102
V. Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I.
sich mannhaft. Der Krieg wurde zugleich in Armenien und Bulgarien geführt. Als die Russen Plewna in Bulgarien genommen und deu Durchzug ' durch den Schipkapaß des Balkangebirges erzwungen hatten, stand ihnen der Weg nach Konstantinopel offen. Nun mischten sich die Engländer ein. Sie erschienen mit einer starken Flotte an den Dardanellen und erklärten, sobald ein russisches Kreuz auf der Hagia Sophia erscheine, würden sie auf die Russen schießen. Auch Österreich erhob Einspruch. Dadurch kam ein vorläufiger Friede zu San Stefano (südlich von Konstantinopel am Marmara-Meer) zustande; aber die Entscheidung wurde einem Kongreß der europäischen Großmächte vorbehalten. In Berlin trat er zusammen. Fürst Bismarck führte den Vorsitz. Rumänien und Bulgarien wurden als unabhängige Staaten zwischen Rußland und die Türkei gestellt. Bulgarien blieb der Türkei vorläufig tributpflichtig. ,Das armenische Erserum, das die Russen erobert hatten, wurde den Türken zurückgegeben, dagegen verblieb Kars im Kaukasus den Russen, die daraus eine starke Festung schufen. Montenegro und Serbien wurden ebenfalls unabhängig von der Türkei. Bosnien und die Herzegowina wurden österreichischer Verwaltung übergeben, Thessalien und Epirus an das Königreich Griechenland abgetreten. Der Türkei verblieben in Europa nur noch die Provinzen Albanien, Rnmelien und Mazedonien, das Stammland Alexanders des Großen. England ließ sich die Insel Cypern gegen eine Geldentschädigung von der Türkei abtreten und versprach dafür Schutz gegen etwaige russische Eroberungsversuche. Die Fürsten von Rumänien, Serbien und Bulgarien haben später den Königstitel angenommen, Ostrumelien steht unter bulgarischer Verwaltung, , Bosnien und die Herzegowina hat Österreich seinem Staatsgebiete vollständig einverleibt (1908).
Der Berliner Kongreß hatte verhindert, daß Rußland Länderzuwachs auf der Balkanhalbinsel erhielt. Die russische Mißstimmung richtete sich gegen den Vorsitzenden des Kongresses, obschon das Deutsche Reich von der türkischen Beute weder etwas beansprucht noch erhalten, sondern als neutrale Macht die Gegensätze nur auszugleichen gesucht hatte. Der russische Zar zog sich vom Dreikaiserbund zurück; darauf schloß das Deutsche Reich mit Österreich und Italien den Dreibund. Bismarck hat es trotzdem verstanden, auch das Verhältnis zu Rußland wieder freundlicher zu gestalten und 1884 den sogenannten Rückversicherungsvertrag auf sechs Jahre zu schließen. Die Vereinbarung lautete dahin, daß Rußland neutral bleiben solle, wenn das Deutsche Reich von Frankreich angegriffen werde, dafür würde das Deutsche Reich bei einem Angriff Österreichs auf Rußland nicht eingreifen. Nach Ablauf der sechs Jahre wurde der Vertrag nicht erneuert; Rußland näherte sich der Französischen Republik, mit der am Schluß des Jahrhunderts ein festes Bündnis zustande kam, das der Zweibund genannt wird.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms_I. Stefano Alexanders Bismarck
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Preußen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
150 Der westphälische Frieve; Mednch Wilhelm's Ziel.
4) die Anwartschaft auf das Erzstift Magdeburg, sobald der damalige Administrator mit Tode abgehen würde, was 1680 erfolgte (das Erz-stift umfaßte die heutigen Kreise Magdeburg, Neuhaldensleben, Wolmirstädt, Jerichow I. und Ii. und Calbe; dagegen waren die Aemter Quersurt, Jüterbogk, Dahme und Gnrg schon vorher an Kursachsen abgetreten, Burg kam 1687 an Brandenburg, die übrigen Gebiete erst 1815).
