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1. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 40

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
40 Bilder aus der Schlacht bei Tannenberg. Wie wenn man in einen Ameisenhaufen stößt, so waren die russischen Geschütze und Wagen durcheinander geraten, als die Russen sich von allen Seiten von uns umzingelt und von unserer braven Artillerie beschossen sahen. Umgestürzte Wagen, acht Pferde auf einem Haufen, teilweise unverletzt unter den Wagen, und Russenleichen, schrecklich anzusehen, deckten das Land, unangenehmer Geruch erfüllte die Luft. Am 1. September marschierten wir auf Gilgenburg zu, jede Kompagnie mit etwa 5000 Russen, ich immer auf meinem Fuchs als Transportleiter von 2500 Mann. Fast alle Unteroffiziere und Musketiere ritten, und hinter uns die russischen Wagen und Wäglein mit Tornistern usw. Denkt euch: 20 000 Gefangene, die auf unser Bataillon entfielen! Wir nächtigten auf einer Wiese, es gab Biwak ohne Zelte, mit wenigen Feuern. Ich schlief an einem Strohberg, doch nur bis zwei Uhr. Da hielt ich es nicht aus vor feuchter Kälte, holte mir von'der Feldküche meinen Tornister und zog am Wachtfeuer meine Unterjacke an. Dann blieb ich mit den Leuten und einzelnen Russen, die nicht schliefen, am Feuer bis vier Uhr. Beim Morgengrauen weckte ich. Ein schöner Septembertag: Sedan. Die Russen taten uns allen leid. Seit fünf Tagen nichts gegessen, nur hier und da was vom Felde oder etwas Geschenktes! Sie lagen die Nacht wie die Erdhaufen beieinander, noch teilweise verwundet, barfuß, ohne Kopfbedeckung und Mantel, auf dem Feld und nichts zu essen. Ein furchtbarer Jammer, ein Strafgericht! Das müßte nur die russischen Oberherren so treffen, alle, alle, mit ihren Parfümkästen, die sie ins Feld mitnehmen. Wir marschierten nach Usdau, wo wir vormittags eintrafen. Hier erhielten die Russen etwas zu essen. In Blechkisten und ihren Kochgeschirren kamen sie die Erbsensuppe holen. Unterwegs ließen wir sie auch Kartoffeln 9rat)en‘ „Berl. Tageblatt." 4. Das Grab von Tannenberg. Aus den Aufzeichnungen eines Feldwebels. Ein trauriges Geschäft wartete unser nach der Schlacht: das Begräbnis der treuen Kameraden. Es waren heilige Stunden, die uns noch einmal das Fürchterliche des Tages vor Augen führten. Da lagen sie nun in Reihe und Glied, so wie sie der Tod ereilt hatte; keine Bitternis entstellte ihre Züge. Deutsch wie ihr Herz war, ist auch ihr Tod gewesen. Ein jeder trug sein Andenken auf der Brust, ein Andenken von den Lieben zu Haus. Wrr schaufelten das Grab. Es mochte 30 Schritte in die Länge und 10 Schritte in die Breite gewesen sein. Da betteten wir sie hinein, einen neben dem anderen, ganz leise und sacht, mit all der Liebe, die Soldaten ihren guten, treuen Kameraden zuwenden können, und deckten sie zu mit dem scheidenden Grün des Sommers. O schaurige Pflicht, o bitteres Geschick! Die Sonne ging blutrot zur Ruhe. Da standen wir tränenden Auges am fertigen Hügel. Ein großes Birkenkreuz stand mitten darauf, mit einem Kranz geschmückt. Steinblöcke hielten seinen Fuß, und blühende Heide

2. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 15

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Wie die Nüssen in Neidenburg hausten. ^_____________________15 in der Nähe des Bahnhofes aufzureißen. Eben waren sie damit beschäftigt, als etwa 20 deutsche Radfahrer einrückten und die Kosaken in die Flucht schlugen. Wir glaubten, daß die Gefahr vorüber sei, da erdröhnte plötzlich Kanonendonner. Die ersten Granaten waren eingeschlagen und hatten gezündet. Von 2 bis 41/2 Uhr mögen die russischen Geschütze unserer wehrlosen Stadt wohl 300 Granaten zugesandt haben. Die meisten Einwohner flohen nun in wildem Entsetzen. Ich sehe, wie ein heulender Schwarm von russischen Soldaten, mit Äxten und Beilen bewaffnet, über das Postgebäude herfällt und Fenster und Türen einschlägt. „Jetzt ist es höchste Zeit!" denke ich und laufe in den Garten. Im nahen"wald will ich mich verstecken. Ich springe über den nächsten Zaun und gelange auf eine Wiese. Da noch hinüber und du sannst den erreichen! Plötzlich sehe ich, daß die ganze Wiese von Kosaken und Infanteristen umstellt ist. Kurz entschlossen springe ich über einen Graben und ducke mich in das fußhohe Gras. Vielleicht haben sie dich nicht gesehen. Entdecken sie dich, so bist du ein Kind des Todes. Denn was hast du dort an der Wiese zu liegen? Unzweifelhaft bist du ein Spion. Kaum habe ich mich hingeworfen, da kommt auch schon der ganze Schwarm über die Wiese, dicht an mir vorüber. Sie rücken in die Stadt ein, und jetzt beginnen sie die Plünderung. Ich höre ihr Siegesgeheul, höre das Geschrei der Männer, das Kreischen der Mädchen und Frauen. Unheimlich leuchtet der Feuerschein von meiner Straße, vom Markt her. Dichter Qualm wälzt sich heran, Garben von Funken regnen Hemieder. Nach etwa einer Stunde kehren die ersten Russen zurück, in langen Reihen folgt Mann auf Mann. Sie tragen ihre Beute zusammen. Große Säcke schleppen sie auf dem Rücken daher. Der bringt Blechbüchsen, der Betten, Tücher und Stoffe, der trägt ein Fäßchen, jener Flaschen, zwei treiben ein widerwilliges Schweinchen vor sich her, und untereinander prahlen sie von ihren Heldentaten. Oben am Rande der Wiese schlagen sie ihr Lager auf. Da feiern sie jetzt ihren Sieg. Sie schlachten und prassen und trinken. Immer lauter wird das Geschrei. Sie streiten sich um die Beute. Ich verstehe nicht, was sie einander zurufen. Aber ein anderer, dem es nicht besser ging als mir, hat es verstanden: „Jetzt brechen wir in dieses Kaufhaus ein, jetzt in jenes." Und war die Arbeit dort vollbracht, so ging das Gebäude auch sicher bald in Flammen auf. In der evangelischen Kirche hatte eine Schar von Einwohnern Schutz gesucht. Die Russen nehmen die silbernen Geräte heraus. Kurze Zeit darauf steht die Kirche in Flammen. Die Leute müssen Handgranaten gehabt oder mit Petroleum und Streichhölzern gearbeitet haben. Zum Bürgermeister Kuhn kommen ein paar Russen und verlangen Lebensmittel und Petroleum. Sie plündern seine Wohnung in seiner Gegenwart. Dann räumen sie die

3. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 81

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Unsere Jugend im Weltkrieg. 81 vor dem russischen Geschieße und den in seiner Nähe platzenden Granaten. Er konnte auch leicht auf dem Boden kriechen, so daß ihn die Kugeln nicht trafen. Doch eines Tages ereilte ihn das Schicksal aller Tapferen. Die Russen hatten ihn wohl bemerkt und richteten auf ihn ihr Gewehrfeuer. Von vier Kugeln getroffen, stürzte Gustav nieder. Der Verwundete wurde in das Krankenhaus nach Marggrabowa gebracht, und als dies im November geräumt werden mußte, in ein Lazarett nach Königsberg. Die Kugeln hatten ihm den rechten Arm zweimal gestreift, die linke Wade und den linken Fußknöchel durchbohrt. Schon ist er in der Genesung begriffen. — Was ein Häkchen werden will, krümmt sich beizeiten. Ostpreußische Kriegserlebnisse von Superintendent Braun.*) 3. Großer Sieg^ „Hurra — großer Sieg!" rief da einer zur Tür hinein. „Heini, Junge, komm schnell — 30 000 Russen gefangen. Komm schnell mit," rief sein Freund Adolf. Und dann sprangen sie auch schon die Treppe hinunter. Und da hörten sie schon das Läuten der Kirchenglocken. Das klang so laut und voll. Und sie sahen die Jungen mit den Extrablättern: Der Sieg über die Russen. Neueste Depeschen — nur fünf Pfennig. Und wer so ein Blatt hatte, der blieb stehen, mitten auf der Straße, und dachte nicht an die Elektrischen und die Autos: er las. Und die andern Leute guckten ihm über die Schulter und lasen alle mit. Das hat der Hindenburg aber wieder mal gut gemacht. Und als Heini und Adolf nun vor einem Kaffeehaus hergingen, da hörten sie, wie drinnen die Wacht am Rhein gespielt wurde und alle Leute dazu sangen. Und es dauerte nicht lange, da steckten die Leute eine Fahne heraus, eine schwarz-weiß-rote mit schwarz-gelben flatternden Bändern, hier und da, bis sie schließlich aus jedem Fenster wehten. Und die Straßen waren voller Leute, als wenn's ein Sonntagnachmittag wäre. Und alle machten auch ein Sonntagsgesicht. Und fast jeder trug eine deutsche Schleife am Rock. „Du, Adolf, ob wir morgen wohl Schule haben?" fragte Heini. Natürlich mußten sie in die Schule. Aber schon aus der Ferne sah Heini, wie oben aus dem Giebel des Schulhauses die Fahne flatterte. Da wußte er gleich: heute wird gefeiert. Und so war's denn auch. Fräulein erzählte ihnen von den Russen. Die wären in Ostpreußen einmarschiert, viele, viele Tausende. Und die Leute, die dort wohnten, wären so bange gewesen. Aber die Russen wären ganz artig gewesen und hätten sie nicht geschlagen, hätten auch alles Essen bezahlt. Doch als es dann hieß: die Preußen kommen! da waren sie frech geworden und hatten wohl gedacht: wir kommen doch nicht wieder hierher. Mit ihren großen Stiefeln hätten sie in der Küche alle Teller und Tassen entzwei getreten, hätten alle Fenster eingeschlagen, die Beine von den Möbeln abgebrochen, hätten viele Einwohner totgeschossen und ihre Häuser niedergebrannt oder zerschossen. *) Zum Besten des Kinderkrüppelheims. Druck und Verlag Krüppellehranstalt Angerburg i. Cftpr.

4. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 122

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
122 Kleine Bilder aus großer Zeit. Grütze oder Reis und 160 Kilo Pfeffer. Diese ungeheuren Mengen sollten von unserer Stadt biö Freitag früh um acht Uhr geliefert werden. Unter Drohungen, das Verlangte mit Gewalt einzutreiben, forderten die Russen, daß alles pünktlich abgeliefert werde. Da viele Geschäftsleute ihre Läden abgeschlossen hatten und geflüchtet waren, so mußte die Stadt die Läden, in denen sich Lebensrnittel befanden, gewaltsam öffnen lassen, um die verlangten Vorräte entnehmen 3u können. In der Nacht zum Freitag ist in Alleinstein in allen Bäckereien im Schnellbetrieb gebacken worden. Mehrere Bäcker waren am Sonntag oder Montag geflohen und hatten ihre Bäckereien geschlossen. Diese mußten deshalb auch gewaltsam geöffnet werden. Alle hiesigen Bäcker, viele Bürger, vor allem Frauen und Mädchen, stellten ihre Dienste zur Verfügung, und so wurden Unmengen Brot gebacken. Gleichzeitig liefen Frauen die ganze Nacht hindurch von Haus zu Haus, von Wohnung zu Wohnung und baten überall um Brot. Jeder gab, was er hatte. Der Oberbürgermeister Zülch hatte hier, wie überall, die Leitung persönlich übernommen. Ihm und dem Bürgermeister Schwarz gebührt das Verdienst, durch ihr kluges Verhalten, durch ihren unermüdlichen Eifer wesentlich dazu beigetragen zu haben, daß die vierundzwanzigstündige Russenherrschaft nicht noch unerfreulichere Folgen in Allenstein gehabt hat. Tatsächlich sind den Russen geliefert worden: 25 096 Kilo Brot, 3676 Kilo Zucker, 3110 Kilo Salz, 110 Kilo Tee, 4210 Kilo Reis und Grütze, 450 Kilo Erbsen, kein Pfeffer. Diese große Lieferung sollte von den Russen bar bezahlt werden. Bei dem schnellen Abzug derselben ist die Bezahlung unterblieben. Es wurde jedoch von den siegreichen deutschen Truppen eine russische Kriegskasse eingebracht, deren Inhalt sich auf 180 000 Rubel beziffern soll. Die Bezahlung für die Lieferung wird die Stadt also schon bekommen. Die Russen benahmen sich auch in der Nacht zum Freitag manierlich. Am Freitag früh hatten sie offenbar großen Hunger. In einigen Gastwirtschaften machten sich russische Soldaten über die Weinkeller und Speise- vorräte her. Es geschah das zweifellos gegen den Willen der Offiziere. Trotzdem wuchs die Beunruhigung der Bürgerschaft. Die russische Herrschaft in Allenstein sollte jedoch vor Anbruch der Nacht ihr Ende finden. Wie ein furchtbarer Traum liegen diese letzten Tage hinter uns. „Allenst. Ztg." 5. Aus der Russenzeit in Wehlau. Wie in manchen Städten, so hatten die Russen während der kurzen Zeit ihrer Herrschaft auch in Wehlau einen besonderen Bürgermeister ernannt. Es war das der Buchdruckereibesitzer Scheffler. Der russische Bürgermeister mußte nachstehende Bekanntmachung erlassen: „Wer sn der Stadt Wehlau stiehlt oder plündert, wird sofort mit dem Tode des Erhängens bestraft. Waffen aller Art sind sofort auf dem Bürger-

5. Bilder aus dem Weltkrieg - S. uncounted

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
„Mg. Wochc." Phot. Ludeneit & Nickel, Kbg. Abb. 41. Eine Krankenstube in einem Königsberger Lazarett (neue Fort: bildungsschule). Au Nr. 55. „Kbg. Wockc." Abb. 42. Liebesarbeit des Noten Kreuzes auf dem Produktenbahnhof in Königberg. Iu Nr. 56. (In der Küche werden Brote belegt. X Frau Prof. Samter, die Leiterin.)

6. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 16

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
16 Wie die Nüssen in Neidenburg hausten. Wohnung aus, die darüber liegt, und stecken das Haus den Bewohnern über dem Kopfe an. Es war unterdessen zehn Uhr geworden. Nun will ich sehen, ob mein Haus noch steht und ob ich mich hineinschleichen kann. Ich erreiche die ersten Häuser der Stadt. Kein Mensch ist zu sehen. Aber, Herrgott, wie sieht es hier aus! Kein Fenster ist ganz, keine Tür heil. Und vor den Häusern und drinnen ein unbeschreibliches Durcheinander. Ich komme in mein Haus. Sämtliche Türen stehen weit offen. Ich hatte sie nicht verschlossen, um den Herren das Einschlagen zu ersparen. Das war recht getan, denn jeden Widerstand beseitigen Axt und Kolben. Sämtliche Schränke, Schubladen, Behälter sind geöffnet. Alles, was drin war, ist herausgerissen und durchwühlt. Stühle, Kästen, Kleider, Wäsche, Wanduhren, Bilder, kurz alles, rvas sich in einer Wohnung befindet, liegt kunterbunt durcheinander. Man kann keinen Schritt frei schreiten. Zigarrenkisten liegen leer am Boden. Die Lebensmittel sind weg. Die Schmucksachen meiner Frau, silberne Bestecke und Löffel sind verschwunden. Zwei Brecheisen finde ich an verschiedenen Stellen. Es scheint fast, als gehörten die zur Ausrüstung der russischen Soldaten. In erster Linie haben sie es natürlich aufs Geld abgesehen. Auch hier zeigt sich ihre Stärke und ihre Übung. Die gut versteckten Sparkassen der Kinder haben sie richtig gefunden. Von meiner Standuhr, von meinem Wecker haben sie die hinteren Verdeckplatten abgeschraubt, von den stehenden Bilder-rahmen die Pappe gelöst: Es könnte ja Papiergeld darin versteckt sein. Doch, was soll ich klagen. Sie sind glimpflich mit mir umgegangen. Sie haben mir keine Betten und Sofas aufgeschlitzt, keine Türfüllungen und Spiegel eingeschlagen, kein Geschirr und keine Fenster zertrümmert, auch das Haus nicht angezündet. Nachher habe ich in den anderen Straßen und Häusern gesehen, daß das alles zu ihrem Handwerk gehört. Die Kosakenwachen stehen träumerisch auf den Straßen. Sie sind aufgezogen, um die Stadt vor der Plünderung der eigenen Kameraden zu schützen, aber erst, als die Plünderung bereits vollendet war. Nach Th. Boenner. 2. Bild. Gleich beim Einzuge der Russen in Neidenburg schnitten die Soldaten die jungen Lindenbäumchen an den Straßen mit ihrem Seitengewehr überall mitten durch. Sie brachen die verschlossenen Haus- und Stubentüren gewaltsam auf, ebenso die in den Wohnungen vorhandenen Schränke und Behälter und zertrümmerten Hausgerät, Spiegel und andere Möbel. Kleider, Wäsche und Betten, Gardinen und Vorhänge wurden, soweit sie von den Soldaten nicht mitgenommen werden konnten oder an die plündernden Polen nicht abgegeben worden waren, zerrissen und mit Kot beschmutzt. Ich beobachtete, daß etwa 15 polnische Frauen und Männer und 10 russische Soldaten große Bündel mit Betten, Wäsche und dgl. mehr aus dem Wohn-hause des Schloßgutes Neidenburg trugen. Sie luden alles auf die bereit-

7. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 27

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Eine Forfterfamilie aus dem Kreise Oletzko vier Wochen in einem Waldversteck. 27 eine deutsche Patrouille mit den Kosaken herumschlug. Am nächsten Tage, als alles still blieb, wagten sich Mann und Frau in die Wohnung. Die Russen waren darin gewesen und hatten unbeschreiblich gehaust. Die Fenster waren zerschlagen, alle Behälter geöffnet, der Inhalt war auf die Stuben gestreut. Wäsche und Kleider hatten sie mitgenommen, das Vieh aber noch nicht. Nun nahm der Förster alle seine schönen Geweihe und Gehörne von der Wand und trug sie in den Wald, wo er sie in einer Schonung verbarg. Seine Waffen hatte er bereits in eine große Kiste gepackt und in einer dichten Schonung vergraben. Die Frau schaffte noch von Geräten und Vorräten, was sie gut brauchen konnte, in die Hütte. Noch öfters wagte sich das Ehepaar, meistens nachts, in das Forsthaus, um das Vieh zu versorgen. Aber bald war das auch nicht mehr nötig, denn die Russen hatten es fortgetrieben. Bei diesen Besuchen diente ihnen der alte, kluge Hühnerhund als Führer. Wenn das Forsthaus leer war, lief er schnell von dem nahen Waldrand darauf zu und kehrte schweifwedelnd zurück. War es von Russen besetzt, dann blieb er ruhig im Walde sitzen. Mehr als einmal begegnete der Förster einer Kosakenpatrouille, vor der er sich verbarg. Doch einmal wurde er beim Verlassen des Hauses von einem russischen Dragoner überrascht. Jetzt mußte der Hegemeister sich wehren. Blitzschnell legte er seinen Karabiner auf den Russen an. Aber er brauchte nicht zu schießen; denn der Dragoner warf sofort seinen Säbel weg, hob die Hände hoch und begann um Gnade zu bitten. Am ganzen Leibe zitternd, stieg er vom Pferde, warf sich auf die Knie und bat um sein Leben. Nur mit Mühe konnte der Förster es ihm begreiflich machen, daß er von ihm nichts mehr zu befürchten habe. Wie es sich später herausstellte, hatten die russischen Offiziere die Lüge verbreitet, daß die Deutschen alle Ge- , fangenen unter großen Martern töteten. Als der Russe endlich merkte, daß der Förster ihm nichts zuleide tun wollte, kannte seine Freude und Dankbarkeit keine Grenzen; er wollte ihm die Hände küssen, riß sich die Achselklappen ab und schenkte sie ihm. Durch die Gefangennahme des Russen erwuchs dem Hegemeister noch eine schwere Aufgabe; denn er wollte und konnte ihn nicht einfach laufen lassen, sondern mußte ihn zu unseren Truppen bringen. So wanderten sie denn einträchtig anderthalb Meilen weit bis zum Kirchdorf, wo deutsche Truppen lagen. Im Abendgrauen trat der Förster den gefährlichen Rückmarsch an, denn in dem Raume zwischen beiden Heeren streiften fortwährend Kosakenpatrouillen umher. Es gelang ihm aber, glücklich seinen Zufluchtsort wieder zu erreichen, wo Frau und Tochter schon in großer Sorge um ihn waren. So brachte die Försterfamilie, von aller Welt abgeschnitten, ohne jede Nachricht von den Kriegsereignissen, fast vier Wochen in ihrem Waldoersteck zu. Als nach der Schlacht bei Tannenberg deutsche Truppen auch dort wieder vorrückten, begaben sie sich in ihr Haus zurück. Aber wie sah es aus! Alles hatten die Russen zertrümmert. In den Stuben lag der Schmutz fußhoch. Tagelang hatten die Frauen zu tun, um das Haus not-

8. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 85

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Das Note Kreuz. Liebesarbeit des Noten Kreuzes. 85 den Kirsch- oder Heidelbeerkuchen zum Vesperkaffee mochten wieder alle. Wer will sich da wundern, wenn zur Grießsuppe abends keine Eßlust da war? Grieieießsuppe! So allerlei Aufschnitt, der schmeckte noch eher. Freilich gab's manchmal unruhige Träume und vielmals Bauchweh. Und dann kam auf einmal ein harter Mann, Krieg geheißen, der jagte die großen und kleinen Kinder von den vielen süßen und guten Dingen hinweg. Schmalhans wurde Küchenmeister und alle lernten, daß Hunger der beste Koch ist. Hei, wie schmeckten ihnen jetzt die derbe Kost und die Schwarzbrotschnitte! Ja, Kinder, das haben wir früher alle nicht gewußt, daß wir im Schlaraffenland lebten! Nicht wahr? Wally Eggert in: „Für unsere Kleinen." Beilage der „Königsb. Hausfrau." 55. Das Rote Kreuz. Das Rote Kreuz ist ein großer Verein, der vor allem die Leiden des Krieges zu lindern sucht. Sein Abzeichen ist ein rotes Kreuz auf weißem Felde. Dieses Zeichen tragen nicht nur die Personen, sondern auch die Gebäude, Plätze und Gegenstände, die im Dienste jenes Vereins stehen. Sie dürfen im Kriege nicht beschossen werden, wenn sie das rote Kreuz tragen. Doch unsere Feinde kehren sich nicht immer darnach. Die Mitglieder des Roten Kreuzes helfen die Verwundeten aufsuchen, verbinden und verpflegen. Namentlich in den Lazaretten sind sie tätig. Auch sammeln sie Liebesgaben aller Art und schicken sie ins Feld. Durchziehenden Truppen reichen sie Erfrischungen. Im Frieden unterstützt der Verein arme und hilfsbedürftige ^annlien. Schiffels, „Kriegserzählungen für die Kleinen." Verlag Georg Fischer. Wittlich. 56. Liebesarbeit des Roten Kreuzes auf dem Produktenbahnhof in Königsberg. (Verband- und Crfrischungsstelle vom Roten Kreuz.) Nach Oskar Schwonder. An einem Sonntagnachmittag im März 1915 bestiegen wir am Kaiser Wilhelmplatz zu Königsberg einen elektrischen Wagen und fuhren bis zum Nassen Garten, dem gegenüber sich der Produktenbahnhof befindet. Wir kamen auf dem Bahnhof in dem Augenblicke an, als gerade ein endlos langer Soldatenzug abgefertigt wurde. Die -Waggons waren von außen mit Hunderten von Kreidebildern verziert. Mit Gesang und Tücherschwenken, das wir lebhaft erwiderten, fuhren unsere Braven, von treuer Liebe bis zuletzt umhegt, einer ungewissen Zukunft entgegen. Wir aber vertieften uns nunmehr, von einer liebenswürdigen Vorstandsdame des Roten Kreuzes geführt, in die Einzelarbeiten der außerordentlich umfangreichen Liebesarbeit, die an dieser Stätte unsern Tapfern und damit dem deutschen Vaterlande geleistet wird. Die Verband- und Erfrischungsstelle vom Roten Kreuz, die hier am

9. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 87

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Eine tapfere Krankenschwester des Noten Kreuzes in Insterburg. 87 der Soldaten, die ihrer Dankbarkeit oft in rührender Weise Ausdruck gaben. Herzerfreuend wirkt es, wenn oftmals unbemittelte Frauen und Mädchen von ihrem Wenigen den Verwundeten spenden; sie bringen Butterbrote, Fladen, Milch, Saft, Obft und anderes mehr. Es fehlt auch das Scherflein der armen Witwe nicht, Kinder öffnen ihre Sparbüchsen. Wer seine Gabe dem Roten Kreuz noch nicht gebracht hat, der möge es nachholen! Stark besuchte Verkaufsstände, auch ein Zeitungsverkauf, werden von Königsberger Kaufleuten auf dem Produktenbahnhof unterhalten, was um so notwendiger ist, als ganze Züge mit Hunderten von Flüchtlingen, z. B. aus Lyck, dort mitunter wochenlang völlig verpflegt wurden. Vom 28. Oktober 1914 bis Anfang Januar 1915 sind 50 Verwundetentransporte mit etwa 22 000 Personen dort bespeist worden. Da dieser Außenbahnhof keinen Personenverkehr hat, werden die Verwundetenzüge auf „tote Geleise" geschoben, wo sie stundenlang unbehindert stehen und in aller Ruhe abgefertigt werden können. Ein ebenso umfassendes wie verantwortliches Liebeswerk ist es, das hier von vaterlandsfreundlichen Frauen und Mädchen mit Selbstverleugnung geleistet wird. Großen Dank schulden wir auch den Leitern und Helfern. Sie alle tragen in unermüdlicher, aufopferungsvoller Liebe mit dazu bei, daß die Wunden geheilt werden, die der blutigste aller Kriege geschlagen hat. „Kbg. Woche." 57. Eine tapfere Krankenschwester des Roten Kreuzes in Insterburg. Frau K. blieb krank in Insterburg zurück, als unsere Truppen mit ihren Lazaretten die Stadt verließen. Noch nicht ganz genesen, stellte sie ihre Kräfte in den Dienst der Barmherzigkeit. Was sie den kranken Frauen und Kindern unserer Stadt gewesen ist, das geht aus den dankerfüllten Worten hervor, mit denen jene bei ihrem Besuch sie.begrüßten: ihr rettender Engel! Als die Russen in unsere Stadt einzogen, da stand sie mutig auf ihrem Posten, ganz allein, aber mit unerschütterlichem Gottvertrauen. Auf die Frage des greisen Russengenerals Makosoff, ob sie ihm bei der Pflege der verwundeten Krieger helfen wollte, antwortete sie, ihrer Pflicht bewußt, mit einem aus dem Herzen kommenden Ja. Aber furchtlos stellte sie als deutsche Schwester vom „Roten Kreuz" die Bedingung, daß dann auch die heruntergerissene deutsche Flagge wieder gehißt werden müsse. Diese Bedingung wurde erfüllt, und die mutige Schwester pflegte die Verwundeten unter ihrer geliebten deutschen Flagge, der einzigen, die noch in Insterburg wehen durfte. Von den Feinden geehrt, pflegte sie Freunde und Feinde, und als die Russen Insterburg verlassen mußten, da vergaß trotz der großen Eile der greise Russengeneral es nicht, ihr als ein Zeichen russischer Dankbarkeit einen prächtigen Rosenstrauß zu übersenden. Nicht nur vor uns, auch vor dem Feinde steht Frau K. als mutige Schwester mit echt deutscher Gesinnung da. „Ostb. Volks-Ztg."

10. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 91

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Die Russen in Gumbinnen. 91 Ihnen ist es gelungen, die Russen zu einer Haltung in Tilsit zu veranlassen, wie sie eine solche sonst nirgends gezeigt haben. Das wird diesen Herren unvergessen bleiben. Drei Wochen lang haben die Tilsiter Bürger zähneknirschend auf ihren: Rathause die russische Fahne tagtäglich über ihren Häuptern flattern sehen müssen. Nach der Vertreibung der Russen am 12. September wurde sie sofort eingezogen. An ihrer Stelle wehen nun wieder die deutschen und preußischen Fahnen. „Tilsit. Ztg." 59. Die Russen in Gumbinnen. Als die Feinde Gumbinnen besetzt hatten, ernannten sie den Gymnasialprofessor Dr. Müller zum „Kaiserlich Russischen Gouverneur" der Stadt. In den drei Wochen ihrer Herrschaft, die dem alten Herrn viel Aufregungei: und schlaflose Nächte brachten, hat er in Treue und Aufopferung seines Amtes gewaltet und so mit dazu beigetragen, daß Gumbinnen erhalten blieb und seine Mitbürger vor Grausamkeiten der Rüssen bewahrt wurden. Durch sein überaus freundliches und liebevolles Wesen gelang es ihm, die Feinde zur Milde zu stimmen, wenn er es auch nicht verhindern konnte, daß die üblichen Plünderungen und einige Brandstiftungen vorkamen. Leider deckt diesen edlen Mann nun auch schon der kühle Rasen. Über die Verwüstungen der Russen in Gumbinnen und einigen Städten an der russischen Grenze schrieb ein tut Felde stehender Offizier an seine Gattin nachstehenden Brief, der in der „Königsberger Allgemeinen Zeitung" veröffentlicht worden war: Gumbinnen, den 24. September 1914. . .. Es macht den Eindruck, als ob von der russischen Heeresleitung Plünderungen und Beschädigungen streng verboten worden seien. Die Leute kehrten sich aber nicht viel darum, und die Offiziere führten das Verbot sehr verschieden durch. Die einen gingen mit Reitpeitsche, Nagaika und Revolver vor, die anderen zuckten die Achseln; manche sollen sogar die Plünderung anbefohlen und das gestohlene Gut auf Wagen fortgeführt haben. Zu ihren Taten suchten sich die Herrschaften fast immer die Nacht aus. Von sieben oder acht Uhr abends war es der bürgerlichen Bevölkerung streng verboten, sich auf der Straße zu zeigen, und in den Häusern war nur wenig bürgerliche Bevölkerung: da und dort einmal eine Menschenseele, eine alte Frau oder ein alter Hauswart. Wenn diese Wächter einbrechende Russen zur Rede stellten, ließen sie auch meistens von ihrem Werke ab, wie es scheint, weil sie eine Anzeige und dann schwere Strafen durch Rennenkampf, der drei Tage in der Regierung wohnte, befürchteten. Die Bilder der Verwüstungen sind sehr verschieden. In vielen Wohnungen sind nur Geld, alkoholische Getränke, Zigarren und Zigaretten mitgenommen worden: Silber und Goldsachen, Gemälde, Möbel, Kleider und Wäschestücke blieben liegen. In anderen sind Damengarderoben, Wäschestücke der Kinder, Pelze, Silber- und Goldsachen und selbst die Möbel mitgegangen.
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