Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 399

1913 - Wittenberg : Herrosé
390 kunstlos, nur auf das Bedürfnis berechnet, war der Hausrat. Mann und Frau aßen von einem und demselben Teller. Ein oder zwei Becher reichten aus für die ganze Familie. Messer und Gabel dienten für mehrere Tischgenossen zugleich. Die Glasur irdener Gefäße kam erst jetzt auf. Kerzen hatte man noch nicht, sondern nach fröhlichem Schmause ließen sich die Gäste mit Fackeln oder Laternen nach Hause leuchten. Selbst in wohlhabendern Familien hatte der Sohn keine eigne Wirtschaft, sondern wohnte mit seiner jungen Frau in einem Hinterstübchen des elterlichen Hauses. Da- bei fehlte es aber in jenen düstern Räumen durchaus nicht an Heiterkeit und Frohsinn. Sang und Klang war überall, und in mancher deutschen Stadt gab es eine unglaubliche Menge von Spielleuten, die ihre Harfen. Fiedeln. Pfeifen und Zinken er- tönen ließen. C. Wernicke. 229. Gudruns Klage. 1. Nun geht in grauer Frühe der scharfe Märzenwind, und meiner Qual und Mühe ein neuer Tag beginnt. Ich wall' hinab zum Strande durch Reif und Dornen hin, zu waschen die Gewände der grimmen Königin. 2. Das Meer ist tief und herbe, doch tiefer ist die Pein, von Freund und Heimaterde allzeit geschieden sein. Doch herber ist's, zu dienen in fremder Mägde Schar, und hat mir einst geschienen die güldne Krön' im Haar. 3. Mir ward kein guter Morgen, seit ich dem Feind verfiel; mein' Speis' und Trank sind Sor- und Kummer mein Gespiel, sgen, doch berg' ich meine Tränen in stolzer Einsamkeit; am Strand den wilden Schwänen allein sing' ich mein Leid. 4. Kein Dräuen soll mirbeugen den hochgemuten Sinn; ausduldend will ich zeugen, von welchem Stamm ich bin. Und so sie hold gebaren, wie Spinnweb acht' ich's nur; ich will getreu bewahren mein Herz und meinen Schwur. 5. O Ortwin, trauter Bruder, o Herwig, Buhle wert, was rauscht nicht euer Ruder, was klingt nicht euer Schwert! Umsonst zur Meereswüste hin späh' ich jede Stund'; doch naht sich dieser Küste kein Wimpel, das mir kund. 6. Ich weiß es: nicht vergessen habt ihr der armen Maid; doch ist nur kurz gemessen dem steten Gram die Zeit. Wohl kommt ihr einst, zu sühnen; zu retten, ach, zu spät, wenn schon der Sand der Dünen um meinen Hügel weht. 7. Es dröhnt mit dumpfem Schlage die Brandung in mein Wort; der Sturm zerreißt die Klage und trägt beschwingt sie fort. O möcht' er brausend schweben und geben euch Bericht: „Wohl laß ich hier das Leben, die Treue laß ich nicht!" E. Geibel.

2. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 377

1913 - Wittenberg : Herrosé
377 ein großes Waschfest, das mit Vorbereitungen und Nacharbeit acht oder vierzehn Tage alle weiblichen Hausgenossen und noch ein paar Waschfrauen dazu in Anspruch nahm. Ii. Seitdem sind mehr als fünfzig Jahre verstrichen. Auch wenn wir von ländlichen Haushaltungen absehen, die immer noch in der Lage sind, einen großen Teil ihrer Bedürfnisse selbst zu er- zeugen und gebrauchsfertig herzustellen, so läßt sich nicht be- haupten. daß alle erwähnten häuslichen Einrichtungen und Arbeiten aus allen oder den allermeisten deutschen Häusern völlig verschwunden seien. Es gibt immer noch Frauen, die das eine und das andre so machen, wie es ihre Urgroßmütter machten. Aber im großen und ganzen zeigt heute das häusliche Leben in Deutschland ein völlig andres Gesicht. Der allgemeine Brauch ist nicht mehr, selbst zu machen, was man irgend selbst machen kann, sondern zu kaufen, was irgend zu kaufen ist. Den leitenden Grundsatz in Einrichtung und Lebensweise bilden nicht mehr die Sparsamkeit und Genügsamkeit, sondern die Behaglichkeit und Befriedigung des Schönheitssinnes. Man fragt nicht: Was können wir entbehren? Was können wir uns mit eigner Anstrengung schaffen? sondern: Was müssen wir haben? Woher beziehen wir das und jenes am besten? Wenn nun auch Sparsamkeit und Genügsamkeit unbedingt Tugenden genannt werden müssen, so ist« nicht damit gesagt, daß der heutige Zuschnitt unsers häuslichen Lebens ebenso unbedingt verwerflich sei. Jedes Volk führt ihn ein, sobald es sich dazu reich genug fühlt. Unsre westlichen Nachbarn, besonders die Eng- länder und Holländer, haben, weil sie viel reicher sind als wir, schon viel früher diesen Schritt getan. Daß wir ihnen aber jetzt verhältnismäßig so schnell nachgefolgt sind, das liegt nicht an einem ebenso plötzlichen und ebenso starken Wachstum unsers Nationalvermögens. Mit jenen beiden Völkern und den Fran- zosen verglichen, sind wir immer noch ein armes Volk. Vielmehr liegt es einerseits daran, daß durch die Ausbreitung des Eisen- bahnnetzes die Angehörigen aller Kulturvölker in unendlich viel lebhaftere Beziehungen zueinander getreten sind als früher, und anderseits daran, daß durch die Erfindung der verschiedenartigsten Maschinen die Arbeit der Menschenhand überhaupt an vielen Stellen abgelöst worden ist. Der Dampf hat die Welt um- gewandelt! Der Handwerker muß vielfältig dem Fabrikanten weichen: er zieht dafür, soviel er kann, die Arbeit an sich, die früher jeder für sich selbst ausführte. Jetzt sind ein Brot oder ein Kuchen, die nicht der Bäcker gebacken hat. eine Seltenheit: der Bäcker muß sich seinerseits vor der Brotfabrik mit Dampfbetrieb und Dampfmühle wehren, die ihm die Kundschaft zu rauben droht. Der Fleischer hat nicht mehr damit zu rechnen, daß seine Kunden einen großen Teil des Jahres hindurch von ein-

3. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 401

1913 - Wittenberg : Herrosé
=L — 401 — und vorliebnehmen. Zugleich unterließ man nicht, der Zu- sicherung noch einmal zu gedenken und dem spanischen General die gewissenhafte Beobachtung dieser ans Herz zu legen. Ein freundlicher Empfang und eine gut besetzte Tafel er- warten den Herzog auf dem Schlosse. Er mutz gestehen, datz die thüringischen Frauen eine sehr gute Küche führen und auf die Ehre des Gastrechts halten. Noch hat man sich kaum niedergesetzt, als ein Eilbote die Gräfin aus dem Saal ruft. Es wird ihr ge- meldet, datz in einigen Dörfern unterwegs die spanischen Soldaten Gewalt gebraucht und den Bauern das Vieh weggetrieben hätten. Katharina war eine Mutter ihres Volkes; was den ärmsten ihrer Untertanen widerfuhr, war ihr selbst zugestoßen. Aufs äußerste über diese Wortbrüchigkeit entrüstet, doch von ihrer Geistesgegen- wart nicht verlassen, befiehlt sie ihrer ganzen Dienerschaft, sich in aller Geschwindigkeit und Stille zu bewaffnen und die Schlotz- pforten wohl zu verriegeln; sie selbst begibt sich wieder nach dem Saale, wo die Fürsten noch bei Tische sitzen. Hier klagt sie ihnen in den beweglichsten Ausdrücken, was ihr eben hinterbracht worden, und wie schlecht man das gegebene Kaiserwort gehalten. Man erwidert ihr mit Lachen, datz dies nun einmal Kriegs- gebrauch fei. und datz bei einem Durchmarsch von Soldaten der- gleichen kleine Unfälle nicht zu verhüten wären. „Das wollen wir doch sehen!" antwortete sie aufgebracht. „Meinen armen Untertanen mutz das Ihrige wieder werden, oder bei Gott!" — indem sie drohend ihre Stimme anstrengte — ..Fürstenblut für Ochsenblut!" Mit dieser bündigen Erklärung verließ sie das Zimmer, das in wenig Augenblicken mit Bewaffneten erfüllt war. die sich, das Schwert in der Hand, doch mit vieler Ehrerbietigkeit, hinter die Stühle der Fürsten pflanzten und das Frühstück bedienten. Beim Eintritt dieser kampflustigen Schar veränderte Herzog Alba die Farbe; stumm und betreten sah man einander an. Abgeschnitten von der Armee, von einer iiberlegenen, handfesten Menge um- geben. was blieb ihm übrig, als sich in Geduld zu fassen und auf welche Bedingung es auch fei. die beleidigte Fürstin zu ver- söhnen. Heinrich von Vraunschweig faßte sich zuerst und brach in ein lautes Gelächter aus. Er ergriff den vernünftigen Ausweg, den ganzen Vorgang ins Lustige zu kehren, und hielt der Gräfin eine große Lobrede über ihre landesmütterliche Sorgfalt und den ent- schlossenen Mut, den sie bewiesen. Er bat sie. sich ruhig zu ver- halten. und nahm es auf sich, den Herzog von Alba zu allem, was billig fei. zu vermögen. Auch brachte er es bei dem letztern wirk- lich dahin, datz er auf der Stelle einen Befehl an die Armee aus- fertigte, das geraubte Vieh den Eigentümern ohne Verzug wieder auszuliefern. Sobald die Gräfin von Schwarzburg der Zurück- gabe gewiß war, bedankte sie sich aufs schönste bei ihren Gästen, die sehr höflich von ihr Abschied nahmen. Kutsche, Lesebuch. 26

4. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 433

1913 - Wittenberg : Herrosé
433 hin. Man sah ihm an. wie ihm die Musterung einer nie be- sessenen Fülle ein Wohlbehagen machte, für jedes dachte er sich schon offenbar die Bestimmung aus. Seine arme Frau freute sich mit rührender Dankbarkeit über die Geschenke. Sehr wichtig ist es ihr. schrieb sie. datz sie nun das „Schweinchen, das ja noch ihr lieber Mann gekauft hatte, nicht aus Armut verkaufen mühte. Wie wollten sie nun alle das Schweinchen pflegen, damit es groß und fett werde, bis ihr Mann heimkommen dürfte und sich davon vollends Kraft und Gesund- heit essen könnte. Sie habe leider eine kleinere Wohnung nehmen müssen. Es sei natürlich für sie und ihre Kinder dabei das aller- wichtigste gewesen, ob sich auch das Tierchen in seinem neuen Stalle gewöhnen und mit Lust fressen werde. Angstvoll hätten sie hinter der Türe gewartet und — Gott sei Dank, es hatte ge- fressen." — Wie kennzeichnete dieser kleine Zug die große Armut dieser Leute! — Ach, dem so sehnlich erwarteten Hausvater sollte das Glück, am eignen Herd bei Frau und Kind ein Eenesungs- mahl zu feiern, nie mehr zuteil werden. — Als ich am nächsten Morgen wiederkam, lag er bereits in der Totenkammer. Still und ruhig war er in den letzten Schlummer gesunken. Auf seine Brust gepreßt hielt er noch die letzten Zeilen von seines treuen Weibes Hand. Mit großem Glanz und Pomp wurde er begraben, wir konnten den Sarg reich mit Blumen und Lorbeerkränzen schmücken. Alles fühlte den Drang, dem Sieger und Kämpfer für das Vater- land Dank und Verehrung darzubringen. Die halbe Stadt und Umgebung gab dem norddeutschen Bruder das Geleite zu seiner letzten Ruhestätte. Es war ein herrlicher Sonntagnachmittag; mit klingendem Spiel und wehenden Fahnen zogen sie dahin, die berittene Bürgerwehr, die Feuerwehr mit glänzendem Helmschmuck, die Turner, die Sängerkränze und die Schulen. Kurz, was sich irgend gruppieren konnte, folgte dem Sarge des fremden Reitersmannes. Mit besondrer Wehmut erfüllte es uns. den bleichen, mühsam an Krücken und Freundesarmen dahinschwankenden Halbgenesenen unsrer Pfleglinge nachzusehen, die es sich nicht nehmen lassen wollten, den Kriegskameraden und Leidensgefährten auf seinem letzten Lebenswege zu begleiten. — So schloß eine der vielen Schicksalstragödien, die ich dort erlebte. Doch wurde auch manchen ein glückliches Los zuteil. Wie durch ein Wunder gerettet wurde Z. B. Nr. 40, ein äußerst geduldiger junger Leineweber aus Biele- feld. Mitrailleusenkugeln hatten seine Augen gestreift. Zunge und Kiefer verletzt, eine war dicht unter dem Auge in die Wange ge- gangen und durch das Ohr wieder herausgedrungen. Der Ärmste wußte unsäglich leiden, bis er endlich so ziemlich geheilt entlassen werden konnte. Der Abschied von ihm wurde uns allen schwer. Seinen Dank drückte er mit seiner sinnigen Herzensbildung rührend aus. Er sagte: „Dreierlei Engel in Menschengestalt gibt Kutsche, Lesebuch. -

5. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 403

1913 - Wittenberg : Herrosé
403 Klaus geschickt habe und den wir in nächster Woche erwarten können, eine neue Silber- oder Kobaltstufe." „Lieber Herr," erwiderte der erfahrene Bergmann trübe, „ich habe zu der Hilfe, die uns die gelahrten Herren bringen sollen, wenig Zutrauen! Die Schrecken- und Schottenberggruben wollen nichts mehr hergeben, mit dem bißchen Ernte wird's in diesem Jahre traurig werden, und über das Vieh kommt die Seuche." Welchen Nachhall diese Worte erweckten, das zeigten die trau- rigsten Mienen ringsum. Frau Barbara bedeckte ihr Antlitz mit beiden Händen, und Herr Christoph sprach mit zitternder Stimme: „Hoffen wir. daß der zweite aus Dresden neue Stufen entdecken wird." Aber die andern schüttelten in bangem Zweifel die Häupter. Denn fürwahr, es war eine traurige Zeit und gewiß kein Wunder, daß die braven Annaberger den Mut tiefer und immer tiefer sinken ließen. Was sollte aus ihnen werden, wenn die Gruben wirklich „ausgebraucht" waren? Sie mutzten dann ver- hungern: denn sie hatten da oben im Gebirge keinen andern Er- werb. — Und in der nächsten Woche kam Klaus mit dem zweiten Herrn Studierten aus Dresden an. Der fuhr bald in diesen, bald in jenen Schacht, der beklopfte alle Wände und sprach dazu nur Lateinisch, der nahm Messungen nach rechts und links, in die Höhe und Tiefe vor: aber er fand auch nichts. Schließlich schüttelte er dann sein weises Haupt und ging mit einer Rolle Silbergulden aus dem Säckel des Bergherrn wieder von dannen. Nun gab es keine Hoffnung mehr für die armen Leute. Ihre Hämmer und Eisen rosteten, in den Ställen ward es leerer und stiller, und obendrein brach noch ein grausiges Hagelwetter los. Da sank denn auch unserm Herrn Christoph zuletzt aller Mut. und die heitere Miene, die er bisher der Umgebung willen zur Schau getragen hatte, verschwand gänzlich. 2. Da geschah es eines Tages, daß ein armes Weib mit drei hungernden Kindern an die Türe von Herrn Uttmanns Hause pochte. Sie war eine Fremde, kam weit daher und bat um Gottes willen, ihnen ein Stück Brot und für kurze Zeit eine Ruhe- statt zu geben. Frau Barbara empfing die Arme nach ihrer Ge- wohnheit mit gütigen Worten, lud sie ins Haus herein und er- quickte sie aufs beste mit Speis' und Trank. Sie wies den hilf- losen Wanderern ein gar behaglich Kämmerlein an. und sie freute sich herzlich der Ruhe, die die Müden darin fanden. Sie hatte die Fremde nicht gefragt, woher sie komme, noch wohin sie wolle: sie war arm und ihrer Hilfe bedürftig, — das war ihr genug. Aber kurze Zeit danach, so trat aus dem Kämmer- lein die fremde Frau wieder zu ihr herein, setzte sich auf Barbaras Einladung zu ihr an den Tisch und begann nun unaufgefordert, von ihrer Heimat, Flucht und Wanderung zu erzählen. Dabei 26*

6. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 435

1913 - Wittenberg : Herrosé
435 245. Kaiser Friedrich Iii. Letzte Fahrt. 6. Juni 1888. „Ich sähe wohl gern (er sprach es stumm) noch einmal die Plätze hier herum, am liebsten auf Alt Geltow zu. — und Ihr kommt mit, die Kinder und Du." Das Dorf. es lag im Sonnenschein, in die stille Kirche tritt er ein. die Wände weiß. die Fenster blank, zu beiden Seiten nur Bank an Bank, und auf der letzten — er blickt empor auf Orgel und auf Orgelchor und wendet sich und spricht: „Wie gern vernähm' ich noch einmal ,Lobe den Herrip; den Lehrer im Feld, ich mag ihn nicht stören, Bicky, latz Du das Lied mich hören." Und durch die Kirche, klein und kahl. als sprächen die Himmel, erbraust der Choral, und wie die Töne sein Herz bewegen, eine Lichtgestalt tritt ihm entgegen, eine Lichtgestalt, an den Händen beiden erkennt er die Male: „Dein Los war leiden. Du lerntest dulden und entsagen. drum sollst Du die Krone des Lebens tragen. Du siegtest, nichts soll dich fürder beschweren: Lobe den mächtigen König der Ehren ..." Die Hände gefaltet, den Kopf geneigt, so lauscht er der Stimme. Die Orgel schweigt. Theodor Fonlane. 246. Kaiserin Auguste Viktoria. Ruhig und still zieht das Leben der Landesherrin an unserm geistigen Auge vorüber. Aus goldenen Fäden ist es gewebt, aber den Einschlag bilden Liebe und Herzensgüte und werktätiges Schaffen abseits vom Lärm der Welt. Als die kleine Prinzessin am 22. Oktober 1858 auf dem Ritter- gut Dölzig bei Sommerfeld das Licht der Welt erblickte, da winkte ihr keine Krone; denn ihr Vater, der Herzog Friedrich Christian zu Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg. hatte in den Wirren der Zeit die Regentschaft verloren. Bei ihrer Taufe aber ging bereits ein strahlender Schein an ihrem Lebenshimmel auf: zwei nachmalige Kaiserinnen. Augusta und Viktoria, waren ihre 28*

7. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 436

1913 - Wittenberg : Herrosé
436 Patinnen, von denen sie die Namen erhielt. Sechs Jahre lang lebte das blonde, blauäugige Mädchen in der ländlichen Stille, die liebevollste Gesellschafterin ihrer jüngern Schwester, der Prinzessin Karoline Mathilde. Die Prinzessinnen, die einander in herzlicher Liebe zugetan waren, siedelten nach Primkenau über. dem stattlichen Herrschafts- sitz ihres Vaters. Hier begann die Zeit der ernsten Arbeit, die mit Ausflügen in die Umgegend und heiterm Spiel abwechselt. „Liebe Plätze haben die Prinzessinnen daheim. Hinter dem Schlosse, am Anfange des Parkes liegt an zwei Teichen, auf denen Schwäne stolz einherziehen, der Spielplatz. Groß und klein, oft sind auch Gäste dabei, vereinigt sich hier zu fröhlichem Spiel, und helles Kinderlachen erschallt, wenn die Krocketkugel des Vaters ihr Ziel verfehlt. — Doch das Paradies der Kinder liegt tiefer im Parke. Aus dunklem Tannengrün lugt ein kleines Häuschen hervor, im Schweizerstil gebaut; sein Dach ist überwuchert von wildem Wein. Vor ihm befindet sich ein Gärtchen, in dem jedes Kind sein Beet hat. Hier graben, pflanzen, gießen und jäten die Prinzessinnen mit rastlosem Eifer, und stolze Freude empfin- den die kleinen Gärtnerinnen, wenn sie selbstgezogenes Gemüse zur herzoglichen Küche tragen können, das dann bei Tafel auch gebührend gewürdigt werden muß. — Und was birgt das Schweizerhäuschen im Innern? Alles, was ein Mädchenherz sich träumt. Ein niedlich ausgestattetes Zimmer ist Wohnstube für die Prinzessinnen und ihre Lieblinge, die Puppen; daneben liegt eine kleine Küche mit offenem, aus roten Ziegeln gemauertem Herde und einer vollständigen Kücheneinrichtung. Hier schalten und walten die Prinzessinnen als deutsche Hausmütterchen." Die Eltern bleiben nicht immer in Primkenau. Im Winter lebt die herzogliche Familie in Gotha. Auch auf Reisen ins Riesengebirge, nach Frankreich und Schweden werden die Prin- zessinnen mitgenommen. Den ernsten Abschluß ihres glücklichen Mädchenlebens bildet der Konfirmationstag. Es ist der 22. Mai des Jahres 1875, kein Feiertag, und doch sieht's im Städtchen so feierlich aus. Der Landmann ist nicht zur gewohnten Zeit aufs Feld gezogen, in den Werkstätten ruht die Arbeit, und schon früh sind die Kinder in ihren Sonntagsstaat gesteckt worden. Da läuten die Glocken vom Turm, und bald ist das festlich geschmückte Gotteshaus gefüllt. Auguste Viktoria und Karoline Mathilde treten in die Kirche ein. geleitet von ihren Eltern, von Ver- wandten und lieben Freunden des Hauses. „Unsre lieben Prin- zessinnen", sagt ein altes Mütterlein, und ihre Augen werden feucht. Hinter den für sie bestimmten Stühlen vor dem Altar bleiben sie stehen. Alter Sitte gemäß hält der ehrwürdige Geist- liche. Pastor Meißner, mit ihnen eine Prüfung ab. Erfüllt von dem heiligen Ernst dieser Stunde, legen die beiden Konfirman- dinnen vor der versammelten Gemeinde Zeugnis ab von ihrem Glauben und Hoffen. Mit der Verheißung; „Sei getreu bis in

8. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 406

1913 - Wittenberg : Herrosé
406 Mit beiden Händen schlug die Brabanterin ein; halb nur verstand sie Barbaras Worte. 3. Am andern Morgen wurden auf Herrn Uttmanns Betreiben alle Leute mit ihren Kindern — nur die unter fünf Jahren blieben daheim — zusammengerufen. Der Vergherr, der, als er am vergangenen Abend heimgekehrt war, seine fromme Gemahlin nur stumm in die Arme geschlossen hatte, teilte jetzt den Leuten Barbaras Pläne mit. Staunen und Zweifel ringsum, und auf die Brabanterin und deren Kinder blickte man mit ungläubigen Mienen. Aber unser würdiges Paar beachtete das alles nicht: es lieh Stäbchen anfertigen, die der Schmied mit Haken versah, und Klaus ward nach Dresden geschickt, um Zwirn zu kaufen, und es kam von dorther auch ein Maler, der Muster nach Muster zeichnete. Und der Unterricht begann: wie im Spielen lernte man das Klöppeln. Darüber wurde so manche Sorge vergessen: denn mit jedem Tage ward der Zweifel geringer und die Hoff- nung größer: und nun erschallte nach langer Zeit hier wieder ein artiger Scherz, dort ein heiteres Liedchen. Und als zwei Monate verflossen waren, — oh. wer beschreibt die Freudenrufe, die da durch Annaberg ertönten! Denn zwei, die man derweil mit den fertigen Spitzen hinausgeschickt hatte, waren eben, und zwar mit leeren Ranzen, wieder heimgekehrt, aber dafür mit so vollen Taschen, daß man meinte, der Reichtum müsse bis in alle Ewig- keit währen. Die Brabanterin konnte diese Freude nicht mehr teilen. Un- weit der großen Linde, die noch heute inmitten des Kirchhofs steht, wurde sie wenige Tage vorher bestattet: der Gram um den Ver- lust ihres Mannes und all das Entsetzliche, das über sie herein- gebrochen war. hatten den Todeskeim in ihr Herz gesenkt. Und das hatte ruhiger brechen können: denn ihre Kinder lagen ja in Barbaras Armen. Gepriesen sei diese Frau! Solange die Sonne am Himmel stand, legte sie die Klöppel nicht aus der Hand, und das mußte der beste Sporn für alle übrigen sein. Und mit der Freudigkeit und Hoffnung wuchsen die Spitzenvorräte, obgleich die rüstigsten Männer immer mit der fertigen Ware wieder von dannen zogen, durch ganz Sachsen und Böhmen. Erst der strenge Winter gebot ihnen Einhalt. Und als dann der Frühling und der Sommer wiederkamen — welch ein Abstand gegen das vorige Jahr! Kerngesundes Vieh im Stalle und auf den Wiesen, Segen auf den Feldern und die Menschen glücklich! Denn eben war der Herr Studierte, der auf des Bergherrn Bitte aus Kölln an der Spree zur nochmaligen Untersuchung der Gruben gekommen war, wieder abgereist, nach- dem er sich noch nicht gerade zum allerbesten über die Weisheit seiner Kollegen in Dresden erklärt hatte. Denn die Gruben im Schrecken- und Schottenberge waren nicht ausgebraucht: man

9. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 438

1913 - Wittenberg : Herrosé
438 besitzt nicht den Ehrgeiz mancher Herrscherinnen, in die Geschicke der Völker einzugreifen. Desto mehr weiß ihre Familie von ihr zu erzählen, desto besser kennen sie die Kirchen, die Krankenhäuser, die Hospitäler und Waisenanstalten. Wie ein stiller Engel er- scheint sie in deren Räumen, um ihrem frommen und guten Herzen genugzutun. Richt rauschende Hymnen begleiten ihre Liebeswerke, aber die Dankesworte und Segenswünsche der Armen und Leidenden, denen sie Helferin und Trösterin ist. Nach A. Willenberg. 247. Deutsche Worte. Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an. das halte fest mit deinem ganzen Herzen, hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft; dort in der fremden Welt stehst du allein, ein schwankes Rohr, das jeder Sturm zerknickt. Schiller. Wir Deutschen fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt. Fürst von Bismarck. Deutsch der Rhein und deutsch der Wein, deutsche Sprach' und deutsche Sitte von dem Throne bis zur Hütte. Alois Schreiber. Treue Liebe bis zum Grabe schwör' ich dir mit Herz und Hand, was ich bin und was ich habe. dank' ich dir, mein Vaterland! £ offmann von Fallersleben. 248. Die Auswanderer. 1. Ich kann den Blick nicht von euch wenden, ich muß euch anschaun immerdar; wie reicht ihr mit geschäft'gen Händen dem Schiffer eure Habe dar! 2. Ihr Männer, die ihr von dem Nacken die Körbe langt, mit Brot be- schwert, das ihr aus deutschem Korn ge- backen, geröstet habt auf deutschem Herd. 3. Und ihr im Schmuck der langen Zöpfe, ihr Schwarzwaldmädchen, braun und schlank, wie sorgsam stellt ihr Krüg' und Töpfe auf der Schaluppe grüne Bank! 4. Das sind dieselben Töpf' und Krüge, oft an der Heimat Born gefüllt! wenn am Missouri alles schwiege, sie malten euch der Heimat Bild:

10. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 408

1913 - Wittenberg : Herrosé
408 über das frische Kind eine große Freude. Niemand ahnte aber damals, welche Bedeutung das Mädchen für die ganze deutsche Nation, ja für die gesamte gebildete Welt haben sollte. Im Alter von siebzehn Jahren vermählte sich die Jungfrau Katharina Eli- sabeth mit dem wohlhabenden kaiserlichen Rate Johann Kaspar Goethe und wurde die Mutter von Deutschlands größtem Dichter. Als „Frau Rat" war sie schon zu Lebzeiten ihres Sohnes der gefeierte Mittelpunkt eines ausgedehnten Bekanntenkreises, sie wurde eine Lieblingsgestalt des deutschen Volkes und ist es geblieben bis auf den heutigen Tag. Frohnatur! Goethe hat eigens für die geliebte Mutter dieses Wort erfunden und damit den Charakter dieser herrlichen Frau auf das trefflichste bezeichnet. Ihr sonniges Gemüt, ihre harm- lose. alles beglückende Heiterkeit, ihre kostbare Natürlichkeit und die bis zum Tode bewahrte jugendliche Frische vereinigten sich in ihr zu einem Zauber, der jeden, der in ihre Nähe kam. vom ersten Augenblicke an gefangen hielt. Wer damals von berühmten und hochgestellten Personen nur immer Frankfurt berührte, der stattete auch „Frau Aja", wie sie in Freundeskreisen genannt wurde, einen Besuch ab. Wenn der Besuch das gastliche Haus ver- ließ. da hatte Frau Rat einen Freund und Bewunderer mehr. Der Dichter Wieland nennt sie die Königin aller Weiber, die Krone ihres Geschlechts. Prinz Georg von Mecklenburg und die Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar schließen innige Freundschaft mit ihr. die sie bis zum Tode bewahren. Die beiden Prinzessinnen von Mecklenburg-Strelitz verkehren während ihres Aufenthalts in Frankfurt nirgend lieber als bei der Frau Rat. Munter plätschern sie an dem Hausbrunnen, tollen in Haus und Hof umher, und nichts schmeckt ihnen dann besser, als der von Frau Rat eigenhändig zubereitete Kartoffelsalat. Einer dieser Prinzessinnen hat das Schicksal später ein Königsdiadem um die Stirne gewunden. Es war die Königin Luise, die zeitlebens ihrer mütterlichen Freundin in herzlicher Zuneigung verbunden blieb. Frau Rat besaß die beneidenswerte Kunst, an allen Dingen die gute Seite herauszufinden. „Es gibt doch viele Freuden." schreibt sie einmal an ihren Sohn, „in unsers lieben Herrgotts seiner Welt! Rur muß man sich aufs Suchen verstehen, sie finden sich gewiß." Ewiger Frühling und heller Sonnenschein waren allezeit um sie verbreitet. „Mir geht's." lesen wir in einem andern Briefe von ihr, „wie dem Hund in der Fabel — abwehren kann ich's nicht — zerzausen mag ich mich nicht lassen — gerade wie der Hund, ich-------esse mit. Das ist verdolmetscht — ich freue mich des Lebens, weil noch das Lämpchen glüht — suche keine Dornen — hasche die kleinen Freuden — sind die Türen niedrig, so bücke ich mich — kann ich den Stein aus dem Wege tun. so tue ich's — ist er schwer, so gehe ich herum — und so finde ich alle Tage etwas, das mich freut — und der Schlußstein — der Glaube an Gott! Der macht mein Herz froh und mein Angesicht fröhlich —
   bis 10 von 461 weiter»  »»
461 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 461 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 50
1 1
2 0
3 3
4 6
5 123
6 1
7 27
8 0
9 1
10 49
11 0
12 3
13 0
14 0
15 54
16 77
17 0
18 0
19 120
20 0
21 0
22 2
23 0
24 0
25 1
26 15
27 2
28 0
29 7
30 26
31 0
32 0
33 118
34 0
35 0
36 1
37 159
38 5
39 95
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 102
46 1
47 3
48 1
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 1
1 30
2 0
3 8
4 4
5 1
6 42
7 0
8 1
9 5
10 0
11 14
12 21
13 0
14 0
15 0
16 67
17 163
18 0
19 0
20 0
21 22
22 2
23 1
24 48
25 2
26 1
27 0
28 5
29 0
30 1
31 0
32 6
33 0
34 0
35 4
36 34
37 1
38 11
39 133
40 22
41 1
42 194
43 5
44 0
45 101
46 1
47 0
48 0
49 0
50 0
51 0
52 18
53 0
54 14
55 0
56 0
57 0
58 0
59 3
60 1
61 4
62 0
63 0
64 1
65 2
66 1
67 0
68 36
69 11
70 1
71 47
72 52
73 0
74 0
75 26
76 8
77 121
78 0
79 77
80 0
81 3
82 10
83 1
84 26
85 0
86 0
87 70
88 0
89 0
90 0
91 37
92 212
93 0
94 73
95 1
96 0
97 1
98 3
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 1
1 28
2 1
3 18
4 0
5 42
6 1
7 2
8 0
9 0
10 0
11 0
12 10
13 14
14 0
15 0
16 0
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 20
25 1
26 2
27 0
28 45
29 1
30 0
31 0
32 3
33 84
34 2
35 0
36 0
37 0
38 0
39 33
40 0
41 2
42 18
43 106
44 0
45 0
46 54
47 0
48 0
49 2
50 7
51 59
52 60
53 0
54 2
55 1
56 1
57 0
58 0
59 39
60 0
61 14
62 16
63 0
64 9
65 7
66 0
67 0
68 0
69 0
70 0
71 0
72 1
73 2
74 0
75 9
76 0
77 0
78 2
79 0
80 0
81 110
82 5
83 1
84 14
85 0
86 1
87 0
88 0
89 6
90 0
91 1
92 0
93 0
94 1
95 1
96 1
97 2
98 0
99 3
100 74
101 3
102 20
103 0
104 1
105 0
106 19
107 6
108 0
109 0
110 16
111 76
112 2
113 27
114 57
115 0
116 13
117 0
118 0
119 0
120 2
121 1
122 0
123 18
124 122
125 19
126 0
127 6
128 0
129 0
130 0
131 17
132 0
133 5
134 0
135 0
136 47
137 27
138 0
139 0
140 0
141 0
142 0
143 3
144 0
145 0
146 0
147 1
148 0
149 0
150 0
151 1
152 107
153 0
154 19
155 7
156 1
157 0
158 0
159 0
160 0
161 0
162 0
163 0
164 0
165 4
166 16
167 6
168 31
169 8
170 0
171 0
172 4
173 14
174 0
175 90
176 1
177 25
178 0
179 12
180 0
181 0
182 6
183 128
184 0
185 1
186 2
187 0
188 3
189 0
190 0
191 1
192 0
193 0
194 1
195 5
196 46
197 0
198 0
199 1