Der Kurfürst von Brandenburg führte fortan auch die Titel: Herzog von Pommern, Herzog von Magdeburg, Fürst vou Halberstadt und von Minden.
Die dem Kurfürsten bewilligte Entschädigung war, was den Flächenraum und die Schönheit des Landes betrifft, bedeutender, als der Verlust in Pommern ; denn für 160 Quadratmeilen des pommerischen Landes erhielt der Kurfürst 200 Quadratmeilen schönen, wohlangebauten und reichbevölkerten Bodens. Auch wareu die heftigsten Gegner Brandenburgs sehr unzufrieden mit dieser, wie es schien, überreichen Entschädigung. Aber der Kurfürst selbst konnte den Verlust vou Pommern nicht so leicht verschmerzen. Unter allen brandenburgischen Fürsten war er nämlich derjenige, welcher am entschiedensten zur Gründung einer Seemacht hinneigte. Seine derartigen Jugendiräume waren durch den Aufenthalt in Holland neu belebt und gestärkt worden: deshalb schien ihm der Besitz der pommerischen Seeküste doppelt wichtig. Später freilich hat man erkannt, wie bedeutsam für Preußen die Erwerbung jener schönen Länder im Innern von Deutschland war, durch welche Brandenburg mit den mittleren deutschen Staaten in immer engere und folgenreichere Berührung kam.
Neben der Sorge für seine eigenen Staaten versäumte der Kurfürst nicht, der Sache der Protestanten bei dem großen Friedensschlüsse seine Aufmerksamkeit zuzuwenden, besonders war es seinen eifrigen Bemühungen zu danken, daß den Reformirten dieselben Vortheile, wie den angsburgischen Confefsionsverwandten eingeräumt wurden. Durch den westphälischen Frieden wurde festgesetzt, daß in allen bürgerlichen Verhältnissen beide Religionsparteien vollkommene Gleichheit genießen sollten, außer in den kaiserlichen Erblanden, aus welche die Wohlthat der Glaubensfreiheit nicht ausgedehnt wurde. Nur Schlesien wurde ein kümmerlicher Schein derselben zu Theil.
Am 24. September 1648 wurde die Urkunde des westphälischen Friedens zu Münster unterzeichnet. Von hier an beginnt für Preußen, wie für ganz Deutschland, eine neue Entwickelung.
21. Friedrich Wilhelm's Streben und Trachten in der Landesregierung.
Friedrich Wilhelm's großes Ziel. Durch den Ausgang der Friedensunterhandlungen sah das brandenbnrgische Haus seinen Länderbesitz erweitert: die wichtigsten Erwerbungen erhielten jedoch erst dadurch den rechten Werth, daß der Fürst, welcher damals aus dem brandenburgischen Throne saß, von dem Streben beseelt war, seinem Staate und Volke eine erhöhete Bildung zu erringen. Friedrich Wilhelm war der erste brandenbnrgische
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Weltkrieg
Inhalt: Zeit: 1914-1918
— 22 —
standen die Balkanvölker unter Englands Macht, und Deutschland war der Weg nach dem Orient auf immer gesperrt. Der türkische Krieg ward zum deutschen Krieg; Deutschlands zukünftige welt-stellung stand auf dem Spiel. Darum waren den Türken viele deutsche Offiziere und Techniker zu Hilfe geschickt worden; der Generalfeldmarschall von der Goltz wurde Oberbefehlshaber des türkischen Heeres in Mesopotamien, der deutsche Rdmiral Souchon Rdmiral der türkischen Flotte und der General £iman von Sanders der ruhmreiche Verteidiger der Halbinsel Galli-poli.
