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Nerthus, die Mutter Erde, welche sie alle ernährte, und glaubten, daß sie sich der
menschlichen Angelegenheiten annehme und unter den Völkern ihren Umzug halte.
Auf einer Insel des Meeres stand ein heiliger Hain und in ihm ein mit Decken
verhüllter Wagen, den allein der Priester berühren durfte. Doch wenn dieser
verkündigte, die Göttin sei herabgestiegen auf ihren Wagen, bespannte er ihn mit
geweihten Kühen und geleitete ihn mit tiefster Ehrfurcht. Dann gab es frohe
Tage, und festlich geschmückt waren alle Orte, welche die Göttin ihrer Einkehr
würdigte. Dann zogen die Bewohner in keinen Krieg, ergriffen keine Waffen;
verschlossen war alles Eisen, und man kannte nur Ruhe und Frieden. War aber
die Göttin des Umgangs mit den sterblichen Menschen müde, so führte sie der
Priester in den heiligen Hain zurück. Alsbald wurde der Wagen, die Decken, ja,
wenn man es glauben darf, die Gottheit selbst in einem geheimnißvollen See ge-
badet ; Sklaven verrichteten den Dienst, welche darauf der See verschlang. Auf
Helgoland, der Felseninsel in der Nordsee, lag dagegen das Volksheiligthum der
Sachsen und Friesen. Um den Tempel ihres Gottes weideten heilige Thiere, die
niemand auch nur berühren durfte, und eine Quelle sprudelte hervor, aus der
man nur schweigend schöpfte. Jeder, der die Heiligkeit des Ortes gering achtete
oder irgend etwas daselbst berührte oder verletzte, ward mit einem grausamen
Tode bestraft.
Das Meer war die Heimat unserer heidnischen Vorfahren; schon früh erschei-
nen sie als kundige Seefahrer, und ihr Name war den Küstenbewohnern ein
Schrecken; denn mehrere Jahrhunderte lang plünderten und verheerten sie unter
ihren Seekönigen alle Küsten der westlich gelegenen Länder. Nach Westen über
die See ging auch der Weg ihrer Wanderung, als sich die Gelegenheit ihnen -
darbot. —
In der Mitte des fünften Jahrhunderts nach Christi Geburt waren fast alle
deutschen Stämme in wilder Bewegung; nach einander überschwemmten sie die
Grenzländer des machtlosen römischen Reiches. Nur einen Mann gab es, der
das gesunkene Reich wieder aufrichten konnte, den Vormund des schwachen
Kaisers, Aetius war sein Name. Um Italien vor den wandernden Gothen unter
* ihrem Könige Alarich zu schützen, hatte er auch Britannien von Truppen entblößt.
Von dem Schutz der römischen Legionen verlassen, waren die Bewohner der Insel,
die längst die Führung der Waffen verlernt hatten, eine leichte Beute jedes Fein-
des. Von ihren Nachbarn, den räuberischen Picten und Skoten, wurden sie von
Westen und Norden her bedrängt, und im Osten lag alles Land den Sachsen offen.
Hülflos und verlassen, wandten sie sich (im Jahre 446) an Aetius um Beistand.
„Die Barbaren," meldeten sie ihm, „treiben uns zum Meere, das Meer zurück
zu den Barbaren; wir werden erwürgt oder müssen ertrinken." Von Aetius zu-
rückgewiesen, wandten sie sich um Hülfe an ihre bisherigen Feinde und boten
den sächsischen Häuptlingen, die ihre Küsten plünderten, Land und Sold. Von
nun an trug das Meer viele Jahre lang Scharen auf Scharen von Sachsen nach
dem ihnen wohlbekannten Gestade der großen Insel hinüber. Jahrhunderte
später besangen noch die Nachkommen derselben in) herrlichen Liedern den Zug
und den langen blutigen Kampf ihrer Väter: wie die Urenkel ihres Gottes Wodan,
Hengist und Horsa (Roß), auf den Ruf des britischen Königs Vortigern zuerst auf
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Extrahierte Personennamen: Vortigern
Extrahierte Ortsnamen: Helgoland Nordsee Sachsen Christi Italien Sachsen Sachsen
474
Schleswig einzog und von Abel freundlich auf seiner Burg auf der Möveninsel
empfangen wurde. Den Sommerabend brachten sie in einem kleinen Hause zu,
welches an einer Brücke lag, die die Insel mit dem Festlande verband, und ver-
trieben sich die Zeit bis spät in die Nacht beim Würfel- und Bretispiel. Eben
war Erich in ein Spiel mit einem Ritter verliest, als Abel plötzlich hereintrat und
das Gespräch ans ihre früheren Zwistigkeiten brachte. „Gedenkst du noch der
Zeiten," schrie er, „wo du Schleswig plündertest und meine Tochter nackt und
bloß in's Elend jagtest?" „Sei getrost!" erwiderte der König, „ich habe noch
so viel, daß ich deiner Tochter wieder zu neuen Schuhen verhelfen kann." Diese
Worte aber reizten noch mehr den Zorn Abel's; er erklärte den König für seinen
Gefangenen lind übergab ihn einem Ritter mit der Weisung ihn wegzuführen,
