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;n einer Schraubenlinie empor über die Wolken zu einer Höhe, wo sie dem
'Auge verschwinden. Eine weite Reise gilt's bei Sturm und Ungewitter
über Gebirge und Meere nach einer mildern Himmelsgegend, wo ihr Tisch
zur Speisung der jungen Brut gedeckt ist.
Unsere Störche wandern theils nach Afrika, theils nach Indien. Die
Schwalben und andere Zugvögel warten bei ihrer Ankunft am User des
Mittelmeers auf den günstigen Wind, segeln dann mit demselben mit großer
Geschwindigkeit über die Flut und kommen nach wenigen Tagen am
Senegal an, wo sie während unseres Winters reichliche Nahrung finden.
Die Wachtel kann wegen ihres schwerfälligen Fluges nur mit Hülfe des
Windes lange Strecken durchziehen. Die europäischen Wachteln kommen
auf ihrer Wanderung stets mit dem Nordostwind nach Malta.
Wenn der wandernde Vogel über das Meer zieht nach einem Lande,
welches er noch nie gesehen hat, mit der Ahnung, dort seinen Unterhalt zu
finden, so muß über dem Vogel und dem Lande seiner Sehnsucht eine
höhere Weisheit walten, welche beide, das Land und den Vogel, für ein-
ander geschaffen hat, so daß sie als Glieder der Naturhaushaltung einan-
der bedürfen.
Waö treibt die Zugvögel zur Wanderung? Nicht die Kälte, nicht
der Nahrungsmangel; denn viele ziehen schon in der Mitte des Sommers
von uns fort, wo sie weder frieren noch Mangel leiden. Wer weiset den
Vögeln den Weg und das Land, wo sic während unseres Winters ihre
Nahrung finden? Wer sagt ihnen die Zeit, wann sie aufbrechen sollen?
Manche Vögel vereinen sich auf ihrer Wanderung in außerordentlich
große Scharen. Wilson berechnete die Ausdehnung eines Zuges von
Wandertauben, den er in Amerika beobachtete, auf 140 englische Meilen
und schätzte ihre Zahl auf 1230 Millionen. Wo sie sich niederließen,
brachen die Ateste von den Bäumen. Millionen Scheffel von Buchnüssen
waren zu ihrer täglichen Nahrung erforderlich. Es ist begreiflich, daß
solche Scharen auf ihren Ruhcinseln seit Jahrtausenden mächtige Lager von
Guano ablegen mußten.
Sobald die Sonne wieder einen größeren Bogen an unserm Horizonte
beschreibt und der neue Frühling frisches Leben auf unsern Gefilden erweckt,
senden die Segler der Lüste ihre Quartiermacher voraus, um die alten
Brutplätze zu besichtigen. Diese Vorboten bleiben gewöhnlich nur wenige
Tage und ziehen dann wieder halbwegs zurück, um den nachrückenden
Brüdern Bericht zu erstatten. Ist diese Berichterstattung günstig, so
schwärmt wie zu einem Freudenfeste Tag für Tag eine Schar der beflügel-
ten Wanderer nach der andern aus Afrika über das Mittelmeer, durch
Italien, über die'alpen ihrer nördlichen Heimat zu. Jedes Pärchen findet
seinen frühern Nestplatz wieder. Die einheimischen Stammgäste, Zaun-
könige, Sperlinge, Meisen rc. begrüßen in den Hecken mit fröhlichem Ge-
zwitscher die ankommenden Gäste. Lasset euch nicht kümmern, ob Wohnung
im Gebüsch und Baum, im Schilf und Saatfeld, in Höhlen und Klippen
und unter dem Dache der Hütte zu finden sei: der große Hausvater der
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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Extrahierte Personennamen: Wilson
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Indien Senegal Malta Amerika Afrika Italien Saatfeld
358
hinderte, ihre Nahrung zu finden. Die Natur sorgte auch in dieser Zeit
der Noth und des Mangels für ihre Geschöpfe und gab ihnen die besondere
Einrichtung des Ueberwinterns, sodasz die Thiere in diesen Monaten, in
welchen die Erde mit Schnee und Eis verschlossen ist, ruhig in ihrem
Winterlager liegen und erst im Frühjahr bei der zurückkehrenden Wärme
wieder zum Vorschein kommen. Wenige Thiere sind in den kälteren
Gegenden von diesem Ueberwintern ausgenommen, wie z. B. der gröszere
Theil der Vögel, welche in Folge ihrer leichteren Bewegung im Herbste
ein wärmeres Klima und reichliche Nahrung suchen. Hierher gehören
gleichfalls die Wasserthiere mancherlei Art, welche beständig unter dem
Wasser eine genügende Wärme und hinreichende Nahrung finden. Alles
Ueberwintern gründet sich bei den Thieren, wie bei den Gewächsen, blosz
auf Noth ; daher kommt es, dasz sie nie überwintern, wenn wir sie in ein
wärmeres Klima oder auch nur in unsere warmen Häuser bringen und sie
mit gehöriger Nahrung versorgen.
