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1. Neue Zeit - S. 13

1897 - Stuttgart : Neff
13 Kapitel Ii. Die Zeit Maximilians T. § 6. Kämpfe in Italien 1494—-1505. Karls Viii. Zug nach Italien. Karl Viii. von Frank- reich zog 1494, mit Lodovico Moro von Mailand verbündet, über Florenz und Rom ins Königreich Neapel, indem er die Ansprüche der Anjou (s. Ii. S. 241) wieder aufnahm. Fer- dinand Ii., Enkel Ferdinands I., flüchtete nach Sicilien. Zum König vonneapel gekrönt, schob Karl die Verwirklichung seines Traums, die Türken aus Europa wieder hinauszuwerfen, auf und kehrte mit der Hälfte seines Heeres zurück. Venedig hatte gegen Frankreich und dessen Festsetzung in Italien eine Liga zusammengebracht, an der sich Papst Alexander Vi. und die katholischen Könige beteiligten, sowie Lodovico Moro, der von dem französischen Bündnis nicht die erwarteten Früchte geerntet hatte, und Königmax, den die französische Diplomatie früher durch Aussicht auf Beraubung Venedigs zur Unthätigkeit bestimmt hatte. Ein ihm entgegentretendes venetianisch - mailändisches, vielfach überlegenes Heer schlug Karl bei Fornuovo (1495), kehrte aber nach Frankreich zurück. Lodovico Moro, von Schweizern schwer bedroht, wurde wieder Frankreichs Bundesgenosse und erhielt, unter dessen Lehnsherr- lichkeit, Genua. Das Königreich Neapel verloren die Franzosen sehr rasch wieder infolge der Verhasstheit ihres Regiments und der Unfähigkeit eines ihrer zwei Feldherrn an Ferdinand Ii., der von einer spanischen Flotte und Land- macht, wie auch vom Papst und Venedig, unterstützt wurde, und seinen Oheim und Nachfolger Federigo (1496). Savonarola. Girolamo Savonarola, Dominikaner (geb. 1452), wirkte inflorenz seit 1482, beherrscht von asketisch- mittelalterlicher Lebensanschauung und den altväterischen Vor- stellungen des Kleinbürgertums, vor allem durch die Gewalt seiner Predigt gegen die Entartung und Verweltlichung der Kirche und der Geistlichkeit, gegen „Tyrannei“, Laster und Luxus und für Aufrichtung einer re- publikanischen Theokratie. Die unsichere und später zu gefügige Haltung, die Pietro Medici dem heranziehenden französischen König gegenüber einnahm, bewirkte vollends den Zusammenbruch der Tyrannis (1494).

2. Neue Zeit - S. 29

1897 - Stuttgart : Neff
29 wohnliche) Art, wie Tetzel seinen Auftrag durchführte, machte Luther auf Grund von Erfahrungen an eigenen Beichtkindern bedenklich, und so suchte er durch 95 Disputationsthesen sich und andern über Wesen, Wort und Berechtigung des Ablasses Klarheit zu verschaffen. Luthers am 31. Oktober 1517 an der Thüre der Wittenberger Schlosskirche angeschlagenen 95 Thesen betonten die Notwendigkeit innerer Busse („con- tritio“), verwarfen aber nur den Ablasskram und die Erstreckung des Ablasses auf das Fegefeuer; rasch verbreitet, riefen sie eine allgemeine Erregung hervor, da die Ablassfrage für alle Schich- ten der Bevölkerung religiöse, finanzielle und nationale Bedeu- tung hatte. Im literarischen Streit mit Tetzel, der in seinen Gegenthesen den Ablass in jeglicher Ausdehnung verteidigte, mit J o h. Eck von Ingolstadt, der in seinen nur handschriftlich verbreiteten „Obelisci“ Luther als „Böhmen“ anklagte, und mit dem Dominikaner Silvester Mazzolini Prierias, römischem Bücherzensor, der Tetzel durchaus, auch wegen des Wortes vom Geld im Kasten, verteidigte und auf Grund der Anschauung von der Unfehlbarkeit des die Kirche verkörpernden Papstes jeden, der eine Massregel der Kurie als unberechtigt angreife, für einen Ketzer erklärte, gelangte Luther zu grundsätzlicherem Widerspruch. In seinen „Resolutionen“ (August 1518) be- tont er die unfehlbare Autorität der Schrift, das Zusammenfallen der wahren Reue mit dem allein rechtfertigen- den Glauben und bestreitet dem Papste die Verfügung über die Verdienste Christi und der Heiligen, die Gewalt über die Seelen und Gewissen der Gläubigen und die Entscheidung über Glaubensfragen. Die Citation zum Ketzerprozess nach Rom war Anfang August in Wittenberg eingetroffen, aber der Kurfürst Friedrich der Weise, der seiner Universität ihren bedeutendsten und anziehend- sten Lehrer erhalten wollte, erwirkte auf dem Augsburger Reichstage (s. S. 21) vom päpstlichen Legaten Cajetan (Thomas Vio von Gaeta, früher Dominikanergeneral, einer der gelehrtesten Theologen seinerzeit), dass dieser Luther nach Schluss des Reichstags in Augsburg verhörte (12.—14. Okt.). Luther, den als Ketzer zu verhaften und nach Rom zu verbringen ein päpstliches Breve vom 23. August angeordnet hatte, verweigerte den dreimal geforderten Widerruf, appellierte schriftlich vom „übel berichteten Papst an den besser zu berichtenden“ und verliess in heimlicher und schneller Flucht 20./21. Oktober Augsburg. Er appellierte 25. No- vember feierlich vom Papst an ein Konzil. Aus poli- tischer Rücksicht auf den sächsischen Kurfürsten (Kaiser-

