Neger. 5
und Schauderbilder, daß sie empfindungslos die empörendsten
Menschenopfer verrichten. Man hat dem Neger das Bedürfnis
nach vielen europäischen Waren eingeimpft, namentlich kann er
der Feuergewehre, des Rums und der Putzwaren nicht ent-
behren. Diese kann er sich meist nicht anders als durch Sklaven
verschaffen; er ist also auch gegen seinen Willen zu dieser gräß-
lichen Menschenräuberei gezwungen. Kann er nun nicht durch
Gewalt oder List Feinde in seine Gewalt bringen, so verkauft
er die Seinen, und auf diese Weise wird jedes Familienleben
vernichtet.
Europa hat viel zu thuu, ehe es den Fluch versöhnen wird,
den es durch die Vernichtung der Sittlichkeit eines ganzen Welt-
teiles auf sich geladen hat.
Als die Spanier, Portugiesen, Engländer, Holländer und
Franzosen anfingen, den neu entdeckten Erdteil Amerika zu be-
bauen, fehlte es ihnen dazu nicht selten an Menschenhänden.
Da verfiel man auf die Einführung von Sklaven ans Afrika;
denn die amerikanischen Eingeborenen gaben sich zu den Feld-
arbeiten nicht her und waren auch nicht kräftig genug dazu.
Man sandte nun Schiffe auf den Negerfang oder Negerkauf
aus; Staaten und Privatpersonen fingen an, Sklavenhandel zu
treiben, und man führte das „Ebenholz", wie man die Unglück-
lichen gefühllos wegen ihrer schwarzen Farbe nannte, massenhaft
in den neu entdeckten Erdteil und verkaufte sie auf Sklaven-
Märkten. Dieser Handel wuchs nach und nach zu solchem Um-
fange, daß man wohl mit Recht annehmen kann, es seien im
ganzen gegen 40 bis 50 Millionen unglücklicher Afrikaner nach
Amerika in die Sklaverei geschleppt worden. Erst 1838 wurden
alle englischen Sklaven frei erklärt. Das kostete die Engländer
freilich 27 Millionen Pfund Sterling und verursacht ihnen noch
jetzt alljährlich große Ausgaben, da sie die gefaßten Beschlüsse
aufrecht erhalten und auf die Sklavenhändler-Schiffe fahnden lassen.
Was Wunder, wenn sich Afrika, das von den meisten Be-
suchen fremder Nationen, nur Unglück und Böses empfangen
hat und teilweise noch empfängt, allen Forschungen verschließt?
Was Wunder, wenn der Afrikaner in jedem Weißen einen ge-
borenen Feind, einen Menschenräuber sieht? Und daß er das
wirklich thnt, das beweist die Erklärung, die der Neger dem
Sklavenhandel giebt. „Die Weißen", sagt er, „haben ein Land,
in dem gar nichts wächst, deshalb bauen sie sich die Häuser auf
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Amerika Afrika Amerika Afrika
Kru-Neger. 7
ihm möglichen Grenzen der Gesittung hinaufzuheben, nicht auf-
gegeben werden.
3. Rru - Aeger.
Eine Negerart möge hier noch besonders geschildert werden
wegen der großen Wichtigkeit derselben für unsere west-asrika-
nischen Kolonieen. Es siud die Kru-Neger, lauter starkgebaute
Leute, die zum Laden, Löschen und zu Arbeiten an Bord der-
wendet werden. Weiße Matrosen sind bei der Gefährlichkeit
des Klimas zu so schweren Arbeiten nicht brauchbar, und die
einheimischen Neger sind dermaßen träge, daß der Handel an
diesen Küsten bis zum Kongo hin überall nur durch die Kru-
Neger vermittelt wird. — Diese Kru-Neger sind bei Kap
Palmas zu Hause, von wo sie, weil ihre Heimat ihnen zu ge-
ringen Verdienst gewährt, in ganzen Trupps unter selbst ge-
wählten Anführern in die Fremde ziehen. Wenn sie soviel
erworben haben, daß sie eine Frau kaufen und sich niederlassen
können, kehren sie in ihre Heimat zurück.