wohin er wolle. Dieser ließ ihn ergreifen, fesseln und in ein Boot bringen,
welches unter der nahen Brücke bereit lag. Man ruderte mitten auf die Schlei
nach Osten zu. Bald aber hörte man starke Ruderschläge und laute Stimmen
hinter sich. Der König selbst ward aufmerksam und wandte sich mit Fragen an
seine Begleiter. Gleich darauf bemerkten sie die Umrisse eines Bootes, das sich
ihnen ra>ch näherte. Der König erkannte in dem Führer desselben seinen Tod-
feind Lauge Gudmundson und sah sich einem sicheren Tode preisgegeben. Aus
seine dringende Bitte ward ein Priester aus der Nähe von Miffunde herbeigeholt,
dem er dann mit angsterfülltem Herzen beichtete. Darauf erschlug ihn Gud-
mundson mit eigner Hand und ließ den Leichnam, mit Ketten beschwert, in die
Schlei senken. Bald aber fanden Ftzcker die Leiche und begruben sie. Doch als
Abel dies erfuhr, ließ er sie wieder ausgraben und feierlich in der Domkirche zu
Schleswig beisetzen. Dann ichwnr er mit 24 Rittern starke Eide, daß er den Tod
seines Bruders nicht befohlen habe, sondern, daß des Königs Feinde ohne sein
Vorwissen den Mord vollzogen hätten. Die däni>chen Großen glaubten seinen
Worten und wählten ihn zu ihrem Könige.
Kaum fühlte Abel sich sicher auf dem dänischen Thron, als er einen Zug
gegen die Friesen vorzubereiien begann, weil sie sich weigerten, ihm Zins und
Steuer zu zahlen. Er hegte aber auch einen alten Zorn gegen die trotzigen Be-
wohner der Inseln, die ihn als Herzog nicht hatten anerkennen wollen, und dachte
sie mit der Macht seines Reiches in einem Feldzuge zu unterwerfen. Aber es war
schwer die Friesen zu bezwingen. Das Gebiet derselben, das jetzige Eidersted,
war damals noch von Meerengen und Fiüsien durchschnitten und bestand aus
drei Inseln, die man die Utlande d. h. die Außenlande nannte. Deshalb begann
Abel mitten im Winter, als alle Gewässer und Moore fest zugefroren waren,
seinen Zug und lagerte zum Schrecken der Friesen auf der Borgeest an der Milden-
burg, um über die mit Eis bedeckte Eider zu rücken. Aber die Frie>en, um das
Bild ihres heiligen Christian, das auf einem Wagen dahergesührt ward, geschart,
zogen ihm entgegen über den Deich auf das tzis und gelosten, wenn sie den Sieg
gewännen, so wollten sie den heiligen Christian mit dem allerbesten Golde be-
schlagen lassen. Und es geschah, wie ihre alte Chronik erzählt, daß Gott den
Frieien Gnade gab und plötzlich so starker Regen vom Himmel siel, daß sie kaum
ihren Heiligen von dem berstenden Eise retten konnten. Während so die Friesen
in großen Ehren nach Hause zogen, mußte Asel eiligst unter großen Verlusten
seinen Rückzug antreten, um aus der gefährlichen Marsch herauszukommen. Aber
schon in dem heißen, alle Marschgräben austrocknenden Sommer stand er wieder
mit großer Macht an der '1' ildendurg, woschrffe bereit lagen, das Heer die Eider
hinunterzufahren. Südlich von Oldensworth schlug er sein Lager auf und ver-
heerte und brandschatzte alles umliegende Land. Die Noth der Außenlande rief
hier Slammesgenossen auf ihrer alten Thiugstätte, am Bauermaunswege, zu-
sammen, wo sie alle aus einem Munde riefen, daß der große Kaiser Karl ihre
Voreltern durch seine kai erliche Macht freigegeben hätte, und ehe sie König Abel
huldigen oder Schatz und Zins zahlen wollten, wollten sie alle darum sterben
oder König Abel solle sterben. Daraus richtete jede Harde ihr Banner aus, und
um 7 Fahnen geschart zogen sie dem königlichen Lager zu. Eben begann es zu
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Extrahierte Personennamen: Erich Christian Christian Oldensworth Karl Karl
212
Seine wandernde Hofhaltung in der ungarischen Ebene war die größte,
bunteste und reichste jener Zeit. Häuptlinge und Königskindcr deutscher
und slavischer Stämme bildeten neben den Fürsten der Hunnen und stamm-
verwandten Völker seinen Hofstaat. Unter der Leibwache, die im Ringe
um den schön geschnitzten Zaun seines Hofes lag, dienten Männer aus
fast allen Völkern zwischen Persien und den Pyrenäen; edle Gothenfürsten
neigten ehrfurchtsvoll ihr Haupt vor seinem Befehl; Königskinder aus
Thüringen und fränkischen Landen wurden als Geiseln an seinem Hofe er-
zogen neben Sprößlingen der Wanderstämme an der Wolga und der tar-
tarischen Ebene; unterworfene Völker der Ostsee führten ihm Zobel - und
Otternfelle aus dem Eise des Nordens zu; Gesandte aus Rom und Con-
stantinopel harrten furchtsam am Hofthor, um seine zornigen Befehle ent-
gegenzunehmen oder ihm demüthig kostbare Geschenke zu Füßen zu legen.
