hell flackern die Lagerfeuer auf, lautes Lachen, fran-
zösische Lieder klingen um die Flammen.
Und zieht am Morgen nach einer Nacht, die der Bürger ängstlich
durchwachte, der Feind wieder ab, dann sieht der Städter erstaunt die
schnelle Verwüstung in der Stadt, und vor dem Thore die plötzliche
Verwandtschaft der Landschaft. Das unabsehbare Getreidemeer, welches
gestern um seine Stadtmauern wogte, ist verschwunden, von Roß und Mann
zerwühlt, niedergestampft, zertreten; die Holzzäune der Gärten sind zer-
brochen, Sommerlauben, Gartenhäuser weggerissen, Fruchtbäume abgehauen.
In Haufen liegt das Brennholz um die erlöschenden Wachtfeuer, der Bürger
mag darin die Bretter seines Wagens, die Thore seiner Scheuer finden;
kaum erkennt er die Stelle, wo sein eigener Garten war, denn mit Lager-
stroh und wüstem Unrat, mit dem Blut und Eingeweide geschlachteter Tiere
ist der Platz bedeckt. Und in der Ferne, wo die Häuser des nächsten
Dorfes aus dem Baumlaube ragten, erkennt er auch die Umrisse der
Dächer nicht mehr; nur die Wände stehen wie ein Trümmerhaufe.
Herb war es, solche Stunden zu durchleben und auf Tage fiel wohl
manchem der Mut. Auch dem Begüterten würde es jetzt schwer, den
Seinen nur das Leben zu fristen. Alles war aufgezehrt und verwüstet,
die Lebensmittel der Stadt und Umgegend, und kein Landmann brachte
das Unentbehrliche auf den Markt, weit in das Land mußte man senden,
um den Hunger zu stillen. Aber der Mensch wird bei einer schnellen
Folge großer Ereignisse kälter, zäher, härter gegen sich selbst; der starke
Anteil, welchen jeder einzelne an dem Schicksal des Staates nahm, machte
gleichgültiger gegen die eigene Not. Nach jeder Gefahr empfand man mit
Behagen, daß man das liebste, das Leben doch gerettet. Man hoffte.
Gustav Freytag.
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Iii. Bilder aus der deutschen Geschichte.
reichs gewähren. Uns aber und unseren Nachfolgern an der Kaiserkrone
wolle Gott verleihen, allezeit Mehrer des Deutschen Reichs zu sein, nicht
an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des
Friedens aus dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung.
Gegeben Hauptquartier Versailles, den 17. Januar 1871.
Wilhelm.
Am 21. März 1871 wurde sin Berlin der erste Reichstag des Deutschen
Reichs eröffnet und nach kurzen Verhandlungen die Verfassung des Nord-
deutschen Bundes zur Verfassung des Deutschen Reichs umgestaltet.
Zum Deutschen Reiche gehören nunmehr außer den bereits im Nord-
deutschen Bunde vereinigt gewesenen Staaten noch die Königreiche Bayern
und Würtemberg, das Großherzogtum Baden, das Großherzogtum
Hessen auch mit seinem südlichen Teile, denn der nördliche Teil war
schon dem Norddeutschen Bunde einverleibt, und endlich die durch den
Frankfurter Frieden neugewonnenen „ unmittelbaren Reichslande" Elsaß
und Deutsch-Lothringen.
Der das Deutsche Reich bildende Slaatenbund besitzt eine selbständige
Reichsgewalt, deren Ausübung dem König von Preußen übertragen ist.
Ihm steht der Bundesrat, welcher jetzt aus 58 Vertretern der Bundes-
mitglieder zusammengesetzt ist, zur Seite. Die vom Bundesrathe vor-
geschlagenen Gesetze und Einrichtungen werden von den aus gewählten Ab-
geordneten des deutschen Volkes bestehenden Reichstage beraten.
Das Deutsche Reich nimmt mit seinen Einzelstaaten einen Flächen-
raum von ungefähr 9900 Hstm. ein. Bringt man aber davon die Küsten-
gewässer, vorzüglich die Hasse der Ostsee, in Abzug, so beträgt derselbe
nur 9812^2 Ihm. oder 540 000 qkm. Es nimmt daher das Reich nach
seinem Flächengehalt unter den europäischen Staaten die dritte Stelle —
(nur Rußland und Österreich sind größer), nach seiner Einwohnerzal die
zweite ein, denn dieselbe, die am 1. Dezember 1880 42 726 920 Seelen
betrug, wird nur von der Rußlands übertroffen.