Zunächst versuchte eine vereinigte englisch-französische Flotte, zuletzt 38 große Schlachtschiffe stark, die Festungswerke der Dardanellen zu zerstören. Der Angriff wurde nur möglich, indem die Engländer die vorliegenden griechischen, also neutralen 3nseln £emnos, 3mbros und Tenedos besetzten, um dort einen Stützpunkt zu haben. Die Flotte zerstörte die Forts zum Teil, aber die Türken bauten neue und wirksamere Batterien in den Felsen. Die Durchbruchversuche zu Wasser wurden eingestellt, nachdem an einem Tage (18. März) vier große Panzerschiffe durch das türkische Geschützfeuer versenkt worden waren.
Nun sollte ein großes Landungsheer Gallipoli und seine Festungswerke erobern. Ls gelangen auch Landungen an der Südspitze und Westseite unter dem Schutze gewaltigsten Geschützfeuers der Flotte; die Türken besaßen noch nicht genug schweres und weittragendes Geschütz, um die vielen Schiffe niederzukämpfen. Rber die Landungstruppen kamen nicht weit. Geschickt geführt und mit gewohnter Todesverachtung kämpfend, warfen die Türken die gegen die felsigen höhen heranstürmenden immer und immer wieder auf die schmalen Uferstreifen zurück. Ruf diesen harrten nun die unglückseligen englischen, australischen, neuseeländischen, französischen und Negersoldaten acht Monate lang aus. Rn 250 000 Leute büßten die Feinde dort im Gefecht und an Krankheiten ein. wie gerne wären sie bald wieder abgezogen, aber sie schämten sich und blieben. Endlich verkündeten sie, die Truppen würden anderweit gebraucht (in Saloniki, s. Nr. 4, 4) und räumten die Westseite der Halbinsel. Die vorstürmenden Türken bereiteten ihnen heißen Rbschied und machten große Beute. Rn der stark befestigten Südspitze bei Rri Burun hielten sich diefeinde noch eine weile; aber im Januar 1916 wurden sie auch von dort vertrieben.
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§. 31. Der Befreiungskampf der Griechen. Die Türkei. 311
Noch waren die inneren Angelegenheiten Griechenlands nicht geordnet. Das Volk war besonders mit der Strenge des Präsidenten Kapodistrias unzufrieden, und dieser wurde 1831 ein Opfer des Meuchelmordes. Die Großmächte, die Griechenlands Unabhängigkeit durchgesetzt hatten, ordneten nun die äußeren und inneren Verhältnisse des neuen Staates und bestimmten, daß der Peloponnes, die Inseln des Archipels mit Ausnahme von Samos und Kandia, und Hellas vom Busen von Volo bis zu dem von Arta dazu gehören sollten. Nachdem der Prinz Leopold von Sachfen-Koburg die Krone des neu gegründeten Königreichs ausgefchlagen hatte, übertrugen sie dieselbe dem Prinzen Otto von Bayern, welcher sie 1833 unter höchst schwierigen Verhältnissen übernahm. Er regierte bis 1862, wo ihn eine Empörung aus dem Lande vertrieb. Im Jahre 1863 bestieg der zweite Sohn des Königs von Dänemark als Georg I. den erledigten griechischen Thron. Ihm trat auch England die bisher unter seinem Schutze stehenden ionischen Inseln ab; dagegen mißlang eine von den Griechen angestiftete und unterstützte Erhebung der Insel Kreta, die den Türken erhalten blieb.
Ein abermaliger Verlust drohte dem ohnmächtigen Türkenreiche, als sich der mächtige Pascha von Ägypten, Mehemed Ali, selbst gegen die Türkei erhob, um sich eine unabhängige Herrschaft zu erringen. Sein Stiefsohn Ibrahim siel 1831 in Syrien und Kleinasien ein, besiegte das Heer des türkischen Großveziers, und der Sultan mußte dem ägyptischen Pascha 1833 auch die Statthalterschaft Syriens übergeben. Als Mehemed Ali 1839 den Kamps erneuerte und nach dem Sieg bei Nisib das ganze Türkenreich zu erobern drohte, schlossen die europäischen Großmächte mit Ausnahme von Frankreich, das dem ägyptischen Pascha seine Gunst zuwandte, zu London 1840 einen Vertrag zur Erhaltung des türkischen Reiches; ein aus Engländern und Östreichern gebildetes Heer zwang Ibrahim zur Räumung Syriens und Mehemed Ali 1841 zum Frieden, durch welchen ihm die Statthalterschaft von Syrien genommen, aber die Erblichkeit der Statthalterwürde von Ägypten zugesichert wurde. Als er 1849 starb, belehnte der Sultan seinen Sohn Ibrahim mit der erledigten Herrschaft.
