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314 Neue Geschichte.
Nigerstromes (1829) hat der Mission den Weg ins Innere gebahnt, wo lauter Negermissionare wirken, seit 1864 unter einem schwarzen Bischof Crowther. Alle diese Missionen sind um so achtungswerther, je mehr das gefährliche Klima jährlich neue Opfer fordert.
In dieser Beziehung geht es besser in Südafrika. Hier machte die Brüdergemeine mit ihrem Gnadenthal den Anfang; ihr folgte Dr. van der Kemp mit seinem Bethelsdorp; und allmählich sind nach allen Richtungen auf den ungeheuren Steppen, unter Hottentotten, Na-maqua's, Buschmännern, Koranna's, Betschuauen, Kassern bis zu beit Zulu und Matebelen zahlreiche Dorfschasten gebildet worden, die sich mit benen in christlichen Länberu nicht immer zu ihrem Nachtheil vergleichen lassen. — Die Insel Madagaskar ist nach sechszehnjähriger Predigt des Evangeliums von einer Verfolgung durch ihre Königin heimgesucht worden (s. 1837), die in der neue» Kirchengeschichte einzig dasteht. Tausende von Jüngern ließen sich spießen, verbrennen, verkaufen und quälen, ohne ihrem Bekenntniß untreu zu werben. Als 1861 Königin Ranawalo I. starb, hatte sich die Zahl der Christen auf 7000 vermehrt; Ranawalo Ii. ließ sich 1869 laufen und schaffte den Götzenbienst ab. Ihre Hauptstabt Antananarivo kann eine Christen-stabt heißen, wenn man aufs äußere Bekenntniß mehr sieht als auf die umbilbenbe Macht des Evangeliums. Denn Sklaverei, Lüge und Unsittlichkeit werben natürlich in einem Volke nicht binnen eines Menschenalters ansgewnrzelt.
Das ganze Ostafrika ist eigentlich erst durch Davib Livingstone entdeckt worden, der es hauptsächlich darum durchzog, um den schauerlichen Sklavenhandel an's Licht zu ziehen und der christlichen Mission neue Wege zu öffnen. Ihm ist 1873 ein großartiges Leichenbegängnis zu Theil geworden: feine christlichen Schwarzen trugen die Leiche ans dem Innern an die Küste und England bestattete sie unter seinen großen Männern in der Westminsterabtei. Denkmale aber werben ihm gesetzt in kostspieligen Missionen an den Njassa-, Tanganjika-, Njanza- Seen. Nach Living-
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Extrahierte Personennamen: Kemp Davib_Livingstone
Extrahierte Ortsnamen: Südafrika Madagaskar Antananarivo Ostafrika England Westminsterabtei Njassa-
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§ 29. Kunst im 19. Jahrhundert. 295
Ende stiegen sie zu dem Quell der ächten Volkspoesie hinab, der im Mittelalter sprudelt (Ii, S. 333 ff.), tranken selbst begierig daraus und boten solch frischen duftigen Trank ihren Zeitgenossen in Ueberarbeitungen der Minnesänger, schufen dann aber auch im Geiste derselben eigene Dichterwerke. Daß sie dabei auch in den mittelalterlichen Katholicismus hineingeriethen, ist bedauerlich, aber begreiflich; Fr. Schlegel wurde ein völliger Neukatholik und zog anderere Konvertiten nach sich. Doch reifte die Romantik neben manchem leichten auch gute Früchte. Sie erweiterte die von Herder eröffnete Bekanntschaft mit den alten Schätzen unseres Volkes in Sang und Sage und rückte vielen der Gebildeten das Christenthum wieder näher.
