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1. Sagen - S. 15

1912 - Berlin : Oehmigke
15 des Flachsbaues und der Spinneriuneu. Darum hat man auch der hl. Gertrud einen Spinnrocken in die Hand gegeben und gesagt, am 17. März beißen die Mäuse den Faden ab. Da soll das Spinnen aufhören, denn der Frühling beginnt und mit ihm die Arbeit in Feld und Garten. Denkmäler wie dieses werden gar leicht zu Wahrzeichen einer Stadt, und früher, als es noch keine Wanderbücher gab, fragte man sogar die Handwerksburschen danach. Die Kenntnis der Wahrzeichen galt dann als Beweis, daß der Bursch kein Landstreicher war, sondern in der Stadt auch wirklich längere Zeit gelebt und gearbeitet hatte. Darum kannten früher die Leute ihre Heimat und die Wahrzeichen ihrer Stadt, und es wäre schön, wenn das auch heute noch so wäre. Otto Monte (Berliner Sagen und Erinnerungen). 14. Die faale Grete. Im Kastanienwüldchen stehen zwischen der Neuen Wache und dem Zeughause drei Kanonen, die unsere Soldaten den Franzosen in den Freiheitskriegen und 1871 abgenommen haben. Die größte, früher „die schöne Josephine" genannt, statnmt vom Mont Valerien bei Paris. Die Berliner aber nenne:: sie „die faule Grete", meinen, es sei dieselbe Kanone, mit der schon Kur- fürst Friedrich die Quitzowburgen beschoß, und lassen sich das nicht ausreden. Otto Monte (Berliner Sagen und Erinnerungen). 15. Ger Hackesche Markt. Der Hackesche Markt hat seinen Namen nach dem Grasen von Hacke, dem Kommandanten von Berlin, erhalten, den Fried- rich der Große 1751 beauftragte, dort die ersten Häuser zu er- bauen. Denn der Graf wußte da sehr gut Bescheid, weil er dort oft gejagt hatte. Einmal wäre es ihm dabei beinahe schlecht ge- gangen. Er wollte ein Wildschwein auflaufen lassen; doch brach das Fangeisen ab, und das Tier geriet zwischen die Beine des baumlangen Grafen. In seinem Schreck ergriff er den geringelten Schwanz des wilden Schweines und fiel auf den Rücken des Tieres. So unternahm er einen flotten Ritt, bis er endlich in der Nähe des Spandauer Tores herunterfiel. Die Stelle heißt daher noch heute der Hackesche Markt. Otto Monte (Berliner Sagen und Erinnerungen).

2. Sagen - S. 16

1912 - Berlin : Oehmigke
16 16. Der Schweinskopf. Zwischen dem Johannisstift und dem Putlitzstege, an dessen Stelle man jetzt eine Steindrucke baut, liegt ein altersgraues Häuschen; das ist der „Schweinskopf". Da soll vor einigen hundert Jahren über der Tür der Kopf eines Wildschweines zu sehen gewesen sein, und der Wirt der kleinen Schenke, in der heut Familien nach altem Brauch Kaffee kochen, einen Mauer- stein mit der Jahreszahl 1534 besessen haben. Heute erinnert an jene Zeit nur noch ein Bild des Kurfürsten Joachims I. an der Wand des Gastzimmers und die Sage, die ihre schimmernden Fäden um das alte Gemäuer spinnt. Joachim war kein so froher Weidmann wie sein Sohn Joachim Ii.; aber zuweilen triebt doch den Einsamen, den die Gattin des Glaubens wegen verlassen hatte, hinaus in den mär- kischen Kiefernwald, und nicht selten geriet er dabei in Gefahr, so bei Liebenwalde, wo er einen Eber jagte, dem Feuer aus dem Maule schoß, ebenso auch hier beim „Schweinskopf". Da soll ein wütender Eber den Kurfürsten niedergerannt haben. Joachim wäre verloren gewesen, hätte nicht ein Köhler, der in der Nähe den Meiler bediente, seinen Hilferuf gehört. Mit der Schürstange eilte der Brave herbei und erschlug den Eber. Zum Dank er- baute ihm der Kurfürst das Haus und erlaubte ihm, einen kleinen Ausschank einzurichten. Der Köhler aber nagelte zur Erinnerung den Kops des Ebers als Wirtshausschild über der Tür fest, wie die Jäger tun, die an ihrem Hause das Geweih eines Hirsches anbringen. Das geschah genau ein Jahr vor dem Tode des Kurfürsten. Otto Monke (Berliner Sagen und Erinnerungen). 17. Jungfer Lorenz zu Tangermünde. In der Stephanskirche zu Tangermünde hängt ein merk- würdiges Holzschnitzwerk, das bis 1831 in der dortigen Nikolai- kirche aufbewahrt wurde. Dieses Bildwerk stellt einen Hirsch- kopf dar, der zwischen seinem mächtigen Geweih eine weibliche, in ein faltenreiches Gewand gehüllte Gestalt trägt. Die Haltung der Arme läßt darauf schließen, daß die fehlenden Hände zum Gebet gefaltet waren. Die weibliche Gestalt des Bildwerks ist