Nachdem er zuerst sich gegen Osten gewandt und Griechenland ver-
wüstet hatte, aber durch ein unermeßliches Lösegeld zum Abzüge bewogen
war, zog er im Jahre 451 durch Deutschland nach Gallien (dem heutigen
Frankreich), in dessen südlichem Theile inzwischen die Westgothen nach ge-
waltigen Wanderungen ein geordnetes Reich gegründet hatten. Deutsch- .
land ward auf diesem Durchzuge der Hunnen furchtbar verwüstet, wie ein
Heuschreckenschwarm verheerten sie alles Land. Am Rheine warfen sich
10,000 Burgunder dem Wcltstürmer Attila entgegen, aber vergeblich: in
heldenmüthigcm Kampfe gingen sie ruhmvoll unter. Nun aber vereinigten
sich die Westgothcn und die Römer, um durch gemeinsame Anstrengung die
Bildung des Abendlandes und das Christenthum zu schützen. Der römische
Feldherr A6t ius und der Gothenkönig Th eo d ori ch brachten ein ge-
waltiges Heer zusammen und trafen in den weiten Ebenen von Chalons
an der Marne, wohin Attila sich gezogen hatte, um für seine zahllose
Reiterei Raum zu gewinnen, mit dem Feinde zusammen. Dort sammelten
sich die Völker des Morgenlandes und die Völker des Abendlandes und
standen sich gegenüber in heißer Erwartung des Kampfes, der das Schicksal
Europa's entscheiden sollte. Attila hatte die Nebermacht der Masse, der
Einheit und der Fcldherrngabe; aber auf der Seite der Abendländer stritt
die Begeisterung für alles Große der alten Welt, für das Christenthum,
für die Freiheit und den eigenen Herd, Deutsche aber fochten auf beiden
Seiten, ja der Kern aller deutschen Völker stand hier feindlich gespalten sich
gegenüber, und welches Heer den Sieg gewann, die Deutschen wurden
immer geschlagen. Das mörderische Schlachten begann; mit der höchsten
Erbitterung kämpften beide Heere. Der tapfere Theodorich kam ums
Leben, aber sein Sohn Thorismund nahm blutige Rache. Die West-
gothen entschieden die Schlacht. Nachdem schon gegen 200,000 Menschen
gefallen waren, wich Attila zurück, und das Abendland war gerettet. Attila
hatte schon einen großen Scheiterhaufen von Pferdcsätteln errichten lassen,
um sich darauf zu verbrennen, wenn er verfolgt worden und unterlegen
wäre. Aber er entkam. Thorismund ward auf den noch blutigen Schild
erhoben, und unter dem Jauchzen der Sieger zum Könige der Westgothen
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Extrahierte Personennamen: Zobel Attila Attila Attila Attila Attila
Extrahierte Ortsnamen: Persien Rom Griechenland Deutschland Gallien Frankreich Rheine
237
gemacht haben. Die feierliche Krönung Rudolfs fand zu Aachen im Jahre
1273 statt.
Dem Pabste bestätigte er alle früheren Schenkungen und Ansprüche
und übernahm sogar das Versprechen eines Kreuzzuges, der jedoch nicht zu
Stande kam. In die Angelegenheiten Italiens einzugreifen, hielt Rudolf
für zwecklos und gefährlich, weshalb er auch nicht zur Kaiserkrönung nach
Rom zog. Er verglich Italien mit der Höhle des Löwen in der Fabel,
von der der Fuchs sagt: „Ich sehe wohl die Fußstapfen derer, die glücklich
hineinkamen, aber nicht derer, die glücklich wieder herauskamen." Um
so mehr wandte der König seine Thätigkeit auf Deutschland, und die
schwere Aufgabe, das gesunkene Ansehen der Königskrone wieder zu heben,
hat er vollständig gelöst.
