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anheben und dein Auge dem Luftzuge folgt, der leise über die Heidekräuter streicht.
Es ist der stille Zauber der Natur, die auch die Einöden belebt, und ihr Auge ist auch hier; denn dort hinter dem schwarzen, starren Nadelwald liegt ein weiter, stiller, klarer See. Er spiegelt seine dunkelgrünen Ufer wider in seinem dunklen Wasser, mit ihrem Rauschen, mit ihrem Flüstern. Aber das dunkle Wasser wird plötzlich klar, wenn die Wolken vorüberziehen: ein Silberblick leuchtet aus; der blaue Himmel schaut dich an, der Mond badet sich, die Sterne funkeln. Dort ergießt der volle See sein Übermaß in ein Fließ, das vom Waldrande fort in die Ebene sich krümmt. Hier bespült er Elsenbüsche, die es überschatten und gierig seine Wellen ausschlürfen möchten, sickert über die nassen Wiesen und wühlt sich dort im Sande ein festeres Kiesbett, um Hügel sich windend, an Steinblöcken vorübersprudelnd und durstige Weiden tränkend. Die vereinzelten Kiefern, Vorposten des Waldes, wettergepeitscht, trotzig in ihrer verkrüppelten, markigen Gestalt, blicken umsonst verlangend nach den kühlen Wellen; nur ihre Riesenwurzeln wühlen sich unter dem Sande nach dem Ufer, um verstohlen einen Trunk zu schlürfen.
Wer heute von den fernen Hügeln auf dieses Waldeck gesehen, hätte es nicht still und einsam gefunden. Zuerst hätte ein weißer, wallender Glanz das Auge getroffen; dann ringelten Rauchwirbel empor, und um die schwelenden Feuer bewegten sich Gestalten. Schnee war das Weiße nicht; denn die Bäume röteten sich zwar schon herbstlich, aber schüttelten noch sparsam ihre welken Blätter ab, und die Wiesen prangten noch in kräftigem Grün. Schnee war es nicht, denn es blieb nicht liegen; es flatterte und rauschte auf, hellen Lichtglanz werfend und wieder verschwindend. Schwäne waren es auch nicht, die aufflattern wollen und die Flügel wieder sinken lassen. Das hätten Riesenvögel sein müssen, deren es im Havellanbe und der Zauche nie gegeben hat. Auch Segel waren es nicht, die der Wind aufbläht und wieder niederschlägt; denn auf dem Fließe trieben nur kleine Nachen; auch Zelte nicht, denn es bewegte sich hin und her, und wer näher kam, sah deutlich zwischen den Feuern Hütten aufgerichtet, zierliche von Stroh und rohere von Kieferngebüsch.
Eine Lagerung war es, aber der einsame Reisende brauchte sich vor Raubgesellen nicht zu fürchten; die paar Spieße, die
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wieviel an Blut hier einst geflossen ist. Hier nun stand ehemals ein hölzernes Kreuz, das später durch ein stattlicheres von Eisen ersetzt worden ist. Was das Kreuz aber zu bedeuten hat, davon weiß die Volkssage das Folgende zu erzählen:
„Es war noch in der Räuberzeit," — so nennt man hierzulande nämlich die Zeiten des Faustrechts —, „da reiste einst durchs Luch ein vornehmer Herr. Unter seiner glänzenden Kleidung aber verbarg sich tiefes Elend: er war ein Geächteter. Die Feinde hatten einen hohen Preis auf seinen Kopf gesetzt, niemand aber vermochte ihn gefangen zu nehmen; zur rechten Zeit fand er immer einen Ausweg. Die Hnfe seiner Pferde waren mit verkehrten Eisen beschuht, so daß seine Verfolger nie wußten, wo er sich aufhielt. Seinem Diener aber verblendete das Gold und der Reichtum seines Herrn die Sinne; er faßte den Plan, seinen Gebieter zu ermorden. Als sie nun einst in dunkler Nacht zu jener Stelle des Kremmer Damms, auf der jetzt das Kreuz steht, gekommen waren, da stieß der Diener sein Schwert dem Voranreitenden in den Leib. Den Lohn seiner Freveltat aber
erhielt er nicht. Denn die Feinde seines Herrn wollten diesen
lebendig in ihre Gewalt bekommen, und als sie vernahmen, was
der Diener getan hatte, da töteten sie auch ihn.