3. Sagen - S. 85

1912 - Berlin : Oehmigke
85 66. Der rote Hahn im Stechlinsee. Bei Neu-Globsow breitet sich, von Bergen eingefaßt und von Eichen, Buchen und Kiefern umsäumt, der große Stechlin- fee aus. Durch die klare Flut sieht man bis tief auf den Grund. In feinen Tiefen haust ein Ungeheuer, der rote Hahn genannt; der duldet nicht, daß überall gefischt wird. In alter Zeit lebte im Fischerhaus Stechlin ein Fischer Minack, ein gewaltig starker Mann, doch roh und wild. Einstmals wollte er an einer der verrufensten Stellen fischen, weil da viele Muränen waren. Es war stürmisches Wetter. Nur mit Zagen folgten seine Knechte. Das Netz ist ausgeworfen. Sie fahren ans Ufer und winden heraus. Bald gehen die Winden schwerer und stehen dann still. Nun fährt Minack mit seinem Kahn auf den See hinaus, um das Zeug zu lüften; er nimmt das Tau übern Kahn und zieht sich daran weiter. Da droht das immer straffer gewordene Tau den Kahn unter Wasser zu drücken. Der Fischer ruft nach dem Ufer: „Laßt die Winden los!" Aber bei dem Sturm verstehen sie: „Windet zu!" und arbeiten erst recht darauf los. Sein Kahn füllt sich mit Wasser. Das Tau abheben kann er nicht, so zieht er sein Messer und schneidet es durch. Wie da die beiden Enden in die Tiefe fahren, teilt sich das Wasser, und mit donnerndem Krähen betäubt der rote Hahn den Fischer und zieht ihn vor den Augen seiner Knechte hinab in die Tiefe. Wilibald von Schulenburg (Landeskunde der Provinz Brandenburg). 67. Die Hände von Prenzlau. Der erste Hohenzoller in der Mark, Kurfürst Friedrich I., hatte in feinem Lande harte und schwere Kämpfe auszufechten. Aber mit fester Hand ging er gegen das Raubrittertum vor, und er hatte manchen Strauß mit den Städten zu bestehen, die in der langen Zeit der Herrenlosigkeit in der Mark gegen Fürsten und Adlige mißtrauisch geworden waren und gelernt hatten, sich auf ihre eigne Kraft zu verlassen. Die Städte, die an den Grenzen der Mark lagen, mochten es nicht gern mit den Fürsten der Nach- barschaft verderben, da diese ihnen, wie sie mehrfach erfahren hatten, eher beistanden als die eignen Landesherren.

