217
am 16. Juni 1815 bei Ligny mit solchem Ungestüm auf,, die
Preußen, daß dieselben nach einem schrecklichen Kampfe der Über-
macht weichen mußten. Doch zogen sie sich in guter Ordnung
zurück. Nun griff Napoleon am 18. Juni 1815 die Engländer
bei Waterloo an. Lange schwankte die Schlacht. Da kamen
gegen Abend die Preußen noch rettend zu hülfe herbei. Jetzt
wurden die Franzosen vollständig besiegt. Napoleon stoh eiligst
nach Paris zurück und suchte nach Amerika zu entkommen.
Allein er mußte sich an ein englisches L-chiff ergeben. Die Ver-
bündeten zogen nun im Juli 1815 wiederum in Paris ein.
Hier schlossen sie den zweiten Pariser Frieden. Napoleon, der
Stifter so schrecklichen Unheils, wurde auf die Insel Lst. Helena
verbannt, wo er im Jahre 1821 starb. Während dieser Vor-
gänge waren auch die europäischen Staatenverhältnisse durch den
Kongreß zu Wien endgültig geordnet worden. Die vertriebenen
Fürsten kehrten überall auf ihre Throne zurück. Preußen erhielt
seine verlorenen Landesteile wieder und außerdem Schwedisch-
Pommern mit Rügen, die Provinz Sachsen und die Rhein-
provinz. Die deutschen Staaten bildeten den deutschen Bund.
Die Gesandten derselben traten zu Frankfurt zum sogenannten
Bundestag zusammen, der unter dem Vorsitze Österreichs fortan
die Geschicke Deutschlands leiten sollte. Friedrich Wilhelm Iii.
starb im Jahre 1840.
270. Friedrich Wilhelm Iv. (1840—1861).
Auf Friedrich Wilhelm Iii., den „Gerechten“, wie sein
Volk ihn nannte, folgte als König von Preussen 1840 sein
ältester Lohn Friedrich Wilhelm Iv. Das war ein Fürst
von hoher Geistesbildung, der in sich die edlen Eigenschaf-
ten seines biederen Vaters und seiner hochherzigen Mutter,
der Königin Luise vereinigte. Er erklärte bei seinem
Regierungsantritte, dass er entschlossen sei, „in den Wegen
des Vaters zu wandeln, für die Erhaltung des Friedens
Sorge zu tragen und das Regiment in der Furcht Gottes
und der Liebe der Menschen zu führen.“ Auch bekundeten
des Königs Handlungen die trefflichsten Absichten für
Preussens und Deutschlands Entwickelung. Durch die Er-
richtung des vereinigten Landtags gewährte er seinem
Volke eine grössere Beteiligung an den Staatsangelegenheiten.
Mit Eifer war er bemüht, dem deutschen Bunde eine wür-
digere Stellung unter den grossen Staaten Europas zu ver-
schaffen. Für das kirchliche Leben, für Stiftungen der
Frömmigkeit und Wohlthätigkeit, hatte er stets ein warmes
Herz und eine freigebige Hand. „Ich und mein Haus,
wir wollen dem Herrn dienen“, bekannte er laut vor den
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Extrahierte Ortsnamen: Paris Amerika Paris Wien Schwedisch-
Pommern Rhein- Frankfurt Deutschlands Gottes Deutschlands Europas
209
zur Gemahlin erkoren. Sie war ein Bild der Anmut und
Freundlichkeit, und in ihrem Gemüte wohnte Frömmigkeit und
Wohlwollen gegen jedermann. Im Jahre 1794 wurde sie Kron-
prinzessin von Preußen. Das war ein Jubel in Berlin, als
der Kronprinz an ihrer Seite seinen Einzug hielt. Hätten sie
Blumen gehabt in den kalten Dezembertagen, sie hätten ihnen
den Weg damit reichlich bestreut. Sie ließen es auch so nickt
fehlen, das junge Paar festlich zu empfangen, und das ganze
Land freute sich mit. Denn so ist es immer gewesen in Preußen:
die Festtage des hohen Fürstenhauses sind auch die Festtage des
Volkes. Das neuvermählte Paar führte eine glückliche und ge-
segnete Ehe. Nirgends weilten sie lieber als daheim in ihrer
Häuslichkeit. An den Festlichkeiten, die man wohl an Fürsten-
höfen feiert, hing ihr Herz nicht. — Dem Volk gefiel es, daß
Luise ein Herz für die Leiden und die Not der Armen hatte; ihre
Leutseligkeit und ihr mildes Wesen gewann ihr aller Herzen.
Das hohe Paar verkehrte auch gern mit gewöhnlichen Leuten.
Das blieb so, als der Kronprinz König geworden war.
Nicht weit von Potsdam liegt das Gut Paretz. Dort ver-
weilten Friedrich Wilhelm und Luise oft und gern und verlebten
da vergnügliche Tage. Der König ließ sich gern als den
„Schulzen von Paretz" ansehen, und seine Gemahlin hieß „die
gnädige Frau von Paretz." Die hohe königliche Frau verkehrte
gar leutselig mit den schlichten Landleuten. Wenn sie in Paretz
die Garben eingebracht hatten und das Erntefest bei Spiel und
Tanz feierten, so hielt sie sich nicht für zu hoch, sondern mischte
sich unter die lustigen Tänze der Landleute, tanzte auch wohl
einmal mit. Auch sonst, wenn sie ein Dorffest feierten, verkehrte
sie fröhlich mit den Bauersleuten, und die liebe Dorfjugend um-
ringte sie jubelnd, wenn sie von Bude zu Bude ging, um Ge-
schenke einzukaufen für die Kinder, die hinter ihr her schrien:
„Mir auch was, Frau Königin!" Büttner.