Der Chorführer der Romantiker heißt Ludwig Tieck, geb. 1773 zu Berlin, f 1853 ebendaselbst. Er hatte einen nicht nur das Gegebene selbständig verarbeitenden, sondern auch in hohem Maße schöpferischen Geist und dazu eine reiche Phantasie, mit der er seine Erzeugnisse prächtig schmückt. Wir haben von ihm außer vielen Liedern eine große Anzahl von Novellen, Romanen und Sagen. Zu feinen Besten gehören die im Phantasus und soust bearbeiteten Sagen, wie das allerliebste „Rothkäpp-chen." — Hauptleute unter den Romantikern sind die Gebrüder Schlegel, geborene Hannoveraner, Aug. Wilh. v. Schlegel, 1767—1845, von welchem wir den „Arion" haben, und Friedrich v. Schlegel, f 1829. Am hervorragendsten sind aber beide Brüder als Kritiker: mit den schärfsten Waffen giengen sie gegen „das Seichte, Platte und Geistlose" in der deutscheu Literatur los. Fremdes nachzuempfinden und zu übersetzen (wie den Shakespeare) gelang namentlich dem Aelteren in bisher unerhörter Weise. — Weiter haben Achim von Arnim und Clemens Brentano uns zu Dank verpflichtet, indem sie uns in „des Knaben Wunderhorn" die schönsten Volkslieder sammelten. Besonders müssen wir hier noch der emsigen Brüder Jakob (1785—1863) und Wilhelm (f 1859) Grimm erwähnen, welche die deutsche Sprach- und Al-
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298 Ii. Die Zeit neuer Staatenbildungen.
Vaterlandsdichter mit geharnischten Sonetten, und entwickelte nach und nach bei einem Reichthum origineller Gedanken „die reichste Fülle der Formen." Ganz leicht bewegt er sich in deu strengen altnordischen Weisen, in den zarten morgenländischen Ghaselen und Slokas, in den kunstvollen italienischen Versarten zc. Er ist überall in der Welt daheim, wie Herder, und im Morgenlande heimischer als dieser. Mit Vorliebe verweilt er auf Arabischen, Persischen und Indischen Gefilden, pflückt dort die schönsten Blumen der Poesie und bietet sie seinen Landsleuten in meisterhaften, Originaldichtungen gleichen Ueberarbei-tungen. Wie sehr er sich aber auch in Fremdländisches hinein begibt, er bleibt doch immer deutscher Zucht getreu. Er gab „Deutsche Gedichte" und „Oestliche Rosen" heraus. Vou seinen größeren Werken nenne ich nur: „Die Ma-famen des Hariri," eines arabischen Dichters, und „Nal und Damajanti," eine indische Erzählung. Ueber Rückerts Reimgewandtheit erstaunt man. — August Graf von Platen, 1796—1835 erreicht zwar an Geistes- und Phantasiefülle die Höchsten nicht, übertrifft aber alle an Reinheit der Form und Vollendling der Sprache. Von feinen Liebern ist eines der schönsten: „Das Grab im Bu-sento," von seinen großem Werken das vorzüglichste „die verhängnißvolle Gabel," ein satyrisches Drama. Schabe, daß der Mann selbst gar hohe Gebauten von seiner Poesie hatte und feine Eitelkeit leicht verletzt, fein Gemüth verbittert würde. — Ferb. Freiligratlj 1810—1876 ist gleichfalls ein Meister der Form, ungemein farbenreich auch in seinen Übertragungen, gtühenb bis zum Uebermaß im Schwärmen für politische Freiheit. „O lieb, so lang bu lieben kannst" ist eine Perle unserer Poesie.
Die zwei besten lebenben Poeten siitb wohl: Ernan. Ge ibel geb. 1815 in Lübeck, welcher uns eine Reihe tiefsinniger, lebensfrischer, rein- und wohltönenber „Ge-bichte" gefpenbet, (er wünschte 1868 unserem Wilhelm I., „daß noch bereinst bein Aug’ es sieht, wie über’s Reich ununterbrochen vom Fels zum Meer bei» Abler zieht,"
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§ 29. Kunst im 19. Jahrhundert. 301
Stowe, die durch ihre „Onkel Toms Hütte" 1852 eine halbe Welt auf die Leiden der Negersklaven aufmerksam machte. — Auf Cuba wurde 1844 der Mulatte Valdes Placido erschossen, als Märtyrer für die den Farbigen vorenthaltenen Menschenrechte. Seine (spanischen) Gedichte sind zwar verboten, wirken aber fort unter seinen Freunden (S. 229). So haben auch die Argentiner an Hilario Askasubi einen Dichter, der das Gaucholeben verewigt, ehe es von der Erde verschwindet.