Aber nicht zur Sühne eines Mordes ist das Kreuz am Kremmer Damme aufgerichtet worden, es ist vielmehr das erste Denkmal hohenzollernscher Geschichte in der Mark. Es war am 24. Oktober 1412, da trafen hier beim Passe nach Pommern die Herzöge Otto und Kasimir von Stettin mit den Völkern des neu in die Mark gekommenen Statthalters Friedrich von Nürnberg zu blutigem Kampfe zusammen. Die Märker wurden von Graf Johann von Hohenlohe, einem jugendlichen Freunde des Burggrafen, geführt. Hin und her schwankte die Wage des Sieges, bis endlich die Brandenburger den Kampf aufgaben. Ihre Tapferkeit hatte es zwar nicht vermocht, die Pommern zu überwinden; aber ihrem weiteren Vordringen in die Mark war doch wenigstens ein Ziel gesetzt. Mit teurem Blute aber hatten die Märker diese Ehre zahlen müssen: der Graf von Hohenlohe und der fränkische Ritter Kraft von Lentersheim waren auf der Walstatt geblieben: Ritter Philipp von Utenhoven, gleichfalls ein süddeutscher Freund des großen Burggrafen, starb bald darauf an seinen Wunden.
Es ist ein dunkler Herbstabend des Jahres 1412. Wir stehen
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Extrahierte Personennamen: Otto Kasimir_von_Stettin Friedrich_von_Nürnberg Friedrich Graf_Johann_von_Hohenlohe Johann Hohenlohe Philipp_von_Utenhoven Philipp
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Noch während von dem Fußvolk der Bürgerschaft dieser letzte Abschluß des Kampfes erzielt wurde, trabte deren Reiterei nach Tempelhof und bemächtigte sich mit leichter Mühe des dortigen Schlosses, wo die Ritter, um zu der beabsichtigten Überrumpelung alle ihre Kräfte zusammenzufassen, nur einige kriegs-untüchtige Knechte zurückgelassen hatten. Einer Besatzung, die dort zurückblieb, wurde am folgenden Tage von Berlin und Cölln reichlicher Proviant und mehrere Wagenlasten Bier zugeführt.
So groß die Siegesfreude auch sein mochte, so war der Sieg selbst den Städten doch sehr teuer zu stehen gekommen. Außer einer beträchtlichen Anzahl Kleinbürger und Gewerksgenossen zählten auch viele Angehörige der in beiden Städten ansässigen Geschlechter und Patrizier zu den Toten und Verwundeten.
Der Ehre war Genüge geschehen, indem beide Teile ihre Kräfte gemessen hatten. Auf jeder Seite waren schwere Verluste entstanden, und so erklärt es sich denn auch, daß nunmehr die Parteien zu Friedensverhandlungen sehr geneigt erschienen. Die Städte aber wünschten dringend, die gefährliche Nachbarschaft für immer los zu werden. Hierzu bot sich indes kein anderer Ausweg, als die Besitzungen des Ordens anzukaufen. Die Johanniter erklärten sich auch zur Veräußerung bereit, und schon am Freitag, dem 25. September 1435, wurde der Kaufvertrag abgeschlossen, nach welchem der Rat der Städte Berlin und Cölln das Dorf Tempelhof mit dem Rittersitze und allem Zubehör, das Dorf Rixdorf mit der Heide, dem Bruche und den dabei telegenen Wiesen, das Dorf Marienfelde mit der Windmühle und Mariendorf mit dem Hegesee bei Teltow gegen Zahlung von 2439 Schock 40 Groschen (nach heutigem Gelde rund 40 260 M.) mit der Verpflichtung erwarb, die genannten Güter vorn Johanniterorden als Sehen zu empfangen. Drei Tage später quittierte der Ordensmeister Balthasar von Schlieben über den Empfang des Geldes und erteilte gleichzeitig die Belehnung.
So kamen die Ordensdörfer Tempelhof, Rixdorf, Mariendorf und Marienfelde in den Besitz der Städte Berlin und Cölln.