262. Die Jahre der Trübsal.
Napoleon, welcher sich 1804 zum Kaiser der Franzosen ge-
macht hatte, strebte nach der Weltherrschaft. In seinem Über-
mute verletzte er vielfach die Friedensbedingungen. Da schlossen
England, Rußland und Österreich ein großes Bündnis gegen
ihn. Wie der Blitz brach er in Deutschland ein und besiegte
Rußland und Österreich in der Dreikaiserschlacht von Austerlitz
1805. Er vereinigte 16 deutsche Fürsten zu dem schimpflichen
„Rheinbünde" und nannte sich ihren „Beschützer." Willenlos
thaten sie, was der Gewaltige wünschte. Kaiser Franz legte die
deutsche Krone 1806 nieder und nannte sich Kaiser von Öster-
Lesebuch für katholische Volksschulen. 14
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Extrahierte Ortsnamen: Berlin Potsdam Paretz Paretz Paretz England Deutschland
20 I. Teil. Bilder aus der Geschichte. Der zweite Freiheitskrieg, Friedrich Wilhelm Iv.
Schlacht bei Leipzig. 1813. Nun verbündeten sich, mit Ausnahme der Türken,
alle Völker Europas. Sie stellten ein Heer von 300 000 Mann den 200000 Kriegern
Napoleons gegenüber. Zunächst wurde das französische Heer bei Großbeeren, in der
Nähe von Berlin, und bei Dennewitz, in der Nähe von Wittenberg, geschlagen.
Am 16. Oktober entbrannte bei Leipzig eine heiße Schlacht, welche am 18. und 19.
Oktober fortgesetzt wurde. Es war dies die gewaltige Völkerschlacht bei Leipzig. Um-
sonst bot Napoleon seine ganze Kriegskunst aus; er wurde besiegt, linb die Schlacht
hatte ihm an 70 000 Mann gerostet. Doch auch die Verbündeten hatten große Verluste.
Friede. Napoleon flüchtete mit dem Überreste seines Heeres nach Paris; die
Verbündeten aber rückten über den Rhein ihm nach. Eine schnell gerüstete neue
französische Armee wurde (1814) vor Paris abermals geschlagen, und die verbündeten
Herrscher zogen in Paris ein. Es wurde hier Frieden geschlossen; denn nun war die
schmachvolle Knechtschaft von unserm Vaterlande genommen. Napoleon wurde des
Thrones entsetzt und erhielt die Insel Elba im Mittelmeer als einziges Besitztum.
39. Der zweite Freiheitskrieg. 1815.
Napoleons Wiederkehr. Um über die Verteilung der eroberten Länder zu
beraten, traten die Fürsten Europas zu einer Versammlung (Kongreß) tu Wien
zusammen. Sie konnten aber nicht sogleich einig werden. Kaum hörte Napoleon
davon, als er die Insel Elba verließ und nach Frankreich eilte. Hier wurde er freudig
empfangen und im Jubel nach Paris geleitet.
Schlachten bei Ligny (linji) und Waterloo in Belgien. (16. intb 18. Juni.)
Die Nachricht von Napoleons Rückkehr beseitigte bei den Verbündeten schnell jede Un-
einigkeit, und sie zogen wiederum mit ihren Heeren Frankreich zu. Doch auch Napoleon
rückte an der Spitze seines rasch gesammelten Heeres vor. Am 16. Juni 1815 warf
er sich bei dem Dorfe Ligny mit einem solchem Ungestüm auf die Preußen,
welche von Blücher angefiihrt wurden, daß diese weichen mußten. Zwei Tage später,
am 18. Juni, griff Napoleon die Engländer bei Waterloo an. Wellington, der An-
führer der Engländer, rief zagend: „Ich wollte es wäre Nacht oder die Preußen
kämen." Denn den ganzen Tag wütete die Schlacht ohne Entscheidung. Der Tag
neigte sich bereits, als Blücher mit seinem Heere eintraf, und nun itnirbe der Feind
besiegt, und die Franzosen ergriffen die Flucht. Darauf rückten die Verbündeten
wiederum in Paris ein, und man schloß hter den zweiten Pariser Frieden.
Napoleon aber wurde nach St. Helena, einer einsamen kleinen Insel nn atlantischen
Ocean verbannt, wo er später starb. Preußen erhielt die Hälfte des Königreichs Sachsen,
die Länder zwischen Elbe und Rhein, die Herzogtiimer Jülich und Berg und andere
Gebiete. Fortan bildeten die deutschen Staaten den „deutschen Bund". Am
sogenannten Bundestage zu Frankfurt am Main sollten die Gesandten tinter dem
Vorsitze Österreichs ferner über die Geschicke Deutschlands entscheiden.
40. Friedrich Wilhelm Iv. 1849-61.
Der Landesvater. Als Friedrich Wilhelm Iii. im Jahre 1840 starb, bestieg sein
ältester Sohn als Friedrich Wilhelm Iv. den Thron. Er war ein milder friedliebender
Herrscher, beförderte Künste und Wissenschaften, und sein Volk nannte ihn den „Gerechten."
„Ich und mein Haus wir wollen dem Herrn dienen", war sein Wahlspruch. Das Jahr 1848
brachte ihm indessen bittere Kränkungen; denn ein Aufruhr, der in Frankreich begonnen, verbreitete
sich durch das ganze Preußenlaud. Es kam an einigen Orten sogar zum blutigen Kampfe.
Um sein Volk zufrieden zu stellen, gab der König demselben eine Verfassung, d. i. ein Grund-
gesetz und suchte auf jede Weise dem Lande den Frieden zu erhalten. Man bot ihm die
deutsche Kaiserwürde an; diese lehnte er jedoch ab. Während seiner Regierung erwarb
Friedrich Wilhelm Iv. den Jahdebusen an der Nordsee und legte hier einen Kriegshafen
für die preußische Marine an.