Während alle Fürsten Rudolf als König anerkannten, hatte sich bis
dahin Ottokar, König von Böhmen, geweigert. Dieser Fürst hatte
während der kaiserlosen Zeit Oesterreich. Steiermark, Kärnthen und Krain
unter seine Herrschaft gebracht und als der mächtigste Reichsfürst selbst nach
der deutschen Krone gestrebt. Seiner stolzen Seele war der Gedanke un-
erträglich, einem armen Grafen, wie er Rudolf spottend nannte, Unter-
würfigkeit schuldig zu sein. Er weigerte sich daher, auf den Reichstagen zu
erscheinen. Nachdem er dreimal vergeblich geladen war, erklärten die ver-
sammelten Fürsten ihn in die Acht und seiner Lehen verlustig. Da aber
der Böhmenkönig auf seine Macht trotzte, so beschloß Rudolf den Reichs-
krieg gegen ihn zu eröffnen.
Bald fühlte sich Ottokar von allen Seiten bedrängt, und er mußte
sich zu einem Vertrage bequemen, in welchem er Oesterreich, Steiermark,
Kärnthen und Krain abtrat, Böhmen und Mähren aber als Lehen empfing.
Die feierliche Belehnung erfolgte in Rudolfs Lager. An der Spitze eines
glänzenden Gefolges zog der stolze Ottokar in königlicher Pracht, schim-
mernd von Gold und Edelsteinen, durch die stattlichen Reihen der deutschen
Ritter, um knieend den Lehnseid zu leisten. Rudolf blieb in seiner schlichten
Feldkleidung, und als ihn jemand fragte, ob er nicht seinen königlichen
Schmuck anlegen wollte, antwortete er: „Nein! der König von Böhmen
hat oft über mein graues Wams gelacht, heute soll mein graues Wams
einmal über ihn lachen, und die fremden Völker sollen scheu, was die
Waffen der Deutschen vermögen."
Bald aber fühlte Ottokar bittere Reue, sich gedemüthigt zu haben,
und die Spöttereien und Vorwürfe seiner Gemahlin reizten ihn noch mehr
auf. Er mußte sich von ihr sagen lassen, er habe den deutschen König
von fern wie ein Hund angebellt und in der Nähe angewedelt; er habe
sich geberdet wie ein Maulthier, das, so lange es den Wolf fern weiß, sich
wilv aufbäumt und ausschlägt, sich aber dennoch ohne Widerstand von
demselben zerreißen läßt. Ottokar ertrug dies nicht; er griff von neuem
zu den Waffen. Rudolf hatte nur wenig Mannschaften um sich, bald aber
zog er Verstärkungen heran und rückte gegen Ottokar vor. Es kam zur
Schlacht auf dem March selbe bei Wien (1278). Rudolf hatte bc-
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Extrahierte Personennamen: Rudolfs Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Ottokar Ottokar Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Ottokar Ottokar Rudolfs Ottokar Ottokar Rudolf Rudolf Ottokar Ottokar Ottokar Ottokar Rudolf Rudolf Ottokar Ottokar Rudolf Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Rudolfs Aachen Italiens Rom Italien Deutschland Oesterreich Krain Oesterreich Krain Rudolfs Wien
4. Karl der Große.
Pipin der Kleine, der im Einverständniß mit dem Pabste dem
letzten Sprößling des verkommenen Herrschergeschlechtes der Franken die
Locken geschoren und ihn in ein Kloster gesandt, dann aber selbst den Thron
des mächtigen Reiches bestiegen hatte, stammte nicht aus einem edeln Ge-
schlechte, sondern von freien Bauern aus der Gegeud des Niederrhcins. Er
trug kurzes Haar, wie die anderen Franken, und über dem glatten Kinn den
fränkischen Lippenbart. Als König aber waltete er mit großer Kraft: er
erweiterte die Grenzen seines Reiches und dämpfte den Uebermuth derlongo-
barden, eines deutschen Stammes, der sich im nördlichen Italien nieder-
gelassen hatte; das ihnen entrissene Land schenkte er dem Pabste, zu dessen
weltlicher Gewalt er dadurch den Grund legte. Bei seinem Tode im Jahr 768
hinterließ er den nördlichen Theil des Reiches seinem Sohne Karl, den
südlichen aber dem Bruder desselben, Karlmann. Als dieser jedoch schon
nach drei Jahren plötzlich starb, nahm Karl das ganze Frankenland in Be-
sitz, indem seine beiden noch unmündigen Neffen als unfähig zur Nachfolge
betrachtet wurden.