Nur wenige Prozente der Bevölkerung gehören dem nichtdeutschen
Sprachstamme an. In Deutschlands Osten sind noch die Nachkommen
slavischer Völkerschaften, besonders der Polen seßhaft; im Norden Schleswig
blieben wohl auch noch eine Anzahl Dänen und in den Reichsländern
Franzosen wohnen; die rein deutsche Bevölkerung erreicht die Höhe von
38 Millionen.
In Bezug auf das religiöse Bekenntnis teilen sich, wenige tausend
Andersgläubige ausgenommen, Evangelische und Katholiken, so in die
Bewohner des Deutschen Reichs, daß die Zahl der ersteren etwa 25, die
der letzteren 15 Millionen beträgt.
Die Tapferkeit und Tüchtigkeit der deutschen Heere hat das Deutsche
Kaiserreich gründen helfen, sie werden es auch in der Zukunft zu behüten
haben; daher wird mit allen Kräften des Volkes Wehrhaftigkeit gehegt
und gepflegt. Jeder wasfentüchtige Deutsche gehört dem deutschen Reichs-
heere an und zwar in der Regel vom 20. bis zum 32. Jahre, zunächst drei
Jahre den Fahnen, vier Jahre der Reserve und fünf Jahre der Landwehr.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Versailles Berlin Baden Hessen Elsaß Ostsee Deutschlands Polen
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116
Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt.
südlich" von dem Grenzwall belegen ist. Die jetzige, oblonge Grundform, aus späteren
Veränderungen entstanden, mißt 200 X 128 m Flächenraum. Die ursprüngliche
quadratische Form ist noch an den zwei Seiteneingängen zu erkennen. Die außen
von einem doppelten Graben umzogene, durchschnittlich 1,40 m dicke Ringmauer, besteht
aus Bruchstein und hat teilweise noch gegenwärtig eine Höhe von 1,70 m. Auf jeder
der 4 Seiten befindet sich ein Thor; zu den Seiten derselben stehen in der Flucht der
Ringmauer und nach innen wetend zwei viereckige Türme, die zur Verteidigung der
Thorwege dienten. Innen zieht sich am Fuß der Ringmauer ein etwa 2 m breiter
abgeböschter Wallgang hin und neben demselben ein 8,55 m breiter Weg, der Wall-
weg. Zwei Straßen in der Richümg der Thore teilten den innern Raum in vier
rechteckige Teile, welche zur Unterkunft der Truppen bestimmt waren.
Von den Römerkastellen im Rheinlande ist das bei Neuwied noch größer als
das Hornburger. Von noch größerem Umfange waren die römischen Standlager und
die Befestigungen der eigentlichen Militärstädte, unter denen Trier eine der bedeutendsten
war. Sie haben stärkere Ringmauern, mehrere Mauertürme, mächüge Thore, von
Lenen die Porta nigra zu Trier fast vollständig bis auf unsere Tage erhalten ist.
Dieser gewalüge Thorbau besteht aus rotgraueu Sandsteinqnadern von 1—1,5
ja 1,70—2 m Länge und 56 cm Höhe; sie sind noch fast ganz roh, indem spätere Be-
arbeitung vorbehalten geblieben zu sein scheint. In der That hatte man an einigen
Stellen damit den Anfang gemacht, hier passen die ohne Mörtel innerlich durch eiserne
Klammern verbundenen Steine so genau zusammen, daß sie auf einander gerieben sein
müssen und man kaum die Fugen erkennt. Die Quadern bekleiden jedoch nur die
äußeren und inneren Flächen der Mauern, während das Innere aus Gußwerk besteht.
Im Jahre 1035 wurde die Porta nigra, die bis dahin als Stadlhor gedient
hatte, mit der damit zusammenhängenden Kaserne in eine Kirche verwandelt. Zu dem
Ende wurde das Erdgeschoß innerlich und äußerlich mit Erde verschüttet, so daß der
obere Teil, zu welchem von außen eine Treppe von 104 Stufen führte, als Kirche und
der untere als Begräbnisplatz benutzt wurde. Im Laufe des Mittelalters litt das
durch mancherlei Anbauten, Türmchen und Erker vielfach entstellte Gebäude bedeutend,
indem es häufig als Festung benutzt und zerstört wurde. Im Revolutionskriege ver-
lor es durch die Franzosen das bleierne Dach, wodurch indes der erste Anlaß zur
Herstellung seiner ursprünglichen Gestalt gegeben wurde. Im Jahre 1805 begann
man mit Herausschaffung der aufgeschütteten Erbe und seit 1815 steht die alte Porta
nigra im wesentlichen wieder frei. Doch hat der östliche Turmbau an welchen sich
das noch erhaltene Altarstück der Simeonskirche anschließt, in unbekannter Zeit sein
oberstes Stockwerk eingebüßt.