3. Neue Zeit - S. 42

1897 - Stuttgart : Neff
42 Graubünden erlangte sie 1525 freie Bewegung. Schon April 1524 beschlossen alle Orte mit Ausnahme von Zürich und Schaft- hausen, bei dem Glauben der Altvordern zu bleiben und die ihm Zuwiderhandelnden zu bestrafen, sowie denen, die dazu die Hand nicht böten, die Gemeinschaft aufzusagen. Aber Bern, Basel, Glarus und Solothurn wollten doch von einem gewaltsamen Vor- gehen gegen Zürich nichts wissen. Jedoch wurden refor motorische Bewegungen im Thurgau von der Tagsatzung unterdrückt und drei Züricher, der Mitschuld an einem Klostersturm bezichtigt, enthauptet. Oktober 1524 schloss die Tagsatzung mit Oester- reich einen Vertrag über gegenseitige Auslieferung ketzerischer Unterthanen. Wiedertäufer. Seit Ende 1523 trat in offenen Gegensatz zu Zwingli, „dem Endchrist am Grossmünster“, eine Richtung, welche die Forderungen des Evangeliums und das Schriftprinzip in der Lebensord- nung noch gründlicher durchführen wollte, dabei aber von den mittelalterlichen Ideen der Armut, der Weltentsagung, der Ausscheidung einer besonderen Gemeinde der Heiligen beherrscht, jedoch von ge w alt sam- revolutionären Strebungen noch frei war. Unter Einfluss Thomas Münzers verwarfen deren Anhänger die Kinderlaufe und übten im Gegensatz zu einem Ratsmandat, das die Kindertaufe bei Strafe der Landesverweisung anordnete, dann die Wiedertaufe als ein Unterpfand der Wiedergeburt und der besonderen Gnade (daher bei andern: „Wiedertäufer“, „Anabaptisten“). Zahlreich waren sie auch in St. Gallen, Schaffhausen, Appenzell, Graubünden. Als Strafe der Wiedertäufer (bisher Geldbussen, Gefängnis und Ver- bannung) wurde 1526 das Ertränken festgesetzt und zu Zwinglis Lebzeiten mit seiner Billigung an vier Personen vollstreckt. § 16. Der Bauernkrieg 1525. Vorläufer seit 1498. Auf gewaltsamen Umsturz der bestehenden Ord- nung waren gerichtet die geheime, auch viele Weiber umfassende Verbindung des Bundschuh (s. Ii. S. 251) in der Bruchsaler Gegend (1502, „wir mögen vor Pfaffen und Adel nicht genesen“) und der Bundschuh im Eisass und Breis- gau von 1518; vom alten Recht gingen aus die im ganzen friedlich, aber auch ergebnislos verlaufende Erhebung der Bauernschaft des oberschwäbischen Klosters Ochsenhausen und wenigstens zu Anfang der „arme Konradu im Herzogtum Württemberg (1514), welche Erhebung den Herzog Ulrich veranlasste, den Ständen (Geistlichkeit, Adel und Städten) im Tübinger Vertrag grosse Zuge- ständnisse zu machen, sowie die Erhebung der Bauern in Krain, Kärnten, Steier- mark (1515). Auf 1524 hatte die Astrologie eine sündtlutartige Ueberschwem- mung, eine Erhebung des Volkes und Vertilgung der Mächtigen vorausgesagt. Ursachen des grossen Bauernkrieges. Sein Zusammen- hang mit der reformatorischen Bewegung. Die Hauptursache war die schon längst vorhandene Unzufriedenheit, die zumeist teils von der rechtlichen, teils von der materiellen Lage des Bauernstandes herrtihrte (s. Ii. S. 248 ff“.). Aber diese Unzu- friedenheit wurde durch die reformatorische Be- wegung und Litteratur gesteigert und erhitzt. Wer