4. Mittelhochdeutsches Lesebuch für höhere Lehranstalten - S. 178

1872 - Stolp : Eschenhagen
178 daz fünfzic tûsent marke wac ; swâ gewin an koufe lae, des fuorte ich vil riche kraft 1180. mit mir in die heidenschaft. do ich des ze räte wart, do hiez ich spisen nf die vart min schif ze drin jären. in miner pflege waren 1185. wîse marnære guot, den was erkant des wäges fluot. ein schriber ouch bi mir beleip, der min zerunge an schreip und der durch got mir âne strit 1190. begie diu siben tagezit. Do ich nach minem willen wart wol bereit ûf mine vart, als mich min herze lerte, mit minem guote ich kêrte 1195. hin über mer gen Riuzen, ze Liflant und ze Priuzen, da ich vil manegen zobel vant. von dannen fuor ich gen Sarant, ze Damasco und ze Ninive. 1200. da vant ich riches koufes me von manegem riehen pfelle dä, dann in der weit ie anderswä; der ich so yil an mich gewan, daz ich mich des vil wol ver- san, 1205. swenne ich wider kæme, daz ich zwivaltic næme min silber wider und dannoch me. do huop ich mich danûf dense und wolte wider wenden. 1210. mir was mit manegen enden min dinc so gar ze wünsche körnen, daz mir niht für baz mohte fromen ein wünsch, in dem ich solte erdenken, swaz ich wolte. — Nu wände ich, daz der wille 1220. also verendet solte sin, [min als er von erst begunde. do huop sich an der stunde mit ungewiter winde vil; die jagten uns an dem zil 1225. mit grözer kraft in starker mäht zwelf tage unde zwelf naht, daz wir die wile gewunnen wintstille nie noch sunnen, wan uns vil manig ungemach 1230. von winden sunder twäl ge- schach. do körnen wir, als ich iu sage, an dem drizehenden tage für ein gebirge, daz was hoch, daz sich gen solcher frömde zoch, 1235. daz ich da bi mir niemen vant, dem daz gebirge waere erkant und der mir des verjaehe, daz er ie me gesaehe in allen sinen jaren 1240. die wilde, in der wir wären, nu begund daz weter linden; näch den vil starken winden wart der tac schcen unde klär, do wart vergezzen, dazistwär, 1245. swaz uns leides ie geschach. doch liten wir groz ungemach durch vorhte der unkünde. uns häten bräht die ünde für daz gebirge in eine habe; 1250. do sante ich einen marner abe üf daz gebirge und hiez in spehen,

5. Deutsche Dichtung in der Neuzeit - S. 322

1916 - Trier : Lintz
322 69. Wie wirst du erst, den seit so langen Tagen Entbehrt ich habe, wonnereicher Laut Der Menschenred', ans alte Herz mir schlagen! 70. Sie haben mich, die Klippe doch erschaut, Sie rücken an die Segel, im Begriff Den Lauf zu ändern. — Gott, dem ich vertraut! 71. Nach Süden — — ? Wohl! Sie müssen ja das Riff Umfahren, fern sich halten von der Brandung. O, gleite sicher, hoffnungsschweres Sch>ff! 72. Jetzt wär' es an der Zeit! O meine Ahndung! Blickt her! Blickt her! Legt bei! Setzt aus das Boot! Dort unterm Winde, dort versucht die Landung! 73. Und ruhig vorwärlsstrebend ward das Boot Nicht ausgesetzt, nicht ließ es ab zu gleiten, Es wußt' gefühllos nichts von meiner Not. 74. Und ruhig sah ich hin das Fahrzeug gleiten Mit windgeschwellten Segeln auf den Wogen Und wachsen zwischen ihm und mir die Weiten. 75. Und als es meinem Blicke sich entzogen. Der's noch in leerem Blau vergebens sucht, Und ich verhöhnt mich wußte und belogen, 76. Da hab' ich meinem Gott und mir geflucht Und. an den Felsen meine Stirne schlagend, Gewütet sinnverwirret und verrucht. 77. Drei Tag' und Nächte lag ich so verzagend, Wie einer, den der Wahnsinn hat gebunden, Im grimmen Zorn am eignen Herzen nagend, 78. Und hab' am dritten Tränen erst gefunden Und endlich erst vermocht, mich aufzuraffen, Vom allgewalt'gen Hunger überwunden, Um meinem Leibe Nahrung zu verschaffen." Die letzte Schiefertafel. 79. „Geduld! Die Sonne steigt im Osten auf, Sie sinkt im Westen zu des Meeres Plan, Sie hat vollendet eines Tages Lauf. 80. Geduld! Nach Süden wirft auf ihrer Bahn Sie jetzt bald wieder senkrecht meinen Schatten; Ein Jahr ist um, es fängt ein andres an. 81. Geduld! Die Jahre ziehen ohn' Ermatten; Nur grub für sie kein Kreuz mehr deine Hand, Seit ihrer fünfzig sich gereihet hatten. 82. Geduld! Du harrest stumm am Meeresrand Und blickest starr in öde, blaue Ferne Und lauschst dem Wellenschlag am Felsenstrand. 83. Geduld! Laß kreisen Sonne, Mond und Sterne, Und Regenschauer mit der Sonnenglut Abwechseln über dir. Geduld erlerne!