Dr. E. Brecht (Hie gut Brandenburg alleweg).
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was sie sonst noch anstreiften konnten, herbeiholen zu lassen. Die Anzahl der Berliner war über 1500 Mann, die Spandower dagegen waren höchstens 800.
Der Gottfried Schönicke wurde demnach in aller Stille beordert, ein Pferd zu nehmen und damit nach Staaken zu reiten, um dort die Bauern und Knechte, soviel wie anwesend waren und einen guten Knüppel führen könnten, zusammen zu nehmen, solche quer übers Feld nach der Gegend der Valentinsinsel und von dort auf Kähnen nach dem Saatwinkel zu führen. Dann sollte Schönicke während des Gefechts unter Begünstigung der vielen Gebüsche durch die Haselhorst den Berlinern in den Rücken fallen.
Der Schönicke führte feine Sache so gut aus, daß er sich schon nachmittags um 3 Uhr an Ort und Stelle befand, ohne daß die Berliner etwas davon ahnten. Nachmittags um 2 Uhr begann man sich zur Feldschlacht zu ordnen. Es wurden zwei Schlachtordnungen gebildet: die erste hatte auf ihrem rechten Flügel die Bürger von Berlin, auf dem linken Flügel standen die Cöll-nischen, zum Hinterhalt waren die übrigen Berliner aufgestellt. In der Mitte hielt der Kurfürst mit einem kleinen Teile seiner Trabanten; auf der einen Seite hatten sie die Festung und den Graben, auf dem linken Flügel die Spree, hinter sich aber den Wald.
Die Berlin-Cöllner nun, die so gut postiert waren, glaubten schon den Sieg in den Händen zu haben, triumphierten laut und forderten dabei immer die Spandower auf, herauszukommen. Die Spandower hingegen erkannten ihre Schwäche und das Unvorteilhafte ihrer Lage; doch munterten sie sich einander auf und erwarteten nur die Zeit, da ihr angeordneter Hinterhalt angekommen sein konnte. Sie zogen nun getrost, in kleinere Haufen geteilt, dem Feinde entgegen, und der Streit begann. Man hielt sich wacker hüben und drüben. Der Sieg schien nicht zu wissen, wohin er sich neigen sollte. Dennoch würden die Spandower schließlich überwunden worden sein, wenn nicht Gottfried Schönicke mit seinen leichten Truppen angekommen wäre. Dieser fiel plötzlich von der Haselhorst den Berlinern in den Rücken; der Hinterhalt war bald in die Flucht geschlagen, und nun ging es über die Hauptarmee los. Diese sah ihre Gefahr und hielt sich mit Erbitterung noch eine Weile; aber die „(Staakenschen“ unter Gottfried Schönicke gaben auch hier den Ausschlag und trieben endlich die vereinigte Berlin-Cöllnische Armee in die Flucht.
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ihnen geöffneten Straßen. Nach kurzem, blutigen Gefechte sind die schlaftrunkenen Schweden besiegt, niedergemacht, gefangen, und der Rote Adler flattert von den Wällen des eroberten Demmin.
4. Als am anderen Morgen der General die 25 Freiwilligen vortreten lassen wollte, konnten nur noch acht erscheinen. Von den übrigen waren vier schwer verwundet, die andern, auch der Wachtmeister, waren tot. Die Leiche des Ertrunkenen war im unergründlichen Moore versunken; sein Vordermann wie sein Hintermann waren geblieben, und so ist sein Name nie ermittelt worden. Im Heer aber lebte die Tat des treuen Einundzwanzigsten noch lange fort und wird auch in unserem Gedächtnisse fortleben, wenn auch kein Kreuz und kein Grabstein seinen Namen nennt. Ein schönes Soldatenlied aber singt von ihm:
„So starb ein brandenburg'fcher Mann.
Wer nennt den, der ein Gleiches kann!
Den Tod ohn' Ruhm und ohn' Gewinn nimmt schlichter, braudenburg'scher Sinn als Pflicht für seinen Fürsten hin."
Graf Rudolf von Kanitz (Aus dem deutschen Soldatenleben).
36. Vom Fehrbelliner Schlachtfeld.
Blumen, o Freundin, dir mitzubringen von diesem Feld, es wollt' nicht gelingen.