Schwerlich könnte ohne diese harmlosen, sorglosen, genüg-
samen, stets heiteren Menschen der europäische Verkehr an vielen
Orten, bei der Abneigung der unabhängigen Neger gegen alle
Arbeit, aufrecht erhalten werden. In der That, wenn man
diese Leute bei oft schwerer Arbeit und der denkbar elendesten
Kost stets heiteren Sinnes unter Singen und Lachen ihre Arbeit
verrichten sieht, so kann man sich mit manchen üblen Eigen-
schasten des Negercharakters aussöhnen. Es ist wahr, daß sie
auch träge sind und sehr zur Arbeit angehalten werden müssen,
daß sie diebisch und im höchsten Grade unzuverlässig und sorglos
sind, das sind aber sozusagen Rasseneigentümlichkeiten, für die
man den einzelnen nicht verantwortlich machen kann. Dagegen
kann man kaum verträglichere und genügsamere Menschen finden.
Zank und Streit, ohne den die Kamerun-Neger nicht scheinen
bestehen zu können, findet man selten unter ihnen. Giebt man
auf einer langen Bootfahrt einem etwas Tabak oder Brot, so
wird er sicher mit allen Kameraden teilen. Diese Kamerad-
schastlichkeit geht soweit, daß niemals einer den andern verrät;
ist z. B. ein Diebstahl geschehen, so lassen sich Kru-Neger eher
auspeitschen, als daß sie den Schuldigen verrieten, während bei
den Kamerun-Negern Angeber und Spione leicht zu finden sind.
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8 Kru-Neger.
Ihr Unterhalt ist ungemein einfach; sie erhalten nichts
als reichlich Reis, den sie gewöhnlich ohne jegliche Zuthat der-
zehren. Wird geschlachtet, so sollen ihnen die Eingeweide und
Köpfe zu. Kann man es haben, so kauft man ab und zu einige
Fische für sie. Ihr monatlicher Lohn beträgt 4 ^ in Gütern,
doch erhalten sie ihn erst nach abgelaufener Dienstzeit, damit
dem ohnedies sehr gewöhnlichen Entlaufen eine Grenze gesetzt
werde.
Zwischen den Kamerun- und Kru-Negern besteht eine heftige
nationale Abneigung, und dieser Umstand ist den Europäern
günstig, denn ein Kru-Neger hat die größte Freude, die Er-
tappung und Bestrafung eines von Kamerun-Negern verübten
Diebstahls herbeizuführen. Daß nichtsdestoweniger öfters be-
trächtliche Diebstähle aus ländlichen Warenlagern vorkommen,
wobei die Häuptlinge selbst beteiligt sind, ist um so selbst-
verständlicher, als der Diebstahl bei diesen Negern wie bei den
Spartanern nur dann für schimpflich gilt, wenn er mißlingt.
In diesem Falle wird er aber auch sehr streng bestraft; und
die Strafe kann bis zur Sklaverei gesteigert werden, zu der
der Thäter verurteilt wird.
3. Wüstenvölker.
a. Hebu.
Während aus der westlichen Sahara die schwarze Ur-
bevölkernng bis auf einige Reste verschwunden ist, hat sie sich
in der östlichen bis auf den heutigen Tag erhalten und erreicht
hier den nördlichsten Punkt ihrer Verbreituugsgrenze. So viel
man bis jetzt weiß, gehören die sämtlichen schwarzen Bewohner
dieses Gebietes einer einzigen Nation an, deren Name von den
mit ihr in Berührung gekommeneu Reisenden bald Tibbo oder
Tibbu bald Tubu geschrieben wird, nach Dr. H. Barth
Tebn. Trotz ihrer nahen Beziehungen zu den Bewohnern
von Bornu darf man die Tebu doch nicht zu den eigentlichen
Negern zählen, denn sie unterscheiden sich von ihnen sowohl
durch die Gesichtsbildung als durch weniger krauses und weniger
wolliges Haar. Die Tebu sind ein wohlgebildeter Menschen-
schlag; ihr langes, ernstes, kluges Gesicht sticht vorteilhaft von
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10 Tuareg.