4. Neue Zeit - S. 43

1897 - Stuttgart : Neff
43 sich materiell oder rechtlich gedrückt fühlte, übertrug das Schlag- wort „christliche Freiheit“ auf seine materielle Belastung oder rechtliche Bindung und mass die bestehenden Ordnungen nach dem „Evangelium“ (im Süden auch unter dem Einfluss der Zwingli’schen Reformation). Das „Evangelium“ oder „Gottes Wort“ wurde Quelle des göttlichen Rechtes. Schon Luthers Schriften (z. B. die von weltlicher Obrigkeit 1523 und die über den Nürnberger Reichstagsabschied 1524) enthielten Stellen, die wider Luthers Willen revolutionär wirken mussten, obwohl Luther den unbedingten Gehorsam gegen die Obrigkeit als Christen- pflicht lehrte. Vollends aufreizend wirkten radikale Prediger (z. B. der aus Orlamtinde vertriebene und aus Kursachsen aus- gewiesene Karlstadt u. a. in Rothenburg o./T., noch mehr und mit entschiedener Absicht der von fanatischem Hass der „Gott- losen“ erfüllte und manchmal von Wahnvorstellungen beherrschte Thomas Münzer nach seiner Vertreibung aus Allstedt z. B. in Mühlhausen); aber auch gemässigtere Männer durch scharfes Pre- digen gegen den Zehnten und alles Zinsnehmen. Auf den Strassen predigten Bauern und Handwerker, aber auch Gebildete, als Bauern sich gebärend. Die Verfolgung der neuen Lehre und ihrer Verkündiger durch die Territorialherren, das Scheitern des Nürnberger Reichsregiments und seiner Reformpläne legten die Meinung nahe, dass mit „Stillesitzen“ nichts zu erreichen sei. Unzufrieden und zum Aufruhr geneigt waren auch die weniger wohlhabenden oder ganz armen und von der Mitwirkung am Regiment ausgeschlossenen Teile der städtischen Be- völkerungen. Eine Bauernbewegung des Jahrs 1524 in der Grafschaft Stühlingen, im Kletgau und in der Baar war anfangs noch ganz frei von evangelischen Elementen. Ausbreitung, augenblickliche Erfolge und Niederlage der Revolution. Die Revolution ging von Oberschwaben aus. Die drei Bauernhaufen: der Baltringer Haufen (Bauern des Donau- thals und der Hochebene von Messkirch an bis zum Lech), der Allgäuer (worunter die Bauern der Abtei Kempten) und der See- haufen, die sich Februar oder anfangs März 1525 gebildet hatten, vereinigten sich 6. März zu einer „christlichen Vereini- gung“. Der (hauptsächlich von dem bayrischen Kanzler Leon- hard v. Eck geleitete) Schwäbische Bund begann schon vor- her mit den einzelnen Haufen zu unterhandeln, um zunächst gegen den Herzog Ulrich freie Hand zu haben, der sein Herzog- tum zurückerobern wollte. Ulrich musste, da die Tagsatzung seine schweizerischen Söldner mit Rücksicht auf den Sieg Karls bei Pavia (s. § 17) abberief, 12. März vor Stuttgart umkehren. Am 14. März setzte ein (zweiter) Bauerntag in Memmingen die