Die Revolution in Neapel und Sizilien. Auch auf der apenninischen Halbinsel war der Zeitraum von 1820 bis 1830 ein unruhiger. Über Neapel und Sizilien herrschte nach Mitrats Vertreibung König Ferdinand Iv. aus dem bourbonischen Stamme. Das Volk, mit der Regierung desselben höchst unzufrieden, begehrte
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Extrahierte Ortsnamen: Griechenlands Samos England Syrien Kleinasien Syriens Frankreich Syriens Mehemed_Ali Neapel Sizilien Neapel Sizilien
Der Wiener Kongre. Iii 122i.
67
die er mit der Altmark, mit Magdeburg und Halberstadt zu der neuen Provinz Sachsen vereinigte. Die Saalepsse und die Elbefestungen Torgau und Wittenberg sowie die stliche Lausitz mit Grlitz wurden preuisch. Aus der polnischen Lndermasse fiel Westpreuen mit Danzig und Thorn nebst dem Netze-Distrikt und Posen an Preußen zurck, das dieser Striche zur Deckung seiner Hauptstadt und zur Verbindung der Pro-vinzen Preußen und Schlesien bedurfte. sterreich erhielt Galizien zurck. So beschrnkte sich das mit Rußland durch Personalunion" verbundene Knigreich auf Kongrepolen".
4. Neben den Verhandlungen gingen rauschende und kostspielige Feste her, die unser guter Kaiser Franz" seinen Gsten gab. Da widmete man sich ganz der Freude an der neugewonnenen Friedenszeit. Alt-Wien" erwies sich als die rechte Stadt der Feste, die auch die Bevlkerung in allen Schichten mitvorbereitete und mitfeierte. Gebude und Jnneneinrich-hing, Gewnder und Schmuck, Marstlle und Grten: alles brachte den Gsten festliche Stimmung entgegen. Unter dem Einflu groer Bestellun-gen hob sich der Gewerbflei und der Geschmack: die Bronze- und Gold-schmiedekunst blhten auf; Wien zhlte sechshundert Seidenfabriken; die Kunsttischlerei verstand es, die Mbel in Stil und Farbe feilt abzutnen und zueinander und zu den Rumen in Einklang zu bringen. Die Tracht, wie sie nach den Schreckenstagen in Paris aufgekommen war, wurde weiter-entwickelt: die Männer trugen blaue Frcke mit goldenen Knpfen, im Sommer mit gelben Nankinghosen, die Damen griechische Gewnder mit hoher Grtung, Hut und Haube auf eng anliegendem Haar.
So begann eine neue Form des Daseins, eine neue Lebenskunst, die sich den verschiedenen Stnden, zunchst in der schnen Donaustadt, mit-geteilt und bis heute weitergestaltet Hat. Daneben aber ging der Lnder-schacher ungestrt weiter.
2. Die neue Karte Europas und der Bundestag.
1. Es war unmglich, den Rheinbundstaaten die Lndergebiete oder doch den Gebietsumfang, womit Napoleon sie ausgestattet Hatte, wieder abzunehmen: nur gegen dieses Versprechen hatten die bedeutendsten sich zu dem Bunde gegen Frankreich herbeigelassen. Daher konnte man auch die deutschen Gromchte nicht in der alten Form, sondern nur in ihrem alten Grenverhltnis wiederherstellen.