Schon in seinem Aeußeren zeigte sich die Majestät des Herrschers. Er
maß sieben Fuß, sein Kops hatte einen mächtigen Umfang. In jeder
Waffenkunst vollkommen durchgebildet, war er jedem im Volke an Stärke
überlegen; auch im Schwimmen und ähnlichen Fertigkeiten kam ihm nie-
mand gleich. Seine Kraft dauerte bis ins hohe Alter, denn er übte sie
täglich und lebte durchaus mäßig. Seine Haltung war kriegerisch und
ehrsurchterwcckend; wo er einherschritt, klopften die Herzen. Auf seiner
breiten klaren Stirn lag Weisheit und Hoheit; vor dem feurigen und durch-
dringenden Blick seines großen Anges mußte jeder das seiuige niederschlagen.
Seine Tracht war gewöhnlich einfach und kriegerisch, der Hauptbestandtheil
derselben ein Wams von Ottcrnfell; nur bei feierlichen Anlässen trug er
einen goldnen kurzen Rock mit Gürtel, überden Beinkleidern und Strümpfen
bunte Kreuzbänder, die Schuhe mit Edelsteinen geziert, den Mantel gewöhn-
lich weiß oder grün. — Aber gewaltiger als durch sein Aeußeres, war er
durch die Kraft seines Geistes. Er war keine stürmische Natur, die leiden-
schaftlich und maßlos das Höchste begehrte; hart vielmehr und dauerhaft
wie ein Eichstamm, wuchs er während des wildesten Kriegstreibeus rubig
fort, bedächtig, nachdenklich, bei großemthun von unerschütterlichem Willen.
Fehlschlag und Niederlage entmuthigten ihn nicht, aber auch der größte Er-
folg berauschte ihn nicht; in der härtesten Arbeit blieb sein Geist klar und
gesammelt, mitten im Kampf um ein hohes Ziel sann er auf neue, oft ganz
andersartige Schöpfungen. Wie kein anderer deutscher Fürst besaß er ein
Gemüth, welches klar und ruhig die Bilder der Außenwelt auffaßte und
erwog, einen klugen Erfindungsgeist, der sie zweckmäßig zu verwenden wußte,
und einen eisernen Willen, der schnell seinen Entschluß faßte und gerade
aus sein Ziel losging.
Mit diesen Eigenschaften gelang es ibm, zum ersten Male die spröden.
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl Karl Karl Karlmann Karlmann Karl Karl
211
Ulphilas übersetzte schon die Bibel in's Deutsche. Du brachen aber um
375 aus den Steppen Asiens die ursprünglich in der Mongolei heimischen
Hunnen hervor, ein Wildeshirtenvolk, das nur in Zelten zu wohnen
pflegte und von Ort zu Ort wanderte, um Weide für sein Vieh zu suchen.
Die Hunnen waren widerwärtig von Gestalt: klein, sehr breitschulterig,
kräftig an den Armen, dagegen waren ihre Beine, weil sie fast unablässig
aus ihren kleinen Pferden saßen, krumm und schwach. Sie hatten eine
gelbe Gesichtsfarbe und sehr dünnen Bart; die Augen waren klein und
schräggeschlitzt , die Nase breitgedrückt, die Lippen dick und aufgeworfen, die
Ohren abstehend, der Hals kurz und fleischig. Sie nährten sich von Wurzeln
der Steppen und halbröhem Fleisch, Milch gaben ihnen ihre Herden im
Ueberfluß. Ihre Art zu kämpfen war wild und regellos; mit furchtbarem
Geschrei überfielen sie den Feind, stoben aber sogleich wieder aus einander,
um im nächsten Augenblick sich dahin zu werfen, wo sie eine Blöße be-
merkten. Ihre abschreckende Häßlichkeit, ihre ungeheure Menge und die
Geschicklichkeit, womit sie ihre kleinen Pferde zu tummeln und Pfeil und
Bogen zu handhaben wußten, flößte den tapferen Gothen, die vorzugsweise
mit dem Schwerte und zu Fuß kämpften, Furcht und Grauen ein. Diese
vermochten daher ihnen nicht Stand zu halten und warfen sich ihrerseits
auf das immer mehr wankende römische Reich; die Hunnen aber ließen
es sich einstweilen in den von ihnen verlassenen Wohnsitzen am Schwarzen
Meer und in Südrußland gefallen. Solange sie nur in vereinzelten
Horden umherschweiften, waren sie für Europa nicht gefährlich; furchtbar
aber wurden sie wieder, als der gewaltige Attila oder Etzel sie alle zu
einem Reiche vereinigte und weiter nach Westen vordrang.