5. Neue Zeit - S. 46

1897 - Stuttgart : Neff
— 46 — des grossen Zehntens zur Bezahlung des Pfarrers, zur Armenunterstützung und als Reserve für „Reisegelder“, Ermässigung der Gülten durch ein Schieds- gericht ehrbarer Leute; Fisch- und Jagdrecht, freie Benützung von Wald zu Brenn- und Bauholz. Dem entgegenstehende wohlerworbene Rechte sollten abgelöst werden. Diese nicht extremen Forderungen wurden durch Anführung von Bibelstellen bekräftigt und erklärt, wenn eine von ihnen als mit Gottes Wort unvereinbar sich erweise, werde man sie fallen lassen, andererseits behielt man sich vor, noch andere Forderungen auf Grund des Wortes Gottes zu stellen. Die Entscheidung über die Schriftbegründung der zwölf Artikel sollten Gottesgelehrte fällen, darunter Luther, Melanchthon, Zwingli „und seine Gesellen“. Diese zwölf Artikel waren ein rein agrarisches Programm, das in einigem, am Massstab des wirtschaftlichen Fortschritts gemessen, reaktionär war. Ein allgemeines politisches Programm nationaler Fär- bung, aber auch von beschränktem politischem Gesichtskreis zeugend, ent- hält der sog. Verfassungsentwurf des „Heilbronner Bauern- parlaments“, das aber wohl nie bestand, in Wirklichkeit ein Privatentwurf des Mainzischen Kellers Weygandt, eine abgekürzte Redaktion der 1523 er- schienenen „Reformation des Kaisers Friedrich“. Der Ertrag einer umfassenden Säkularisation sollte die Mittel insbesondere zur Entschädigung der Fürsten und des Adels für entgehende Abgaben und Leistungen (z. B. Zölle, Umgeld, ein Teil der Feudalabgaben) liefern. Die Fürsten sollten wieder dem Kaiser mehr unterthan werden, dagegen der Kaiser auch nur wenig selbständige Hoheitsrechte besitzen. Ein Netz von einander untergeordneten Gerichten sollte das ganze Reich umspannen, aber die Doktoren des geistlichen wie des welt- lichen Rechtes von jedem Gericht, wie auch von der Verwaltung ausgeschlossen sein, jedoch an jeder Universität ein Spruchkollegium von drei Doctores des kaiserlichen Rechts bestehen; endlich sollte Eine Münze, Ein Mass und Gewicht geschaffen werden. Für Kapitalbesitz wurde ein Höchstbetrag festgesetzt. Die Bauern suchte, auf die Dauer vergeblich, zu einer mässigen, ein ehrliches Mitwirken des Adels ermöglichenden Haltung, wie zu einer zweck- mässigen und planvollen Kriegführung zu bestimmen Wendel Hipler. Im allgemeinen waren die Odenwald - Neckarthaler Bauern gemässigter und ver- ständiger als die fränkischen, die nur an Einziehung allen Kirchengutes und Beseitigung des Adels als besonderen Standes dachten. Luther und die Bauern. Luther war die Begründung rein weltlicher Forderungen durch Gottes Wort nach seiner ganzen Richtung zuwider, den „Herrn Omnes“ betrachtete er immer mehr mit Misstrauen. In seinen „Er- mahnungen zum Frieden auf die zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben“ hatte er noch sehr scharfe Worte für die Fürsten und deren „Schinden und Schätzen“ und ermahnte sie, es mit der Güte zu versuchen; die Bauern, seine „lieben Freunde“, warnte er vor den Schwarmgeistern und vor der immer unchristlichen Rebellion. Er schlug ein Schiedsgericht aus Grafen, Herren und Städtern vor, unternahm es aber — im Widerspruch mit seiner sonstigen Stellungnahme — die Leibeigenschaft aus der Schrift zu rechtfertigen. Als aber seine Bemühungen, im Thüringischen durch Predigten die revolutionäre Glut zu dämpfen, vergeblich waren und besonders in seiner Nähe die schwersten Gewaltthaten erfolgten, da sah er in der Empörung einen Anschlag des Sa- tanas gegen die von ihm vertretene heilige Sache und erliess im Mai (noch vor Niederwerfung des Aufstandes) seine furchtbare Kampfschrift „Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern“ : „Solche wunderliche Zeiten sind jetzt, dass ein Fürst den Himmel mit Blutvergiessen besser verdienen kann, denn mit beten“, — „darum steche, schlage, würge, wer da kann“! Seine späteren Ausfälle gegen die fürstlichen „Bluthunde“, die „rasenden, wütenden, unsinnigen Tyrannen, die auch nach der Schlacht nicht mögen Blutes