östliche Sahara liegt ebenso in ihren Händen, wie der durch die
westliche Wüste in den Händen der Tuareg, indem sie den
Handel teils auf eigene Rechnung betreiben, teils nur die Kara-
wanen führen und ihnen die Kamele vermieten. Hauptsächlich
vermitteln sie den Austausch der Waren des Südens gegen die
des Nordens und bringen vor allem Sklaven aus den Neger-
ländern uach Fessau und Ghat. Eine nicht unbedeutende Ein-
nahmequelle der Tebu bildet auch die Abgabe, die sie von den
Karawanen, die ihre Gebiete durchziehen, ost auf die unver-
fchämteste Weise erpressen. Was sie sonst noch brauchen, suchen
sie sich durch Plünderung und Raub zu verschaffen, die ihnen
viel eintragen mögen, ihren Ruf aber auch gründlich verdorben
haben. Doch lassen sich diese gewaltthätigen Plünderungszüge
zumteil wenigstens als Wiedervergeltungen entschuldigen, denn,
beständig von anderen überfallen, ausgeplündert, in die Sklaverei
geschleppt, suchen sie sich zu entschädigen und rächen sich, wo sie
die Übermacht haben.
b. Huareg.
Die von den Arabern und nach ihnen von den meisten
Geographen Tuareg genannten Berbern der Wüste gehören
der weißen Menschen-Rasse an; denn abgesehen von ihrer Ab-
stammnng, sind alle, gewöhnlich bedeckten, Teile ihres Körpers
fast so weiß wie bei den Europäern, während die Farbe des
Gesichts durch deu Einfluß des Klimas dunkelbraun geworden
ist. Ihre Figur ist groß und wohlgebildet, ja, die Tuareg
sind nach der übereinstimmenden Angabe aller afrikanischen
Reisenden der schönste Menschenschlag dieses Erdteils.
Ihre Kleidung ist mannigfaltig, je nachdem sie mit ver-
schiedenen benachbarten Stämmen in Berührung gekommen sind,
sodaß es schwer zu sagen ist, wie ihre ursprüngliche Kleidung
war. Das Auffallendste ist der blaue, baumwollene Gesichts-
shawl (Litham), der zweimal um das Gesicht gewunden wird,
sodaß er Augen, Mund und Kinn verhüllt und nur den Mittlern
Teil des Gesichtes mit der Nasenspitze frei läßt. Indem er
zugleich um den Kopf und die Schläfe gewunden und mit einer
Schleife hinten am Kopf befestigt wird, bildet er die ganze Kopf-
bedeckung, die das Gesicht gegen den Einfluß des heißen Wüsten-
Windes und die Augen vor dem Sande schützt. Ihre Waffen
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12 Kaffer.
Südafrika ist in seinem schöneren Teile, also im Osten, die
Heimat der Kassern; aus den wärmeren Teil im S.-W. sind
die Hottentotten angewiesen.