Hafer nur, soweit ich sah,
Hafer, Hafer war nur da.
Märkische Rosse gewannen die Schlacht, haben das Feld berühmt gemacht.
Und das Feld, es zahlt mit Glück alte Schulden in Hafer zurück.
Theodor Fontane.
37. Leonhard Thurneisser^
Hell flimmerten die Sterne an dem tiefblauen Himmelsgewölbe. Mit ruhigem, fast blendenden Strahle beleuchtete der Mond die mit fußhohem Schnee bedeckten Dächer der Stadt.
Nohl, Unsere Mark Brandenburg. Ii. Teil.
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Extrahierte Personennamen: Rudolf_von_Kanitz Rudolf Theodor_Fontane Leonhard_Thurneisser^
— 22 —
dahin, bei Anbruch der Nacht das feindliche Lager zu überfallen. Szupan, ein vornehmer Heerführer, versuchte vergeblich, ihn von diesem Vorhaben abzubringen. Der Herzog bestand darauf und zieh endlich seinen alten, erprobten Diener der Feigheit und Untreue. Da beschloß Szupan, als Streiter das wieder zu erringen, was er als Ratgeber verloren hatte.
Die Nacht war still und klar, als die Polen in einiger Entfernung von Lebus geräuschlos über die Oder setzten. Kaum hatte das Heer drüben wieder festen Fuß gefaßt, als etwas geschah, das den Herzog nur noch mehr in seinem Vorhaben bestärken mußte. Aus dem Erlengebüsch schritt ein hageres Weib mit einem großen Siebe zum Strome hinab. Tief tauchte sie es
in die dunkeln Fluten, bis es zum Rande gefüllt war. Dann
kehrte sie zu dem erstaunten Fürsten zurück. Kein Tropfen entquoll dem Siebe. „Das Zeichen ist dir günstig," sagte sie, „dein ist der Sieg!" Und hoch aufgerichtet ging sie mit dem Wasserbecken vor den erschrockenen Kriegern einher.
Allein der Markgraf hatte längst die Zurichtungen für den geplanten Überfall bemerkt und Anstalten zur Abwehr getroffen. Sein Heer war vorteilhaft aufgestellt. Als die Polen nichtsahnend sich dem Schlosse näherten, brach Konrad mit seinen Getreuen hervor und fiel über die ahnungslos Heranziehenden her. Bald war der Sieg erfochten. Jählings ergriffen die Polen die Flucht. Nur der Dunkelheit hatten sie es zu danken, daß nicht ihr ganzes Heer aufgerieben wurde. Gleich beim ersten Angriff war die Wahrsagerin gefallen. Auch Szupan hatte seinen Schwur erfüllt. Wie ein Löwe fechtend, färbte er bald mit feinem Blute die Erde. Als der Sieg errungen war, uahm man das Schloß ein, dessen schwache Besatzung zum Strange verurteilt wurde. Des Markgrafen Absicht war erreicht. Nachdem er seine Rache gekühlt hatte, verließ er das verödete Schloß und zog wieder heimwärts.
A. Trinius (Märkische Streifzüge).
9. Berlin und Kölln ums Jahr 1250.
Ein heiterer Sommermorgen des Jahres 1250 leuchtet uns. Wie Silber erglänzen an dem klaren, zu immer tieferem Blau sich wölbenden Himmel die duftigen, zartgeformten Wolken.
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— 157 —
Alles still, kein Pserdegeschnauf', zehntausend blicken zu ihm hinauf.
Der neigt sich leise und lüpft den Hut:
„Concediere, es war gut!"
Theodor Foiltcme.
58. Einzug.
(20. September 1866.)
Viktoria hat heute Dienst am Tor.
„Landwehr, zeig' deine Karte vor,
Paßkart' oder Steuerschein, eins von beiden muß es sein."
„Alles in Ordnung. Jedenfalls
zahlten wir Steuer bei Langensalz;
wir zahlten die Steuer mit Blut und Schweiß." —
„Landwehr passier', ich weiß, ich weiß."
Viktoria hat heute Dienst am Tor.
„Linie, zeig' deine Karte vor,
Paßkart' oder Steuerschein,
ein Paß, das wird das beste sein."