Wohin der König gehört. Auf einer Reise, die der König unternahm, wurde er in
einem Dorfe von der Schuljugend feierlich begrüßt, und ein kleines liebliches Mädchen sagte
ihm ein Gedicht ans. Nach Beendigung desselben lobte der König das Kind und sagte:
„Durch dein Gedicht hast du mich sehr erfreut; aber kannst du mir auch beantworten, was
ich dich fragen werde?" Damit zeigte er dem Kinde eine Apfelsine und fragte: „Wohin ge-
hört das?" „Ins Pflanzenreich" erwiderte das Kind. „Wohin gehört aber das?" fragte
der König weiter, indem er ein Goldstück vorzeigte. „Ins Mineralreich." „Wohin gehöre
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1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
1s7
Napoleon hielt schon am 27. Oktober seinen Einzug in Berlin und setzte
dann die Verfolgung des fliehenden preußischen Heeres fort. Die königliche
Familie hatte inzwischen Berlin verlassen und sich nach Königsberg begeben.
Die Trümmer des preußischen Heeres vereinigten sich hinter der Oder mit^ei-
nem unterdeß angekommenen russischen Hülfsheere. Die vereinigten Rusien
und Preußen lieferten Napoleon am 7. und 8. Februar 1807 in harter Winter-
kälte, unter Sturm und Schneegestöber die höchst blutige Schlacht bei Gifau
in Preußen. Heldenmüthig kämpften die Russen, noch heldenmütiger die
Preußen, doch blieb der Sieg unentschieden. Die Bewohner der ehemals pol-
nischen Länder wurden von Napoleon aufgewiegelt und ihnen die Herstellung
des Königreichs Polen versprochen. Am 14. Juni wurde bei Ariedtand noch
einmal gestritten, aber ein vollkommener Sieg über das verbündete Heer der
Russen und Preußen errungen. Die Franzosen besetzten auch Königsberg
und Tilsit; nur die östliche Spitze von Preußen war noch im Besitz
preußischer Truppen. Was blieb dkm Könige in dieser Lage übrig, als Frieden
zu suchen?
Am 25. Juni kam Napoleon mit dem Kaiser Alexander und dem Könige
von Preußen auf dem Flusse Niemen zusammen, um Näheres über den Frie-
den zu besprechen. Hier erschien auch die Königin Luise von Preußen,
ein Bild der Hoheit und Anmuth. Finster und stolz fragte Napoleon die
Königin: „Wie konnten Sie es auch nur wagen, Krieg mit mir anzufangen?"
Mit edler Würde erwiderte ihm Luise: „Dem Ruhme Friedrichs des Großen
war es erlaubt, uns über unsere Kräfte zu täuschen, wenn wir uns anders
getäuscht haben." Am 7. Juli wurde zu Hilflt der Friede abgeschlossen. Und
welch' ein Friede! — Preußen mußte an Frankreich 140 Mill. Thaler zahlen, es
verlor die Hälfte seines Königreiches bis an die Elbe, die Festungen blieben von
Franzosen besetzt, und nur 42,000 Soldaten durfte das preußische Heer zählen.
54. Sternlein in dunkler Nackt.
Schmerzlich musste für den König der Verlust so vieler treuer Unter-
thanen sein, die durch den Tilsiter Frieden von dem gemeinsamen Vater-
lande losgerissen wurden. Das bezeugt auch der Abschied, den er von
ihnen nahm, und worin er sagt: „Das Schicksal gebietet, der Vater schei-
det von seinen Kindern; Ich entlasse euch aller Unterthanenpflicht gegen
Mich und Mein Haus. Unsere heissesten Wünsche begleiten Euch zu
Eurem neuen Landesherrn; seid Ihm, was Ihr mir wäret! Euer Andenken
kann kein Schicksal, keine Macht aus Meinem und der Meinigen Herzen
vertilgen.“ Aber es musste seinem Herzen wohlthun, wenn er die rüh-
renden Scheideworte las, die die wackeren Westfalen an ihren ehema-
ligen Landesvater schrieben: „Das Herz wollte uns brechen, als wir
Deinen Abschied von uns lasen, und wir können uns noch heute nicht
überreden, dass wir aufhören sollen, Deine Unterthanen zu sein, wir, die
Dich immer so lieb hatten.“ Und zum Schlüsse hiess es: „Können wir
aussteifn gegen den eisernen Arm des Schicksals? Wir müssen alles mit
männlichem Muthe dulden, was abzuändern nicht in unserm Vermögen ist.
Der Himmel stehe uns bei! Dir gebe Gott Frieden, Gesundheit und
Freude! Wir waren die Deinen!“ Betitelt aber war der Brief: „An König
Friedrich Wilhelm den Guten.“
Wenn in der Grafschaft Mark in dem Kirchengebete des neuen Lan-
desherrn Erwähnung geschah, so nannten viele Zuhörer dabei ziemlich
laut den Namen: Friedrich Wilhelm. Als die königlichen Amtsgüter ver-
kauft werden sollten, um das Geld den französischen Kassen zufliessen zu
lassen, wollte sich kein Käufer dazu finden; denn es hiess: „Wer es
kauft, der kauft gestohlenes Gut, und dem zerschlagen wir den Hirnschä-
del!“ Wenn der Geburtstag des Königs kam, verboten zwar die Fran-
zosen die öffentliche Feier desselben; aber das konnten sie doch nicht
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1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