Ueberhaupt aber läßt sich sagen, daß die Dichtkunst mehr als je sich mit nationaler Begeisterung vermählte, und ihre Erzeugnisse mit dazu dienten, die Liebe zum Vaterland neuzubeleben. So haben Es. Teg n er (-s-1846), der patriotische Finne Runeberg (f 1877) und der Geschichtschreiber Geijer (f 1847) unter den Schweden, der gelehrte Grundtvig, 1783—1872, unter den Dänen, der originelle Norweger Ibsen :c. das ernste altnordische Leben im Liede wieder erweckt. Andere Dänen wie Baggesen (f 1826), Oehlenschläger (f 1850), und der Märchendichter Andersen sangen sowohl den Deutschen als ihren Landsleuten. — Die Italiener be« wegte der affektvolle Tragiker Alfieri (f 1803) und bereitete sie auf die Freiheit vor, wie später Manzoni (t 1873). Einem Beranger ähnlich wirkten Ginsti's (t 1850) Spottlieder; der ideale Dichter der Revolution aber ist Aleardo Aleardi. Ebenso freiheitslustig dichteten die Griechen Rigas (S. 31), Sutsos und Ranga-wis. — In Ungarn ward Petöfy, geb. 1823, als der Sohn eines armen Metzgers und Trunkenbolds, aus einem desertirten Soldaten und herumstreifenden Komödianten der naturtreuste Dichter der Magyaren. Er verschwand 1849 im Getümmel der Schlacht von Schäßberg, aber seine Lieder leben fort im Munde seines Volkes. Unter den Edelleuten steht ihm am nächsten der (1871 f) Minister Eötvös; beliebtester Erzähler ist Maurus Iokay.
Auch die Slaven haben sich namhafter Dichter erfreut. Adam Mickiewicz 1798—1855 wurde aus einem armen
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302 Ii. Die Zeit neuer Staatenbildungen
litauischen Bauerknaben einer der vielseitigsten Poeten aller Zeiten, der eigentlich erst eine polnische Metrik schuf, gar beweglich in allerlei Tönen um die verlorene Heimat klagte und deren Helden verherrlichte, am Ende aber des Vaterlands Rettung in einem katholischen Panslavismns suchte. _ Zum klassischen Dichter Serbiens wuchs Milu-tiuowitsch heran, geb. 1791, eines bosnischen Krämers Sohn, der die Freiheitskämpfe seines Volkes in seiner Serbianka feierte; Tragödien dichtete Ban. Der gelehrteste Slavist unserer Zeit aber ist eines armen Steiermärkers Sohn, Miklositsch, geb. 1813. — Rußland hatte die ersten wirklich vaterländischen Sänger im Grafen Puschkin, 1799 — 1837, und in Mich. Lermontoff, f 1841, welche beide im Leben und Dichten mit einem Lord Byron wetteiferten und in Duellen starben. Gogol und Tu r gen je ff malen uns in ihren Erzählungen auf's getreuste die russische Gesellschaft der Gegenwart. Eigenartig singt der Kleinrusse T. Scheftschenko, 1814-61, ein Leibeigener mit traurigem Geschick. Andere Slaven und Finnen sammeln mit Eifer und Erfolg die alten Volksdichtungen, deren Werth erst unsere Zeit recht erkennt.