Mit der bei den Römern beliebten Städteanlage an dem Ufer eines Flusses
wurde wie in Trier, Mainz, Koblenz, Köln rc. gewöhnlich auch die Errichtung
einer Brücke verbunden und die Leistungen der Römer m Brückenbau waren
ausgezeichnet und bewundernswürdig. Die älteste Brücke über den Rhein schlug
Cäsar im Jahr 55 v. Chr., wahrscheinlich südlich von Bonn, in der Nähe von
Neuwied. Die Brücke war, nach seiner eigenen Beschreibung, 11,40 in breit, stand
über nur 18 Tage, bis zu seinem Rückzüge, wo er sie hinter sich abbrach. Zwei
Jahre später ließ er abermals bei Andernach nach demselben System eine Brücke
aber den Rhein schlagen, die nach seiner Rückkehr nur teilweise abgebrochen und
an ihrem Endpunkt durch einen Turm von 4 Stockwerken befestigt ward.
Außer hölzernen Schiffbrücken errichteten die Römer später aber auch steinerne
Brücken über die deutschen Flüsse und zwar ebenfalls zunächst lediglich zu
militärischen Zwecken. Namentlich wurden unter der Regierung Trajans zahlreiche
und bedeutende Brückenbauten ausgeführt. Berühmt war die Brücke, welche er
durch den ersten Architekten seiner Zeit, Apollodor von Damaskus im Laufe des Jahres
103 n. Chr. unweit des eisernen Thores über die Donau errichten ließ, deren
Trümmer sich iwch erhalten haben und bei dem niedrigen Wasserstande des Jahres
1858 von österreichischen Ingenieuren genau untersucht und aufgenommen worden
sind. Die Länge der Brücke bettug 1020 na; sie bestand ohne die beiden Wider-
lager an den Ufern aus 20 Pfeilern, welche sich über den Fundamenten bis auf
43 na Höhe erhoben haben sollen und in ihren Achsen 48 na von einander
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe]]
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118
Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt.
500 Pfeilern getragenen Leitungskanal, der teilweise mehr als 28 m sich über der
Sohle der überschrittenen Thäler erhob. Die Aquädukte, einmal durch die Barbaren
zerstört, blieben nachher in Trümmern liegen und erst der neuesten Zeit war die
Wiederaufnahme dieses Zweiges der Baukunst durch Ausführung großer Eisenbahn-
viadukte vorbehalten.
Ähnlich verhält es sich mit den Kunststraßen, die das römische Gebiet in
Deutschland nach allen Richtungen durchzogen. Die Bauart derselben war je nach Be-
dürfnis, Terrain und Material verschieden, doch verfolgen sie fast immer gerade Linien
und vermeiden gewöhnlich sumpfigen Boden. Die Dammschüttung zwischen zwei
Verkleidungsmauern oder Pfahlreihen betrug bei einer Brücke zwischen 2,50 bis zu
1,70 m, zuweilen gegen 5 m über dem natürlichen Boden und die Fahrstraße be-
gleiteten zu beiden Seiten zwei etwas erhöhte Kieswege für Fußgänger. Bei der
vollkommensten Gattung bestand der Damm aus vier verschiedenen Lagen: zu unterst
eine trockene oder in Mörtel gelegte Schicht glatter Steine, darüber eine Lage zer-
schlagener Steine, sodann eine mit Ziegelbrocken vermischte Mörtelschicht und endlich
ein Pflaster aus glatten, in regelmäßig vieleckigen Formen zugehauenen Steinen
Die Wohngebäude in deutsch-römischen Mederlassungen bestanden wahrschein-
lich meistens nur in Ziegel- oder selbst in Lehmfachwerk ausgeführten Holzbauten,
so daß kaum Überreste davon nachzuweisen sind. Die weitläufigen und stattlichen
Wohngebäude der Reichen waren dagegen aus festen und kostbaren Materialien nach
festem Plaue gebaut. Der Hauptteil war der von Säulenhallen umgebene insgemein
rechteckige innere Hof, um welchen sich die anderen Gebäude anreihten. Die im Jahre
1833 zu Fließen bei Trier entdeckten Überreste einer Villa aus der Zeit Konstantinus
zeigen eine große Anzahl verschiedenartiger Räume, die sich zu einer in der Haupt-
form viereckigen Anlage zusammenreihen.' Verschiedene Verbindungsgänge sondern die
einzelnen Räume: heizbare Wintergemächer und Wohnräume für den Sommer, Bade-
einrichtungen und andere Lokalitäten, mit Mauern umgebene Höfe schließen sich dem
Gebäude an. Die vorgefundenen Mosaikfußböden zeugen von der ehemaligen prunk-
vollen Ausstattung der Gemächer.