So ergaben sich folgende Neugestaltungen:
Frankreich behielt die Grenzen, die vor der Revolution ihm zu-gehrten. Nur einige Kolonien in Westindien verblieben England, das auch das hollndische Kapland und den westlichen Teil des hollndischen
5*
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Extrahierte Personennamen: Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Altmark Magdeburg Sachsen Wittenberg Danzig Thorn Galizien Wien Paris Donaustadt Europas Rheinbundstaaten Frankreich Frankreich Westindien England
Meßen. Als ihm aber die Entente drohende Vorhaltungen machte, widerrief er sein Angebot und floh nach Frankreich. Land und Heer unterwarfen sich indes bedingungslos dem Sieger, und bald herrschte in dem unter österreichischer Verwaltung stehenden Lande die von seinen Bewohnern lange ersehnte Ruhe des Friedens. ’
2. Die Besetzung Öordalbaniens. Nunmehr zogen die Österreicher weiter nach Süden. Skntari, Dnrazzo und der bei weitem größere Teil des übrigen _ Albanien fielen in kurzer Zeit in ihre Hand. Die Bewohner empfingen sie fast überall mit Jubel, und viele der waffengeübten Männer dieses bergigen Landes traten freiwillig in ihre Reihen und kämpften mit ihnen gegen die verhaßten Italiener, die den Süden und besonders Valona besetzt hielten
3. Unternehmungen der Salonihi-Hrmee. Auf der Balkan-Halbinsel standen außer in Valona noch in Saloniki stärkere Truppenverbände der Entente. Diese waren hier Ende September und Anfang Oktober 1915, also zur Zeit des zusammenbrechenden Dardanellenunternehmens, gelandet worden und hatten ursprünglich die Aufgabe gehabt, dem schwerbedrängten Serbien Hilse zu bringen. Dazu waren sie indessen viel zu spät gekommen. Der schwache Vorstoß, den sie im Spätherbst 1915 gewagt hatten, war, wie wir gesehen haben (I. S. 111), vollkommen gescheitert. Mit dem Zusammenbruch Serbiens war ihr Eingreifen ganz und gar gegenstandslos geworden. Trotzdem blieben sie und richteten sich in dieser neutralen Stadt für einen langen
Aufenthalt ein; ja, man schaffte noch immer mehr Truppen hierher; auch
Russen, Italiener und einige serbische Regimenter, die man aus den Trümmern des serbischen Heeres neu gebildet hatte, sowie endlich griechische Freiwillige und Revolutionstruppen, besonders aus Kreta, wurden hier eingesetzt und bildeten mit den farbigen und weißen Franzosen und' Engländern das bunteste Völkergemisch, das man sich denken konnte. Die Stärke dieses Heeres war schwankend. Immerhin betrug sie im Durchschnitt 300000 Mann. Ganz besonders setzte sich die französische Regierung für dies Unternehmen ein.
Deshalb wurde auch ein französischer General, Sarrail mit Namen, mit der Führung dieser Armee betraut.
Bei dem ständigen Bedürfnis an Truppen auf anderen und wichtigeren Kriegsschauplätzen ist es schwer zu verstehen, weshalb sich der Vierverband hier so hartnäckig festlegte. Wahrscheinlich wollte er sich auf dem an politischer Bedeutung immer mehr steigenden Balkan nicht vollständig mattsetzen lassen. Hauptsächlich aber hielt ihn die Hoffnung auf Rumäniens Anschluß zurück. Er erwartete, die Anwesenheit eines starken Heeres werde in diesem noch
schwankenden Lande den durch eine geglückte russische Offensive ausgeübten Anreiz, ihm beizutreten, ganz bedeutend vergrößern. Man wollte für diesen Fall Bulgarien durch gleichzeitigen Angriff von Norden und Süden her zermalmen, das dann ungedeckte Konstantinopel den Russen überlassen und selbst mit den in Albanien stehenden Italienern über das befreite Serbien und Montenegro gegen die ungarische Ebene vorstoßen.