6. Neue Zeit - S. 61

1897 - Stuttgart : Neff
61 werden sollte; jedoch überwies er für die einzelnen Fälle die Entscheidung, ob es sich um eine Religionssache handle, dem Reichskammergericht (Anfang 1533), und dieses liess. solchen Prozessen, ohne Rücksicht auf die Rechtsverwahrung der Schmal- kaldener (Anfang 1534), ihren Lauf. Karl war von der katho- lischen Mehrheit des Regensburger Reichstags die Verpflichtung auferlegt worden, dafür zu sorgen, dass ein Konzil innerhalb sechs Monaten einberufen werde und binnen Jahresfrist zu- sammentrete. Türkenkrieg. S o 1 i m a n, der einen Angriff auf das Reich plante, war Juli 1532 in Ungarn erschienen, wurde aber drei Wochen lang durch die heldenmütige Verteidigung der Feste Güns aufgehalten. Als Karl nach langem Zögern mit nicht ganz 80000 Mann (worunter 41000 Mann Reichstruppen) von Regensburg aus donauabwärts zog, wagte Soliman keine Hauptschlacht und zog zunächst gegen Graz, dann über Ungarn heim. Auf einen Einmarsch in Ungarn und gegen Zäpolya verzichtete Karl, zum Teil wegen der geringen Neigung Bayerns und der evangelischen Stände, sich für Ferdinand zu bemühen. Karl verliess nach Beendigung des Türkenkrieges November 1532 Deutschland. Juli 1533 schloss Soliman mit Ferdinand Frieden. Die Carolina, .,die peinliche Halsgerichtsordnung; Karls V.“, die 1532 Reichsgesetz wurde, beruhte auf viermaliger Revision der Bamberger Hals- gerichtsordnung von 1507. Durch die „salvatorische Klausel“ (wonach den „alten wohlhergebrachten und billichen Gehreuchen nichts benommen“ sein sollte) wurde dieses Reichsgesetz den partikulären Gewalten annehmbar gemacht. Jahrhundertelang hat die Carolina das deutsche Strafrecht und den Strafprozess beherrscht. Sie war vor allem eine Strafprozessordnung mit Ein- schiebung von (nicht vollständigen) Bestimmungen über das Straf- recht. Das Urteil zu finden war nach ihr ausschliesslich Sache rechts- gelehrter Richter, eine Art oberste Instanz bildete die Aktenversendung an juristische Fakultäten. Das Verfahren war durchaus schriftlich, der Prozess inquisitorisch. Der.beweis wurde erbracht entweder durch die Aussage zweier tauglicher, unverdächtiger Zeugen oder durch das Ge- ständnis des Angeklagten. Genügend festgestellte Indicien hatten nur die Bedeutung, die Anwendung der Folter zu begründen. Als die Folter, zuerst von Friedrich d. Gr. 1740, aufgehoben war, kam es nach und nach dazu, dass auch Indicien zu voller gesetzlicher Strafe führen konnten. Der Strafvollzug war durchaus Sache des Staats. Die „endliche Rechtsthätigung“ schuf einen Schein des alten öffentlichen und mündlichen Prozesses (die Armensünderglocke davon ein Ueberrest).