Bedeutender sind die Überreste eines großen Prachtbaues zu Trier, bekannt unter
dem Namen der Thermen, neuerdings von einigen als Kaiserpalast Konstantinus
bestimmt. Heinrich Otte.
60. Stadt und Land, Kunst und Handwerk zur Zeit
der Merowinger.
Seit dem Ende der Wanderzeit saßen die Germanen in allen Pro-
vinzen des westlichen Römerreichs unter Königen. In Deutschland war
der Osten bis zur Elbe und Saale von Slaven überzogen und einzelne
Haufen derselben hatten sich in thüringischen und hessischen Dörfern bis
hinauf zum Main festgesetzt. Den Norden des deutschen Bodens hielten
Friesen und Sachsen; der Süden vom Harz bis zu den Alpen: das Land
der Thüringer, Alemannen, Burgunden und Bayern war im Besitz oder
im Kampf mit den Franken.
Es begann eine Zeit verhältnismäßiger Ruhe; überall waren die
Völker genötigt, sich in neuen Verhältnissen einzurichten, auf der Ackerscholle,
in den Mauern römischer Städte und um die Friedhöfe neugebauter
Kirchen. Wie sie hier die Bildung fremdländischer Leute aufnahmen, wie
sie handelten und ihren Acker bauten, wird in folgendem gemustert. Denn
was auf diesen Gebieten des Lebens aus dem Altertum erhalten blieb
und damals neu geschaffen wurde, das dauerte länger und formte mehr
an Charakter und Leben des Volkes, als die Missethaten seiner Fürsten
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich_Otte Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Lehmfachwerk Deutschland Main Sachsen Altertum
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Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
128
Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt.
schanzte Städte und befestigte Häuser der Reisigen erhoben sich jetzt überall
auf deutschem Boden, nicht nur an Rhein und Donau, in Franken,
Schwaben und Bayern, auch im alten Sachsenland und in den Ostmarken
gegen Slaven und Ungarn.
Und die Städte waren in den letzten Jahrhunderten wie über Nacht
entstanden, daß man bei vielen nicht zu sagen wußte, wann sie begonnen
hatten; der größte Kulturfortschritt vollzog sich leise, doch im Zwang der
Stunde und die Zeitgenossen, welche daran arbeiteten, wußten wenig, wie
unermeßlich der Segen war, den sie dadurch ihren Enkeln bereiteten.
Und wer von der Erscheinung zurückblickt auf ihren Grund, der vermag
gerade hier die geheimnißvolle Arbeit schöpferischer Kraft wie in einer Werkstätte
zu belauschen, und ehrfürchtig zu erkennen, wie dem Menschengeschlecht Unglück
in Glück und Verderb in den edelsten Fortschritt umgewandelt wird.
Es war ein Unglück für die Deutschen, daß die Zahl der freien
Landleute sich seit der Völkerwanderung mit reißender Schnelligkeit ver-
ringerte, die Zahl der Dienstpflichtigen und Unfreien sich unaufhörlich ver-
mehrte ; es war traurig, daß alle Gewalten, welche das Leben der Deutschen
regierten, um die Wette dazu beitrugen: die Könige und ihre Beamten,
welche zu vornehmen Gebietern des Volkes geworden waren; die christliche
Kirche und ihre Bildung, welche den Vornehmen stärker vom Volke schied;
nicht weniger endlich das geprägte Silber und Gold, welches Reiche erhob
und Arme niederdrückte.
Aber durch dieselben Gewalten wurde auch der Fortschritt gewonnen,
auf einem Umwege, doch darum nicht minder glorreich. Zuerst half eine
alte Vorschrift der Kirche, aus romanischen Ländern nach Deutschland ge-
bracht, daß Bistümer nur in Städten angelegt werden sollten. Wo der
Dom eines Bistums sich auf deutschem Grunde erhob, da mußte die
Umgebung mit Menschen gefüllt und gegen die Landschaft abgeschlossen
werden. Der Bischof oder Reichsabt zog an seinen Herrensitz seine große
Familie von kunstfertigen Unfreien; der Heilige, dessen Gebeine in der
Kirche Wunder thaten, sammelte an seinen Festtagen große Mengen Volkes
in dem Stadtraume; auf den freien Plätzen erhoben sich die Buden der
Kaufleute; sehr früh erwarben die geistlichen Herren für die Waren, die
zu der großen Messe geführt wurden, auf der Straße des Königs Schutz
und Zollfreiheit. Die Landschaft gewöhnte sich, in des Bischofs oder
Abtes Stadt zu pilgern, in regem Marktgewühl zu handeln. Zumal wo
Deutsche gegen Slaven, Avaren und Ungarn kämpften, auf dein eroberten
Grenzgebiet an der Elbe und Donau, erwiesen sich die Kirche des Heili-
gen und die Stadtmauer als das einzige Mittel, die Umgegend dauernd
zu behaupten. So wurden Bremen, Hamkurrg, Lübeck, Magdeburg, Merse-
burg, Naumburg, Zeitz, Quedlinburg, Halberstadt, Hildesheim, Fulda,
Bamberg, Salzburg und viele andere Städte gegründet.