„Wir haben Pässe die Hände voll: zuerst den Brückenpaß bei Podoll, dann Felsenpässe aus West und Ost,
Nachod, Skalitz und Podkost.
Und wenn die Felsenpässe nicht ziehn, so nimm noch den Doppelpaß von Gitschin, sind allesamt geschrieben mit Blut!"
„Linie passier', is gut, is gut."
Viktoria hat heute Dienst am Tor.
„Garde, zeig deine Karte vor, preußische Garde, willkommen am Ort, aber erst das Losungswort!"
„Wir bringen gute Losung heim
und als Parole 'nen neuen Reim,
einen neuen preußischen Reim auf Ruhm."
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— 161 —
Bunt gewürfelt Preußen, Hessen,
Bayern und Baden nicht zu vergessen,
Sachsen, Schwaben, Jäger, Schützen,
Pickelhauben und Helme und Mützen, das Eiserne Kreuz ihre einzige Zier.
Alles zerschossen; ihr ganzes Prahlen nur ein Wettstreit in den Zahlen, in Len Zahlen derer, die nicht hier.
Zum drittenmal
ziehen sie ein durch das große Portal.
Die Linden hinauf erdröhnt ihr Schritt, Preußen-Deutschland fühlt ihn mit.
Hunderttausende auf den Zehenspitzen!
Vorüber, wo Einarm und Stelzfuß sitzen, jedem Stelzfuß bis in sein Bein von Holz fährt der alte Schlachtenstolz.
Halt
vor des Großen Königs ernster Gestalt!
Bei dem Fritzen-Denkmal stehen sie wieder, sie blicken hinauf, der Alte blickt nieder; er neigt sich leise über den Bug:
„Bon soir Messieurs, nun ist es genug."
Theodor Fontane.
61. Zum Tode Kaiser Wilhelms I.
I. Das schlummernde Haupt auf den Linnen weiß, im schlichten Bett ein sterbender Greis.
Sie fühlen, wie schwach sein Herzschlag geht; sie lauschen, wie sein Odern verweht; erkaltende Hände küssen sie und sinken leise weinend aufs Knie.
Und leise wandelt's von Mund zu Mund,
und flüsternd von Zimmer zu Zimmer wird's kund,
ein Wort — und ans dem Sterbehaus
gedämpft summt's über die Menge hinaus,
die draußen, Kopf an Kopf gezwängt,
sich in harrendem Bangen drängt . . .
Nohl, Unsere Mark Brandenburg Ii. Teil. 11
Georg-Eckert-lnstitut
für internationale Schulbuchforcchung Braunschweig -Schulbuchbibliothek -
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lindern, unsern Spielgenossen, noch spät abends unter Aufsicht meiner Mutter bei diesem Geschäft, hocherfreut, auch unserseits etwas „für die gute Sache" zu tun. Wenn die Zeitung ankam, die wir mit einem benachbarten Gutspächter zusammen hielten und wöchentlich zweimal bekamen, dann zeigte mir mein Vater auf einer alten, großen Karte von Deutschland, wo die Unsrigen und die Franzosen ständen, und mehr als einmal rief er im Laufe des Sommers dabei aus: „Ach, wenn ich es doch erlebte, daß die Franzosen noch über den Rhein zurück müssen!"