6. Deutsche Dichtung in der Neuzeit - S. 142

1916 - Trier : Lintz
142 Er starb am 5. Dezember 18 t 9 auf dem Gute Sondermühlen bei Osnabrück, wohin er 1816 übergesiedelt war. (Als Dichter überragt Friedrich Leopold seinen älteren Bruder Christian, geboren am 15. Oktober 1748, gestorben am 18. Januar 1821. Ursprünglich dem Bardenunwesen ergeben und einer der wildesten Sänger der Freiheit, kehrte er, namentlich durch die Greuel der französischen Revolution veranlaßt, zum Maße zurück. Er schrieb Dramen (mit Chören), Lieder, Oden, Hymnen und Balladen. I. Lied eines deutschen Knaben. 1. Der Harz. (3. Januar 1773.) Ausgabe von August Sauer, Stuttgart (Union), 1895, (Kürschner, Deutsche Nationalliteratur, B. 50, ll), S. 38. 1. Herzlich sei mir gegrüßt, wertes Cheruskaland, Land des nervichten Arms und der gefürchteten Kühnheit, freieres Geistes Dann das blache Gefilil umher! 2. Dir gab Mutter Natur aus der vergeudenden Urne männlichen Schmuck, Einfalt und Würde dir, Wolkenhöhnende Gipfel, Donnerhallende Ströme dir. 3. Im antwortenden Tal wallet die goldene Flut des Segens und strömt in den genügsamen Schoß des lächelnden Fleißes, Der nicht kärglich die Garben zählt. 4. Schafe weiden die Trift; auf der gewässerten Aue brüllet der Stier, stampft das gesättigte Roß; die bärtige Ziege Klimmt den zackigen Fels hinan. 5. Wie der schirmende Forst deinen erhabenen Nacken schattet! Er nährt stolzes Geweihe dir, Dir den schnaubenden Keuler, Der entgegen der Wunde rennt. 6. Dein wohltätiger Schoß, selten mit goldenem Fluche schwanger, verleiht nützendes Eisen uns, Das den Acker durchschneidet Und das Erbe der Väter schützt 7. Dir gibt reinere Luft und die teutonische Keuschheit Jugend von Stahl. Moosigen Eichen gleich, Achten silberne Greise Nicht der eilenden Jahre Flug. 8. Dort im wehenden Hain wohnt die Begeisterung. Felsen jauchzten zurück, wenn sich des Barden Sang Unter bebenden Wipfeln Durch das hallende Tal ergoß. 9. Und dein Hermann vernahm's. Sturm war sein Arm, sein Schwert Wetterflamme. Betäubt stürzten die trotzigen Römeradler, und Freiheit Strahlte wieder im Lande Teuts.