Das Ueberwintern selbst besteht darin, dasz sie im Herbst bei der
eintretenden kalten Witterung in ihre Löcher und Höhlen kriechen, wo
sie den ganzen Winter hindurch ohne Nahrung, ohne Bewegung und bei-
nahe ohne Umlauf der Säfte liegen bleiben. Ganz kann indessen der Um-
lauf des Blutes nicht aufhören, sonst wäre der Tod unvermeidlich, allein
es wälzt sich nur in den weitesten Kanälen langsam und schleichend fort.
Aus dieser auszerordentlichen Langsamkeit des Umlaufes folgt die Kälte
oder Erstarrung, welche wir bei allen überwinternden Thieren antreffen,
und hieraus wieder das gänzliche Aufhören der Ausdünstung. Sie ver-
lieren deswegen auch in dieser langen Zeit äuszerst wenig und bedürfen
daher auch keines Ersatzes oder keiner Nahrung; indessen finden wir
doch, dasz sie stets feist und stark im Herbst ihr Winterlager antreten
und im Frühjahr mager und elend wieder zum Vorschein kommen. Einige
der gröszeren Thierarten saugen aus Theilen ihres Körpers eine fettähn-
liche Feuchtigkeit, um, wie es scheint, die Theile des Schlundes und der
Luftröhre biegsam und weich zu erhalten. So saugt der Bär an seinen
Tatzen, weswegen er auch an allen Füszen lahm aus seinem Winterlager
hervorkommt. Die kleineren Thiere, wie die Schlangen, die Eidechsen und
die mancherlei Insecten, scheinen nicht dergleichen Vorräthe zu haben
und dennoch zu überwintern.
Andere Thierarten, die sich, wie die Fledermäuse, zwar nicht völlig
im Freien, aber doch gegen die Kälte unbedeckt, in den Felsenritzen, den
Schornsteinen u. s. w. zum Ueberwintern aufhängen, scheinen gänzlich zu
erstarren. Bei ihnen hört aller Umlauf der Säfte auf, und sie scheinen
einen harten Eisklumpen zu bilden. Sie haben gar keine Bewegung, kein
Saugen an irgend einem Theile.
Einige Thiere gehen noch weiter und senken sich, um zu über-
wintern, zwischen Rohr und Schilf unter das Wasser. So finden wir die
Frösche im Sommer auf Feldern und Wiesen herumhüpfend, im Herbst
aber senken sie sich in Pfützen und Wassergräben, und im Frühjahr
kommen sie aus diesem nassen Elemente wieder zum Vorschein und
geben durch ihr Quaken eines der ersten Zeichen des kommenden
Frühlings.
79. Der Eisbär.
Der Eisbär zeichnet sich vor allen anderen Baren, die ein nördliches
Klima bewohnen, dadurch aus, daß er keinerlei Winterschlaf genießt. Alle
anderen schweifen nur während des Sommers umher, graben sich vor dem
Eintritt des Winters eine Höhle in den Boden oder benutzen günstig ge-
433
daher zu wehen, wohin die Erdoberfläche saust, das heißt also von Osten,
und je näher ste dem Aequator kommt, desto mehr muß diese östliche Rich-
tung fühlbar werden. Der Wind, der vom Pole als Nordwind kam, ist
in unseren Gegenden Nordost, am Aequator völlig Ost, und nach demselben
Gesetze muß der in oberen Luftschichten nach Norden gehende Luftstrom
umgekehrt immer westlicher werden, je weiter er sich vom Aequator entfernt.
Da dasselbe Gesetz in der südlichen Erdhälfte gilt, so ist die Erde beständig
von regelmäßigen Winden umzogen, welche den Ausgleich der Erwärmung
übernehmen und nur durch die Umrisse der Länder und die hohen Berg-
ketten etwas verändert werden. Und doch wehen diese regelmäßigen Winde
nicht bei uns!