Wenn wir im N. des Kaplandes von den hochgelegenen,
dürren Steppen des Orangeflusses nach O. gehen wollten, so
würden wir zuletzt an eine grasreiche, von Wolken und Nebel
regelmäßig befeuchtete Hügelreihe kommen, von deren Gipfeln
aus sich ein unerwarteter Anblick darbietet. Tief unter unfern
Füßen gähnt ein Abgrund; Bergrücken und Thaleinschnitte, mit
hohem Grase und dunkelgrünem Walde bedeckt, ziehen sich all-
mählich hinab bis zur Ebene, und am Horizonte sieht man den
Indischen Ozean, der freilich weiter nördlich von dem Gebirgs-
rande der Hochebene immer mehr sich entfernt. Dies ist das
Land der Kaffern, im Süden durch den großen Keyfluß vom
Kaplande getrennt, im Norden weit über die Delagoabai sich
ausdehnend. Das Klima ist gesund, nur oft fehr plötzlich
wechselnd, der Boden meist fest und lehmig, doch überall sehr
fruchtbar. Die Kaffern zerfallen in Haupt- und viele Neben-
stamme, von denen die durch den Krieg mit den Engländern
berühmt gewordenen Sulukaffern die wildesten sind. Sie sind
sämtlich sehr stark und wohlgebaut, die Hautfarbe dunkelbraun,
die Haare schwarz und kurz, das Weiße des Auges sehr hervor-
tretend, die Zähne blendend weiß und der ganze Körper mit
Tierfett reichlich beschmiert und mit roter Erde bemalt. Der
Mann hat eine sehr weich gegerbte Tierhaut lose über den
Schultern hängen, dazu in der Hand den Assagai (einen Wurf-
spieß), eine Keule und einen Schild von Kuhhaut: die Frauen
tragen außer der Tierhaut noch eine Art kurzen ledernen Unter-
rock und allerlei Schmuck von Perlen und Messingringen. Die
bienenkorbartige Wohnung wird von den Frauen errichtet; der
niedere Eingang ist Thür, Fenster und Schornstein zugleich;
zehn bis zwanzig solcher Hütten bilden einen „Kraal", und
in dessen Mitte liegt der gemeinsame Viehhof. Hier hinein
wird abends alles Vieh zum Melken zusammengetrieben, und
in der Mitte hat jede Familie ein mit Stangen, Stroh und
Erde bedecktes Loch zur Ausbewahrung des Kornvorrates. Wenn
das Korn einen Beigeschmack von Dünger hat, essen sie es am
liebsten, sowie sie auch das geschlachtete Fleisch in frischen Kuh-
mist legen und mit demselben kochen. Außerdem genießen sie
geronnene Milch. Mais (türkischen Weizen) und Kürbisse und
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14 Hottentotte.
that, und alsbald glaubte das Volk, der Anker strafe jeden, der
ihn ungebührlich behandele. Man gab ihm daher einen eigenen
Namen, und kein Kaffer ging vorüber, ohne ihn mit diesem
Namen zu grüßen.
5. Hottentotte.
Im Kaplande bildete der Keyfluß die Scheide zwischen
Kaffern und Hottentotten. Dort wohnte in Wasser- und weide-
reichen Gegenden ein hottentottisches Grenzvolk, das wie seine
Nachbarstämme ganz ausgerottet ist. Sein letzter Häuptling
Stuurmann wurde 1810 als Verbannter nach Neu-Südwales
geschafft, und als 1828 die Hottentotten für frei und gleich-
berechtigt anerkannt wurden, sammelten sich nur noch Reste des
große« Volkes in den ihnen zugewiesenen Gebieten der Ostgrenze,
besonders bei Beausort; 6000 siedelten sich als Grenzer an den
Südabhängen des Winterberges am Kat-River an, andere bei
Grahamstown und in zwölf andern Orten. In den Kaffern-
kriegen standen diese Grenzer auf Seiten der Kolonisten, und
zeichneten sich ihre 6000 berittenen Bergschützen durch Tapfer-
keit aus. Außerdem leben die Hottentotten nur noch vereinzelt
in der Kolonie als Knechte und Diener und mögen kaum noch
20 000 Köpfe zählen. — Auch an der Westküste sind viel
Hottentottenstämme in ihrer unwirtlichen Heimat herabgekommen
oder nach Norden gewandert. Diese eroberten unter der Führung
des kriegstüchtigen Jonker Affrikander vom Orangefluß bis zur
Walfischbai ein Reich von sieben Breitengraden und bewahrten
ebenfalls hottentottische Sitte und Sprache. Sie bilden den
Stamm der in unserem südwestafrikanischen Schutzgebiete viel-
genannten Namaquas.