Dasselbe geschah, wo ein König oder großer Landesherr auf seinem
Wirtschaftshof einen Palast, die „Pfalz" gebaut hatte; auch solche Orte
erhielten schnell weiten Umfang, denn dorthin forderte der Gebieter sein
Heer und die Gewaltigen seines Reiches. Herren und Mannschaft kamen
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt.
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mit großem Troß und suchten außer dem Obdach, auch die Genüsse, welche
die Zeit bot, sie kauften Waren, sahen Neuigkeiten, welche ausgestellt wur-
den und lachten über die Possen des wandernden Spielmannes, der mit
seiner Harfe und seiner Bande herzugeeilt war. An solchen Plätzen ent-
standen Aachen, Frankfurt, Ulm, Nürnberg, Goslar, Braunschweig.
Seitdem im 9. Jahrhundert die Normannen von der See, die Un-
garn im Süden räuberisch das offene Land durchzogen, vergaßen die
Deutschen in der Not der Stunde überall die alte Abneigung gegen um-
mauerte Wohnsitze. Herrenhose und Häuser der Dienstmannen, Abteien
und größere Dörfer wurden befestigt, in vielen erwuchs das städtische Le-
den. Was von neuen Städten um 1100 zwischen Rhein und Elbe, zwi-
schen Nordsee und Donau lag, war freilich einer modernen Hauptstadt
sehr unähnlich. Noch schloß der umfriedete Raum Ackerflächen und Gär-
ten ein, die Mehrzahl der Einwohner waren Landbauer, welche ihre Ge-
spanne aus der Stadt auf die Außenäcker führten, das Ganze zunächst
eine große Dorfanlage um Kirche, Bischofshaus oder Palast. Wie auf
dem Dorf galt dort das Hofrecht des Bischofs oder Königs, denn die
Bürger waren Dienstpflichtige und Unfreie; unfrei vor andern
fast alle Handwerker. Dazwischen saßen aber auch Freie, einzeln oder
in größerer Zahl, Kaufleute, Landbesitzer der Umgegend oder fromme An-
hänger der Kirche, außerdem reisige Dienstmannen ihres Herrn. Aber
Freie und Unfreie waren vor fremder Gewalt gesichert, sie standen im
Schutz eines mächtigen Herrn, der mild über ihnen waltete und unter den
eng Zusammenlebenden bessere Ordnung zu halten vermochte. Und sie
hatten Gelegenheit zu Verdienst, wie ihn das offene Land nicht bot. Ta-
gesverkehr und gemeinsamer Vorteil milderte sehr bald den Gegensatz
zwischen Freien und Unfreien. Denn der freie Kaufmann entnahm von
dem hörigen Handwerker die Waren, Metallarbeit und wollene Gewebe
und vertrieb sie mit seinen bewaffneten Knappen im Lande. Handwerk,
Handel und Geldverkehr traten in enge Verbindung und gewannen dadurch
einen plötzlichen Aufschwung. Der Segen der Arbeit und ihre Leben
schaffende Kraft wurden dem Volke deutlich.
Wer um 1100 von Köln nach Hamburg, von Augsburg nach Nürn-
berg reiste, der kümmerte sich gar nicht darum, daß die eine Stadt um
ein Jahrtausend älter war als die andere. Aber man merkte damals
doch einen Unterschied in Aussehen, Kraft und Wohlstand zwischen den
alten Römerstädten auf deutschem Boden und den neu gewordenen. Utrecht,
Mainz, Köln, Trier, Regeusburg, Speier, Augsburg waren die altberühm-
ten Städte des Reiches, Sitze großer Bischöfe oder alter Kaiserpfalzen;
zwischen den großen Kirchen und geschwärzten Römertürmen und neben
den Dienstleuten der Bischöfe hatte sich dort eine größere Zahl Freier
angesiedelt; Köln war um 1100 bereits eine große Handelsstadt; Utrecht
ein Mittelpunkt der flamländischen Wollenindustrie; die Zahl der steiner-
nen Gebäude war größer, die Stadtmauer wahrscheinlich und besser mit
Türmen und Außenwerken geschützt, das Selbstgefühl der Bürger kecker,
auch ihre Freiheiten besser und ihr Vornehmen stolz. Aber obgleich sie
Ahreus, Lehr- und Lesebuch für Fortbildungsschulen. 9
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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TM Hauptwörter (200): [T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
i Lebensbilder.