200
68. Es geht «ach Paris.
1. Einmarsch und Kampfe in Frankreich. Noch bevor das Jahr
1813 zu Ende ging, fielen die meisten Festungen, welche die Franzosen in
Deutschland besetzt hielten, in die Hände der Verbündeten. Aber nicht eher
hatte Deutschland vor dem Ehrgeize Napoleons Ruhe zu hoffen, bis er im eigenen
Lande besiegt wäre. Dies erkannte besonders Blücher. In der Neujahrsnacht
von 1813 zu 1814, mit dem Schlage 12 Uhr, ließ er seine Truppen beicaub
über den Rhein setzen. Von Holland drang zugleich Bülow, von Süden her
Schwarzenberg in Frankreich mit einer Armee ein, und auch Wellington
rückte mit den Engländern über die Pyrenäen heran. Es gab einen harten
Winterfeldzug, denn Napoleon hatte noch einmal ein bedeutendes Heer zusammen-
gebracht , und von Friedensvorschlägen wollte er nichts hören. In mancher
blutigen Schlacht maß man sich auf französischem Boden, und obgleich Napoleon
öfters auf's Haupt geschlagen ward, so geriethen doch auch die Preußen oft in
schwere Bedrängniß. Aber ihr Muth blieb ungebrochen, und als Blücher am
9. März 1814 den herrlichen Sieg bei Laon erfochten hatte, ging es nach Paris.
2. Einzug in Paris. Napoleon wandte sich dem Rheine zu und hoffte,
die Verbündeten würden ihm dorthin folgen; aber diese ließen ihn ziehen, zogen
sich näher zusammen und gingen rasch vorwärts. Einige französische Haufen,
die sich ihnen noch entgegenstellten, wurden leicht zurückgetrieben, und am Abend
des 29. März standen die Heere vor den Thoren der Hauptstadt Frankreichs.
Es war noch der letzte Kampf zu bestehen, denn 25,000 Mann standen auf den
Höhen von Paris aufgestellt. Nicht leicht war es, diese zu erstürmen, besonders
wurde der Montin a rtre stark vertheidigt; allein so nahe am Ziele ließen sich
die tapfern Krieger durch kein Hinderniß mehr aufhalten. Eine Höhe nach der
andern wurde genommen, und am Nachmittage des 30. März stand das Bun-
desheer an den Eingängen der Stadt, bereit, mit gefälltem Bajonette einzu-
dringen. Nun erst übergaben die Stadtvorsteher die Stadt und baten um
Schonung. Am folgenden Tage, am 31. März, hielten die beiden Monarchen
Alexander und Friedrich Wilhelm ihren feierlichen Einzug.
3. Napoleonssturz. Die Franzosen erklärten am 2. April Napoleon für
abgesetzt und riefen den Bruder des ermordeten Ludwig Xvi. als Ludwig Xviii.
auf den Thron. Die Verbündeten schlossen mit demselben Frieden; aber Napoleon
wurde von ihnen nach der Insel Elba vermiesen, wohin er am 20. April ab-
reiste.
69. Dagjahr 1815.
1. Der Fürstencongreß in Wien und Napoleons Rückkehr.
Die Fürsten Europas hatten sich in Wien versammelt, um die verworrenen
Verhältnisse der europäischen Staaten wieder zu ordnen. Schon fünf Monate
waren sie zusammen, und noch vieles war zu ordnen, als plötzlich die Nachricht
kam, Napoleon sei von Elba entflohen, im südlichen Frankreich gelandet und
wolle den verlorenen Kaiserthron wieder einnehmen. Und so war es. Ueberall
wurde er mit Jubel empfangen. Die Soldaten, die unter seinen Adlern ergraut
waren, schlugen sich wieder zu ihm; die festen Städte öffneten ihm ihre Thore;
das Heer, das der König ihm entgegenschickte, ging jauchzend zu ihm über, und
Ludwig mußte als Flüchtling über Frankreichs Grenze. Schon am 20. Tage
nach seiner Landung, am 20. März 1815, zog Napoleon als Kaiser in Paris
ein. Da mußten die Fürsten Europas wieder zu den Waffen greifen. Wieder
übernahm der nun 73jährige Blücher den Oberbefehl über die Preußen. Er
stand in Holland. Eben da hatten auch die Engländer unter Wellington
ihre Stellung genommen.
2. Schlacht bei Ligny. Napoleon brach mit einen: glänzenden und
kampsgeübten Heere gegen beide Feldherren auf. Zuerst griff er am 16. Juni
Blücher bei Ligny an. So tapfer und heldenmüthig die Preußen auch kämpften,
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1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
206
Bundesgesetzen regiert worden. Im Jahre 1848 wollte aber der damalige
König von Dänemark das Herzogthum Schleswig gänzlich von Holstein trennen
und mit Dänemark vereinigen. Das Volk erhob sich und verfocht heldenmüthig
sein gutes Recht. Das deutsche Volk stand dabei auf seiner Seite. Selbst
Preußens König, Friedrich Wilhelm Iv., schickte dem Brudervolks unter dem
General v. Wrangel ein Heer zur Hülfe, das auch bald die dänischen Truppen
siegreich bekämpfte und aus dem Lande vertrieb. Der edle König fand jedoch
nur bei wenigen seiner deutschen Mitfürsten eifrige Unterstützung, ja Oestreich
blieb sogar im besten Einvernehmen mit Dänemark und ließ seinen Gesandten
ruhig in Kopenhagen. Rußland und Frankreich hatten aber seit Beginn dieses
Krieges sich ganz auf die Seite der Dänen gestellt und nahmen gegen Preußen,
als den Vorkämpfer für Schleswig-Holstein, eine sehr drohende Haltung an,
die fortwährend drohender wurde. Gegen eine solche Uebermacht wollte aber
Preußen den Kampf nicht wagen und schloß mit Dänemark 1850 Frieden. Die
Schleswig-Holsteiner setzten zwar den Kampf noch fort, mußten sich aber doch
zuletzt wieder unter das dänische Joch beugen.