7. Neue Zeit - S. 140

1897 - Stuttgart : Neff
140 Gegensatz zu den englischen Gewaltherrn zu treuen Söhnen der römischen Kirche gemacht hatte, die englische Staatskirche aufzunötigen, riefen 1594 eine gewaltige Erhebung hervor, die Hugh O’Neil, Graf von Tyrone, führte, Spanien und die Kurie unterstützte und schürte. Der letzte Günstling Elisabeths, Graf Essex schloss 1599, mit dem Oberbefehl über eine grosse Streit- macht beauftragt, einen unrühmlichen Ausgleich, wurde deshalb entsetzt und nach einem unverständigen Erhebungsversuch ent- hauptet (1601). Nachdem ein kleines spanisches Heer rasch zur Räumung der Insel genötigt worden war, unterwarfen sich die Irländer 1603. Die „Plantation“ von Ulster wurde unter gänzlicher Entfernung der Iren seit 1610 durchgeführt. Gegen das Ende ihres Lebens minderte sich die Popularität und die Lebensfreude der Königin; das Parlament, das über- haupt wieder selbständig auftrat, zwang sie zu der Zusage, den Missbrauch der Monopole, durch deren Verkauf oder Zu- teilung an Günstlinge sie den Aufschwung des englischen Handels beeinträchtigte, zu unterlassen. Mit Elisabeth (1603) starben die Tudor aus. Der Stuart Jakob I. (1603—1625) bestieg ohne Schwierig- keiten den Thron. Er war pedantisch, entbehrte persönlichen Mutes und kriegerischer Eigenschaften und Neigungen. Seine Neigung zur Zweideutigkeit war durch seine Stellung und seine Schicksale in Schottland sehr entwickelt worden. Von der monarchischen Stellung hatte er sehr hohe Anschauungen („semi- deus“, „rex est lexu), die der damaligen Entwickelung des politischen Geistes in England ganz entgegengesetzt waren. Er verachtete die erwerbenden Stände und hasste das Puritanertum. Mit Spanien schloss er August 1604 einen für dieses günstigen Frieden. Aber die Hoffnungen, welche die Katholiken (in England nur noch ein geringer Bruchteil der Bevölkerung) auf ihn setzten, wurden nicht erfüllt. Er bewilligte anfangs. nur den Laien Gewissensfreiheit, und bald liess er den (zahlreich von auswärts gekommenen) Priestern wieder nachspüren. Die noch recht- zeitig entdeckte „Pulververschwörung“, d. h. der Plan einiger katholischer Laien, bei der Eröffnung des Parlaments dieses samt dem König in die Luft zu sprengen (November 1605) rief neue Ausnahmegesetze gegen die Katholiken hervor, denen jetzt sogar die Ausübung mancher bürgerlicher Berufe und mancher Privatrechte entzogen wurde. Von nun an galten in England lange die Katholiken als ge- schworene Feinde des Staats und des Volks. Aber mit dem Puritanertum, das im englischen Protestantismus immer mehr herrschend geworden war, wollte der König sich auch nicht