5. Aus dem Jahre 1814 habe ich nur ein Hauptereignis im Gedächtnis behalten, den Einzug der siegreich heimgekehrten Landwehr in die Hauptstadt der Uckermark. Die ganze Provinz war zu diesem Jubelfest nach Prenzlau zusammengeströmt, und auch mein Vater hatte sich schon tags zuvor mit mir und meiner Mutter dahin aufgemacht. Die Stadt schwamm in einem Meer von Laub- und Blumengewinden, und auf der Straße, die von dem Berliner Tore nach dem Marktplatze führte, war ein stattlicher Triumphbogen aus Laubwerk errichtet, auf dem hoch oben das Eiserne Kreuz prangte. Die Stadt wimmelte von Menschen, besonders Landleuten jeden Alters und Geschlechts, die ihre Angehörigen erwarteten. Endlich verkündeten Trommelwirbel und Hörnerklang das Nahen des Zuges. Da kamen sie an in ihren blauen, abgetragenen Litewken, die Mützen mit grünen Reisern geschmückt, abgerissenen Aufzuges, die Gesichter von der Sonne verbrannt, an Bart und Haupthaar verwildert, unsere braven Landwehrmänner, die, vom Pfluge weggeholt, den Feind gleich alten Soldaten in so mancher heißen Schlacht geschlagen hatten. Der Jubel war unermeßlich, das Hurra- und Vivatrufen betäubend, sinnverwirrend. Aus allen Fenstern wehten weiße Tücher, flogen Tausende von Kränzen und Blumensträußen ihnen entgegen. Ich sah einen alten Bauern mit seinem Weibe sich an den Rock eines Soldaten hängen und mit dem Rufe: „Laat mi! laat mi! he is uns eenzig Söhn!" dem Zuge folgen. Auf dem Markte ward ein Viereck gebildet, in dessen Mitte die Geistlichkeit, der Magistrat, die Offiziere einen Kreis um eine Tribüne schlossen. Von dort herab hielt ein Geistlicher die Festpredigt, nach deren Schluß alle die Tausende „mit Herzen, Mund und Händen" einstimmten in das alte, fromme, herzerhebende Lied: „Nun danket alle Gott!" _ .
Adolf Stahr (Lebenserinnerungen. I. Aus der Jugendzeit).
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— 99 —
den Schiffen verteilt. Alles gewährte einen prächtigen, imposanten Anblick. Freude und Jubel waren unter Begünstigung des schönsten Wetters allgemein.
Endlich wurde von der Bastion der Festung, auf der sich der Kurfürst mit seinem Hofstaat eingefunden hatte, und von der aus er das Ganze übersehen konnte, das Zeichen zum Angriff durch einen Kanonenschuß und durch den Schall der Kanonen gegeben. Im Nu war jetzt die ganze Wasserfläche, die den großen und den kleinen Malche-See zwischen der Festung und dem Eiswerder bildet, mit Schiffen bedeckt. Unter dem Donner der Kanonen und dem Schalle der Trompeten, die unaufhörlich vom Walle der Festung ertönten, bemühten sich beide Parteien, einander so viele Schläge und Stöße zu erteilen, damit womöglich die eine die andere zum Weichen brächte. Und wie es denn gewöhnlich zu gehen pflegt, so ging es auch hier: die Gemüter erhitzten sich zu sehr, so daß das Spaudower Admiralschiff zwei von den Berliner Schiffen dergestalt überfuhr, daß deren Steuermänner ins Wasser gestoßen wurdeu und auch einige Streiter durch den Stoß über Bord fielen. Durch das Herbeieilen der Fischer wurden diese glücklich wieder herausgefischt.
Nachdem das Gefecht zwei Stunden gedauert hatte und es trotz der Brustharnische und der Helme manchen blauen Fleck und Beulen gegeben hatte, auch auf keiner Seite nur ein Haar breit der Sieg gewichen war, wurde das Zeichen zum Abbruch des Gefechts gegeben, und die Schiffe zogen sich unter gegenseitigen Drohungen und Neckereien der Mannschaften in ihre vorigen Stellungen zurück. Zugleich kam der Befehl, daß- der Sieg am Nachmittag zu Lande entschieden werden sollte. Die Berliner verließen ihre Schiffe und lagerten sich dort auf dem Felde, „der Plan" genannt. Die Spandower gingen, um sich ihre Beulen zu besehen, einstweilen nach Hause, und die Anführer berieten, wie sie den Nachmittagskampf mit Ehren bestünden. Denn sie verhehlten sich nicht, daß sie bei ihrer geringeren Zahl es nur der großen Geschicklichkeit ihrer Steuerleute und Ruderer zu verdanken gehabt hätten, daß sie nicht besiegt worden wären. Auch war gewiß, daß sich die Zahl der Streiter bei ihren Feinden aus der Zahl der Schaulustigen aus Berlin noch erheblich vermehren würde. Sie entschlossen sich also, Hilfstruppen aus dem städtischen Kämmereidorfe Staaken nebst den zur Stadt gehörigen Weinbergen, und
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