Vorläufig verhielt man sich ganz still. Monate vergingen, ohne daß man von ernstlichen Unternehmungen der Saloniki-Armee etwas gehört hätte. Endlich im Mai 1916 schien der Vierverband größere Überraschungen vorzubereiten. Das bunte Landungsheer breitete sich fächerfömig nach Norden aus
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und bedrohte dadurch deu linken deutschen Flügel. Unsere Heeresleitung fant dem Gegner zuvor. Sie faßte kühn und energisch zu, indem sie Ende Mai 1916 die wichtige Rupeleuge an der Struma besetzte. Damit war der beabsichtigte feindliche Schritt pariert. Die deutsch-bulgarische Front war nun weder in der linken Flanke, noch von vorn mit Aussicht auf Erfolg anzugreifen. Durch diese Kriegslage gezwungen, hatten auch unsere Truppen griechischen Boden betreten, dessen Neutralität bis dahin von ihnen aufs peinlichste beachtet worden war. König Konstantin von Griechenland machte keine Einwendungen, da Deutschland und Bulgarien feierlich versprachen, die griechischen Hoheitsrechte streng zu wahren. Wieder trat eine lange Panse in den kriegerischen Unternehmungen ein, die auch durch die schier unerträgliche Hitze so gut wie ausgeschlossen waren.
Die Ruhe der Waffen hatte abermals ein Ende, als in den letzten Augusttagen 1916 die deutsch-bulgarische Armee ihrerseits vorging und die Sar-railischen Truppen beiderseits umfaßte. Einmal wurde die Struma-Linie im Osten besetzt und das Ägäische Meer mit dem linken bulgarischen Flügel erreicht. Anderseits schlug der diesseitige rechte Flügel die ihm gegenüberstehenden Überreste der serbischen Armee und trieb sie nach vernichtenden Kämpfen bis weit südlich der großen Seen von Presba und Ochrida zurück. Das Landungskorps der Entente war somit wie von einer Zange gepackt.
Inzwischen war der große Augenblick gekommen. Rumänien hatte den Krieg erklärt. Sofort rührte sich auch der Zauderer Sarrail, und er hatte wenigstens auf seinem linken Flügel einige Erfolge. Die Unseren mußten hier den griechischen Boden ausgebeit. Serbische Truppen faßten sogar im Süden ihres Landes wieder Fuß. Die Stadt Monastir fiel am 19. November in ihre Hemd; aber der große Zusammenbruch, wie man ihn erträumt hatte, erfolgte nicht. Das schnelle Zufassen Mackensens machte allen Vierverbandshoffnungen ein frühzeitiges Ende. Sarrail war schon viel zu spät gekommen. Nicht einmal eine Entlastung brachte er den Rumänen. Über die erfüllte sich ja gerade in jener Zeit, da Monastir uns verloren ging, das Geschick in mächtigen Schlägen. Die Mittelmächte hatten nicht nötig, von dem dortigen Kriegsschauplätze Truppen nach Mazedonien gegen Sarrail zu senden. Ihn wehrten die dort stehenden Verbände glatt ab. So blieb er denn bald in den Anfangserfolgen stecken. Über Monastir, das in der Feuerlinie liegen blieb, kam er nicht hinaus. Nicht besser ging es seiner Frühjahrsoffensive, die der linke Flügel im März 1917 unternahm, und die wahrscheinlich darauf hinzielte, die Verbindung mit den Italienern in Valona herzustellen. Die Höhen nördlich von Monastir, die während des ganzen zweiten Drittels dieses Monats* ununterbrochen berannt wurden, blieben im ganzen fest in den Händen der verbündeten Deutschen und Bulgaren. Die ungeheuren Opfer waren völlig vergebens gebracht. •
4. Die Knebelung Griechenlands. Alle diese kriegerischen Unternehmungen geschahen von der griechischen Stadt Saloniki aus und ereigneten sich in dem südlichen Mazedonien, also auf griechischem Boden. Die Entente, deren führende Männer und Zeitungen noch heute voll sittlicher Empörung die Verletzung der belgischen Neutralität als den schändlichsten Rechtsbruch aller Zeiten hinzustellen sich bemühen, machte sich hier also nicht das geringste Ge-
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wissen daraus, neutrales Land für ihre Zwecke zu benutzen. Dies und ihr weiteres Verhalten gegenüber dem ohnmächtigen Griechenland zeigten so recht, wie sich jene Mächte den „Schutz der kleinen Staaten" und den „Kamps für Freiheit und Recht" dachten, den sie so eifrig im Munde führten.