7. Deutsche Dichtung in der Neuzeit - S. 159

1916 - Trier : Lintz
159 anderen Künstler in die Hände, und durch seine Geschicklichkeit verfertigte er eine neue Bildsäule daraus, von der erstern in dem. was sie vorstellte, unter- schieden, an Geschmack und Schönheit aber ihr gleich. Der Neid sah es und knirschte. Endlich besann er sich auf einen armseligen Trost: „Der gute Mann würde dieses noch ganz erträgliche Stück auch nicht hervorgebracht haben, wenn ihm nicht die Materie der alten Bildsäule dabei zustatten gekommen wäre." 6. Herkules. A. a. O., I und Ii, S. 86. Als Herkules in den Himmel aufgenommen ward, machte er seinen Gruß unter allen Göttern der Juno zuerst. Der ganze Himmel und Juno erstaunte darüber. „Deiner Feindin", rief man ihm zu, „begegnest du so vorzüglich?" „Ja, ihr selbst", erwiderte Herkules. „Nur ihre Verfolgungen sind es, die mir zu den Taten Gelegenheit gegeben, womit ich den Himmel verdient habe." Der Olvmp billigte die Antwort des neuen Gottes, und Juno ward versöhnt. 7. Der Knabe und jdjie Schlange. A. a. £>., I und n, S. 86. Ein Knabe spielte mit einer zahmen Schlange. „Mein liebes Tierchen", sagte der Knabe, „ich würde mich mit dir so gemein nicht machen, wenn dir das Gift nicht benommen wäre. Ihr Schlangen seid die boshaftesten, undank- barsten Geschöpfe. Ich habe es wohl gelesen, wie es einem armen Landmann ging, der eine, vielleicht von deinen Ureltern, die er halb erfroren unter einer Hecke fand, mitleidig aufhob und sie in seinen erwärmenden Busen steckte. Kaum fühlte sich die Böse wieder, als sie ihren Wohltäter biß; und der gute, freundliche Mann mußte sterben." „Ich erstaune", sagte die Schlange. „Wie parteiisch eure Geschichtschreiber sein müssen! Die unsrigen erzählen die Historie ganz anders. Dein freundlicher Mann glaubte, die Schlange sei wirklich erfroren, und weil es eine von den bunten Schlangen war, so steckte er sie zu sich, ihr zu Hause die schöne Haut abzustreifen. War das recht?" „Ach, schweig nur", erwiderte der Knabe. „Welcher Undankbare hätte sich nicht zu entschuldigen gewußt!" „Recht, mein Sohn", fiel der Vater, der dieser Unterredung zugehört hatte, dem Knaben ins Wort. „Aber gleichwohl, wenn du einmal von einem außerordentlichen Undanke hören solltest, so unter- suche ja alle Umstände genau, bevor du einen Menschen mit einem so abscheu- lichen Schandflecke brandmarken lässest. Wahre Wohltäter haben selten Undankbare verpflichtet, ja, ich will zur Ehre der Menschheit hoffen — niemals. Aber die Wohltäter mit kleinen, eigennützigen Absichten, die sind es wert, mein Sohn, daß sie Undank anstatt Erkenntlichkeit einwuchern." 8 8. Der Löwe mit dem Esel. A. a. O-, I und H, S. 88. Als des Äsopus Löwe mit dem Esel, der ihm durch seine fürchterliche Stimme die Tiere sollte jagen helfen, nach dem Walde ging, rief ihm eine nasenweise Krähe von dem Baume zu: „Ein schöner Gesellschafter! Schämst du dich nicht, mit einem Esel zu gehen?" „Wen ich brauchen kann", versetzte der Löwe, „dem kann ich ja wohl meine Seite gönnen." So denken die Großen alle, wenn sie einen Niedrigen ihrer Gemeinschaft würdigen.