Schwere Zeiten brachen jetzt für die Herzogthümer herein. Das deutsche
Wesen, die deutschen Einrichtungen, ja sogar die deutsche Sprache suchte man
in Schleswig gewaltsam zu verdrängen, um Land und Leute dänisch zu machen.
Die deutsche Bevölkerung wurde hart bedrückt. Endlich schlug jedoch die Stunde
der Erlösung. Oestreich und Preußen verbanden sich zur Befreiung Schleswig-
Holsteins und rückten anfangs 1864 in diese Länder ein. Die Dänen hielten
wacker Stand und vertheidigten heldenmüthig ihr stärkstes Bollwerk, die Aüp-
peter Schanzen. Dies waren 7 selbstständige, sehr starke Festungswerke, auf
den Höhen am Sund gelegen. Aber der ritterliche Prinz Friedrich Karl
mit seinen tapfern Preußen ruhte nicht, bis dieselben in seinen Händen waren.
Nachdem dieselben 2 Monate lang fast unaufhörlich beschossen worden, ging
man am 18. April zum Sturm über. In zwei Stunden waren die Schanzen
sämmtlich erobert und mehrere tausend Dänen zu Gefangenen gemacht. Die
Oestreicher mit den preußischen Garden waren unterdessen nordwärts in
das dänische Jütland eingezogen und hatten die Festung Friedericia ein-
genommen.
Nach einem zweimonatlichen Waffenstillstände, während dessen in London
vergebens über den Frieden verhandelt wurde, begann der Krieg von neuem.
Der Feind wurde nun aus Jütland völlig hinausgetrieben; die Preußen setzten
unter Herwarth von Bittenfeld in einer Nacht in 160 Kähnen über die
Meerenge nach der Insel Alfen über, und in Einem Tage, war dieselbe in
ihrem Besitz. Nun baten die Dänen rasch um Frieden. Derselbe wurde auch
abgeschlossen und in demselben die Herzogthümer Schleswig-Holstein und Lauen-
burg an Oestreich und Preußen abgetreten.
74. Der deutsche Krieg von 1866.
1. Die Ursachen des Krieges. Die Freundschaft zwischen Preußen und
Oestreich war aber nicht von langer Dauer. Als die Befreiung von Schleswig-
Holstein glücklich vollbracht war, kam man überein, vorläufig beide Länder ge-
meinschaftlich zu regieren und dann das Weitere zu berathen und zu beschließen.
Bei diesen Unterhandlungen konnten sich aber beide Mächte nicht einigen.
Preußen hatte die Hauptarbeit gethan und verlangte daher auch, daß ihm
Schleswig-Holstein allein überlassen würde; es wollte dann Oestreich durch eme
Summe Geldes entschädigen. Davon wollte dieses aber nichts wissen, obgleich
der Besitz der Herzogthümer für Oestreich wenig Werth hatte, weil dieselben von
seinen übrigen Ländern weit entfernt liegen. Es bestand vielmehr darauf, die
Grafschaft Glatz und einen Theil Oberschlesiens, zu haben. Der Zwiespalt wurde
immer größer, die Verhandlungen immer feindseliger. Oestreich ging sogar an-
fangs 1866 so weit, seine krieggerüsteten Truppen, an Preußens Grenzen aufzu-
stellen, um Preußen durch Drohung zur Nachgiebigkeit zu zwingen. Da sah sich
J
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Holsteins London Schleswig-
Holstein Schleswig-Holstein Oberschlesiens
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
183
vember war die furchtbare Schlacht. Während Friedrich von einer Seite
angriff, sollte Ziethen von der andern vordringen. Beide wurden aber
durch Sümpfe, Gräben und Wälder aufgehalten. Massenweise werden die
Preussen niedergeschmettert, mehrere Male werden sie zurückgeworfen;
aber immer erneuern sie den Angriff mit der grössten Tapferkeit. Der
König selbst wird verwundet. Endlich kommt die Nacht; aber noch ist
die Schlacht nicht entschieden. Am andern Tage will der König mit
gefälltem Bajonett den Kampf erneuern. Während der Nacht sass er
sorgenvoll in der Kirche des nahen Dorfes E1 s n i g auf den Stufen des
Altars und schrieb beim schwachen Scheine einer Lampe Befehle für den
folgenden Tag. Auf dem Schlachtfelde ging es verworren durcheinander.
Hier wird ein Trupp Oestreieher von den Preussen gefangen genommen,
dort geht es einer Abtheilung Preussen nicht besser. Endlich brennen
im Torgauer Walde zahlreiche Feuer. Oestreieher und Preussen sammeln
sich um dieselben, und da niemand weiss, wer Sieger ist, kommen sie
mit einander überein, sich am Morgen dem zu übergeben, der gesiegt
habe. Friedrich reitet schon in der ersten Morgendämmerung zum
Dorfe hinaus, um zu erfahren, wie es um Ziethen stehe. Da plötzlich
kommt dieser mit einigen Husaren herangesprengt und ruft ihm zu:
„Ew. Majestät, der Feind ist geschlagen; er zieht sich zurücki“ Beide
stürzen zugleich von dem Pferde; der König liegt in Ziethen’s Armen.
Der alte Feldherr weint, wie ein Kind, laut auf und kann kein Wort
weiter hervorbringen. Dann sprengt er zu den Kriegern und ruft:
„Burschen! unser König hat die Schlacht gewonnen; der Feind ist völlig
geschlagen. Es lebe unser grosser König 1“ Alle stimmten jubelnd ein:
„Es lebe unser grosser König! Aber unser Vater Ziethen, unser Husa-
ienkönig, auch I" Ziethen hatte nämlich des Abends 10 Uhr die Anhöhen
endlich erstürmt, und der Feind hatte sich während der Nacht über die
Elbe zurückgezogen.