Dabei muß man die Schwierigkeit der Lage Griechenlands verstehen. Ein Beitritt zur Entente konnte ihm den mühsamen Gewinn der beiden Balkankriege kosten, ohne ihm wesentliche Vorteile in Aussicht zu stellen, da das bulgarische Mazedonien von Serbien, Albanien und ein Teil der türkischen Inseln von Italien erwünscht wurde. Andererseits war eine tätige Unterstützung der Mittelmächte gefährlich, da seine lange Küste und die vielen Inseln schutzlos unter den englischen <Zchiffsgeschützen lagen. Das Natürlichste für das Land war alfo die unbedingte Aufrechterhaltung der Neutralität, und das war umsomehr zu wünschen, als das arme Land nach den beiden jüngsten Kriegen die Erholung dringend brauchte. Das verstand niemand besser als der König Konstantin, der, um auf alle Fälle gerüstet zu sein, bereits in den Tagen, da die Ereignisse sich seinem Lande näherten, sein Heer mobilisiert hatte. Als unmittelbar nach der ersten Landung von Verbandstruppen in Saloniki die Ententemächte in drohendem Tone auf Grund eines bestehenden griechisch-serbischen Bündnisvertrages von ihm ein sofortiges Eingreifen zugunsten Serbiens verlangten, lehnte er diese Zumutung ab, da der Bündnisfall nicht gegeben sei, und zwang seinen Ministerpräsidenten Venizelos, einen kretischen Advokaten, der auf seiten des Vierverbands stand, sein Abschiedsgesuch einzureichen.
Jetzt suchten die Verbandsmächte nun planmäßig durch widerrechtliche und demütigende Maßregeln Griechenland zum Eingreifen zu zwingen. Zunächst schufen sie sich in Saloniki und den angrenzenden Gebieten ein Operationsgebiet für ihre Unternehmungen. Sie bemächtigten sich der griechischen Befestigungswerke, legten neue an, entkleideten die griechischen Behörden jeder Gewalt und entfernten die griechischen Truppen. Ja, sie duldeten es, daß der Hochverräter Venizelos dies Gebiet und die meisten griechischen Inseln vom griechischen Staate loslöste und zu einer neuen Republik vereinigte. Dann besetzten Ententetruppen unter dem Vorwande der strategischen Notwendigkeit andere Gebietsteile des griechischen Staates, so die Inseln Korfu und Thasos. Endlich griffen sie unter dem Vorgeben, die Operationen in Mazedonien von einer Bedrohung im Rücken freihalten zu wollen, in alle Verhältnisse des übrigen Staates ein. Sie besetzten durch ihre Truppen die Eisenbahnen- und Telegraphenstationen des Landes, setzten wiederholt den Rücktritt von Ministerien durch, die ihnen nicht genehm waren, erzwangen die Demobilisierung des Heeres und der Flotte, die Aufsicht über die Politik, über den Post- und Telegraphenverkehr, die Ausweisung der Vierbundsgesandten und die Auslieferung der griechischen Flotte und beträchtlicher Teile des Kriegsmaterials und besetzten zeitweise den Piräus, während ein englisch-französisches Geschwader vor dem Hafen kreuzte. Als die gepeinigten Griechen in ihrer Empörung zu den Waffen griffen und es am 1. Dezember 1916 in den Straßen der Hauptstadt zu einem Gefechte kam, in dem die Ententesoldaten zum Rückzug genötigt wurden, da verhängte England über ganz Griechenland die Blockade und schnitt damit Griechenland von den Getreidelieferungen aus Amerika ab, von denen
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Extrahierte Personennamen: Venizelos Venizelos
Extrahierte Ortsnamen: Griechenland Griechenlands Mazedonien Serbien Albanien Italien Saloniki Griechenland Saloniki Korfu Mazedonien England Griechenland Amerika