Dieser merkwürdige Mann, den die Römer mit Grauen die Gottes-
geißel nannten, weil er gesandt zu sein schien, um das ganze Abendland
zu züchtigen, stand in der ganzen Häßlichkeit seines Stammes dennoch als
Gebieter unter den hochgewachsenen Kriegsfürsten der Deutschen. Seine
Haltung war stolz und vornehm, aus seinem scharf umherspähenden Auge
leuchtete ein verschlagener Geist, sein starker Wille machte manchen kühnen
Hilden erbeben. In dem heutigen Ungarn hielt er bald hier, bald da in
hölzernen Hütten sein Hoflager; seine Umgebung führte von der reichen
Beute, welche die Hunnen allenthalben machten, ein schwelgerisches Leben,
aber er selbst war in Tracht und in täglichem Genusse von alterthümlicher
Einfachheit. Wenn er Gäste empfing, ließ er diesen leckere Gerichte auf
silbernen Scheiben vorlegen, und sie tranken aus goldenen und silbernen
Bechern; er selbst aber aß von seiner hölzernen Tafel nichts als Fleisch,
und sein Trinkgefäß war von Holz. Gewöhnlich thronte er in erhabener
Abgeschlossenheit, nur wenigen Vertrauten war es erlaubt, ihn anzureden;
sein Volk aber, das er von Sieg zu Sieg und von Raub zu Raub führte,
verehrte ihn fast abgöttisch. Ueber seinen Getreuen waltete er gnadenvoll;
höflich, freigiebig, gastfrei, verstand er immer auf's neue sie an sich zu fesseln.
Eine halbe Million Krieger folgte seinem Ruf. Als Feldherr aber und
Staatsmann war er rücksichtslos und kannte kein Erbarmen.
14 *
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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Extrahierte Personennamen: Attila
Extrahierte Ortsnamen: Asiens Mongolei Schwerte Südrußland Europa Ungarn
213
ausgerufen. Aber die, welche das Unglück verbunden, trennte das Glück.
Aötius, auf seinen Ruhm und auf seine Macht eifersüchtig, schied sich von
Thorismund und bewog diesen, in sein Land zurückzugehen. Zur Ent-
schädigung für die Beute, die Astius sich vorweg genommen, erhielt Tho-
rismund eine fünf Centner schwere Schüssel von Gold, mit den köstlichsten
Edelsteinen besetzt, die man für die Tafel des berühmten von den Römern
aus dem Tempel zu Jerusalem geraubten salomonischen Tisches gehalten hat.
Im Jahre 452 zog Attila über die Alpen nach Italien. Honoria,
des römischen Kaisers Schwester, soll sich ihm zur Gemahlin angeboten
und ihn eingeladen haben, nach Rom zu kommen. Sie schmachtete des-
halb zu Rom im Gefängnisse. Drei Monate lang hielt Aquileja die
, Hunnen auf; endlich eroberten sie die Stadt und zerstörten sie gänzlich.
Damals flohen viele Römer auf die kleinen sumpfigen Inseln des Adria-
tischen Meeres und legten daselbst den ersten Grund der Stadt Venedig.
Attila zog gegen Rom. Schon war man auf den Untergang bereitet, als
plötzlich Rettung vom Himmel kam. Leo, Bischof von Rom, ein gottbe-
geisterter Greis, zog an der Spitze der römischen Geistlichkeit, in priester-
lichem Schmuck und mit feierlichem Gesänge, einer Taube des Friedens
oder einem gottgcsandten Engel gleich, den wilden mordbegierigen und
bluttriefenden Hunnen entgegen. Niemand wagte, die frommen Priester
anzutasten. Sie kamen ungehindert vor Attila selbst, und dieser ward
Durch den Anblick und die Worte Leo's bewogen, Rom zu verschonen und
sogleich den Rückweg einzuschlagen. Die innere geistige Gewalt, womit
die Erscheinung des heiligen Greises auf den Helden wirkte, ist in der
Sage dergestalt bezeichnet worden, daß Attila über dem Haupte des Greises
einen ungeheuren Riesen gesehen, der ihn drohend zurückgeschreckt habe.
Auf dem Rückwege aus Italien starb Attila plötzlich. Er wurde
mit großer Feierlichkeit zur Erde bestattet. Sein ganzes Heer ritt um
seine Leiche. Sie ward in einen goldenen Sarg gelegt, der wieder in einen
silbernen und dieser in einen ehernen. Alle, die an seinem Grabe ge-
arbeitet hatten, wurden umgebracht, damit niemand es entdecken könne.