8. Deutsche Dichtung in der Neuzeit - S. 377

1916 - Trier : Lintz
377 Dieses erzählt der bewanderte Greis; dann häufig erzählt er Weltliche Dinge zumal und den Raub der venetischen Bräute, Die nach Olivolo^ gingen zum fröhlichen Fest der Vermählung. Jede der Jungfraun trug in dem zierlichen Körbchen den Mahlschatz *), 30 Wie es die Sitte gebot. Ach, aber im Schilfe verborgen Lauert ein Trupp Seeräuber; verwegene Täter der Untat, Stürzen sie plötzlich hervor und ergreifen die bebenden Mädchen, Schleppen ins Fahrzeug alle, mit hurtigen Rudern entweichend. Doch vom Geschrei widerhallt schon rings das entsetzte Venedig. 35 Schon ein bewaffneter Haufe von Jünglingen stürmt in die Schiffe, Ihnen der Doge voran. Bald holen sie ein die Verruchten, Bald, nach männlichem Kampfe, zurück im verdienten Triumphzug Führen sie heim in die jubelnde Stadt die geretteten Jungfraun. Also berichtet der ehrliche Greis, und es lauscht der Geliebte, 40 Rüstig und schlank, wohl wert, auch Taten zu tun wie die Vorwelt. Oft auch rudert hinüber ins nahe Torcello 3) der Freund mich. Ehmals war's, so erzählt er, von wimmelnden Menschen bevölkert, Wo sich in Einsamkeit jetzt salzige Wasserkanäle Hinziehn, alle verschlammt, durch Felder und üppige Reben. 45 Aber er zeigt mir den Dom und des Attila steinernen Sessel^) Auf dem verödeten Platz mit dem alten, zertrümmerten Rathaus, Wo der geflügelte Löwe von Stein aus sonstigen Tagen Ragt, als diese Lagune beherrschte der heilige Markus^). All dies sagt mir der Freund, wie's ihm sein Vater gesagt hat. 50 Rudert er heimwärts mich, dann singt er ein heimisches Lied mir, Bald „Holdseliges Röschen" und bald „In der Gondel die Blonde". Also vergeht, uns allen zur Freude, der herrliche Festtag. Strickt mir fleißig am Netz, ihr Schwestern! Es soll's der Geliebte Heut' noch haben, sobald im besegelten Nachen er heimkehrt. 55 Iv. Die Mischer auf Lapri. (1827.) A. a..O., Ii. S.^209. Hast du Capri gesehn und des felsenumgürteten Eilands Schroffes Gestad' als Pilger besucht, dann weißt du. wie selten Dorten ein Landungsplatz für nahende Säiffe zu spähn ist. Nur zwei Stellen erscheinen bequem. Manch mächtiges Fahrzeug Mag der geräumige Hafen empfahn, der gegen Neapels 5 *) „Olivolo, durch eine Brücke mit Venedig verbunden, liegt am östlichsten Punkte der Stadt. — — — Der Raub der venelianischen Bräute fällt ins neunte Jahi hundert; doch wurde bis zum Untergang der Republik jährlich das Fest gefeiert, das jenen Vorfall verherrlichen sollte Man nannte es „la testa delle Marie.“ — 2) Mitgift (mhd. raahel „Versammlung", „gerichtliche Verhandlung", daher „Gemahl", „vermählen"). — 3) Laguneninsel, 9 km nordöstlich von Venedig, heute einsam, im zehnten und elften Jahrbundert ein ansehnlicher Handelsort. - 4) „Einen alten Bischofsstuhl, der em Freien steht, nennt das Volk den Stuhl des Attila. Attila spielt überhaupt noch immer eine Rolle in Venedig." — 6) „Nel tempo di 8. Marco ist der Ausdruck, dessen sich das gemeine Volk in Venedig bedient, um die Republik zu bezeichnen."

9. Deutsche Dichtung in der Neuzeit - S. 378

1916 - Trier : Lintz
378 Lieblichen Golf hindeutet und gegen Salerns Meerbusen. Aber die andere Stelle (sie nennen den kleineren Strand sie) Kehrt sich gegen das ödere Meer, in die wogende Wildnis, Wo kein Ufer du siehst als das, auf welchem du selbst stehst. 10 Nur ein geringeres Boot mag hier anlanden, es liegen Felsige Trümmer umher, und es braust die beständige Brandung. Auf dem erhöhteren Fels erscheint ein zerfallenes Vorwerk, Mit Schießscharten versehn; sei's, daß hier immer ein Wachtturm Ragte, den offenen Strand vor Algiers Flagge zu hüten, 15 Die von dem Eiland oft Jungfrauen und Jünglinge wegstahl; Sei's, daß gegen den Stolz Englands und erfahrene Seekunst Erst in der jüngeren Zeit es erbaut der Napoleonide '), Dem Parthenope^) sonst ausspannte die Pferde des Wagens, Ihn dann aber verjagte, verriet, ja tötete, seit er 20 Ans treulose Gestad' durch schmeichelnde Briefe gelockt ward. Steigst du herab in den sandigen Kies, so gewahrst du ein Felsstück Niedrig und platt in die Wogen hinaus Trotz bieten der Brandung. Dort anlehnt sich mit rundlichem Dach die bescheidene Wohnung Dürftiger Fischer; es ist die entlegenste Hütte der Insel, 25 Bloß durch riesige Steine beschützt vor stürmischem Andrang, Der oft über den Sand wegspült und die Schwelle benetzt ihr. Kaum hegt irgend umher einfachere Menschen die Erde; Ja, kaum hegt sie sie noch, es ernährt sie die schäumende Woge. Nicht die Gefilde der Insel bewohnt dies arme Geschlecht, nie 30 Pflückt es des Ölbaums Frucht, nie schlummert es unter dem Palmbaum. Nur die verwilderte Myrte noch blüht und der wuchernde Kaktus Aus unwirtlichem Stein, nur wenige Blumen und Meergras; Eher verwandt ist hier dem gewaltigen Schaumelemente Als der beackerten Scholle der Mensch und dem üppigen Saatfeld. 35 Gleiches Geschäft erbt stets von dem heutigen Tage der nächste, Immer das Netz auswerfen, es einziehn, wieder es trocknen Über dem sonnigen Kies, dann wieder es werfen und einziehn. Hier hat frühe der Knabe versucht in der Welle zu plätschern, Frühe das Steuer zu drehen gelernt und die Ruder zu schlagen, 40 Hat als Kind mutwillig gestreichelt den rollenden Delphin, Der, durch Töne gelockt, an die Barke heran sich wälzte. Mög' euch Segen verleihen ein Gott samt jeglichem Tagwerk, Friedliche Menschen, so nah der Natur und dem Spiegel des Weltalls! Möge, da größeren Wunsch euch nie die Begierde gelispelt, 45 Möge der Thunfisch oft, euch Beute zu sein. und der Schwertfisch Hier anschwimmen! Es liebt sie der Esser im reichen Neapel. Glückliche Fischer! Wie auch Kriegsstürme verwandelt den Erdkreis, Freie zu Sklaven gestempelt und Reiche zu Dürftigen, ihr nur Saht hier Spanier, saht hier Briten und Gallier herrschen, 50 Ruhig und fern dem Getöse der Welt, an den Grenzen der Menschheit -) Murat st 1814. — 2) Neapel. (Eigentlich Name der ältesten Ansiedlung an der Stelle des heutigen Neapels.)