Das Volk der Hottentotten bewohnte also einst ganz Süd-
afrika und führte dort die erste menschliche Kultur ein. Denn
es trieb eifrig Viehzucht, erbaute sich Hütten und wohnte ge-
fellig in Stämmen dörferweise zusammen, indem es die runden
Hütten in einem Kreise zusammenstellte, den die Holländer
Kraal nannten, Erbkönigen gehorchte, sich Hausgeräte anfertigte,
Sagen und Fabeln dichtete. Der Hottentotte überragt den Busch-
mann fast um eine gute Kopfeslänge und wird wegen des zu
kleinen Warzen zusammengerollten Haares von den holländischen
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Hottentotte. . 17
bessere Wohnung. Wandert das Dorf aus, so werden die Matten zu-
sammengerollt, die Reifen ausgezogen und zusammengebunden und dies
alles, das wenige Hausgerät inbegriffen, auf Ochsen gepackt, und fort
geht es.
Vom Wasser ist der Hottentotte kein Freund, er wäscht sich
nie, und wenn ihm der Schmutz zu groß wird, reibt er den
Körper mit Kuhmist ab. Woher der unerträgliche Geruch des
Hottentotten stammt, ob von dem ranzigen Fett oder von der
Hautausdünstung, ist noch nicht festgestellt; doch mag kein Bauer
mit einem Hottentotten an einem Tische essen, weil ihm der
Geruch des Stotterers den Appetit verdirbt. — Der Hottentotte
ist ebenso gefräßig wie der Buschmann, lebt aber vorzugsweise
von Milch, macht sich im Ledersack saure Milch zurecht, genießt
Erdmandeln. Wurzeln. Beeren und Hottentottenfeigen. — Trotz
seiner angeborenen Trägheit ist der Koin oft sehr munter, lustig
und geweckt. Er kann mit Kameraden nächtelang schwatzen,
scherzen, lachen, lernt tüchtig reiten und schießen, bewährt sich
als tapferer Soldat, vereinigt Mut und List mit Schlauheit,
scheut den Kampf mit dem Löwen nicht. Als Vorreiter (Achter-
ryder) ist der pserdekuudige Hotteutotte dem Bauern ein Gewinn,
den er zwar verächtlich nur Schefel (Geschöpf) nennt, den er
aber beim Wettrennen das Vollblutpferd besteigen läßt, auf
dessen wunderbare Spürkraft und Ortskenntnis er sich verläßt,
ohne den er keine Reise, keinen Jagdzug unternimmt. Ein
verlaufenes Kind bringt nur der Hottentotte heim, den Schlupf-
Winkel eines angeschossenen Wildes findet nur der Pfefferkopf.
Arbeit ist dem Hottentotten eine Qual. Er nimmt nur so lange
beim Bauern Dienste, bis er sich recht ausgefüttert oder sich eine
Flinte oder Frau verdient hat; dann läuft er ohne weiteres
davon. Gewöhnlich aber vertrinkt er seinen Lohn in Brannt-
wein. In mancherlei Schnitzerei und Handarbeit ist er geschickt.
Er macht sich Pfeil und Bogen, Lanze und Wurfknittel (Kirri)
sowie den Parierstock, aus Eisenerz die notwendigsten Eisen-
Werkzeuge, aus dem Thon des Termitenhauses Kochgeschirr,
schnitzt sich Holzlöffel und Milcheimer, indem er mühsam einen
Baumstumpf aushöhlt. Auch eine Trommel und eine Art
Guitarre, die er Gorra nennt, bringt er zustande, indem er
über einen ausgehöhlten Kürbis Katzendarmsaiten ausspannt, aus
einem Zebraschweife und Mimosenzweige einen 1 bis 11ji m
langen Fiedelbogen anfertigt. Diesen bestreicht er mit dem Harze
Buch holz, Völkerkunde. 2
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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Marokkaner. 19
falt lange Löckchen. Außerdem schmückt er das Haar mit Geier-
federn, Nase und Ohren mit Knochen und schmiert seine Glieder
mit Fett ein. Gewöhnlich geht er nackt, hängt über die Schul-
tern ein kleines Fell, bindet um die Hüften einen Riemen, an
welchem vorn ein Bündel dünn geschnittener Riemchen 50 cm
tief herabhängt. Seinen Hals schmücken Schildkrötenschalen,
seinen Kopf ein breiter Lederriemen. In seinem Charakter
gleicht er einem reißenden Tiere. Er bewaffnet sich mit Bogen,
Pfeil und einem Stock mit dickem Knopf. Mit Giftpfeilen er-
legt er das Wild, schneidet ihm die inneren Teile aus und ver-
schlingt das Übrige. Er ißt, so viel er kann, dann ruht er, und
nur der Hunger kann ihn zu einer Thätigkeit zwingen. Vermag
er die Beute nicht auf einmal zu verzehren, so verwahrt er sich
den Rest und verzehrt ihn, selbst wenn er angefault ist. Auch
verschlingt er Heuschrecken und im Notfalle selbst Graswurzeln.