50* Die letzten Jahre des Krieges.
Ungeachtet dieser Siege blieb Friedrichs Lage doch sehr bedenklich, denn
die russischen und östreichischen Hauptheere waren in Schlesien vereinigt und
machten 130,000 Mann aus, und Friedrich konnte ihnen nur noch 50.000 ent-
gegenstellen. Gegen eine solche Uebermacht hätte er doch zuletzt unterliegen
müssen, wenn die Anführer beider Heere einig gewesen wären. Ihre Eifersucht
rettete ihn auch diesmal; sie trennten sich wieder, und die Russen zogen sich
zurück. Leider fiel ihnen aber gegen Ende des Jahres 1761 die Festung Kol-
berg in die Hände, und die Oestreicher hatten halb Schlesien in Besitz. Da. in
der größten Noth, war Gott am nächsten. Im Januar 1762 starb die russische
Kaiserin Elisabeth, und ihr Nachfolger Peter Iii., welcher schon lange
Friedrichs Freund war, bestieg den Thron. Sogleich ließ er alle preußischen
Gefangenen ohne Lösegeld frei, schloß Frieden und schickte dem Könige sogar
20,000 Russen zur Hülfe. Auch die Schweden machten bald Frieden. Der russi-
sche Kaiser Peter wurde zwar schon nach 6 Monaten ermordet, aber seine Nach-
folgerin, die Kaiserin Katharina, hielt den Frieden aufrecht, obgleich sie die
russischen Hülfstruppen wieder zurückrief. So waren nur noch Oestreich, Frank»
reich und das deutsche Reich in den Waffen. Aber auch diese waren des Krie-
ges müde; und nachdem England und Frankreich in Paris Frieden geschlossen
hatten, kam am 15. Februar 1763 zu Kuöertsöurg, einem sächsischen Jagd-
schlösse, auch der Friede zwischen Preußen. Oestreich und Sachsen zu Stande.
Friedrich behielt Schlesien; nicht einen Fußbreit Landes verlor er. Zwar hatte
dieser Krieg gegen 125 Millionen Thaler und das Leben von 180,000 tapfern
Kriegern gekostet, aber Friedrichs Thaten hatten Preußen auch ein solches An-
sehen verschafft, daß es von nun an zu den Hauptmächten Europas gerechnet
wurde.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrichs Friedrich Friedrich Elisabeth Peter_Iii Friedrichs Friedrichs Peter Katharina Oestreich Friedrich Friedrich Friedrichs
Extrahierte Ortsnamen: Schweden England Frankreich Paris Sachsen Europas
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
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da dieselben gar kein Ende nehmen wollten, hatten die drei mächtigen Nachbarn,
Rußland, Oestreich und Preußen, Stücke weggenommen und ihrem Pändergebiete
einverleibt. Jetzt fand die zweite Theilung Polens statt, und später, 1795,
wurde noch der Rest getheilt, so daß dieses Land, das einst über 1ls,000 Quadrat-
meilen betrug, aus der Reihe der Staaten verschwand.
Friedrich Wilhelm Iii., der Gerechte. (1797—1840.)
53. Preußens Fall.
Noch hatte Preußen Frieden, als Friedrw' Wilhelm den Thron bestieg,
aber rings umher war Kriegsgetümmel. Oestreich, England und Rußland
stritten fortwährend mit Frankreich, und es wollte ihnen nicht gelingen, dies
gährende Reich zur Ruhe zu bringen. Es war aber in diesem Lande ein großer
Kriegsheld aufgekommen, der in der Geschichte wenige seines Gleichen hat:
Napoleon Vonaparte, eines Advokaten Sohn von Corsika. Der bän-
digte nicht nur die Revolution in Frankreich, sondern erfocht auch, namentlich
in Italien, Sieg auf Sieg. Dadurch erlangte er ein solches Ansehen, daß
ihn das Volk 1804 zum Kaiser der Franzosen wählte. Dieser eroberungssüch-
tige, ehrgeizige Mann ließ nur zu deutlich durchblicken, daß er die Absicht habe,
alle Reiche in Europa erst zu schwächen und dann sich zu unterwerfen. Unser
König suchte alles sorgfältig zu vermeiden, was ihn hätte mit Napoleon in
Krieg verwickeln können, und es bestand auch scheinbar zwischen Frankreich und
Preußen Friede; aber auf die Dauer sollte auch Preußen dem Kriege nicht
theilnahmlos zusehen. Napoleon überschritt 1805 den Rhein und zog, ohne
anzufragen, durch die preußischen Fürstenthümer Ansbach und Baireuth,
um Oestreich anzugreifen. Entrüstet Uber diese Anmaßung erlaubte nun auch
der König den Russen, durch Schlesien zum Kampfe zu ziehen, und schloß mit
dem russischen Kaiser Alexander einen Bund gegen Frankreich, dem auch
Oestreich beitrat. Noch suchte Friedrich Wilhelm den Frieden zu erhalten, aber
der stolze Korse trieb es mit seinen Beleidigungen gegen Preußen so weit, daß
der edle König die Schmach und Ungerechtigkeit nicht länger ertragen konnte
und ihm 1806 den Krieg erklärte.
Mit Jubel wurde diese Kriegserklärung im ganzen Lande aufgenommen.
Die Armee des Königs jauchzte, daß sie nun endlich gegen den übermüthigen
Herrscher Frankreichs das Schwert ziehen durfte, und träumte nur von Sieg.