Nein! die gemäßigte Zone ist dadurch ausgezeichnet, daß oftmals
der warme obere und westliche Wind herunterstürzt und unsere Luft plötz-
lich erwärmt, und daß bald daraus der kalte, schwere, untere östliche Wind
sein Regiment wieder gewinnt, daher ein beständiger Wechsel des Wetters
stattfindet und zu jeder Jahreszeit eintreten kann.
Den kalten Ostwind, weil er schwer ist, verkündet das Barometer
durch Steigen, den warmen Westwind, weil er leicht ist, verräth es durch
Fallen, und so wird es zum Vorboten des Wetters. Denn der Ostwind
bringt kalte, harte und heitere, der Westwind, welcher sich über den süd-
lichen Meeren mit Feuchtigkeit sättigte, warme, weiche und wässerige Luft
herbei, aus welcher je nach den Jahreszeiten Regen oder Schnee herabfällt,
immer am stärksten und oft mit heftigen Gewittern dann, wenn sich der
kalte und der warme Strom gerade begegnen, weil die Abkühlung der
warmen, mit Wasser gesättigten Luft eine gewaltsame Ausscheidung des
Wassers in Tropfengestalt bewirkt.
So ist der Wind der eigentliche Wettermacher; er duldet nicht, daß
wir in der Wärme oder Kälte leben, welche unsere Lage zwischen Pol und
Aequator durch das Maß des Sonnenscheins mit sich bringt, sondern er
führt uns das Wetter zu, das am Pol und am Aequator für uns gebraut
wurde, und bedingt so den unendlichen Reichthum der Erscheinungen, welcher
mit jedem Morgen von neuem die Frage nach dem Wetter veranlaßt.
133. Die Quellen.
Der größte Theil des atmosphärischen Wassers schlägt sich auf An-
höhen und Bergen nieder, weil die wärmere Luft der Thäler, der sumpfigen
Ebenen und der Seen sich bei dem Aufsteigen an den Bergen abkühlt, und
weil die Wolken sich um die hohen Punkte mehr zusammenziehen.
Das auf Bergen gesammelte Wasser rinnt theils an ihrer Oberfläche
herab und bildet Bäche, theils senkt es sich in die kleinen Klüfte derselben
und zieht sich hier in die Tiefe. Am deutlichsten sieht man diesen ersten
Ursprung der Quellen in den Bergwerken. Die Berge sind im Innern
nach allen Richtungen zerklüftet, und in geringer Tiefe unter Tage träufelt
das Wasser aus diesen kleinen Klüften an allen Punkten hervor; allent-
Vaterländisches Lesebuch. 28
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456
nehmen dem Menschen das Mühsamere und Materiellere der Arbeit ab.
Unter der Hand des Künstlers wird der Fels ein prächtiges Gebäude, der
Marmorblock eine Bildsäule, einige Farben ein Gemälde. Aber der Mensch
giebt nicht nur einzelnen Gegenständen eines Naturreichs eine andere Ge-
stalt, er wirkt auf eine ganze Landschaft, ja auf die ganze Oberfläche seines
Planeten. Er baut auf Ebenen und im Gebirge eine unzählbare Menge
von Städten, Tempeln und Palästen, Festungen, Dörfern, Weilern. Er
haut die Wälder aus, welche eine Gegend bedecken, verbessert durch den
Anbau ein Klima, welches ungesund war, oder vermindert seine zu große
Kälte; er verwandelt Sümpfe in fruchtbare Ebenen, verheerende Ströme
werden eingedämmt, Strecken, welche das Meer bedeckte, werden der Wvhn-
platz eines zahlreichen Volkes. An einer Küste ohne Zufluchtsort entstehen
Häsen, kühne Straßen führen über hohe Bergketten, welche man für un-
übersteiglich hielt, und die nun aufhören, absondernde Mauern zu sein;
künstliche Wasserstraßen verbinden benachbarte Ströme oder entgegengesetzte
Meere. Schiffe, von Rudern, Winden und Strömungen oder von Dampf
bewegt, durchschneiden in allen Richtungen den Ocean, welcher jetzt die
Nationen nähert und verbindet, die er während einer Reihe von Jahr-
hunderten abgesondert hatte. Ein unermeßlicher Austausch von Pflanzen
und Thieren geht in allen Theilen eines Continents, zwischen demmorgen-
und Abendlande, der Alten und Neuen Welt vor sich, und mehrere Gegenden,
deren ursprüngliche Erzeugnisse andern gewichen sind, haben ein neues Aus-
sehen erhalten. Endlich haben sich alle ursprünglichen Entfernungsver-
hältnisse sowohl durch die Vervollkommnung der Schiffahrt als durch die
Erfindung der Dampfmaschinen verändert: ein Weg, zu welchem der
Mensch zu Fuß oder in einem einfachen Boote mehrere Wochen brauchen
würde, wird nun in einigen Tagen zurückgelegt. Von Hamburg gelangt
man durch den Canal und um das Vorgebirge der guten Hoffnung herum
schneller nach Kanton, als durch Rußland und Mittelasien; die Neue Welt
ist Europa's naher Nachbar geworden, und der Handel zu Land und zu
Wasser bewirkt zwischen allen Völkern leichte und schnelle materielle und
moralische Verbindungen, welche diejenige, die das Christenthum zwischen
allen Gliedern der großen Menschenfamilie zu erzielen strebt, vorbereiten.
