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1. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 54

1897 - Stuttgart : Bonz
54 Hauswirtschaft. No. 29. 30 Zerbrich es nicht! Betrachte alle Welt Als einen Ring nur, der dies Kleinod hält, Dein dieses Kleinod selbst erst Wert verleiht; Denn wo es fehlt, da ist die Welt entweiht. Doch würdest du dem ärmsten Bettler gleich, Bleibt dir dein Freundesherz, so bist du reich; Wer auch den höchsten Königsthron gewann Und keinen Freund hat, ist ein armer Mann. Fr. v. Badenstedt. 30. Der liebe Gott ist tot. ^8ei Meister Martin war die Not zu Haus, Aus jedem Winkel guckte sie heraus; Sie machte sich in Küch' und Keller breit, Sie saß am leeren Tisch zur Mittagszeit Und legte selbst am Abend schadenfroh Sich mit den Müden ans die Schütte Stroh. Und ob's der Meister noch so emsig trieb, Arbeitend halbe Nächte munter blieb — Umsonst; es wuchs die Not mit jedem Tag, Und mutlos ward der Meister allgemach, Ließ ruhn die fleiß'ge Hand und seufzte schwer Und wankte wie ein Schatten bleich umher. Und mahnte ihn sein Weib, auf Gott zu trau'n. Zog er zusammen finstrer noch die Bran'n. Und brummte: „Weib, laß mir das Trösten sein; Uns kann vom Elend nur der Tod befrein." Da schwieg die Frau und sprach kein Wörtlein mehr Und wankte wie ein Schatten bleich umher. Saß müßig an dem Rocken stundenlang, Tief in Gedanken, still, und seufzte bang. Da sprach der Mann: „Was fehlt dir nur, Marie?" Und als sie schwieg, drang er noch mehr in sie; Sie solle ihn: ihr Leiden doch gestehn, Er könne sie nicht mehr so traurig sehn. Und sie darauf: „Ach, in verwichner Nacht Hat mir ein Traum das Herz so schwer gemacht; Ja, bester Mann, ich will dir's nun gestehn: Ich hab' im Traum den lieben Gott gesehn; Er lag im Sarg, sein Haar war silberweiß, Und weinend standen Engel rings im Kreis. Der Helfer starb; nie endet unsre Not; Der liebe Gott — der liebe Gott — ist tot." Da lächelte der Mann nach langer Zeit Zum erstenmal und sprach mit Freundlichkeit:

2. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 55

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 30. 31. 32. Hauswirtschaft. 55 „Ei, ei, Marie, wie du so thöricht bist! Weißt du deun nicht, daß Gott unsterblich ist, Daß er, erhaben über Raum und Zeit, Regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit?" „Wie", sprach die Frau, „so glaubst du, lieber Mann, Daß Gott im Himmel niemals sterben kann, Daß er derselbe bleibe fort und fort, Und wählest ihn doch nicht zu deinem Hort Und setzest deine Hoffnung nicht auf ihn, Des Hilfe stets zu rechter Zeit erschien?" Da fiel's wie Schuppen von des Mannes Geist: „Ja, Gott ist treu, er hält, was er verheißt! Dank, liebes Weib, du wecktest mein Vertraun, Auf Gottes Hilfe will ich freudig baun, Und zag' ich jemals wieder in der Not, Dann frag' ich nur: Ist denn der Herrgott tot?" Julius Sturm. 31. Wenn du noch eine Mutter hast. 1. Ä^enu du noch eine Mutter hast, so danke Gott und sei zufrieden! Nicht allen auf dem Erdenrund ist dieses hohe Glück beschieden. Wenn du noch eine Mutter hast, so sollst du sie mit Liebe pflegen, Daß sie dereinst ihr müdes Haupt im Frieden kann zur Ruhe legen. 2. Sie hat vom ersten Tage an für dich gelebt mit bangen Sorgen; Sie brachte abends dich zur Ruh' und weckte küssend dich am Morgen. Und warst du krank, sie pflegte dein, den sie mit tiefem Schmerz geboren, Und gaben alle dich schon auf, die Mutter gab dich nicht verloren. 3. Sie lehrte dich den frommen Spruch, sie lehrte dich zuerst das Reden; Sie faltete die Hände dein und lehrte dich zun: Vater beten. Sie lenkte deinen Kindessiun, sie wachte über deiner Jugend; Der Mutter baute es allein, wenn du noch gehst den Pfad der Tugend. 4. Wie oft hat nicht die zarte Hand auf deinem lock'gen Haupt gelegen! Wie oft hat nicht ihr frommes Herz für dich gefleht um Gottes Segen! Und hattest du die Lieb' verkannt, gelohnt mit Undank ihre Treue, Die Mutter hat dir stets verziehn, mit Liebe dich umfaßt aufs neue. 5. Und hast du keine Mutter mehr, und kannst du sie nicht mehr beglücken, So kannst du doch ihr frühes Grab mit frischen Blumenkränzen schmücken. Ein Muttergrab, ein heilig Grab, für dich die ew'ge, heil'ge Stelle! O wende dich an diesen Ort, wenn dich umtost des Lebens Welle! W. Kaulisch. 32. I)er Mutter letztes Vermächtnis. Drei Jahre war Martha Beschliesserin bei einer vornehmen Dame gewesen. Die treue Dienerin hatte eine gütige Herrin und wünschte

3. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 56

1897 - Stuttgart : Bonz
56 Hauswirtschaft. No. 32. keinen Wechsel ihrer Stelle. Da rief sie plötzlich eine Schreckens- botschaft aus ihrem bisherigen Wirkungskreise fort — zurück in die Heimat. Hier fand sie die gute Mutter nicht mehr unter den Lebenden. — Nach dem letzten Wunsche derselben sollte sie fortan dem tiefgebeugten Vater eine treue Stütze, ihren kleinen Geschwistern eine liebevolle Pflegerinsein. Fürwahr eine schwere Aufgabe für das junge Mädchen! Eine Woche war bereits vergangen in Trauer und Sorge, in Arbeit und Plage. Martha hatte sich ehrlich gemüht, und doch — welch ein Zwiespalt heute in ihrem Herzen! Sie war soeben mit dem Auspacken ihres Koffers fertig geworden, und mancherlei Geschenke der guten Herrschaft, einige Zeilen der Gräfin riefen in ihr Gedanken wach, die sie gewaltsam bannen wollte. „Es kann ja nimmer sein," seufzte das Mädchen, „die Pflicht hält mich hier fest." Aber die Pflicht schien Martha so hart. Sie glaubte manches entbehren zu müssen, was sie im fremden Hause so wohlthuend berührt hatte. Manche Arbeit, die sie dort dem ihr untergeordneten Dienstmädchen befehlen konnte, musste sie hier selbst verrichten. Bei den Ausgaben für ihre Herrschaft hatte sie nicht wie jetzt jeden Pfennig sorgfältig berechnen müssen. Erschreckt und beschämt gestand sie sich selbst, dass ihr die Heimat mit ihren kleinen Verhältnissen und kleinlichen Sorgen fast fremd ge- worden! „Ja, wenn die Mutter noch lebte!“ flüsterte sie und stützte ihr Haupt auf den Nähtisch, zu welchem ihr heute der Vater den Schlüssel übergeben und welchen er als ein Geschenk der Mutter für sie bezeichnet hatte. Welcher Gegensatz zu dem zierlich polierten Tische bei der Gräfin! Wie oft hatte Martha dort mit der Kammerfrau gearbeitet, mit welchem Entzücken die herrlichen Stoffe, aus denen die prächtigsten Gewänder ge- fertigt wurden, durch ihre Hand gleiten lassen! Mit reger Phantasie hatte sie sich dabei all den Schimmer und die Pracht des Ballsaales der Vor- nehmen ausgemalt — und nun sass sie hier an dem alten Nähtisch mit seinen geraden, unschönen Beinen, mit der Platte, deren Wachstuch schon schadhaft war; er passte so recht zu der Arbeit, die sie heute noch vor hatte — o Langeweile — Strümpfe stopfen! Zum erstenmale schloss Martha die Schublade auf und überblickte deren Einrichtung, die ihr so wohlbekannt war. Wie oft hatte sie all diese Dinge in der Hand der Mutter gesehen! Wie peinlich war alles in Fächer geordnet! Hier die Fadenspulen, da Wollknäuel, dort Nadel- buch und Schere und Fingerhut, daneben die Knopfschachtel und der Behälter für Haken und Schlingen, und richtig, hier stand noch wie ehedem die kleine, grüne Sparbüchse, in welche die Mutter den Erlös für abgegebene Lumpen legte, um davon wieder Faden, Nadeln etc. zu kaufen. Martha öffnete die Sparbüchse und fand 75 Pfennig darin. Wie

4. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 57

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 32. Hauswirtschaft. 57 ward ihr doch so wunderlich zu Mute, als sie überall die ordnende, sorgende Mutterhand erkannte! Im letzten und grössten Fache fand sie die Schnittmuster mit dem Notizbuche, in welchem allerlei Einträge ge- macht waren, und einen Brief, der ihre Adresse trug. Hastig und zitternd öffnete sie ihn. — Der letzte Brief der Mutter! Mein liebes Kind! Hier auf Erden werde ich Dich nicht mehr sehen; ich weihe Dir den letzten Scheidegruss mit meinem letzten Geschenke; es ist dieser Tisch, den mir dereinst in glücklichen Tagen Dein Vater selbst gezimmert hat. Als frohe Braut nähte ich jedes Stück meiner Aussteuer an diesem Tische. Er ist bei mir alt geworden und könnte Dir manches Stück Familiengeschichte erzählen. Wie schwanden hier die Stunden so rasch dahin! Wie traulich weilte es sich hier, wenn Sturm Und Regen ans Fenster klopften! Wie oft sass ich spät abends noch beim Lampenscheine am Nähtische ! Müde von der Tagesarbeit, hielt mich nur die Liebe zu den Meinen wach. Hier fertigte ich Dein erstes Kleidchen, in dem Du zur hl. Taufe getragen wurdest; hier entstand auch Dein Konfirmationskleid. Der Nähtisch war euch Kindern stets ehrwürdig erschienen, hatte er doch alljährlich die Weihnachtsgeschenke, an denen die Mutter im Auf- träge des Christkindes arbeiten musste, im Verschluss. Wie oft bist Du auf dem Fenstersims dicht am Nähtische gesessen und hast den Geschichten gelauscht*-, die ich Dir erzählte, während ich arbeitete. Auch bittere Stunden habe ich am Nähtisch verlebt; die Trauerkleider fertigte ich hier, in denen ich meine lieben Eltern und Dein Brüderchen zu Grabe ge- leitete, und viele Thränen habe ich dabei vergossen. Als Du in die Fremde zogst, da flogen von diesem Platze aus tausend sehnsüchtige Gedanken zu meinem Kinde in die Ferne, und Dein Bild, das ich über den Tisch hing, ward mir zur stäten Erinnerung an Dich. Nun gehe ich von hinnen und überlasse Dir das Hauswesen mit all den kleinen Sorgen und Pflichten. Nicht die geringste davon ist die Erhaltung der Kleider und Wäsche. Beachte jeden Riss und bessere den Schaden sofort aus, und wenn Dir die Arbeit schwer wird — es ist ja keine Arbeit, die einen in die Augen fallenden Erfolg aufweist —, so gedenke Deiner Mutter, die auch unzähligemal mit der Nadel hier aus- und einstach und dabei glücklich war, weil sie wusste, dass zum häuslichen Behagen Ordnung und Sauberkeit die ersten Bedingungen sind, und weil ihr deren Erfüllung innere Befriedigung und die Liebe, sowie den Dank der Ihrigen erwarb! Hier war der Brief abgebrochen; es fehlte der Schluss! Heisse Thränen tropften aus Marthas Augen. Sie fasste den festen Vorsatz, der Mutter,ähnlich zu werden: und als einige Wochen später das jüngste Schwesterchen zum Nähtisch geschlichen kam und der davor sitzenden Martha leise eine frische Bose auf die Arbeit fallen liess, als zwei Ärmchen sie umschlangen und der rosige Kindermund immer bat:

5. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 58

1897 - Stuttgart : Bonz
58 Hauswirtschaft. No. 32. 33. 34. „Liebe Martha, erzählen!“ da klopfte ihr Herz so glücklich, und ihre Augen suchten das Bild der Mutter, das epheuumrankt aus der Fenster- nische überm Nähtisch blickte, und sie sprach leise vor sich hin: Mutter, ich fühle den Segen der Arbeit, den Dein Brief mir verheissen! 63. Am Grabe riebe sei um diesen Grabstein her! Sanfter Friede Gottes! Ach, sie haben Einen guten Mann begraben, Und mir war er mehr. Träufte mir von Segen dieser Mann, Wie ein milderstern aus bessernwelten! Und ick) kann's ihm nicht vergelten, Was er mir gethan. Aus dem Münchener Lesebuch. meines Katers. Er entschlief; sie gruben ihn hier ein. Leiser, süßer Trost, von Gott gegeben. Und ein Ahnen von dem ew'gen Leben Weh' um sein Gebein! Bis ihn Jesus Christus, groß und hehr, Freundlich wird erwecken! Ach, sie haben Einen guten Mann begraben, Und mir war er mehr. Claudius. 34. O lieb, so lang du lieben kannst. 1. ^ lieb, so lang du lieben kannst! O lieb, so lang du lieben magst! Die Stunde kommt, die Stunde kommt, Wo du an Gräbern stehst und klagst. 2. Und sorge, daß dein Herze glüht Und Liebe hegt und Liebe trägt, So lang ihm noch ein ander Herz In Liebe warm entgegenschlägt. 3. Und wer dir seine Brust erschließt, O thu ihm, was du kannst, zu lieb! Und mach ihm jede Stunde froh, Und mach ihni keine Stunde trüb! 4. Und hüte deine Zunge wohl, Bald ist ein böses Wort gesagt! O Gott, es war nicht bös gemeint — Der andre aber geht und klagt. 5. O lieb, so lang du lieben kannst! O lieb, so lang du lieben magst! Die Stunde kommt, die Stunde kommt, Wo du an Gräbern stehst und klagst. 6. Dann kniest du nieder an der Gruft Und birgst die Augen trüb und naß — Sie sehn den andern nimmermehr — Ins lange, feuchte Kirchhosgras 7. Und sprichst: „O schau auf mich herab. Der hier an deinem Grabe weint! Vergieb, daß ich gekränkt dich hab'! O Gott, es war nicht bös gemeint!" 8. Er aber sieht und hört dich nicht, Komnit nicht, daß du ihn froh empfängst; Der Mund, der oft dich küßte, spricht Nie wieder: „Ich vergab dir längst!" 9. Er that's, vergab dir lange schon; Doch manche heiße Thräne siel Um dick und um dein herbes Wort — Doch still, — er ruht, er ist am Ziel! 10. O lieb, so lang du lieben kannst! O lieb, so lang du lieben magst! Die Stunde kommt, die Stunde kommt. Wo du an Gräbern stehst und klagst. Ferd. Freiligrath.

6. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 59

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 35. Gesundheitspflege. 59 B. Gesundheitspflege. 35. Uom Gjsrn und Trinken. ^8enn wir unsern Körper durch Speise und Trank gesund und kräftig erhalten wollen, so kommt es nicht bloß darauf an, was wir genießen, son- dern auch wie wir essen und trinken; denn damit ist unser Körper noch nicht ernährt, daß man die Speisen einfach hinunterschluckt. Dieselben müssen auch verdaut, d. h. durch eine chemische Umwandlung ins Blut über- geführt werden. Dazu ist vor allem notwendig, daß man langsam ißt und die Speisen gut kaut. Dadurch werden die festen Nahrungsstoffe nicht nur mit den Zähnen zerkleinert und fein gemahlen, sondern auch mit dem Speichel vermischt, der zur Verdauung der Speisen, insbesondere der stärke- mehlhaltigen Nährstoffe, wie Brot, Reis, Kartoffeln, so notwendig ist. Daher sagt das Sprichwort: Gut gekaut ist halb verdaut. Da breiige Speise, z. B. aus Mehl, Reis, Grieß, Habergrütze, hauptsächlich aus Stärke besteht und gewöhnlich nicht gekaut sondern einfach verschluckt wird, so sollte man immer etwas härteres Brot dazu essen, damit durch das Kauen der Speichel abgesondert wird. Aus dem gleichen Grunde empfiehlt es sich, zur Milch etwas Brot zu essen; auch sollte die Milch nur in kleinen Schlücken genossen werden, weil sonst der Käsestosf derselben sich im Magen zu großen Klumpen zusammen- ballt, die das Eindringen des Diagensaftes und somit die Verdauung erschweren. Da zu einer guten Verdauung auch gute Zähne nötig sind, so müssen dieselben von Jugend auf sorgfältig gepflegt werden. Nach jeder Mahlzeit sollte man den Mund mit reinem Wasser ausspülen, nicht aber mit Messer, Gabeln, Nadeln u. s. w. in den Zähnen herumstochern. Zwischen die Mahlzeit hinein oder unmittelbar nach derselben soll man entweder gar nichts oder so wenig als möglich trinken, weil durch die Flüssigkeit die Verdanungssäfte zu sehr verdünnt und dadurch deren auflösende Kraft gemindert wird. Aus demselben Grunde ist auch viel dünne Suppe nicht zu empfehlen. Gleich nach Tisch Kaffee zutrinken, halten viele Ärzte nicht für gut, weil derselbe auf die Verdauung nicht fördernd, wie man viel- fach meint, sondern hemmend einwirke. Man darf ferner nicht zu heiß essen und trinken; dies schadet nicht nur den Zähnen sondern auch den em- pfindlichen Schleimhäuten von Rachen, Mund und Magen. Nicht minder- schädlich ist es, wenn zu Kaltes genossen wird, z. B. zu kaltes Bier, oder zu kaltes Wasser. Noch mehr zu vermeiden ist jeder rasche Wechsel zwischen heißen und kalten Speisen und Getränken; Zähne und Magen werden davon krank. Wie oft hört man sagen: Er hat sich seine Krankheit durch einen kalten Trunk zugezogen. Je größer der Durst ist, desto langsamer trinke man;

7. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 60

1897 - Stuttgart : Bonz
60 Gesundheitspflege. No. 35. am besten nur in kleinen Schlücken. In erhitztem Zustand lösche man den Durst lieber durch warme Getränke, schwachen Kasfee, Thee u. s. w. Die Speisen dür- fen ferner nicht zu stark gesalzen und gewürzt sein; auch vor dem Ge- brauch von zu viel scharfem Essig muß gewarnt werden. Viel Gewürz und Salz macht Durst und reizt zum Trinken, und vieles Trinken stört die Verdauung und führt zur Verwässerung des Blutes. Je reizloser und milder die Kost in gesunden und kranken Tagen ist, desto zuträglicher ist sie für die Gesundheit. Zum Essen, besonders zu den Hauptmahlzeiten, gönne man sich die gehörige Zeit und Ruhe; ein Essen in Hast und Eile kann dem Körper niemals gut bekommen. Schon vor dem Essen sollte eine Ruhepause ein- treten; erregt von der Berufsarbeit oder vom raschen Gehen sollte man sich nicht zur Mahlzeit niedersetzen. Auch Seeleuruhe ist während der Mahlzeit wünschenswert; denn die Gemütsstimmungen üben einen großen Einfluß auf die Verdauung ans. Das beste Essen „schlügt nicht an," wenn es im Unmut, Ver- druß und Arger eingenommen wird. Noch notwendiger aber ist die Ruhe nach dem Essen. Durch anstrengende Arbeit, sei sie körperlich oder geistig, oder durch rasches Gehen unmittelbar nach der Mahlzeit, wird die Verdauung gehemmt. Nach dem Essen beginnt nämlich die Arbeit für den Magen, und dazu braucht er Ruhe. Die Tiere geben uns in dieser Beziehung einen deutlichen Wink; sie legen sich. nachdem die Fütterung vorüber ist, in der Regel eine Zeit lang ruhig nieder. Für schwächliche und ältere Personen ist daher ein Mittagsschläfchen ganz gut. Eine zu enge, die Magengegeud drückende Kleidung, während und nach der Mahlzeit getragen, muß selbstverständlich einer guten Verdauung hinderlich sein. Das Abendessen nehme man nicht kurz vor Schlafengehen zu sich, sondern etwa zwei Stunden vorher. Um gut schlafen zu können, darf die Abendmahlzeit auch nicht zu reichlich sein; je stärker sie ist, desto länger warte mau mit dem Zubettgehen. Ein Hauptgebot der Gesuudheitspflege, das Gebot der Mäßigkeit, wird leider viel zu wenig befolgt und der Ausspruch des weisen Sokrates nicht genug beachtet: „Der Mensch lebt nicht, um zu essen, sondern er ißt, um zu leben." Es wird weit mehr gegessen als zur Erhaltung und Stärkung des Körpers nötig ist ; namentlich gilt dies von denjenigen, welche eine oft „sitzende" oder sonst ruhige Beschäftigung und Lebensweise haben. „Was dem Grob- schmied bekommt, kann den Schneider umbringen." Das Maß der Nahrung für den einzelnen Menschen muß sich nicht nur nach dem Alter und der Arbeit, sondern auch nach seiner Verdauungskraft richten; denn nicht was man ißt, sondern was man verdaut, ernährt den Körper. Der überfüllte Magen drückt auch auf seine Umgebung, zunächst auf Herz und Lungen, und verursacht hier gleichfalls mancherlei Beschwerden. Noch viel mehr als im Essen ist Mäßigkeit im Trinken geboten.

8. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 61

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 35. 36. Gesundheitspflege. 61 Gar viele ziehen sich durch übermäßigen Genuß geistiger Getränke die schwer- sten Krankheiten, ja selbst frühzeitigen Tod zu. Wie viel Gesundheit und auch wie viel Wohlstand geht im Vieltrinken unter! Ch. H. Käiberer. 36. Dom Atmen. ^yaft noch wichtiger als Essen und Trinken ist das Atmen. Ohne Nahrung kaun es der Mensch mehrere Tage aushalten, ohne Lust aber kaum fünf Minuten. Von der eingeatmeten Lust, die in der Hauptsache aus Stick- stoff und Sauerstoff besteht, geht in den Lungen zunächst der Sauerstoff in das hindnrchsließende Blut über, welches dadurch erfrischt und neu belebt wird; zugleich werden schädliche Stosse, die tödliche Kohlensäure und noch andere viel giftigere Stoffe, die sich im Körper gebildet haben, ausgeschieden und ausgeatmet, wodurch das Blut gereinigt wird. Beim Atmen ver- zehren wir also fortwährend den belebenden Sauerstoff und geben gesundheits- schädliche Stoffe von uns, was überdies auch noch durch die Hautans- düustung geschieht; wir verderben und verunreinigen somit ununterbrochen die Luft um uns her. Daher muß unsere Sorge stets daraus gerichtet sein, daß wir möglichst reine, sauerstoffreiche Luft zum Einatnien haben. Dazu ist vor allem nötig, daß wir soviel als möglich hinauskommen in die frische Luft, besonders in die freie, schöne Natur, wo die Luft am reinsten ist. Halten wir uns aber in unsern Wohnungen und andern geschlossenen Räumen auf, so muß die Luft darin mehr und mehr untauglich fürs Atmen werden. Es ist deshalb durchaus notwendig, daß wir für hinreichende Lust- erneuerung sorgen, indem wir durch Offnen von Thüren und Fenstern, womöglich von der freieren, sonnigen Seite aus, der schlechten Luft Abzug, der frischen Luft dagegen Zugang verschaffen. Je enger der Raum ist, der uns zum Aufenthalt dienen muß, desto notwendiger ist eine ausgiebige Lüftung. Unterlassen wir dies, so atmen wir immer die von uns selbst oder von andern schon einmal verbrauchte Luft ein, und wir vergiften uns somit gegenseitig. Aus den Wohnräumen entferne man auch alles, was durch üble Ausdünstung die Luft verunreinigt. Durch Räuchern wird die Luft im Zimmer nicht ver- bessert, wie man bisweilen meint, sondern nur der üble Geruch etwas ver- deckt. Auch im Winter müssen die Fenster geöffnet werden, und es ist ganz verkehrt, wenn man, um Brennmaterial zu ersparen, die gehörige Durchlüftung der Wohnung unterläßt; denn frische Luft ist leichter zu erwärmen als die eingeschlossene, von Ausdünstung erfüllte dumpfe Luft. Wir müssen ferner stets besorgt sein, daß wir möglichst staubfreie Luft einatmen; denn der Staub besteht aus den verschiedenartigsten, für die Lungen immerhin schädlichen Stoffen. Suchen wir daher überall, besonders aucp in den Schulzimmern, soviel als möglich den Staub zu verhüten, in-

9. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 62

1897 - Stuttgart : Bonz
62 Gesundheitspflege. No. 36. dem wir uns der größten Reinlichkeit befleißigen. Sehr zu mißbilligen ist es in dieser Beziehung, wenn die Damen in der Stadt, wo die Luft ohnehin schon staubig genug ist, mit ihren langen Kleidern auf den Straßen noch weiteren Staub aufwirbeln, den sie selbst und andere dann einatmen müssen. Reine, frische Lust brauchen wir aber in unserer Wohnung nicht bloß den Tag über, sondern noch viel mehr bei Nacht wahrend des Schlafes. Daher sollte man nur bei offenem Fenster schlafen, namentlich wenn mehrere Personen dieselbe Schlafstube benützen. Es genügt nicht, die Fenster blos morgens nach dem Aufstehen oder den Tag über offen zu halten. Die Nachtlust ist durchaus nicht schädlich, wie viele meinen, sie ist im Gegenteil reiner als die Tagesluft, besonders in größeren Städten. Man entschuldige sich im Winter nicht daniit, daß man ja im kalten Zimmer schlafe und somit kein Fenster zu öffnen brauche. Die Luft ist im kalten Schlafzimmer keineswegs besser als im leicht geheizten; denn in diesem geht die Lufterneuerung oder der Austausch zwischen Innen- und Anßenluft um so besser vor sich, je größer der Temperaturunterschied zwischen dieser und jener ist. Noch mehr als für den Gesunden ist reine Luft für den Kranken notwendig; daher sind jetzt in manchen Heilanstalten sogenannte Luft- hütten an sonnigen Stellen, gewöhnlich in der Nähe des Waldes oder unter Bäumen, errichtet, in welchen für reichlichen Luftzutritt gesorgt ist, und die den Kranken hauptsächlich zum Schlafen dienen. Denn frische, reine Luft ist die allerbeste Arznei. Zur Pflege unserer Gesundheit ist aber nicht bloß erforderlich, daß wir allezeit für gute Atmungsluft sorgen, sondern wir müssen auch darauf bedacht sein, richtig zu atmen. Vor allem atme man nicht durch den Mund, sondern bei geschlossenem Mund nur durch die Nase. „Geschlossener Mund erhält gesund." Beim Atmen durch die Nase gelangt erstlich die Luft nicht unmittelbar in die Luft- röhre und die Lungen, und daher wird in der rauhen Jahreszeit die kalte Luft im Innern der Nase, in deren Ausbuchtungen und Seitenhöhlen, erst „vor- gewärmt", wodurch mancher Katarrh u. drgl. verhütet wird. Sodann wird über auch die durch allerlei Staub verunreinigte Luft im Innern der Nase gereinigt, gleichsam filtriert. Atmet man aber durch den Mund, so kommt die Luft, wie sie ist, auch die kalte Luft, unmittelbar in die innern Atmungs- organe, und es können so leicht Halskrankheiten entstehen, besonders wenn der Kehlkopf vorher durch viel Sprechen und Singen erhitzt ist; überdies schadet die eingeatmete kalte Luft auch den Zähnen, an welchen sie direkt vorüberstreicht. Damit die Aufnahme des Sauerstoffs der Luft und die Ausscheidung der Giftstoffe unseres Körpers genügend vor sich geht, ist kräftiges Atmen notwendig, welches vor allem durch eine weite, kräftig gebaute Brust, in der

10. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 63

1897 - Stuttgart : Bonz
No. 36. 37. Gesundheitspflege. 63 sich die Lungen gehörig ausbreiten und thätig sein können, unterstützt wird. Eine solche Brust ist durch die ganze körperliche Erziehung von früher Jugend auf, insbesondere durch zweckmäßige Turnübungen anzustreben. Sodann ist be- sonders auf tiefes Atmen zu halten, damit die Luft in vollen Zügen den Lungen zugeführt wird. Beim gewöhnlichen ruhigen Atmen dringt die Luft nicht in alle Teile der Lunge. Beim Tiefatmen dagegen gelangt die Luft auch in die äußersten Teile der Lungen, besonders in die obersten, in die so- genannten Lungenspitzen, die bis unter die Schultern reichen; überdies wird beim kräftigen Ein- und Ausatmen auch die Herzthätigkeit vorteilhaft beeinflußt. Beim Tiefatmen hebe man die Schultern und ziehe die Luft bei ge- schlossenem Munde langsam ein, halte dann etwas an, und atme ebenso lang- sam wieder ans. Dieses Tiefatmen sollte besonders von allen denjenigen, welche eine „sitzende" Lebensweise zu führen genötigt sind, geübt und gepflegt, und wenn möglich unter dem offenen Fenster, und noch besser bei Sonnen- schein ausgeführt werden; auch während der Arbeit recke und strecke man sich bisweilen und thue einen kräftigen Atemzug. Besonders zu empfehlen ist das Tiefatmen im Freien, auf Spaziergängen, im Walde und auf den Höhen. Um aber kräftig atmen zu können, darf der Oberkörper nicht in beengende, presfende Kleidung eingezwängt fein. Besonders verderblich in dieser Hinsicht ist das enge, steife Korsett der Frauen. Dieses hemmt die Thätigkeit der Lungen, hindert das Zwerchfell in der freien Bewegung, stört die Verdauung und den Blutumlauf und schädigt überdies noch wichtige Unterleibsorgane. Es würde nicht so viele Bleichsüchtige geben, wenn der Schnürleib nicht wäre. In gleicher Weise sind drückende Gürtel und Leibriemen, enge, hohe Hals- und Stehkragen, zu fest gebundene Röcke gesundheitsschädlich. Auch vorge- beugte Haltung des Oberkörpers beim Sitzen, bei der Arbeit, beim Lesen und Schreiben, beim Gehen ist einem ausgiebigen Atmen hinderlich. Also immer möglichst aufrecht! §h. H. Kaberer. 37. Die Hautpflege. Von großer Bedeutung für die Erhaltung und Beförderung unserer Gesundheit ist eine geordnete, richtige Hautpflege. Die meisten Krankheiten können dadurch verhindert werden, und es gilt in dieser Beziehung ganz be- sonders das bekannte Wort: „Es ist leichter, Krankheiten zu verhüten, als solche zu heilen." Die Haut ist nämlich ein gar merkwürdiges, kunstvolles Gebilde. Sie hat insbesondere eine große Menge feiner Löchlein oder Poren, welche bei einem erwachsenen Menschen etwa 2^2 Millionen betragen. Durch dieselben werden fortwährend verschiedene, dem Körper schädliche Stoffe, gleichsam die Schlacken desselben, ausgeschieden, teils in feinen Tröpf- chen als Schweiß teils unsichtbar dnnstförmig. Entstandene Krankheiten müssen
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