Das preußische Herr sammelte sich an der Nordseite des Thüringerwaldes unter
dem Oberbefehl des 72 jährigen Herzogs von Braunschweig. Noch ehe die
Schlacht gewagt wurde, gelang es Napoleon, das Heer der Preußen zu theilen.
Beide Theile desselben, wovon der eine bei Zena unter dem Prinzen von
Hohenlohe und der andere bei Aucrstädt unter dem Herzoge von
Braunschweig stand, wurde zu gleicher Zeit am 14. Oktober 1806 ange-
griffen, völlig besiegt und zersprengt. Ueber 50,000 Mann verlor der König
an diesem Unglückstage. An die Stelle der früheren Kampfeslust trat sofort
eine Muthlosigkeit, die wie eine ansteckende Krankheit um sich griff. Die ein-
zelnen Heerhaufen zogen sich eiligst und nicht in der besten Ordnung über die
Elbe und die Oder zurück, viele erlitten hier und dort eine Niederlage, oder
mußten sich dem Feinde unter harten Bedingungen ergeben. Vielleicht hätte
alles noch eine bessere Wendung genommen, wenn nur die Befehlshaber in den
Festungen sich wacker gehalten hätten. Aber die Festungen Erfurt, Span-
dau und Stettin übergaben sich dem Feinde bei der ersten Aufforderung:
Magdeburg, das mit einer starken Besatzung versehen war, siel nach kurzer
Belagerung; der Commandant von Küstrin aber wartete gar nicht die Be-
lagerung ab, sondern ging den Feinden entgegen und unterhandelte mit ihnen
vor der Stadt wegen Üebergabe der Festung, er, der noch wenige Tage zuvor
gegen den König geprahlt hatte, er weide sich so lange vertheidigen, bis ihm
das Schnupftuch in der Tasche brenne.
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Extrahierte Personennamen: Oestreich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm Oestreich Napoleon Corsika Napoleon Napoleon Alexander Alexander Oestreich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Polens England Frankreich Frankreich Italien Europa Frankreich Rhein Ansbach Frankreich Frankreichs Braunschweig Erfurt Stettin Magdeburg
42
Fig. 22. Friedrich Wilhelm Iii.
Österreich, Rußland und England gegen ihn, um ihn zur Ordnung zurück-
zuführen, aber in der Schlacht bei Austerlitz 1805 (Dreikaiserschlacht) wurden
die Russen und Österreicher geschlagen. Österreich
mußte Tyrol und Venedig abtreten. Franz Ii.
legte 1806 die deutsche Kaiserwürde nieder, da
viele deutsche Fürsten sich mit Napoleon verban-
den. Rheinbund. Weil Friedrich Wilhelm Iii.
dem Rheinbund nicht beitrat und einen nordischen
Bund gegen Napoleon stiften wollte, darum
rüstete Frankreich gegen ihn. Napoleon beleidigte
den König auf jede mögliche Weise, bis dieser
ihm zuletzt den Krieg erklärte.
2. Der unglückliche Krieg für Preußen,
von 1806—7. 1806. Friedrich Wilhelm hatte
seine mit großer Siegesgewißheit erfüllten Heere
gerüstet und war den Franzosen entgegen ge-
zogen. Auch die Sachsen und Russen hatten sich
mit ihm verbunden. Der Oberbefehl über das preußische Heer führte der 72jährige
Herzog Ferdinand von Braunschweig. Napoleon war unterdessen mit seinen
Scharen herangezogen und stand in Thüringen. Schon gleich das erste Zusammentreffen
der Preußen mit den Franzosen fiel unglücklich für die ersteren aus. Der tapfere Prinz
Ludwig Ferdinand griff mit der Vorhut des preußischen Heeres die Franzosen
an, wurde aber (10/10.) bei Saalfeld geschlagen und fiel selbst. Das preußische
Hauptheer war in zwei Haufen geteilt. Den einen führte Ferdinand v. Braunschweig,
den andern der Prinz v. Hohenlohe an. Napoleon griff beide Heere am 14. Okto-
der 1806 in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt an, die an beiden Orten
unglücklich für Preußen ausfiel. An Stelle der früheren Kampfeslust trat jetzt große
Mutlosigkeit. Ganz aufgelöst floh das preußische Heer. Die Trümmer desselben
sammelten sich erst hinter der Weichsel, wo auch schon die russischen Heere standen.
Die meisten Festungen wurden von ihren verräterischen Kommandanten den Franzosen
übergeben (nicht so Graudenz, Kolberg, Pillau), und so konnte Napoleon schon Ende
Oktober in Berlin einrücken. Er durcheilte schnell fast das ganze Land und bezog
ein festes Lager hinter der Weichsel. — 1807. Die Königliche Familie wohnte jetzt
in Königsberg, später in Memel. Der preußische General Lestocq vereinigte die
Überbleibsel des geschlagenen Heeres mit den Russen unter Benningsen. Die Ver-
bündeten wollten Königsberg nicht so leicht in die Hände der Feinde fallen lassen,
und es kam am 7. und 8. Februar 1807 zu der furchtbar blutigen Schlacht bei Pr.
Eylau, in der es den Preußen und Russen trotz der größten Tapferkeit nicht gelang,
die Franzosen entscheidend zu schlagen. Diese zogen sich nur auf einige Wochen hinter
die Passarge zurück, drangen dann wieder vor und schlugen die Preußen und Russen
am 14. Juni bei Friedland a. d. Alle. Dieser Sieg Napoleons entschied über
Preußen. Am 9. Juli kam der Frieden zu Tilsit zu stände. Preußen mußte alle
Besitzungen zwischen Rhein und Elbe, ganz Süd- und Neuostpreußen abtreten. Die
erstern vereinigte Napoleon zum Königreich Westfalen. Die letztern erhielt das
von Preußen abgefallene und von Napoleon zum Königreiche erhobene Sachsen. Preu-
ßen behielt nur noch 4 Millionen Einwohner. Außer der schon erhobenen Milliarde
Mark Kriegssteuer mußte Preußen noch 120 Millionen Mark Entschädigung zahlen.