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460
Nerthus, die Mutter Erde, welche sie alle ernährte, und glaubten, daß sie sich der
menschlichen Angelegenheiten annehme und unter den Völkern ihren Umzug halte.
Auf einer Insel des Meeres stand ein heiliger Hain und in ihm ein mit Decken
verhüllter Wagen, den allein der Priester berühren durfte. Doch wenn dieser
verkündigte, die Göttin sei herabgestiegen auf ihren Wagen, bespannte er ihn mit
geweihten Kühen und geleitete ihn mit tiefster Ehrfurcht. Dann gab es frohe
Tage, und festlich geschmückt waren alle Orte, welche die Göttin ihrer Einkehr
würdigte. Dann zogen die Bewohner in keinen Krieg, ergriffen keine Waffen;
verschlossen war alles Eisen, und man kannte nur Ruhe und Frieden. War aber
die Göttin des Umgangs mit den sterblichen Menschen müde, so führte sie der
Priester in den heiligen Hain zurück. Alsbald wurde der Wagen, die Decken, ja,
wenn man es glauben darf, die Gottheit selbst in einem geheimnißvollen See ge-
badet ; Sklaven verrichteten den Dienst, welche darauf der See verschlang. Auf
Helgoland, der Felseninsel in der Nordsee, lag dagegen das Volksheiligthum der
Sachsen und Friesen. Um den Tempel ihres Gottes weideten heilige Thiere, die
niemand auch nur berühren durfte, und eine Quelle sprudelte hervor, aus der
man nur schweigend schöpfte. Jeder, der die Heiligkeit des Ortes gering achtete
oder irgend etwas daselbst berührte oder verletzte, ward mit einem grausamen
Tode bestraft.
Das Meer war die Heimat unserer heidnischen Vorfahren; schon früh erschei-
nen sie als kundige Seefahrer, und ihr Name war den Küstenbewohnern ein
Schrecken; denn mehrere Jahrhunderte lang plünderten und verheerten sie unter
ihren Seekönigen alle Küsten der westlich gelegenen Länder. Nach Westen über
die See ging auch der Weg ihrer Wanderung, als sich die Gelegenheit ihnen -
darbot. —
In der Mitte des fünften Jahrhunderts nach Christi Geburt waren fast alle
deutschen Stämme in wilder Bewegung; nach einander überschwemmten sie die
Grenzländer des machtlosen römischen Reiches. Nur einen Mann gab es, der
das gesunkene Reich wieder aufrichten konnte, den Vormund des schwachen
Kaisers, Aetius war sein Name. Um Italien vor den wandernden Gothen unter
* ihrem Könige Alarich zu schützen, hatte er auch Britannien von Truppen entblößt.
Von dem Schutz der römischen Legionen verlassen, waren die Bewohner der Insel,
die längst die Führung der Waffen verlernt hatten, eine leichte Beute jedes Fein-
des. Von ihren Nachbarn, den räuberischen Picten und Skoten, wurden sie von
Westen und Norden her bedrängt, und im Osten lag alles Land den Sachsen offen.
Hülflos und verlassen, wandten sie sich (im Jahre 446) an Aetius um Beistand.