Autor: Tschirch, Otto, Lambeck, Gustav, Rühlmann, Paul, Wilmanns, Ernst
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Geschlecht (WdK): Jungen
Ausbruch des Siebenjährigen Krieges 11
B. Der Siebenjährige Krieg.
13. Gründe des Einmarsches in Sachsen?
Gleich bei Beginn des Krieges war es notwendig, eine (Einmischung der Sachsen, die den Preußen gefährlich werden konnte, zu verhindern, wollte man den Kriegsschauplatz nach Böhmen verlegen, so mußte man durch Sachsen marschieren, und machte man sich nicht zum Herrn von Sachsen, so behielt man einen Feind im Rücken, der den Preußen di6 Schiffahrt auf der (Elbe sperren und sie so zum verlassen Böhmens nötigen konnte, sobald er es wollte. So hatten es die Sachsen ja schon im Kriege von 1744 gemacht, wo sie den preußischen Truppen den Wasserweg verlegt und sie so um die Früchte ihrer Unternehmungen gebracht hatten. Idenn man jetzt die gleiche Absicht bei ihnen voraussetzte, so stützte man sich keineswegs auf leere Vermutungen. Titan hatte ja die Beweise ihres bösen willens in Händen! (Es wäre also ein unverzeihlicher politischer Fehler gewesen, aus bloßer Schwäche einen Fürsten zu schonen, der mit dem Hause Österreich verbündet war und nur darauf wartete, sich offen für dasselbe zu erklären, sobald er es ungestraft wagen konnte. Da der König von Preußen überdies voraussah, daß der größte Teil (Europas sich zum Angriff auf ihn rüsten würde, so konnte er die Mark Brandenburg nur dadurch decken, daß er Sachsen besetzte, was außerdem den Vorteil bot, daß er den Kriegsschauplatz aus der Umgegend von Berlin in Feindesland verlegte. (Er beschloß also, den Krieg nach Sachsen zu tragen, sich der (Elbe zu bemächtigen und bei der ersten sich bietenden Gelegenheit den versuch zu machen, die sächsischen Truppen zu entwaffnen.
H. Gras vernstorff, dänischer Kriegsminister *759, über den Ursprung des Siebenjährigen Krieges?
Vieser Krieg ist entbrannt nicht um ein mittelmäßiges oder vorübergehendes Interesse, nicht um ein paar Waffenplätze oder kleine Provinzen mehr ober weniger, sondern um Sein und Nichtsein der neuen Monarchie, die der König von Preußen mit einer Kunst und Schlagfertigkeit in die höhe gebracht hat, welche die eine Hälfte von (Europa überrascht und die andere getäuscht habe; der Krieg ist entstanden, um zu entscheiden, ob diese neue Monarchie, zusammengesetzt aus verschiedenen Bestandteilen, noch ohne die ganze, für sie notwendige Festigkeit und Ausdehnung, aber ganz und gar militärisch und mit der ganzen Begehrlichkeit eines jugendlichen mageren Körpers bestehen bleiben wird, ob das Reich zwei Häupter haben und der Norden Deutschlands einen Fürsten behalten soll, der aus seinen Staaten ein Lager und
1 Aus Friedrichs (Beschichte des Siebenjährigen Krieges. 4. Kapitel. (Eingang. Oeuvres Iv, 80—81.
2 Correspondance de Bernstorff avec Choiseul. Kopenhagen 1871, S. 112. 113.
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Bernstorff
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Sachsen Sachsen Sachsen Sachsen Europas Brandenburg Sachsen Berlin Feindesland Sachsen Europa Deutschlands Friedrichs Kopenhagen
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