Gehen wir zur Musik. Hatte sie auch iu Bach und Mozart bereits ihre Sonnenhöhe erreicht, wie die Dichtkunst in Göthe und Schiller, so gab es doch hier, wie dort, fortan noch große Meister. Besonders sind drei auszuzeichnen. — Karl Maria von Weber, geb. 1786 zu Eutin, t 1826 zu London, „der Romantiker unter den Tondichtern." Seine Tonstücke sind tiefsinnig und schwärmerisch, märchenhaft und zauberisch. Seine Oper „der Freischütz" mit ihren lieblichen und satanischen Melodiken hat ihm Celebrität durch die ganze Welt hin verschafft. Origineller noch ist seine „Pretiosa." — Ludwig von Beethoven, geb. 1770 zu Bonn, f 1827 zu Wien. Ein Mensch voll Laune und Sonderbarkeiten, aber ein wahres Musikgeuie. Er wurde schon mit 28 Jahren harthörig und bald fast taub. Um so reiner und voller vernahm er die Musik in seinem Innern, die er dann zu
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§ 29. Kunst im 19. Jahrhundert. 303
Papier brachte. Es tonte aber so stark in ihm und bei* innere Künstler rang so mächtig nach immer Vollenbeterem, daß der Körper barunter litt; er starb an Entkräftung. Beethovens Musik ist einfach und unergrünblich tief, klar und geheimnißvoll, frei und streng, zart und exfchütternb. Er hat auserlesene Sonaten, dann Quartette, Symphonien ic., auch eine vollenbet schöne Oper „Fibelio" geschrieben. — Felix Menbelssohn-Bartholby, 1809 — 47, ein Enkel des Philosophen (Iii, 414). Wenn auch nicht so genial wie Beethoven, hat er boch soviel geleistet als dieser. Er wenbete sich nach Bachs Vorgang einer höheren Musik zu, und führte mit seinen köstlichen Tonstücken Viele von der Lust an der leichten französisch-italienischen Musik, welche in Deutschland neue Gunst gewonnen hatte, zum Geschmack an der ächten Tonkunst zurück. Bei ihm bient die Kunst toieber dem Göttlichen. Eigenthümlich das Gemüth ergreifenb finb seine „Lieber ohne Worte," geistreich und melobiös feine Oratorien Paulus und Elias. — Mit Beethoven geistig verwanbt ist der Wiener Franz Schubert, 1797—1828, bezan-bernb durch seine Lieber und Sonaten. Eine Zukunftsmusik aber schuf der geniale Rich. Wagner, der Texte und Klänge zugleich bichtete, bafür ein eigenes Theater in Bayreuth erbaute und 1876 hohen Beifall erntete.
Die „bilbenben Künste" erhoben sich zu einer lange nicht gekannten Höhe. So finb in der Bildhauerei drei große Künstler anzuführen, ein Italiener, ein Däne und ein Deutscher. Jener, Antonio Canova (f 1822), erhob sich toieber aus der Zeitmanier zu freierer Gestaltung. Treffliche Werfe von ihm: „Diegruppe des Ikarus und Däbalus" zu Venebig, „Theseus der Centaurenbezwinger" in Wien, „die brei Grazien" zu München. -Bertel Thorwalbsvn, geb. 1770zu Kopenhagen, f 1844. Der größte Bilbhauer der neuern Zeit, welcher sich den altgriechischen Meistern nahestellt. Er schuf den viel-tietounberten „Abonis," der sich in der Glyptothek zu München als eine ihrer größten Zierben befinbet, einen
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64 I. Die Zeit der Konstitutionen.
Ein verbannter Schriftsteller de Potter, der erst gegen die römische Kirche geschrieben, dann sich mit ihr gegen die Regierung verbündet hatte, und sein Freund G ende bien, beriethen zusammen, wie Belgien französisch oder — weil Louis Philipp ablehnte — wie es wenigstens „frei" zu machen sei. Ihre Anschläge machten bekannt: „Montag Feuerwerk, Dienstag Beleuchtung, Mittwoch Revolution!" Am Mittwoch aber, als am Geburtssest des Köuigs, 25. Aug. 1830, wurde im königlichen Theater zu Brüssel thörichter Weise eine ächte Revolutiousoper „die Stumme von Portici" gegeben, deren Kraftstellen das Publikum mit stürmischem Beifall fekondirte. Vor dem Theater rottete sich das Volk zusammen und rief: „Nieder mit van Maanen!" Das war der verhaßte Justizminister, dessen Haus auch sogleich gestürmt und niedergebrannt wurde. Am 26. wurde die brabantische Fahne auf dem Stadthaus aufgezogen und das königliche Wappen überall zerstört. Der Aufstand verbreitete sich rasch über das ganze Land; wenige Festungen ausgenommen entzog es sich der Herrschaft des Königs und erwartete Befehle von den neuen Machthabern in Brüssel. Zum Schutz gegen den Pöbel traten überall Bürgergarden zusammen, welche sich schnell in den Waffen übten.