„Die Barbaren," meldeten sie ihm, „treiben uns zum Meere, das Meer zurück
zu den Barbaren; wir werden erwürgt oder müssen ertrinken." Von Aetius zu-
rückgewiesen, wandten sie sich um Hülfe an ihre bisherigen Feinde und boten
den sächsischen Häuptlingen, die ihre Küsten plünderten, Land und Sold. Von
nun an trug das Meer viele Jahre lang Scharen auf Scharen von Sachsen nach
dem ihnen wohlbekannten Gestade der großen Insel hinüber. Jahrhunderte
später besangen noch die Nachkommen derselben in) herrlichen Liedern den Zug
und den langen blutigen Kampf ihrer Väter: wie die Urenkel ihres Gottes Wodan,
Hengist und Horsa (Roß), auf den Ruf des britischen Königs Vortigern zuerst auf
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Extrahierte Personennamen: Vortigern
Extrahierte Ortsnamen: Helgoland Nordsee Sachsen Christi Italien Sachsen Sachsen
212
Seine wandernde Hofhaltung in der ungarischen Ebene war die größte,
bunteste und reichste jener Zeit. Häuptlinge und Königskindcr deutscher
und slavischer Stämme bildeten neben den Fürsten der Hunnen und stamm-
verwandten Völker seinen Hofstaat. Unter der Leibwache, die im Ringe
um den schön geschnitzten Zaun seines Hofes lag, dienten Männer aus
fast allen Völkern zwischen Persien und den Pyrenäen; edle Gothenfürsten
neigten ehrfurchtsvoll ihr Haupt vor seinem Befehl; Königskinder aus
Thüringen und fränkischen Landen wurden als Geiseln an seinem Hofe er-
zogen neben Sprößlingen der Wanderstämme an der Wolga und der tar-
tarischen Ebene; unterworfene Völker der Ostsee führten ihm Zobel - und
Otternfelle aus dem Eise des Nordens zu; Gesandte aus Rom und Con-
stantinopel harrten furchtsam am Hofthor, um seine zornigen Befehle ent-
gegenzunehmen oder ihm demüthig kostbare Geschenke zu Füßen zu legen.
Nachdem er zuerst sich gegen Osten gewandt und Griechenland ver-
wüstet hatte, aber durch ein unermeßliches Lösegeld zum Abzüge bewogen
war, zog er im Jahre 451 durch Deutschland nach Gallien (dem heutigen
Frankreich), in dessen südlichem Theile inzwischen die Westgothen nach ge-
waltigen Wanderungen ein geordnetes Reich gegründet hatten. Deutsch- .
land ward auf diesem Durchzuge der Hunnen furchtbar verwüstet, wie ein
Heuschreckenschwarm verheerten sie alles Land. Am Rheine warfen sich
10,000 Burgunder dem Wcltstürmer Attila entgegen, aber vergeblich: in
heldenmüthigcm Kampfe gingen sie ruhmvoll unter. Nun aber vereinigten
sich die Westgothcn und die Römer, um durch gemeinsame Anstrengung die
Bildung des Abendlandes und das Christenthum zu schützen. Der römische
Feldherr A6t ius und der Gothenkönig Th eo d ori ch brachten ein ge-
waltiges Heer zusammen und trafen in den weiten Ebenen von Chalons
an der Marne, wohin Attila sich gezogen hatte, um für seine zahllose
Reiterei Raum zu gewinnen, mit dem Feinde zusammen. Dort sammelten
sich die Völker des Morgenlandes und die Völker des Abendlandes und
standen sich gegenüber in heißer Erwartung des Kampfes, der das Schicksal
Europa's entscheiden sollte. Attila hatte die Nebermacht der Masse, der
Einheit und der Fcldherrngabe; aber auf der Seite der Abendländer stritt
die Begeisterung für alles Große der alten Welt, für das Christenthum,
für die Freiheit und den eigenen Herd, Deutsche aber fochten auf beiden
Seiten, ja der Kern aller deutschen Völker stand hier feindlich gespalten sich
gegenüber, und welches Heer den Sieg gewann, die Deutschen wurden
immer geschlagen. Das mörderische Schlachten begann; mit der höchsten
Erbitterung kämpften beide Heere. Der tapfere Theodorich kam ums
Leben, aber sein Sohn Thorismund nahm blutige Rache. Die West-
gothen entschieden die Schlacht. Nachdem schon gegen 200,000 Menschen
gefallen waren, wich Attila zurück, und das Abendland war gerettet. Attila
hatte schon einen großen Scheiterhaufen von Pferdcsätteln errichten lassen,
um sich darauf zu verbrennen, wenn er verfolgt worden und unterlegen
wäre. Aber er entkam. Thorismund ward auf den noch blutigen Schild
erhoben, und unter dem Jauchzen der Sieger zum Könige der Westgothen
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Extrahierte Personennamen: Zobel Attila Attila Attila Attila Attila
Extrahierte Ortsnamen: Persien Rom Griechenland Deutschland Gallien Frankreich Rheine
418
Mais 80 —100, ja in der heißen Zone 3 — 400fältige, der Reis
loofältige Frucht. Jedoch ist der Ertrag dieser beiden Kornarten ver-
änderlicher als bei jenen; wenn Dürre eintritt, so mißräth der Mais,
und bleibt die Regenzeit aus, so kann der Reis nicht gedeihen. Deshalb
ist häufig in Indien und China große Hungersnoth, da die Ernährung
in diesen Gegenden vorzugsweise auf Reis beruht.