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Aber je blühender das Haus, desto größer der Hausstand, und nehmen
wir alle, die Dienste bietend, auch der geistigsten Art, unserem Hause sich
anschließen, hinzu: Hauslehrer, Lehrerinnen und Hausarzt, so ist unser
Haus zu einem Abbilde des organisierten Volkslebens geworden, ein Staat
im kleinen.
Unser Haus öffnet nicht bloß seine Thür dem Gleichgesinnten und
Gleichgestellten und pflegt der Geselligkeit und Gastfreundschaft; unser
Haus öffnet auch seine Thore der Not und der Armut. Nicht Bettler
ziehen wir an uns, aber Hausarme hängen an uns als Schutzbefohlene
und gerade in ihre Häuser treten wir hinein, wo uns wahrhaft daran
liegt, Hülfe zu bringen und zwar rechte Hülfe.
So hat sich aus kleinen Anfängen ein stattlicher Palast erhoben.
Unser Haus ist eine Welt geworden und spiegelt die Welt im Kleinen.
Und so entlehnen wir gerne von den Engländern, deren Haus durch
Pflege des Familienlebens sich neben das deutsche zu stellen berechtigt ist,
die Bezeichnung unseres Hauses als Burg.
Unser Haus ist die Burg aller Sitte, aller Sittlichkeit, damit aber
die Burg und Bürgschaft aller Kraft und aller Tüchtigkeit, die von da
hinausgeht in die Welt. Unser Haus ist die Burg unsers Volkes und
Vaterlandes, die Burg aller wahren reinen Menschlichkeit. —
Nach W. Müller.
39. Zimmerspruch.
Das neue Haus ist aufgericht't,
Gedeckt, gemauert ist es nicht,
Noch können Regen und Sonnenschein
Von oben und überall herein:
Drum rufen wir zum Meister der Welt,
Er wolle von dem Himmelszelt
Nur Heil und Segen gießen mrs
Hier über dieses offne Haus.
Zu oberst woll er gut Gedeihn
In die Kornböden uns verleihn;
In die Stube Fleiß und Frömmigkeit,
In die Küche Maß und Reinlichkeit,
In den Stall Gesundheit allermeist,
In den Keller dem Wein einen guten Geist;
Die Fenster und Pforten woll er weih'n,
Daß nichts Unseliges komm' herein,
Und daß aus dieser neuen Thür
Bald fromme Kindlein springen für.
Nun Maurer decket und mauret aus,
Der Segen Gottes ist im Haus. Uh land.
1. Der Maurer schreitet frisch heraus,
Er soll dich nieder brechen;
Da ist es mir, du altes Haus,
Als hörte ich dich sprechen:
„Wie magst du mich, das lange Jahr
Der Lieb' und Einwacht Tempel war,
Wie magst du mich zerstören?
40. Das alte Haus.
Dein Ahnherr hat mich einst erbaut
Und unter frommem Beten
Mit seiner schönen, stillen Braut
Mich dann zuerst betreten.
Ich weiß um Alles wohl Bescheid,
Um jede Lust, um jedes Leid,
Was ihnen widerfahren.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
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I. Lebensbilder.
sie wie z. B. Paris oder wie Berlin und Petersburg oder wie hundert andere auf
den von den Flußarmen umflossenen Inseln die von der Natur gegen feindliche An-
griffe geschlltzt waren oder wie z. B. Cobleuz und Paffau, wie Lyon und zahllose
andere auf einer Halbinsel, bei welcher zwei schiffbare Flüsse sich vermischten, deren
Arme, Inseln und Halbinseln sie nachher durch kunstvolle und graziöse Brückenbogen
unter einander verbunden haben.
Namentlich häufig findet man die Städte wie z. B. Heidelberg, wie Minden
und viele andere auch da, wo die Ströme aus dem Gebirge hervorbrechen und in
die Ebene hinaustreten, innerhalb der großen malerischen Bergthore oder auch wie
Schaffhausen bei den großartigen Stromkatarakten, wo eine Veränderung in der Art
des Verkehrs oder der Beschiffung so zu sagen eine Umspannung oder Umpackung,
eine Station nötig wurde.