8. Neue Zeit - S. 185

1897 - Stuttgart : Neff
185 Bauern waren durch (thatsächlich oft erblichen) Lebenspacht. Kötner hiessen hier huflos gewordene Laten (s. Ii S. 49), die im Besitz ihres Wohnhauses, des Haus- wie des Feldgartens geblieben waren. Daneben gab es „Leib- eigene“, die bei wesentlich freiem Besitzrecht den Todfall u. a. entrichteten. Auf den Meierhof wurde die landesherrliche Grundsteuer als dingliche Abgabe gelegt, deshalb machten die Landesherren den Meierbesitz für den „Anerben“ ohne Entschädigung der Geschwister erblich. (Ueber- bau pt verschafften manche Landesregierungen in ihrem finanziellen Interesse den Bauern Entlastung und Befrei- ung den Grundherrschaften gegenüber.) Als infolge des 30jährigen Krieges viele Meierhöfe zersplittert worden waren, setzte der Staat deren Wiedereinrichtung durch. Der Staat bevormundete die Inhaber, verbot u. a. Ver- schuldung, der Grundherr bezog nur noch eine Rente, die nicht erhöht werden durfte. Manche Meier zahlten jedoch auch Totfall. In Bayern hatte das Land- recht 1616 den „Hofmarchsherrn“ durchaus das „Bauernlegen“ gestattet. Aber die im Obereigentum des Adels befindlichen Bauernhöfe bildeten nicht einmal ein Viertel der Gesamtzahl, viele davon waren „einschichtig“, und über die Entfernung einer Meile hinaus hob das Landrecht die Fronlast auf, für die Erntegeschäfte gab es überhaupt keine Fronpflicht der Bauern. Auch hatte jeder (nicht leibeigene) Bauer freies Abzugsrecht, der Gesindezwang war seit 1553 abgeschafft. Zudem hatten die Landstände und damit der Adel im Xvii. Jahr- hundert nur noch geringe politische Bedeutung. Ueber die Hälfte der Bauern- höfe befand sich im Ober eigenturn der Kirche, die dem Gedanken eines land- wirtschaftlichen Grossbetriebs fern blieb. Hexenwahn. Gegen die (auch in Frankreich und England sehr häu- figen) Hexenprozesse hatte 1563 der gemässigte Katholik Johann Weyer, Cleve’scher Leibarzt, in einem oftmals aufgelegten Werk angekämpft, dann u. a. 1585 der Calvinist Witekind, Professor der Mathematik in Heidelberg, der Lutheraner Prätorius (1602); aber auch zahlreiche litterarische Verteidiger der Hexenprozesse fanden sich bei allen Konfessionen, die zähesten waren Juristen, wie überhaupt diese grössere Schuld an deren Unzahl und der An- wendung der Tortur hatten als die Geistlichen. Um die Wende des Xvi. und Xvii. Jahrhunderts nahm die Zahl der Prozesse immer mehr zu, ihre Opfer waren Personen jeden Alters und Standes, bei weitem mehr weiblichen als männlichen Geschlechts. Es wurden z. B. (im Kanton Bern in den Jahren 1591—1601 über 300) in Darmstadt im Jahr 1585: 17, in der kursächsischen Grafschaft Henneberg im Jahr 1612: 22; in Ellwangen 1612: 167, in den Jahren 1627—30 in Offenburg 60, im Bistum Würzburg über 200, im Bistum Bamberg 285 Personen wegen Hexerei hingerichtet, im Erzbistum Salzburg noch im Jahr 1678: 97. Das Verbot des Papstes Gregor Xv., jemanden wegen Hexerei mit dem Tode zu bestrafen, wenn nicht ganz zweifellos nachgewiesen sei, dass der Beschuldigte selbst durch böse Kunst jemand getötet habe, war in den meisten katholischen Territorien lange fruchtlos. Manche Jesuiten traten frühe als Bekämpfer der Hexenverfolgung auf, der be- deutendste war der Graf Friedrichvonspeein seiner anonym erschienenen Cautio criminalis (1631); jedoch nahmen die Verfolgungen noch geraume Zeit zu. Wirksamer war das Werk des Niederländers Becker („Bezauberte Welt“ 1691) und die litterarische Thätigkeit Thomasius’ (s. u.) 1701—12. Die Aufklärung und die höhere Bildung der oberen Beamten machten dann den Greueln nach und nach ein Ende; im Reiche wurde die letzte Hexe im Würzburgischen 1749 verbrannt, in Landshut aber noch 1756 ein 14jähriges Mädchen, weil es „mit dem Teufel gewettet“ hatte, enthauptet (in Glarus letzte Hinrichtung wegen Hexerei 1782). — In der strafrechtlichen Praxis minderten sich seit Beginn des Xviii. Jahrhunderts die Verstümmelungen und martervollen Todesstrafen, welche die Carolina noch beibehalten hatte, nach und nach.

9. Neue Zeit - S. 157

1897 - Stuttgart : Neff
157 bot dieser in einem scharfen, auch mit Strafen drohenden Erlass eine zweite, von den Defensoren angesetzte Versammlung bis zu seiner eigenen Ankunft. Diese Versammlung wurde doch gehalten, ihr aber ein erneutes Verbot mitgeteilt. Die Gesamt- heit der Versammelten begab sich auf das Rathaus, um den Statthaltern ihre Antwort zu überreichen. Einen Wortwechsel, der entstand, benützten einige Herren, vor allem Thurn, um zwei der anwesenden Statthalter, Slawata undmartinitz für Verletzer des Majestätsbriefes und Feinde des Friedens er- klären zu lassen; dann wurden diese samt dem Sekretär Fabricius nach alttschechischer Sitte aus den Fenstern hinaus- geworfen (23. Mai 1618). Slawata wurde durch den Fall schwer, Martinitz leicht, Fabricius gar nicht verletzt. Dieser Fenstersturz (den nur eine kleine Minderheit geplant hatte) warf Böhmen ohne jede diplomatische, finanzielle, poli- tische Vorbereitung in die Eevolution gegen das Haus Oesterreich. Kapitel Xv. Der dreissigjährige Krieg. § 51. Der böhmisch-pfälzische Krieg. Der böhmische Aufstand bis zur Wahl Friedrichs zum böhmischen König. Die am 24. Mai eingesetzte revolutionäre Regierung der dreissig Direktoren erwies sich wenig fähig, ebenso Graf Thurn als Generalkommandant; ihm trat bald Graf von Hohenlohe zur Seite. Der Erhebung schlossen sich alle böhmischen Städte an, ausser Pilsen, Budweis und Crumma. Die revolutionäre Begierung befand sich von Anfang an in finanziellen Schwierig- keiten, die später auch Zwangsanleihen, Plünderung der Klöster und Beschlagnahme des Grundbesitzes katholischer Edelleute, sowie der katholischen Kirche nicht beseitigten. Hilfe wurde den Böhmen 1618 nur durch Zuzug von 4000 (insgeheim zur Hälfte vom Herzog von Savoyen bezahlten) Söldnern unter Füh- rung des katholischen, illegitimen Grafen Ernst von Mansfeld, eines echten Condottiere, und von Schlesien; hier war vor allem der brandenburgische Markgraf Johann Georg von Jägerndorf, Sohn des Kurfürsten Joachim Friedrich, dem die kaiserliche Regierung sein Fürstentum rechtlich bestritt, für sie thätig. Andrerseits erhielt der Kaiser zunächst nur Geldhilfe (später