Der P i sa n g oder die Banane bringt auf gleichem Boden 133 mal
soviel Nahrungsstoff als der Weizen hervor. Deshalb ist ein kleiner Garten
bei der Hütte des Bewohners hinreichend, eine Familie zu ernähren. Inner-
halb eines Jahres, nachdem er gepflanzt ist, trägt er reife Frucht; werden
alsdann die Stengel abgeschnitten, so kommen neue hervor, welche nach
3 Monaten tragen.
Ein Coeosbaum giebt nach einer Mittelzahl jährlich 30 Nüsse, was
Aber noch leichter ist die Beschaffung des Brotes auf den östlichen
Inseln im asiatischen Archipelagus, wo der Sago wild im Walde wächst.
Wenn die Bewohner, ein Loch in den Stamm bohrend, sich überzeugt haben,
daß das Mark reif ist, so wird der Stamm umgeschlagen und in Stücke
getheilt, das Mark wird herausgekratzt, mit Wasser gemischt und geseihet, es
ist dann völlig brauchbares Sagomehl. . Ein Baum giebt gewöhnlich 300,
zuweilen 5—600 Pfund. Man geht alfo dort in den Wald und fällt
sich sein Brot, wie man bei uns sein Brennholz schlägt.
Jedoch scheint die Leichtigkeit, sich sein Brot zu erwerben, beinahe in
ein bedeutender Ertrag ist, wenn
man auf die Größe der Nüsse und
den Reichthum an Mehlstoff Rück-
sicht nimmt. Der Brotfruchtbaum
giebt während 8—9 Monaten des
übrigen Zeit speist man das Brot,
aus teigförmig zubereiteten Brot-
früchten gebacken; man nimmt an,
daß 3 Bäume hinreichend sind,
einen Menschen zu ernähren. Cook
äußert sich deshalb so: „Wenn ein
Bewohner der Südsee während
seines Lebens zehn Brotfrucht-
bäume gepflanzt hat, so hat er
die Pflicht gegen seine Familie
ebenso gut erfüllt, wie ein Bauer
bei uns, wenn derselbe jedes Jahr
jjfillggiy gepflügt und gcsäet, geerntet und
jgggpp’ gedroschen hat, ja, er hat in den
Sfsst-y Bäumen auch noch über seinen Tod
hinaus seinen Kindern ein Kapital
hinterlassen."
TM Hauptwörter (50): [T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
211
Ulphilas übersetzte schon die Bibel in's Deutsche. Du brachen aber um
375 aus den Steppen Asiens die ursprünglich in der Mongolei heimischen
Hunnen hervor, ein Wildeshirtenvolk, das nur in Zelten zu wohnen
pflegte und von Ort zu Ort wanderte, um Weide für sein Vieh zu suchen.
Die Hunnen waren widerwärtig von Gestalt: klein, sehr breitschulterig,
kräftig an den Armen, dagegen waren ihre Beine, weil sie fast unablässig
aus ihren kleinen Pferden saßen, krumm und schwach. Sie hatten eine
gelbe Gesichtsfarbe und sehr dünnen Bart; die Augen waren klein und
schräggeschlitzt , die Nase breitgedrückt, die Lippen dick und aufgeworfen, die
Ohren abstehend, der Hals kurz und fleischig. Sie nährten sich von Wurzeln
der Steppen und halbröhem Fleisch, Milch gaben ihnen ihre Herden im
Ueberfluß. Ihre Art zu kämpfen war wild und regellos; mit furchtbarem
Geschrei überfielen sie den Feind, stoben aber sogleich wieder aus einander,
um im nächsten Augenblick sich dahin zu werfen, wo sie eine Blöße be-
merkten. Ihre abschreckende Häßlichkeit, ihre ungeheure Menge und die
Geschicklichkeit, womit sie ihre kleinen Pferde zu tummeln und Pfeil und
Bogen zu handhaben wußten, flößte den tapferen Gothen, die vorzugsweise
mit dem Schwerte und zu Fuß kämpften, Furcht und Grauen ein. Diese
vermochten daher ihnen nicht Stand zu halten und warfen sich ihrerseits
auf das immer mehr wankende römische Reich; die Hunnen aber ließen
es sich einstweilen in den von ihnen verlassenen Wohnsitzen am Schwarzen
Meer und in Südrußland gefallen. Solange sie nur in vereinzelten
Horden umherschweiften, waren sie für Europa nicht gefährlich; furchtbar
aber wurden sie wieder, als der gewaltige Attila oder Etzel sie alle zu
einem Reiche vereinigte und weiter nach Westen vordrang.