Wilhelm I., von dem man bis jetzt nur eine Aenderung des Regierungssystems verlangte, wollte sich nichts abtrotzen lassen und sandte zunächst seine Söhne nach Brüssel, den jüngern, Friedrich, daß er Truppen sammle, den Thronfolger, daß er unterhandle. Letzterer überzeugte sich 3. Sept., daß die Verwaltung von Belgien und Holland getrennt werden müßte, wenn Friede sein solle, und eben dafür entschieden sich die Generalstaaten (28. Sept.), die der König indessen nach dem Haag berufen hatte. Die belgischen Abgeordneten hatten übrigens dort einen schweren Stand, da sie von den Holländern als Rebellen behandelt , ja mißhandelt wurden. — Mittlerweile aber waren brotlose Arbeiter, Pariser Revolutionäre rc. in Haufen nach Brüssel gedrungen; diese entwaffneten die
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Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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120 Ii Die Zeit neuer Staatenbildungen.
gehen, rief den freisinnigen General von Boyen in den Staatsrath, den wackern Arndt in seine Professur zurück, und sammelte die besten Männer Deutschlands, die Brüder Grimm, einen Schelling, Tieck, Cornelius, Kaulbach, Mendelssohn n. A. in sein Berlin. Mehr als je sollte Preußen sich mit den Blüthen Deutschlands schmücken, die deutsche Einheit sollte fester begründet, dem deutschen Bunde ein neues Leben eingehaucht werden. Und wahre Frömmigkeit nach Vermögen zu fördern und zu verbreiten, war ein Hauptanliegen des Mannes, der öffentlich ankündigte: Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.
Es herrschte ein hoher Jubel bei den Krönungsfesten in Königsberg und Berlin. Aber beibemal würde der König an die Verheißung seines Vaters, eine allgemeine Landesvertretung einzuführen, erinnert, und er antwortete beuttich genug, daß er nicht gesonnen fei, Reichs-stänbe zu berufen, was eine sichtliche Mißstimmung erregte. Jubessen würden die Proviuzialstänbe in thätigere Wirksamkeit gesetzt, und ihre Ausschüsse bürsten 1842 in Berlin zusammentreten, um über gemeinsame Staatsangelegenheiten zu berathen, was eine Art Abschlagszahlung für den gewünschten Reichstag sein mochte, obschon es die Gemüther nicht befriebigte. — Schon 1843 klagten auch die Proviuzialstänbe, daß der Minister Eichhorn (b. h. der König) die kirchliche Richtung zu sehr begünstige. Die Mehrzahl der politischen Stimmführer aber war den kirchlichen Lehren entfrembet; wanbten sie sich auch nicht dem „jungen Deutschland" zu, das eine französische Ungebnnbenheit prebigte, so boch den Philosophen, die wie Dav. Strauß das Evangelium für Mythen erklärten, wie Bauer nur Lügeu brin fanben, wie Feuerbach jebe Art von Gott leugneten, und den „Licht-freun den," welche ba und dort in den Städten freie Gemeinden gründeten und ihr Vernunftchriftenthum anpriesen. Daß der König mit England ein protestantisches Bisthum in Jerusalem gründete 1841, daß er für den
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Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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§ 4. In der Paulskirche 125
Bürgerwehr; gar viele waren froh, Leben und Eigenthum enblich gegen die Pöbeltyrannei wieber gesichert zu wissen. Die konstituirenbe Versammlung würde nach Branbenburg verlegt, wogegen die Mehrzahl sich entschieben sträubte; sie beschloß, biesem Ministerium die Steuern zu verweigern, ohne daß jemanb baraus geachtet hätte. So löste benn der König die Versammlung 5. Dez. auf und erließ aus eigener Machtvollkommenheit eine freisinnige Verfassung, welche von neuen Kammern burchgesehen nnb berathen, 6. Febr. 50 von Friedrich Wilhelm Iv. beschworen würde. Aus biesem Wege ist er zu einem konstitutionellen Könige geworben; wie manches hätte er sich und seinem Volke ersparen können, wenn er 6 ober 8 Jahre früher bieß „Stück Papier" zwischeneingeschoben hätte!