10. Neue Zeit - S. 224

1897 - Stuttgart : Neff
224 tischer Eltern das Recht zugesprochen, durch Uebertritt sich von der elterlichen Gewalt zu befreien und ihr Erbteil zu erhalten. Die Hugenotten suchten durch Bittschriften an den König wieder zu ihren Rechten zu kommen. Als im Süden auf den Stätten zer- störter Kirchen zum Gebet versammelte Hugenotten gegen An- griffe sich wehrten, wurden manche hingerichtet, viele vom Pöbel abgeschlachtet. Die „Dragonaden“ mit ihren Greueln wurden seit 1681 angewendet, 1685 organisiert und erzwangen die Be- kehrung, auch mancher Städte. Einem Gesuch der assemblée générale des Klerus entsprechend, hob der König 25. Oktober 1685 das Edikt von Nantes auf. Die Ausübung der pro- testantischen Religion wurde untersagt, die Erzie- hung aller Kinder der Hugenotten im katholischen Glauben angeordnet („Kinderjagden“); bei schwerster Strafe (anfangs Galeeren-, später Todesstrafe) wurden die protestanti- schen Geistlichen verbannt, den Laien dagegen die Auswande- rung verboten. Gegen die erwachsenen Hugenotten setzte man die Dragonaden fort. Der Herzog von Savoyen wandte sie, noch greulicher, gegen die Waldenser an. Papst Innocenz Xi. miss- billigte diese Bekämpfung der Ketzerei. Ueber 400000 Huge- notten verliessen in den Jahren 1680—1750 Frankreich, im ganzen an Charakter, Geist und Leistungen die tüchtigsten Leute. Sie fanden Aufnahme vor allem in England, Hol- land, Genf, Zürich, Bern und in Deutschland ausser in Kurbrandenburg (s. S. 195) auch in Hamburg, Frankfurt, Hessen-Kassel, Baden-Durlach, den braunschweigischen Landen. Ludwig Xiv. und das Reich 1684—88. Ludwig bekriegte seit 1684 Genua, Anfang 1685 musste es sich unterwerfen und so ziemlich seine gesamte Kriegsflotte ausliefern. Die Aufhebung des Edikts von Nantes hatte jede protestantische Bundesgenossen- schaft unmöglich gemacht. Da Ludwig ihm nicht zu Pommern verhelfen wollte, andrerseits die Thronbesteigung Jakobs Ii. eine schwere Gefahr für den Protestantismus war, hatte dergrosse Kurfürst schon vorher begonnen, sich langsam von der französischenallianzloszuschälen. Anfang 1685 nahm er das Bündnis mit den Niederlanden wieder auf, Anfang 1686 schloss er ein Defensivbündnis mit Schweden. Verhandlungen mit dem Kaiser führten nur langsam und schrittweise zu einem Ergebnis: Anfang 1686 verpflichtete sich Kurbranden- burg gegen ein Subsidium dem Kaiser mindestens 7000 Mann Türkenhilfe zu stellen (es stellte 8000). Ueber die schlesische Frage einigte man sich dahin, dass Kurbranden- burg auf seine Forderungen gegen Abtretung des 24 D-Meilen grossen Schwiebuser Kreises verzichtete. Aber die öster-
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