Dieser merkwürdige Mann, den die Römer mit Grauen die Gottes-
geißel nannten, weil er gesandt zu sein schien, um das ganze Abendland
zu züchtigen, stand in der ganzen Häßlichkeit seines Stammes dennoch als
Gebieter unter den hochgewachsenen Kriegsfürsten der Deutschen. Seine
Haltung war stolz und vornehm, aus seinem scharf umherspähenden Auge
leuchtete ein verschlagener Geist, sein starker Wille machte manchen kühnen
Hilden erbeben. In dem heutigen Ungarn hielt er bald hier, bald da in
hölzernen Hütten sein Hoflager; seine Umgebung führte von der reichen
Beute, welche die Hunnen allenthalben machten, ein schwelgerisches Leben,
aber er selbst war in Tracht und in täglichem Genusse von alterthümlicher
Einfachheit. Wenn er Gäste empfing, ließ er diesen leckere Gerichte auf
silbernen Scheiben vorlegen, und sie tranken aus goldenen und silbernen
Bechern; er selbst aber aß von seiner hölzernen Tafel nichts als Fleisch,
und sein Trinkgefäß war von Holz. Gewöhnlich thronte er in erhabener
Abgeschlossenheit, nur wenigen Vertrauten war es erlaubt, ihn anzureden;
sein Volk aber, das er von Sieg zu Sieg und von Raub zu Raub führte,
verehrte ihn fast abgöttisch. Ueber seinen Getreuen waltete er gnadenvoll;
höflich, freigiebig, gastfrei, verstand er immer auf's neue sie an sich zu fesseln.
Eine halbe Million Krieger folgte seinem Ruf. Als Feldherr aber und
Staatsmann war er rücksichtslos und kannte kein Erbarmen.
14 *
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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Extrahierte Personennamen: Attila
Extrahierte Ortsnamen: Asiens Mongolei Schwerte Südrußland Europa Ungarn
213
ausgerufen. Aber die, welche das Unglück verbunden, trennte das Glück.
Aötius, auf seinen Ruhm und auf seine Macht eifersüchtig, schied sich von
Thorismund und bewog diesen, in sein Land zurückzugehen. Zur Ent-
schädigung für die Beute, die Astius sich vorweg genommen, erhielt Tho-
rismund eine fünf Centner schwere Schüssel von Gold, mit den köstlichsten
Edelsteinen besetzt, die man für die Tafel des berühmten von den Römern
aus dem Tempel zu Jerusalem geraubten salomonischen Tisches gehalten hat.
Im Jahre 452 zog Attila über die Alpen nach Italien. Honoria,
des römischen Kaisers Schwester, soll sich ihm zur Gemahlin angeboten
und ihn eingeladen haben, nach Rom zu kommen. Sie schmachtete des-
halb zu Rom im Gefängnisse. Drei Monate lang hielt Aquileja die
, Hunnen auf; endlich eroberten sie die Stadt und zerstörten sie gänzlich.
Damals flohen viele Römer auf die kleinen sumpfigen Inseln des Adria-
tischen Meeres und legten daselbst den ersten Grund der Stadt Venedig.
Attila zog gegen Rom. Schon war man auf den Untergang bereitet, als
plötzlich Rettung vom Himmel kam. Leo, Bischof von Rom, ein gottbe-
geisterter Greis, zog an der Spitze der römischen Geistlichkeit, in priester-
lichem Schmuck und mit feierlichem Gesänge, einer Taube des Friedens
oder einem gottgcsandten Engel gleich, den wilden mordbegierigen und
bluttriefenden Hunnen entgegen. Niemand wagte, die frommen Priester
anzutasten. Sie kamen ungehindert vor Attila selbst, und dieser ward
Durch den Anblick und die Worte Leo's bewogen, Rom zu verschonen und
sogleich den Rückweg einzuschlagen. Die innere geistige Gewalt, womit
die Erscheinung des heiligen Greises auf den Helden wirkte, ist in der
Sage dergestalt bezeichnet worden, daß Attila über dem Haupte des Greises
einen ungeheuren Riesen gesehen, der ihn drohend zurückgeschreckt habe.