Das Verlangen der Bürger nach Schutz und Verteidigung bewirkte es, daß
da, wo keine Flußinsel sich darbot, vereinzelte Hügel, isolierte Berge, kleine Felsenköpfe
in der Mitte der Ebenen aufgesucht wurden, auf denen die Stadt ihre Citadelle, ihre
Akropolis bauen, ihre Tempelschätze und Heiligtiimer in Sicherheit bringen konnte.
So entstanden die Hügelstädte Jerusalem, Rom, Athen, Nürnberg, Moskau und
andere, die sich alle an Höhen anlehnen und die rohen Felsen und Gipfel derselben
mit einer malerisch ausgegossenen Gruppe von Bauten überschüttet haben. „Schaut
die türmende Stadt, wie sie auf dem felsigen Kern sich erhebt; prangend kündigen
sie von Ferne die beleuchteten Kuppeln."
Auch die Ufer der Landseeen und die Küsten der Meere sind aus derselben Ur-
sache rings umher mit Städten geziert und anch hier suchen sich dieselben die ange-
nehmsten Plätze aus, — die Meerengen wie Messina, die Kllsteninseln wie Venedig,
das sich so reizend in seinen Lagunen und Kanälen spiegelt. Dann wiederum die
kleinen Buchten und natürlichen Häfen, um die sie rings herum wie Konstanünopel
um sein goldenes Horn ihre Häuser plazieren. Zuweilen auch treten sie dort wieder
auf niedrige felsige, meerumschlungene Vorgebirge hinaus, eben dieselben, fassen sie
in einen Ring imposanter Mauern, schützen den Isthmus, der die Halbinsel an das
Festland kettet, durch ein mächtiges Thor und füllen den Ring innerhalb mit ihren
stattlichen Gebäuden. So liegt unter vielen andern das rings von der Brandung
umschäumte Ragusa.
Demnach besitzen fast überall die Bürger und ihre Städte die Hauptlebensstellen
des Landes, die vom Schöpfer der Welt bezeichneten Herz- und Glanzpunkte der
Landschaft. Wie Könige nehmen sie allewege die dominierenden Sitze ein, die eben
daher 'zugleich meistens die wohlgefälligsten sind. Den Flecken und Dörfern der
Bauern, den Bergschlössern des Landadels, bei denen es nicht so sehr darauf ankommt,
überlassen sie die Nebeupositionen, die unzugänglichen Thalschluchten, die wilden
Heiden, die rauhen Gebirge, die flußlosen Gebiete des dunkeln Innern. Ii.
Ii.
Sind die Städte schon in ihrem ganzen Aufweten in der Landschaft, ihrer
Umgebung und Lage nach gewöhnlich sehr malerisch und anziehend, so sind sie dies
alles in ihren innern Gestaltungen in noch weit höherem Grade.
Vor allen Dingen gewinnt das Stückchen Natur, das selbst noch in der Stadt
geblieben ist, und in ihren Mauern mit eingeschlossen wurde an Reiz und ästhetischer
Bedeutung. Gleich wie die kleinen Werke der Menschen im Schoße der gewaltigen
Schöpfung, da wo alles freie Natur ist, — ein trauliches Häuschen, wenn auch nur
eine Köhlerhütte am Rande eines Waldes, — die Kirchtürme und ein Dörfchen in
der Mitte des mächtigen Gebirges, — oder nur ein Fußpfad in der Wildnis — so
hat umgekehrt inmitteu der steinernen Stadt, wo alles Kunst, Berechnung und Regel
ist, ein Gärtchen, ein offener Wieseugrund, ein Stückchen Gehölz, sa nur ein einziger
Baum, eine Rebe, die am Fenster emporrankt einen dreifach erhöhten Wert. _ Und
eben weil die Natur in den steinernen Rahmen der Städte sogar lieblich erscheint,
wird sie gerade dort auch besonders innig geliebt, weit mehr als auf dem platten
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T160: [Insel Hafen Meer Küste Stadt Halbinsel Neapel Straße Einw. Hauptstadt], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Ortsnamen: Paris Berlin Petersburg Lyon Heidelberg Schaffhausen Jerusalem Rom Athen Nürnberg Moskau Messina Venedig Ragusa
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Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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I. Lebensbilder.
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Lande, wo man sich in der Verlegenheit ans Überfluß gleichgültiger gegen sie
benimmt.