Seine Toten legt er in den Bau eines Stachelschweins und wirft
einen Haufen Steine darüber. Diese Entartung der Busch-
männer steht wohl im Zusammenhange mit dem
Waldmangel ihrer Heimat. Holzmangel erschwert den
Hüttenbau, an ordentliche Wohnungen ist dabei gar nicht
zu denken, und das Leben in Höhlen hält den Menschen auf
niedriger Stufe. Kein Wald bietet dem Buschmanne edlere
Speise, darum bleibt er so roh; kein Wald mit seinen grünen
Matten hat seine Neigung für Viehzucht geweckt. Kein Wunder,
wenn ihm darum auch noch nicht einmal die Ahnung von
Ackerbau aufging, obwohl er doch Eisen zu schmelzen und an-
einander zu schweißen, Spitzen für die Pfeile zu schmieden,
Gifte für diese zu bereiten versteht. Er ist mit einem Worte
der Bildung fast unzugänglich. Die Sprache ist eben so schreck-
lich wie er selbst, noch häßlicher, rauher als die ähnliche der
Hottentotten.
7. Marokkaner.
Die mohammedanische Religion hat in jeder Beziehung dazu
beigetragen, die Verschiedenheiten der Sitten und Gebräuche nicht
nur zwischen Arabern und Berbern auszugleichen, sondern auch
die Eigentümlichkeiten der einzelnen Stämme unter sich zu ver-
wischen. Es soll hier nur die Rede sein von den Bewohnern
2*
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20 Marokkaner.
des Landes, die allein treu und wahr ihre alten Überlieferungen
beibehalten haben. Die Landbevölkerung in Marokko ist gegen-
über der Stadtbevölkerung so überwiegend, daß, wenn man von
jener spricht, damit der Kern des Volkes bezeichnet wird.
Das Leben in der Familie ist ein patriarchalisches, und
man hält außerordentlich viel aus Verwandtschaft und Sippe;
eigentümliche Familiennamen in unserem modernen Sinne
haben weder Araber noch Berber; Familiennamen werden nur
von der ganzen Sippschaft oder dem Stamme geführt. In diesen
Stämmen setzt dann jeder den Namen seines Vaters, manchmal
auch den seines Großvyters und Urgroßvaters. hinzu (äußerst
selten den der Mutter), z. B. Mahommed den Abdallah den
Justus, d. h. Mohammed, Sohn Abdallahs, Sohn Aussuss.
Will er aber sich noch näher bezeichnen, so sagt er, z. B. „von
den uled Hassan". Letzteres ist gewissermaßen der Familien-
oder Zuname. Die beliebtesten Namen in Marokko sind Mo-
hammed, Abdallah, Mussa, Jssa und Aissa, Edris Said, Bu-
Bekr und Ssalem. Die Frauen findet man meist Fathme, Aischa,
oder Mariam benannt.