10. Deutsche Dichtung in der Neuzeit - S. 500

1916 - Trier : Lintz
500 3. Unter mir — ach, aus dem Licht verschwunden — Träumen schon die schönern meiner Stunden. 4. Aus der blauen Tiefe ruft das Gestern: „Sind im Licht noch manche meiner Schwestern?" 13. Im Spätboot. A. a. O., S. 63. Aus der Schiffsbank mach' ich meinen Pfühl, Endlich wird die heiße Stirne kühl! O wie süß erkaltet mir das Herz! O wie weich verstummen Lust und Schmerz! 5 Über mir des Rohres schwarzer Rauch Wiegt und biegt sich in des Windes Hauch. Hüben hier und drüben wieder dort Hält das Boot an manchem kleinen Port: Bei der Schiffslaterne kargem Schein 10 Steigt ein Schatten aus und niemand ein. Nur der Steurer noch, der wacht und steht! Nur der Wind, der mir im Haare weht! Schmerz und Lust erleiden sanften Tod. Einen Schlummrer trägt das dnnkle Boot. 14. „Tag, schein herein! und Lebeu, flieh hinaus!" A. a. O., S. 139. 1. Tag, schein herein! Die Kammer steht dir offen! Holdsel'ger Lenzesmorgen, schein herein! Schon glitzert, von der Sonne Strahl getroffen, Das Tintenfaß, der eichne Bücherschrein. Vogt Winter muß dem Lenze Rechnung geben, Dem schönen Erben, über Hof und Haus — Auch mir zu gut geschrieben ist ein Leben — Tag, schein herein! und Leben, flieh hinaus! 2. Ich war von einem schweren Bann gebunden. Ich lebte nicht. Ich lag im Traum erstarrt. Von vielen tausend unverbrauchten Stunden Schwillt ungestüm mir nun die Gegenwart. Aus dunkelm Grunde grüne Saat zu wecken, Bedarf es Sonnenstrahles nur und Taus, Ich fühle, wie sich tausend Keime strecken. Tag, schein herein! und Leben, flieh hinaus! 3. Ein Segel zieht auf wunderkühlen Pfaden, In Flutendunkel spiegelt sich der Tag. Was hat die Barke dort für mich geladen? Vielleicht ist's etwas, das mich freuen mag! Entgegen ihr! Was wird die Barke bringen Durch blauer Wellen freudiges Gebraus'? Entgegen ihr! Mit weitgestreckten Schwingen! Tag, schein herein! und Leben, flieh hinaus!
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