Wo anders als in der Stadt findest du den eifrigen Tanbenzüchter, der die
Hälfte seines Hausbodens zu Bauplätzen für diese Tiere 'hergab und einrichtete und
sein inniges Behagen dabei hat, ans der Tiefe des umniauerten Haushofes seine
Blicke und Gedanken den hochaufsteigenden Seglern der Lüfte nachzuschicken.
Nur in der Stadt nistet die Liebhaberei der Singvögel aller Art. Da wohnt
der freundliche und sinnige Mann, der sich in seinem engummauerten Stadtgärtchen
mit seiner Kunst eine Voliere eingerichtet hat, in welcher er alles, was auf der Flur
und im Walde singt, 'pfeift und zwitschert, versammelte. Da sitzt er im Frühling
stundenlang zwischen seinen Mauern und späht und lauscht mit Behagen dem Treiben
seiner Sänger, die vor seinen Augen ihre Nester bauen und ihre Jungen ätzen. In
der rauhen Jahreszeit nimmt er sie alle zu sich in die Stube wie seine Kinder, und
da er sie gewöhnt hat, sogar beim Scheine seiner Abendlampe zu singen und zu
pfeifen, so schafft er sich mitten im Winter einen Naturgenuß, an den der Landmann
nicht einmal denkt Nur in der Stadt auch begegnest du früh morgens dem gemüt-
lichen Bürger, der mit einem Tütchen sorgfältig gemischten Futters in die Anlagen
geht, um die unter dem Schutze der städtischen Gesetze halb zahm gewordenen Sänger,
die ihren guten Freund wohl kennen, zu ätzen. Der Landmaun weiß nicht viel von
solchen zarten Empfindungen.
In der Stadt ist auch die ganze Kunstgärtnerei und Blumenzucht, die so viel
Schönes, in der Natur Schlummerndes geweckt und herausgebildet haben, geboren.
Die hängenden Gärten in Babylon, die Rosengärten der Städte Damaskus und
Schiras, die Wintergärten zu Petersburg sind in der ganzen Welt bekannt. Und
tritt man in das sechs Quadratruteu große Gärtchen eines Pariser oder Londoner
Stadtbürgers, wie muß man nicht erstaunen über die Liebe und Sorgfalt, mit der
da die Kinder der Flora gepflegt sind. Von allen Blumen und Sträuchern der
Welt hat er Pröbchen zusammengebracht Die Felsen der Gebirge hat er im kleinen
nachgeahmt, auch ihre Katarakte und Seeen. Das Wasser plätschert in zierlichen
Fontänen und der Wind spielt mit flatternden Fahnen, mit köstlichen Windmühlen
aus lustig sich drehenden Rädern. Die, welche ein Gärtchen sich nicht verschaffen
können, erziehen und pflegen im Winkel ihres Hofes ein Apfelbäumchen, oder sie be-
reiten sich einen Blumenflor vor ihrem Fenster.
Nur die Entbehrung flößt Verlangen und Liebe ein. Und wie die Natur in der
Stadt am sorgfältigsten gepflegt wurde, so wurde sie auch von jeher dort am
besten besungen. Innerhalb der Städte haben unsere zartesten Naturdichter ge-
wohnt. (Brockes, Kleist, Hebel.)
In mancher Hinsicht leisten auch unsere Städte ohne alle Absicht und ganz von
selbst der Natur einigen Vorschub und gewähren ihr allerlei hübsche Vorteile, die
sie draußen nicht genießt. In gewissem Teile haben die Städte sich ihr eigenes Klima
geschaffen. Die dicht zusammengedrängten Menschen, die zahllosen Feuerstellen, der
reichlich gegen den Wind gewährte Schutz, und die überall zwischen dem Gemäuer
sich brechenden Sonnenstrahlen haben bewirkt, daß die Temperatur in unseren Städten
gewöhnlich etwas höher steht^als auf dem platten Lande. Deshalb ergrünen an
den geschützten Mauern der Städte die Bäume zuerst, und knospet und regt es sich
frühzeitig in den städüschen Gärten, und während das Land noch weit und breit still,
tot und öde ist, prangt unsere Stadt längst rings umher im schönsten Blütenschmuck.
Von den Städten, wo er zuerst festen Fuß saßt, setzt der Frühling aus und erobert
von da aus das flache Land. Iii.
Iii.
„Eine andere O-uelle des Genusses in den Städten bietet die Erinnerung an die
Vergangenheit, an die Fülle früherer Begebenheiten, den Fortschritt und Wandel der
Zeit, die sich uns bei chrem Anblick offenbart und sich bei einer Existenz in ihnen
überall aufdringt, dar."
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TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]