3. Bonisacius, der Apostel der Deutschen.
Die Gothen und andere deutsche Stämme, welche durch ihre
Wanderungen frühzeitig mit den Römern in Berührung kamen, waren
dadurch bald zum Christenthum bekehrt worden, aber die Bewohner des
eigentlichen Deutschlands verharrten noch im achten Jahrhundert bei ihrem
heidnischen Glauben. Freilich war Chlodwig, der König der am Nieder-
rhein wohnenden Franken, schon ihm Jahre 496 mit vielen Stammgcnossen
getauft worden, und er und seine christlichen Nachfolger hatten, namentlich
durch die Tapferkeit Karl Martell's, sich nicht nur das ganze Gallien,
sondern auch die meisten deutschen Völker unterworfen, aber um die Aus-
breitung des Christenthums hatten sie sich nicht gekümmert, und so war
der von Columbanus, Gallus und anderen frommen Mönchen in
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Extrahierte Personennamen: Attila Honoria Aquileja Attila Leo Attila Attila_über Attila Bonisacius Apostel Chlodwig Karl_Martell's Karl Columbanus Gallus
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Italien Rom Venedig Rom Rom Rom Rückweg Italien Deutschlands Gallien Gallus
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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er sich nicht auf; wie konnte er auch, da seine Geschäfte und Kriege ihn unaufhörlich umhertrieben? Es war damals überhaupt nicht gewöhnlich, daß ein König eine bestimmte Residenz hatte, weil es nicht so leicht wie jetzt war, von einem Orte aus ein großes Land zu regieren. Am liebsten verweilte er in Heristal, in Aachen, Nymwegen und in I n g e l h e i m bei Mainz. An allen vier Orten baute er sich Schlösser. Das schönste war in Aachen; hierhin zog ihn schon der Gebrauch der warmen Bäder, die er sehr liebte. Hier baute er auch ein herrliches Münster, welches jedermann bewunderte. Es war mit Gold und Silber geschmückt und mit Fenstern, Türen und Gittern von blinkendem Erz versehen. Aus Italien ließ er die majestätischen Säulen und Marmorblöcke kommen, wofür sich der Papst einige deutsche Pferde ausbat, die wegen ihrer Stärke geschätzt wurden. Die Künstler zum Bau wurden weit und breit her verschrieben. Die Kirche bestand aus einem achteckigen, auf Säulen ruhenden Kuppelbau, der von einem sechzehnseitigen zweistöckigen Umgänge umschlossen wurde. Von außen war sie schmucklos, im Innern dagegen war sie mit italienischen Mosaikgemälden schön verziert. Papst Leo kam selbst, um sie einzuweihen.
Damit dieser große Kaiser, der mit kräftiger Hand die Zügel seiner Reiche lenkte, während er zugleich sein Volk die friedliche Kunst des Landbaues, seine Richter Übung der Gerechtigkeit und seine Priester den wahren Gottesdienst lehrte, uns recht eindrücklich vor Augen bleibe, wollen wir sein Äußeres beschreiben. Er war von großem, starkem Körperbau, sieben seiner eigenen Füße lang, dabei so kraftvoll, daß man von ihm erzählt, er habe Hufeisen wie Brot zerbrechen können und einst einen Sarazenen bis auf den Sattelknopf gespalten. Sein Gesicht war fast stets heiter; denn er war ein Freund unschuldigen Scherzes. Sein Hinterkopf war rund, mit schönem Silberhaar geziert, seine Nase etwas groß, seine Augen groß und klar und mit durchbohrendem Blicke, wenn er zürnte. Lein Nacken war kurz und fett, sein Unterleib in spätern Jahren etwas stark, sein Gang männlich, fest und voll Würde, nur feine Stimme heller, als man bei so großem Körper hätte erwarten sollen; dieser
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um das Land an sich zu reißen. Wenigstens machte er sich zum König von Italien und verlangte von Lothars Witwe, der jungen und schönen Adelheid, daß sie seinen Sohn Adalbert heiraten solle. Als Adelheid das se)t abschlug, ergrimmten Berengar und dessen Frau Willa so, daß sie Adelheid gröblich mißhandelten. Zuletzt wurde die Arme in das Schloß Garda am Gardasee als Gefangene gebracht. Hier saß sie in einem dunkeln Kerker einsam und verlassen. Aber Gott war ihr mit seiner Hilfe nahe und sandte ihr in dem braven Kaplan Martin einen Retter. Dieser Mann, ein treuer Diener ihres verstorbenen Gatten, verschaffte ihr Mannskleider, grub einen Gang unter der Mauer ihres Gesängnisses aus und führte sie in einer dunkeln Nacht in einem Nachen über den See. Hier am andern Ufer verbarg er sie bald im Korne, bald im Gebüsch, bis er einen guten Fischer bewog, sie in seiner einsamen Hütte aufzunehmen. Dann ging er zu dem Bischöfe von Reggio,