Eine eigentliche Erziehung wird den Kindern nicht ge-
geben. Allerdings hat jeder Tschar (Dorf aus Häusern), jeder
Duar (Dorf aus Zelten), jeder Kfor (Dorf einer Oase) seinen
Thaleb oder gar Faki, der die Schule leitet, aber die meisten
Kinder bringen es kaum dazu, die zum Beten notwendigen
Koran-Kapitel auswendig zu lernen, geschweige, daß sie sich an's
Lesen und Schreiben wagen. Aber jeder Marokkaner weiß doch
das erste Kapitel des Korans auswendig, wenn er auch den Sinn
der Verse nicht kennt. Die heranwachsenden Töchter stehen den
Müttern in der häuslichen Beschäftigung bei, während die männ-
liche Jugend zuerst zum Hüten des Viehes verwandt wird, in
der Pflanzzeit den Acker bestellen helfen muß und schließlich
nach einer kurzen Arbeitszeit im Jahre die liebe lange Zeit mit
Nichtsthun hinbringt. Tabak wird auf alle drei Arten genom-
men; man findet Stämme, wo geraucht wird, andere, welche
kauen, und das Schnupfen ist ganz allgemein, namentlich machen
die Gelehrten Gebrauch davon. Haschisch wird in Marokko ent-
weder geraucht oder pulverisiert mit Wasser hinuntergeschluckt.
Der Gebrauch des Opiums ist außer in den Städten und der
Oase Tuat nicht eingebürgert. Desto allgemeiner ist in der
Weinlesezeit und kurz nachher der Genuß des Weines. Aber
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T89: [Stadt Spanien Insel Land Jerusalem Reich Afrika Jahr Araber Herrschaft]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Extrahierte Personennamen: B._Mahommed Justus Mohammed Abdallah Mussa Aischa Mariam
Marokkaner. 21
während Araber und Berber beim Essen immer unmäßig sind,
sobald dies in Hülle und Fülle vorhanden ist, haben sie ihre
Weintrinkezeit nur für einige Wochen. Der schlecht zubereitete
Weiu — man gewinnt ihn durch Kochen — würde sich auch
wohl nicht lange halten. Die Marokkaner thnn ihn in irdene
Gefäße; die enge Öffnung wird mit Thon zugeklebt. Reiche
Leute, die ihn längere Zeit aufbewahren wollen, gießen aus den
Wein eine Schicht Öl, und dann wird die Krugöffnung mit
Thon verkittet. Der Geschmack des Weines ist nicht übel, das
Aussehen aber meist trübe.
Das ganze marokkanische Volk zeichnet sich durch eine ge-
wisse Roheit und durch Mangel edler Gefühle und sanfter
Neigungen aus. Bei den Berbern, namentlich am Nordabhange
des Atlas, streift die Roheit sogar an's Tierische. Der ent-
setzlich verdummende Einfluß der mohammedanischen Religion,
der Fanatismus, die eitle Anmaßung, nur den eigenen Glauben
für den richtigen zu halten, schließen aber auch jede Besserung
aus. Wie unmanierlich ist die Art und Weise des Essens! So
wie man zur Zeit Abrahams aß, so wie die Juden in Palästina
aus einer Schüssel, am Boden hockend, aßen, so ißt noch heute
der Marokkaner. Morgens nach Sonnenaufgang wird nur
saure Milch mit eingebrocktem Brote oder eine Suppe eingenom-
men. Die zweite Mahlzeit ist gegen Mittag; Brote, d. h. eine
Art von Mehlkuchen, die auf eisernen Platten oder erbitzten
Steinen gebacken sind, heiße Butter (in diese taucht man die
Brotstücke und verfährt recht haushälterisch, nur die Reichen
essen harte Butter) bilden dies zweite Mahl, zu dem auch wohl
noch Datteln oder im Sommer andere Früchte, wie die Jahres-
zeit und die Gegend sie bieten, genossen werden. Abends nach
Sonnenuntergang ist die Hauptmahlzeit, welche aus Kuskussu
besteht. Aber Tag für Tag, jahraus jahrein kommt dies Ge-
richt auf die Erde (auf den Tisch kann man nicht sagen, da der
Marokkaner ein solches Möbel nicht kennt), und mittels der Hand
— die Marokkaner kennen noch nicht den Gebrauch der Messer
und Gabeln — wird das Gericht rasch in den Magen befördert.
Auch der Gebrauch der Löffel ist nicht überall eingebürgert.
Die Männer essen getrennt von den Frauen, diese essen mit den
Kindern. Selbst bei den Berbern hat der Islam dies durchzusetzen
gewußt. Fleisch wird von den Bewohnern auf dem Lande nur
an Festtagen gegessen und auch dann nur in geringer Menge.
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