So lange diese nicht aufgebracht waren, blieben Franzosen im Lande. Der König
durfte nicht mehr als 42 000 Soldaten halten, von denen Napoleon in jedem Kriege 1¡3
zu Hilfe kommen sollten. Napoleon frohlockte. „Wie konnten Sie es wagen, mit mir
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Franz_Ii Franz Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Ferdinand_von_Braunschweig Ferdinand Napoleon Ludwig_Ferdinand Ludwig Ferdinand Ferdinand Napoleon Graudenz Napoleon Lestocq Napoleons Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: England Venedig Rheinbund Rheinbund Frankreich Sachsen Thüringen Saalfeld Jena Kolberg Pillau Berlin Königsberg Memel Friedland Napoleons Rhein Westfalen Sachsen
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liches versuchte Andreas Hofer in Tyrol. Auch er unterlag. Österreich mußte nach
zwei blutigen Schlachten bei Gr. Aspern und Wagram zu Schönbrunn mit
Napoleon Frieden schließen.
ä. Ein schwerer Schlag sollte Preußen noch treffen. Die Königin Louise,
die so viel für ihr Vaterland gethan hatte, besuchte im Jahre 1810 ihren Vater, den
Großherzog v. Mecklenburg-Strelitz, und starb am 19. Juli auf dessen Schlosse
H ohenzieritz.
6. Napoleons Zug nach Rußland 1812. Napoleon wollte auch Rußland de-
mütigen und erklärte Alexander im Sommer 1812 den Krieg. Mit einer halben
Million Krieger, unter denen auch Preußen waren, zog er nach Rußland. In zwei
Schlachten wurden dierussen geschlagen, und diefranzosen erreichten endlichmoskau.
Aber die Russen gaben ihre Hauptstadt den Flammen preis, und die Franzosen muß-
ten den Rückzug antreten. Bald stellte sich ein furchtbar strenger Winter ein, und
was das Schwert der Russen nicht wegraffte, das kam durch Hunger und Kälte um
oder ertrank beim Übergang über die Beresina. Bon dem großen französischen Heere
gelangten nur 30 000 ohne Waffen, krank und elend in ihr Vaterland zurück. Die
Preußen, unter Jork, waren in den Ostseeländern von allem verschont geblieben.
§ 19. Preußens Erhebung und Deutschlands Befreiung. Der Freiheitskrieg
von 1813—1815. „Der König rief, und alle, alle kamen." a. 1813. Jeden
Deutschen ergriff nun die freudige Hoffnung, daß jetzt die französischen Sklavenketten
gebrochen werden könnten. Jetzt oder nie, dachte jeder. Eine unaussprechliche Be-
geisterung erfüllte jeden, besonders in Preußen. Die Schriften und herrlichen Frei-
heitsgesänge eines Arndt, Körner und Schenkendorf schürtendasfeuerdervater-
landsliebe mächtig in den Herzen an. Friedrich Wilhelm begab sich von Berlin nach
Breslau und erließ von da aus einen Aufruf zur Bildung freiwilliger Jägerkorps.
Scharenweise eilten nicht nurjünglinge herbei, sondern sogar Familienväter, Beamte,
Künstler und Gelehrte. Die nicht mitziehen konnten, gaben, was sie hatten: Geld,
Kleidungsstücke, Verbandzeug für die Krieger. Auch die Landwehr trat jetzt zu-
sammen. An ihren Mützen trug sie ein Kreuz mit der Inschrift: Mit Gott für
König und Vaterland. Das war die Losung zum bevorstehenden Kriege. Eiser-
nes Kreuz. Der König schloß mit Rußland und England ein Bündnis. Er erklärte
Napoleon den Krieg und rief am 17. März 1813 sein Volk zu den Waffen. Gleich
darauf rückte Napoleon vor, und es kam zur Schlacht bei Lützen und Groß-
Görschen am 2. Mai. Obgleich das französische Heer fast doppelt so groß war als
das der Verbündeten, so blieb die Schlacht doch unentschieden. Hier wurde der edle
General v. Scharnhorst schwer verwundet und ließ sich nach Prag bringen. Die Ver-
bündeten gingen aber etwas zurück, um Verstärkungen an sich zu ziehen. Napoleon
verfolgte sie, und es kam den 20. und 21. Mai 1813 zu einer sehr blutigen Schlacht
bei Bautzen, die wieder unentschieden blieb. Napoleon sagte: „Wie? nach einer
solchen Schlächterei keine Resultate? Nicht einmal den Nagel von einer
Kanone lassen sich diese Preußen nehmen." Er hatte die Kraft und den Mut
der Verbündeten kennen gelernt und bot ihnen einen Waffenstillstand auf 6wochen
an, der auch angenommen wurde. Während des Waffenstillstandes rüsteten alle Par-
teien. Österreich und Schweden traten den Verbündeten bei. Diese teilten ihre groß-
ßen Heere in 3 Haufen. In Sachsen stand unter dem österreichischen Feldherrn
Schwarzenberg die Hauptarmee, in Schlesien unter Blücher die schlesische
und nördl. von Berlin unter dem schwedischen Kronprinzen Bernadotte die Nord-
armee. Am 23. August wurden die Franzosen, welche Berlin nehmen wollten, von
den preußischen Generalen Bülow und Tauenzien bei Gr. Beeren geschlagen. „So
flutscht et bäter!" Dann drang Blücher vor. Als sich aber Napoleon mit seiner
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Görschen Prag Bautzen Schweden Sachsen Berlin Berlin