einem alten Freunde des verstorbenen Lothar, und bat ihn um eine
sichere Freistätte für Adelheid. Der Bischof ließ sie sogleich nach
dem Schlöffe Canossa bringen, welches ein ihm befreundeter
Markgraf inne hatte, und nun eilte der treue Martin nach Deutschland zum König Otto, den Adelheid recht dringend um kräftigen Beistand gegen Berengars Verfolgungen bitten ließ. Otto ließ sich nicht zweimal bitten, um so mehr, da er schon vorher die Absicht hatte, nach Italien zu gehen. Er rief schnell seinen Heerbann auf und zog über die Alpen (951). Schnelle Hilfe war auch dringend not; denn Berengar belagerte schon Canossa, wo der Hunger bereits zu wüten anfing. Da flog eines Tages ein Pfeil in die Festung, an welchem sich ein Brief und ein Ring befanden. Beides war von Otto; fein Bote hatte nicht durch die Wachen Berengars bringen können und daher Brief und Ring an jenen Pfeil gebunben und so über die Mauer geschossen. In dem Briefe stand, daß Otto schon in der Nähe fei, und der Ring sollte die Echtheit der Hanb-fchrift beweisen. Berengar hob nun die Belagerung auf. Nun erschien in Canossa ein Bote mit bet Nachricht, der Kaiser werbe um Adelheids Hand. Otto war nämlich seit mehrern Jahren Witwer. Adelheid reichte ihrem Retter mit Freuden ihre Hand, nnb
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Extrahierte Ortsnamen: Italien Schloß_Garda Deutschland Italien Canossa
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in Pavia wurde eine fröhliche Hochzeit gefeiert. Sie brachte ihm das Königreich Italien (die Lombardei) als Brautschatz mit, eine Erwerbung, die damals Otto und den Deutschen ein Glück schien, aber in der Folge eine Reihe blutiger Kriege verursachte. Berengar knirschte zwar vor Wut, er mußte sich aber Otto unterwerfen und erhielt Verzeihung. Otto machte ihn sogar zu seinem Statthalter in Italien. Hier betrug sich jedoch Berengar so herrisch und grausam, daß er ihn absetzen mußte. Er berief ihn nach Deutschland und ließ ihn mit seiner Frau Willa bis an seinen Tod in Bamberg wohnen.
Leider schloß sich an diesen Feldzug wieder ein gefährlicher Aufstand in Deutschland an. Man bezeichnet denselben gewöhnlich als den Kampf der Söhne gegen den Vater. Ottos Sohn Ludolf, der Herzog von Schwaben war, und fein Schwiegersohn Konrad, der Herzog von Lothringen, hatten verschiedene Gründe zur Unzufriedenheit. Beide hatten den Vater auf feinem Zuge nach Italien begleitet, und der tatendurstige Ludolf war sogar dem Heere vorausgeeilt und hatte Berengar angegriffen. Aber er war geschlagen worden, und dafür traf ihn der Tadel feines Vaters und der Spott seines Oheims Heinrich. Konrad war nach Ottos Rückreise zurückgeblieben, um den Krieg zu beenden. Er überschritt dabei seine Befugnisse, indem er mit Berengar unterhandelte und ihm, falls er sich unterwerfe, eine ehrenvolle Behandlung und die Belehnung mit Italien zusicherte. Berengar stellte sich ihm darauf freiwillig in Haft, und beide begaben sich nach Magdeburg, wo König Otto weilte. Aber dieser tadelte Konrad streng und behielt Berengar in Haft. Später ließ er ihn zwar los und gab ihm einen Teil feiner Länder zurück: mit dem anderen Teile belehnte er feinen Bruder Heinrich. Daraus empörten sich die Söhne offen gegen ihren Vater. Sie sagten, sie wollten nicht gegen den Vater kämpfen, sondern nur ihren Oheim Heinrich ans feiner allmächtigen Stellung am Hofe desselben vertreiben. Zwei Jahre dauerte der Bürgerkrieg; da mußten sie sich unterwerfen. Auf ihre Bitten verzieh ihnen ihr Vater; aber ihre Herzogtümer, die er ihnen vorher abgesprochen hatte, erhielten sie nicht wieder. Ludolf machte
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Extrahierte Personennamen: Otto Berengar Otto Otto Willa Ottos Ludolf Konrad Konrad Ludolf Heinrich Heinrich Konrad Ottos Berengar Otto Konrad Konrad Berengar Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Ludolf
Extrahierte Ortsnamen: Pavia Italien Italien Deutschland Bamberg Deutschland Ottos Schwaben Lothringen Italien Ottos Italien Magdeburg