§ 4. In der Paulskirche. Schleswig-Holstein.
Wie die Februarrevolution über den Rhein herüber* brauste, war es den einen, als seien alle Teufel los, den andern, als regen sich alle Keime des längstersehnten Völkerfrühlings. Alles gerieth außer Raub und Banb. Am erregtesten gieng es in Baden zu, wo seit der Julirevolution französischer Liberalismus obenan war. Schon Sept. 47 hatten Hecker und Struve aus einer Offenburger Versammlung die Pariser Phrasen von Selbstregierung des Volks, allgemeiner Bewaffnung, Garantie der Arbeit seitens des Staats rc. unter die entzünbliche Menge geworfen, währenb benfenbere Abgeorbnete wie Wassermann auf Volksvertretung beim Bunbestage brangen. Jetzt brachten Volksversammlungen, wie in Mannheim 27. Febr., die Volkswünsche in Abressen; diese würden höflich ober brohenb den Fürsten überbracht, und balb war ganz Sübwestbeutschlanb mit „Märzerrungenschaften" überschüttet und von „Märzministern" (b. h. den bisheri-gen Häuptern der liberalen Opposition) regiert.
In Baiern trat auch ein Thronwechsel ein. Der geniale Kunstsrennb und Dichter Ludwig I. hatte 1837 durch seinen Minister Abel den Jesuiten zur Herrschaft
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Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): Mädchen
296 Ii. Die Zeit neuer Staatenbilduiigen.
terthumskunde eigentlich geschaffen und durch eine Sammlung deutscher Volksfagen und Mährchen sich so verdient als beliebt gemacht haben. Die altdeutschen Sagen hat dann K. Sim rock f 1876 für das heutige Geschlecht umgedichtet.
verwandt mit den Romantikern, doch Leute eigener Art sind „die schwäbischen Dichter." Sie sind vorzugsweise Natursänger, aber ächte, keine sentimentalen oder erkünstelt gefühlvollen. Ihr Haupt ist Ludwig Uh land, 1787 —1862, ein Tübinger. Er reicht nahe an die größten Dichter hin. „Er hat der Natur das Sonntagskleid der Freude angethan, das Landschaftsgemälde zum Liede zu vergeisteru gewußt; er zog die Glocken der Kapelle, stellte Hirtenknaben auf Bergesgipfel und legte ihnen selige Lieder in den Mund." Am glänzendsten bewährt sich seine Dichterbegabung in Romanzen und Balladen. Leset von ihm: „Graf Eberhard, der Rauschebart," „Rolands Schildträger" und sein ergreifendes Lied: „des Sängers Fluch." Uhlaud war ein Mann von ächt deutscher Gesinnung und seine Vaterlandsliebe klingt voll aus seiner Harfe. - Diesem persönlich und poetisch befreundet, doch an Dichtergabe unter ihm stehend, sind: Gustav Schwab (1792—1850), ein sinniger Sänger in klassischer Sprache; und Justiuus Kerner (1786— 1862). In letzterem wohnt neben tüchtigem Humor eine wehmüthige Sehnsucht aus dem Gewühle des gemeinen Lebens heraus nach etwas, „dessen Bild seiner Seele in den Blüthen der Erde und in den Sternen des Himmels vorgespiegelt wird." E. Mörike, 1804—1875 ist ein gedankenreicher Lyriker und faßt alles in eine gar zierliche Form. — Ein hochedler Schwabe, aber kein Naturdichter, sondern ein Geistdichter ist noch zu nennen, Albert Knapp, 1796—1864. Er nimmt unter den neueren Dichtern geistlicher Lieder den ersten Platz ein. Nach mnen und oben ziehend sind sein „Morgenstern" (Wenn ich in stiller Frühe rc.), seine „Nähe der Ewigkeit" (Nur eine leichte Hütte rc.) und sein „Eines wünsch ich mir vor allem andern!"
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Uh Ludwig Eberhard Gustav_Schwab Gustav Albert_Knapp