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1. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. II

1915 - Lahr : Geiger
Verordnung Die Einführung eines Lesebuchs für Fortbildüngsschuien betr. Nr. 7565. Aus Antrag des Oberschulrats wird verordnet, wie folgt: 1 ' - § l." Der Gebrauch des unter Leitung des Großherzog- lichen Oberschulrats bearbeiteten Lesebuchs für Fort- bildungsschulen (Druck und Verlag von I. H. Geiger in Lahr) ist für die Fortbildungsschulen des Groß- herzogtums vour Beginn des neuen Schuljahres — Ostern dieses Jahres — ab verbindlich. , .... ■ 8 2. ■ .. ii... Der Oberschulrat wird mit dem Vollzüge dieser Anordnung beauftragt. Karlsruhe, den 15. März 1961. Grosth. Ministerium der Justiz, des Kultus u. Unterrichts. Nokk. Georg-Eckert-tnstitui für international© Schulbuchforschung Braunschweig »Schulbuchbiblioihök • Hf'll /Ioc4,/Is)

2. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 1

1915 - Lahr : Geiger
I. Aus der Hallwirtschastskimde. t. Wo wohnt das Glück? O frag' mich nicht: Wo wohnt das Glück? Sieh vorwärts nicht, noch sieh zurück! O such' es nicht in weiter Ferne Auf diesem oder jenem Sterne! L " ' O such's nicht dort und snch's nicht hier! - - Cs wohnet nur in dir. Und wenn tm's da nicht finden magst, Umsonst ist, daß du weinst und klagst, Umsonst dein Sehnen, dein Verlangen, Umsonst dein Hoffen und dein Bangen. O frag' mich nicht! — Das Glück sind wir. Das Glück wohnt nur in dir. 2. Segen und Unsegen eines Hauses. Zch bin jung gewesen und bin alt geworden und habe mich viel und oft umgesehen, wie es dem Frommen und den: Gottlosen auch gehe. Ich habe die Knaben meines Dorfes mit mir aufwachsen sehen; ich sah sie Männer und Greise werden, und nun habe ich die von meinem Alter alle bis auf sieben zu Grabe begleitet. Gott, du weißt meine Stunde, wenn ich meinen Brüdern folgen soll! Meine Kräfte nehmen ab; aber mein Auge harret deiner, o Herr! Unser Leben ist lvie eine Blume des Feldes, die am Morgen blühet, am Abend aber verwelket. O Herr, unser Herrscher, bu bist gnädig und gut den Menschen, die auf dich trauen; darum hoffet meine Seele auf dich. Aber der Weg des Sünders führt zum Verderben. Kinder meines Dorfes, o ihr Lieben, lasset euch lehren, wie es dem Gottlosen geht, damit ihr fromm werdet. Ich habe Kinder gesehen, die ihren Eltern trotzten und ihre Liebe für nichts achteten; und allen, allen ist es übel gegangen aui Ende. Ich kannte des unglücklichen Uli

3. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 2

1915 - Lahr : Geiger
— 2 — Vater. Ich habe mit ihm unter einem Dache gewohnt und mit meinen Augen gesehen, wie der gottlose Sohn den armen Vater kränkte, und in meinem Leben werde ich es nicht vergessen, wie der alte, arme Mann eine Stunde vor seinem Tode über ihn weinte. Kann ihn Gott leben lassen, den Bösewicht? dachte ich. Was geschah? Er nahm ein Weib, das viel Gut hatte, und er war jetzt im Dorfe einer der Reichsten und ging in seinem Stolze und in seiner Bosheit einher, als ob niemand im Himmel und niemand auf Erden über ihn: wäre. Ein Jahr ging vorüber, da sah ich den stolzen Uli bei dem Begräbnisse seiner Frau heulen und weinen. Ihr Gut mußte er ihren Verwandten bis auf den letzten Heller zurückgeben, und er war plötzlich wieder arm wie ein Bettler. In seiner Armut stahl er, und ihr wißt, welch ein Ende er genommen hat. Kinder, so sah ich immer, daß das Ende des Gottlosen Jammer und Schrecken ist. Ich sah aber auch den tausendfachen Segen und Frieden in den stillen Hütten der Frommen. Es ist ihnen wohl bei dem, so sie haben. Bei wenigem ist ihnen wohl, und bei vielem sind sie genügsam. Arbeit in ihren Händen und Ruhe in ihrem Herzen, das ist das Teil ihres Lebens. Sie genießen froh das Ihrige und begehren nicht, was ihrem Nächsten gehört. Der Hochmut plagt sie nicht, und der Neid verbittert ihnen ihr Leben nicht. Darum sind sie immer froher und zufriedener und mehren- teils auch gesünder als die Gottlosen. Sie besitzen auch des Lebens Notwendigkeiten sicherer und ruhiger; denn sie haben ihren Kopf und ihr Herz nicht bei Bosheiten, sondern bei ihrer Arbeit und bei den Geliebten ihrer stillen Hütten. So ist ihnen wohl im Leben. Gott im Himmel sieht herab auf ihre Sorge und auf ihren Kummer und hilft ihnen. Kinder meines Dorfes, o ihr Lieben! Ich sah viele fromme Arme auf ihrem Todbette, und ich habe nicht gefunden, daß einer, ein einziger von allen, in dieser Stunde sich über seine Armut und über die Not seines Lebens beklagte. Alle dankten Gott für die tausend Proben seiner Vatergüte, die sie in ihrem Leben genossen hatten. 3. Der Abend vor dem Festtage im Hause einer recht- schaffenen Mutter. Gertrud, die Frau des armen Lienhard, war noch allein bei ihren Kindern. Die Vorfälle der Woche und der kommende festliche Morgen erfüllten ihr Herz. In sich selbst geschlossen und still, bereitete sie das Abendessen, nahm ihrem Manne, den Kindern und sich selbst die Sonn- tagskleider aus dem Kasten und bereitete alles auf morgen, damit dann am heiligen Tage sie nichts mehr zerstreue; und da sie ihre Geschäfte

4. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 3

1915 - Lahr : Geiger
— 3 — vollendet hatte, setzte sie sich mit ihren Lieben an den Tisch, um mit ihnen zu beten. Es war alle Samstage ihre Gewohnheit, den Kindern in der Abendgebetstunde ihre Fehler und auch die Vorfälle der Woche, die ihnen wichtig und erbaulich sein konnten, ans Herz zu legen, und heute war sie besonders eingedenk der Güte Gottes gegen sie in dieser Woche und wollte diesen Vorfall, so gut ihr möglich war, den jungen Herzen tief einprägen, daß er ihnen unvergeßlich bleibe. Die Kinder saßen still um sie her, falteten ihre Hände zum Gebete, und die Mutter redete also mit ihnen: Ich habe euch etwas Gutes zu sagen, Kinder! Der Vater hat in dieser Woche eine gute Arbeit bekommen, an der sein Verdienst viel besser ist, als an dem, was er sonst tun mußte. Kinder, wir dürfen hoffen, daß wir in Zukunft das tägliche Brot mit weniger Sorgen und Kummer haben werden. Danket, Kinder, dem lieben Gott, daß er so gut gegen uns ist, und denket fleißig an die Zeit, wo ich euch jeden Mund voll Brot mit Sorgen und Angst abteilen mußte. Es tat mir da manchmal von Herzen weh, daß ich euch so oft nicht genug geben konnte; aber der liebe Gott im Himmel wußte schon, daß er helfen wollte, und daß es besser für euch sei, meine Lieben, daß ihr zur Armut, zur Geduld und zur Überwindung der Gelüste erzogen würdet, als daß ihr Überfluß hättet. Denn der Mensch, der alles hat, was er will, wird gar zu gern leichtsinnig, vergißt seines Gottes und tut nicht das, was ihm selbst das nützlichste und beste ist. Kinder, denket doch, so lange ihr leben werdet, an diese Armut und an alle Not und Sorgen, die wir hatten, und wenn es jetzt besser geht, Kinder, so denkt an die, so Mangel leiden, wie ihr Mangel leiden mußtet. Vergeht nie, wie Hunger und Mangel ein Elend sind, damit ihr mitleidig werdet gegen den Armen und, wenn ihr etwas besitzt, was ihr entbehren könnt, es ihm gern gebt. Nicht wahr, Kinder, ihr wollt es gern tun? „O ja, Mutter, gewiß gern!" sagten alle Kinder. 4. Das Wunderkästchen. Eine Frau hatte in ihrer Haushaltung allerlei Unglücksfälle, und ihr Vermögen nahm jährlich ab. Da ging sie in den Wald zu einem alten Einsiedler, erzählte ihm ihre betrübten Umstände und sagte: „Es geht in meinem Hause einmal nicht mit rechten Dingen zu. Wißt Ihr kein Mittel, dem Übel abzuhelfen?" Der Einsiedler, ein fröhlicher Greis, hieß sie ein wenig warten, brachte über ein Weilchen ein kleines, versiegeltes Kästchen und sprach: „Dieses Kästchen müßt Ihr ein Jahr lang dreimal des Tages und dreimal bei Nacht in Küche, Keller und Stallung und allen Winkeln

5. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 4

1915 - Lahr : Geiger
— 4 — des Hauses umhertragen, so wird es besser gehen. Bringt mir aber übers Jahr das Kästchen wieder zurück G Die gute Hausfrau setzte in das Kästchen ein großes Vertrauen und trug es fleißig umher. Als sie den nächsten Tag in den Keller ging, wollte eben ein Knecht einen Krug Bier heimlich heraustragen. Als sie noch spät bei Nacht in die Küche kam, hatten die Mägde sich einen Eierkuchen gebacken. Als sie die Stallung durchwanderte, standen die Kühe tief im Kot, und die Pferde hatten statt des Hafers nur Heu und waren nicht gestriegelt. So hatte sie alle Tage einen Fehler ab- zustellen. Als das Jahr um war, ging sie mit dem Kästchen zum Einsiedler und sagte sehr vergnügt: „Alles geht nun besser. Lasset mir das Kästchen nur noch ein Jahr, es enthält ein gar treffliches Mittel." Da lachte der Einsiedler und sprach: „Das Kästchen kann ich Euch nicht lassen; das Mittel aber, das darinnen ist, sollt Ihr haben." Er öffnete das Kästchen, und sieh, es war nichts^ darin als ein weißes Papier, auf dem geschrieben stand: Soll alles wohl im Hause steh'n, So mußt du selber wohl nachseh'n. 5. Die rechte Hausfrau. Dem Vater liegt es ob, auf dem Felde, in der Werkstatt oder im Geschäftszimmer angestrengt tätig zu sein, um das zu erarbeiten, was zum Unterhalte der Seinigcn nötig ist. Aufgabe der Mutter ist cs dagegen, das vom Manne Erworbene haushälterisch zu verrvcnden und der Familie ein Heim zu bereiten, in dem sie sich wohl fühlen kann. Glücklich das Hans, dem eine rechte Frau vorsteht! Von früh bis spät ist sie an der Arbeit, die Wohnung rein zu halten, dem Staube am Boden und auf den Möbeln zu wehren, die Schäden an Kleidern, Wäsche und Vorhängen auszutilgen, jedes Ding an den rechten Platz zu stellen und überhaupt all die tausend Kleinig- keiten zu ordnen, die in einem Haushalte vorkommen und die Tag für Tag besorgt werden müssen, wenn das Ganze bestehen soll. Sie kleidet sich einfach, aber sauber und achtet darauf, daß auch ihre Angehörigen sich nicht über ihren.stand tragen. Die Flickereien sowie die Anfertigung einfacher Bekleidungsstücke besorgt sie selber, wobei sie schon frühzeitig die Mithilfe der heranwachsenden Töchter in Anspruch nimmt; denn sie läßt sich vom Grundsätze leiten, daß die Kinder nicht früh genug zur Arbeitsamkeit angehalten werden können und daß man keinen Pfennig zum Hanse hinauslassen darf, den man selber verdienen kanm Den Geschäften in der Küche wendet sie ihre besondere Sorgfalt zu. Sie setzt ihren Stolz darein, daß Boden und Wände sauber und

6. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 5

1915 - Lahr : Geiger
— 5 - die Geschirre blank sind. Sie versteht es, die Nahrungsmittel klug ein- zukaufen, die Speisen nach ihrem Nährwerte richtig zusammenzustellen, schmackhaft und ausreichend und doch zugleich wohlfeil zu kochen und das vom Mittagsmahle Übrigbleibende für den Abend zweckmäßig zu verwerten. Ihrem Manne ist sie eine liebevolle Gehilfin, die seinen Gedanken und Arbeiten, seinen Hoffnungen und Sorgen ein volles Verständnis entgegenbringt, die Leid und Freud mit ihm trägt, die ihn, wenn er am Abend müde von der Arbeit kommt, freundlich empfängt und die Empfindung in ihm befestigt, daß das schönste Glück dem Manne nicht etwa im Wirtshause, sondern am eigenen Herde, im eigenen trauten Heim bereitet ist. Den Kindern ist sie eine treubesorgte, liebende Mutter. Sie sorgt unablässig für das Wohlergehen derselben, behütet und bewahrt sie in ge- sunden und kranken Tagen und leitet sie zu all den Tugenden an, mit denen sie selber geschmückt ist, zur Arbeitsamkeit, Sparsamkeit, Ordnungs- liebe, Sanftmut, Sittsamkeit und Gottesfurcht. Möchte keiner deutschen Familie eine solche Hausfrau, eine solche Mutter fehlen! 6. Eine edle Tochter. In der Stadt Reims in Frankreich lebte ein Kaufmann, namens Mortier. Er war ein durchaus rechtschaffener Mann, der pünktlich bisher bezahlt hatte und deswegen das Vertrauen der Kaufmannschaft in hohem Grade besaß. Mehrere Bankerotte in Paris brachten ihm aber plötzlich so heftige Schläge bei, daß er die Waren, welche er hier- und dorther bezogen, nicht bezahlen konnte, wenigstens nicht zu der ihm gesetzten Frist. Der ehrliche Mann konnte sich sagen, daß er ohne seine Schuld in diese bedrängte Lage geraten war. Er entschloß sich daher, nach Paris zu reisen, die Geschäftsbücher seinen Gläubigern offen darzulegen und um Nachlaß oder längere Frist zur Zahlung zu bitten. Die rückhaltslose und ehrliche Weise, wie er das tat, konnte nur das Vertrauen in seine Denkungsart bestärken. Gerne bewilligten ihm daher seine Gläubiger diese Frist, auch wohl einen ansehnlichen Nachlaß, nur einer nicht und gerade der, welchem er am meisten schuldete. Dieser verlangte ohne Schonung Geld, und jeder Versuch war vergeblich, ihn auf mildere Gesinnung zu bringen. Der Grund der Härte lag aber nicht in einer Gefühllosigkeit dieses Mannes, sondern darin, daß erst kürzlich ein betrügerischer Bankerott ihn um bedeutende Summen gebracht hatte. Die Art, wie man ihn hinter das Licht geführt, war so nichts- würdig, daß er geschworen hatte, seine Ausstände aufs strengste einzu- treiben.

7. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 6

1915 - Lahr : Geiger
— 6 — Mit harten Worten verlangte er die Zahlung der Schuld und ließ Mortier, weil er seiner Verpflichtung nicht nachkommen konnte, ohne weiteres in das Schuldgefängnis werfen. Als diese Nachricht nach Reims kam, traf sie die schuldlos unglück- liche Familie Mortiers wie ein Blitzstrahl aus heiterm Himmel; trostlos weinten Mutter und Kinder. Adeline, Mortiers älteste Tochter, ein edles, frommes Mädchen, faßte nun den Entschluß, ihren Vater zu be- freien, und war bereit, selbst ihr Leben dafür hinzugeben. Was sie aber eigentlich tun wollte, sagte sie niemand, selbst der Mutter nicht. Unter dem Vorwände, dem Vater Wäsche und Kleidungsstücke ins Gefängnis zu bringen, erhielt Adeline von der Mutter die Erlaubnis, nach Paris zu reisen, wozu sich gerade "eine passende Gelegenheit ergab; denn ein treuer Freund der Familie reiste nach Paris, und unter seinem Schutze war sie sicher. Alles, was sie an erspartem Gelde und an Wertsachen besaß, nahm sie mit. Kaum war sie in Paris angekommen, so begab sie sich mit ihren Habseligkeiten zu dem Kaufmann, der ihren Vater hatte ins Gefängnis setzen lassen. Sie flehte ihn um Schonung ihres guten Vaters an und sagte ihm, daß er schuldlos sei und ihn nur der Fall anderer Häuser in die Verlegenheit gebracht habe, nicht augenblicklich bezahlen zu können. „Haben Sie Mitleid," sprach die gute Tochter, „haben Sie Mitleid mit meinem armen Vater, der den Ruf strenger Rechtlichkeit immer für sich hatte; haben Sie Mitleid mit uns, seinen unschuldigen Kindern! Uns rauben Sie den Ernährer, dem Geschäft den Vorsteher, ihm den guten Namen für immer! Ja, wenn Sie auf Ihrer Absicht beharren, so folgt sogar, daß Sie das Haus zum Erklären des Bankerottes nötigen, wodurch Sie alsdann nicht bloß uns, sondern auch sich selbst den größten Schaden zufügen. Befreien Sie ihn aber, so wird er seinen Fleiß verdoppeln und Sie redlich bezahlen." Heiße Tränen rannen über die Wangen des braven Mädchens. Sie nahm nun ihre Schmucksachen und ihr Sparbüchsengeld und legte es vor den Mann hin, der ihr schweigend zugehört hatte, und sagte: „Nehmen Sie dies als Abschlagszahlung! Es ist alles, was ich mir seit Jahren erspart habe. Ich habe einen Plan entworfen, den Sie billigen werden. Sie bedürfen gewiß in Ihrem Hauswesen eines Dienst- mädchens. Ich flehe Sie an, geben Sie mir diese Stelle. Den Lohn, welchen Sie einem solchen Mädchen geben, rechnen Sie jährlich von der Schuld meines Vaters ab. Ich will arbeiten Tag und Nacht, so- weit meine Kräfte reichen. Keine Arbeit soll mir zu schwer, keine zu

8. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 7

1915 - Lahr : Geiger
— 7 — - niedrig sein. Ich will sie tun ohne Widerrede, ohne Säumen. Ich will Ihr Bestes fördern, wo ich kann, — nur geben Sie meinen guten Vater frei, daß meine liebe Mutter und meine Geschwister nicht darben müssen, daß keine Schande unsern guten Ruf verderbe und meine kleinen Geschwister einen Erzieher haben. Ich will das Unterpfand sein!" Sie sprach diese Worte mit einem hinreißenden Gefühle. Der Kaufmann hatte mit Gewalt seine Tränen unterdrückt, jetzt aber brachen sie unaufhaltsam hervor. „Ihr Vater," sagte er, „ist ein von Gott reich gesegneter Mann, denn in Ihnen hat er einen reichen Schatz; aber ich erkenne es, er ist auch ein braver Mann, denn nur ein solcher kann solch ein Kind er- ziehen. Ich danke Gott," fuhr er fort, „daß er Sie zu mir geführt hat; denn Sie sind mir ein guter Engel geworden, der mein Herz von einer Härte heilt, die ihm ein nichtswürdiger Betrüger eingeflößt hat. Gehen Sie hin, Ihr Vater ist frei; aber kehren Sie bald wieder mit ihm zurück; ich muß mit ihm reden." Schnell schrieb er nun seinen Entschluß dem Gericht, sandte das Schreiben ab, und Mortier wurde aus seiner Haft entlassen. Unaussprechlich war Adelinens Glück, unaussprechlich ihre Freude, daß sie ihrem teuren Vater die Freiheit ankündigen durfte. Wie staunte der Vater! Wie innig dankten beide Gott! Wie innig segnete er sein vortreffliches Kind! Noch aber kannte er nicht alles, was sie getan. Erst als er mit Adeline zu dem Kaufmann kam und dieser mit der innigsten Bewunde- rung dem Vater sagte, was sie getan, schloß er sie unter Tränen an> sein glückliches Vaterherz. „Ehe wir weiter von dem reden, was sich auf unser Geschäft be- zieht," sagte der Kaufmann, „muß ich Sie, Herr Mortier, bitten, daß Sie mir gestatten, Ihre Tochter beim Worte zu nehmen. Sie hat sich mir als Unterpfand für Sie eingesetzt, und sie soll es mir bleiben, aber nicht als Dienstmädchen, sondern als liebes Kind soll sie bei uns leben, daß wir ihr schönes Herz noch genauer kennen lernen können." Der glückliche Vater gab es gerne zu und eilte nach Reims, um seine Gattin ihrem Leid zu entheben. 7. Vom Sparen. Von der Sparsamkeit eines Menschen hängt oft sein ganzes Lebens- glück ab; denn sie ist nicht nur der einzige Schutz vor Schulden, Rot und Elend, sondern auch der sichere Weg zum Wohlstand und einem sorgenfreien Alter. Aber die Sparsamkeit ist eine Kunst, die wie jede andere Kunst erst gelernt sein will. Schon in der Jugend ist ein guter Grund

9. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 8

1915 - Lahr : Geiger
— 8 — zu legen. Der Hauptfehler unserer Zeit ist die Genußsucht, die das Lebensglück so vieler Menschen untergräbt und zerstört. Die Jugend kann deshalb nicht einfach und anspruchslos genug erzogen werden. Es müssen von ihr nicht alle Vergnügungen mitgemacht, nicht alle Schaubuden besichtigt sein; der Mensch muß sich auch etwas versagen können. Ein Spaziergang ist gesünder als eine Spazierfahrt; die Feldblume ist auch schön für den, der sie aufmerksam betrachtet, und die Natur bietet zahl- lose Vergnügungen, die nichts kosten und doch am schönsten sind. Frühzeitig lege man für jedes Kind ein Sparbüchlein an. Alles Geld, das die Kinder verdienen oder geschenkt erhalten, gewöhne inan sie in die Sparkasse zu legen. Wenn sie sehen, daß die Mark schon im nächsten Jahr Zins trägt und daß aus kleinen Beträgen bei fort- gesetztem Sparen größere Summen entstehen, so wird der Sparsinn in ihnen geweckt; sie lernen den Wert des Geldes schätzen und es später wohl anwenden. Was in der Kindheit begonnen wurde, muß nach der Schul- zeit fortgesetzt werden. Gerade hier ist die Sparsamkeit der beste Schutz gegen so viele Gefahren, die der halberwachsenen Jugend drohen. Sparen kann jeder, auch der Ärmste, wenn er nur will. Das haben schon Tausende armer Dienstmädchen und Arbeiterinnen bewiesen, die sich innerhalb 10—12 Jahren 800—1000 Jé ersparten. Sie sind dabei brav und einfach geblieben und konnten bei der Gründung eines eigenen Hausstandes nicht bloß die Aussteuer bestreiten, sondern noch einen Notpfennig auf der Sparkasse stehen lassen. So legten sie den . Grund zu ihrem Lebensglück. Leichtsinnige Menschen dagegen, die alles verbrauchen, was sie verdienen, kommen auf keinen grünen Zweig. Eine mindestens ebenso große Summe als ein Dienstmädchen kann sich recht wohl auch jeder ledige Arbeiter ersparen und damit später ein eigenes Geschäft anfangen oder, falls er Arbeiter bleibt, eine Anzahlung auf ein eigenes^ Häuschen machen, das für die Familie von großem Werte ist. Sparsamkeit hilft aber nicht nur den Hausstand begründen, son- dern auch die Familie erhalten. In einer richtigen Familie müssen alle sparen: Vater, Mutter und Kinder. Hauptsparkünstlerin muß aber die Frau sein. Der Mann muß das Geld verdienen, die Frau muß es richtig verwalten. Das Verwalten ist ebenso wichtig als das Verdienen; erspart ist auch verdient. Eine häusliche Frau gibt nichts unnötig aus; sie dreht den Pfennig dreimal herum, ehe sie ihn ausgibt. Vor allem wirtschaftet sie nicht planlos in den Tag hinein, sondern überlegt zum voraus, was für Kleidung, Feuerung u. s. w. aus- gegeben werden darf. Die Beträge hierfür legt sie vom Verdienst des

10. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 9

1915 - Lahr : Geiger
— 9 — Mannes stets gleich beiseite, damit sie nicht für unnötige Dinge veraus- gabt werden. Ferner schreibt sie jeden Pfennig auf, wodurch sie ein- teilen und mit einem bestimmten Wochengelde auskommen lernt. Schulden beim Bäcker, Metzger u. s. w. meidet sie; denn wer sich in Schulden stürzt, kommt selten mehr aus denselben heraus. Ist der Verdienst auch noch so klein, Frau und Kinder Helsen mit, ihn durch Nebenverdienst zu vermehren, und immer weiß die für- sorgliche Mutter noch einen Sparpfennig für dir Tage der Krankheit oder Vcrdienstlosigkeit beiseite zu legen. Für die Kleidung wählt sie die stärksten Stoffe; denn dieselben halten dreimal so lange und man spart zweimal den Macherlohn. Sie versteht es, aus den abgängigen Anzügen des Vaters noch Bekleidungs- stücke für die Söhne herzustellen. An der Fe u e r u n g spart sie, indem sie Papierabfälle, halbverbrannte Kohlen u. s. w. dem Feuer übergibt und dasselbe, wenn die Speisen einmal kochen, so mäßigt, daß kein Brennmaterial nutzlos zum Kamin hinausfliegt. Auch mit den Nah- rungsmitteln geht sie haushälterisch um, so daß nichts ungenützt umkommt. Auf den Tisch bringt sie häufig Käse, Hülsenfrüchte, Stock- fisch u. f. w., die so nahrhaft sind wie Fleisch und zugleich wohlfeiler- Indem sie für Ordnung, Reinlichkeit und Behaglichkeit sorgt, bringt sie es dahin, daß Gatte und Kinder sich zu Hause am wohlsten fühlen und daß namentlich nicht der Mann dem so verderblichen Wirtshaussitzen verfällt. So spart die wackere Familie, ohne zu entbehren, und bleibt einfach, gesund und glücklich dabei. Die wohlerzogenen Kinder finden später- leicht ihr Fortkommen in der Welt. Vater und Mutter aber erfreuen sich eines sorgenfreien Alters. Sie denken noch in Silberhaarcn An ihres Glückes Grund — das Sparen. 8. Hauswirtschaftliche Buchführung. Wie jede Tätigkeit, die zum Ziele führen soll, planmäßig vor sich gehen muß, so muß auch der Führung der Hauswirtschaft ein Plan zu- grunde liegen, wenn das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Aus- gaben erhalten werden und Ordnung herrschen soll. Einen solchen Haus- haltungsplan nennt man Voranschlag. , r Die jährlichen Einnahmen einer Bauernfainilie lassen sich nicht gut zum voraus feststellen, weil der Ausfall der Ernten verschieden ist und die Bodenepzeugnisse vielfachen Preisschwankungen unterliegen. Leichter ist dies bei anderen Berufsarten. Familien mit einem festen Jahres- einkommen wie Beamte und Rentner richten sich einfach nach diesem Ein- kommen, Geschäststreibende nehmen den Durchschnitt des Geschäfts-
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