Auf dem Rückwege aus Italien starb Attila plötzlich. Er wurde
mit großer Feierlichkeit zur Erde bestattet. Sein ganzes Heer ritt um
seine Leiche. Sie ward in einen goldenen Sarg gelegt, der wieder in einen
silbernen und dieser in einen ehernen. Alle, die an seinem Grabe ge-
arbeitet hatten, wurden umgebracht, damit niemand es entdecken könne.
3. Bonisacius, der Apostel der Deutschen.
Die Gothen und andere deutsche Stämme, welche durch ihre
Wanderungen frühzeitig mit den Römern in Berührung kamen, waren
dadurch bald zum Christenthum bekehrt worden, aber die Bewohner des
eigentlichen Deutschlands verharrten noch im achten Jahrhundert bei ihrem
heidnischen Glauben. Freilich war Chlodwig, der König der am Nieder-
rhein wohnenden Franken, schon ihm Jahre 496 mit vielen Stammgcnossen
getauft worden, und er und seine christlichen Nachfolger hatten, namentlich
durch die Tapferkeit Karl Martell's, sich nicht nur das ganze Gallien,
sondern auch die meisten deutschen Völker unterworfen, aber um die Aus-
breitung des Christenthums hatten sie sich nicht gekümmert, und so war
der von Columbanus, Gallus und anderen frommen Mönchen in
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Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Italien Rom Venedig Rom Rom Rom Rückweg Italien Deutschlands Gallien Gallus
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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In Ungarn, wo vor Zeiten die Hunnen*) gehaust, hatte sich seit kurzer Zeit ein rohes, kriegerisches Volk, die Ungarn oder Magyaren, niedergelassen, welches vermutlich vom Kaukasus hergezogen war. Im höchsten Grade raubsüchtig, war es mit seinen neuen Wohnsitzen nicht zufrieden, sondern machte unaufhörliche Einfälle in Deutschland, Italien, Frankreich und Griechenland, führte unermeßliche Beute und Gefangene, besonders Weiber und Kinder, mit sich fort und beging die abscheulichsten Grausamkeiten. Und was diese Leute besonders gefährlich machte, war, daß man ihnen so schwer beikommen konnte; denn fast alle Jahre erschienen sie in einer andern Gegend. Schnell waren sie da, und ehe man Kriegsleute gegen sie zusammengezogen hatte, waren sie auf ihren kleinen, raschen Pferden auch schon wieder mit der gemachten Beute und den Gefangenen weiter gezogen. Sie waren eine große Landplage für unser Vaterland. Wie mancher Teutsche mußte es mit, ansehen, wie sie sein Weib und seine Kinder ihm unter vielen Schlägen wegführten, ohne die Hoffnung zu haben, sie je wieder zu sehen!
Auch unter Heinrich machten die Ungarn Einfälle in Sachsen, verheerten das ganze Land, verbrannten die offenen Städte, ermordeten viele Menschen und trieben andern greulichen Unfug, und Heinrich, der sonst so tapfer war, konnte nicht einmal sein eigenes Land gegen sie schützen. Als sie aber im Jahre 924 wiederum in Sachsen einfielen, gelang es seinen Mannen, einen ungarischen Häuptling gefangen zu nehmen. Die Ungarn boten für feine Freilassung ein bohes Lösegeld: aber Heinrich machte ihnen einen andern Vorschlag. Er wollte sich verpflichten, ihnen einen jährlichen Tribut zu zahlen, wenn sie nicht wieder in fein Land einfielen. Die Ungarn waren es zufrieden, und es wurde ein neunjähriger Waffenstillstand abgeschlossen.
Diese neun Jahre benutzte Heinrich fleißig, um sich für den notwendig darauf folgenden Entscheidungskampf vorzubereiten. Weil
*) Die Hunnen waren bald nach Attilas Zeit von den Gepiden nach Asien zurückgetrieben worden.
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Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Ungarn Deutschland Italien Frankreich Griechenland Ungarn Sachsen Sachsen Attilas Asien